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 Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof

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Evie

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BeitragThema: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyMi 3 Aug 2022 - 21:07

Ortsname: Crimson Sphynx Gildenpalast - Vorhof
Art: offenes Gelände
Spezielles: ---
Beschreibung: Bevor man den Gildenpalast betritt kommt man auf den Vorhof. Einige Bänke stehen hier im Schatten von Bäumen und laden zum Verweilen ein; etwa wenn man auf seinen Questpartner wartet. Seltener wird es wohl sein, dass sich ein Magier hier einfach so die Zeit vertreibt. Meist gehen hier Leute jedoch nur ein und aus. In der Mitte gibt es einen imposanten Springbrunnen zur Verschönerung des Platzes.

Change Log: ---


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Evie

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyMi 3 Aug 2022 - 21:08

Off: Wiedersehen macht Freude
#1
@Lian


Das Versteck der Wüstenfüchse war nicht gerade das beste, schönste, bequemste oder komfortabelste Haus. Eigentlich waren die meisten der hiesigen Geräte in dem heruntergekommenen Haus nur noch Dekoration – mit Ausnahme eines Kamins. Aber es war wohl auch schwer einen Kamin als Feuerstelle funktionsuntüchtig zu gestalten. Fließendes Wasser gab der Wasserhahn auch schon lange nicht mehr her. Konnte auch an seinem stark verrosteten Zustand liegen. Aufgeräumt war es hier auch nicht und staubgewischt wurde hier vermutlich vor einer langen Zeit zuletzt. Mal abgesehen davon, dass die Holzdielen und Treppenstufen schon bedeutend bessere Tage gesehen haben und man aufpassen sollte, wo man hintrat. Vieles hier war geflickt, vieles lag herum und vieles wirkte überaus improvisiert. Trotzdem hatten sie sich hier ein zu Hause geschaffen. Wenn man genau hinschaute merkte man, dass hier mehrere Jugendliche leben mussten. Keine Nische glich der andere und die wenigen Schlafmöglichkeiten hier waren im begrenzten Rahmen individualisiert.
Evie, eine 17-jährige Magierin, wie sich bald heraus stellen sollte, fand ihr zu Hause wunderbar. Auch, weil sie sich schon gar nicht mehr richtig an ein weiches Bett ohne kratzige Laken erinnern konnte. Oder andere Bequemlichkeiten. Sie waren nie reiche Diebe gewesen, aber da sie nicht schlecht waren, reichte es meistens für das nötigste. Manchmal träumte sie vom Luxus der reichen Menschen, aber immerhin hatte sie hier Menschen um sich, die sie als Familie und engste Freunde bezeichnen konnte. Früher war es hier immer sehr laut zu gegangen. Nicht, weil sie sich gegenseitig angeschrien hätten, sondern, weil auf dem kleinen Raum immer ein oder zwei handvoll Jugendlicher zugegen waren. Mit Ausnahme von der Dachbodennische, gab es auch keinen wirklichen Platz in ihrem Versteck, der nicht als „offen“ bezeichnet werden konnte und daher gab es wenig Rückzugsmöglichkeiten. Doch mit den Jahren waren immer mehr gegangen und nur noch wenig blieb als Erinnerung an sie zurück. Wie die Bilder, die Meira an die brüchigen Wände einst malte.  Es war ein ganz schöner Akt gewesen, die zu besorgen. Oder das alte Teleskop, welches sie einst versucht hatten zu reparieren um es Lian zu schenken.
Lian, dieser Name stand auch dick gedruckt im Zeitungsartikel des Weekly Sorcerer, der die zuletzt im Rang aufgestiegenen Magier ehrte. Evie saß auf ihrem Lieblingsplatz, einem in die Jahre gekommenen Sessel, des Polster schon verblasst war und man hier und da eine Feder spüren konnte. Mit ein paar extra Kissen ging es jedoch. Sie hatte die Beine an den Körper gezogen und starrte herunter auf die Zeitungsausgabe. Evie hatte sie in der braunen Ledertasche gefunden, die sie bei ihrem gestrigen Diebeszug mitgehen lassen hatte. Eben diese lag achtlos auf dem Boden, unweit von ihr umher. Ob dieser Lian, ihr Lian war? War er ein A-Rang Magier? So recht konnte sie es sich immer noch nicht vorstellen. Aber Levi hatte es ja selbst gesehen. Lian war ein Magier.
Schritte näherten sich ihrem Platz und Evie schaute auf. Vor ihr stand Lacy. In den Händen hielt sie einen Krug Wasser und ein paar Lappen. Sie sahen gewiss nicht schneeweiß aus, aber allzu dreckig waren sie auch nicht. „Wie geht es ihm?“ fragte sie ihre Freundin, die nur leicht lächelte. „Er ist immer noch ungnädig.“ „Hast du es ihm gesagt?„Nein, ich denke nicht, dass es seine Laune oder seinen Genesungsprozess verbessern würde. Nathan hat schon genug damit zu tun ihn hier zu halten.“ Evie blickte zurück auf ihre Zeitung. „Bitte sei vorsichtig. Ich möchte dich nicht auch verlieren, Evie.“ Sie rollte mit den Augen und schnalzte mit der Zunge. Ihr war doch noch nie was passiert! Andererseits hatten sie Eliat geschnappt. Aber das auch wieder nur weil er unvorsichtig gewesen war und das war ja nur passiert weil…. Argh Lian. Mit ihm hatte all der Kummer angefangen. Aber sie würde ihn heute aufsuchen! Und ihn zur Rede stellen. „Ich geh jetzt.“ Sagte Evie entschlossen und griff beim aufstehen nach der Zeitung sowie der Tasche. Von einer nahestehenden Kiste nahm sie einen alten Umhang. Evie fand mit so einer Reisetasche und einem Mantel würde sie doch wunderbar als Reisender durchgehen. Ein Reisender auf der Suche nach dem A-Rang Magier Lian von Crimson Sphynx, der sie einfach so im Stich gelassen hatte!

Wenn man sein ganzes Leben, oder zumindest einen großen Teil seines Lebens, als Diebin in Aloe Town verbracht hatte ohne bisher im Gefängnis gelandet zu sein, konnte man damit schon ein wenig angeben - bei den richtigen Leuten. Und es hieß, dass man die Stadt wie seine Westentasche kennen musste. Es dauerte daher nicht sehr lange, bis sich Evie vor dem Gildengebäude von Crimson Sphynx stand. Um ihren Schultern ruhte der Umhang, der schon mal bessere Tage gesehen hatte. Im Kontrast dazu bei genauem Hinsehen die Lederumhängetasche, die neuer aussah. Auf dem Weg hierher hatte sie es sich nicht entgehen lassen noch etwas für eine Zwischenmahlzeit zu besorgen. Einen Apfel hielt sie bereits in der Hand und biss immer mal wieder von ihm ab. Ein weiterer ruhte noch in der Tasche, genauso wie zwei Orangen, welche sie plante den anderen mitzubringen. Die würden sich sicher über ein paar Leckereien freuen! Leider war sie nicht an der Bäckerei ihres Vertrauens vorbeigekommen. So ein Schokoladengebäck am Morgen... aber der Apfel war süß genug - für den Anfang. Und sie hatte ja noch ein paar Bonbons in der Tasche vom Basarbesuch gestern. Was genau sie beim Anblick der Gilde fühlte oder dachte, konnte Evie in diesem Moment gar nicht so genau beschreiben. Wenn gleich sie diesen Wüstenpalast schon häufiger gesehen hatte - meist aus der Ferne - wirkte er unglaublich imposant. Hier zu leben musste wirklich sehr luxuriös sein. Kein Vergleich zu ihrem Versteck. Selbst die meisten Reichen der Stadt hatten nicht gleich einen derartigen Palast vorzuweisen. Ein paar Magier, vermutlich Magier, waren bereits unterwegs um die Gilde zu betreten oder zu verlassen. Ob sie wirklich Glück hatte Lian hier anzutreffen? Und war es ihr Lian? Und würde sie ihn überzeugen können ihr zu helfen! Ein wenig nervös war sie ja schon! Evie ging auf den erstbesten Magier zu, der nur auf dem Vorhof herum stand. Oder zumindest sah es so aus. „Kann ich helfen?“ fragend blickte er zu ihr als sie auf ihn zu kam. „Ich suche Lian. Den A-Rang Magier von Crimson Sphynx. Der der in der Zeitung stand.“ Der Magier sah sie abschätzend an. Warum sie das wohl tat? Aber bei dem Wort A-Rang Magier musste er schmunzeln. Warum er das wohl tat? „Was willst du von ihm? Keine Ahnung, ob er gerade hier ist.“ antwortete er ihr Achsel zuckend. „Der Questboardverantwortliche könnte das vielleicht wissen.“ mutmaßte er. Oder zumindest würde er wohl wissen, wenn Lian eine Quest angenommen hätte.  „ Lian ist ein alter Freund aus Kindheitstagen, aber seit er umgezogen ist, haben wir uns aus den Augen verloren. Als ich dann die Zeitung gelesen habe, habe ich gehofft, ihn endlich wieder zu finden!“ Nah bei der Wahrheit zu bleiben, hatte sich bei Lügen schon oft bewehrt.  „Bitte, bitte. Könnt ihr den Questmeister fragen? Oder jemanden nachsehen schicken? Ich bin den ganzen Weg hierher gereist und möchte doch nur heraus finden, ob euer Lian nicht doch mein Sandkastenfreund ist! Ich hab doch noch immer was für ihn und es all die Jahre aufgehoben, weil ich mich damals nicht mal verabschieden konnte!“ Vielleicht war es ihre traurige Stimmlage oder ihre bemüht rührseelige Geschichte, die den Magier die Hände hochheben ließen. „Also soweit ich weiß, kommt er von hier. Aber ich werd' mal nachschauen, ob ich ihn finden kann. Wart einfach hier draußen. Aber mach dir keine Hoffnung, dass er wirklich rauskommt.“ erklärte er ihr. Während er reinging, setzte sich Evie auf eine Bank und aß ihren Apfel endlich weiter, während sie mit ihren Beinen schaukelte und die Leute beobachtete. Hier hatten viele Leute sehr interessantes Zeug bei sich, vielleicht ergab sich ja eine kleine, feine Gelegenheit...


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyFr 5 Aug 2022 - 16:30

„Komm schon, wer ist es? Luciano? Savala? Oder etwa doch… Koren Zur?!“

Die Umstehenden sogen bei der Erwähnung des letzten Namens scharf die Luft ein, eine kurze Stille trat ein… dann verfiel die gesammelte Mannschaft in lautstarkes Gegröle. Obwohl, waren es wirklich alle Anwesenden, die lachten? Nein, wenn man ganz genau hinsah, fiel auf, dass es ganz genau einen jungen Mann gab, der entnervt mit den Augen rollte, den Blick abwandte und sich stattdessen wieder dem gefüllten Fladenbrot in seinen Händen widmete. „Es ist wirklich Koren Zur, oder? Leute, habt ihr seinen Blick gesehen? Eindeutig. Lass mich raten: Dafür, dass er dir den Rang besorgt hat, hast du ihm etwas ganz anderes besorgt.“ Wieder grölten die Umstehenden und der blonde Typ, der sich vor Lian aufgebaut hatte und mit allen möglichen, wilden Thesen um sich warf, suhlte sich in der Anerkennung und Aufmerksamkeit der anderen. Der Bogenschütze, auf dessen Kosten diese Späße hier passierten, war scheinbar die einzige Person, die diesem blonden Typen nicht sonderlich viel abgewinnen konnte. Für Lian war dieser Magier, dessen Namen er nicht einmal kannte, nicht mehr als ein vorlauter Mistkerl – ein Mistkerl, dem er allzu gerne den Mund stopfen würde. „Lass das mal lieber nicht Koren hören“, warnte der Falls kühl und warf dem Blonden nun doch einen kurzen, intensiven Blick zu. Ein ehrfürchtiges Raunen ging durch die Menge, denn es waren die ersten Worte, die der Lockenkopf tätigte, seit die Gruppe damit begonnen hatte, ihn beim Essen zu belagern. „Oh, sieh mal einer an, er ist doch nicht stumm“, sprach ein Magier aus zweiter Reihe, bevor es wieder Mister Vorlaute-Klappe war, der mit einem süffisanten Grinsen antwortete: „Ah ja, weil er keinesfalls zulassen würde, dass irgendjemand schlecht über seinen kleinen Schützling und ihn spricht?“ Lian musste sich wirklich zusammenreißen, um nicht lautstark zu lachen. Koren würde eher von der nächstbesten Klippe springen, als mich als seinen Schützling zu bezeichnen, dachte sich der Illusionist, der ganz genau wusste, wie wenig Koren von ihm hielt. Eine Sache, die – wenn man es ehrlich betrachtete – sogar irgendwie auf Gegenseitigkeit beruhte. Aber das war Nichts, was Lian gedachte, mit diesen nervtötenden Gildenkollegen zu teilen, die ihre Nase eindeutig in Angelegenheiten steckten, die sie nichts angingen. Seit Wochen machten die wildesten Gerüchte über ihn innerhalb der Gilde Crimson Sphynx die Runde. Alles hatte damit angefangen, dass er befördert worden war. Nicht zum B-Rang-Magier, wie es jeder normale Magier in den Reihen der Wüstengilde es irgendwann nach seinem Eintritt tat… nein, Lian hatte kurzerhand einen kompletten Rang übersprungen und zählte nun als A-Rang-Magier zu der Elite der Gilde. Die Elite! Wie sollte man das auch ernst nehmen? Lian war vieles, aber sicher kein Elite-Magier. Auch wenn sich der Braunhaarige bisher niemandem wirklich anvertraut hatte, so fühlte er sich seit seiner Beförderung erst recht wie ein Hochstapler, weshalb er es vermied, zu lange darüber nachzudenken. Zu Beginn waren es noch Gerüchte gewesen, die zumeist hinter vorgehaltener Hand und hinter seinem Rücken erzählt worden waren. Thesen, die behaupteten, dass er einen hochrangigen Gönner hatte, der ihm hinterrücks zu seinem Rang verholfen hatte. Wenngleich es Lian auf die Nerven gegangen war, er hatte den Konfrontationen ausweichen und so tun können, als wüsste er nichts davon. Als würde er es nicht bemerken, dass die Leute sich über ihn unterhielten.

Und dann kam dieser gottverdammte Artikel im Weekly Sorcerer. Und das Übel nahm seinen Lauf.

Niemand hatte Lian gefragt, ob er einverstanden damit wäre, dass seine Beförderung in diesem Klatschblatt für alle Welt sichtbar offenbart wurde. Niemand hatte auf seine Bedürfnisse Rücksicht genommen – genauso wenig wie auf die Bedürfnisse der anderen Gildenmitglieder. Der Falls wusste nicht, ob er es sich einbildete, aber es wirkte fast so, als würden sich die anderen Magierinnen und Magier durch den Zeitungsartikel über Lians Beförderung persönlich angegriffen fühlen. Anstatt ihm mit Respekt zu begegnen – wie es bei so ziemlich jedem anderen hochrangigen Magier der Fall war – schienen sie es sich vielmehr zum Ziel zu machen, dem Illusionisten jetzt erst recht klarzumachen, dass sie weder ihn, noch seinen tollen Rang anerkannten. Anstatt immer nur hinter seinem Rücken über ihn zu tuscheln, tauchten sie plötzlich in Gruppen auf und konfrontierten Lian bei jeder Gelegenheit mit ihren verrückten Thesen und Behauptungen. Und da der Bogenschütze keine Anstalten machte, sich ernsthaft gegen diese Angriffe zu wehren und sich genauso wenig darum bemühte, irgendwie für Klarheit in der Angelegenheit zu sorgen, hatten die Angreifer auch nie etwas zu befürchten. Solange diese Hohlköpfe sich in ihre irrwitzigen Geschichten hineinsteigerten, konnte Lian verhindern, dass sie auf den wahren Kern trafen. Auf keinen Fall wollte der Illusionist, dass seine Verwandtschaft mit Aram Falls die Runde machte – dafür war er sogar gewillt, sich auf die Zunge zu beißen und die Sticheleien mehr oder minder schweigend über sich ergehen zu lassen. Wenngleich auch Lian merkte, dass er allmählich auf seine eigene Grenze zusteuerte. Er hoffte wirklich inständig, dass die Gemüter sich bald wieder beruhigten… leider deutete bisher nichts darauf hin, dass das alsbald der Fall sein würde. Der 20-Jährige hätte gerne lautstark geseufzt, aber ehe er dazu kam, tauchte ein weiterer Magier auf. Na wunderbar, noch jemand, der sich über ihn lustig machen wollte? Der Falls starrte auf sein restliches Fladenbrot, der Hunger war ihm inzwischen gänzlich vergangen.

„Hey. Da draußen sitzt ein Mädchen, das scheinbar zu dir will. Sieht so aus, als wäre sie ziemlich weit gereist, um dich zu finden.“ Erst mit einigen Sekunden Verzögerung verstand Lian, dass die Botschaft nicht an irgendjemand anderen, sondern an ihn gerichtet war. Er hob den Blick, musterte den Neuankömmling mit sichtlicher Skepsis. „Ein Mädchen?“, fragte der Bogenschütze nach und kam beim besten Willen nicht darauf, wer es sein sollte. Ganz kurz, der Falls konnte es gar nicht verhindern, huschte das Bild von Gin durch seinen Geist… aber er schüttelte innerlich den Kopf. Die Du Bellay wusste, wo er wohnte und sie würde sich sicherlich nicht zurückhaltend irgendwo anmelden und darauf warten, dass Lian zu ihr kam. Wenn es Gin war, die hier auftauchte, dann wäre sie selbstbewusst in den Gildenpalast stolziert und hätte an seine Tür geklopft, um sich zu holen, was auch immer sie wollte. Bei dem Gedanken war es ein kleines, spitzbübisches Grinsen, das sich auf den Lippen des Braunhaarigen bildete. „Sie sucht nach Lian, dem A-Rang-Magier. Sie hat wohl von ihm in der Zeitung gelesen.“ Und sofort erstarb das kleine Grinsen auf den Lippen von Lian. Mister Vorlaute-Klappe war es natürlich, der diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen ließ. Mit der flachen Hand schlug er auf den Tisch, an dem der Falls saß und lachte lautstark los. „Die Arme! Kommt her, um einen echten A-Rang-Magier zu treffen und alles, was sie bekommt, ist ein Fake.“ Ohne dass der Falls es richtig unter Kontrolle hatte, ballte er die Hände zu Fäusten, sprang von seinem Sitzplatz auf und baute sich bedrohlich vor seinem Angreifer auf, die Augen zu schmalen Schlitzen verzogen. „Wenn du nicht gleich deine vorlaute Klappe hältst…“, grollte er mit nur schwerlich unterdrücktem Zorn. „Was dann? Rennst du dann zu Koren Zur?“ Die Zeit schien wie eingefroren, während sich die beiden jungen Männer mit ihren Blicken durchbohrten. Lian spürte, wie ihm die Kontrolle über die Situation und auch über sich selbst allmählich entglitt und die Vorstellung, sich hier und jetzt mit diesem Fatzke zu prügeln, weckte eine seltsame Genugtuung in ihm. Leider bezweifelte er, dass es seinem Ruf in der Gilde zuträglich wäre, wenn er sich auf eine Schlägerei im Palast mit einem Gildenkollegen einließ. Vermutlich würde es die Gerüchteküche ganz neu entfachen. Im letzten Augenblick riss sich der Falls von seinem Kontrahenten los, baute Abstand zwischen sich und ihm auf und atmete schwer aus. „Draußen? Vor dem Palast?“, erkundigte er sich stattdessen bei dem Neunankömmling, der dieses Mädchen ins Spiel gebracht hatte, das angeblich draußen auf ihn wartete. Obwohl Lian keine Ahnung hatte, wer es sein sollte und auch keine Lust empfand, neue Bekanntschaften zu schließen, so war ihm alles lieber als hier zu bleiben und sich noch mehr Sprüche auf seine Kosten anhören zu müssen. Er musste verschwinden, bevor das hier endgültig eskalierte. So stellte er überhaupt keine weiteren Fragen, bevor er sich abwandte, sein restliches Essen einfach stehenließ und sich Richtung Ausgang des Gildenpalastes aufmachte. „Da läuft er, der mieseste A-Rang-Magier, den Crimson Sphynx je gesehen hat.“ Das Lachen der anderen Magier verfolgte Lian auch noch, als er den Raum schon längst verlassen hatte.

Kurz bevor er auf den Vorhof des Gildenpalastes trat, blieb der junge Mann stehen, massierte sich beruhigend die Schläfen und versuchte händeringend, das schreckliche Pochen an seiner Stirn wieder unter Kontrolle zu bringen. Lian konnte nicht einmal genau sagen, wie sie es geschafft hatten, ihn so weit zu treiben, genauso wenig verstand er, wie er es eigentlich geschafft hatte, im letzten Moment die Kurve zu kriegen. Selbst auf die Gefahr hin, dass er unterlegen gewesen wäre – da war immer noch diese penetrante Stimme in seinem Schädel, die ihn dazu bewegen wollte, umzukehren und Mister Vorlaute-Klappe doch noch einen gepfefferten Faustschlag zu verpassen. Erneut ließ er sich die Worte der Gildenmitglieder durch den Kopf gehen und er sah an sich herab. Nein… besonders imposant sah er nicht aus, das musste der Falls gestehen. Er trug wie immer seine dunklen Hosen, die an den Knöcheln enger wurden, dazu ein gelbes Shirt, das absolut unauffällig aussah. Das Lederarmband an seinem Handgelenk sah mehr wie ein modisches Accessoire aus als nach der magischen Waffe, die es in Wirklichkeit war. Es ließ sich nicht verhindern, dass die hellgrünen Augen beim Blick auf das Handgelenk auch an seinem Unterarm hängenblieben und er die drei schwarzen Linien musterte, die sich um seinen Arm schlängelten. Ein Überbleibsel einer vergangenen Zeit… und doch erinnerte es Lian daran, woher er eigentlich kam. Und bestätigte ihn darin, dass die anderen Gildenmitglieder vermutlich gar nicht so Unrecht hatten mit ihren Urteilen über ihn. Er war nie dafür bestimmt gewesen, ein toller Magier zu sein. Wie hatte Aram ihm das alles hier nur antun können? Und diese Beförderung… er hatte seinen Neffen bewusst den Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Bei dem Gedanken daran, dass es tatsächlich ein Wolf gewesen war, der diesen ganzen Kram überhaupt erst zum Laufen gebracht hatte, musste der Falls humorlos grinsen. Er atmete tief durch, schob die Überlegungen beiseite und trat nach draußen. Zuerst musste er sich um dieses Mädchen kümmern, das nach ihm suchte. Vermutlich irgendeine Pressevertreterin…

Das gleisende Sonnenlicht schien Lian entgegen, kaum dass er den Schatten des Palastes verlassen hatte. Eine wohlige Wärme breitete sich auf der dunklen Haut des Illusionisten aus – das hier war seine Welt. Aufmerksam blickte er sich um, besonders viel war auf dem Vorplatz nicht los. Ein Mädchen… ein Mädchen… Die hellgrünen Augen scannten den Bereich ab, während er weiterging, auf der Suche nach der gesuchten Person. Schlussendlich blieb sein Blick an einer Gestalt hängen, die unweit entfernt auf einer Bank im Schatten einiger Palmen saß und die Füße baumeln ließ. Ein Mädchen, eindeutig. Ihr Körper war eingepackt in einen alten Reisemantel, dazu fiel ihm die Ledertasche auf, die sie über der Schulter trug. Nicht ahnend, wen er da eigentlich vor sich hatte, setzte sich der Falls in Bewegung und blieb schließlich vor dem vermeintlichen Fremden stehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah von oben auf sie herab. „Du bist das Mädchen, das nach mir gesucht hat? Ich bin Lian.“ Kaum, dass er seinen Namen ausgesprochen hatte, zuckte sein Augenwinkel. Irgendwie… kam ihm dieses Mädchen so unglaublich bekannt vor. Zumindest das, was er durch den Stoff des Mantels von ihr erkennen konnte. Es waren mehrere Jahre vergangen, seit er Evie das letzte Mal gesehen hatte. Jahre, in denen sich das einstige Mädchen ziemlich stark weiterentwickelt hatte. Zudem rechnete der Lockenkopf gerade absolut nicht damit, mit seiner Vergangenheit konfrontiert zu werden – daher kam er nicht sofort darauf, wen er da vor sich sitzen hatte. „Kennen wir uns?“, fragte er argwöhnisch nach, was aus Sicht der Pinkhaarigen in Kombination mit der Pose vielleicht als verdammt überheblich gewertet werden könnte. Und es könnte sie in der Annahme bestätigen, dass Lian sich so sehr in seine neue Position als Magier eingelebt hatte, dass er kurzerhand seine alten Freunde, seine alte Familie, vergessen hatte. Was ein wunderbarer Start für diese Konversation!

