Ortsname: Rosemary & Thyme Art: Restaurant Spezielles: - Beschreibung: Dieses hübsche, kleine Restaurant ist gleich um die Ecke des großen Basars in Aloe. Die eher rustikale, altmodische Einrichtung lässt auf den ersten Blick vielleicht vermuten, dass es sich hierbei um irgendeine alte Kneipe handelt, die schon längst ihre Glanzzeit überschritten hat, doch dies ist absolut nicht der Fall. Das Rosemary & Thyme gehört zu den Geheimtipps, wenn es um gutes Essen in der Wüstenstadt geht - was sich jedoch auch im Preis widerspiegelt. Das Besondere hier ist, dass es keine feste Speisekarte gibt, sondern eine kleine Auswahl, die sich wöchentlich ändert.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
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Lian Thief in Distress
Anmeldedatum : 03.10.20 Anzahl der Beiträge : 2005 Alter : 31
Was war das für eine Frage? War die Antwort nicht… offensichtlich? Lian wusste trotz längerem Nachdenken nicht, was er seiner Ex-Freundin antworten sollte. Er stand hier gemeinsam mit ihr in irgendeiner Seitenstraße Aloes, streichelte ihre Wange und hatte ihr angeboten, noch ein bisschen mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Würde das jemand machen, der nicht an dem Verlust zu knabbern hatte? Schon damals in Miln war es mehr als offensichtlich gewesen – der Falls hatte sich eingeredet, dass er über die Trennung hinweg gewesen wäre, nur damit ein einziger unerwarteter Blick auf die Du Bellay sämtliche alte Wunden auf grausamste Art und Weise wieder aufgerissen hatte. Nachdem Gin aus seinem Leben gewichen war, hatte Lian diverse Phasen der Trauer durchlebt. Zu Beginn hatte er es nicht wahrhaben wollen, sich eingeredet, dass die Schwarzhaarige wieder auftauchen und sie dort weitermachen könnten, wo sie aufgehört hatten. Als deutlich wurde, dass das nicht geschehen würde, war er zornig gewesen, hatte ihr gedanklich und verbal die schlimmsten Dinge gewünscht. Er hatte sich in dunkle Gedankengänge verstrickt, von denen der Falls nicht einmal gewusst hatte, dass er dazu fähig war. Dinge, die er in der nächsten Phase seiner Verarbeitung und Gefühlswelle wieder bereut hatte und für die er endgültig ein schlechtes Gewissen gehabt hatte, nachdem er erfahren hatte, was der Vampirin in Wirklichkeit geschehen war. Danach war Lian in ein Loch gefallen, ein tiefes Loch – eine dunkle Zeit, an die er sich nur noch schemenhaft erinnern konnte. Es hatte geschmerzt, Lian hatte sich zurückgezogen, weil er niemanden an dieser verletzlichen Seite hatte teilhaben lassen wollen… und genau in dem Augenblick, als er geglaubt hatte, dass der Schmerz ihn erdrückte, dass er nicht mehr atmen konnte… da hatte er seine Gefühle einfach beiseitegeschoben, um wieder funktionsfähig zu werden.
Diesem Verdrängen seiner Gefühle war es geschuldet, dass er niemals wirklich in der Phase der Akzeptanz angekommen war. Und warum er an seiner Vergangenheit mit Gin hing wie ein Verdurstender am Wasser.
Es war egal, was er Gin auf ihre Frage antwortete, es würde nichts an ihrer Situation ändern, davon war er leider überzeugt. Wieder einmal entschied er sich dafür, auszuweichen, anstatt sich den Dingen wirklich zu stellen, während er sich einredete, es nicht nur sich selbst sondern auch der Schwarzhaarigen zuliebe zu tun. Lian, der Meister der Illusionen. „Gin, du hast echt ein Talent dafür, es mir nicht leicht zu machen“, sprach er mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen aus und hob die Augenbraue leicht an. Der Lockenkopf wich den wichtigen Gesprächen in seinem Leben am Ende eben doch immer aus, insbesondere dann, wenn er sich in der Öffentlichkeit befand und nicht sicher war, inwiefern seine Gefühle ihn übermannen könnten. Diese verdammten Gefühle… Sicherlich wäre ein klärendes Gespräch zwischen ihm und Gin die deutlich sinnvollere Herangehensweise gewesen. Doch so, wie sie beide jetzt handelten, schoben sie es lieber beiseite, bauten sich stattdessen gemeinsam eine Blase auf, in der sie verweilten, um einen kleinen Moment Auszeit von der Realität zu nehmen. Eine Blase, die auch nicht platzte, als Lian seiner Ex-Freundin angeboten hatte, noch ein wenig Zeit mit ihm zu verbringen. Hatte… hatte er das gerade richtig gehört? Sie wollte mit zu ihm kommen? Nachdem Gin ihn in Miln von sich gestoßen hatte, war diese Zustimmung so unerwartet, dass der Falls kurz nachdenken musste, ob er es wirklich gehört hatte oder sein Geist ihm einen Streich spielte. Aber nein, er wiederholte in Gedanken ihre Worte und kam zu dem Schluss, dass sie tatsächlich zugestimmt hatte. Er würde die Gelegenheit bekommen, mehr Zeit mit der Du Bellay zu verbringen, mehr über sie zu erfahren! Wie lange hatte er darauf gewartet? Im ersten Augenblick war es ein euphorisches Hoch, das sich in dem Braunhaarigen breitmachte und ihn in ungeahnte Höhen aufsteigen ließ. „Super“, ließ er grinsend verlauten, griff ohne richtiges Nachdenken nach Gins Hand und zog sie mit sich – nicht mehr in Richtung Bahnhof, sondern in Richtung Gilde. „Einen eigenen Palast… hm, fast.“ Der junge Mann lachte leise, warf seiner Ex-Freundin dann einen Seitenblick zu und zwinkerte. „Lass dich überraschen.“
[…]
Wow. Lian hatte ja schon so Einiges mitgemacht, aber die Stimmungsschwankungen, die sich auf dem kurzen Weg bis zum Gildenpalast in ihm breitmachten, waren mit absolut keiner Erfahrung in seinem Leben vergleichbar. Zuerst hatte er sich auf einem Hoch befunden, sein Hirn war wie in Watte gepackt, während er über alle möglichen Dinge sprach, an die er sich im Nachhinein gar nicht mehr richtig erinnerte. Und dann – unerwartet – war er geistig abgestürzt. Als ihm klar wurde, was er hier eigentlich tat. Gin… er und Gin gingen gerade in seine Wohnung. Was sollte er sagen? Was sollten sie machen? Was sollte er ansprechen? Was nicht? Richtig und falsch… Und seine Wohnung! Wie hatte er die eigentlich beim Verlassen zurückgelassen? Gedanken über Gedanken kreisten im Kopf des Bogenschützen, überschlugen sich förmlich. Dann sah er wieder zu Gin, war mit einem Schlag wieder voller Zuversicht, konnte sein Glück kaum fassen. Nur um sich dann wieder selbst zu ermahnen: Sie hatten sich getrennt. Sie waren kein Paar mehr. Das hier war – aller höchstens – eine freundschaftliche Verabredung… oder? Lian wusste überhaupt nicht mehr, was er denken sollte, genauso wenig konnte er die Gefühle und Emotionen, die in ihm wallten, in geordnete Bahnen lenken, weil er das nie wirklich gelernt hatte. Und so blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sich von der Situation treiben zu lassen, anstatt eindeutig Herr darüber zu sein. Sich treiben lassen war nicht gerade etwas, das zu den Stärken der Sphynx zählte. „Hier sind wir“, ließ er schlussendlich verlauten, nachdem er die Vampirin nicht nur in den Gildenpalast von Crimson Sphynx geführt hatte, sondern mit ihr zusammen auch noch vor seiner Wohnung angekommen war. Natürlich hatte es hier und dort andere Magier gegeben, die ihn und Gin auf dem Weg zu seiner Wohnung erblickt hatten, aber abseits eines kurzen Seitenblickes war ihnen nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt worden. Zum Glück – darauf konnte der Falls gerade gerne verzichten. Vielleicht würde der jungen Frau auffallen, dass auf dem Türschild nur der Vorname des Braunhaarigen zu lesen war – dass er nicht mit seinem Onkel in Verbindung gebracht werden wollte, hatte er ihr in der Vergangenheit anvertraut, weshalb es die Vampirin vielleicht nicht überraschen würde. Noch einmal sah er über die Schulter zurück zu seiner Ex-Freundin – innerlich auch deshalb, um sich zu vergewissern, dass sie immer noch da war – bevor er aufschloss, sich mit dem Rücken an den Türrahmen lehnte und der jungen Frau den Vortritt in das kleine Einzimmer-Gemach ließ.
Natürlich hatte Lian nicht aufgeräumt. Warum hätte er das auch tun sollen? So lagen Shirts und Hosen verteilt auf dem Boden, zum Teil aber auch achtlos über den Schreibtischstuhl geworfen. Eine Unordnung, die Gin vielleicht noch aus früheren Tagen kannte. Auf dem Schreibtisch stapelten sich Zettel, Zeitschriften (natürlich irgendwelche Klatschblätter) und Briefe, zum Teil geöffnet, zum Teil ungeöffnet. Auch der von ihm am heutigen Morgen begonnene Brief mit den Worten "Liebe Isabelle..." lag noch dort, was der Braunhaarige schon gar nicht mehr in Erinnerung hatte. Zudem lag auch noch die schmucklose und kurz angebundene Geburtstagskarte, die er von seiner Familie erhalten hatte, als Charon und Rin damals zu Besuch gewesen waren, irgendwo auf diesem Tisch. Oh und wo wir bei den beiden waren: In den Ecken des Zimmers hingen bis heute künstliche Spinnenweben, die Lian trotz aller Bemühungen einfach nicht mehr von den Wänden gekratzt bekommen hatte. Zudem stapelten sich an der einen Wand diverse Bücher, die der Dargin hier abgelegt hatte – vorwiegend dicke Wälzer über irgendwelche Sagenwelten, Götter und Dämonen. Auch die Kerben am Kopfende seines Bettes waren bisher nicht entfernt worden. Obwohl der Falls sich bis heute nicht die Mühe gegeben hatte, diese Wohnung persönlich einzurichten, konnte man wirklich nicht mehr behaupten, dass diese vier Wände nicht doch irgendwie Charakter hatten und eine Geschichte erzählten – selbst wenn besagter Charakter sich aus einem Mix diverser anderer Menschen zusammenstellte. Immerhin die Küchentheke war vorzeigbar aufgeräumt…
Sie hatte also ein Talent dafür, es Lian nicht leicht zu machen? Das war eine Wahrheit, die leider nicht nur auf den lockigen Braunhaarigen zutraf, das hatte die Vampirin bereits bemerkt. Gin hatte allgemein ein Talent dafür, anderen Leuten Unglück zu bringen, wie ein schlechtes Omen fühlte die Untote sich manchmal. So konnte sie das leichte Schmunzeln Lians nicht erwidern, als dieser ganz unwissend Salz in diese Wunde streute, die Gin ab und zu überlegen ließ, ob es nicht besser wäre, sich ganz von geliebten Menschen fernzuhalten. Dass sie Lian begleiten wollte, war irgendwie aus Gin herausgerutscht. Sie wusste zuvor schon, dass es eine schlechte Idee war, als sie es aussprach fühlte es sich nach einer schlechten Idee an und auch - oder vielleicht vor allem - die Tatsache, dass Lian sich wie ein Schneekönig freute, änderte nicht, dass Gin es weiterhin für eine schlechte Idee hielt, mit Lian mitzugehen, so sicher war sie, dass das irgendwie katastrophal enden würde. Doch all das Bedenken war einen kurzen Moment verschwunden, als Gin die kalte, leblose Hand in der warmen Hand Lians spürte. Als sie das Leben wahrnahm, das noch durch die Venen des Falls floss. Es fühlte sich toll an. Verdammt.
✞
Neben ein wenig unüblich-belanglosem Plaudern, dessen Aufkommen die Vampirin vermutlich darauf schob, dass die beiden Ex-Verliebten mit der Situation ein wenig überfordert waren, führte Lian Gin tatsächlich zu seinem Palast. Die Schwarzhaarige staunte nicht schlecht, glaubte sie doch für einen Moment wirklich, ihr Exfreund hätte es irgendwie zu etwas großartigem gebracht. Doch spätestens nach dem Eintreten in die wunderbaren Palastanlagen wurde der Schwarzhaarigen klar, in welcher Art von Gebäude sie gerade war. Kurz rannten ihre Gedanken durch vergangene Erlebnisse mit den Magiern Crimson Sphynx’. Da war der Rotschopf Yuuki gewesen, die beiden seltsamen Brüder Nero und Barbatos, und letztlich die kulinarische Magierin Amaya. Würde einer dieser flüchtigen Bekannten ihr Cover als Runenritterin gefährden? Nein, zum Glück nicht. Alle hatte sie als Gina kennen gelernt, oder? Bei Yuuki war sie sich gar nicht so sicher… Glücklicherweise liefen Lian und Gin keiner von Gins alten Bekanntschaften über den Weg und fanden dann in einen Teil des Palastes, in dem Tür an Tür aneinander gereiht waren. Das erinnerte Gin an die Baracken der Rune Knights. Hmm… Hier würde ich mich, glaube ich, wie eine Prinzessin fühlen…, überlegte die Schwarzhaarige laut und ließ Lian an ihren Gedanken teilhaben. Zwar war der Palast ein Gildenhaus, doch war er von solch imposanten Prunk wie Gin ihn bisher nur selten gesehen hatte. Andauern hier zu wohnen war bestimmt etwas besonderes. Lian fand dann den Weg zu einer Türe, an der sein Vorname genannt war. Dass an anderen Zimmertüren auch Nachnamen angeschrieben waren und das Namensschild des Falls eben jenen Nachnamen unterschlug, fiel der Vampirin nicht auf. Sie hatte besseres zu tun gehabt als Schildchen zu lesen. Gin trat vor Lian ein und das Chaos, das sich in seinem Zimmer niedergeschlagen hatte, zauberte der Schwarzhaarigen ein Grinsen auf die Lippen. Wie früher. Unachtsam ließ sie irgendwo direkt in der Nähe der Türe die Reisetasche von den Schultern auf den Boden rutschen und ließ sie liegen. Dann schritt sie mit leichten Schritten (die auch davon herrührten, dass die beiden Magier endlich die sonnengefluteten Straßen hinter sich gelassen hatten) in die Mitte des Raumes und blickte sich um. Ihr Blick erhaschte so einige der Dinge, die hier herumlagen, doch bevor sie Lian zur Rede stellen würde, wartete sie, dass er hinter den beiden die Türe schloss und zog so lange die Fensterläden zu, sodass keine Sonne mehr ins Zimmer fiel. Schlagartig wurde es recht düster im Zimmer des Falls, was Gin mit einem Schulterzucken abtat. Er wusste um ihren Zustand, er würde es ihr nicht verübeln. Aus dir ist also ein Weiberheld geworden?, neckte Gin dann den Exfreunden - versuchte es nach Neugierde klingen zu lassen doch kam nicht ganz ohne aufrechtigen Neid in der Stimme aus. Blanche schleppst du auf ein Date, Isabelle bekommt einen Liebesbrief und sogar deine Exfreundin hast du in dein Zimmer gezerrt. Als eisig glühenden Augen richtete Gin den Blick auf Lian. Es war unangenehm. Verdammt unangenehm. Was sollten sie tun? Worüber reden? Verdammt. Gin war meistens diejenige gewesen, die die Zügel in die Hand genommen hatte, aber gerade fiel ihr das schwer. Vermutlich sollte sie es einfach ruhig angehen. Bisschen mit Lian sprechen. Was hatte er gesagt, warum sie mit ihm mitkommen sollte? War das überhaupt wichtig? ....rummachen?, schlug die Schwarzhaarige letztlich vor. Das konnte sie wenigstens. Darin war sie gut. Das würde ihr ein wenig Sicherheit geben. Und die Situation war ohnehin absolut hirnverbrannt und idiotisch, würde die beiden vermutlich wochen- und monatelang danach in tiefe Depressionen werfen, da konnten Lian und Gin die gemeinsamen Momente wenigstens genießen. Frech biss die Schwarzhaarige sich in die Unterlippe warf Lian einen auffordernden Blick zu. Ich hab dich auch vermisst., hörte sie ihre Stimme.