@Evie


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Evie

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySo 7 Aug 2022 - 17:51

Off: Wiedersehen macht Freude
2. Post
@Lian


Evies Augen ruhten auf einer jungen Magierin, die sich unbedarft am Rand des Springbrunnens hingesetzt hatte, um ein Buch zu lesen. Wenn sie mit ihrer Vermutung richtig lag, schien die Magierin auf eine Begleitung zu warten und überbrückte ihre Zeit mit dem Studieren dieser Schrift. Was Evies Aufmerksamkeit jedoch wirklich auf sich zog, waren zwei Dinge. Ein Juwelen besetzter Armreif und ein gefühlter Beutel an ihrem Gürtel. Ersterer schien sehr locker zu sitzen und besaß einen Schlitz. Mit der richtigen Bewegungsabfolge sollte sie ihn ihr leicht entwenden können. Und wie konnte die Magierin nur glauben, dass es eine gute Idee war, einen derartigen Beutel nur mittels einem dünnen Band am Gürtel zu tragen. Der Inhalt musste ihr nicht viel bedeuten oder sie war noch sehr unerfahren. Ihrem jungen Aussehen geschuldet, und das sie hier so unbedarft herum saß, glaubte Evie an letzteres. Andererseits durfte sie Magier nicht unterschätzen. Hatte Lian immer gesagt. Achja richtig. Lian der jetzt ein Magier war… sein sollte? Sie wollte es irgendwie nicht so richtig glauben; andererseits war das für ihren Plan unerlässlich! Und wenn er wirklich ein A-Rang Magier wäre… Evie überlegte schon, ob sie von ihrer Bank aufstehen und zu dem Mädchen herüber gehen sollte, um sie für den Anfang in ein Gespräch zu verwickeln.

Du bist das Mädchen, das nach mir gesucht hat? Ich bin Lian.“

Die Augen des Mädchen wandten sich wieder ab vom Springbrunnen direkt zu einer Person, die vor ihr stand. Wann genau war das geschehen? Wenn gleich sie beim ertönen der Stimme anfangs noch erschrocken zusammen gezuckt hatte, realisierte sie nun mehr und mehr wer da vor ihr stand. Das war ohne Zweifel Lian. Das Stirnband fehlte, aber diese Augen und diesen Wuschelkopf würde sie jeder Zeit wieder erkennen! „LIAN! Oh Lian! Du bist es tatsächlich!“ entfuhr es voller Vorfreude lauthals. Sie warf den Apfelgriebsch hinter sich, sprang von der Bank auf, nur um dem Magier voller Begeisterung um den Hals zu fallen. Um ihre Arme um seinen Hals zu schlingen war es notwendig ein Stückchen in Höhe zu springen. Dank der hastigen Bewegung, rutschte die Kapuze des Mantels weiter nach hinten und ihr pinkes Haar kam zum Vorschein. Anders als früher hatte sie es am heutigen Tag zu einem großen Dutt nach oben gebunden. Schwarze Bänder zogen sich zur Zierde durch ihr Haar. Ihr Pony sah deutlich ordentlich geschnittener aus als zur damaligen Zeit. Lacy sei Dank! Bevor jedoch weitere Wiedersehensfreude in ihr auftreten konnte, konfrontierte der junge Magier sie mit einer Frage, mit welcher sie natürlich absolut nicht gerechnet hatte. Sie stieß den Magier mit all ihrer Kraft, mehr als man früher von dem zarten Mädchen wohl erwartet hätte, aber so stark war sie nun auch wieder nicht, und eigentlich tat sie sich somit mehr selbst weh als Lian, vor die Brust und sah ihn voller Empörung an. Dabei waren nun auch die Seiten des Umhanges sichtbar auf ihren Rücken gerutscht und man konnte an ihrem Unterarm deutlich die drei tätowierten Ringe erkennen. „IDOT!“ schrie sie ihn an. „Du kannst mir doch nicht sagen, dass du nicht weißt wer ich bin?!“ Wenn die Magier, die auf dem Platz umhergingen nicht bereits auf die beiden aufmerksam geworden waren, waren sie wohl jetzt. Die Gerüchteküche würde wohl noch lauter brodeln. „Nach allem was wir gemeinsam durchgemacht haben! Und dann hast du uns einfach verlassen!“ konfrontierte sie ihn mit der Vergangenheit.  „Alles ist deine schuld! Und jetzt bist du plötzlich ein Magier?! Ich dachte immer du hasst Magier! Hast du uns wirklich all die Zeit angelogen?“ Stimmungsschwankend wie sie schon immer gewesen war, konfrontierte sie Lian Vorwürfen, Vermutungen, Behauptungen. Ob er sich mittlerweile an seine „kleinen Bandenschwester“ erinnern konnte? „Wir haben dich nie vergessen!“ Wie hätten sie das auch tun können, wenn Lian an der ganzen Misere schuld war?!

„Er ist ein Verräter… ein Magier!“


Evie war so aufgebracht darüber, das Lian sie aus seinem Leben gestrichen hatte, dass ihre Magie erneut die ober Hand gewann. Eine Erinnerung kam ihr durch den Kopf. Der Tag an dem Levi ihnen offenbarte, dass er Lian begegnet war. Der Tag, an dem Evie gehofft hatte, ihn zurück holen zu können. Der Tag, an dem Levi voller Zorn und Enttäuschung mit vorwurfvoller Stimme zu ihr gesagt hatte. Ein Satz, den sie Lian Levi sagen hören ließ ohne das die es aktiv steuerte oder wirklich realisierte, dass sie es tat. Aber woher sollte sie auch wissen, dass sie eine Magierin war? Sie war schon immer nur das sensible Mädchen mit der  super Beobachtungsgabe gewesen.



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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySa 13 Aug 2022 - 15:01

Hatte da etwa jemand seinen eigenen Gedanken nachgehangen, anstatt auf die Umgebung zu achten? Lian entging nicht, dass die verhüllte Person kurz zusammenzuckte, kaum dass er sich vor sie gestellt und mit seiner Stimme auf sich aufmerksam gemacht hatte. Er unterdrückte den Drang zu Schmunzeln, immerhin wusste er immer noch nicht, wer dort genau saß. Genauso wenig konnte er einschätzen, warum diese Person nach ihm gefragt hatte. Alles, was er wusste, war, dass man von seiner Beförderung in der Zeitung gelesen hatte und dass sie zu Lian, dem A-Rang-Magier, wollte. Ein Gedanke, der dem Braunhaarigen sichtlich missfiel. Er seufzte innerlich und wappnete sich dafür, diesem Mädchen einen herben Korb zu geben, falls sie wirklich darauf aus war, über diese Thematik mit ihm sprechen zu wollen. Noch viel schlimmer: Vielleicht war sie wirklich eine Pressevertreterin, die ein Interview mit ihm führen wollte? Der Falls bereute es mittlerweile zutiefst, überhaupt den Antrag auf eine Beförderung abgegeben zu haben. Bisher hatte ihm sein neuer Rang keinerlei Vorteile und dafür umso mehr Scherereien bereitet, nicht zuletzt die Hänseleien und die Gerüchte, die über ihn innerhalb der Gilde Crimson Sphynx die Runde machten. Nein, das Letzte, was er wollte, war, sich damit noch weiter auseinandersetzen zu müssen oder mit einer wildfremden Person ein Interview zu führen, damit sich am Ende noch mehr Menschen die Mäuler darüber zerreißen konnten. Je länger der 20-Jährige darüber nachdachte, desto mehr verdüsterte sich seine Stimmung.

„LIAN! Oh Lian! Du bist es tatsächlich!“

Huch? Das war eine Reaktion, mit der Lian eindeutig nicht gerechnet hatte. Es war echte Freude, die man aus der Stimme der Fremden heraushören konnte und sie sprach beinahe so, als würden sie sich… wirklich kennen? Ja, das Bauchgefühl des Falls hatte ihn bereits darauf aufmerksam gemacht und es wurde nur noch intensiver, als er die Stimme hörte. Bevor er die einzelnen Teile zusammensetzen konnte, sprang die Fremde von ihrem Platz auf und fiel ihm regelrecht um den Hals. Unter normalen Umständen hätte der Falls deutlich mehr Aufmerksamkeit auf den sehr weiblichen Körper gelegt, der sich so unverhofft an ihn schmiegte, aber es waren andere Details, die ihn ganz für sich einnahmen. Zuerst kitzelte nicht nur der Geruch von aromatischen Duftölen seine Nase, sondern auch einige pinke Haarsträhnen, die sich unter der Kapuze des Reisemantels hervorgestohlen hatten. Pinke… Haarsträhnen? Der Mund des Falls öffnete sich einen Spalt breit, noch während die Kapuze der jungen Frau zurückfiel und das warme Sonnenlicht auf das helle Gesicht der Fremden schien. Es zeigten sich pinke Haare, die zu einem hohen Dutt gebunden worden waren und die ein Gesicht umrahmten, das für Wüstenbedingungen viel zu hell erschien. Interessanterweise waren es am Ende die leicht abstehenden Ohren, die dafür sorgten, dass bei Lian endgültig der Groschen fiel – denn es waren die abstehenden Ohren gewesen, für die der Braunhaarige zusammen mit Levi das Mädchen in der Vergangenheit so manches Mal ein bisschen aufgezogen hatte. Die abstehenden Ohren… und die fehlende Oberweite. Immerhin bei Zweiterem schien die Pinkhaarige in den vergangenen Jahren eindeutig nachgelegt zu haben. Der Illusionist konnte es nicht fassen. „Evie…“, wisperte er benommen, wollte gerade die Arme um sie legen, um die Umarmung zu erwidern, da löste sich die junge Frau von ihm. Wütend stieß sie ihm vor die Brust und es war mehr der Überraschung, als einem vermeintlichen Kräfteunterschied zu verdanken, dass der Falls einen Ausfallschritt zurück machen musste. Sprachlos ließ er die Schimpftirade über sich ergehen, die Evie zum Besten gab und der Blick seiner hellgrünen Seelenspiegel lag so gebannt auf der Maedows, dass er nicht einmal merkte, wie die anderen Menschen auf dem Vorhof des Gildenpalastes neugierig zu ihnen herüberblickten. Ja, wenn man nicht wusste, in welcher Verbindung Evie und Lian zueinanderstanden, konnte das Bild hier durchaus anders gedeutet werden. Aber der Lockenkopf wusste ganz genau, was ihre Verbindung war. Wie hätte er das auch je vergessen können? Wenngleich Evie glaubte, dass Lian sie vergessen hätte, dass er sie einfach hinter sich gelassen hatte, so wusste zumindest der 20-Jährige, dass das mitnichten der Fall war. Er musterte die schwarzen Tätowierungen auf dem Unterarm der Maedows, blickte dann auf seinen eigenen Arm… bevor sein Herzschlag einen Moment aussetzte.

„Er ist ein Verräter… ein Magier!“

Diese Stimme… das war doch die Stimme von Levi?! Aber das war unmöglich. Lian kniff die Augen zusammen, vergriff sich mit der Rechten in seinen Haaren und schüttelte den Kopf. Sein Verstand musste ihm einen Streich spielen – vor ihm stand Evie, nicht Levi. Es konnte nicht echt gewesen sein, vollkommen unmöglich. Doch selbst wenn es nicht der Realität entsprach, so machte es dem Falls zu schaffen, denn der Hass und der Vorwurf in Levis Stimme war unüberhörbar gewesen. Als wäre etwas unwiederbringlich zwischen ihnen zerstört worden. Langsam hoben sich die Lider des 20-Jährigen wieder an, er löste die Hand aus seinem Haar und musterte die junge Frau, die er selbst noch als Mädchen in Erinnerung hatte. Obwohl er sich im ersten Augenblick wirklich darüber gefreut hatte, sie zu sehen, hatte die Stimme von Levi in seinem Kopf diese Wiedersehensfreude im Keim erstickt. „Scheiße, Evie, was machst du hier?“, fragte er nach und zog die Augenbrauen zusammen. Und dann folgte der Schock: Hier waren überall Magier. Und so, wie es Eliat und … und wie es Levi ergangen war, so konnte es auch jedem anderen Mitglied ihrer alten Bande ergehen. Wenn hier irgendjemand einer kriminellen Tätigkeit bezichtigt werden würde, würden die Magier von Crimson Sphynx nicht zögern, diese Person dingfest zu machen. Es war ein Balanceakt, in dem gerade Lian Falls auffallend viel Erfahrung in der Vergangenheit gemacht hatte. Der junge Mann machte einen Schritt auf Evie zu, packte sie bei den Schultern und sah ihr eindringlich in die Augen. „Sag mir, dass du niemanden hier bestohlen hast!“, zischte er ihr zu und sah sich nach rechts und links um. Potenzielle Opfer gab es genügend, das erkannte auch der Lockenkopf mit seinem geschulten Auge auf Anhieb. Nur kurz verweilte er in dieser Position, musterte Evie genauer. Es waren so viele Dinge geschehen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Und ihre Vorwürfe – sie waren eindeutig gewesen. Levi musste es ihr erzählt haben, sie wusste nicht nur, dass er ein Magier war, sondern auch, dass er seinen eigenen, ehemals besten Freund gefangengenommen hatte. Wieder waren es Gewissensbisse, die sich in dem Falls breitmachten. Er wollte nicht, dass Evie irgendetwas geschah. Sein Blick wurde für einen winzig kleinen Moment weicher… dann riss sich Lian wieder zusammen, löste die Hände von ihren Schultern und sah von oben auf Evie herab. Wenn er sich möglichst kühl und abweisend gab, würde sie wieder von diesem Ort verschwinden, oder? „Du solltest überhaupt nicht hier sein“, ließ er sie in distanziertem Tonfall wissen.

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySa 13 Aug 2022 - 16:28

Off: Wiedersehen macht Freude
3. Post
@Lian


Es war später Abend im Hauptquartier der Wüstenfüchse gewesen. Evie konnte sich noch genau daran erinnern. Schon seit mehreren Tagen hatte sie nicht schlafen können. Um Evie zu beruhigen hatte sich Lacy zu ihr auf ihre ramponierte Lagerstätte gelegt. Geholfen hatte es kaum. Ihre Gedanken ließen sie nicht in Ruhe und auch die Geräusche ihre Umgebung machten ihr mehr zu schaffen als sie es eigentlich sollten. Irgendwo unten hörte sie Nathan rumoren. Wahrscheinlich trainierte er. Meistens blieb einer von ihnen wach. Sie waren nur noch zu dritt, aber deswegen durften sie trotzdem nicht nachsichtig werden. Vielleicht hätte sie auch einfach den Vollmond für ihre Schlaflosigkeit anprangern können. Oder Lian, wie sie es so oft schon getan hatte. Doch egal wie oft sie jemandem die Schuld gab, es ließ auch nicht ihre Familie zurückkehren. Die zweite Familie die sie nun schon verloren hatte. Plötzlich hörte sie das vertraute Öffnen der Dachluke. Irgendjemand verschaffte sich Zugang zu ihrer Dachkammer. „Lacy wach auf! Da ist jemand!“ sprach Evie hektisch und rüttelte an dem schlanken Körper, der neben ihr lag. Lacy war noch nicht lange bei ihnen, doch sie schaffte es sich aufzurichten. „Nathan!“ wisperte Evie so leise wie möglich, dass ihr „Bruder“ das trotzdem hoffentlich noch hörte. Gleichzeitig griff Evie nach einem Messer neben ihrem Lagerplatz, welches sie früher oft genutzt hatte, um ihren Pony zu schneiden. Wer auch immer nun in ihrer Dachkammer war, hatte es zu der Treppenluke geschafft. Seine Schritte hatten schlurfend geklungen und eine Stimme ächzte mehrmals als die Person versuchte die Luke zu öffnen. „Ich… ich glaube, dass ist Levi!!“ „Evie, nein, das weißt du nicht. Lass uns zu Nathan!“ Das wäre das wirklich vernünftige gewesen. Aber Evie blickte auf die Luke und die Leitertreppe. Sie sollte sie einfach umwerfen. Aber wenn es wirklich Levi war… „Er ist im Gefängnis… du weißt das…“ Ja, sie hatten ihn da nicht herausbekommen. Vielleicht war es genau deshalb, dass Evie wollte, dass es Levi war. Er und Lian waren oft da oben gewesen. Immerhin hatte der Bereich irgendwie Lian gehört. Gin war auch oft da oben gewesen, aber anders als sie Jungs hatte sie die junge Frau nie über das Dach einsteigen gesehen. Lacy zog Evie in Richtung der morschen Wendeltreppe, doch Evie blieb stehen. Noch immer richtete sich ihr Blick gebannt auf die Luke über ihren Köpfen, die endlich aufging.

Nach all der langen Suche hatte sie endlich Lian wieder gefunden. Wahrhaftige Freude durchflutete ihren Körper als der braunhaarige Magier vor ihr aufgetaucht war und sie ihn in den Armen hielt. Sie hatte ihren „großen Bruder“ zurück, etwas in ihr schien wieder an den rechten Platz zu rücken. So sollte es sein. Lian gehörte zu ihrer Familie. Oder… so glaubte sie. Familie vergaß aneinander nicht. Familie war für immer miteinander verbunden. Aber Lian hatte sie vergessen. Enttäuschung und Wut zeigten sich in ihrem Gesichtsausdruck, ebenso in ihrer Gestik und auch machte sie mit Worten ihrem Ärger Luft. Lian antwortete auf keine ihrer Anschuldigung. Er versuchte es nicht einmal. Das hieß wohl, dass es stimmte? Sonst hätte er sich doch schon längst verteidigt?! Ihre aufgebrachten Gefühle weckten die Magie in ihrem Inneren und übertrugen Levis anschuldigende Worte an den A-Rang Magier vor ihr. /Levi hatte Recht. Lacy hatte Recht. Ich hätte nicht hierherkommen dürfen./ schoss ihr durch den Kopf. Lians Worte rissen sie erneut aus ihrer, dieses Mal aufgewühlten, Gedankenwelt. Ja, was machte sie hier? Eben hatte sie noch darüber nachgedacht, dass sie lieber doch nicht hätte herkommen sollen. „Ich komme dich nach Hause holen.“ Aber war das immer noch ihr Plan? Würde Lian ihr wirklich helfen, wenn er seine Vergangenheit anscheinend derart aus seinem Leben gestrichen hatte? Sein Tonfall klang so verletzend, so vorwurfsvoll. Er wollte sie nicht hier haben. „Aber … sie hatten wohl recht …“ murmelte Evie traurig.
Plötzlich wurde sie an den Schultern gepackt. Evies Blick wanderte nach oben. Eindringlich sah der Falls sie an. Diesen Ausdruck kannte sie nicht. Er war irgendwie böse… vielleicht auch wütend? Oder doch sogar eher vorwurfsvoll? Anschuldigende Worte folgten und Evie versuchte sich loszureißen, doch wie auch früher die Jungs stärker als sie gewesen waren, so war Lian es heutzutage immer noch. „Pah!“ antwortete sie ihm bockig und machte sich nicht die Mühe leise zu sprechen, dafür aber mit einem patzig-herausfordernden Unterton. „Und wenn es so wäre? ICH tue immerhin nicht so als wäre ich plötzlich ein Regelkriecher und verpfeife meine Familie.“ Sie verschränkte die Hände vor ihrer Brust. „Wahrscheinlich weißt du gar nicht mehr wie das überhaupt geht!“ sprach sie arrogant. Lian blickte sich um und Evie streckte ihm nur hochnäsig die Zunge raus. „Ätsch! Falsche Richtung!“ Bei diesem kleinen Schlagabtausch rutschten ihre Gedanken wieder zu der vorhin ausgemachten Beute. Kurz ließ sie ihre Augen an Lian vorbei zum Springbrunnen schweifen. Wenn mit Lian schon kein Reden war, wollte sie sich wenigstens ihre leichte Beute gönnen. „Nur damit du es weißt, von dir lass ich es mir nicht verbieten.“ Eingeschnappt blies sie ihre Backen auf. Und ihn hatte sie doch tatsächlich noch zu Hause verteidigt, dass er ihnen sicher eine große Hilfe wäre.

„Du solltest überhaupt nicht hier sein“

Mit einer vernichtend distanzierten Stimme wurde dieser Satz Evie plötzlich an den Kopf geworfen. Der Ton brachte sie dabei mehr aus der Fassung als die eigentlichen Worte. Die Empörung des Tadels verflog und erneut kamen die Gefühle von zuvor zurück. Lian wollte sie nicht. Lian erinnerte sich nicht einmal mehr an seine Familie. Sie waren keinen Teil mehr von ihm. Etwas in Evie zerbrach. Ein Stück ihrer Hoffnung wieder ihre Familie beisammen zu wissen. „Lian…“ wisperte sie traurig und mied seinen Blick. „Nein… bitte, ich wollte dich doch zurückholen. Komm zurück zu uns! Lass mich nicht zurück!“ Angst stieg in ihr auf, dass Lian sie wirklich wegschicken könnte. Sie hatte sich das doch ganz und gar anders vorgestellt. Sie hatte geglaubt, dass Lian sich freuen würde, sie wieder zu sehen und das er zurückkommen würde. Vielleicht auch weil er schuld Gefühle hatte. Aber Levi hatte es ihr doch gesagt. Wenn er wirklich gewollt hätte, hätte er zurückkehren können. Sie waren in der gleichen Stadt gewesen. Evie hatte Angst. Doch es war nicht ein Angstgefühl wie wenn jemand Spinnen nicht mochte. Evie hatte Angst ihre Familie zu verlieren. Sie hatte es schon zweimal in ihrem Leben gespürt. Einmal als ihre Familie umgebracht, sie ihre Schreie gehört und sich unter dem Bett versteckt hatte. Und an dem Abend als man ihr sagte, dass Levi ebenfalls im Gefängnis gelandet war. Für sie war eine Welt zusammengebrochen. Sie hatte an diesem Abend erneut ihre Familie verloren. Als sie Lian vor wenigen Minuten wahrhaftig wieder vor sich gesehen hatte, hatte sie Hoffnung gehabt. Hoffnung, dass ihr Traum, die Familie wieder zu vereinen wirklich wahr werden könnte. Aber Lian wollte sie nicht hier haben. Sie fühlte sich als würde sie erneut in diesen Abgrund stürzen und das Gefühl des Verlustes würde ihre Sinne vernebeln. Wie so oft hörte sie in diesen Moment die verzweifelten Schreie ihrer Eltern. Ihre Magie übertrug sich auf den braunhaarigen Magier. Während es bei Lian nur für wenige Sekunden anhalten sollte, fühlte es sich bei Evie wie eine Ewigkeit an. Dazu kam das Gefühl, dass ihr all die Menschen auf diesem Platz schon wieder zu viel wurden. Eine Hand legte sie an ihre Schläfe. Ihr Kopf drohte schon wieder zu platzen. „Warum Lian… Warum hast du uns angelogen? Warum hast du sie gehen lassen? Warum bist du fort?“ So viele Fragen in einem Meer aus Gedanken, dass nicht schweigen wollte.


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyDo 18 Aug 2022 - 20:04

„Ich komme dich nach Hause holen.“

Nach Hause holen? Es war ein so kleiner Satz, den Evie aussprach und der gleichzeitig eine so große Bedeutung für den Falls hatte. Seit er denken konnte, hatte es keinen Ort gegeben, dem er sich voll und ganz zugehörig gefühlt hatte. Seine Kindheit war geprägt gewesen von der Überzeugung, nicht mehr als ein Ballast aus einer vergangenen Zeit für seine Mutter zu sein. Von dem Wissen, dass sein Erzeuger sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, ihn auch nur kennenlernen zu wollen. Als seine Mutter einen neuen Partner gefunden und ihre zweite Familie gegründet hatte, war der Falls immer nur angeeckt und hatte gelernt, dass er nicht dazu passte, dass er einfach nicht an diesen Ort gehörte. Er war geflohen und bei den Straßenkindern gelandet, doch selbst hier war Lian stets von Zweifeln geplagt worden. Nicht nur hatte er – anders als viele andere Kinder dort – theoretisch eine Familie, zu der er zurückkehren könnte, die noch lebte und die ein Dach über dem Kopf besaß. Da war auch noch seine Verwandtschaft zu Aram Falls, dem Leiter der hiesigen Gilde und seine Magiebegabung, die ihn von den restlichen Straßenkindern abgrenzte. Der Braunhaarige hatte sich immer verstellt, hatte über sich selbst und seine Identität gelogen und möglichst viel für sich behalten, um irgendwie wie die anderen Kinder und Jugendliche zu sein, um nicht herauszustechen. Um nicht erneut das Gefühl vermittelt zu bekommen, dass man ihn an diesem Ort nicht haben wollte. Es war ein Schweigen gewesen, das nicht spurlos an dem Jungen von damals vorbeigegangen war. Dann kam die Trennung von Gin und der Tag, an dem er seiner selbst ausgewählten Familie entrissen worden war, um stattdessen der Gilde Crimson Sphynx beizutreten, um einer Gefängnisstrafe zu entgehen. Und auch hier war Lian nie wirklich er selbst gewesen, hatte so viele Dinge für sich behalten und anderen Gildenmitgliedern nur Teile seiner eigenen Persönlichkeit und seiner Vergangenheit offenbart. Ein Zuhause war ein Ort, an dem man alle Hüllen fallenlassen konnte, an dem man so akzeptiert wurde, wie man war. Man musste sich nicht mehr verstellen.

Es war ein Ort, den Lian glaubte, bis heute nicht für sich gefunden zu haben.

Umso mehr trafen ihn daher Evies Worte. Der Gedanke daran, in ein Zuhause zurückzukehren, spendete Wärme und Zuversicht. Es war für den Lockenkopf etwas Erstrebenswertes. Und doch wusste Lian, so schön sich der Gedanke auch anfühlte, dass es nicht so leicht war. Es gab unendlich viele Dinge, die Evie überhaupt nicht wusste, über ihn und die Umstände, die ihn umgaben. Sie hatte Recht: Er hatte sie angelogen. Sie und alle anderen Menschen, mit denen er bisher zu tun gehabt hatte, über mehrere Jahre hinweg. Wenn es eine Sache gab, die der Falls gut konnte, dann war es lügen. Es war mit den Jahren zu einem festen Teil seiner Persönlichkeit geworden, ganz gleich, wie man diesen Umstand bewerten wollte. Sie tat immerhin nicht so, als wäre sie ein Regelkriecher? Wieder traf die Pinkhaarige den Nagel auf den Kopf. Lian war nicht mehr als ein schlechter Schauspieler, in seiner neuen Rolle als Magier. Er folgte ihrem Blick und seine rechte Augenbraue huschte nach oben, als er das junge Mädchen am Springbrunnen sah, das vertieft in ihrem Buch las. Es war nicht das Mädchen an sich, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog, sondern vielmehr der goldene Armreif, der an ihrem schmalen Handgelenk hing. „Das war dein Ziel?“, fragte er leise, eher im Selbstgespräch, als wirklich an Evie gerichtet. Ja, es bot sich an, es wäre nicht schwer, dieses Schmuckstück an sich zu reißen. Lian konnte verstehen, was Evie dachte, denn wenn er ganz ehrlich war, juckte es ihm selbst in den Fingern. Es war wie ein Geschenk, das auf einem Silbertablett serviert wurde. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, als er zurück zu der Maedows sah. Hatte sie gerade wirklich behauptet, er wüsste nicht mehr, wie man einen Diebstahl beging? Musste er sich so etwas jetzt schon von Evie anhören? Alles, was dieses Mädchen über Diebstähle wusste, hatten Lian und Levi ihr beigebracht! Es kratzte an seinem eigenen Stolz, sich so etwas anhören zu müssen. Eindeutig gehörte sie von ihrem hohen Ross heruntergeholt, doch bevor der 20-Jährige seiner Empörung freien Lauf lassen konnte, veränderte sich etwas.

Die Haltung der jungen Frau, ihre Ausstrahlung, ihre Stimme. Letztlich war es der Ausdruck ihrer hellen Augen, denen der Falls nicht entfliehen konnte. Sie hat Angst, ging es ihm durch den Kopf, während seine grünen Seelenspiegel die Maedows musterten. Er gab sich immer noch Mühe, möglichst distanziert zu wirken, sich von diesem neuerlichen Stimmungswechsel nicht aus der Fassung bringen zu lassen. Vielleicht war es das Schicksal, vielleicht sein Unterbewusstsein… oder auch einfach nur Zufall, dass sich ausgerechnet jetzt seine Magie aktivierte. Und so war es, dass Lian die Angst und die Verzweiflung von Evie nicht nur in ihren Augen erkennen, nicht nur ihrer Stimme anhören konnte, er… spürte sie auch. Er durchlebte die gleichen Gefühle, die auch die junge Frau gerade empfinden musste. Na wunderbar, dachte sich der Braunhaarige genervt und biss sich auf die Zunge. Auch wenn er diese Magie immer noch nicht so recht kontrollieren konnte, so wusste er diese Momente, in denen er fremde Gefühle aufnahm, mittlerweile besser zuzuordnen. Er wusste, woher es kam und ließ sich davon zumindest nicht mehr vollends aus der Bahn werfen. Es würde vergehen, sobald Evie endlich von hier verschwunden war, er musste nur standfest bleiben… dachte sich Lian, nur um ein paar Sekunden später eines Besseren belehrt zu werden. Die Schreie, die so unvermittelt an ein Ohr drangen, waren laut und nicht zu überhören. Es waren Schreie, als würden ein Mann und eine Frau um ihr Überleben kämpfen. Als würden sie nicht nur ihr Leben verlieren, sondern für etwas kämpfen, das ihnen wirklich am Herzen lag. Ein Kampf, den sie nicht gewinnen konnten. Der junge Mann riss den Kopf nach oben, sah sich auf dem Vorplatz des Gildenpalastes um… aber hier war nichts? Noch immer saß das Mädchen mit dem goldenen Armband in Seelenruhe am Springbrunnen, weiterhin schlenderten Magierinnen und Magier über den Platz und unterhielten sich entspannt miteinander. Nichts deutete darauf hin, dass hier gerade ein Mann und eine Frau um ihr Überleben geschrien hatten. Aber Lian war sich sicher – er hatte es gehört. So wie er auch Levi gehört hatte. Als er sich wieder zu Evie umwandte, traf ihn das Bild, das sich ihm zeigte, wie ein Schlag. Die Pinkhaarige hielt sich die Schläfen, hatte die Augen halb geschlossen und der Falls verstand: Ich weiß ganz genau, wie du dich gerade fühlst. Evie hatte offensichtlich Kopfschmerzen. Vermutlich fühlte sich ihr Kopf gerade an, als würde er gleich zerspringen. Ganz genau so, wie es auch bei ihm immer wieder passierte, wenn er unkontrolliert… Magie anwandte.

Evie? Eine Magierin? Plötzlich erschienen so viele Momente aus der Vergangenheit in einem ganz anderen Licht. Sie hatten die Maedows immer als empfindlich eingestuft, hatten ihre Stimmungsschwankungen mit der Pubertät abgetan. Und damit, dass sie eben ein Mädchen war und Mädchen eben immer alles überdramatisieren mussten. Aber vielleicht hatte hinter diesen Dingen schon immer mehr gesteckt? Mit dem Wissen, das Lian heute hatte, bewertete er es neu und fühlte sich gleichzeitig unheimlich dumm, dass er damals nicht einmal auf die Idee gekommen war, obwohl er doch selbst schon in früher Kindheit über seine Illusionsmagie Bescheid gewusst hatte. Gin war eine Magierin gewesen, ohne dass die anderen Mitglieder es gewusst hatten. Genauso war es auch bei Lian gewesen. Und wie sich jetzt zeigte, waren die Du Bellay und er damit scheinbar nicht allein gewesen. Ihre Bitte, sie nicht zurückzulassen, die Gefühle, die er von ihr aufgenommen hatte und jetzt auch noch diese verzweifelten Schreie… es mussten Eindrücke aus Evies Vergangenheit sein. Sie hatten alle nicht viel voneinander gewusst, hatten sich wenig darüber unterhalten, was ihnen in der Vergangenheit widerfahren war – vermutlich war auch das ein Schutzmechanismus der Kinder gewesen. Sie hatten ihre Vergangenheit vielfach hinter sich lassen wollen, um nochmal neu beginnen zu können, doch je älter sie wurden, desto deutlicher war es zumindest Lian geworden: Niemand konnte seiner Vergangenheit gänzlich entfliehen, irgendwann wurde man von ihr eingeholt. So wie es ihm ergangen war, bereits früher, aber auch heute mit dem Auftauchen von Evie. So wie es auch Gin erlebt hatte. Und jetzt… jetzt erfuhr auch Evie die ersten Momente hiervon. Es würden nicht die Letzten bleiben, davon war der 20-Jährige überzeugt und die Meadows täte gut daran, sich mental darauf vorzubereiten, wenn sie von der Flutwelle nicht haltlos mitgerissen werden wollte. Lian fuhr sich mit der Hand durchs Haar, wandte den Blick ab. Er wusste, wie es sich anfühlte, nicht gewollt zu sein, wenn man gegen seinen Willen weggestoßen wurde. Es war schrecklich… und genauso wie ihm das klar wurde, wurde ihm auch klar, dass er das Evie nicht antun konnte. Wollte. Er erinnerte sich an viele Momente in der Vergangenheit, in denen sie ihm auf die Nerven gegangen war, aber er auch umgekehrt Späße auf ihre Kosten gemacht hatte. Sie war immer wie eine kleine Schwester für ihn gewesen. Und nun, wo er sie vor sich stehen hatte, wo er wusste, dass sie Magie beherrschte, die sie nicht kontrollieren konnte… da spürte er so etwas wie Verantwortungsbewusstsein. Er wollte ihr helfen, wollte ihr einen neuen Weg zeigen. Selbst wenn sie sich irgendwann dagegen entschied, diesem Weg weiter zu folgen, wollte er ihr eine Hand reichen, damit sie eine neue Möglichkeit bekam. Denn Möglichkeiten waren es, die die Kinder auf der Straße am Wenigsten hatten. Während Lian seinen Plan schmiedete, ging ihm nicht einmal auf, wie ähnlich er seinem Onkel Aram Falls damit geworden war. Dass er Evie eine Hand reichen wollte, so wie auch Aram Falls es bei ihm selbst vor zwei Jahren getan hatte. „Evie, ich habe einen Vorschlag für dich“, hörte er sich sagen, nachdem einige Sekunden des Schweigens zwischen ihnen vergangen waren. Er sah wie gebannt zu der jungen Frau am Springbrunnen, die bald am Ende ihres Buches angekommen sein würde. Er betrachtete das Schmuckstück an ihrem Handgelenk genauer. „Ich komme nach Hause“, sprach er weiter, ließ einen Augenblick verstreichen, bevor er wieder zu Evie sah und ergänzte: „Unter einer Bedingung.“ Tat er das gerade wirklich? Es gab kein Zurück mehr. Lian wusste, dass es eine Sache gab, mit der man ihn, genauso wie jedes andere Kind aus ihrer damaligen Bande packen konnte. Wenn er Evie helfen wollte, dann musste er sich auf etwas einlassen, dessen Ausgang er nicht mit voller Gewissheit sagen konnte. Er musste auf seine Fähigkeiten und seinen Stolz vertrauen – nicht als Magier, sondern an die als Dieb. „Wir machen einen Diebstahlwettbewerb, wie in alten Zeiten. Wer in dreißig Minuten mehr Wertsachen gestohlen hat, gewinnt.“ Die hellgrünen Augen sahen herausfordernd zu Evie herab. Sie glaubte, er hätte es verlernt, er wäre mittlerweile zu einem rechtschaffenden Fatzke geworden. Lian setzte darauf, dass ihm diese Überheblichkeit von Evie in die Karten spielte. „Wenn du gewinnst, komme ich nach Hause. Und ich beantworte dir alle Fragen. Aber wenn ich gewinne…“ Der junge Mann wollte erst weitersprechen, schmunzelte dann bewusst herablassend. „… hm, das erfährst du dann. Es soll ja spannend bleiben. Oder ist dir das zu unsicher? Hast du Angst, gegen mich zu verlieren?“ Ein arrogantes Grinsen zog sich über Lians Lippen. Evie konnte gar keinen Rückzieher machen, das würde ihr Stolz als Diebin kaum zulassen, oder? Es war gewagt, was er hier tat. Was sollte er machen, wenn die Maedows wirklich gewann? Wie sollte er der Gilde Crimson Sphynx einfach den Rücken kehren? Nein… nein, dazu würde es nicht kommen. Denn dafür müsste Evie tatsächlich eine bessere Diebin sein als er. Und das war vollkommen ausgeschlossen.

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyDo 8 Sep 2022 - 10:06

Off: Wiedersehen macht Freude
4. Post
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Familie, ein zu Hause. Wer eines von beiden schon einmal verloren hatte, war oft auf der Suche nach einem Ersatz. Und wenn er oder sie diesen dann wirklich gefunden hatte, gab er ihn selten gerne auf. Vielleicht war es dort nicht perfekt, aber wo war es das schon und solange man dort sein konnte wie man war, solange man akzeptiert und geliebt wurde, solange man füreinander einstand, reichte es, oder nicht? Für Evie war ihre kleine Diebesbande ihre Familie und ihr zu Hause geworden. Sie fiel definitiv unter „nicht perfekt“ und hatte sie zu Dingen in ihrem Leben gezwungen, die sie anders wohl nicht erlernt hätte, aber darüber hatte sie sich nie wirklich beschwert. Wie sich jedoch herausstellte, schien Lian ihre Bande nicht als Familie zu sehen. Jedenfalls als keine, zu der man zurückkehren wollte. Evie sah sich mit Abneigung konfrontiert. Sie hatte das Gefühl es wäre dem Falls regelrecht unangenehm, dass sie hier aufgetaucht war. Die Vereinigung ihrer Familie schien in weite Ferne zu rücken. Es endete darin, dass Evie ungewollte erneut ihre Magie anwandte. Nicht nur sie konnte schließlich die Schreie ihrer Eltern hören als beide, so glaubte das Mädchen noch heute, das zeitliche segneten. Die letzte Erinnerung an ihre frühere Familie. Derartige Stimmungswechsel waren für Evie nicht wirklich sonderbar. So war sie schon immer gewesen. Das Lian jetzt den Grund hinter diesen erkannt hatte, ließ er sich nicht anmerken. Statt ihre Fragen zu beantworten, schien er das Thema zu wechseln. Noch immer angsterfüllt blickte das Mädchen zu dem Falls hinauf. Nur langsam hatte sie sich wieder beruhigt. Sie schien sich noch nicht entschieden zu haben, ob dieser Vorschlag gut oder schlecht für sie wäre. Lian wollte sie gar nicht hier haben, was also könnte es sein? Wollte er ihr zugestehen, den Diebstahl ungesehen begehen zu können, damit sie wieder verschwand? Wollte er womöglich – doch weitere Überlegungen konnte Evie gar nicht anstellen als Lian plötzlich das unfassbare aussprach. „Du… Du willst nach Hause kommen? Wirklich?“ fragte Evie ganz entgeistert und schien erst am Ende das Satzes seinen Inhalt wirklich zu verstehen. Ihr Ausdruck wandelte sich von entgeistert und irritiert zu ehrlicher Freude. „ Oh Lian, sie werden sich alle freuen und ich werde dir Lacy und Nathan vorstellen. Du wirst sie sicher mögen. Und das mit Levi kriegen wir auch hin.“ Sie war dabei ihm erneut vor Freude um den Hals zu fallen als er plötzlich aussprach, dass er eine Bedingung an das ganze knüpfte. Ihr Gesichtsausdruck wurde ernster und sie beschlich das Gefühl, dass Lian sie übers Ohr ziehen könnte. Aber andererseits war das hier ihr Lian, oder? Er würde keine krummen Spielchen mit ihr spielen! Sie gehörten doch zu einer Familie. Der vorgeschlagene Diebstahlwettbewerb reizte sie jedoch sehr. Vor allem da es ihrem Stolz gebührte Lian zu zeigen, wie gut sie in den letzten Jahren geworden war! Dennoch verstand sie nicht, warum Lian es an einen solche Bedingung knüpfen musste. „Wenn das alles ist, damit du nach Hause kommst.“ Sagte sie siegesgewiss und blickte ihn arrogant, jedoch auch musternd an. Na diesen Wettbewerb hätte sie doch locker in der Tasche. „Nur damit du es weißt, ich bin viel besser geworden, während du auf der faulen Haut gelegen hast. Pass bloß auf das ich dich nicht abhänge, Opa!“ Damit war wohl auch klar, dass es ihr ziemlich egal schien, was passieren würde, wenn sie verlieren würde. Dieser Fakt konnte nämlich einfach nicht eintreten. „Aber wenn wir spielen, dann nach meinen Regeln. Ich bin nicht so blöd gegen dich in deinem Territorium anzutreten!“ sagte sie schnippisch mit verschränkten Armen. „Ich wähle den Ort!“ bestimmte sie und fing nun an zu überlegen. Alles in der Nähe des Hauptquartier fiel flach und zur Sicherheit auch jeder Ort, der zu dieser Zeit zu viele Wachen beinhaltete. Irgendwie war da nämlich eine Restangst geblieben, dass Lian sie doch auch ausliefern würde. So wie er es mit Levi getan hatte. Also brauchte sie auch einen Ort, an dem sie jedwede Fluchtmöglichkeiten kannte und diese auch gut ausnutzen konnte. Trotzdem mussten viele Leute dort zu finden sein. „Also gut!“ verkündete Evie ihre Auswahl. „Entweder den Brunnenplatz -“ Dort würde die Beute nicht unbedingt üppig ausfallen, denn meist trafen sich hier nur die Mittelschicht oder mit Glück und dem nötigen Wissen konnte man dort auch so manch reichen Untergrundhändler antreffen. Gleichsam gab es hier jedoch deutlich weniger Wachen und es war definitiv Territorium der Bande, keine Frage. Lian hingegen wäre wohl schon länger nicht mehr dagewesen, oder? „- oder wir nehmen den Oasis-Park. Aber du traust dich als Regelkriecher wohl nicht zu sehr in die Öffentlichkeit, oder?“ provozierte sie ihn. Im Park gab es definitiv sehr viele lukrative Opfer, jedoch eben auch mehr Wachen. Für Evie und Lian sollte es als Territorium wohl gleich gut und schlecht funktionieren.