Nur flüchtig konnte der 20-Jährige das Grinsen erhaschen, das sich auf den Lippen seiner Ex-Freundin zeigte, kaum dass er die Haustür seiner Wohnung geöffnet hatte. Was genau in ihrem Kopf beim Anblick des Zimmers vorging, konnte der Braunhaarige höchstens erahnen. War das hier wirklich eine kluge Idee gewesen? Gingen sie nicht beide ein viel zu großes Risiko ein? Konnte das hier… ein gutes Ende nehmen? Noch während Lian mit sich selbst haderte, setzte sich die junge Frau in Bewegung, ließ ihre Reisetasche unachtsam auf den Boden im Eingangsbereich fallen und schlenderte weiter bis zu den Fenstern, durch die das helle Tageslicht ins Innere strömte. Lian konnte trotz aller Bemühungen die Augen nicht von dem Anblick ihres trainierten Rückens lösen, der im Schatten der einfallenden Sonnenstrahlen lag. Es war ein malerischer Anblick für den Falls. Die meisten Menschen, die das erste Mal hierherkamen, nutzten die Gelegenheit, um hinauszublicken und den Ausblick auf die Stadt Aloe zu genießen. Manche wollten auch nur einschätzen, in welcher Etage des Gildenpalastes sie sich befanden. War das auch das Ziel der Du Bellay? Anstatt allzu lange an den geöffneten Fenstern zu verweilen, legten sich ihre schmalen Finger an die Fensterläden und zogen diese ohne großes Zögern zu. Nein, Gin hatte kein Interesse an dem Ausblick, ganz im Gegenteil. Die geschlossenen Fenster ließen die Wohnung deutlich düsterer und auch abgeschotteter von der Außenwelt erscheinen. Noch abgeschotteter… als wäre die Situation der beiden Ex-Liebhaber nicht so schon vertrackt genug gewesen.
Lian schloss die Tür hinter sich und trat näher, hielt allerdings inmitten der Bewegung inne, als Gin zu sprechen begann. Ein paar Sekunden sah er sie sprachlos an, nicht ertappt, vielmehr… verwundert. Ein Weiberheld? Isabelle? Woher kannte sie den Namen? Er sah sich suchend um, bis er endlich auf seinen Schreibtisch und die diversen Zettel aufmerksam wurde, die dort gestapelt lagen. Der Brief an Isabelle… das hatte er schon wieder ganz vergessen. Rin hatte ihn mit ihrem Besuch überrascht, sodass er alles stehen und liegen gelassen hatte, bevor er mit ihr zum Essen aufgebrochen war. Wer hätte auch ahnen können, dass wenige Stunden später ausgerechnet Gin in dieser Wohnung auftauchen würde? Lian sah zurück zu seiner Ex-Freundin und ließ ihre Worte Revue passieren. Er sah davon ab, die Vampirin erneut daran zu erinnern, dass die Inuyama nicht Blanche hieß – Gin schien schlicht Gefallen an dem Namen gefunden zu haben, weshalb es vergebene Mühe gewesen wäre, sie hier eines Besseren zu belehren. Die Essenseinladung von Rin, der Brief an Isabelle und nun der Besuch der Schwarzhaarigen in seiner Wohnung. Lian stellte fest, dass er die Worte von Gin auf eine ziemlich dümmliche Art und Weise tatsächlich als Kompliment wertete. Am Ende schüttelte er aber dennoch lachend den Kopf und er erhob die Stimme zu einer Erwiderung: „Ein Date, in dessen Verlauf die Frau schlagartig die Flucht ergriffen hat. Ein Brief, der es nicht über die Begrüßungsformel hinaus geschafft hat. Und eine Ex-Freundin, die mir schon mehr als einen Korb verpasst hat. Ich glaube, wir definieren den Begriff Weiberheld unterschiedlich.“ Noch immer lag ein Lächeln auf seinen Lippen, während er weiter in die Wohnung eintrat, noch gar nicht sicher, wie genau er das Gespräch eigentlich fortführen wollte. Aber… der Anfang war doch schon ganz gut, oder? Unverfänglich. Damit konnten sie beide arbeiten, darauf aufbauen…
Wenn er sich da mal nicht getäuscht hatte.
Es waren hellblau glühende Augen, die durch das düstere Licht zu ihm hinüberblickten und die ihn sofort in seinen Bann zogen. Diese Augen – sie waren magisch, ließen sein Herz von jetzt auf gleich schneller schlagen. Sein Mund öffnete sich einen Spalt breit, die Augenbrauen huschten überrascht nach oben, als Gin nach mehreren Sekunden der Stille zu sprechen begann. So voll, wie sein Kopf eben noch gewesen war, so leer erschien er Lian nun. Ihr auffordernder Blick traf ihn unerwartet, dazu ihre Worte… die Gedankenwelt des Falls setzte gänzlich aus, als er endlich wieder einen Fuß vor den anderen setzte und die letzten Meter überbrückte, die ihn von Gin getrennt hatten. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, ohne überhaupt zu zögern, legte sich eine seiner Hände in ihren Nacken, der andere an ihren Rücken und er zog sie mit einem Ruck näher an sich, sodass er jede Wölbung ihres Körpers allzu genau an sich spüren konnte. Während ihm der süße Duft nach Lavendel in die Nase stieg, blieb sein Blick an Gins Lippen hängen. „Und wie ich dich vermisst habe…“, wisperte er, während ihm die Kontrolle gänzlich abhandenkam. Er beugte sich zu ihr herab und seine Lippen trafen auf die ihren. Es war kein zurückhaltender oder vorsichtiger Kuss, er war gierig und fordernd, wurde zunehmend intensiver. Doch… da war etwas. Etwas, das hier nicht hingehörte. Ein Gefühl von… Unwohlsein. Die Vernunft in ihm flüsterte leise, dass es nicht sein Unwohlsein war, sondern das von der Schwarzhaarigen. Doch die Stimme war so leise, dass sie übertönt wurde von den wilden Gedanken des Braunhaarigen, die höchstens bis zur naheliegenden Küchentheke reichten, während sein Atem deutlich schneller ging, seine Hände sich ihren Weg über den Körper der Vampirin suchten.
Und dann riss er endlich die Augen auf.
Seine Hände hielten inne, er stoppte den Kuss und es war entsetzt über seine eigene Gedankenwelt und seine Egozentrik. „Ich falle über dich her wie ein Tier“, murmelte er, löste sich plötzlich von der Du Bellay und sah sie mit weit geöffneten Augen an. Dann trat er noch einen Schritt nach hinten, fuhr sich mit beiden Händen durch das Gesicht und stieß die Luft aus, um sich zu sammeln. Er drehte sich herum und verschwand hinter die Küchenzeile, öffnete Schränke und kramte nach Gläsern. Scheinbar, um etwas zu trinken, in Wirklichkeit, um genug Abstand zwischen sich und seine Ex-Freundin zu bringen, um auch nur ansatzweise wieder zu klarem Verstand zu kommen. Lians Lippen brannten – Gott, ganz gleich, was seine Vernunft sagte, er war erschlagen davon, wie sehr er sich nach der Schwarzhaarigen verzehrte. Eigentlich hatte der Lockenkopf Wasser trinken wollen, doch sein Blick blieb tatsächlich an dem Brandy kleben, der immer noch – neben diversen Gläsern – in seinem Schrank stand. Wie war das mit seinen schlechten Eigenschaften? Kurz wurde es still, er sah wie gebannt auf die Glasflasche, bevor sich seine Stimme endlich wieder erhob: „Du hast keine Ahnung, was ich für Magie beherrsche, oder?“, fragte er schließlich in die Stille hinein. Nein, früher hatten sie beide nicht gewusst, dass sie Mana kontrollieren konnten. Und damals in Miln hatte die Du Bellay vielleicht mitbekommen, dass Lian Zauber anwandte, aber nicht, was für eine Art davon. Illusionen waren eben nichts, was ein Außenstehender ohne Weiteres erkennen konnte. „Ich beherrsche Illusionsmagie. Ich lasse Leute Dinge sehen, die nicht wirklich da sind. Ich fand schon immer, dass das eine ziemlich passende Magie für mich ist“, erklärte er ihr, fuhr dann fort: „Aber das ist nicht alles. Ich beherrsche noch eine zweite Magie.“ Und erst jetzt löste Lian endlich den Blick vom Brandy, drehte sich herum und sah über die Theke hinweg zu Gin, die immer noch im Zimmer stand. Selbst jetzt spürte er noch die unglaubliche Anziehung, die von ihr ausging. Aber … er bewegte sich nicht. „Ich beherrsche Emotionsmagie. Ich spüre die Gefühle anderer Menschen“, erklärte er, schloss dann die Augen und legte den Kopf in den Nacken, während sich seine Linke in seinen Locken vergriff und er die Luft angestrengt ausstieß. „Gin, ich spüre es. Du… du fühlst dich unwohl.“ Lian wusste nicht, was er davon halten sollte. Hatte sie das vielleicht schon immer getan? Hatte er es früher nur nicht gemerkt? War es jetzt, mit seiner Magie, für ihn erst möglich, wirklich zu erkennen, was in der Vampirin vor sich ging? Und noch immer war er entsetzt darüber, wie egal ihm diese Erkenntnis kurzzeitig gewesen war. Dass er kurz davor gewesen war, es einfach zu ignorieren, beiseitezuschieben, um zu bekommen, was er gerade wollte. Es war ein verdammter Egoist, der in ihm schlummerte. Sogar jetzt noch war da diese Stimme in seinem Kopf, die ihm vorwarf, ein sentimentales Weichei zu sein. Und vielleicht… ja, vielleicht hatte diese Stimme gar nicht so Unrecht.
Verhalten kicherte Gin. Ich hab nicht gesagt, dass du ein erfolgreicher Weiberheld bist. Scherzend zog die Schwarzhaarige ihren Exfreund auf, nickte dann in Richtung seines Bettes - und der Kerben, die sich dort am Kopfende befanden. Wobei, allzu schlecht scheint die Jagd ja nicht zu laufen. Ich bin stolz auf dich. Natürlich waren die Worte Gins hohl und leer. Sie gönnte Lian nichts. Der Gedanke, dass er hier regelmäßig andere Damen herschleppte und sich mit ihnen vergnügte, brachte die Schwarzhaarige innerlich zum Kochen - auch wenn sie sehr gut wusste, dass das weder angemessen noch Lian gegenüber gerecht war. Sie hatte da kein Recht darauf. Und trotzdem fühlte sich der Gedanke mehr als unangenehm an.
Glücklicherweise änderte sich die Stimmung, als der Braunhaarige auf Gins Frage hin die Initiative ergriff, die Lebendtote an sich zog, ihren Leib an den seinen drückte und gierig ihre Lippen teilte. Instinktiv schloss Gin die Augen, schmeckte den allzu vertrauten Geschmack Lians auf ihrer Zunge, die sich an der seinen entlang rieb. Es fühlte sich seltsam an, sich auch nach vielen Monaten des Voneinander-getrennt-Seins gleich wieder so nahe zu kommen. In Miln damals war die Vampirin dieser Situation aus dem Weg gegangen, hatte Lian einfach sitzen lassen, nachdem die gemeinsame Quest beendet war. Aber jetzt konnte sich die Schwarzhaarige nicht mehr der Realität entziehen, dass das mit ihr und Lian irgendwie alles andere als gut verheilt oder abgeschlossen war. Die Worte des Diebes hallten in ihrem Kopf wieder, als sie sich seinen Küssen hingab. Er hatte sie auch vermisst. Immer noch.
Was hatte Gin ihm bloß angetan?
Der Wuschelkopf trennte sich von ihr, stieß sie regelrecht von sich (oder andersrum? Machte das überhaupt einen Unterschied?) und schaffte Platz und Abstand zwischen den beiden Ehemaligen. Schwer atmend und mit noch immer leicht geöffneten Lippen blickten die kalten Augen der Untoten den Braunhaarigen an. Was war sein Problem? Also… was genau? Die Worte, die wohl eine Erklärung darstellen sollten, kamen bei Gin irgendwie anders an. Das kenne ich ja gar nicht von dir., gab sie keck zurück, hatte irgendwie die Stimmung Lians falsch eingeschätzt. Die Frage nach seiner Magie konnte Gin jedoch nicht unbeantwortet lassen. Bestimmt was Hinterhältiges! riet sie und war eigentlich recht zufrieden mit ihrem Tipp, als Lian offenbarte, dass er die Kunst des Illusionismus beherrschte. Das passte sehr gut zu ihm, da war auch Gin sich sicher. Als Lian jedoch seine zweiten Magieart offenbarte, musste Gin schmunzeln. Genauso wie Ronja auch. Die hatte wenigstens den Anstand gehabt, die Vampirin vorzuwarnen, ehe sie ihr auf emotionale Tuchfühlung gegangen war. Gerade wollte Gin sich entrüstet ein wenig über den Einbruch in ihr Gefühlsleben beschweren (natürlich nur, um Lian damit aufzuziehen), da traf die letzte Bekanntmachung des Braunhaarigen die Vampirin wie ein Blitz. Was… was dachte er denn? Einen kurzen Moment herrschte Stille als Gin nach den richtigen Worten suchte, den Exfreund dabei anblickte. Schließlich brach es aus ihr heraus:
Unwohl? Das ist ja wohl die verfickte Untertreibung des Jahrhunderts! Wie soll ich mich denn nicht unwohl fühlen, nach…. nach allem. Ich hab dich einfach so zurück gelassen, kein wahres Wort darüber verloren, tauche einfach so in deinem Leben auf, runiere dir dein Date mit Blanche, zwing mich hier in dein Zimmer und mach dir Hoffnungen, dass wir uns irgendwie aussprechen können oder so, dabei bin ich in ein paar Stunden wieder aus deinem Leben verschwunden und hab nicht die geringste Ahnung, wann oder ob sich das jemals ändern wird. Ich tu dir nur weh. Ich kann auch spüren, was du fühlst, auch ohne Magie, und ich weiß dass es verdammt weh tun muss. Wie… wie kann ich mich dabei wohl fühlen? So herzlos bin nicht einmal ich…
Gin zitterte. Die bleichen Hände hatte sie an der Seite ihres Körpers zu Fäusten geballt und unter den schwarzen Augäpfeln hatten sich blutrone Tränen gebildet. Tut mir Leid, Lian, das war ‘ne Scheißidee. Ich… geh’ besser…, murmelte sie schließlich untypisch kleinlaut. Allgemein waren Schuldgeständnisse oder Entschuldigungen eher untypisch für Gin. Ein weiteres Zeichen dafür, dass Lian ihr wohl noch viel bedeutete.
Wie genau waren sie an diesen Punkt gekommen? Lian war überrascht, beinahe erschlagen von dem lautstarken Ausbruch, in den Gin sich mit geballten Fäusten hineinsteigerte. Zaghaft löste sich seine rechte Hand aus dem lockigen Haar, während seine hellgrünen Seelenspiegel unverwandt auf die Du Bellay gerichtet waren. Selbst im Halbdunkel des kleinen Zimmers konnte der Falls das Zittern an ihrem Körper erkennen und er konnte nicht verhindern, dass auch seine Hände sich bei diesem Anblick fest verschlossen. Sie hatte Recht – mit allem, was sie sagte. Die Schwarzhaarige hatte ihn von sich gestoßen und war aus Aloe geflohen, ohne ihn über ihre wahren Beweggründe aufzuklären. Sie hatte den Braunhaarigen jahrelang in Unwissenheit gelassen und hatte sogar billigend in Kauf genommen, dass er unter dieser unvorhergesehenen Trennung litt. Dann war sie wieder aufgetaucht, hatte sich einfach so wieder in sein Leben gedrängt und neues Chaos gestiftet, kaum dass Lian dachte, wieder einen geordneten Weg für sich zu finden. Vielleicht sogar einen Weg, der ihm Freude und Zuversicht in der Zukunft versprach. Der Falls hätte alles Recht dazu gehabt, wütend auf Gin zu sein…
… warum konnte er es einfach nicht?