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyDi 20 Sep 2022 - 22:27

Lian runzelte die Stirn und musterte die Pinkhaarige nachdenklich. Nathan? Lacy? Es waren zwei Namen, die dem jungen Mann gänzlich unbekannt waren und er brauchte ein paar Sekunden, um sie mit ihrer einstigen Diebesbande in Verbindung zu bringen. Es waren also neue Leute hinzugekommen, nachdem Lian, Gin und auch andere Personen die Bande verlassen hatten. Es war nicht verwunderlich, eigentlich sogar naheliegend, hatten sie doch immer wieder neue Kinder und Jugendliche in ihren Reihen aufgenommen, die nirgendwo anders mehr hinkonnten. Kinder, die eine Zuflucht suchten. Und doch fühlte sich die Erkenntnis, dass der Falls nicht mehr alle Mitglieder der Wüstenfüchse kannte, befremdlich an. Beinahe so, als wäre es nicht seine Bande, von der sie hier sprachen. Als wären die Wüstenfüchse nicht mehr das, was sie mal gewesen waren. Der Braunhaarige schüttelte sachte den Kopf, um sich von diesen Gedanken zu lösen. Meine Güte, seit wann hatte er die Gedankengänge eines Rentners? Als der Name Levi fiel, kehrte Lian zurück in die Wirklichkeit und seine Aufmerksamkeit fokussierte sich wieder gänzlich auf Evie. Ihre Euphorie war etwas, was der Illusionist nicht mit der Pinkhaarigen teilen konnte. Er bezweifelte, dass das mit Levi jemals wieder werden würde. Der Hass, der ihm aus den Augen seines einst besten Freundes in der damaligen Nacht der Festnahme entgegengeschlagen war, hatte Lian nicht übersehen können. Und das Schlimmste daran: Er hatte es vollkommen nachvollziehen können.

Kurzzeitig befürchtete der Lockenkopf, dass seine Provokationen bei der Maedows auf taube Ohren stoßen könnten, dass sie sich dagegen entschied, auf die Wette einzugehen. Es hätte den ganzen Plan, den Lian in den letzten dreißig Sekunden ausgeheckt hatte, hinfällig gemacht. Doch so schnell, wie die Zweifel gekommen waren, verschwanden sie auch wieder. Es war ein siegessicheres Grinsen, das sich in den Zügen Evies zeigte und das enthusiastische Flackern in ihren pinken Seelenspiegeln verriet Lian allzu deutlich, dass er das Mädchen am Haken hatte. Evies Stolz ließ nicht zu, dass sie den Wettbewerb einfach ausschlagen konnte. Es spielte Lian dabei natürlich in die Karten, dass sie sich nicht einmal danach erkundigte, was genau er denn verlangen wollte, wenn er gewann. Doch ehe er sich daran ergötzen konnte, dass sein Plan aufgegangen war, huschten seine Augenbrauen doch überrascht nach oben. „Opa!“, wiederholte er ungläubig die Worte der jungen Frau und verschränkte dann, nach einem kurzen Augenblick der Irritation, die Arme vor der Brust und schnaubte. Er war verdammte 20 Jahre alt – absolut niemand war bisher auf die Idee gekommen, ihn einen Opa zu nennen! Der Falls konnte sich nicht entscheiden, ob er amüsiert oder entrüstet war. „Ah ja? Und was genau sollen diese Regeln sein?“, fragte er argwöhnisch nach und lauschte aufmerksam. Sie wollte den Wettbewerb also am Brunnenplatz durchführen? Oder… im Oasis-Park? Am erstgenannten Platz war Lian tatsächlich schon lange nicht mehr gewesen, dennoch traute er sich zu, dort absolut jeden Winkel und jede Gasse auswendig zu kennen. Es sollte ihm nicht allzu schwer fallen, sich dort zurechtzufinden und auch, wenn es sicherlich nicht viele lukrative Ziele gab, verirrte sich immer mal wieder ein einsamer Tourist in diese entlegene Ecke Aloe-Towns, der nicht einmal ahnte, dass er bestohlen worden war. Nein, es schreckte den 20-Jährigen nicht ab, den Brunnenplatz aufzusuchen, vielmehr juckte es ihn sogar in den Fingern. Einmal ein Dieb, immer ein Dieb, fasste der Falls gedanklich zusammen und musste sich ein Grinsen verkneifen. Der Oasis-Park hingegen war gänzlich anders als der Brunnenplatz. Nicht nur war es ein Ort, den Lian seit seinem Eintritt in die Gilde Crimson Sphynx deutlich öfter aufsuchte als in seiner Kindheit, es war auch ein Ort, an dem deutlich mehr vermögende Bewohnerinnen und Bewohner verkehrten. Und dort, wo reiche Säcke ihre Freizeit verbrachte, sammelten sich unweigerlich auch mehr Wachen. Nicht zuletzt erinnerte sich Lian auch daran, dass es der Oasis-Park gewesen war, an dem er das erste Mal Charon getroffen hatte. Irgendwie war dieser Park der Ausgangspunkt für viele Dinge gewesen, die darauffolgend im Leben des Braunhaarigen geschehen waren… und es schien fast so, als sollte dieser Park auch jetzt wieder eine tragende Rolle im Leben des Falls spielen.

„Du lehnst dich ziemlich weit aus dem Fenster, junges Fräulein“, erwiderte Lian schlussendlich mit einem schmalen Grinsen auf den Lippen. Er nutzte seine Wortwahl ganz bewusst – immerhin war sie es gewesen, die ihn eben noch als Opa bezeichnet hatte! Der Dieb löste die Verschränkung seiner Arme und trat auf Evie zu – nicht nur ein bisschen, sondern so sehr, dass er sie körperlich in die Ecke drängte - natürlich eine bewusste Entscheidung des Illusionisten. Erst danach beugte Lian sich zu der Jüngeren hinab, sodass sein Gesicht nur wenige Zentimeter von dem ihren entfernt war. Er konnte jedes noch so kleine Detail in den rosaroten Seelenspiegeln der Maedows erkennen, genauso verhielt es sich aber auch umgekehrt. „Der Oasis-Park soll es also sein“, antwortete er ihr nach wenigen Sekunden, in denen er sich keinen Millimeter bewegt hatte. „Finden wir heraus, wer von uns beiden hier wen abhängt, Grünschnabel“, ergänzte er mit provozierendem Unterton. Langsam entfernte sich der Falls wieder von seiner Bekannten, sah von oben zu ihr herab und musste dann urplötzlich anfangen zu lachen. Lian schüttelte den Kopf und strich sich zwischen zwei Atemzügen durch das strubbelige Haar. „Wer weiß, vielleicht schaffst du es ja sogar ausnahmsweise mal einen Geldbeutel mitzunehmen, der mehr als nur Spielgeld beinhaltet.“ Stimmt, da war ja etwas gewesen! Wenige Monate, nachdem Evie der Bande beigetreten war, hatte sie das erste Mal an einem ihrer Raubzüge teilgenommen. Voller Stolz hatte das damals junge Mädchen ihre Beute präsentiert und war danach im Gesicht knallrot angelaufen, als sich herausgestellt hatte, dass das von ihr erbeutete Portmonee nicht mehr als Spielgeld beinhaltet hatte. Die Mitglieder der Diebesbande hatten Evie monatelang damit aufgezogen – allem voran Levi und Lian. Es war etwas, woran sich der Falls allzu gerne zurückerinnerte. Und es passte einfach perfekt, um Evie noch ein bisschen mehr zu triezen. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, wanderte sein Blick an Evie vorbei, die Straße entlang. „Lass uns direkt loslegen, ich habe noch andere Dinge zu erledigen“, sprach er bewusst herablassend weiter, ging bereits ein paar Schritte an Evie vorbei, ehe er anhielt und sich auf dem Absatz umdrehte. „Oder brauchst du etwa noch Vorbereitungszeit? Nicht, dass ich dich damit jetzt überrannt habe, kleine Evie.“ Lian zwinkerte ihr zu und grinste. Selbst wenn die junge Frau sich noch hätte vorbereiten wollen, nach dieser gehässigen Aussage würde sie das wohl kaum zugeben, oder? Vielleicht sollte ich einen Gang zurückschrauben, dachte sich der Falls beinahe schuldbewusst. Irgendwie lockte Evie seine schlechtesten Seiten hervor – jene Seiten, die Lian vor allem während seiner Zeit in der Bande tagtäglich zur Schau gestellt hatte. In den letzten Monaten hatte sich der Falls immer wieder gedacht, dass er vielleicht doch ein besserer Mensch geworden war. So kann man sich irren, kommentierte der Braunhaarige seine eigene Gedankenwelt und schmunzelte.

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyDo 13 Okt 2022 - 8:50

Off: Wiedersehen macht Freude
5. Post
@Lian


Lians Herausforderung wurde angenommen. Evie war sich derart sicher zu gewinnen, dass sie ihrerseits ihren „großen Bruder“ provozierte und sich nicht dafür interessierte, was genau passierte, sollte sie doch verlieren. Wie sollte das auch passieren? Wäre es denn nicht ein Armutszeugnis gegen ihn zu verlieren? Er war schon derart lange fort von der Bande. In der Bande würde man einen für eine solche Niederlage wohl auslachen und aufziehen. Lian und Levi würden sie für eine solche Niederlage aufziehen. Und hoffentlich war das auch bald wieder so, wenn Lian endlich zurückkehrte.
Um Lian keinen allzu großen Vorteil zu überlassen, wollte Evie das Gelände bestimmen. Um Grunde war dies ihre einzige Regel. Lians Gegenfrage offenbarte ihr jedoch die Möglichkeit weitere Regeln aufzustellen. Sollte sie die wirklich ungenutzt lassen? Doch zunächst beobachtete sie seine Reaktion auf die beiden genannten Orte. Allzu viel konnte sie in seine Mimik jedoch nicht deuten. Allein das, gefiel Evie jedoch schon nicht. Er sollte nicht so siegesgewiss sein! Aber Lian war schon immer so gewesen. Trotzdem hatte sie gehofft, den Hauch einer Unsicherheit in seinem Gesicht zu finden. Nicht aus Schadensfreude, sondern um ihre eigene Siegesgewissheit zu stärken. Lian hatte zu ihren besten Dieben gehört. Sie war immer nur das kleine Licht gewesen. Sehr gut dafür, Ziele ausfindig zu machen und andere die Beute holen zu lassen. Heutzutage konnte sie vielleicht mehr, aber gegen nicht Anwesende konnte man auch nicht verglichen werden. Ein Teil von ihr befürchtete daher zu verlieren, hatte Angst ihn doch zu unterschätzen. Aber, so redete sie sich weiter an, hatte Lian heutzutage wahrscheinlich deutlich mehr Skrupel etwas zu stehlen, womöglich sogar Angst im Park gesehen zu werden und negative Reputation zu erlangen. Er hatte womöglich schon lange nichts mehr gestohlen.
Lieber jung und schön, als alt und verbraucht.“ Konterte sie, gleichzeitig ihre Haare mit einer Hand nach hinten werfend und schnalzte mit der Zunge. Evie war nie nur gut darin gewesen, Ziele ausfindig zu machen, sondern auch das Verhalten von Leuten zu beobachten. Dazu gehörten viele reiche und nicht ganz so reiche Damen. Es hatte früher schon für vielerlei Belustigung besorgt, wenn sie plötzlich versucht hatte ein Teekränzchen abzuhalten oder ihre Tasse nur noch mit abgestrecktem kleinem Finger hochhob. Manche Verhaltensmuster hatten sich nach einer kürzeren oder längeren Weile wieder verloren, manche hielten sich. Etwa Haare derart provokant nach hinten zu werfen.
Ihre provokanter Ausdruck auf den Lippen hielt nicht lange an als Lian sie direkt nach ihren Worten bedrängte. Kurzzeitig blitzte die Unsicherheit in ihren Augen und ihrer Mimik durch, doch sie bemühte sich rasch wieder ihre Fassung zu finden und seinem Blick zu entgegen. Plötzlich beugte sich Lian auch noch zu ihr herunter und etwas in ihr war verwirrt, warum genau er das tat. Wollte er ihr eine geheime Drohung mitteilen? Aber gleichsam konnte sie dadurch tief in die Augen von Lian blicken. Sollten das wirklich die Augen eines Verräters sein? Sie glaubte, dass da etwas war neben seinem üblichem Hochmut, aber was es war konnte sie in diesem Moment nicht sagen. Lians Stimme zu hören ließ ihren Blick von seinen Augen zu seinem Mund wandern und damit die ausgesprochenen Worte verstehen. Lian hatte die Entscheidung gefällt. Sie überraschte Evie irgendwie, aber andererseits hatte Lian noch nie eine Herausforderung gescheut. Wollte er ihr das damit zeigen? Oder hatte sie ihn mit ihren Worten zuvor zu sehr getroffen? Passend dazu wären seine weiteren Worten. Evie ballte die Hände zu Fäusten und funkelte ihn herausfordernd an. So leicht würde sie sich mittlerweile nicht mehr abhängen lassen! Doch der „Ernst“ der Situation wurde zerstört als Lian plötzlich zurücktrat und zu lachen begann. Bei seinem Vorwurf wurde Evie einerseits wütend, aber auch heute noch ließ es ihr die Röte ins Gesicht steigen. Sie war damals so unglaublich stolz auf ihre allererste Beute gewesen. Als sie diese präsentiert hatte, hatte sich offenbart, dass es sich lediglich um Falschgeld handelte – um sehr offensichtliche Falschgeld. „Ich hab eure Währung nicht gekannt!“ verteidigte Evie sich sofort mit vor der Brust verschränkten Armen. „Und das war nur einmal! Das weißt du genau!!“ fügte sie noch hinzu, aber wirklich überzeugend klang sie dabei leider nicht. Sofort fühlte sie sich wieder in die Zeit ihrer Bande zurückversetzt. Auch wenn jeder für jeden im Falle des Falles immer da gewesen war, hatte es irgendwie zum Alltag gehört, dass sie sich von Lian und Levi hatte aufziehen lassen müssen. Als Gin noch da gewesen war, hätte die sie verteidigt, doch Meira hatte immer nur gelacht und ihr geraten endlich für sich selbst besser einzustehen und ihnen notfalls eine überzubraten. Aber wie sollte man seinen beiden älteren, stärkeren, schnelleren Brüdern als schwaches, zurückhaltendes Ding eine reinhauen? Aus mangelnder Erfolgsaussicht heraus, war sie daher wohl nie wirklich optimistisch sich adäquat gegen Levi und Lian verteidigen zu können.
Lian hatte noch eine Weile gebraucht sich zu beruhigen und Evie um die Röte in ihrem Gesicht verschwinden zu lassen. Ein Hauch war jedoch noch immer vorhanden als Lian verkündete, dass er sofort loslegen wollte. Es rief in Evie Wut hervor mit welch herablassender Stimme Lian seine Worte verkündete. Er würde schon, dass er sie unterschätzte! „Oh ja ich vergaß, was für ein vielbeschäftigter Magier du doch bist.“ Schnaubte sie mit verachtender Stimme und betonte besonders das Wort Magier als wäre es ein Schimpfwort – aber genau das war es für die Bande auch früher mal gewesen. „Ich sicher nicht, aber vielleicht ja du, Opa.“ Nach seiner Provokation würde sie sich erst recht nicht mehr vorbereiten. Doch als Lian sich wieder umdrehen wollte, um zu gehen, schnellte Evie nach vorne und griff nach seiner Kleidung. „Aber ich sagte ja, nach meinen Regeln. Und damit meinte ich nicht nur den Ort!“ sagte sie bestimmtem Tonfall. „In 30 Minuten mehr Wertsachen stehlen ist doch viel zu langweilig. Wir spielen darum, wer in 30 Minuten, den meisten Wert herausbekommt.“ Lächelte sie provozierend und erkannte hier zwei Vorteile. Erstens, kannte sie die aktuellen Untergrundpreise besser als Lian und zweitens, war sie sehr gut im Beobachten. „Am Ende der 30 Minuten gehen wir zu Castilianne. Er entscheidet, wer genau hat. Was er uns bezahlt geht aber an die Bande.“ Der Name sollte Lian noch ein Begriff sein. Es gab zwar viele Untergrundhändler und je nachdem was man kaufen oder verkaufen wollte, sollte man unterschiedliche Ansprechpartner haben, auch weil der ein oder andere mal verschwinden konnte oder es nie gut war, zu oft zum gleichen zu gehen. Castilianne hielt sich jedoch tatsächlich schon viele Jahre. „Oder traust du dich nicht mehr zurück in die dunklen Gassen? Angst gesehen zu werden?“ Lächelnd blickte sie zu ihm hoch, ließ ihn los und stemmte stattdessen ihre Arme in die Hüfte.


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySa 15 Okt 2022 - 22:30

Der Schalk, der eben noch aus den hellgrünen Seelenspiegeln hervorgeblitzt war, verschwand mit einem Schlag, als Evie das Wort Magier in den Mund nahm. Es war nicht das Wort an sich, das ihn störte, sondern die Geringschätzung, die aus der Tonlage der jungen Frau herauszuhören war. Es  war wie eine Beleidigung, die ihm von Evie an den Kopf geworfen worden war und während Lian zuletzt gedacht hatte, sich mittlerweile an seinen neuen Status gewöhnt zu haben, ging ihm nun auf, dass das mitnichten der Fall war. Zumindest nicht, wenn er mit Evie zu tun hatte. Wenn jemand aus seinem alten Leben ihn ansprach. Der Braunhaarige fühlte sich zunehmend zurückversetzt in seine Vergangenheit und erinnerte sich plötzlich allzu deutlich daran, wie wenig sie alle von Magierinnen und Magiern gehalten hatten. Sie waren eine Bedrohung für ihre Bande gewesen, nicht mehr… und obwohl der Falls wusste, dass er mittlerweile eben war, was er war, gefiel es ihm nicht, dass Evie ihn damit in Verbindung brachte. „Gut, dann können wir ja gleich loslegen“, ließ er die Jüngere daher missmutig wissen und wandte sich bereits zum Gehen um, als der Griff an seine Kleidung ihn in seiner Bewegung innehalten ließ. Die rechte Augenbraue zuckte nach oben, während er skeptisch zu Evie herabblickte. „Weitere Regeln?“, erwiderte er argwöhnisch und öffnete schlussendlich den Mund einen Spalt breit, nachdem er die weiteren Worte seiner einstigen Kollegin vernommen hatte. Es war die eine Sache, dass sie nicht um die Anzahl des Diebesgutes wetten wollte, sondern um den tatsächlichen Wert, den die Gegenstände hatten. Aber sie wollte zu Castilianne gehen? Und den Erlös ihrer Bande spenden? Es waren die letzten beiden Bedingungen, die Lian ins Grübeln brachten. Der 20-Jährige wusste, dass er sich mit dieser Aktion ohnehin auf dünnes Eis begab, denn wenn er erwischt wurde und man ihn in seiner Funktion als Magier Crimson Sphynx seiner Missetaten überfuhr, wusste nur Gott allein, was für Konsequenzen das für ihn bedeuten würden. Doch wieder einmal war es sein Stolz gewesen, der die Vernunft überwogen hatte und ihn zu der Wette mit Evie verführt hatte. Sein Stolz war wohlmöglich eines von Lian Falls größten Lastern. Die Tatsache, dass sie auch noch zu Castilianne gehen wollte, machte die Sache noch heikler. Es war nicht so, dass Lian in den letzten Monaten keinen einzigen Fuß in den Untergrund Aloe Towns gesetzt hatte – nicht, um Diebesgut zu verhökern, sondern auf der Suche nach Informationen über Gin und ihren Meister. Aber es waren akribische Vorbereitungen gewesen, die er jedes Mal getätigt hatte, ehe er sich dort hatte blicken lassen, um sicherzugehen, dass man ihn nicht als Lian Falls – Magier von Crimson Sphynx – dort entdecken und überführen würde.

Vorbereitungen, die er jetzt nicht hatte anstellen können.

Erneut sah der Falls hinab zu Evie und ihre siegessichere Pose provozierte ihn so sehr, dass sein „Alles klar“, ihm schneller über die Lippen gekommen war, als dass er sich daran hätte hindern können. Er schnalzte missbilligend mit der Zunge und rief sich in Erinnerung, warum er das hier eigentlich alles tat. Bei diesen ganzen Provokationen fiel es dem Falls zunehmend schwerer, das eigentliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. „Aber ich will mit den Erlösen, die an die Bande gehen, nicht in Verbindung gebracht werden“, stellte er nochmal klar und der Ton machte deutlich, dass es hier absolut keine Verhandlungsbasis für Lian gab. Sollte Evie sich selbst ausdenken, was sie der Bande erzählte, woher die Jewels kamen. Während diese Entscheidung die Pinkhaarige in ihrer Überzeugung, dass Lian sich als etwas Besseres als die Bande ansah, möglicherweise bestärkte, waren es andere Gründe, die den Braunhaarigen dazu bewogen, dass er Abstand von ihrer einstigen Bande gewinnen wollte. Allem voran wollte er verhindern, dass weitere ehemalige Mitglieder sich hier zum Gildenpalast verirrten und versuchten, Kontakt zum Falls herzustellen. Es war sowohl für die Diebe als auch für Lian gleichermaßen gefährlich. Mehr als das noch war es allerdings die Scham gegenüber seinen alten Freunden, die immer noch im Inneren des 20-Jährigen schwelte und der er sich nicht stellen wollte. Nein, es war für sie alle am Einfachsten, wenn sie keinen Kontakt miteinander hielten und… man sich irgendwann einfach vergaß. So bitter dieser Gedanke sich auch immer noch anfühlte. „Und jetzt lass uns hier nicht weiter Wurzeln schlagen. Ich denke, die Bedingungen unserer Wette sind klar genug.“ Lian war innerlich so aufgewühlt, dass die Worte sich ziemlich barsch anhörten. Nur einen flüchtigen Blick schenkte er Evie noch, bevor er sich auf dem Absatz herumdrehte und losmarschierte – weg vom Gildenpalast, zurück in die Stadt Aloe Town. Und obwohl es der Gildenpalast war, dem er in diesem Augenblick den Rücken kehrte, war der Falls doch überzeugt davon, dass er am Ende genau hierher zurückkehren würde. Es blieb ihm gar keine andere Möglichkeit, war es doch immer noch eine Vereinbarung, die ihn an die Gilde und an Aram Falls band. Und er würde nicht alleine in den Gildenpalast zurückkommen… Ganz gleich, wie das hier ausgeht, irgendjemand wird mich am Ende hassen, war der letzte Gedanke, der Lian in den Sinn kam, als er den Vorplatz verließ. Aber für einen Rückzieher war es nun eindeutig zu spät.