Es war wieder einer dieser Punkte in seinem Leben, in denen Lian sich selbst nicht verstand, ganz gleich, wie lange er darüber nachdachte. Er wusste nicht, warum sein Körper und auch sein Geist ihm noch mehr Steine in den Weg legten, als ohnehin schon existierten. Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn er wütend auf die Du Bellay gewesen wäre, wenn er sie einfach von sich stoßen und zum Teufel jagen würde. Es hätte ihm ermöglicht, mit alten Dingen abzuschließen und sich einer vielversprechenderen Zukunft zuzuwenden. Aber so war es nicht. Wie immer in seinem Leben war es nicht der leichte Weg, der für ihn vorherbestimmt war. Ohne sich auch nur einen Zentimeter zu regen, musterte der 20-Jährige die blutroten Tränen, die sich in den Augenwinkeln seiner Ex-Freundin bildeten. Wie stark diese Tränen doch symbolisierten, was sich alles zwischen den beiden Magiern verändert hatte. Der Dieb hätte auf die Dunkelhaarige zu treten und sie in den Arm nehmen können, um ihr Trost zu spenden. Er hätte ihr auch die Tür öffnen und zum Gehen auffordern können, um sie beide von dieser quälenden Situation zu erlösen. Aber nichts dergleichen geschah, stattdessen war es ein humorloses Lächeln, das sich auf Lians Lippen stahl, kaum dass die Vampirin ihre letzten Worte ausgesprochen hatte. Sie wollte gehen? „Ich erinnere dich nur ungern daran, aber das hast du schon einmal probiert“, ließ er sie wissen, nur um eine Nuance leiser zu ergänzen: „Und du siehst, wohin uns das gebracht hat.“ Wie verwirrend dieser Augenblick doch war. Einerseits konnte Lian noch immer den Geschmack der Du Bellay auf seinen Lippen wahrnehmen, ihren Geruch riechen, der sich intensiv in seine Nase geschlichen hatte und seine Gedankenwelt verrückt spielen ließ. Noch immer brannten seine Lippen von der Intimität, die er mit seiner Ex-Freundin ausgetauscht hatte. Gleichzeitig hatten sie sich voneinander losgerissen, Abstand aufgebaut und es war Gin, die blutrote Tränen vergoss, während ihr gesamter Leib zitterte. Der 20-Jährige riss sich aus seiner Starre, drehte der jungen Frau den Rücken zu und fischte zwei Gläser aus dem Oberschrank. Ohne ein Wort zu sagen, füllte er beide mit Wasser, umrundete die kleine Küchentheke und reichte Gin schließlich einen der Behälter mit ausgestreckter Hand. Tranken Vampire eigentlich Wasser? „Hier“, sprach Lian aus, achtete aber gleichzeitig akribisch auf einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sich und der Dunkelhaarigen. Selbst jetzt noch konnte der Falls die enorme Anziehung spüren, die von der Du Bellay ausging und die sich im gesamten Raum verfangen hatte. Er war kein Heiliger, das wusste der Falls nur zu gut und er traf selten die richtigen Entscheidungen, weshalb er lieber auf Nummer sicherging und nach dem Überreichen des Glases wieder zwei Schritte nach hinten trat, um sich auf die eigene Bettkante zu setzen. Erst danach trank Lian selbst einen Schluck der kühlen Erfrischung. Auch wenn diese Auszeit dem 20-Jährigen half, ein paar klare Gedanken zu fassen, entging ihm das Zittern seiner eigenen Hand nicht, kaum dass er die Lippen vom Rand des Glases gelöst hatte. Um es zu überspielen, legte er die Ellbogen auf den Knien ab und umfasste das Glas mit der Linken und Rechten zugleich. Kurze Zeit legte sich eine Stille über die beiden Ehemaligen, während der Blick des Falls gänzlich auf das Wasser gerichtet war. Dann sah er mit einem Seitenblick auf die Kerben am Kopfende seines Bettes, auf die Gin zuvor zu sprechen gekommen war und er atmete tief aus. „Ich glaube, wir haben uns beide nicht mit Ruhm bekleckert, Gin.“ Und als er wieder aufblickte, ergänzte er seufzend: „Weißt du, ich hab’s versucht. Wütend auf dich sein, es vielleicht auch einfach gut sein lassen. Aber es klappt einfach nicht.“ Immer wenn Lian dachte, es unter Kontrolle zu haben, passierte irgendetwas, das ihn wieder aus der Bahn warf. Meistens waren es seine Alpträume, die ihn unerwartet heimsuchten. Manchmal war es auch nur eine Person, die Gin irgendwie ähnlich sah. Gelegentlich kamen die tückischen Erinnerungen auch an Orten, die er früher gemeinsam mit der Du Bellay besucht hatte. Oder er sah hellblaue Seelenspiegel, die eine unverkennbare Ähnlichkeit mit der Vampirin hatten. Aber allem voran war es eine Sache, die dafür sorgte, dass Lian mit Gin nicht abschließen konnte. Fragen, die ihn plagten und die ihn nächtelang nicht schlafen ließen. Und so, wie ihm diese Fragen keine Ruhe lassen würden, würde er auch seine Vergangenheit mit Gin niemals ruhen lassen können. Das Zittern seiner Hände endete abrupt, als Lian den Blick hob und zu seiner Ex-Freundin sah. Es war Entschlossenheit, die man seinem Gesicht ablesen konnte. „Aber es gibt etwas, das du für mich tun könntest, Gin. Etwas, womit du mir helfen könntest.“ Ganz bewusst legte er die Betonung auf sich selbst, bevor er mit auffallend ernster Stimme ergänzte: „Erzähl mir etwas über deinen Meister. Erzähl mir, wer er ist. Erzähl mir… wer der Mann ist, der dich umgebracht hat. Ich muss es wissen.“
Gin hatte schon die Hand nach dem Türgriff ausgestreckt, als Lian zu sprechen anfing. In der Bewegung hielt die Vampirin inne, blieb wie versteinert stehen. Er hatte recht und das kotzte Gin irgendwie an. Nicht, weil sie es ihm nicht zugestand, recht zu haben, sondern weil es sie so verdammt schlecht darstellte. Dass Gin sich selbst Fehler eingestanden hatte, war schon anstrengend genug. Dass sie nun auch noch von Lian (berechtigte) Vorwürfe bekam, machte es der schwarzhaarigen Untoten unmöglich, jetzt das Zimmer ihres Ex-Freundes zu verlassen. Das durften nicht die letzten Worte gewesen sein, die die beiden miteinander gewechselt hatten. Dann würde nämlich bedeuten, dass Lian gewonnen hätte.
Stimmt…, pflichtete die Dame Lian zu und atmete einmal tief aus, um ihre Nerven irgendwie unter Kontrolle zu bringen. Sie wusste nicht so recht, was sie hier noch tun sollte oder was Lian sich von dem Treffen erwartet hatte, als er Gin zu sich nach Hause eingeladen hatte. Diese Ungewissheit zehrte an Gin, versetzte sie in einen Zustand, den sie nur aus Kämpfen kannte. Jede Faser ihres Körpers war angespannt, die Sinne geschärft und die wirren Gedanken machten langsam den Instinkten der Vampirin platz. Gin war in Alarmbereitschaft. Die vertraute Klänge von aneinderreibenden Gläsern brachten die Schwarzhaarige dazu, sich zu Lian umzudrehen. Der Braunhaarige kam ihr entgegen und drückte ihr ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit darin in die Hand. Gin hob es vor das Gesicht unter die Nase und roch daran. Nichts. Wasser? Vorsichtig nippte sie daran. Wasser. Ich nehm’ auch was Stärkeres, falls du was hast… Vielleicht würde das ja ihre Stimmung ein wenig lockern. Das Wasserglas hielt sie trotzdem in einem festen Griff. Es war gut, etwas in den Händen zu haben. Lian setzte sich auf die Bettkante, Gin wollte stehen bleiben. In der Mitte des Raumes trat sie für einige Momente von einem Fuß auf den anderen, während Lian und sie sich anschwiegen. Worüber er wohl nachdachte? Verfluchte er Gin gerade dafür, dass sie seinen Tag ruiniert hatte? Scholt er sich selbst, weil er anstatt Blanche nun mit seiner verdammten Exfreundin heimgekommen war? Bereute er es, dass er mit seinen Worten dafür gesorgt hatte, dass die Runenritterin geblieben war anstatt zu gehen? Gin könnte es verstehen. Glücklicherweise war Lian es, der das Schweigen zwischen den beiden Ehemaligen brach. Seine Geständnis, dass beide sich nicht sonderlich rühmlich verhalten hatten, brachte die Schwarzhaarige herb zum Seufzen. Die nächsten Worte Lians waren schwerer zu ertragen. Zu einer anderen Zeit, in einer anderen Stimmung hätte Gin das als Kompliment aufgefasst. “Ich bin halt schwer zu vergessen oder zu ersetzen.” oder so. Das würde zu der starken Frau passen, die Gin sein musste. Aber so wie Lian sein Herz ausschüttete, konnte die Vampirin wenig mehr als Schuldgefühle zu verspüren. Wenn es das Ziel des Braunhaarigen war, seiner Ex richtig eins reinzuwürgen, dann hatte er damit vollsten Erfolg. Regungslos und noch immer angespannt wie eine Gazelle, die von einem Löwen beobachtet wurde, nahm die Du Bellay die Worte hin. Doch als Lian dann endlich das Gesicht hob und die Schwarzhaarige anblickte, war es Entschlossenheit, die darin zu lesen war. Das kannte Gin so kaum von ihm: Ernsthaftigkeit. Das stand Lian.
Gin seufzte, leerte das Wasserglas mit einigen ordentlichen Schlücken, stellte das leere Glas auf den vollen Schreibtisch, zog den passenden Stuhl dazu in die Mitte des Raumes und setzte sich auf etwa anderthalb Lagen Klamotten, die darauf gestapelt waren. Du weißt, warum ich das nicht getan habe. Weder als ich gegangen bin, noch damals in Miln. Ich hab das mit uns kaputt gemacht, um dich zu beschützen. Wenn ich dir jetzt was über ihn erzähle und du dich als strahlender Ritter oder Racheengel oder so aufspielst und dabei draufgehst - und das wirst du - dann war all der beschissene Schmerz umsonst, Lian. Die Schwarzhaarige schlug die Beine übereinander, atmete herb aus und fuhr sich kopfschütteln mit der Hand durch die feinen, schwarzen Haare. Haben sie mir länger besser gestanden?, wollte sie beiläufig wissen. Doch dass das nur ein schwacher Versuch war, das Thema zu wechseln, fiel ihr selbst auf. Frustriert schnaubte sie aus. Ich werd’ dir genug erzähle, dass du weißt, mit was du es zu tun hast…, gestand sie Lian dann zu. Das schuldete sie ihm, vermutlich. Also holte die Lebendtote Luft und erklärte es Lian.
Mein Meister ist ein Mann, für den Leben und Tod keine festen Grenzen sind. Er hat aus mir eine lebende Tote gemacht und er kann Tote wiederbeleben. Aber das ist nicht alles. Er kann Leben schaffen, aus nichts als Magie. In dieser Welt wandeln Wesen, die du nicht von einem normalen Menschen unterscheiden könntest, die er aus dem Nichts geschaffen hat. Er sammelt Wissen und Geheimnisse - vor allem solche, die in alten Ruinen und verborgenen Horten vergessen wurden. Er kommandiert Heerscharen an verfluchten Kreaturen, wenn ihm danach ist. Aber das alles ist nicht, was gefährlich an ihm ist. Das Gefährlichste, glaube ich, ist sein Einfluss. Er hat Macht über Adlige und Politiker. Er hat Spione bei den großen Gilden, im Königshaus und bei den Runenrittern - und das sind nur die, von denen ich weiß. Er weiß es, Geheimnisse zu wahren und Wissen und Erkenntnisse über seine Person zu kontrollieren und zu portionieren. Ich diene ihm die Hälfte meines Lebens und ich weiß noch nicht einmal, ob er denn ein großes Ziel hat und wenn ja, dann welches. Er ist intelligent und skrupellos und weiß es, sich abzusichern. Und er ist fair genug, dass selbst die Leute, die er in seinen Dienst zwingt, ihn nicht hassen.
Trocken schluckte Gin und blickte Lian an. Ob das gereicht hatte, um den Braunhaarigen von blöden Ideen abzubringen? Irgendwie glaubte die Schwarzhaarige es nicht, denn blöde Ideen waren schon so immer ein wenig das Spezialgebiet Lians gewesen.
Jede Begegnung, jedes Gespräch, das die beiden Ehemaligen miteinander führten - war es wirklich nicht mehr als ein andauernder Kampf? Eine Schlacht, um herauszufinden, wer von ihnen endgültig als Sieger vom Platz gehen konnte? Vielleicht. Nicht nur die Anspannung im Körper der Vampirin, sondern auch jene, die Lian verspürte, deuteten darauf hin. Der 20-Jährige hatte sich dagegen entschieden, zu fliehen, hatte vielmehr vor, seine Ex-Freundin zu konfrontieren, was ihn spürbar in Alarmbereitschaft versetzte. Wenn man ein wenig länger darüber nachdachte, konnte man durchaus infrage stellen, ob dieser Kampf überhaupt einer war, bei dem er oder Gin als Sieger hervorgehen konnten. Oder waren sie nicht vielmehr beide, ganz gleich, was sie versuchten, am Ende auf die eine oder andere Art und Weise Verlierer im Kampf gegen eine Macht, die sie noch deutlich überragte? Eine Frage, die der Falls in diesem Augenblick nicht beantworten konnte, viel zu sehr lag sein Fokus auf Gin. Obwohl es eine Stille war, die nach seinen Worten folgte, ließ er die Dunkelhaarige nicht aus den Augen, beobachtete jede Bewegung ihres Körpers, jedes Zucken in ihrem Gesichtsfeld ganz genau. Monate hatte er darauf gewartet, um so nah an die Antworten auf seine Fragen zu kommen – er würde diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen. Die Vampirin nahm sich Zeit und Lian konnte nur spekulieren, über welche Möglichkeiten sie nachdachte, während sie das Wasserglas leerte, auf dem Schreibtisch abstellte und sich danach auf einen der Stühle der Wohnung setzte. Erst danach setzte sie zu der heiß ersehnten Antwort an.
… und Lian spürte, wie sich mit jedem Satz, den seine Ex-Freundin aussprach, der dunkel brodelnde Zorn in seinem Inneren an die Oberfläche kämpfte.
Sie wollte ihn beschützen? Er würde draufgehen? Die Augen des Falls verengten sich und er biss die Zähne zusammen, während er um seine Beherrschung rang. Er hatte genug davon. Ständig glaubten die Leute, er wäre zu nichts fähig. Koren, Aram, seine Familie, Gin, Yuuki und so viele anderen, die ihn behandelten, als wäre er ein Idiot, der nichts zustande bringen konnte. Lian war mehr als das und er hatte es satt, dass man ihn von oben herab behandelte. Sie wollten eine andere Seite an ihm sehen? Das konnten sie haben. Seit Miln, als er unter dem Einfluss von Andras gestanden hatte, hatte es immer wieder Momente gegeben, in denen Lian irgendeinen dunklen Kern in sich selbst gespürt hatte, den er versucht hatte, zu unterdrücken. Jetzt, in diesem Augenblick, kapitulierte er. Wozu sollte er sich kontrollieren, wenn es doch nur dazu führte, dass man ihn nicht als ebenbürtig ansah? Lian brauchte keinen Schutz, verdammt nochmal!
Die Erzählungen von Gin über ihren Meister hätten dem Braunhaarigen Respekt einflößen sollen. Ein mächtiger Magier, der über Leben und Tod herrschen konnte. Der Fähigkeiten besaß, die weit über die eines normalen Magiers hinausgingen. Der über einen unendlichen Wissensschatz verfügte und Geheimnisse aus vergangenen Zeiten sammelte. Und nicht zuletzt jemand, der genug Einfluss besaß, um die Fäden in ganz Fiore in seinen Händen zu halten. Und er war fair genug, dass die Leute in seinem Dienst ihn nicht hassten? Wie gut, dass Lian sich nicht in seinem Dienst befand. Der Hass gegen diesen Mann war für den Falls zu einem Antrieb geworden. Ein Hass, der immer mehr genährt wurde und wuchs. Beherrschte Lian diesen Hass oder beherrschte der Hass vielmehr ihn?
„Gin, du unterschätzt mich“, antwortete er der jungen Frau schneidend, kaum dass sie in ihren Ausführungen geendet hatte. Nichts in der Stimme des Illusionisten deutete darauf hin, dass er sich eingeschüchtert fühlte. Immer noch lag der Blick der hellgrünen Seelenspiegel auf der Vampirin, immer noch war da diese Wut, der unbändige Zorn, der dafür sorgte, dass sich die Zunge des Falls löste. „Das hast du schon immer getan. Aber weißt du, ich bin keine Person, die leicht stirbt.“ Er hätte es dabei belassen können, es hätte vollkommen ausgereicht, aber Lian spürte, dass er es Gin mit gleicher Münze heimzahlen wollte. Und so äußerte er, nicht wenig provozierend: „Vielleicht ist das der Unterschied zwischen uns beiden.“
„Er ist stark... und schlau... und einflussreich...“ Es war die Stimme von Gin, die plötzlich aus allen Richtungen der Wohnung ertönte. Aber… wie konnte das sein, obwohl die Lippen der Du Bellay sich doch überhaupt nicht bewegt hatten? Die Worte hallten nach, verfingen sich ineinander, verwoben sich beinahe zu einer Melodie. „Er hat mich damals gekauft, als meine Familie mich weggegeben hat.“ Wieder war es Gins Stimme, die zu hören war, dieses Mal allerdings direkt hinter der Vampirin. „Ich bin Magierin von jemandem“ , ertönte es keine Sekunde später rechts von ihr. Die Umrisse der Wohnung verschwammen, wichen einer undurchdringlichen Finsternis. Augenblicke später wisperte jemand leise, beinahe vorsichtig, direkt am linken Ohr der Dunkelhaarigen: „Er ist ein schrecklicher, schrecklicher Mann, und ich muss schreckliche Dinge für ihn tun.“ Anders als noch zuvor war es dieses Mal nicht nur eine Stimme, sondern auch ein Körper, der erschien – Gin würde sich selbst erkennen, ihr eigenes Gesicht, das so nah an dem ihren verweilte, dass jedes Detail erkennbar war. Ein Spiegelbild von sich selbst. Bei dieser einen Gin blieb es nicht – noch ein Abbild erschien, lehnte sich von hinten über die andere Schulter der Vampirin, um auf sich aufmerksam zu machen. „Und er hat mir mein Herz gestohlen“, hauchte auch diese Gin. Es waren alles Sätze, die tatsächlich von der Du Bellay ausgesprochen worden waren – damals, in Miln, als sie Lian das erste Mal von ihrem Meister erzählt hatte. Jeder Satz hallte nach, vermischte sich mit den Worten, die zuvor gesprochen worden waren. „Er hat mich zurückgeholt“ „Er hat mich zu dem Ding gemacht, das ich jetzt bin.“ „Mein Meister ist kein Mann, dem man sich stellt.“ Von überall her konnte man es hören, konnte in der allumfassenden Dunkelheit nicht mehr als unzählige Abbilder der Du Bellay erkennen, die ihre Worte wiederholten. Schlussendlich war es der hölzerne Boden zu ihren Füßen, der vibrierte, der sich spaltete und aufriss. In der Dunkelheit waren es eisblaue Augen, die aufblitzten, gepaart mit den Umrissen von Lippen, die in dem allgemeinen Chor einen letzten Satz ergänzten: “Noch Fragen?“
Schlagartig zerbarst die Illusion in tausend Teile. Die Dunkelheit verschwand, die Wohnung im Zwielicht kehrte zurück. Und was Gin nun noch erkennen konnte, war der Falls, der direkt vor ihr stand, die rechte Hand auf der Rückenlehne des Stuhls gestützt, während er sich vorbeugte, sodass sein Gesicht nah an dem ihren verweilte. Er wusste das alles, sie hatte es ihm bereits erzählt. Aber es gab eine Sache, die er nicht wusste. Noch nicht. „Nenn mir seinen Namen“, forderte Lian, anders als zuvor weder ihrem Blick, noch der körperlichen Nähe zu ihr ausweichend. Die Sphynx hatte genug davon, hingehalten zu werden. Er steigerte sich so sehr in den Gedanken hinein, endlich diesen Namen zu hören, dass es ihm gleich war, was für ein Risiko er einging, um ihn zu erfahren. Nein, Gin würde nicht schon wieder davonkommen. Nicht heute.