Der Weg bis zum Oasis-Park hatte zumindest den Vorteil, dass Lian Gelegenheit bekam, um wieder richtig Herr seiner Sinne zu werden. Ihm war klar, worauf er sich eingelassen hatte und genauso war er sich der Risiken bewusst, die damit einhergingen. Dennoch war es der Gedanke daran, dass er Evie helfen würde, der ihn weiterhin bestärkte, die Aktion auch tatsächlich durchzuziehen. Auch wenn sie das vermutlich kaum als Hilfe anerkennen wird, dachte sich der junge Mann resigniert, als er vor dem Oasis-Park zum Stehen kam und die Jüngere mit einem Seitenblick musterte. Evie hing an ihrer Bande, das war damals schon so gewesen und schien sich in den letzten Jahren nicht geändert zu haben. Nur deshalb war sie zur Gilde gekommen und hatte ihn – Lian – aufgesucht. Sie hatte sich auf eine Wette eingelassen, um den Falls zurückzuholen und man mochte durchaus infrage stellen, ob das, was der Lockenkopf umgekehrt vorhatte, unter diesen Bedingungen wirklich fair gegenüber dem Mädchen war. Sie würde ihm die Augen auskratzen… aber gleichzeitig erinnerte er sich daran, wie Evie ausgesehen hatte, als sich ihre Magie unkontrolliert aktiviert hatte. Vermutlich wusste sie nicht, welche Fähigkeiten sie besaß und wurde daher von ihnen drangsaliert, so wie es auch ihm selbst mit seiner Emotionsmagie erging. Die junge Frau musste lernen, mit ihrer Magie umzugehen, wenn sie nicht weiter unter ihr leiden wollte. Und hierfür gab es nur einen Weg… einen Weg, der Evie vermutlich genauso wenig gefallen würde wie es Lian gefallen hatte, als seine Mutter und sein Onkel ihn damals in die Gilde Crimson Sphynx gesteckt hatten. Moment – er, wie Aram und seine Mutter? Der Falls schüttelte den Kopf, um diese abstrusen Gedankengänge ganz schnell zu verscheuchen. „Wir sind da“, sprach er stattdessen lieber zu Evie und wandte sich zu ihr herum. Der Park war belebt, das war eindeutig erkennbar. Und je belebter der Park war, desto wahrscheinlicher, dass auch die eine oder andere Wache sich hierher verirrt hatte, um nach dem Rechten zu sehen. „30 Minuten, keine Minute mehr. Und wir treffen uns ganz genau hier wieder.“ Er deutete mit dem Zeigefinger auf den Boden zwischen sich und der Maedows. „Danach können wir zu Castilianne gehen.“ Der 20-Jährige wollte sich bereits zum Gehen umdrehen, da hielt er doch noch einen Augenblick inne. Die hellgrünen Augen sahen aufmerksam zu Evie herab und es waren weder Hohn, noch Herablassung, die man aus dem Gesicht der Bogenschützen ablesen konnte. Vielleicht sogar der Hauch von… Sorge? „Hier gibt es einige Wachen, also enttäusch mich nicht. Keine Ahnung, was du in den letzten zwei Jahren gelernt hast, aber ich möchte dich nicht in irgendeiner Zelle besuchen, verstanden?“ Lian wusste, wie er selbst diese Worte in Evies Position wahrgenommen hätte: Als zusätzliche Provokation. Um sich nicht noch weiter um Kopf und Kragen zu reden, drehte er der Jüngeren nun doch lieber endgültig den Rücken zu und schlenderte in scheinbarer Seelenruhe in den Park, bis seine Umrisse mit den restlichen Passantinnen und Passanten verschmolzen waren. Obwohl er das hier alles nur für ein anderes, größeres Ziel tat, musste der Falls doch gestehen, dass es ihm in den Fingern juckte, diesen Wettbewerb zu gewinnen. Aber alles andere wäre für einen waschechten Dieb auch mehr als verwunderlich gewesen, oder?

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySo 23 Okt 2022 - 21:13

Off: Wiedersehen macht Freude
6. Post
@Lian


Um Lian zurück nach Hause zu bringen, war es notwendig den Diebstahl-Wettbewerb zu gewinnen. Früher hätte Evie nie an ihren Erfolg geglaubt. Aber Lian war lange nicht mehr bei der Gilde gewesen und Evie war besser geworden. Sie setzte darauf, durch ihre Beobachtungsgabe und ihr aktuelleres Untergrundwissen zu siegen. Ob es ausreichen würde?

Lian akzeptierte die Regeländerung. Es mochte sein Stolz sein, der ihn dazu verleitete. Und doch gab es in Evie die kleine Befürchtung, dass er noch aus einem anderen Grund derart schnell hätte zu gesagt haben können. Sein nächster Satz ließ ihr dann die Gesichtszüge entgleisen. Traurigkeit, Enttäuschung und Verwirrung bildeten sich in ihren Seelenspiegel wieder. Einen kurzen Moment blickte Evie ihn einfach nur an. War ihm seine Vergangenheit derart zu wieder? Waren sie die Schandflecke auf seiner teuren Magierrobe? Ein Gedanke, der sie auch wütend stimmte. Immer mehr begann sie zu verstehen, dass das hier nicht mehr ihr Lian sein konnte. Was hatte ihren Bruder nur so verändert? Und doch wollte sie dieses Wissen nicht wahrhaben. Es war der Blick einer verklärten Märchenprinzessin, die an ihr Happy End glaubte. „Verstehe. So siehst du uns.“ Brachte sie leise hervor und fügte lauter an: „Levi würde es e nicht annehmen, wenn es von dir kommen würde.“ Sie bemühte sich hochnäsiger bei diesen Worten zu klingen. Wenn er nichts mit ihnen zu tun haben wollte, würde sie ihm verdeutlichen, dass sie auch nichts mit ihm – so wie er jetzt war – zu tun haben wollten.

Schon bald erreichten sie den Oasis-Park. Die Hitze war noch einigermaßen erträglich und würde sich im Schatten der Bäume und durch die vielen Wasserquellen im Park noch erträglicher anfühlen. Da dieser Ort die Reichen anzog, waren jedoch auch Wachen vor Ort. „Die große Turmuhr in der Mitte des Parks bestimmt den Schluss.“ Forderte Evie, damit Lian nicht plötzlich irgendeine Uhr manipulieren würde! Dieses Misstrauen kam nicht ungefähr, wo Levi dieses Spiel durchaus schon mehrfach mit ihr gespielt hatte. Sie hatte früher öfter etwas auf Zeit stehlen und erledigen müssen. Doch immer wenn sie geglaubt hatte, richtig gut in der Zeit zu liegen, war sie doch zu langsam gewesen. Meira hatte irgendwann genug davon gehabt und Levi ordentlich die Leviten gelesen.  „Abgemacht ist abgemacht.“ Sprach Evie auf Lians Zusammenfassung. Plötzlich zeigte sich so etwas wie Sorge in Lians Augen und Evie glaubte für einen kurzen Moment den alten Lian wiederzuerkennen. Im nächsten Moment schlug sein Satz ihr jedoch auf den Magen. Trotzig antwortete sie: „Pah! DU bist doch derjenige, der seine Freunde erst in eine Zelle verfrachtet. Als wenn du Levi jemals besucht hättest. Du hast dich nicht mal darum geschert, wie die ihn behandelt haben.“ Dieser Verrat saß bei allen Gildenmitglieder tief. Dabei hatte Evie, und ein Teil von ihr hoffte es noch heute, immer gehofft, Lian würde unter einer Art Zauber der Magier stehen. Und würde sie es nur schaffen die Blase zum platzen zu bringen, würde sich alles aufklären. Aber manche Wunden waren zu tief, um wieder geschlossen zu werden. Evie befürchtete, dass Levi sich im Grunde nie von diesem Verrat erholen würde. „Aber nur damit du das weißt, ich wird mich schon nicht schnappen lassen. Und enttäuschen kann ich dich gar nicht. Du warst ja nicht da als ich dich als Lehrer und Bruder gebraucht hätte.“ Jetzt war Lian doch wirklich einfach in den Park abgehauen! Argh dieser Idiot regte sie zeitweise so unglaublich auf! Was dachte der sich denn bitte, so einen Spruch bringen zu können?! Evie biss auf ihrer Unterlippe herum. In ihre herrschte Gefühlschaos. Sie war so wütend und gleichzeitig so besorgt und dann auch noch dieser unbändige Wunsch nach einer heilen Familie. Wie sollte sie so einen klaren Kopf wahren, um sich wirklich nicht von den Wachen erwischen zu lassen?! Sie tippte mit dem Fuß beständig auf den Boden und verschränkte die Arme. Nein, sie durfte keine Zeit verlieren. Sie musste es wie immer machen. Konzentration und Beobachtung waren die Schlüsselworte.


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySo 30 Okt 2022 - 14:41

Lian blieb stehen, drehte sich herum und sah hinauf zu der großen Turmuhr, deren Ziffernblatt vom gesamten Oasis-Park aus gut erkennbar war. 30 Minuten, wiederholte er die Zeit, die er mit Evie ausgemacht hatte und überschlug schnell, wohin der Minutenzeiger zu wandern hatte, um das Ende der vereinbarten Zeit zu signalisieren. Der Braunhaarige hätte in diesem Augenblick ernst sein müssen, um einen Plan aufzustellen, wie er die Maedows in ihrem Spiel besiegte, wie er die Wette für sich entscheiden konnte. Und doch war es ein gewisser Schalk, der in den hellgrünen Augen aufblitzte und deutlich machte, dass er es an benötigter Ernsthaftigkeit vermissen ließ. Die kleine Evie hat offensichtlich dazugelernt, huschte ihm durch den Kopf, als er daran dachte, wie Levi sie früher gerne bei solchen Wettbewerben mit einer manipulierten Uhr ausgetrickst hatte. Eine Möglichkeit, die durch den Bezug auf die Turmuhr nicht mehr gegeben war. Levi würde sich in Zukunft eine andere Strategie ausdenken müssen, wenn er Evie an der Nase herumführen wollte. Auch wenn Lian diesen Aktionen meistens nur aus Distanz beigewohnt hatte, hatte er sich doch gemeinsam mit Levi immer herzlich über die Naivität der Maedows amüsieren können. Gleich mit diesem Gedanken zog sich die Magengegend des 20-Jährigen schmerzlich zusammen. Er schob die Erinnerung beiseite, denn gerade gab es wichtigere Dinge, auf die er sich konzentrieren musste: Die Wette würde sich nicht von alleine gewinnen lassen, sodass die Ernsthaftigkeit, die man zuvor vermisst hatte, doch endlich anklopfte.

Während seine Schritte ihn durch den Oasis-Park führten, verschaffte sich der junge Mann zuerst einen Überblick. Wenn er sich nicht verzählt hatte, waren es rund fünf Wachen, die sich in der Anlage aufhielten und Patrouille gingen. Anhand ihrer Positionen aus hätte das Wachpersonal jeden Winkel des Parks gut im Blick behalten können, aber Lian bemerkte sofort, dass zwei der Wachen weniger professionell vorgingen als ihre Kollegen. Sie waren relativ jung, warfen sich aus der Distanz Blicke zu und zogen hier und dort auch eine Grimasse, um sich gegenseitig zum Lachen zu bringen. Lian wandte den Blick wieder ab, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, hatte aber allein durch diese Beobachtung den Teil des Parkes identifiziert, in dem er in den kommenden 30 Minuten seinem Diebstahl nachkommen würde. Diese beiden würden einen Diebstahl nicht einmal bemerken, wenn er direkt vor ihrer Nase begangen wurde. Der Gedanke daran, dass er doch eigentlich ein Magier war, der für Recht und Ordnung einstehen sollte, verschwand immer mehr und das, was übrigblieb, war nicht mehr als der Dieb, der Lian vor zwei Jahren noch gewesen war. Der Braunhaarige fühlte sich in seinem Element. Es gewinnt, wer den meisten Wert herausholt Und diesem Leitsatz folgend, scannte der Braunhaarige die Umgebung ab. Ketten, Ringe, Ohrschmuck, Uhren… überall glänzte und glitzerte es. Wie auf dem Silbertablett, als hätten all diese Menschen nur darauf gewartet, dass Lian Falls auf sie zuschritt. Ah, stimmt. Da war ja was! Als er auf ein erstes, mögliches Opfer zutrat, konzentrierte er sein Mana und ließ einen Zauber entstehen… „Entschuldigung, haben Sie das verloren?“, sprach er aus, als er sich auf gleicher Höhe mit einem älteren Herrn befand und sich ziemlich dicht neben ihm zu Boden beugte. Der Mann blinzelte, starrte dann – nachdem Lian sich wieder erhoben hatte – auf dessen ausgestreckte Hand, in der sich eigentlich gar nichts befand. Dennoch antwortete der Mann mit Überzeugung: “Oh, nein, diese Brieftasche gehört mir nicht.“ Brieftasche? Ja, es war nicht mehr als eine Illusion, die dieser Mann sah. Und als er dann auch noch aussprach “Aber soll ich Ihnen bei der Suche nach dem Besitzer helfen, junge Dame?“ lächelte der Falls endgültig. Auch das, nicht mehr als eine Illusion dank der Kombination zweier Zauber Phantom Mirage und Voiceactor, aber sehr effektiv, um seine wahre Identität zu verschleiern. Nicht, dass irgendjemand noch auf die Idee kam, die Diebstähle, die hier begangen wurden, mit dem A-Rang Magier der Gilde Crimson Sphynx in Verbindung zu bringen. War es fair, dass Lian seine magische Begabung einsetzte, um schneller an sein Ziel zu kommen? Nein, sicherlich nicht. Und doch war es nichts gewesen, das Evie bei ihren Regeln ausgeklammert hatte, also… alles im Rahmen, oder? „Sehr freundlich. Aber ich frage mich einfach weiter durch.“ Der Falls nickte dem Herrn zu und entfernte sich dann, scheinbar auf der Suche nach dem Inhaber der Brieftasche und ließ gleichzeitig den Ring, den er dem älteren Herrn unbemerkt bei der Annäherung gestohlen hatte, in seinen Taschen verschwinden. Es war nur der Anfang – 29 Minuten waren noch übrig.

Lian hielt sich in seiner eigenen Welt auf. Er konzentrierte sich auf mögliche Opfer, behielt gleichzeitig die Umgebung im Blick, um sicherzugehen, dass niemand auf ihn aufmerksam wurde. Wenn er das Gefühl hatte, einen Blick im Nacken zu spüren, veränderte er seinen Standort und tauchte erneut in der Masse ab, bevor er einen weiteren Diebstahl beging. Es war gegen Ende der vereinbarten Zeit – Lian war eigentlich auf dem Weg zum Ausgang des Parks – als ihm etwas auffiel. Oder vielmehr… jemand. Der 20-Jährige runzelte die Stirn, das da hinten war eindeutig Evie und… irgendein Typ mit kahlrasiertem Schädel? Lian konnte nicht genau sagen, was zwischen der Pinkhaarigen und dem Glatzkopf vorgefallen war, aber es war offensichtlich, dass er die Maedows bedrängte und diese ihn nicht wirklich loswurde. Kurz glaubte Lian, dass Evie bei einem ihrer Diebstähle wohlmöglich aufgeflogen war, aber als er nähertrat und Fetzen wie “… komm schon, du wirst nicht enttäuscht sein“, hörte, wurde ihm bewusst, dass hier etwas ganz anderes abging. Lian hätte die Situation beobachten oder Evie ihrem Schicksal überlassen können – wenn sie sich nicht an die vereinbarte Zeit hielt, um zum Ausgang des Oasis-Parks zu kommen, hätte er die Wette automatisch gewonnen, oder? Außerdem barg ein Dazwischengehen die Gefahr, dass etwas geschah, worauf die umstehenden Wachen aufmerksam wurden. Und doch hatte Lian sich in Bewegung gesetzt und handelte wider seiner Vernunft. Eine Art Beschützerinstinkt? „Hey, Kumpel.“ Er legte dem Typen, der Evie eben noch bedrängt hatte, den Arm über die Schultern und sah ihn von der Seite her an. Bevor der verdatterte Mann etwas sagen konnte, sprach der Falls einfach weiter und deutete mit dem Kinn auf die Maedows. „Das da ist meine kleine Schwester“, sprach er weiter. Hatte er die Pinkhaarige gerade als kleine Schwester bezeichnet? So wie früher? Das Lächeln in den Zügen des Lockenkopfes erstarb und im nächsten Augenblick durchbohrte er den Glatzkopf mit einem Blick, der hätte töten können. „Also verpiss dich, bevor es ungemütlich wird.“ Erst jetzt schien der Fremde zu verstehen, was eigentlich geschah und natürlich trat er nicht sofort den Rückzug an, sondern löste sich mit einem ordentlichen Ruck aus dem Arm von Lian, um Distanz aufzubauen. “Aha? Was sonst?“, schnaubte er, was Lian mit einem Achselzucken beantwortete. „Das“, erwiderte Lian trocken und obwohl niemand sonst es sehen konnte, war es die Illusion einer violetten Flamme, die auf dem Arm des Typen entfacht wurde und sich langsam durch sein Gewebe fraß. Der Mann stolperte entsetzt einige Schritte nach hinten, schlug sich auf den Arm, um das Feuer zu löschen (was für jemanden, der die Illusion nicht sah, wirken musste, als hätte der Typ den Verstand verloren), aber das Feuer ließ sich nicht löschen. Stattdessen griff es auch auf die Hand über, wanderte den Körper weiter. “Verdammte scheiße!“, brüllte der Fremde, plötzlich gar kein Interesse mehr an Evie habend, drehte sich herum und lief schnurstracks auf die Oase inmitten des Parks zu. Wollte er hineinspringen, um das Feuer zu löschen? „Lass uns verschwinden“, zischte Lian derweil zu der Pinkhaarigen, packte sie am Handgelenk und zog sie mit sich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Wachen auf dieses Spektakel aufmerksam wurden. Und der Falls hatte nicht vor, ein Gespräch mit Wachpersonal zu führen, während seine Taschen voll mit Diebesgut waren…

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyMi 23 Nov 2022 - 13:59

Off: Wiedersehen macht Freude
7. Post
@Lian


/Idiot! - I-DI-OT! - Idiot, Idiot, Idiot!/ wütend kickte sie beim Laufen durch den Park ein paar Steine vor sich her ohne das diese wirklich weit flogen. Die arroganten Worte des Falls, nein eigentlich sogar sein ganzes neues Wesen, regten sie so unglaublich auf!  Sie war vieles von früher gewöhnt, aber das er derart herabschauend über ihre Bande sprach, passte nicht in das Weltbild der Meadows. Zu allem Überfluss schaffte sie es nicht ihren Kopf von all den Gedanken zu befreien. Lian als Idiot zu beschimpfen und an seiner Stelle Steine zu treten, klappte leider nicht. Ein Blick auf die Turmuhr verriet, dass bereits 5 Minuten ohne die kleinste Beute vergangen waren. Evie wusste, dass hieß nicht, dass sie verlieren müsste, aber das Lian schon jetzt einen großen Vorsprung aufgebaut hatte. Immer wenn Evie enttäuscht gewesen war, dass, vor allem am Anfang, eigentlich nur als Informantin wirklich gut war, hatte Meira ihr gesagt, dass es nicht auf die Menge sondern den Wert ankam. Die wertvollsten Schätze fand man jedoch nicht auf dem Boden, sondern durch scharfe Augen und einen Plan. Sie waren gefährlich, aber mit Geduld würde sich eine Möglichkeit offenbaren. Vielleicht brauchte sie auch diesmal einfach Geduld. Nur leider besaß sie die nicht. / Dann eben anders herum. Viele kleine Beute macht auch Zaster. Lian ist schnell, aber sicherlich aus der Übung. Und er kann keine Ahnung über die aktuellen Kurse. Wenn ich mich beeile schaffe ich es noch./ Der Reiz zu gewinnen obsiegte. Ein letzter Blick zur Turmuhr. Die ganze Überlegerei hatte nochmal wertvolle 3 Minuten gekostet. Jetzt aber nichts wie los.

Evies Taschen waren bereits voll mit kleinen und ein paar mittelgroßen Wertgegenständen als ihre Augen ein richtiges Schatzstück entdeckten. Das würde ein krönender Abschluss werden! Evie freute sich innerlich sehr darauf. Sie war auf einen der Bäume geklettert, um einen Mann mittleren Alters leichter unbemerkt beobachten zu können. Ebenso wie alles was um sie herum sonst noch geschah. Am Anfang hatte Evie diese ganze Kletterei gehasst, doch als sie es endlich konnte, war sie ein richtiger Kletteraffe geworden. Der Mann ohne Haare auf dem Kopf, saß auf einer Parkbank, las abwesend eine Zeitung. Er trug einen teuren Anzug aus welchem eine goldene Taschenuhr heraushing. Ihr Gehäuse war mit Saphiren und Rubinen verziert. Der Mann musste nicht mitgekriegt haben, dass die Uhr aus der Tasche herausgerutscht war. Ihren Plan geschmiedet, sprang sie vom Baum, so leise sie konnte. Sie näherte sich dem Mann von schräg seitlich  und nutzte einen Stein, welchen sie auf eine Gruppe Vögel in der Nähe warf und die dadurch aufschreckten. Der Mann hörte plötzlich, wie auf seiner anderen Seite eine Schar Vögel hinter ihm sich in die Lüfte schwang und nah an ihm vorbei flog. Evie nutzte den Überraschungsmoment des Mannes, der erschreckt aufsprang und sich umdrehte, um im Vorbeigehen die Uhr zu schnappen. Das gelang zwar auch, doch als der Mann merkte, dass die Vögel fort waren, drehte er sich rasch wieder zur Straße um – schneller als Evie es gewollt hätte. Zwar war die Uhr bereits in ihre Taschen gewandert, Evie bekam dennoch einen kleinen Herzinfarkt. Er sah sie so … merkwürdig an. Lustvoll. Vielleicht kein Wunder, wo Evies Rock nur bis zur Mitte der Oberschenkel ging, ihr Oberteil einen weiten Ausschnitt erlaubte. Das Korsett tat sein Übriges dazu. Der Umhang verdeckte zwar noch einiges, aber durch das Laufen zeigte sich genug. Für ihn wirkte es so als wäre das Mädchen nur eine der vielen Gäste, die gerade durch den Park liefen und sich das Mädchen wohl zu ihm wandte, weil er so hochgeschreckt war. „Hey Mädchen!“ sprach er sie an und fuhr sich über die Lippen mit der Zunge. /Widerling/ dachte Evie und wollte ihre Schritte beschleunigen, doch der Mann griff nach ihrem Arm. Zu ihrem Glück bekam er ihn durch den Umhang nicht gleich zu fassen. „Willst du mir nicht etwas Gesellschaft leisten?“ Vielleicht hielt er sie für eines der leichten Mädchen, die man sonst eher in den abgelegenen Gebieten der Stadt traf. „Nein.“ Sagte Evie mit bestimmter Stimme, doch in ihr zeigte sich auch Angst. Der Mann sah kräftig aus und sie befürchtete, dass er nicht nachgeben würde. Die Leute um sie herum schienen lieber weitergehen zu wollen als sich einzumischen. Ob er vielleicht ein reicher Mann mit Einfluss war? Oder war es nur weil er stark aussah? Oder einfach weil niemand sonst Probleme haben wollte? Evie war es gewöhnt, dass niemand ihr zu Hilfe kam. Noch einmal griff der Mann nach ihrem Arm, konnte sie dieses Mal festhalten, während Evie versuchte ihm auf die Füße zu treten. „Ah verdammt!“ ließ der Mann schmerzhaft verlauten. Evie war nicht stark, aber High Heels schienen doch zu was gebrauchen! „Bist wohl etwas biestig, mhm? Aber keine Sorge, damit kann ich umgehen! Komm schon, du wirst nicht enttäuscht sein!“ Evie wurde schlecht bei seinen Worten. Sie hatte das letzte bisschen Magie für seine Illusion aufgebraucht. Angst und Erschöpfung lähmten sie. Fieberhaft überlegte Evie, was es nun zu tun galt. Bevor sie zu einer Lösung kam, bevor der Typ noch etwas anderes tat, trat eine dritte Person auf die Bildfläche. Lian legte den Arm um den glatzköpfigen Mann. Perplex über seine Anwesenheit starrte Evie zu ihrem „großen Bruder“. „Lian…“ entkam der Meadows und der Typ, der eben noch verdattert zu Lian geblickt hatte, blickte nun zu dem Mädchen. Dass sie sich kannten, schien ihn noch mehr zu verwirren. Im nächsten Augenblick bezeichnete Lian Evie schon als seine kleine Schwester. Stolz durchflutete ihren Körper beim Klang dieser Worte und ihre Augen hatten nun etwas Träumerisches, Hoffnungsvolles. Hieß das Lian kam zurück? Ganz unbewusst, war diese Reaktion der Freude aus ihr gekommen. Im nächsten Moment verschwand das Lächeln des Falls und er begann seine „ungemütliche Seite“ zu zeigen. Das Blicke töten könnten hatte Lian wirklich perfekt drauf. Doch der glatzköpfige Mann wollte nicht einfach seine Beute aufgeben und es stattdessen mit dem Magier aufnehmen. Plötzlich schrie der Mann jedoch vor Schreck und schlug immer wieder auf seinen Arm ein. Evie nutzte den Moment, um sich nicht nur los zu reißen, sondern auch ihrerseits Abstand zwischen dem Mann und sich selbst zu bringen. Unbewusst ging sie dafür in Lians Richtung und blieb an seiner Seite stehen. Der Mann schien immer verrückter zu werden und rannte plötzlich zur Oase in der Mitte. Währenddessen packte nun Lian sie am Handgelenk und riss sie mit sich. Sie hatte Mühe mit seinen Schritten mitzuhalten, obwohl sie gar nicht mal so langsam unterwegs war. Hatte sie bisher zumindest geglaubt. Aber sie folgte ihm. Vielleicht war es dumm, aber das frühere Vertrauen hatte die Handlungsführung übernommen. Oder einfach nur ihr Überlebensinstinkt, der Lians Vorschlag zustimmte. Die Wachen würden sehr bald schon hier sein. Es galt die Beine in die Hand zu nehmen. Beim Laufen zog sie ihre schwarze Kapuze wieder über ihren pinken Haarschopf.


Eine Weile liefen sie. Hinaus aus dem Park, über den große Platz, verschwunden in großen Menschenmengen, bevor sie endlich in das Gassensystem abbiegen konnten. Am Ende einer solchen angekommen, nahm Evie ganz natürlich den Weg hinauf auf die Mauern und Dächer. Der direkte Weg war immer noch der schnellste Weg. Oben auf den Dächern streckte sie ihre Arme aus und atmete tief durch. Endlich frei von Menschenmassen. „Lian was hast du da gerade gemacht?“ fragte Evie plötzlich interessiert und blickte beim Klettern über ihre Schultern. Sie kannte den Weg gut genug, um ihre Erschöpfung ein wenig ausgleichen zu können. Ihr Magen knurrte vor  Hunger. Sie hatte noch ein paar Bonbons, aber die jetzt zu essen, würde alles nur noch schlimmer machen. Bald wären sie bei Castillianne und Lian würde zurück mit ihr nach Hause kehren. Von dem vielen Geld würde sie gute Zutaten kaufen, damit sie zusammen ein großes Wiedersehensfest feiern konnten!! Es würde sicher großartig werden! „Und … äh danke…“ fügte sie leiser hinzu. Normalerweise würde sie noch sagen, dass sie sicherlich durchaus alleine klargekommen wäre! – Aber sie freute sich gerade zu sehr über ihren Sieg als das sie einen Streit mit Lian provozieren wollte. Denn ja, noch immer waren dort Hochgefühle, weil Lian sie als Teil ihrer Familie bezeichnet hatte. Es würde wieder werden wie früher! Ganz gewiss. Ein Lächeln umspielte Evies Lippen.
„Hier.“ Evie war am Rand eines Daches plötzlich stehen geblieben. Aber sicher wusste es Lian noch selber oder? Eine Leiter lehnte am Dach, die sie herunterkletterte. Durch ihre Erschöpfung hatte sie Mühe die ersten Stufen richtig zu nehmen, landete jedoch einigermaßen sicher auf dem Steinboden der Gasse. Hier wirkte alles gleich viel düsterer und auch heruntergekommener als im Zentrum von Aloe. „Willkommen, willkommen Lian ~“ flötete Evie, zog ihre Kapuze wieder vom Kopf und folgte der Gasse in Richtung Nebenstraße. Castilliane war nicht weit entfernt. Wer die Leiter dort hingestellt hatte? Nun, dreimal durfte man raten und dementsprechend alt wirkte sie auch schon.

Im Gedränge der Menschen der Unterschicht fiel Evie gleich deutlich weniger mit ihrer geflickten Kleidung auf. Hier fühlte Evie sich gleich bedeutend sicherer. Als würde sie ihren täglichen Besorgungen nachgehen, lief sie im Strom der Menschen mit und bahnte sich erst den Weg hinaus als sie das Eckgeschäft ihres Dealers erblickte. Über dem Schaufenster stand in großen Lettern „Mondschein Antiquariat“. Der Schriftzug hatte schon deutlich bessere Tage gesehen. Die ausgelegten Waren zeigten alte Bücher und das ein oder andere technische Gerät. Keines seiner wirklichen Schmuckstücke natürlich. Evie schritt die zwei Treppenstufen zur Tür empor und trat ein. Ein Glöckchen kündigte den Besuch an. Das gute an Castilliannes Schaufenster? Sie waren nicht wirklich Fenster. Eher Kästen mit fester Rückwand. Keiner konnte hinein sehen. Hier drinnen wurde der Raum Großteils von Laternen erhellt. Das gab dem ganzen Laden einerseits eine gemütliche Atmosphäre, für all jene, die zwischen den ganzen Bücherregalen und Schriftrollenbergen einen Platz zum Lesen suchen wollte, aber irgendwo auch eine eher düstere Atmosphäre.
Ein Mann kam aus dem hinteren Teil des Ladens hervor. Er musste irgendwo zwischen all den Büchern gesteckt haben. Evie glaubte, dass dort hinten der Eingang zu einem Hinterraum sein musste. Irgendwo musste er seine Schätze aufbewahren. Aber vielleicht war er auch dazu geneigt sie woanders aufzubewahren? Der Mann war schon in die Jahre gekommen, hatte mittlerweile graues Haar, welches er zurückgekämmt trug. Er trug ein schwarzes Hemd mit Krawatte und darüber eine Weste. Wie so oft trug er über seinen Schultern einen sehr abgetragenen Ledermantel. Das hatte Evie nie genau verstanden – immerhin war es doch der Mann in Aloe. Andererseits passte es irgendwie zu dem merkwürdigen Mann. Genauso wie seine schwarzen Handschuhe ohne die er nichts anfasste. „Willkommen im Antiquariat Mondschein.“ „Wo das Licht neu erstrahlt.“ Ergänzte Evie den Satz und trug noch immer, ganz siegesgewisse ihr Lächeln auf den Lippen. „Hast du mir etwas Schönes mitgebracht Evie?“ fragte er mit geschäftlichem Lächeln, bevor seine Augen zu ihrem Begleiter glitten. Sie weiteten sich etwas mehr als er realisierte, wer genau dort mit der jungen Diebin in seinen Laden gekommen war. „Der verlorene Sohn kehrt tatsächlich zurück?“ fragte er mit amüsiertem Lächeln in Lians Richtung. „Und ich dachte, ich habe schon fast alles erlebt, was es hier zu erleben gibt.“



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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyFr 9 Dez 2022 - 15:09

Lian drehte sich nicht herum, während er mit Evie hinter sich durch den grünen Oasis-Park lief. Bisher konnte er nichts hören – keine aufgebrachten Schreie in ihre Richtung, keine flüchtigen Versuche, die beiden Magier auf ihrem Weg aufzuhalten. Das hieß, dass weder ihre Diebstähle noch sein mehr oder minder erlaubter Einsatz von Magie gegenüber dem aufdringlichen Glatzkopf bisher aufgeflogen waren. Die Wachen, die den Park patrouillierten, waren noch nicht auf den Mann aufmerksam geworden, der zur Oase geeilt war, um die illusionären Flammen auf seinem Arm zu löschen. Sicherlich würde die Illusion sich von alleine auflösen, noch bevor er tatsächlich in das kühle Wasser gesprungen war. Dann wäre der Typ verwirrt und bis er verstand, was geschehen war und die Wachposten darüber informierte, würden weitere wertvolle Minuten verstreichen.

Minuten, die Evie und Lian benötigten, um endgültig von hier zu verschwinden.

Den Großteil der Strecke hatte der Lockenkopf die Richtung vorgegeben, doch als sie am Ende einer engen Gasse ankamen, löste sich die Maedows mit einem beherzten Ruck aus dem Klammergriff um ihr Handgelenk und bog ihrerseits zur rechten Seite ab. Natürlich kannte der Falls diesen Weg noch – er wusste, wohin Evie gehen wollte. Lian hatte sich im Rahmen der Wette dazu bereiterklärt, mit ihr gemeinsam zu Castilliane zu gehen… er wehrte sich also nicht gegen die neue Richtung, sondern folgte der Pinkhaarigen schweigend. Am Fuße einer grob geschlagenen Mauer blieb er stehen und beobachtete, wie Evie sich an einzelnen, hervorstehenden Steinen in die Höhe hievte. Zwischendurch warf der junge Mann einen schnellen Blick hinter sich, um sicherzugehen, dass sie tatsächlich keine Verfolger hatten. Erst nachdem der Körper seiner kleinen Schwester sicher über den Rand der Mauer hinweg verschwunden war, griff auch der Falls nach einem der hervorstehenden Steine und zog sich nach oben. Nichts hatte sich verändert, es erschien Lian sogar so, als würde er die Unregelmäßigkeiten in der Struktur eines jeden Steines, den er mit seinen Händen umgriff, wiedererkennen. Das hier war nicht Lian, der A-Rang Magier der Gilde Crimson Sphynx. Das hier war Lian, ehemaliges Mitglied der Wüstenfüchse. Daher traf ihn die Frage der Maedows, kaum dass er selbst auf den Dächern der Stadt angekommen war, auch ziemlich unvorbereitet. Was er da gerade getan hatte? Seine Begabung für Magie war etwas gewesen, dass er einst vor den restlichen Mitgliedern ihrer Diebesbande geheim gehalten hatte. Es war etwas gewesen, das ihn von seinen Freunden unterschieden hatte, weshalb sie ihn nicht als Teil von sich hätten akzeptieren können – ähnlich wie seine hochrangige Verwandtschaft mit Aram Falls. Aber heute war er ein Magier der Gilde Crimson Sphynx, nicht zuletzt war Evie genau deshalb vor dem Gildenpalast aufgetaucht. Dass er Magie beherrschte, war kein Geheimnis mehr, ganz gleich, ob es den Wüstenfüchsen, der Gilde Crimson Sphynx oder auch Lian Falls selbst gefiel. Er zuckte also mit den Schultern. „Magie, was sonst?“ Ein bisschen befremdlich war es schon, so offen vor der Jüngeren darüber zu sprechen, aber wenn Lian bedachte, was für Pläne er gerade verfolgte, würden sie beide so oder so nicht darum herumkommen, zukünftig das Thema Magie näher miteinander zu thematisieren. Also war es unter Umständen nicht schlecht, es bereits jetzt ein wenig anzuschneiden? Obwohl sich Lian hier oben auf den Dächern der Stadt seinem alten Leben als Mitglied der Wüstenfüchse verbundener fühlte als je zuvor, erinnerte er sich just in diesem Augenblick doch daran, dass sich die Dinge geändert hatten. Es war eben nicht mehr so wie früher. Er bereute es nicht, Evie als seine kleine Schwester bezeichnet zu haben und doch befürchtete er, ihr damit Hoffnungen auf etwas zu machen, das es so einfach nicht gab. Er wusste, dass es sie verletzen würde, dennoch brachte er die Veränderung, die es gegeben hatte, in einem einzelnen Satz auf den Punkt und hielt jede Reue aus seiner Stimme heraus: „Falls du es vergessen hast, ich bin Magier.“ Er wandte den Blick von ihr ab, was vielleicht so wirken könnte, als würde er sich gar nicht größer dafür interessieren, in Wirklichkeit wollte der Falls aber nur den Schmerz nicht sehen, den dieser Satz wohlmöglich in Evie auslöste und den man ihr mit Sicherheit aus den pinken Seelenspiegel hätte ablesen können. So stutzte die Sphynx auch, als er mit einem Ohr ihren leise gemurmelten… Dank hörte? „… nichts zu danken“, erwiderte er mindestens genauso leise wie die Maedows und ja, da merkte man, dass Lian und Evie sich in dieser Sache einfach den gleichen Hintergrund teilten. Es fiel ihnen beiden nicht leicht, gegenüber der anderen Person echten Dank auszusprechen oder diesen aufrichtigen Dank anzunehmen. Froh darüber, dieser unangenehmen Situation entkommen zu können, folgte Lian seiner Begleiterin weiter, bis sie an einer Leiter zum Stehen kamen, an die sich der Braunhaarige noch sehr gut erinnern konnte. Bevor er Evie nach unten folgte, hielt er sie auf. Es gab eine Sache, die der Falls in der Eile der Geschehnisse nicht einkalkuliert hatte. Er wartete, bis die Jüngere ihn ansah und deutete dann auf ihren Kapuzenmantel. Nach kurzem Zögern schien sie zu verstehen, worauf Lian hinauswollte und unabhängig davon, was Evie in diesem Augenblick dachte und fühlte: Sie trat das Kleidungsstück an den 20-Jährigen ab. Nun war es Lian, der sich die Kapuze des schwarzen Mantels tief ins Gesicht zog und erst danach Evie die Leiter hinabfolgte. Er wollte verhindern, dass irgendjemand in dieser Ecke der Stadt ihn wiedererkannte – sei es als Lian, einstiger Dieb noch als Lian, A-Rang-Magier der Gilde Crimson Sphynx. Oder noch schlimmer: Jemand, der ihn nachher noch in beiden Funktionen wiedererkannte.

Die Rollen hatten sich getauscht. Nun war es die Maedows, die mit aufrechtem Gang die belebte Straßen entlangtänzelte, die richtig aufblühte, während sie den Menschen zu ihrer rechten und linken Seite mit halben Drehungen auswich. Willkommen, willkommen, wiederholte der Illusionist skeptisch die gesäuselten Worte der Pinkhaarigen und sah unter der dunklen Kapuze hervor. Niemand hier schien ihnen größere Aufmerksamkeit zu schenken, es sah sogar danach aus, als würden die Leute aktiv verhindern, sich gegenseitig direkt in die Augen zu blicken. Es überraschte Lian nicht sonderlich: Hier gab es unzählige Menschen, die auf die eine oder andere Art und Weise Dreck am Stecken hatten. Man war froh, wenn man seinen eigenen Geschäften nachgehen konnte, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Die Menschen hier lebten größtenteils nebeneinander, wissend, dass sie alle nur das taten, was sie glaubten, tun zu müssen, um als Individuum überleben zu können. Es war etwas, das der Falls immer sehr an dieser Ecke der Stadt genossen hatte. Gerade als Dieb wusste man das zu schätzen: Es waren die besten Voraussetzungen gewesen, um als Teil der Masse unterzutauchen, wann immer man es wollte. Gezielt bog Evie in einen Eckladen ab, den der Falls natürlich ebenso sofort wiedererkannte. Das alles hier hatte nicht wenig von einer Zeitreise in die Vergangenheit. Er folgte ihr… und erst, als die Tür des Ladens sich erneut geschlossen hatte, warf der Falls die Kapuze des dunklen Mantels zurück in seinen Nacken.

Es war Castilliane, der sofort aus dem hinteren Teil des Ladens erschien. Ein älterer Herr mit grau-schwarzem Haar und dickem Bart, mit tiefliegenden Falten um Mundwinkel und Augen und einer im erstem Augenblick beinahe griesgrämigen Ausstrahlung. Zuerst war es Evie, die die Aufmerksamkeit des Händlers auf sich zog und die gefragt wurde, ob sie ihm etwas Schönes mitgebracht hatte. „Durchaus“, stimmte der Falls ungefragt aus zweiter Reihe an, ehe er sein loses Mundwerk daran hätte hindern können. Der Händler sah hinter Evie und musterte den Braunhaarigen, wobei man ihm die Verwunderung über diesen unangekündigten Besuch sehr deutlich ansehen konnte. Der verlorene Sohn war zurückgekehrt? Das amüsierte Grinsen von Castilliane überraschte Lian, wenngleich er nicht vorhatte, sich so leicht in die Defensive drängen zu lassen. Das Wissen, dass es Castilliane war, mit dem er hier sprach, verstärkte diesen Drang nur noch. „Wow, ich kann mich nicht daran erinnern, dass du jemals so begeistert gewesen bist, mich in deinen Laden kommen zu sehen. Macht das Alter dich etwa doch sentimental?“ Der Hauch eines überheblichen Grinsens zog sich über Lians Lippen, was der ältere Händler mit einem beiläufigen Schnauben erwiderte. „Ich merke, du hast dich nicht verändert.“ Der Falls zuckte unschuldig mit den Schultern, ehe er charmant wie eh und je ergänzte: „Was ich umgekehrt von dir nicht behaupten kann. Du bist noch faltiger und grauer geworden.“ Castilliane schüttelte den Kopf und wechselte das Thema, wenngleich er es sich nicht verkneifen konnte, dabei noch eine kleine Spitze einzubauen. „Also? Ich glaube kaum, dass ihr mich aufgesucht habt, um dumme Sprüche zum Besten zu geben.“ Nun war es Lian, der schnaubte, gleichzeitig aber auf den Themenwechsel einging. Er trat nach vorne, vorbei an Evie, bis er vor dem Tresen des Ladens zum Stehen kam. „Natürlich haben wir einige Gegenstände, die wir an dich verkaufen möchten.“ Castilliane lächelte sanftmütig. „Verstehe, ihr habt mal wieder in euren vier Wänden ausgemistet und seid dabei rein zufälligerweise über die eine oder andere Sache gestolpert, hm?“ Sie wussten beide, woher das Gut kam, das Evie und er verkaufen wollten, aber Castilliane hinterfragte nie, woher die Dinge kamen, die man an ihn abtrat. Vermutlich konnte man die Schätze in diesem Laden, die auf legale Art und Weise ihren Weg hierher gefunden hatten, an einer Hand abzählen. Lian kommentierte es nicht weiter und drehte das Handgelenk – in dem unerwartet eine Uhr erschien. Nach und nach fanden diverse Gegenstände ihren Weg auf den Tresen von Castilliane: Ohrringe, Ketten und Armbänder in Gold und Silber, teilweise mit Edelsteinen besetzt. Doch genau so, wie Lian es erwartet hatte, waren es zwei bestimmte Sache, die die Aufmerksamkeit des Händlers auf sich zogen. Seine Augen verengten sich und er griff nach einem goldenen Ring und einer Kette, auf denen durchsichtige Kristalle hervorblitzte. Aber… das waren nicht irgendwelche Kristalle. „Ein Lacrima?“, fragte Castilliane und sah von den Gegenständen auf zu dem Falls. Das hier waren magische Gegenstände. „Das stammt sicherlich von keinem gewöhnlichen Passanten…“, murmelte Castilliane vor sich hin und man konnte seiner Stimme eine Mischung aus Verwunderung und Begeisterung anhören. „Genauso wie früher muss ich mich fragen, ob du verdammt mutig oder verdammt dumm bist.“ Der Händler schüttelte den Kopf, fragte aber nicht weiter nach. Ja, Lian hatte in diesem Park tatsächlich die beiden jungen Wachen bestohlen, die mehr damit beschäftigt waren, Späße miteinander zu machen, als ihre eigentliche Aufgabe zu erfüllen. Getarnt durch seine Illusionsmagie sollte es keine Rückverbindungen zum dem Falls geben und doch musste auch er zugeben, dass es eine verdammt riskante Aktion gewesen war. Gerade für ihn, in seiner Rolle - es wäre fatal, wenn der Diebstahl auf ihn zurückgeführt werden könnte. Er erinnerte sich daran, wie Castilliane ihm einst vorhergesagt hatte, dass er irgendwann noch am Strick enden würde... manchmal konnte man fast glauben, dass der Falls wirklich alles dafür tat, um diese Vorhersage auch zur Wirklichkeit werden zu lassen. Für den Moment gab es allerdings etwas anderes zu erledigen: „Na? Wie siehts aus, kleine Evie?“, fragte er über die Schulter zu der Pinkhaarigen und wies auf die noch freie Seite des Tresens. Er hatte sein Diebesgut verteilt, jetzt war Evie an der Reihe.

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyFr 16 Dez 2022 - 12:20

Off: Wiedersehen macht Freude
8. Post
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Eine Weile liefen sie einfach nur und tauchten in den Massen von Menschen ab. Lian fest ihr Handgelenk umklammert und gab den Weg vor. Es erinnerte Evie an frühere Zeiten - vor allem an jene Zeiten, wenn sie sich in Schwierigkeiten gebracht hatte und die älteren sie von der Gefahr fortbringen wollten, um ihrer aller Hals zu retten. Lian hatte sie im Park tatsächlich beschützt und brachte sie nun an einen sicheren Ort. Evies Blick richtete sich öfter als sonst bei dieser Rennerei auf den braunhaarigen Magier. Es fühlte sich seltsam vertraut, richtig, heimisch an. Waren es ihre Vorbehalte gegen Magier, die Vorbehalte von Levi gegen das was aus Lian geworden war? Sie hatte seine Abneigung selbst zu spüren bekommen heute morgen. Aber er hatte sie als Schwester bezeichnet. Hoffnung war in Evie aufgekeimt, dass Lian sich doch wieder zurückbesinnte. Es hatte sicher einen guten Grund gegeben, dass er hatte gehen müssen, aber sicherlich sah er nun ein, dass er nun ein richtiges zu Hause haben konnte. Oder?