Wenn der Braunhaarige nur gewusst hätte, dass es noch eine ganz andere Instanz gab, die ihn schon seit einer Weile beobachtete - und der gefiel, was sie hier zu sehen bekam. Etwas, das sich just in diesem Augenblick zurückzog, aber gleichzeitig entschied, schon sehr bald Kontakt zu dem Falls herzustellen, um nicht wenig Einfluss auf seinen weiteren Werdegang zu nehmen.
Mind Prison TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: IV ART: Fessel MANAVERBRAUCH: 300 pro Minute MAX. REICHWEITE: 30 Meter SPEZIELLES: Ein Ziel VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 9, Manaregeneration Level 7 BESCHREIBUNG: Bei diesem Zauber wird die komplette Außenwahrnehmung des Opfers manipuliert, was damit beginnt dass das Opfer merkt wie die Umgebung um ihn herum sich zu Verändern scheint, ein Prozess der 5 Sekunden dauert, und dem er entkommen kann indem er sich weg bewegt. Sollte dies nicht gelingen, wird das Opfer in eine falsche, illusionäre Welt gesperrt, die voll und ganz den Vorstellungen des Anwenders entspricht. Da ist es egal, ob es zum Beispiel eine Welt ist, wo die tiefsten Herzenswünsche des Opfers erfüllt sind, eine Hölle mit blutrotem Himmel wo dem Opfer die Haut wegschmilzt, oder ein Dämonisches Gericht, das versucht dem Opfer die Moralvorstellungen zu verdrehen. Während der Dauer des Zaubers kann das Opfer seinen realen Körper nicht bewegen, dieser ist erstarrt, und es ist ihm auch nicht möglich reale Außeneindrücke wahrzunehmen. Was das Opfer spürt sind die Eindrücke seines eigenen Körpers, sodass es zum Beispiel den Schmerz durch einen Angriff mitbekommt. Die illusionäre Welt kann „zerstört“ werden, indem das Opfer einen Zauber mit einer Stärke von 9 oder Höher anwendet.
„Gin, du unterschätzt mich“ Ungläubig blickte die Schwarzhaarige Lian an, die Worte trafen sie unvorbereitet. Die bleichen Lippen der Vampirin teilten sich ein Stück, als Gin der Kiefer erst wenige Zentimeter nach unten fiel, dann zu zittern und zu beben begann. Das… Darum war es doch gar nicht gegangen. Es ging nicht um Lian und darum, dass er ein Magier war und lustige Illusionen schaffen und Leuten in die Gefühle blicken konnte. Das war nett und gut und sicher für jemanden wie Lian nützlich. Aber… Es brachte nichts. Solche Spielereien waren nutzlos gegen eine Urgewalt wie den Meister der Du Bellay, warum verstand Lian das nicht? Vermutlich hatte Lian mit seinen Worten recht, gestand Gin sich ein, während sie sich mit den Fingern über ihre eigenen Oberschenkel strich und sich die Lektion des Braunhaarigen anhörte. Sie hatte ihn unterschätzt. Aber das lag nicht an mir! Lian hatte es darauf angelegt, hatte seine Fähigkeiten (wie Gin) verborgen gehalten, hatte nicht gezeigt, wozu er in der Lage war. Lian hatte während der Zeit, in der er und Gin ihr gemeinsames Leben in der kleinen Straßenbande verbracht hatten, sehr fein an seinem Image gearbeitet: Er wollte unterschätzt werden. Das hatte er als Waffe genutzt und so manchen Coup der Straßenbande darauf aufgebaut. Dass er das Gin nun vorwarf, war so ungerecht, dass es GIn erneut zum Zittern brachte. Lian prangerte sie an, weil sie auf eine Lüge hereingefallen war, die er so kunstvoll gewoben hatte. Doch Lian war sicher nicht die einzige Person hier im Raum, die Gin belogen hatte. Die Vampirin selbst war ganz ausgezeichnet darin, sich selbst etwas vorzumachen. Und das wollte der Braunhaarige ihr nun beweisen.
Er ist stark... und schlau... und einflussreich… Gin schreckte um, als sie eine Stimme hörte. Die Worte kamen ihr vertraut vor, sie selbst hatte sie damals in Miln erwähnt. Dass es ihre eigene Stimme war, realisierte die Vampirin erst, als die letzten Worte ihrer Aufzählung verhallt waren. Hektisch wandte Gin den Kopf von links nach rechts, von rechts nach links und versuchte, die Quelle der Wörter ausfindig zu machen. Doch sie prasselten aus allen Richtungen der Raumes gleichzeitig auf sie ein. Es fühlte sich an, als stände die Schwarzhaarige auf einem Podium, während von allen Seiten Rufe und Pfiffe auf sie eindonnerten. Die nächsten Worte waren direkt hinter ihr. Er hat mich damals gekauft, als meine Familie mich weggegeben hat. Von der plötzlichen Nähe überrascht sprang Gin ungelenk auf, der Stuhl Lians fiel polternd zu Boden. Unter die klagenden Worte, die ihr zugeflüstert wurden, mischten sich Bilder aus den älteren Erinnerungen der Du Bellay. Das Anwesen, auf dem sie aufgewachsen war, und wie das Licht der Frühlingssonne durch die hohen Fenster geschienen hatte. Emma, ihre Schwester, auf deren Haupt ein wundervoller, orangen-schwarzer Schmetterling gelandet war. Die wunderschönen Weinberge Süd-Fiores. Dann die Haustüre, die in der Entfernung kleiner wurde, als man Gin wegschaffte. Eine Heimat, in die sie nie wieder hatte zurückkehren können. Ich bin Magierin von jemandem.Das Zimmer um die Du Bellay verschwand in drückender, schwarzer Finsternis. Sie war die Magierin von jemandem. Sie war nicht frei. Ihr Hals schnürte sich zu, als sie eine Kette und ein stählernes Halsband darum zu spüren glaubte, die in der Finsternis verschwand, an deren Ende ein Thron aus Bein und Schädeln stand. Er ragte über Gin auf, zeigte ihr durch seine majestätisch-einschüchternde Größe, wie klein und unbedeutend sie doch war. Und wo ihr Platz war. Gin riss an der Kette, versuchte, sich zu lösen, und als das Eisen ruckartig nachgab, fiel sie auf die Knie. Eine Gestalt erschien neben ihr. Es war sie selbst. Er ist ein schrecklicher, schrecklicher Mann, und ich muss schreckliche Dinge für ihn tun. Die Gin, die neben der echten aufgetaucht war, war jung, keine zwölf Jahre alt. Sie trug ein hübsches, weißes Kleid, das vornüber zerrissen war und ihren kindlichen Oberkörper offenbarte. Blut färbte es rot und bedeckte die Haare, das Gesicht und den Brustbereich der Schwarzhaarigen. Es war nicht ihr eigenes. Zitternd und schlotternd hielt sie ein schweres Messer in der Hand, unfähig, den Griff darum zu lösen. Sie hatte zum ersten Mal jemanden umgebracht. Es würde, bei Gott, bei Weitem nicht das letzte Mal gewesen sein. Und er hat mir mein Herz gestohlen. Diese Gin war älter. Eine junge Erwachsene. Sie war, von den vielen Jahren in Aloe Town, ein wenig gebräunt, trug luftige, weite Schleier aus Schwarz und Rot. In ihren Händen hielt sie ein kleines Bündel. Früchte, Dörrfleisch, etwas Unterwäsche und ein paar Jewels waren darin. Mehr hatte sie nicht zusammen packen können, zu sehr war die Furcht in ihr gewachsen, dass man ihr Versteck aufspürte. Dass man Lian darin fand. Nein, Gin musste fliehen, musste das Leben, das sie zu lieben gelernt hatte, aufgeben, um es zu schützen. Sie würde es sich nicht verzeihen können, wenn er es fand. Das würde ihr das Herz brechen. Es schmerzte so sehr, daran zu denken, dass Gin die Hände an die Brust hob. Doch dort, wo eben noch ihr Herz geschlagen hatte, klaffte nun eine tödliche, hohle Wunde. Und als Gin dieses Mal zusammenbrach, war die Schwärze um sie herum vollkommen und endgültig. Er hat mich zurückgeholt. Ein Frevel am Lauf der Dinge, an Leben und Tod. Wie ein Schmied aus unförmigen Stücken von Eisen komplexe Werkstücke schuf, so hatte man Gins sterbliche Überreste zurechtgehämmert, hatte sie mit Feuer und Stahl neu geschmiedet. Er hat mich zu dem Ding gemacht, das ich jetzt bin. Und ihre neue Form war grässlich, spottete der Ordnung des Lebens. Gin wusste das. Sie hielt sich nicht damit zurück, anderen zu erzählen, was sie war. Doch wie falsch es sich anfühlte, zu Leben, obwohl man tot war, das hatte sie keiner sterblichen Seele je anvertraut. Das war eine Wahrheit, die sie im geheimsten Eck ihrer Seele verborgen hatte. Und so sehr die Du Bellay sich Tag für Tag einredete, dass sie durchhalten musste, dass sie ein Ziel hatte, dass sie einen Plan hatte, das alles wieder zurecht zu rücken, war da doch konstant ein dunkles Verlangen in ihr, sich zurück in die Finsternis zu stürzen, aus der man sie zu Unrecht gezogen hatte. Gin war gestorben und es war falsch, dass sie noch lebte. Das galt es, wieder in Ordnung zu bringen. Mein Meister ist kein Mann, dem man sich stellt. Das war eine Wahrheit. Was sollte all das Gerede darum, sich ihr Herz zurück zu holen, sich Orwynn zu stellen, sich ihre Freiheit zu verdienen. Das stand ihr nicht zu. Und ein Choral aus Stimmen ihrer Vergangenheit offenbarten Gin nun als die Lügnerin, die sie war. Sie hasste Orwynn nicht, weil er fair war? Von wegen… Sie wollte wieder frei sein? Wollte ihr eigenes Tun und Handeln bestimmen und würde sich einer Macht stellen, die sie selbst kaum verstand, um das zu ermöglichen? Von wegen. Sie hatte eine zweite Chance, ein zweites Leben? War immer noch sie selbst, nur anders? Von wegen! All die Lügen, die sie sich selbst erzählt hatte, nur um mit dieser absurden Realität, die sich jeder denkenden und fühlenden Kreatur entzog, ein wenig besser klar zu kommen, standen nun um die Schwarzhaarige herum, drohten, sie zu erdrücken und zu ersticken. Sie kauerte sich zusammen, schlang die Arme um den Kopf. Und als sich unter Gin der Boden auftat und die Dunkelheit in das Neonblau ihrer Augen tunkte und die ganze Existenz der Vampirin zerbrach, hörte sie ihre eigene Stimme. Und dann die von Lian.
„Nenn mir seinen Namen.“ Mit einem Mal war die Schwarzhaarige zurück im Turmzimmer Lians, saß regungslos auf seinem Stuhl. Das Gesicht des Mannes, den sie einst geliebt hatte, war einer Fratze gewichen, die sie nicht ertragen konnte. Seine stechenden grünen Augen brannten sich in ihre Seele, als sich ihr Blickfeld rot färbte. Orwynn…, gab sie dem Braunhaarigen kleinlaut als Triumpf entgegen. Doch das war bei weitem nicht das Ende. Als ein, zwei blotrote Tränen den bleichen Marmor ihres Gesichtes hinabrannen hob Gin vorsichtig die Hände, legte die Handflächen an die Brust des Braunhaarigen und verweilte so einen kurzen Moment, in einer seltsamen Umarmung beinahe schon...
...ehe sie den Falls mit alle Kraft von sich wegstieß. Wie kaltes Feuer loderte das Blau in ihren untoten Augen. Sein Name ist Orwynn Zerox, er ist Magier der Gilde Royal Crusade und er lebt in Diamante Town. Mit festem Blick und ohne dabei jegliches Zeichen der Schwäche und Verwundbarkeit zu zeigen, das sie eben noch gefühlt hatte, erhob die Schwarzhaarige sich, griff nach dem Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, und schleuderte ihn mit Wucht durch den Raum. Fensterläden gaben nach. Glas zerbarst in tausender Splitter, in denen sich das Licht der Sonne gleißend spiegelte. Ein warmer Windstoß fegte durch den Raum und als Gin zu Lian sah, war sie nicht mehr dieselbe. Sie hatte schreckliche Dinge erkannt und erfahren und so wie der Braunhaarige fand auch die Vampirin eine Verbindung zu etwas, das schon lange Zeit in ihr geruht hatte und auf den richtigen Moment gewartet hatte, herauszubrechen wie eine Motte aus ihrem Kokon. Den Namen hast du dir nicht verdient, Lian. Er ist kein Lohn für all das, er ist eine Strafe. Während sie sich erklärte schritt Gin erhobenen Hauptes zu ihrer Reisetasche und griff danach. Sie war hier fertig. Du bekommst ihn nur, weil ich dich in diesem Moment mehr fürchte und hasse als Orwynn. Das Sonnenlicht, das aus dem zerbrochenen Fenster in Lians Zimmer schien, blendete die Schwarzhaarige. Dennoch trat sie darauf zu. Ich hoffe, du suchst nach ihm. Und ich hoffe, du stellst dich ihm. Nicht für mich, für dich. Um dir zu beweisen, dass ich dich nicht unterschätzt habe. Und dann, hoffe ich, tust mir einen letzten Gefallen und stirbst einen grauenvollen Tod, Lian. Das war dann wohl das Lebewohl. Mit einem Satz hüfte Gin auf den Schreibtisch und von dort aus ließ sie sich, ohne zurück zu sehen, aus dem Fenster fallen. Sie hatte sich lange genug an ein Leben geklammert, das vorbei war. Sie war nun etwas anderes und es war an der Zeit, dass sie sich auch so verhielt. Und so breitete Gin schwarze Flügel aus und ehe sie sich versah flog sie als Fledermaus in die Wüstenstadt hinaus, Lian und die Vergangenheit, die er bedeutete, hinter sich lassend.
Lian rührte sich nicht, während der Klang dieses Namens sich wie ein schmerzhaftes Brandzeichen in seinem Gedächtnis verankerte. Wo auch immer der Geist des Falls sich gerade befand, es war nicht dem riesigen Gildenpalast, nicht in diesem verdunkelten Raum, wenngleich es sein eigener Körper war, der sich vor Gin aufbaute. Er war es gewesen, der die Vampirin bewusst in die Enge getrieben und mittels einer Illusion mit ihren schlimmsten Erinnerungen konfrontiert hatte, nur um das zu bekommen, was er wollte. Nicht einmal die blutroten Tränen, die sich in den Augenwinkeln der dunkelhaarigen Magierin sammelten und die marmorne Haut hinabliefen, ließen die alte Sphynx zurück an die Oberfläche kehren. Lian sah die Tränen, spürte die Hände der Du Bellay auf seiner Brust verweilen, aber es löste absolut nichts in ihm aus. Einzig der harte Stoß gegen seinen Oberkörper sorgte dafür, dass der Illusionist sich nach hinten bewegte, darum bemüht, das Gleichgewicht zu halten.
„Sein Name ist Orwynn Zerox, er ist Magier der Gilde Royal Crusade und er lebt in Diamante Town.“
Orwynn Zerox. Royal Crusade. Diamante Town. So lange hatte der Falls darauf hingearbeitet, hatte sich nicht nur verzehrt nach diesem Wissen, sondern sich auch in Gedankengängen und Wahnvorstellungen verstrickt, die ihn kontinuierlich in die Tiefe gezogen hatten. Warum fühlte er keinen Erfolg? Keine Euphorie? Warum war es in seinem Inneren so schrecklich leer? Genauso wie seine eigene Miene sich versteinert hatte, legte auch Gin ihre zwischenzeitlich gezeigte Verletzlichkeit ab. Sie sah ihn mindestens genauso kalt und distanziert an wie umgekehrt und obwohl sie so dicht beieinanderstanden, war es gleichzeitig eine tiefe Kluft, die sich zwischen die beiden Ehemaligen in den Boden grub und sie voneinander trennte. Der Tag in Miln, als er die Du Bellay nicht nur im Arm gehalten hatte, sondern ihr auch gesagt hatte, dass sie noch immer die Gin wäre, die er kennen und auch lieben gelernt hatte… es war ein Tag, der in diesem Augenblick unendlich weit weg erschien. Warum fühlte Lian sich nicht schlecht, empfand sich vielmehr als ein unbeteiligter Beobachter dieser Szenerie? Beinahe erhaben?
Es geschah wie im Zeitraffer: Das Bild, wie Gin den Stuhl mit ihren beiden Händen umgriff. Ihre Drehung zum Fenster. Das Mobiliar, das quer durch das Zimmer flog und das Glas des Fensters zerbersten ließ. Das Bild der vielen Scherben, die sich nicht nur vor Lians Füßen verteilten, sondern auch den restlichen Boden der Wohnung säumten.
Das grelle Licht, das in die Wohnung strömte, blendete den Braunhaarigen. Er musste die Augen zusammenkneifen und hatte das Bedürfnis, sich in irgendeine Ecke des Zimmers zurückzuziehen, an dem ihm die Sonnenstrahlen nicht erreichten. Vielleicht war es der Dunkelheit in seinem Herzen verschuldet, dass er eine groteske Form des Triumphs spürte, kaum dass Gin äußerte, ihn gerade mehr zu fürchten und zu hassen als Orwynn Zerox. Und für die letzten Worte, die die Vampirin ihm mit auf den Weg gab, hatte Lian weder Erschütterung noch Entsetzen übrig, sondern nur verengte Seelenspiegel und zusammengebissene Zähne. Obwohl es der Tod war, den Gin ihm gewünscht hatte, verspürte er keine Reue bezüglich seiner Handlungen.
Danach sprang sie aus dem Fenster und ließ Lian mit all seinem Hass hinter sich.
Der Falls gab sich nicht einmal die Mühe, selbst ans Fenster heranzutreten, um seiner Ex-Freundin nachzublicken oder um sicherzugehen, dass es ihr gutging. Es hatte sich etwas verändert, an ihm, mit ihm, aber auch zwischen ihm und der Vampirin. Sein Blick fiel auf die unzähigen Scherben, die sich auf dem Boden der Wohnung verteilt hatten. „Orwynn Zerox.“ Der Name rollte über Lians Zunge wie ein guter Wein, er horchte nach und fühlte ganz bewusst, was allein der Klang dieses Namens in ihm auslöste. Und der 20-Jährige genoss, was er fühlte. Endlich hatte er ihn erfahren, hatte der schattenhaften Gestalt, die ihn verfolgte, einen Namen geben können. Und er kannte den Ort, an dem Gins Meister sich aufhielt. Der Falls schloss die Augen, strich sich mit der Hand durch das lockige Haar und atmete tief durch, während die warme Wüstenluft die Wohnung flutete. Seine Haltung entspannte sich und der 20-Jährige wirkte für ein paar Sekunden wieder so wie der freche Dieb und vorlaute Magier, der er schon immer gewesen war. Doch dann löste sich die Hand aus seinem Haar, er trat gezielt auf den Scherbenhaufen zu seinen Füßen und hob die Lider wieder an. Den gläsernen Bruchstücken vor ihm, die sein Leben doch in vielerlei Hinsicht sehr passend symbolisierten, überhaupt keine weitere Beachtung schenkend, blickten die hellgrünen Seelenspiegel matt und glanzlos dem zerstörten Fenster entgegen. „Ich werde dich finden, Orwynn Zerox.“ Lians Stimme klang nicht nach ihm selbst, während er diese Worte aussprach. „Und ich werde dich töten.“
Ein leises Keuchen entwich der Kevuem, als sie sich den Schweiß von der Stirn wischte. Man, war es hier heiß. Deutlich wärmer als in den anderen Teilen Fiores die sie bereits besucht hatte. Das musste sie schon sagen. Immerhin hatte sie nicht den Fehler gemacht, sich komplett zu verhüllen, doch die Wärme, die spürte man dennoch stark. Sie zog ihren Zopf, der ihre schwarzen Haare zusammen hielt wieder etwas enger und richtete die Stäbe, die zur weiteren Stabilisierung im Zopf steckten wieder herein. Sie setzte ein Fuß vor den anderen, ihre hellgrünen Schuhe warne zu ihrem Glück dicht genug, dass der Sand, der hier überall verteilt war, seinen Weg nicht hinein fand und sie somit nicht die ganze Zeit nerven würde. SIe hasste das Gefühl von Sand in ihren Schuhen, begann ihre Haut dann immer sofort zu jucken. Sie zog ihre grüne Stoffjacke wieder über ihre Schultern, nachdem sie ihr von diesen heruntergerutscht war. Es war ihr zwar mehr danach, sich nahezu jedes Kleidungsstück vom Leib zu reißen, doch sie wusste, dass es nicht helfen würde. Zumal sie dadurch wohl eher Sonnenbrand bekam, als das ihr weniger warm sein würde. Der warmen Wüstensonne würde auch ihre Lichtschutz in Form einer Sonnencreme nur bedingt standhalten. Da war es besser, sich nicht zu freizügig, unbedeckt zu halten. Sie zupfte das weiße Top mit den breiten Trägern und dem runden Ausschnitt zurecht, klebte es unangenehm an ihrer Haut. Sie seufzte frustriert, zupfte kurz an dem grünen Faden, den sie schmuckhaft um ihren Hals gewickelt hatte, ehe sie ihre Hände in ihre weiße Hose stopfte. Ihr kristallblauer Blick schwankte hin und her, auf der Suche nach einem Laden. Einem Restaurant um genau zu sein. Sie hatte gehört, dass es hier so etwas wie einen Esswettbewerb ging, wo es darum ging, wer am meisten von den scharfen Wüstenspeisen vertilgen konnte. Alita als eine Person, die mit scharfem Essen und Ramen aufgewachsen war, hatte daran natürlich Interesse. Hoffentlich würde ihr das scharfe Essen dabei helfen, dass sie die Sonne weniger unangenehm fand. Wenn sie von innen auch noch warm wurde, würde sie die Hitze vielleicht nicht mehr spüren. Das war zumindest ein Versuch wert. Zumal das Essen kostenlos war und es für den Gewinner einen Preis gab. Wobei sie gestehen musste... Was genau der Preis war, war ihr entfallen. Das war aber egal - sie wollte einfach etwas Essen, ihre Grenzen austesten und dem ganzen Mal eine Chance geben. Für gewöhnlich war sie ja nicht an so sozialen Dingen interessiert, doch Wettkämpfe... Die hatten was. Sie war eine Rune Knight, Training machte den Großteil ihrer Zeit aus und da konnte man es sich auch einmal erlauben ein Training zu machen, was mehr Genuss als Anstrengung war. Es dauerte eine Weile, bis ihr ein Bereich auffiel, in dem mehrere Tische und Sonennschirme standen. Hier musste also ein Restaurant sein... Sie kramte in ihrer Tasche und pflückte einen Zettel heraus. Das Rosemary & Thyme... Da musste sie hin. Es war ein Restaurant war bekannt dafür, dass es die Spezialitäten West-Fiores servierte und jede Woche eine andere Speisekarte anbot. Da musste sie hin. Suchend blickte sie umher, ihre Jacke war ihr wieder von einer Schulter gefallen, als sie den Zettel herausgeholt und gelesen hatte. Gab es hier nicht irgendwo eine Aufrschrift, ein Schild wo der Name des Restaurants stand. Da fiel ihr eine junge Frau mit feuerrotem Schopf auf. Sie ließ den Blick kurz über sie wandern, ein Gefühl von Missfallen breitete sich in ihr aus. Doch sie stieß ein Seufzen aus, verdrängte das Gefühl und ging zu der Person hin. "Entschuldige... Können Sie mir vielleicht sagen, wo das Rosemary und Thyme ist?"
Die Sonne krachte nur so auf die Leute und die Gebäude von Aloe. Heute sogar mehr als sonst, auch wenn Lacy das nicht besonders auffiel, dass heute wohl ein heißerer Tag als sonst war. Es war ehrlich gesagt ihr erstes Mal in dieser Stadt und insbesondere in einer Wüste. Aber um ehrlich zu sein…sie hatte es sich schlimmer vorgestellt. Nicht, dass die Hitze sie nicht störte, aber als Lavamagierin war sie größere Hitze eher gewohnt als ein normalsterblicher. Ganz zu schweigen, dass sie selbst zwischenzeitlich ein Wesen sein konnte, dessen Haare buchstäblich in Flammen standen und sengende Fußabdrücke besaß. Dementsprechend…eigentlich war es gar nicht so schlecht. Und viele der hier lebenden Leute schienen wohl der gleichen Meinung zu sein. Wer in dieser Gegend lebte, der musste sich wohl oder übel an das Klima gewöhnen. Das hielt die Rothaarige heute aber nicht davon ab, in einem Viertel der Stadt, in dem sich viele Restaurants und Cafés befanden, an einem Tisch unter einem Sonnenschirm zu sitzen und zu entspannen. Keine Aufträge, keine Spukhäuser, nichts. Nur sie und ein schwarzer Kaffee auf ihrem Tisch. Ohne Zucker, ohne Milch. Einfach pur. Eine sehr aktive Geräuschkulisse umgab sie, saß Lacy doch in einem sehr belebten Bereich. Viele Einheimische und Touristen, die sich hier zur Mittagszeit etwas zu essen versprachen oder einfach nur die Mittagspause verbrachten. Sowas störte die Royal Crusade Magierin jedoch sehr wenig. Wer regelmäßig in irgendwelchen Nachtclubs war oder die Tavernen in Hargeon besuchte, der war an laute Umgebungen gewöhnt.
Aber warum genau verschlug es sie ausgerechnet nach Aloe, Wüstenstadt und Heimat von Crimson Sphynx? Ein ganz besonderes Angebot, von dem sie zufällig erfahren hatte. Vor einiger Zeit konnte sie Leute dabei belauschen, wie sie von einem neuen Angebot im Rosemary & Thyme redeten. Ein Wettbewerb, der sich um scharfes Essen drehte und einen Preis versprach. Gut, der Preis war ihr relativ egal, wenn es nichts außergewöhnliches war. Aber scharfes Essen? Und anscheinend so viel, wie sie wollte? So wie Lacy den Wettbewerb verstand, ging es einfach nur darum, möglichst viel von dem Zeug zu essen und wer am Ende mehr schaffte, der gewann. Und dazu sagte sie nicht nein. Gerade nahm die Rothaarige ihre Kaffeetasse in die Hand und wollte einen Schluck nehmen, da vernahm sie eine Stimme von der Seite. Wer? Und vor allem: Warum? Ihr Blick wechselte von eigentlich sehr neutral zu etwas genervt. “Ja?” ihr stechender Blick ging hinüber zu der Person, die ihr offenbar eine Frage stellte. Sobald die Frau ihren Satz vollendete, schaute Lacy sie mit einer Mischung aus leichter Verwunderung und milder Erzürnung an. “Ey…” sie stellte ihre Tasse ab und zeigte einfach nur wortlos auf das Schild des Ladens, vor dem sie saß: “Rosemary & Thyme” in einer schnörkeligen Schrift. “Du kannst auch einfach aufs Schild achten und niemandem auf die Nerven gehen…”, sagte sie und schaute Alita direkt an. “Jetzt mach dich ausm Licht, du blockierst.” So, wo war jetzt die große Portion von dem scharfen Essen, das sie vor 15 Minuten bestellt hatte?!
Alita musste sagen, sie hatte zwar per se kein Problem mit Wärme, doch diese hier in Aloe... Die war schon etwas über dem gewohnten Lichtpensum das sie bekam. Aber gut, ändern konnte sie an dem Wetter nichts. Die meisten würden bei einem solchen hitzigen Wetter dazu tendieren sich mit kalten Getränken und Speisen abzukühlen, doch Alita hatte gelernt, dass das eine der schlimmsten Dinge war, die man tun konnte. Man hatte ihr beigebracht, dass es besser war, bei warmen Wetter warm zu essen, weil der Körper dann nicht den großen Temperatur von Essen und Umwelt ausbalancieren müsste, was mehr Schwitzen bedeuten würde. Da kam ihr dieser Wettbewerb sogar noch gelegener! Wer konnte sich schon eine gute Portion scharfes Essen entgehen lassen? Erst recht, wenn es kostenfrei war? Wobei ganz leer war ihr Magen nicht - sie hatte, bevor sie nach Aloe Town mit dem Zug gefahren war eine große Portion ihres stärksten Ramens verzehrt. Einen kleinen Teil davon hatte sie auch für die Zugfahrt mitgenommen. Damit der Magen vorbereitet für das war, was ihn erwarten würde. Andere hatten sicherlich andere Tatiken und aßen zum Beispiel kurz vor dem Wettbewerb noch etwas. Alita hielt die ihre für sie am besten. Doch was sie wurmte und nicht so gut lief, war der Weg zu dem Restaurant. Die Gassen und Straßen in der Stadt waren mehr als überfüllt und die Kevuem fand sich regelmäßig zwischen mehreren Personen eingequetscht wieder. Nicht so prickelnd für ihre Klaustrophobie. Nach einem kurzen Panikschub hatte sie dann ein wenig die Orientierung gefunden. So war es also kein Wunder, dass sie das große Schild der Kneipe nicht direkt entdeckte. Kurzer Hand hatte sie eine junge Frau angesprochen, die an einem der Tische saß und offensichtlich auf etwas zu Essen wartete. In ihrer Hand hielt sie eine Tasse Kaffee. Als Alita sie ansprach warf sie einen Blick über die Schulter und erdolchte die Tamaki regelrecht damit. Okay, sie war ja selbst nicht begeistert davon jemanden um Hilfe zu fragen, aber das war doch etwas übertrieben. Ihre Frage schien sie dann zu verwirren, aber noch mehr zu erzürnen. Als sie die Antwort bekam, verstand sie auch warum. Das Schild stand direkt neben ihr. Am liebsten hätte die Slayerin ihren Kopf gegen die nächstbeste Wand oder gar ihre Hand geworfen. Wie hatte ihr das Schild nur so sehr entgehen können? Es war groß und sogar von weitem erkennbar und lesbar. Nach außen hin versuchte sie allerdings sich nichts anmerken zu lassen und die Ruhe angesichts der scharfen, unfreundlichen Worte zu wahren. "Danke für die nette Hilfe - viel Spaß dabei, sich das Hirn braten zu lassen.", zischte sie zurück, musterte das Mädchen mit einem kalten Blick. So würde sie sich nicht einfach behandeln lassen. Ihre Frage mochte vielleicht dumm gewesen sein, aber das Verhalten dieser aufgeblasenen Caprini oder was für einem Volk sie auch angehörte, war nicht gerade besser. Sie glaubte nicht, dass ihre Worte bei dieser Person irgendwas bringen würden, ging eher davon aus, dass sie ignoriert oder noch ein weiteres Mal angepampt werden würde. Die vor ihr schien generell von der nervigen Sorte zu sein. Die hatten weder Anstand noch Respekt. Da würde sie sich wohl nur die Zähne dran ausbeißen. Nachdem sie die Frau zu Ende gemustert hatte, blickte sie kurz umher um einen freien Platz ausmachen zu können. Zu ihrem Pech, war nur ein Tisch direkt neben dieser Zicke frei. Innerlich verdrehte sie die Augen und ging zu dem Tisch und ließ sich dort in den Stuhl fallen, lehnte sich zurück und schlug die Beine locker, breit über einander. Wann würde der Wettbewerb nochmal losgehen? Denn zu allem Überfluss hatte sie auch noch das Zeitgefühl verloren.