In einer kleinen Gasse befreite Evie sich aus Lians Klammergriff, um die Wände hinauf zu klettern. Mit den Jahren war sie immer geschickter darin geworden, sich hochzuziehen. nicht weil sie stärker geworden war, sondern weil sie beobachtet und gelernt hatte, die richtigen Vorsprünge zu greifen und die richtige Technik zu verwenden. Lian nutzte seine Größe (unfair!) und zog sich deutlich schneller auf die Mauer empor. Jetzt konnten sie den Weg über die Dächer der Stadt nutzen. Evie hatte den Ausblick von hier oben schon immer genossen - und vor allem die Ruhe vor Menschen. Man musste zwar manchmal auf Balken balancieren, die einen von Dach zu Dach führten oder auch mal springen, aber es war trotzdem ihr liebster Weg.
Neugier hatte Evie gepackt und sie nutzte die Gelegenheit um Lian zu fragen, wie genau er ihre Flucht ermöglicht hatte. Bei Lians Antwort, der nur mit den Schultern gezuckt hatte und sie an seine Magie-fähigkeiten erinnerte, schnalzte Evie genervt mit der Zunge. „Achja, ich habe wohl ganz vergessen, dass du dich als etwas besseres hältst, Mister A-Rang Magier-Schnösel. Komm endlich von deinem Hohen Ross runter. Und wir dachten damals, dass du nicht noch höher fliegen könntest.“ konterte sie mit verschränkten Armen. Sie versuchte es sich nicht ansehen zu lassen, aber der eigentlich Grund, warum sie so trotzig reagierte, war, dass Lians Worte sie ziemlich verletzt hatten. Sie hatten die Hoffnung auf die Rückkehr ihres „heilen“ Zusammenlebens wieder ins Wanken gebracht. Doch so wie Lian hatte auch Evie ihren Kopf abgewendet, damit man den Schmerz in ihren Augen nicht sehen könnte. Sie war wohl schon immer die emotionalste von ihnen allen gewesen - auf die eine und andere Art und Weise. Vor allem am Anfang hatte sie wenig bis gar nicht über sich, ihre Vergangenheit und ihre Gefühle geredet, aber wenn man lange zusammenlebte, verstand man vieles auch ohne das ausgesprochen werden musste, warum ein Mensch so reagierte. Wie keine Traurigkeit zu zeigen, sondern lieber patzig zu Antworten. Begründet lag das jedoch eher darin, dass sie schnell gelernt hatte, bestimmten Leuten lieber keine Angriffspunkte zu geben, mit denen man sie aufziehen könnte.
Evie wollte ihre Hoffnung jedoch noch immer nicht aufgeben und klammerte sich an dem im Park erlebten fest. Wenn Lian wirklich nicht zurück wollte, warum hatte er sie dann beschützt und als Familienmitglied bezeichnet? Das Früher musste ihm noch etwas bedeuten, auch wenn er sich derart abweisend und hochnäsig gab.
Als sie eine Leiter erreicht hatten, die sie wieder in die Gassen hinunter führen sollte, stoppte Lian Evie in ihren Bewegungen. Lian deutete auf ihren Umhang und Evie brauchte einen Moment um zu verstehen. Ihre Mimik wurde trauriger als es realisierte, doch sie zog schnell genug den Umhang aus, warf ihn Lian zu und ließ ihr Gesicht von ihm weggedreht. Ein erneuter Stich in ihr Herz. Was tat sie hier eigentlich? War es ihm sogar derart peinlich in der Unterstadt gesehen zu werden? Der großartige Magier von Crimson Sphynx, Held der Gerechten, der wehrlose Kinder verhaftete, um die Stadt von Schandflecken für die Schnöseligkeit zu befreien... Nein, der durfte doch nicht hier in den Randbezirken zwischen der Unterstadt gesehen werden. Evie wusste nicht, ob sie gerade nur etwas traurig war, weil ihre Hoffnung wieder schwand oder ob sie wütend auf Lian war. Sie behielt ihre Worte jedoch für sich und besann sich auf ihre Wette. Sie hatte einen großen Fang gemacht und würde definitiv gewinnen! Selbst wenn Lian nicht zurück wollte, würde er sich an sein Wort halten /müssen/!

Evie liebte die Unterstadt! Die Menschen gingen ihren eigenen Besorgungen nach ohne einen groß zu beachten. Noch immer erschöpft, aber sich deutlich wohler und sicherer fühlen, lief sie mit dem Strom der Menschen. Erst als sie bei einem Eckgeschäft, einem Antiquariat ankamen, löste sich Evie aus dem Strom. Nur hin und wieder hatte sie sich nach Lian umgesehen. Ihre Gedanken versuchte sie auf ihren sicheren Gewinn zu fixieren, um gar nicht erst „schlechte Gedanken“ zuzulassen. Im Antiquariat Mondschein trafen sie auf Castilliane. Evie freute sich den alten Mann wiederzusehen. Schließlich war er ihr Bote des Glücks, wenn man so wollte. Fröhlich begrüßte sie ihn und wollte schon ihre Ware auspacken als sich Castillianes Aufmerksamkeit jedoch auf Lian richtete. Evie rollte nur die Augen während des kleinen Schlagabtausches. Dinge, die sie nicht vermissten? Wenn Levi und Lian mit Castilliane „redeten“. Früher hatte Eliat das oft beendet, aber dieses Mal war es Castilliane selbst, der sie an ihren eigentlichen Aufenthaltsgrund erinnerte. Das einzig gute an solche „Diskussionen“ von früher war es wohl, dass Evie in der Zeit einfach einen Lutscher hatte essen und zusehen oder auch sich umsehen können - nicht das Castilliane es wirklich mochte, wenn man in seinem Laden aß. Nein, wahrscheinlich war er stets froh, wenn die Kinder der Bande wieder fort waren, wenn gleich sie mit seine besten Lieferanten waren. Evie verzog kurz das Gesicht als Lian sich vordrängelte mit der Begutachtung seiner Ware, suchte dann jedoch nur nach einem Bonbon in ihrer Kleidung und sah mit einem Auge zu - natürlich auffallend desinteressiert. Als wenn sie Lian wirklich eine Chance zu gestand, also bitte. (Die Sorge stieg mit jedem weiteren Diebesgut, dass er noch aus dem Ärmel schüttelte) Evies Gesicht verlor ein wenig die Farbe als Castilliane das Wort Lacrima aussprach. Au backe. Jetzt wurde sie nervös. ~Ein Lacrima ist viel Wert, aber meine Edelsteine sind insgesamt viel mehr Wert!~ versuchte sie sich zu beruhigen.
Kurz darauf sprach Lian sie von der Seite an und Evie zeigte ihm einen trotzigen Gesichtsausdruck! „Pah, das war doch gar nichts!“ Sie bemühte sich Lians hochnäsigen Tonfall zu imitieren und ging an den Tresen. Sie begann zunächst aus ihren Taschen und anderen Orten ihrer Kleidung allerlei Schmuck mit und ohne Edelsteinen und Münzen zu zaubern, bevor sie aus ihrer Reisetasche auch das ein oder andere hervorzog. Noch war nicht viel hochspektakuläres bei. Es mochte viel sein, mehr als Lians Haufen, jedoch waren es kleine Stücke. Ein geschultes Auge wie Lian würde erkennen, dass Evie zwar deutlich mehr als vor einigen Jahren gestohlen hatte, aber sie hatte sie sich nicht darauf konzentriert das eine große zu finden, sondern jede Kleinigkeit, die sich ergeben hatte mitgenommen - vor allem jene, die zuletzt im Kurs gewesen waren. „Darf ich bitte?“ fragte sie Lian und imitierte (versuchte zu imitieren) noch immer seinen hochnäsigen Tonfall. Sie forderte sich ihren schwarzen Umhang zurück, und zog aus der Innentasche ihr letztes Schmuckstück. Ihren Hauptgewinn, wenn man so wollte. Eben jenes Schmuckstück, eine goldene Taschenuhr, welches sie dem glatzköpfigen Mann gestohlen hatte, geziert mit verschiedenstens, großen Edelsteinen, die hoch im Kurs standen. „Welch ein Schmuckstück...“ begann Castilliane und Evie wandte sich an Lian, um ihm siegessicher die Zunge rauszustecken, als dann Castialliane bereits weitersprach. Er hatte indes Evie das Stück aus der Hand genommen. “... das würde ich dir gerne sagen, aber diese Uhr ist lediglich mit Blattgold verschönert und die Edelsteine nur eine billige Kopie. So ein Fehler ist dir schon lange nicht mehr passiert, Evie.“ Eben diese angesprochene waren bei diesen Worten alle Gesichtszüge entglitten und ein entsetztes „Waaaas?!“ entkam ihren Lippen. „So leid es mir tut, dafür kann ich dir kaum einen guten Preis geben, meine Liebe.“


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyMo 26 Dez 2022 - 20:42

Lian musste sich wirklich zusammenreißen, um auf den schnippischen Tonfall der Meadows hin nicht amüsiert zu schmunzeln. So, wie er Evie kannte, hätte das nur zusätzliches Öl ins Feuer geschüttet und wenn er daran dachte, was er infolge der Wette eigentlich noch vorhatte, wäre das vermutlich mehr als kontraproduktiv gewesen. Warum hatte der Falls eigentlich so eine Freude daran, die Pinkhaarige ein wenig aufzuziehen, sie ein bisschen an ihre Grenze zu treiben und zu triezen? Das war früher schon so gewesen, gemeinsam mit Levi. Wie so oft an diesem Tag erkannte der Braunhaarige in diesem Augenblick Parallelen zu einem früheren Leben, das er durchaus vermisste. Damals war nicht alles gut gewesen, sie alle hatten diverse Probleme gehabt, mit denen sie sich hatten herumschlagen müssen. Sie alle waren irgendwie Einzelkämpfer gewesen, mit ihren eigenen Schicksalsschlägen und den Päckchen, die sie auf ihren schmalen Schultern zu tragen gehabt hatten. Und doch… hatten sie sich gegenseitig gestärkt und hatten als Gemeinschaft der rauen Welt die Stirn bieten können. Lian erinnerte sich daran, wie die Wüstenfüchse mehr als einmal gemeinsam in ihren Träumereien versunken waren, wo sie irgendwann stehen würden, was alles möglich wäre, wenn sie nur erwachsen wären. Aus heutiger Sicht betrachtet war das alles ziemlich naiv und zum Scheitern verurteilt gewesen. Dennoch war der Falls dankbar für die Erfahrungen, die er damals mit Evie und den anderen Wüstenfüchsen gesammelt hatte, denn trotz allem hatten sie ihn zu der Person gemacht, die er heute war. Und selbst wenn er sich dagegen sträubte, das anzuerkennen: Es hätte etwas Schlimmeres aus ihm werden können als ein A-Rang-Magier der hiesigen Gilde Crimson Sphynx.

Die Stimme von Castilliane riss den Lockenkopf aus seinen Erinnerungen und er trat einen Schritt näher, um zu sehen, was Evie auf dem Tresen vor dem Händler ablud. Natürlich entging Lian die schiere Anzahl der verschiedenen Diebesstücke nicht und er kam nicht umhin, die fortgeschrittenen Fähigkeiten der Maedows anzuerkennen. Ganz offensichtlich war die junge Frau in den vergangenen Jahren nicht untätig geblieben, sondern hatte ihre Erfahrungen als Diebin ausgebaut. Der 20-Jährige gab sich Mühe, sich die echte Anerkennung nicht vom Gesicht ablesen zu lassen, sondern möglichst neutral auszusehen. Und doch konnte er die Überraschung, die kurzzeitig über sein Gesicht huschte, nicht verbergen, als sein Blick auf die goldene Taschenuhr fiel, die Evie als krönenden Abschluss präsentierte. Fuck Es gab keine Möglichkeit, das Schmuckstück aus der Distanz ganz genau in Augenschein zu nehmen, aber auch Lian glaubte im ersten Moment, dass die Maedows mit der Taschenuhr einen verdammt dicken Fang gemacht haben musste. Das war so nicht eingeplant gewesen und Lians Gedanken überschlugen sich, er rechnete zusammen, was er voraussichtlich für seine Fundstücke erhalten würde und wie nah Evie mit ihrem Gewinn an ihn herankommen würde. Könnte sie ihn in dieser Wette vielleicht wirklich besiegen? Würde er die Wette verlieren? Müsste er dann zurück in das Versteck der Wüstenfüchse kehren und vor der Gilde Crimson Sphynx untertauchen? Wie sollte so etwas überhaupt möglich sein?! Mittlerweile kannten viele Leute in Aloe Town sein Gesicht – als Magier von Crimson Sphynx, versteht sich. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis man ihn bei den Wüstenfüchsen fand und Lian hatte die Vereinbarung, die er mit seinem Onkel getroffen hatte, nicht vergessen. Würde man ihn dann einbuchten? Mal ganz davon ab, dass Lian glaubte, abgesehen von Evie nicht mehr viele Verbündete bei den Wüstenfüchsen sein Eigen nennen zu können. Die hellgrünen Augen sahen zurück, just in dem Augenblick, als Castilliane seinen Satz vervollständigte… und nicht nur die Pinkhaarige überrascht dreinblickte. Ein Glück, dass sich Lian im Rücken seiner Kollegin befunden hatte, sodass es nur Castilliane war, der das heruntergeklappte Kinn und die weit aufgerissenen Seelenspiegel des Falls zu sehen bekam. Das Grinsen, das dem ergrauten Händler bei diesem Anblick über die Züge huschte, ließ Lian wieder zu Sinnen kommen und er verbannte die Überraschung wieder tief in seinem Inneren, bevor Evie sie zu Gesicht bekam. Er hatte gewonnen… und doch war eine gehörige Portion Glück dabei gewesen, das war Lian gerade mehr als bewusst geworden. War er wohlmöglich doch eingerostet?

„So ein Fehler ist dir schon lange nicht mehr passiert“, wiederholte Lian aus zweiter Reihe die Worte des älteren Händlers und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Stimme klang weder höhnisch noch herablassend, eher so, als würde er eine allgemeine Tatsache feststellen. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Kurz sah der Falls prüfend auf Evie hinab, dann wieder zu Castilliane und nickte Zweiterem auffordernd zu. „Also? Was gibst du uns?“ Der Händler erwiderte den Blick des Falls, holte dann eine Schatulle hinter dem Tresen hervor und öffnete sie. Erneut flog sein aufmerksamer Blick über die Schmuckstücke, bevor er in der Schatulle kramte und sowohl der Maedows als auch dem Falls jeweils einige Jewels entgegenstreckte. Auch ohne genau nachzuzählen, war sofort klar, welcher der beiden Diebe mehr Jewels herausbekommen hatte. Lian schätzte auf Anhieb, gut dreimal so viel wie Evie überreicht zu bekommen. Nur kurz sah die Sphynx auf seine Ausbeute, ließ sie dann aber schnurstracks in seiner Hosentasche verschwinden und sah nachdenklich zu Evie, ehe er sich erneut Castilliane zuwandte. „Evie und ich haben was zu besprechen“, begann der Illusionist in ernstem Tonfall zu erklären. „Können wir dein Hinterzimmer nutzen? Es dauert auch nicht lange.“ Was auch immer der ältere Händler erwartet hatte, das war es offensichtlich nicht gewesen. Er sah zu der Pinkhaarigen, die sich vermutlich immer noch über ihren Fauxpas ärgerte, dann nochmal zum Falls und ließ sich mit der Antwort Zeit. Schlussendlich nickte Castilliane allerdings, was Lian zumindest gedanklich erleichtert ausatmen ließ. Es war nicht so, dass der Braunhaarige irgendwelche schlimmeren Hintergedanken hatte, er brauchte nur einen ruhigen Platz, um mit Evie ins Gespräch zu kommen. Und ganz ehrlich? Lian rechnete damit, dass Evie bei der Offenbarung, die in wenigen Minuten folgen würde, lieber unbeobachtet sein wollte.

Das Hinterzimmer des Ladens war genau so, wie der Falls es in Erinnerung behalten hatte. Die Wände waren allesamt mit riesigen Regalen vollgestellt, in denen sich allerlei Krimskrams sammelte, der auf den ersten Blick kaum erfasst werden konnte. Es gab keine Fenster, sondern nur eine verstaubte, alte Lampe, die von der Decke hing und spärliches Licht ins Zimmer warf. Dazu gab es ein Sofa, das auch schon bessere Tage gesehen hatte und einen Tisch, gleich in der Mitte, umgeben von verschiedenen Holzstühlen, die nicht aus einem zusammenhängenden Set stammten. Lian schloss die Tür hinter sich, nachdem er direkt hinter Evie in das Zimmer eingetreten war und ließ den Blick einmal durch den Raum schweifen, bevor er den Mantel der Maedows ablegte, über eine der Stuhllehnen hängte und sich dann selbst auf einen der Stühle am Tisch niederließ. Er verschränkte die Arme erneut vor der Brust und forderte Evie non-verbal auf, sich ebenfalls zu setzen. Erst als sie dieser Aufforderung nachgekommen war, öffnete sich der Mund des Falls einen Spalt breit. „Ich habe gewonnen“, verkündete er, wissend, dass er mit seinen Worten zusätzlich Salz in die Wunde streute. Er ließ die Aussage wirken, griff dann in seine Tasche. „Aber ich habe meinen Teil der Abmachung nicht vergessen.“ Die rechte Hand wanderte auf die hölzerne Tischplatte und es waren die Jewels von Castilliane, die im Schein der Deckenlampe aufblitzten. „Die Jewels gehen an die Wüstenfüchse…“, begann er zu sprechen und schob die Hand mit den Jewels bereits in Evies Richtung… doch dann hielt er abrupt inne. „Aber davor“, begann Lian, der bedeutungsschwangere Unterton nicht zu überhören. Er ließ Evie bei den folgenden Worten nicht aus den Augen, gespannt darauf, wie genau sie reagierte: „Was ging dir durch den Kopf, als du mich vor dem Gildenpalast getroffen hast? Woran hast du gedacht? Und… wie hast du dich dabei gefühlt?“ Es war soweit. Er musste es von Evie hören. Und wenn seine Vermutung stimmte… dann musste er der Maedows klarmachen, warum seine danach folgenden Schritte notwendig waren. Warum es das Richtige für sie war. Der Blick der hellgrünen Seelenspiegel klebte an der Pinkhaarigen. Was würde sie sagen? Wie würde sie reagieren?

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySo 15 Jan 2023 - 17:57

Off: Wiedersehen macht Freude
9. Post
@Lian


Entsetzen und Schock verzerrte Evies Gesicht, die ihren Blick für einige Sekunden nicht von Castilianne abwenden konnte. Ihr großer Fang sollte eine Fälschung sein? Evie sah vor ihrem inneren Augen den Sieg schwinden. Nichts von dem, was sie an Kleinigkeiten gestohlen hatte, würde ausreichen um auch nur annähernd den Wert von Lians gestohlenen Lacrima aufzuwerten. Und mit ihrem Sieg entschwand auch ihre Chance Lian wieder mit ins Hauptquartier zu nehmen. Aus ihrer Schockstarre gelöst, blickte Evie nach seitlich unten auf den Boden neben ihren Füßen. Ihre Hände ballte sie zu Fäusten und presste die Lippen aufeinander. /Scheiße... Scheiße!/

/Wieder reingefallen?/


Plötzlich ertönte eine lachende Stimme in ihrem Kopf. Ein Spuck aus ihrer Vergangenheit, nicht wirklich zuzuordnen, ob es eigentlich Levi oder Lian war, der sprach. Sie hatten sie häufig genug aufgezogen. Aufgewühlt, wie sie war, hatte sich erneut Evies Magie aktiviert und sich an die erste Person in ihrer Nähe geheftet. Das war, wo Lian direkt hinter der Meadows stand, eben jener. Zugleich hörte sie seine Stimme erklingen. So ein Fehler sei ihr schon lange nicht passiert. Sie presste die Zähne so sehr aufeinander, dass ihre Kiefer begannen zu Schmerzen. „Scheiße, das ist alles nur deine Schuld, Lian!“ fuhr sie ihn an, ohne das er wirklich etwas für die Fälschung konnte. Evie war unglaublich wütend darüber. Dieses ´verdammte Schmuckstück war also nicht mal echt gewesen, womit der dicke Mann derart angegeben hatte. Alles was sie wegen ihn durchgemacht hatte, sollte also umsonst gewesen sein?! Das konnte doch nicht wahr sein! „Wenn du nicht wärst, dann wäre ich nicht so abgelenkt gewesen.“ Es war immer viel einfacher, die eigene Schuld auf jemand anderen abzuwelzen.
Castilliane beobachtete die Szenerie mit erhobenen Augenbrauen. Er hatte die Meadows selten so aufgewühlt gesehen in der letzten Zeit und erahnte, das hier mehr vorgehen musste, als bloß einer ihrer „Aufräumwettstreite“. Da er jedoch wenig daran interessiert war, dem Streit länger zuzusehen, räusperte er sich, worauf er die Aufmerksamkeit der beiden sicherstellte - oder zumindest von Lian, der nach der Auszahlung ihrer Beute verlangte. Aus einer hervorgeholten Truhe teilte er Jewels aus. /Das ist nicht richtig so... Das war nicht der Plan ... / schoss es Evie durch den Kopf, die einen Moment nur die hier hingestreckten Jewel anstarrte. Dann jedoch, als könnte man ihr die Jewel jederzeit wiederwegnehmen wollen, zischte ihre Hand mit ungeahnter Schnelligkeit vor und sie versteckte die Jewel sicher in ihrer Gewandung. Auch Lian erhielt seine Jewel und erwartungsvoll blickte Evie zu Lian, der sich hoffentlich wenigstens an diesen Teil ihrer Abmachung hielt. (In Evies Kopf war es Teil der Abmachung, das Lian zu verlieren hatte!) Doch er steckte die Jewel ebenfalls ein, weswegen Evie ihn nur finster anstarrte. Ihre Stimmung gerade ähnelte ihre aufgewühlten Emotionalität, die die Jungs früher häufiger zu spüren bekommen hatten. „Ich hab gar nichts mit dir zu besprechen!“ konterte Evie kindisch. Sie war noch nie eine gute Verliererin gewesen, aber bei dieser Wette hatte so viel auf dem Spiel gestanden und jetzt war alles geplatzt. „Verschwinde einfach wieder, so wie du es doch sonst immer tust. Du bist dir ja sowieso zu fein hier zu sein, du Schnösel-Magier! Aber lass gefälligst deine Jewel noch hier. Dir gehören schließlich uns. Oder hältst du dich nicht mal an diese Abmachung?“ Sie wandte ihren Blick von Lian ab. Wenn er jetzt einfach ging, dann konnte sie behaupten, dass das alles nur ein böser Traum war. Sie könnte so tun, als wenn sie Lian gar nicht erst gefunden hätte, als wäre es nicht ihr Lian gewesen und als wäre alles noch genauso wie heute morgen. Alles wäre wieder genauso wie immer. Nicht gut und auch kaputt, aber das hier fühlte sich viel schlimmer an. Es tat unglaublich weh. Sie hatte bis eben geglaubt eine reelle Chance auf eine heile Familie zu besitzen. Das alles wieder werden würden, wie es sein sollte und plötzlich war es auf dem Boden der tatsachen zerschellt. Lian hatte gewonnen. Sie hatte die einzige Chance ihn zurückzubekommen in den Sand gesetzt. Ihr gesamter Plan war gescheitert.