Dass manche Leute aber auch einfach nicht lesen konnten, nervte die Rothaarige schon wieder. Sie wollte doch nur ihren Kaffee trinken, gemütlich auf das Essen warten, was sie zur Vorbereitung auf den Wettbewerb bestellt hatte und später die komplette Konkurrenz in Grund und Boden futtern. Aber nein, diese komische Frau stellte ihr eine komplett unnötige Frage. Lacy selbst schaute nochmal auf das Schild des Ladens. Ja, es war eigentlich ziemlich groß und erkennbar. Wie die Andere das übersah, war ihr ein Rätsel. Mit einem stechenden Blick schaute sie zu ihr und Lacrita war nicht gerade eine Person, die ein Blatt vor den Mund nahm. Dementsprechend war es wohl kein Wunder, dass ihre Antwort so aus ihr herauskam. Der Kommentar, der der Royal Crusade Magierin allerdings entgegengeworfen wurde, gefiel ihr gar nicht. Ihre Augen verengten sich, ihr Blick wurde noch giftiger. Lacy stellte ihren Kaffee hin und lehnte sich zu der Ollen, die anscheinend einen Sitzplatz direkt am Tisch neben ihr fand. “Ich würde dir ja das gleiche wünschen, doch da ist wohl nicht mehr viel zum Braten übrig.” Mit einem selbstgefälligen Lächeln und einer gehörigen Portion Bosheit in der Stimme schaute sie Alita direkt in die Augen, bevor sie sich dann wieder ihren eigenen Dingen zuwandte. Kurze Zeit später erschien dann auch der Teller mit dem scharfen Curry, welches sie sofort anfing, zu verspeisen. Scharfes Essen war wirklich ein Segen! Da war es ihr auch egal, wie warm es heute wurde oder wie viel sie später noch essen musste. Jeder Löffel machte nur Lust auf mehr und ließ sie diesen Zwischenfall eben vergessen.
Es dauerte nicht lange, da kam ein großer Mann aus dem Rosemary & Thyme und eine laute Glocke ertönte. “Der Wettbewerb wird in 15 Minuten beginnen. Teilnehmer hinterlassen bitte ihren Namen bei dem Herrn hinterm Tresen.” das war wohl die offizielle Ansage. Na endlich, wurde auch langsam mal Zeit. Mittlerweile war Lacys Teller leer und ihre Kaffeetasse ebenfalls. Eine gute Aufwärmrunde, so viel war sicher. Determiniert erhob sie sich vom Stuhl, nur um festzustellen, dass die komische Frau, die ihr diese dämliche Frage gestellt hatte, ebenfalls aufstand. “Auch auf das Essen aus? Viel Erfolg, du wirst es brauchen.” Normalerweise würde sie den anderen Kontrahenten bei sowas keines Blickes würdigen. Doch irgendwas nervte sie an ihr und genau konnte die Rothaarige es nicht erklären. Was auch immer es war, zwischen ihr und dem Sieg stand nichts. Selbstsicher schlüpfte Lacrita zwischen den ganzen Personen hin und her und stand kurz darauf direkt vor dem Tresen, um sich einzutragen. Nicht, dass es wichtig war, wie schnell sie dies erledigte. Sobald sie ihren Vornamen in der Liste hinterlassen hatte, stellte sie sich in eine Ecke des Raumes und verfolgte den Trubel der anderen Personen, die teilnehmen wollten. Da schienen mehr Leute zu kommen, als gedacht.
Genervt verdrehte die Kevuem die Augen, als sie die Worte der Rothaarigen hörte. Man konnte aber auch übertreiben. Es war unglücklich gewesen, was Alita das Schild übersehen und es ihr entgangen war. Man musste aber jetzt nicht aus einer Mücke einen Elefanten machen. Für so etwas hatte Alita ja überhaupt nichts übrig. Zickig und unfreundlich, ohne großen Grund. Klar, Alita hätte es auch genervt, wenn jemand zu ihr gekommen wäre und diegleiche Frage gestellt hätte. Doch sie hätte an ihrer Stelle einfach auf das Schild verwiesen, die Frage knapp beantwortet und gut war. Man musste nicht gleich unfreundlich werden oder anfangen rumzujammern. Auf die Provokation einzugehen, das kam für die Tamaki nicht in Frage. Sie hatte nicht sich in einen Streit verwickeln zu lassen, außerdem war sie ja für etwas ganz anderes hier. Einer der Kellner kam und sie bestellte sich einen Tee. Kurz darauf bekam sie diesen auch und eine laute Glocke ertönte. Ein Mann gab bekannt, dass der Wettbewerb bald beginnen würde und man sich eintragen konnte. Fünfzehn Minuten waren weit aus mehr als genügend Zeit, dass Alita ihren Tee in Ruhe trinken konnte und dennoch die Anmeldezeit für den Wettbewerb nicht verpasste. Die Zicke am Tisch neben ihr, schien es weniger entspannt zu sehen... Oder viel mehr einen anderen Plan zu haben. Sie stand nämlich auf und machte sich auf zu dem Tresen und meldete sich an. Als Alita mit ihrem Tee fertig war und sich ebenfalls auf den Weg dorthin machte, warf die Rothaarige ihr noch einen Kommentar an den Kopf. Offenbar hatten sie beide vor an dem Wettbewerb teilzunehmen. Alita konnte sich schon denken, worauf die Fremde es abgesehen hatte. Sie hatte vermutlich vor, das Ding hier auf jeden Fall zu gewinnen. Alita sah das entspannter. Sie hatte nicht vor zu gewinnen. Die Kevuem zuckte mit den Schultern. "So eine Gelegenheit kann man ja schließlich nicht einfach an sich vorbeiziehen lassen.. Mal schauen, ob das Essen genauso scharf wie deine Zunge ist...Wenn ja...", begann sie, beugte sich leicht zu dem Mädel vor, ihre Mundwinkel zuckten leicht nach oben. "Dann habe ich leichte Karten zu gewinnen.", beendete sie ihren Satz. Provokant zwinkerte sie dem Kind zu, ehe sie an ihr vorbei zum Tresen ging, um sich eintragen zu lassen. Irgendwie hatte es doch etwas... sagen wir spaßiges, dieses Mädchen zu provozieren. Sie war sich so selbstbewusst, dass es die Kevuem nervte. So sehr, dass sie es schon fast wieder zum Totlachen fand. Sie würde sich von so ner halben Portion nicht runterziehen oder so von der Seite anmachen lassen. Als sie sich eingetragen hatte, ging sie zu einer der Wände, lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen und wartete, dass die letzten Personen sich eintrugen. Das war dann auch bald der Fall. Erneut ertönte die Klingel, die ankündigte, dass die Anmeldezeit vorbei war und die Teilnehmer sich bitte an der vorbereiteten Tafel einfinden sollten. Alita drückte sich von der Wand und ließ sich auf einen der Plätze fallen. Ihr Magen knurrte in freudiger Erwartung. Die Tamaki freute sich bereits darauf, endlich wieder scharf zu Essen. So wie sie es mit ihrem Vater und ihrer Schwester @Amira immer getan hatte.
Immer mehr Personen trudelten in den Laden und trugen sich in die Liste für den Wettbewerb ein. Unter anderem auch diese komische Tante da, die nicht richtig lesen konnte. Lacy wusste nicht genau wieso, doch irgendwas nervte sie an ihr. War es vielleicht einfach ihre Art, sich die Kommentare der Rothaarigen nicht einfach gefallen zu lassen? Wer weiß, aber eigentlich durfte sie sich davon nicht ablenken lassen. Einfach ignorieren und…nein, sie kam auf die Magierin zu und drückte ihr nochmal einen Spruch rein. Einen…verdammt, einen ziemlich guten. “Diese Zunge kann noch viel mehr, als nur scharf sein.” Es dauerte kurz einen Moment, bis sie…konnte man das jetzt falsch verstehen? Ja, definitiv, weswegen sich die Wangen der Royal Crusade Magierin für eine kleine Millisekunde rot verfärbten. …wie auch immer, zum Glück erklang die Klingel ein weiteres Mal, was den Anwesenden hier signalisierte, dass die Anmeldephase nun ein Ende hatte und der eigentliche Wettbewerb bevorstand. Die Tische wurden mittlerweile so gerückt, dass sich mehrere Tischreihen durch das ganze Rosemary & Thyme zogen. Dort setzten die Kontrahenten sich auf die Stühle, sodass sich immer zwei Leute gegenübersaßen, aber noch genug Abstand war, dass etwaige Teller sich nicht überlappten.
Bereit für den Wettbewerb entfernte Lacrita sich nun von ihrer Ecke und suchte sich einen freien Platz. Es war ihr eigentlich egal, wo. Dementsprechend nahm sie sich den erstbesten Stuhl und ließ sich darauf fallen, nur um wenige Sekunden später festzustellen, dass diese Frau von gerade ihr direkt gegenübersaß. Ein hörbares Seufzen stieß sie auf und ihr Blick wanderte durch den Raum. Mittlerweile waren alle Sitze belegt und einen neuen zu suchen wäre jetzt nicht mehr drin. Na gut, dann halt so. Vielleich konnte die Lavamagierin ihr dann wenigstens zeigen, dass Alita keine Chance gegen sie hatte. Plötzlich ertönte eine laute Stimme, die durch den gesamten Laden ging. “Alle Teilnehmer sitzen auf ihren Plätzen und damit wird der Wettbewerb gleich beginnen. DIe Regeln sind einfach: Wer am meisten isst, der gewinnt. Im unwahrscheinlichen Fall eines Gleichstands, wird der Gewinn geteilt. Aber um was geht es hier eigentlich?” Der Mann holte einen kleinen Zettel hervor. “Für den ersten Platz gibt es sowohl einen Jahresgutschein für kostenloses Essen im Rosemary & Thyme als auch das Geheimrezept für unser heutiges Wettbewerbsgericht: Das Thyme & Thunder Spezialcurry!” Oh, kostenlos ein Jahr hier essen und das Rezept für etwas richtig scharfes? Nun, Lacy war jetzt nicht unbedingt die beste Köchin, aber wenn sich jemand finden ließe, der ihr sowas immer zubereitete, dann klang das nach einem guten Gewinn. Kurz darauf brachten etliche Leute des Personals zugedeckte Teller sowie Besteck auf die Tische und platzierten vor jedem Teilnehmer einen. “Wenn die Glocke ertönt, beginnt es. Bereit? Auf die Plätze…fertig…LOS!” ein Glockenschlag und auf magische Weise verschwand der Deckel aller Teller und vor den Kontrahenten stand es: Das Thyme & Thunder Spezialcurry, heiß und gut duftend. Doch gleichzeitig war jeder Atemzug wie ein Stich mit nem Messer direkt in die Nase. Das Zeug hatte es in sich.
Normalerweise war Alita niemand, der wirklich Spaß daran fand, sich mit anderen ein Wortgefecht zu liefern oder sich anzuzicken. Das war eigentlich nicht ihr Ding. Doch irgendwie hatte sie ein wenig Blut daran geleckt, sich mit diesem aufgeplasenen Mädchen zu duellieren. Das traf sich, wenn man bedachte, dass beide an dem Wettbewerb des Rosemary & Thyme teilnahmen. Offenbar war der Rotschopf niemand, der wusste wann es gut war, drückte Alita noch einen Spruch rein. Die Kevuem hatte diesen nicht unbeantwortet gelassen und die Fremde schoss sich sogleich ein Eigentor. Diese Zunge kann noch viel mehr, als nur scharf sein? Oh man. Da war die Zunge schneller als der Verstand gewesen. Alita hatte in diesem Metier zwar keine Erfahrungen oder dergleichen, aber sei es drum. Sie beugte sich zu dem Mädchen vor, dessen Wangen für einen kurzen Augenblick knallrot wurden. "Oh, da bin ich mir sicher, Kleines.", erwiderte sie triumphierend, aber auch provozierend grinsend. Danach lehnte sie sich wieder zurück, die Hände immer noch in den Taschen vergruben. Die Glocke ertönte ein weiteres Mal und kündigte das Ende der Anmeldezeit an. Alita gewann wieder Abstand zu dem Mädchen, suchte sich einen Platz an der Wand und lehnte sich lässig dagegen, während sie ihren Blick über die Menge schweifen ließ. Im Restaurant wurden mehreren Reihen aufgebaut, an denen sich die Teilnehmer des Wettbewerbs setzen konnten. Jetzt stellte auch Alita fest, dass es eine ganz schöne Horde an Menschen waren, die es auf den Wettbewerb und vermutlich dessen Siegerpreis abgesehen hatten. Alita suchte sich einen Platz, lehnte sich gegen den Stuhl und legte ihren Knöchel des einen Beines, auf dem Knie des anderen ab, während sie ihre Hände aus der Jackentasche zog und vor der Brust verschränkte, abwartend, dass sich alle setzten und es losging. Als wäre es Schicksal, setzte sich die Rothaarige von vorhin an den Tisch gegenüber von Alita. Sie schien es zu bemerken und die Kevuem merkte ihr an, dass es ihr nicht gefiel. Nicht nur wegen ihrem kaum überhörbaren Seufzen, sondern auch wegen ihrem suchenden Blick. Doch alle anderen Plätze waren besetzt, die beiden Frauen mussten sich also damit abfinden. Die Mundwinkel Alitas zuckten amüsiert nach oben. Dann erhob der Ladenbesitzer die Stimme, sie hallte laut in dem Raum wieder. Er erklärte die Regeln: Jeder aß so viel wie er konnte, wer am meisten aß bekam den Gewinnpreis. Bei einem unentschieden wurde der Preis geteilt. Danach kam er auch Mal darauf zu sprechen, was es eigentlich zu gewinnen gab. Als er dies verkündete, bemerkte Alita, das manche tatsächlich frustriert wirkten. Hatten sie etwa geglaubt, dass es hier eine riesen Jewelausschüttung geben würde? Wie erbärmlich. Die Kevuem empfand die beiden Preise als fair und mehr als nur interessant. Ein Jahresgutschein und ein Rezept? Das war verlockend. Die Tamaki blickte zu der Rothaarigen, die aufmerksam den Worten des Eigentümers lauschte. Nach wie vor hatte Alita das Gefühl, dass sie es auf den Preis abgesehen hatte, als wäre ihr das Gewinnen wichtiger als der Genuss. Die Slayerin richtete sich auf, als eine Reihe von Kellnern kam und die Tische deckten. Die Teller waren noch abgedeckt und schirmten die Speise, die sie erwarte vor allen neugierigen Blicken ab. Die Glocke ertönte, die Deckel verschwanden und der Wettbewerb begann. Alita warf einen Blick auf das Essen, das vor ihr auf dem Teller lag. Es war nett anzusehen, machte optisch was her und der Geruch... Traumhaft. Alitas Magen knurrte vor Hunger, während der scharfe Geruch ein Kribbeln in ihrer Nase hinterließ. Ein wohliges Gefühl erfüllte sie und sie freute sich darauf, etwas davon kosten zu können. Es würde vermutlich das überschreiten, was sie gewohnt war - doch Alita mochte eine Herausforderung und es war doch toll, wenn sie die Schärfe schmeckte und diese sie nicht kalt ließ! Also griff sie nach dem Besteck und begann das Curry auf die Gabel zu füllen. Kurz darauf verschwand der erste Bissen in ihren Mund und holla! Das war gut scharf! Überrascht von der tatsächlichen Schärfe weiteten sich die Augen der Kevuem für eine Milisekunde. Sie schluckte den ersten Bissen herunter und warf einen genaueren Blick auf ihren Teller. Vielleicht konnte sie ein paar der Zutaten ausfindig machen... Wenn ihr das gelang, wusste sie, worauf sie nicht beißen durfte. Denn das würde die Schärfe in ihrem Mund freisetzen. Natürlich war sie keine Expertin in der Küche, doch sie wusste schon einige zu unterscheiden. Sie nahm noch einen Bissen. Es würde wohl noch etwas dauern, bis sie den Dreh raus hatte. Doch schmecken tat es vorzüglich!
Das…hatte sie sich jetzt nicht so vorgestellt. Irgendwie war dieser Satz in ihrem Kopf deutlich schlagfertiger gewesen und sollte der Ollen richtig einen reindrücken. Aber damit schoss Lacrita sich soeben ein Eigentor. Sie versuchte, diese nur kurz anhaltende Peinlichkeit schnellstmöglich zu überbrücken, doch wie es aussah, ließ ihr Gegenüber es sich nicht nehmen, auf den Spruch zu reagieren. Alles, was die Rothaarige darauf antworten würde, würde das Ganze nur noch schlimmer machen. “Vergiss das sofort...", meinte sie nur ernst und sah die Frau mit scharfem Blick an. Sie hatte in ihrem Leben bisher nur wenige peinliche Momente gehabt, doch dieser würde sich definitiv bei diesen einreihen. Dieses selbstgefällige Grinsen von der komischen Dame machte die Situation außerdem nicht besser. Doch Lacy wusste schon, wie sie ihr dies wieder aus dem Gesicht treiben würde. Wortlos drehte sie sich um und nachdem die Anmeldephase vorbei war, wurde der Raum für den Wettbewerb vorbereitet. Etliche Tische standen aneinander und schnell suchten die Teilnehmer sich ihren Platz. War es Zufalle oder Schicksal, dass die Rothaarige ausgerechnet direkt gegenüber der Schwarzhaarigen saß? Ändern ließ sich dieser Fakt leider nicht, alle anderen Plätze waren besetzt. Sowohl die Regeln als auch der Preis wurde kurz und knapp erklärt. Die Royal Crusade Magierin war keine begabte Köchin. Meist ernährte sie sich von Fertigzeugs, dementsprechend war das Rezept etwas unwichtiger als das Jahr kostenloses Essen. Doch vielleicht würde sie ja irgendwann jemanden finden, der das Thyme & Thunder Spezialcurry nachkochen konnte. Und ja, sie ging schon davon aus, diesen Wettbewerb zu gewinnen.
Mit einem Glockenschlag begann das Essen und der Geruch des Essens stieg Lacy sofort in die Nase. Ein stechender, jedoch sehr guter Geruch, der einem die Nasenhaaren wegbrannte. Schon alleine beim Anblick und nach dem ersten Bissen begannen einige Teilnehmer, sofort nach Milch zu schreien und den Wettbewerb aufzugeben. Pah, alles Anfänger! Die Magierin nahm den Löffel in die Hand und füllte diesen mit einer ordentlichen Portion, des gelblichen, und leicht grün schimmernden, Gerichts. Der erste Kontakt mit ihrer Zunge löste vieles aus. Der scharfe Geschmack des Currys war nicht von dieser Welt. Jede Sekunde, die sie damit im Mund verbrachte, war eine Qual und ein Segen zugleich. Hinter all der Schärfe und dem Schmerz verbarg sich allerdings ein unglaublich beeindruckender Geschmack, der es definitiv wert war, gekostet zu werden. Und um ehrlich zu sein, so sehr machte der scharfe Geschmack ihr nichts aus. Klar, es war bemerkbar, doch Lacrita hatte schon vieles gegessen. So einfach würde sie sich nicht unterkriegen lassen, besonders nicht, weil sie jemandem zeigen musste, wer hier das Sagen hatte! Kaum war Zeit vergangen, hatte sie auch schon den ersten Teller leer. “Nachfüllen!” schrie sie in den Raum und einige Leute schauten überrascht zu ihr. Viele Teilnehmer kämpften noch mit der ersten Portion, auch wenn sie sich langsam durchschlugen. Herausfordernd ging ihr Blick dann zu Alita. Ob sie ebenfalls so weit war?
Wenn Alit so darüber nachdachte - was sie an dieser Konversation begeisterte war weniger das was man ihr tatsächlich an den Kopf warf, als die Art und Weise wie ihr gegenüber mit dem eigenen... Nennen wir es Fauxpas umging. Der Moment indem die Rothaarige erkannte, dass das was sie da gesagt hatte, missverständlich und mehr ein Eigentor war... Da wurde die Situation erst amüsant und für sie peinlich. Es war wie man sagte. Etwas war erst dann wirklich peinlich, wenn es einem peinlich war. Wenn man es peinlich machte. Sie ging zwar... recht akzeptabel damit um, aber man merkte, dass es ihr unangenehm war. In der Hinsicht verspürte die Kevuem auf jeden Fall ein Stück weit Schadenfreude und genoss es. Es entlockte ihr auf jeden Fall ein Schmunzeln und ein Gefühl der Genugtuung. Kurz darauf begann auch schon der Wettkampf, sie suchte sich einen Platz an einem der Tische und fand sich schnell wieder der Rothaarigen gegenüber wieder. Nach einer kurzen Erklärung brachte man den Teilnehmern auch schon die erste Runde an Tellern des scharfen Currys. Der Gong ertönte, die Deckel wurden von den Tellern genommen und los ging es. Bereits als Alita eine Nase von dem Essen nahm, merkte sie deutlich, dass dieses Curry es in sich haben würde. Bestätigt wurde das, als sie die ersten Bissen nahme. Die Schärfe brannte auf ihrer Zunger, an ihren Wangen und ihren Rachen entlang als sie den zerkauten Bissen herunterschluckte. Das Wasser sammelte sich in ihrem Mund und sie merkte wie ihr doch ein Stück weit wärmer wurde. Doch die Schärfe war nicht zu stark, als das man den köstlichen Geschmack dessen nicht wahrnehmen und genießen konnte. Es schmeckte echt gut! Alita nahm noch einen Bissen, immer noch auf der Suche nach der Zutat, die sie auf lange Frist ins Schwitzen bringen konnte. Ein paar weitere Bissen vergingen, da reckte die Rothaarige ihr gegenüber auch schon die Hand in die Höhe und bat um die nächste Portion. Beeindruckend, wie schnell sie die erste herunterschlungen hatte. Doch die Tamaki ließ sich davon nicht beirren. Als sie nach der zweiten Portion rief, hatte sie den Ursprung der Schärfe ausgemacht. Die nächsten Portionen sollten für sie also deutlich einfacher werden. Die Taktik war zwar nicht lückenlos, aber sie würde damit auf jeden Fall sehr weit kommen. Wenn man bedachte wie sich die anderen Teilnehmer so schlugen... War die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die meisten davon ausscheiden würden, bevor die wenigen... kritischeren Bissen von Alita eine so hohe Schärfe in ihrem Mund auslösen würden, dass es zu unangenehm für sie würde. Und so war es auch. Während Alita und die Rothaarige eine Portion nach der anderen zu verschlingen schienen, ohne dass es ihnen allzu viel auszumachen schien, schieden Stück für Stück immer mehr Leute aus dem Wettstreit aus. Die einen waren mit der schieren Schärfe überfordert, weinten... wenige klappten sogar zusammen oder übergaben sich. Andere waren von der Menge an Essen überfordert und schafften es einfach nicht, sich weitere Bissen zuzuführen. Alita hatte zum Glück einen sehr guten Stoffwechsel und hohen Kalorienbedarf. Demnach machte ihr dies auch nicht allzu viel aus. Auch wenn sie schon allmählich zu spüren merkte, dass das Essen in ihrem Magen ankam und diesen zu füllen begann. Weitere Augenblicke vergangen und als Alita das nächste Mal wieder aufblickte, saßen an den langen Tafeln insgesamt nur noch drei Personen. Ein großer, breit gebauter, muskulöser Mann, Alita und... Die Rothaarige von vorhin. Die Kevuem war durchaus beeindruckt, dass sie es soweit geschafft hatte. Es war also nicht nur alles heiße Luft gewesen, was aus ihrem Mund gekommen war.
Man mochte es von außen vielleicht nicht glauben, doch Lacy vertrug deutlich mehr Essen, als es für jemanden ihrer Statur üblich war. Sie hatte einen Magen, der das Zeug förmlich verbrannte. Auch wenn es in der Realität nicht so war, auch sie hatte natürlich ihre Limits. Und es lag auch nicht daran, dass es sich bei der Dame um eine Kiryn handelte, sie hatte einfach schon immer einen so großen Appetit. Gepaart mit ihrer Resistenz gegenüber scharfen Dingen sowie Alkohol, konnte sie zuverlässig in jedem Wettsaufen und jedem Wettessen mitmachen. Je mehr Zeit verging, desto mehr Leute schieden aus dem Wettbewerb aus, bis schließlich nur noch drei Leute teilnahmen. “Nächster” Während sie den letzten Löffel noch herunterschluckte, bat die Magierin schon nach dem nächsten Nachschlag. Apropos Limits, sie merkte, wie sich das Curry so langsam in ihrem Magen breitmachte. Ein Gefühl, welches gekonnt ignoriert wurde, denn es ging mittlerweile nicht mehr nur darum, diesen Wettbewerb zu gewinnen. Viel mehr wollte sie es der komischen Frau vor ihr nicht gönnen, dass Lacy sich vor ihr geschlagen gab. Gebannt starrten die Leute (zumindest die, die gerade dazu in der Lage waren) darauf, wie die letzten drei eine Portion nach der nächsten vertilgten. Es schien, als wolle keiner nachgeben, egal wie viel nachgereicht wurde. Schließlich gab sich jedoch auch der große, bullige Mann geschlagen, der mit rot angelaufenem Gesicht nach hinten kippte. Ein überraschtes Raunen ging in der Menge umher. “Die haben Big Earl geschlagen. Normalerweise gewinnt er jedes Wettessen.” Teilweise wurde auch unter der Hand Geld ausgetauscht, denn wie es schien, hatte man zwischendurch auf den Sieger gewettet.
“Na, schon fertig?” mit einem herausfordernden Grinsen schaute Lacrita ihre Konkurrentin an, während das nächste bisschen Curry in ihrem Mund verschwand. So langsam war es wirklich genug, doch sie wehrte sich weiterhin dagegen, aufzugeben. Gespannt schauten die Leute auf die letzten beiden, zwischen denen sich der Wettbewerb entscheiden würde. Keiner der hier Anwesenden hatte damit gerechnet, dass das Finale zwischen zwei Frauen stattfand, die alles andere als stämmig und widerstandsfähig aussahen. Doch mal wieder merkte man, dass der Schein trügte. Langsam wurde jedes bisschen Curry schwerer und schwerer in Mund und Magen. Auch ihre Hand wehrte sich so langsam dagegen, doch Lacy würde nicht aufgeben, ehe Alita es ebenfalls tat. Das hier war eine Prinzipsache, insbesondere nach dem kleinen Fauxpas von vorhin. Hoffentlich würde das hier bald ein Ende nehmen…
So langsam nahm der Wettbewerb richtig fahrt auf. Teller für Teller wurde geleert, Wettstreiter um Wettstreiter stieg aus und die Menge an denjenigen, die weiter um den Sieg des Wettkampfes stritten, wurde geringer. Bis letzten Endes nur noch drei übrig geblieben waren. Der breit gebaute Mann, Alita und der Hitzkopf von vorhin. Sie schien sich ebenfalls gut zu schlagen. Beeindruckend. Alita aß weiter, verharrte kurz als der letzte Mann in der Runde nach hinten kippte. Der Aufprall machte ganz schön Lärm und füllte den Raum, der völlig still geworden war - so gespannt hatten die Leute zugesehen. Offenbar war der Kerl jemand gewesen, der bereits viele Wettessen gewonnen und berüchtigt war. Scheinbar hatten die beiden Frauen nicht nur einen größeren, sondern auch resistenteren Magen. Alita tat die Schärfe keinen Abbruch mehr, seid sie die Körner identifiziert hatte, die zu dem scharfen Geschmack führten. Sie blickte auf ihren Teller, auf dem nur noch wenige Bissen lagen. Sie leerte diesen und verlangte nach dem nächsten. Gerade in diesem Moment fragte die Rothaarige ob Alita schon fertig war. Die Kevuem blickte auf, in das grinsende Gesicht des Mädchens. Sie zuckte entspannt mit der Schulter. Sie emfpand kein Gefühl der Anspannung, des Ehrgeizes oder dergleichen. Sie war immerhin nur hier, wegen des ganzen kostenlosen Essens. Wenn sie ehrlich war, interessierte sie der Preis auch nicht so recht. Die Jahreskarte brauchte sie nicht - war sie viel zu selten in Aloe Town, als das es sich für sie lohnen würde. Doch das Rezept... Das hatte etwas reizvolles. Dann könnte sie sich dasgleiche immer wieder machen, wenn ihr der Sinn danach war. Das wäre gut. Wobei dieses Essen ihren Magen bei Weitem nicht so gut füllte, wie Kristalle. Diese füllten ihre Energie deutlich besser und schneller auf. "Keine Sorge, ich habs nicht eilig. Ich hab genügend Zeit und Raum um weiter zu essen.", erwiderte sie. Es klang beinahe so, als würde ihr die schiere Menge, die sie bisher gegessen hatte nicht im geringsten etwas ausmachen. Das stimmte auch zum Großteil. Sie hatte immer noch Platz für mehr, auch wenn ganz langsam ein Sättigungsgefühl eintrat. Sie nahm die Gabel wieder in die Hand und machte sich an den nächsten teller. Eine ganze weitere Weile verging, in der sie beide weiter aßen. Immer mehr Leute äußerten ihre Bewunderung und ihren Schock, dass keine der beiden Frauen zum Ende kam. Allmählich spürte Alita, wie sie selbst an ihre Grenzen stieß. Ihr Magen wurde immer voller und bot immer weniger freien Raum für mehr. Sie blickte zu ihrer Kontrahentin, der es ähnlich zu gehen schien. Alita leerte ihren Teller, schob ihn deutlich langsamer und weniger bestimmt von sich weg, hob die Hand und fragte nach dem nächsten. Genauso wie ihre Gegnerin. Doch die Köche standen da, die Augen weit aufgerissen und wirkten sprachlos. "Wir haben... nicht mehr.", gab einer von ihnen zögerlich zu. Irritiert zog Alita die Augenbrauen zusammen. Sie dachte, sie würden immer weiter mehr machen. Oder hatten sie bereits so viel gegessen, dass sie keinen Nachschub mehr bieten konnten? Hatten sie den ganzen Vorrat aufgegessen? Oder die Menge, die für den Wettbewerb gedacht war? Die Luft in dem Raum war dick, für einen Augenblick war nichts zu hören. Bis der Mann, der die Moderation übernommen hatte, wieder das Wort erhob und mit euphorischer Stimme den Wettbewerb für beendet erklärte und beide Frauen als Siegerinnen erklärte. Etwas ungläubig, realisierte nicht so recht, dass sie sich den Sieg mit der Diva vor sich teilte. Der Mann forderte die Frauen auf, aufzustehen und zu ihm zu kommen. Kurz zögerte Alita, kam dann aber zu ihm. Sie warteten bis die andere es ebenfalls tat, dann griff der Mann sich beide Hände und hielt sie preisend in die Höhe. Die Menge brach in Jubel aus, andere Pfiffen begeistert und anerkennend. Der Blick der Kevuem wanderte über die Menge und zum Schluss zur Rothaarigen. Was ihr wohl gerade durch den Kopf ging?
Wenn man nicht genau sehen könnte, wie beide Kontrahentinnen jeden Löffel komplett verspeisten, hätten manche Leute meinen können, dass da Schummler am Werk waren. Und bestimmt glaubten wirklich ein oder zwei, dass es so war. Aber nein, der Appetit und inbesondere das Magenvolumen der beiden Frauen schien schier unermesslich zu sein. Teller um Teller wurde geleert, bis schließlich nur noch Lacy und die komische Andere dort saßen. Und die Rothaarige musste ehrlicherweise zugeben: Sie war beeindruckt. Sie dachte nicht, dass Alita so lange durchhalten würde und mit ihr nun im Finale endete. Aber hey, das war nur noch mehr Ansporn, aus diesem Wettbewerb nicht als Verliererin hinauszugehen. Je mehr sie aß, desto langsamer wurden die Bissen und irgendwann merkte Lacy schließlich, wie voll sie eigentlich war. Aber: Das konnte man auch bei ihrer Gegnerin sehen. Der Sieg war nahe, es war zu spüren, an ihrer Zunge zu schmecken…ne Moment, Zungen waren gerade ganz schlecht. An diese kleine Schmach wollte sie gerade nicht denken. Endlich hatte die Ardére auch den nächsten Teller leer gefuttert und schob diesen Weg, damit sie ihren Nachschlag bekam. Doch…da kam nichts. Mit einem überraschten und etwas peinlich berührten Gesicht verkündete einer der Angestellten, dass sie kein Curry mehr hatten. War das ihr ernst? Überrascht starrte die Magierin die Person an, bis der Moderator schließlich einen Sieg verkündete. Doch Lacrita hatte nicht alleine gewonnen, sie und Alita waren wohl in diesem Moment bei einem Unentschieden gelandet.
Die Menge tobte, während die Sieger sich schließlich erhoben und offiziell den Sieg entgegennahmen. “Oh come on…” etwas enttäuscht war die Magierin schon. Nicht von sich selber, sondern davon, dass es echt so geendet war. Ihr Blick traf den der Kevuem, für ein paar Sekunden schauten die beiden sich still an, während um ihnen herum applaudiert und gepfiffen wurde. “Schätze, du bist nicht so schlecht wie gedacht.” Gab Lacy anerkennend zu. “So, was ist jetzt mit den Preisen?” Meinte sie schließlich zu dem Veranstalter des Ganzen. Dieser schaute kurz nach hinten zu ein paar der anderen Angestellten und entfernte sich für einen Moment vom Geschehen. Es dauerte zwei Minuten, bis sie sich schließlich einig waren, was nun geschehen sollte. “Nun…da es zwei Gewinner gibt und wir zwei Preise vorbereitet haben, wird jedem von euch einer der Preise gegeben. Wir haben einmal das Rezept für unser preisgekröntes Thunder & Thyme Spezialcurry und den Gutschein für kostenloses Essen, ein ganzes Jahr lang hier in unserem Restaurant.” Er schaute Alita und Lacy an. “Es liegt an euch, das unter euch aufzuteilen.” Er sagte das, doch eigentlich wusste die Rothaarige schon, welcher von den beiden Preisen ihr eher zusagte. “Yo, brauchst du das Rezept? Kannst du haben.” Sie konnte nicht sonderlich gut kochen und müsste erstmal jemanden finden, der ihr sowas zubereiten wollte. Ein Jahr lang hier für Lau essen klang deutlich ansprechender.
Im Gegensatz zu Alita schien es der rothaarigen Kontrahentin weniger zu gefallen, dass der Wettkampf schon vorbei war und die beiden ein Untentschieden erzielten. Überraschen tat dies die Kevuem wenig. Das Mädchen hatte sehr... bestrebend gewirkt, als sie sich der Tamaki gegenüber gesetzt hatte. Sie hatte ihr in mehrerer Hinsicht den Kampf angesagt und musste sich nun eingestehen, dass ihre Mühen um sonst gewesen waren. Das sie Alita nicht hatte übertrumpfen können. Dass diese immer noch stand, vielleicht das Knie beugte, aber immer noch nicht aufgegeben hatte. So war das manchmal im Leben. Nicht immer war man der Sieger, manchmal verlor man und manchmal war es nunmal ein unentschieden. Damit musste man sich abfinden. Ob die Rothaarige das schaffen würde? Ganz sicher war sich Alita da ja nicht. Sie wirkte auf sie nicht wie jemand, der Einsicht zeigte und sich nicht von den eigenen Ansprüchen übermannen ließ. Sie standen gemeinsam neben dem Mann, der den Wettbewerb für beendet erklärte und sie beide als Gewinner zeichnete. Da warf die Jüngere ein paar Worte ein, die nur Alita und der Wettbewerbsleiter hören konnten. "Kann ich nur zurück geben... War wohl kein Bluff vorhin.", erwiderte sie. Dann kam das Thema mit dem Preis zu Wort. Noch einmal erklärte der Mann, dass sie sich die Belohnung teilen müssten und unter sich zu klären hatten, wer welchen Anteil nahm. Gerade als die Kevuem etwas sagen wollte, kam die andere ihrer zuvor und fragte, ob sie das Rezept gebrauchen konnte. "Und du kannst den Gutschein haben. Ich hab davon nicht viel.", erwiderte sie. Kaum das sie sich geeinigt hatten, kamen zwei Personen von dem Personal des Restaurants vor, die eine hielt einen Zettel mit dem Gutschein in der Hand. Dieser wurde an die Rothaarige übergeben, das Rezept an Alita verteilt. Direkt ließ die Tamaki den Blick über das sorgfältig beschriebene Blatt wandern. Das war also das Rezept. Spannend. Das würde sie auf jeden Fall früher oder später einmal nachmachen. Musste nur Mal schauen wann sie dazu kommen würde. Heute sicherlich nicht mehr. Für einen Tag hatte sie genug Curry gegessen und sie musste ja immer noch schauen, was sie den restlichen Tag so trieb. Viel bestimmt nicht, so voll gefuttert wie sie war. Kurz darauf begann sich die große Menschengruppe im Laden auch schon wieder aufzulösen. Das Personal begann die Tische wieder in das gewohnte Muster zu verlegen und den Normalbetrieb wieder einzurufen. Auch der Leiter verschwand nach einer weiteren Gratulation, sodass die beiden Siegerinnen alleine zurück blieben. Alita steckte den Zettel weg und musterte das Mädchen. "Und? Schon eine Idee, wann du den Gutschein das erste Mal einlösen willst? Und für was?", sprach sie, ein Schmunzeln auf den Lippen, während sie die Arme locker vor der Brust verschränkte und sie musterte. Sie war doch schwer beeindruckt von ihrer Leistung. Das es nicht nur heiße Luft gewesen war. Vielleicht waren die beiden Damen einander doch nicht so unähnlich. Zumindest was die Stärke ihres Magens anging.
Natürlich hätte Lacy lieber gewonnen als es nur in einem Unentschieden enden zu lassen! Also echt, wenn man die Möglichkeit hatte, wieso keinen vollkommenen Sieg einstreichen? Doch dass es so kam war ja weder ihre Schuld, noch die der anderen Kontrahentin…naja, also nicht direkt. Ja, sie hatten den kompletten Vorrat an vorbereitetem Curry gegessen, aber die hatten halt einfach nicht genug gemacht! Wer konnte denn damit rechnen? Dass die Rothaarige sehr wahrscheinlicb nicht mehr als einen oder zwei weitere Teller herunterbekommen hätte, sei mal dahingestellt. Das interessierte ja auch niemanden und das musste auch niemande erfahren. Wichtig waren die Preise, denn darum ging es ja bei diesem Wettbewerb. Lacy konnte herzlich wenig mit dem Rezept anfangen, denn sie ließ sich Essen zubereiten, und machte es nicht. Entweder ging die Magierin in Restaurants, Kneipen und Tavernen und ließ sich dort bewirten, oder sie musste auf einiges an Fast Food zurückgreifen. Kam auch oft genug vor. Ihre kulinarischen Künste gingen aber vermutlich in den Minusbereich. Wenn sie eine Pfanne anschaute, würde diese vermutlich anfangen, zu brennen…und nein, nicht wegen ihrer Magie. Auch wenn das nicht unwahrscheinlicher schien. Lacy betrachtete den Gutschein einen Moment und steckte ihn schließlich ein. Den würde sie bestimmt noch sehr oft verwenden…nur nicht heute. Heute hatte die Magierin erstmal genug von Curry. Vielleicht würde sie den restlichen Tag erstmal damit verbringen, zu shoppen…oder in ein Fresskoma verfallen, was auch immer zuerst kam.
“Pff…keine Ahnung, morgen vielleicht. Bin eh noch nen paar Tage in der Stadt.” Antwortete sie schließlich ihrer Kontrahentin. Ja, Lacy hatte ja nicht vorgehabt, nur wegen des Wettessens herzukommen. Wenn sie die Möglichkeit hatte, würde sie Aloe auskundschaften, inklusive allem, was die Stadt zu bieten hatte. Essen, Läden, Bars, alles. Und was den zweiten Teil der Frage anging…sie wusste gar nicht, was das Rosemary & Thyme noch so auf der Speisekarte hatte, außer eben dieses Spezialcurry. Aber darum sollte sie sich morgen Gedanken machen. “Du? Wirste dir das Zeug direkt nachkochen oder was?” Also eines musste man dem Restaurant lassen: Das Essen war der Hammer. Dieses Curry hatte ein gutes Schärfelevel und war voll mit Aromen, die die Zunge begeisterten. Würde sie also nicht wundern, wenn die Andere es sich nicht nehmen ließ, sofort einen Topf davon zu machen. “Ich werd mich jedenfalls verpissen, die Stadt auschecken.” Meinte sie dann und schaute in Richtung der Tür. “Ach, apropos. Der Style, den du trägst, ist echt cool. Haare selbst gestyled?” Je länger sie Alita betrachtete, desto mehr fiel der Magierin auf, dass sie ihren gesamten Aufzug echt nice fand. Also hatte sie nicht nur einen großen Magen und eine große Klappe, sondern wusste auch, wie man nicht als Modeopfer herumlief.
Das ihre Kontrahentin nicht besonders begeistert über den Ausgang des Wettkampfes war, konnte sich die Tamaki mehr als nur gut vorstellen. Immerhin hatte jene ihr vor Beginn eine ziemliche Kampfansage gemacht. Zu wissen, dass sie Alita nicht hatte schlagen können, musste an ihrem Selbstbewusstsein und Ego kratzen. Zumindest vermutete die Kevuem dies, konnte sie nicht in die andere hineingucken. Bisher hatte sie nur den Eindruck gehabt, dass diese Rothaarige es begrüßte, die Oberhand zu haben, anderen überlegen zu sein. Aber gut, sie fanden sich beide relativ schnell mit der gegebenen Situation ziemlich schnell ab und teilten den gemeinsam gewonnenen Preis untereinander auf. So, dass jeder von ihnen das bekam, was er haben, beziehungsweise womit er etwas anfangen konnte. Das war doch ein gutes Ende. Zumal die Rothaarige Alita dieses Mal nicht so verbal angiftete, wie am Anfang. Offenbar hatte sie ihren anfänglichen Ärger über Alitas Fehler überwunden und legte etwas vernünftigeres, faireres Verhalten an den Tag. Darüber konnte Alita sich nicht beklagen. So fand sie die Dame auch gleich viel sympathischer. Ein liebes Kätzchen war ihr stets lieber, als eines das die Krallen nach ihr ausstreckte. Alita selber war eigentlich nicht das, was man eine (gute) Köchin nennen konnte. Die meiste Zeit griff sie auf einfache Gerichte zurück oder holte sich im Restaurant um die Ecke etwas, was sie mit dem Gehalt bezahlte, welches ihr die verschiedenen Aufträge der Rune Knights einbrachten. Doch gelegentlich versuchte sie sich wieder an neuen Gerichten. Vor allem jene, die aus ihrer Heimat, Seven stammten, oder von scharfer Natur waren, machte sie meist selber. Denn viele Restaurants schafften es nicht, die Gerichte auf ein Schärfeniveau zu heben, dass ihren Hunger stillte. Deshalb hatte sie in ihrem Zimmer zahlreiche Schoten, Gewürze und Saucen stehen, um ihr Essen nach ihrem Geschmack und Bedarf aufzupeppeln und zu schärfen. Den meisten würde sich wohl der Magen umdrehen, wenn sie ihr Essen probieren würden, aß sie eigentlich täglich ziemlich scharf. Wer das nicht gewohnt war, konnte schlecht damit umgehen. Dass sie als Slayerin noch einen weiteren Vorteil hatte, wusste aber eigentlich niemand. Dabei wollte sie es aber auch belassen. Schnell stellte sich heraus, dass die Rothaarige nicht vorhatte, die Stadt alsbald zu verlassen. Etwas, was Alita ihr nicht verübeln konnte. Es war schon eine ziemliche Strecke die man zu fahren hatte um von egal welcher anderen Großstadt nach Aloe Town zu reisen. Da war man eine ganze Weile beschäftigt. Wenn Alita so darüber nachdachte, war es vermutlich sogar ganz gut, wenn sie selbst doch nicht direkt wieder zurückreisen würde. So viel wie sie gegessen hatte. In Anbetracht der schieren Menge die sie gerade herunter geshclungen hatte, wohl keine besonders gute Idee. Vielleicht würde sie ja ein Hotel in der Nähe finden, in dem sie nächtigen konnte. Da sollte sie sich wohl besser als bald auf den Weg machen, bevor es dunkel und kalt würde. Sie war nicht daran interessiert in der wüstlichen Kälte von einem Hotel zum nächsten zu wandern. "Heute? Nicht wirklich. Für heute hatte ich genug. Aber vielleicht die Tage mal. Wenn es sich anbietet.", erwiderte sie auf die Gegenfrage ihrer Kontrahentin und fuhr sich durch das schwarz gefärbte Haar und zog ihren Zopf zurecht. Irgendwie vermisste sie die blonde Strähne die sich gelegentlich durch ihr Haar zog... Vielleicht würde sie sich die Zeit nehmen und sie die Tage wieder so umfärben. "Viel Spaß dabei.", wünschte sie der Rothaarigen die ankündigte, dass sie nun gehen und die Stadt erkunden wollte. Jedoch ließ sie es sich nicht nehmen, der Tamaki davor noch ein paar Worte zuzuwerfen. Es war ein... Kompliment. Überrascht wurden die Augen der Kevuem etwas größer. Man konnte ihre Überraschung deutlich erkennen und sie löste ihre Arme aus der Verschränkung, nahm eine lockerere, entspanntere Haltung ein. "Danke und ja. Klingt vielleicht etwas klischéehaft, aber ich mache es lieber selber als andere an meine Haare zu lassen. Auch färben mach ich lieber selber, als in einen Salon zu gehen.", erzählte sie, ein leicht verlegenes Lächeln auf den Lippen während sie ihre Hand in ihren Nacken legte, die andere in die Hüfte gestemmt. "Aber ich muss sagen, dein Style hat auch was... Finde es passt zu deinem Auftreten und deinem Charakter... Sehr... harmonisch.", gab sie das Kompliment dann an die andere zurück. Sie hatte sich etwas zurückhalten müssen. Beinahe wäre ihr ein anderes Adjektiv herausgerutscht. Jedoch war sie sich nicht sicher, ob es angemessen gewesen wäre dies laut zu äußern und der anderen zu gestehen, dass sie optisch betrachtet recht attraktiv war. Alita wusste nicht wie alt dieses Mädchen war. Sie konnte in ihrem Alter sein, aber auch noch fast ein Kind. In letztem Fall wäre es überhaupt nicht angemessen. Davon ab tat sie sich immer schwer damit so etwas offen zuzugeben. Sie kratzte sich verlegen im Nacken und ließ den Blick etwas schweifen. "Aber ich mach mich dann denk ich Mal auf den Weg. Hab noch was zu erledigen.", sagte sie, löste ihre Hände und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Dort drehte sie sich nochmal um, salutierte der Jüngeren ein wenig neckend und verspielt, ein Schmunzeln auf den Lippen. "Steck ja nicht die gesamte Stadt, mit deiner scharfen Zunge in Brand.", sprach sie und im nächsten Moment fiel auch schon die Tür hinter ihr ins Schloss.
Wenn Lacy überlegt, wie lange sie für diesen verdammten Wettbewerb nach Aloe gefahren war, dann war es keine Überraschung, dass sie sich noch ein paar Tage mehr hier gönnte. Sie war sicher nicht in der Stimmung, nochmal eine fast komplette Tagesreise anzutreten. Nicht nach dem ganzen Curry, was ihren Magen füllte. Die Hauptstraße sollte ihren Infos nach ganz cool sein. Ein paar Läden, die ganz interessant klangen, befanden sich dort und den großen Basar wollte die Rothaarige auch noch auschecken. Ja, diese nächsten Tage waren vollgepackt mit Vorhaben und die eine oder andere Überraschung würde sich bestimmt auch noch finden lassen. Ihre Mitgewinnerin hatte jedenfalls heute nicht vor, sich ein weiteres Mal dem Curry zu verschreiben, sondern…was auch immer zu tun. Die beiden würden wohl hiernach getrennte Wege gehen. Nicht, dass Lacy dem ganzen nachtrauerte. Sie waren insbesondere am Anfang nicht gerade auf dem selben Nenner. Aber jetzt, wo sie sich mit Alita ein wenig unterhielt, schien sie ja immerhin gar nicht so kacke drauf zu sein. Naja, vielleicht lief man sich ja irgendwann nochmal über den Weg. Forcieren würde die Rothaarige es sicher nicht, dafür hatte sie wichtigeres zu tun.
Sie machte sich die Haare also wirklich selber? Je näher Lacy sie betrachtete, desto mehr gefiel ihr der Gesamteindruck, den sie mit ihrem Style machte. Das hatte echt was cooles. Sie zuckte nur mit den Schultern und strich sich einmal über ihre eigenen Haare. “Wenns eh niemand besser für den Style hinbekommt, warum Zeit und Geld an denen verschwenden?” Das war doch nur logisch, oder? Wenn man es selber gut konnte und zufrieden damit war, dann wäre es ja nur blöd, andere dafür zu bezahlen. Auch wenn Lacy es mochte, sich in solchen Salons ein wenig verwöhnen zu lassen, ließ sie sich meistens nur die Spitzen schneiden. Der Rest war Lacrita-Eigenmarke! Gut…ihre Haare waren zugebenermaßen auch nicht so kompliziert zu behandeln, aber trotzdem. “Harmonisch? Höre ich zum ersten Mal, aber danke.” Das war irgendwie ein weirdes Kompliment. Also…es war keines, was sie bisher bekommen hatte, aber es war ein Kompliment, also würde sie es auch annehmen. “Ich achte drauf, dass alles zusammenpasst. Finds ja echt krass, mit was für einer Geschmacksverirrung manche Leute herumlaufen.” Also sie hatte ja nix gegen ausgefallenere Designs oder so…aber manche Personen hatte echt einen Negativwert, was ihre Klamottenauswahl anging. Naja, die Zeit des netten Plauschs war dann auch schon vorbei, als Alita sich nun verziehen wollte. Doch natürlich musste sie ihr noch einen neckischen Kommentar bezüglich ihrer Zunge da lassen! Nun, es war ja nicht dieselbe Situation wie vorhin, dementsprechend war Lacrita diesbezüglich auch entspannter. Um genau zu sein, ging die Magierin ihr schnellen Schrittes nach, bevor die Tamaki das Restaurant verlassen konnte und legte ihr eine Hand auf die Schulter. “Kannst sie ja anscheinend nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Vielleicht zeig ich dir ja irgendwann mal, wie scharf meine Zunge sein kann.” Mit einem neckischen Grinsen starrte sie ihre Gegenüber an und lief dann an ihr vorbei, direkt aus dem Gebäude hinaus. Dieses Mal wusste Lacrita ganz genau, was sie da sagte!
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