Ein Hand griff nach ihr und zerrte sie unsanft in den Hinterraum. Bevor sie es wirklich realisierte und sich wehren konnte, hatte Lian sie gepackt gehabt. Dabei hatte sie ihm doch gesagt er solle verschwinden! Stolpernd versuchte sie auf den Beinen zu bleiben, bis Lian sie endlich wieder los lies. Bockig verschränkte sie die Arme vor der Brust. Immer noch mied sie Lians Blick, setzte sich schließlich jedoch auf das Sofa, welches schon deutlich bessere Tage gesehen hatte. Sie bereute es sich derart schwungvoll hingesetzt zu haben, weil sie so die Drahtfeder unter ihrem Po sehr deutlich spürte. Das nervte sie jetzt nur noch mehr, lenkte ihre Unmut jedoch auch von Lian auf das Sofa. Für einen kurzen Moment bis Lian das Wort erhob und nochmal Salz in die Wunde streute. Sie drehte ihren Kopf provokativ noch weiter zur Seite und ging im Geiste die verschiedenen Dinge durch, die sich in Castillians Regalen hier drin befanden. Erst als Lian weitersprach und sie hörte, wie Jewel hervorgeholten wurden, schielte sie zur Seite und damit zu Lian hinüber. Erneut griff sie blitzschnell nach seiner Hand, um die Jewel einzukassieren und endlich zu verschwinden - doch Lian zog seine Hand wieder zurück. „Gib sie her! Du hast selbst gesagt, dass sie uns gehören!“ sprach sie empört aus, doch ihr einstiger Bruder stellte eine Forderung. Sie sollte eine Frage beantworten. Bei dieser weiteten sich Evies Augen plötzlich, sie fuhr mit dem Kopf herum und blickte Lian in die Augen. Warum fragte er das? „Was interessieren dich plötzlich meine Gefühle?“ fragte sie wütend und stand auf. „Du hast dich doch noch nie darum geschert, wie es mir geht! Oder hast du dich auch nur einmal gefragt, wie ich, wie wir uns gefühlt haben, als du plötzlich abgehauen bist? Als wir geglaubt haben, dass du gestorben oder gefangen genommen wurdest? Und als wir dann erfuhren, dass du Levi ins Gefängnis gebracht hast? Als rauskam, was für ein Lügner du wirklich bist? Nein, du hast immer nur Scherze mit mir getrieben. Und allen Lügen erzählt. Damals und heute!“ warf sie ihm vor. „Ist das wieder nur ein bescheuertes Spiel von dir? Eines von denen, die ich e niemals gewinnen kann? Weil du wieder was gedreht hast?“ fragte sie ihn daher und zeigte mit dem Finger auf ihn. Dabei fiel ihr plötzlich etwas ein. „Natürlich. Wie konnte ich so dumm sein!“ meinte sie zu sich selbst und fuhr sich mit der Hand den Pony aus dem Gesicht. „Das Lacrima hast du gar nicht gestohlen oder? Du hattest es von Anfang an dabei! Und sicherlich hast du auch noch mehr von diesem Magierzeugs. Ich hab gar nicht gewinnen können. Weil du wusstest, dass ich ehrlich spielen würde. Aber ich hätte wissen müssen, dass du nie ehrlich spielen würdest!“ Immer mehr steigerte sie sich in diesen Gedanken hinein. Pausierte dann kurz und blickte Lian von oben herab an. „Du willst wissen, was ich gedacht habe als ich dich gesehen hatte? Das Levi und Lacy recht hatten. Das ich nicht kommen sollte. Du bist genau, was Levi gesagt hat: ein Magier und Verräter durch und durch! Ich hatte geglaubt, dass ich alle wieder zurück holen könnte und wir wieder glücklich sein könnten. Aber du hast nur wie immer alles kaputt gemacht!“ Müdigkeit überkam Evie mit einem Schlag, wo sie es endlich laut ausgesprochen hatte und sie sackte wieder auf die Couch. Sie griff mit beiden Händen in ihr Schläfenhaar und Tränen rollten über ihre Wangen. Sie wollte doch nur eine heile Familie. Warum das jedes Mal zu viel verlangt?


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyDo 26 Jan 2023 - 20:35

Wieder reingefallen?

Die Stimmen hörten sich so real an, dass Lian beinahe der Versuchung nachgegeben und sich um die eigene Achse gedreht hätte, in dem Glauben, Levi mit einem breiten Grinsen im Gesicht gleich hinter sich zu entdecken. Zu gut erinnerte sich der Falls an die Leichtigkeit, die er selbst verspürt hatte, wann immer er gemeinsam mit Levi Witze auf Kosten anderer Leute – wie zum Beispiel der Meadows – gerissen hatte. Eine Leichtigkeit, die er sich in diesem Moment mehr denn je zurückwünschte, denn alles hier war für den 20-Jährigen vollkommen erdrückend. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, nichts deutete darauf hin, was in seinem Inneren vor sich ging und dass er ein weiteres Mal das Ziel von Evies unkontrollierter Magie geworden war. Aber ganz gleich, wie stoisch der Illusionist nach außen hin wirken mochte, sich selbst konnte er nicht trügen: Er hatte keine Ahnung, wohin das hier tatsächlich führen würde und ob der Plan, den er geschmiedet hatte, wirklich aufging – etwas, das ihn enorm strapazierte. Er wappnete sich mental für den Hass, der ihm vermutlich von der Meadows entgegenschlagen würde – es wäre nicht das erste Mal an diesem Tag, dass sie ihn mit Schimpftiraden konfrontierte. Zuerst hatte Lian geglaubt, sich gut unter Kontrolle zu haben, doch je mehr Worte der Pinkhaarigen über die Lippen kamen, desto mehr wurde die Geduld der Sphynx auf die Probe gestellt. Sie hatte gar nichts mit ihm zu besprechen? Er sollte einfach wieder verschwinden? Der kindische Tonfall von Evie nervte Lian, wenngleich er mit so einer Reaktion hätte rechnen können. Es war allein der Anwesenheit von Castiliane geschuldet, dass der junge Mann nichts erwiderte, sondern seine kleine Schwester kommentarlos wüten und zetern ließ, ehe er sie bestimmt am Handgelenk packte und sie auch gegen ihren Willen mit in das Hinterzimmer des verstaubten Ladens zog.

Aber auch, als sie alleine waren, beruhigte sich die junge Frau nicht. Es wurde sogar noch schlimmer, sie redete sich zunehmend in Rage.

Was interessierten ihn ihre Gefühle? Ob es wieder eines seiner bescheuerten Spiele war? Ob er irgendetwas gedreht hatte, sodass sie die Wette verloren hatte? Schlussendlich kam Evie zu dem Schluss, dass sie die Wette überhaupt nicht hatte gewinnen können, weil es Lian gewesen wäre, der getrickst hatte, während sie doch ausschließlich ehrlich gespielt hätte. Sie schob die Verantwortung für ihre Niederlage von sich… und erkannte die Fähigkeiten, die der Falls als Dieb bei dieser Wette unter Beweis gestellt hatte, gleichzeitig nicht an. Okay, das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, dem Braunhaarigen platzte endgültig der Kragen. Er sprang von seinem Platz auf, sodass der Stuhl, auf dem er eben noch gesessen hatte, scheppernd zu Boden knallte. Während die Madeows wieder zurück auf die Couch sackte, war Lian noch lange nicht fertig: Er stapfte mit sturmumwölkter Miene direkt auf die Pinkhaarige zu, die ihren Blick mittlerweile gen Boden gesenkt hatte und packte sie an der rechten Schulter, während er sich zu ihr herabbeugte. Wie gern er sie schütteln wollte, damit sie endlich zu Sinnen kam! „Scheiße, Evie, hörst du dir selbst eigentlich zu?!“, fuhr er sie harsch an und knurrte: „Nicht ich habe deine Niederlage zu verantworten, sondern nur du alleine. Du bist auf eine verdammte Fälschung reingefallen – ein Fehler, keine Frage, aber verdammt nochmal, dein beschissener Fehler!“, fluchte er und redete sich genauso wie die junge Frau immer mehr in Rage. Eine Gemeinsamkeit, die sie beide teilten? Warum genau trafen ihn die Vorwürfe von Evie eigentlich so sehr, dass er die Beherrschung verlor? War es wirklich nur seinem Stolz als Dieb geschuldet? Ja, es missfiel ihm, dass sie seine Fähigkeiten nicht anerkannte und seinen Sieg bei dieser Wette herunterspielte. Aber… es war mehr als nur das. Evie hatte behauptet, dass er die Lacrima-Kristalle nicht gestohlen hätte. Das war es, was der junge Mann nicht auf sich sitzen lassen wollte, denn um diese Wette zu gewinnen, hatte er verdammt viel aufs Spiel gesetzt. Nicht als Dieb, sondern in seiner Rolle als Magier der Gilde Crimson Sphynx. Er hatte andere Magier bestohlen, die als Wachen im Oasis Park der Stadt eingesetzt waren. Sogar jetzt noch lief er Gefahr, dass diese beiden Magier seine Tarnung durchschaut hatten, dass er wohlmöglich zurück zu seiner Gilde kehren würde, nur um schnurstracks mit den Konsequenzen seiner Tat konfrontiert zu werden. Was würde dann aus der Abmachung mit seinem Onkel werden? Und noch viel schlimmer: Wie würden Charon oder Rin auf so etwas reagieren? Fuck, Evie hatte einfach keine Ahnung und das machte Lian so unglaublich wütend, dass es ihm für einen winzigen Augenblick wirklich den Atem verschlug.

Und dann sah die Pinkhaarige auf, direkt in seine Augen und erst jetzt erkannte der Falls die Tränen, die ihre Wangen herabrollten, genauso wie die Erschöpfung, die ihre pinken Seelenspiegel so viel dumpfer erscheinen ließen, als es üblich war. Ein Anblick, der dem 20-Jährigen den Wind aus den Segeln nahm. Erschrocken zog er seine rechte Hand zurück, als hätte er sich an Evie verbrannt und ohne den Blick von der frustrierten Meadows abzuwenden, dachte er darüber nach, was genau er sagen, wie er reagieren sollte. Aber immerhin: Er erinnerte sich wieder daran, was eigentlich sein Ziel hinter dieser ganzen Wette gewesen war. Seine Augen verengten sich. „Du hast Recht, ich bin ein Magier“, antwortete er ihr auf die letzten Vorwürfe, die offensichtlich von Levi stammten. Er hatte nicht vor, das irgendwie zu bestreiten. „Und vermutlich bin ich auch ein Verräter“, gab er weiterhin zu und obwohl es ihn immer noch erschütterte, dass sein einst bester Freund mittlerweile so über ihn dachte… konnte er Levi doch nachvollziehen. Ein Verräter, ausschließlich seinen früheren Freunden gegenüber? Nein, es reichte weiter, das wurde Lian bewusst, je mehr er darüber nachdachte. Auch die anderen Magierinnen und Magier seiner Gilde hatte er schon immer, spätestens aber mit seinen heutigen Handlungen verraten. Und dann gab es da noch andere Menschen, die er hintergangen hatte, nur um seine persönlichen Ziele erreichen zu können... Und ich mache gleich weiter damit Es war eine Erkenntnis über sich selbst, die den 20-Jährigen so sehr frustrierte, dass er schon wieder darüber lachen wollte. Für den Moment konzentrierte er sich allerdings lieber auf Evie. „Vielleicht hättest du wirklich nicht zur Gilde kommen, mich nicht aufsuchen sollen. Aber du hast es getan. Und du bist aus freien Stücken die Wette mit mir eingegangen, Evie. Du hast nicht auf die beiden gehört, also übernimm auch die Verantwortung für die Konsequenzen, die sich daraus ergeben.“ Der Tonfall von Lian war schneidend – wenn er aufgrund der Tränen der Maedows irgendwie eingeschüchtert war, dann schaffte er es zumindest meisterlich, sich das nicht anmerken zu lassen. Er zögerte einen winzigen Augenblick… dann stieß Lian Luft aus der Lunge, die er viel zu lange angehalten hatte und fuhr sich fahrig mit der rechten Hand durch das lockige Haar, während er sich halb von Evie wegdrehte. „Aber okay, ich helfe dir auf die Sprünge: Als du mich vor dem Gildenpalast getroffen hast, hast du an Levi gedacht. Daran, wie er mich euch gegenüber einen Magier und Verräter nannte.“ Er achtete nicht auf die Reaktion von Evie, sondern sprach einfach weiter: „Und gerade eben, als du erfahren hast, dass du die Wette verloren hast: Da hast du dich daran erinnert, wie Levi und ich dich früher ausgelacht haben, wenn du auf einen unserer Tricks reingefallen bist.“ Eine Szene, die viele Jahre in der Vergangenheit lag. Als es noch keinen Keil gab, der zwischen die Freundschaft der beiden jungen Männer getrieben worden war. Aber… das war jetzt gerade nicht das relevante Thema, wie Lian sich gedanklich erinnerte. Und so drehte er sich wieder gänzlich in Evies Richtung, breitete die Hände ergeben nach rechts und links aus. „Ich habe Recht, oder?“, fragte er, wobei der Tonfall weniger nach einer Frage, sondern mehr nach einer Feststellung klang. Der Falls gab der Pinkhaarigen ein wenig Zeit, um über diese neuen Erkenntnisse nachzudenken, zu verstehen, was Lian gerade gesagt hatte. Dann fuhr er fort: „Und bevor du das vermutest: Ich war es nicht, der hier irgendeine Magie gewirkt hat, die mir diese Einblicke ermöglicht hat. Genauso wie deine Niederlage bei der Wette ist das etwas, was du ganz alleine zu verantworten hast.“ Lian hob den rechten Mundwinkel minimal an, sodass es ein winziges, schiefes Lächeln auf seinen Lippen war, das man – mit ein wenig Fantasie – beinahe als schadenfroh hätte interpretieren können, als er die Bombe platzen ließ: „Du hast Recht, ich bin ein Magier. Aber mir scheint, ich bin nicht der einzige Magier in diesem Raum. Evie – ist dir überhaupt bewusst, dass du Magie beherrschst?“

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyMo 30 Jan 2023 - 22:16

Off: Wiedersehen macht Freude
10. Post
@Lian


Evie wollte nicht glauben, dass alles was sie getan hatte, wirklich umsonst gewesen war. Ihre Hoffnung auf die Rückkehr des Falls sollte vor ihr in Trümmern liegen. Nein, dass durfte einfach nicht sein. Und dann sollte sie auch noch selbst schuld daran sein? Weil sie auf eine Täuschung reingefallen war? Das sollte wirklich das Ende dieser Geschichte sein? Sie hatte doch Lian nach all der langen Zeit wiedergefunden und einen genauen Plan für die weiteren Wochen ausgeheckt. Aber nichts davon würde eintreffen, wenn sie Lian nicht mit ihr nach Hause kehren würde. Es war einfach, die Schuld bei jemand anderem Suchen, der diese Pläne zerstörte. Voller Verzweiflung warf Evie mit Worten um sich, die sie bei genauerem Überlegen womöglich nicht einmal ernst meinen würde. Und dennoch waren sie ausgesprochen und verletzten Lian ohne das er sich das groß anmerken ließ. Selbst wenn, hätte es Evie in diesem Moment kaum mitbekommen. Sie redete sich in Rage, wollte am liebsten aus dem Warenhaus stürmen, gleichsam Lian zum Teufel jagen, wie ihn mit nach Hause nehmen. Vermutlich wäre sie an irgendeinem Punkt auch fort gerannt, hätte Lian sie nicht am Handgelenk gefasst und sie in das Hinterzimmer gezerrt. Hier hatte sie deutlich weniger Fluchtmöglichkeiten, redete sich jedoch nur noch mehr in Rage. Denn ja, es war einfach die Schuld bei jemand anderem zu suchen und so nicht der Wahrheit ins Auge zu blicken. Die Wahrheit, dass sie ihre einzige Chance vertan hatte, Lian wieder nach Hause zu holen. Dass sie vor ihren Geschwistern mit leeren Händen dastehen würde. Dass sie sich anhören durfte, dass sie es ihr ja gesagt hätten.

„Scheiße, Evie, hörst du mir eigentlich zu?! Er ist ein Verräter... ein Magier!“


Jemand zerrte an ihren Schultern und schüttelte ihren schwachen Körper ordentlich durch. Evies Leib zitterte, gefangen in einer Erinnerung, hervorgerufen durch Lians Worte, die sich wie ein Echo in ihrem Kopf in leicht veränderter Form spiegelten. Sie hatte Levis erzürnte Stimme gehört. An diesem Abend war Levi zurückgekehrt und hatte ihnen allen offenbart, was keiner von ihnen hatte glauben wollen. Derjenige, der in das Gefängnis gebracht hatte, sollte ihr Kindheitsfreund Lian gewesen sein. Evie hatte Partei für ihn ergriffen und Levi war irgendwann der Kragen geplatzt. Seine Wut war die gleiche gewesen, die jetzt auch in Lian hoch gekocht war. Mit Tränen, Erschöpfung und Angst in den Augen sah Evie hoch zu Lian, dessen Gesicht mit dem von Levi verschmolz, so wie es auch die beiden Situationen miteinander taten. Ähnlich wie bei einem Deja-vue war sie gefangen zwischen Realität und Imagination. Evie sagte nichts auf die Anschuldigung des Falls, denn ihr fehlte die Kraft dazu. Als er sie wieder los ließ, sackte sie zurück auf die Couch und wand den Blick von Lian ab. Mit einer Hand wischte sie sich die Tränen aus ihrem Gesicht. Es war nicht so, dass die Kinder sie nie hatten weinen sehen, schließlich war sie schon immer die Sensible gewesen. Dennoch war das Bild was sie gerade abgab nicht gerade das Bild, was sie einem anderen von sich zeigen wollte. Dem Bedürfnis nach Schutz nachkommend, zog Evie die Beine an ihren Körper und schlank ihre Arme darum. Doch auch diese Gestik konnte sie nicht von der Wahrheit trennen. Sie hatte ihre Hoffnung auf eine heile Familie zerstört. Sie hatte versagt und von ihrer guten Laune von zu vor war nicht mal ein Schatten übrig. Ihre Augen blickten auf den Stoff des in die Jahre gekommenen Sofas. Alles war besser als in dieses verdammte Gesicht zu schauen. Sie könnte einfach behaupten, dass alles nur ein böser Traum gewesen wäre. Aber in Wahrheit... kannte sie die Wahrheit und sie würde diese nicht vergessen können.

„Du hast Recht, ich bin ein Magier. Und vermutlich bin ich auch ein Verräter.“

Plötzlich wurde die unangenehme Stille zwischen ihnen gebrochen. Evie hatte sich gewünscht, dass Lian einfach abhauen würde, aber ein Teil von ihr war trotzdem froh, dass er geblieben war. Sie blickte zu ihm auf und erinnerte sich erneut an Levis Worte. Worte, die sie ihm heute schon mehrmals an den Kopf geworfen hatte. Reue zeigte sich in ihren Augen und die Frage, ob es wirklich richtig gewesen war, Lian so zu bezeichnen. Einst hatte sie ihn mit ganzem Herzblut verteidigt und plötzlich überkam sie der Drang Lian zu sagen, dass sie nie daran geglaubt hatte, dass er ein Verräter war, dass er sie alle im Stich gelassen hatte. Und doch gab er es in gewisser Weise selbst zu. Hieß das, dass Levi wirklich recht damit hatte? „Lian... ich...“ murmelte sie leise, doch sie bekam keine weiteren Worte über ihre Lippen und so schwieg sie erneut über ihre Gefühle, die für sie selbst ein großes Rätsel darstellten. All das hier war verwirrend. Lian sprach weiter und redete plötzlich von Konsequenzen. Konsequenzen wofür? Für alles, was sie ihm heute gewollt oder ungewollt, bedacht oder unbedacht an den Kopf geworfen hatte? Ein fragender Ausdruck stahl sich auf ihr Gesicht, gemischt mit der Sorge, dass Levi recht haben könnte, Lian würde nicht zögern auch andere Mitglieder der Wüstenfüchse auszuliefern. Würden gleich die Wächter in Castillianes Laden stürmen? Hatte sie alle durch ihr egoistisches Handeln in Gefahr gebracht? Selbstzweifel begannen wieder die Oberhand in ihrem Inneren zu gewinnen als Lian weitersprach. Seine Worte waren schneidend kalt und fühlten sich an wie ein Messer, welches ihr immer enger an die Kehle gedrückt wurde ohne das sie die Kraft dazu aufbringen konnte ihn von sich wegzudrücken. Erst als Lian Evies Gedanken an Levis Worte ansprach, von welchen er nichts wissen konnte, sah Evie plötzlich zu dem Falls wieder auf und in ihrem Gesicht zeigte sich Unverständnis. All das war doch in ihrem Kopf gewesen. Konnte Lian Gedanken lesen? Evies Reaktion musste genug Antwort für den Falls gewesen sein, denn er schien das als Bestätigung seiner Worte zu nehmen und fuhr fort. Erneut schien er ihre Gedanken zu erraten, doch dieses Mal um ihr zu verneinen, dass er ihre Gedanken magisch ausspioniert hatte. Aber wie sollte es dann anders möglich sein? Noch mehr Unverständnis zeigte sich auf dem Gesicht der Meadows als Lian davon sprach, dass sie, ebenso für die Niederlage bei der Wette, selbst dafür verantwortlich sein sollte. „Und wie genau soll ich das gemacht haben?“ fragte sie mit schwacher Stimme ratlos und beim Anblick von Lians schadenfreudigem Grinsen erstickte ihre Stimme schließlich wieder.
Und dann ließ Lian die Bombe platzen. Evie sollte eine Magierin sein? Es konnte jetzt schon kaum mehr Unverständnis im Gesicht der Meadows erblickt werden, aber nun sah sie Lian völlig entgeistert an. Das dauerte ein paar Sekunden, bevor sie bemüht war ihre Fassung wiederzufinden und das ganze abzutun. „Nein. Ich bin keine Magierin. Ich bin ein Mitglied der Wüstenfüchse.“ Und genau darin schien das Problem zu sein. Sie wollte keine Magierin sein. Magier waren Feinde. Magier waren Verräter. „Du irrst dich Lian. Ich hab muss nur laut gedacht haben.“ Anders durfte es auf keinen Fall sein. Panik stieg in Evie hoch und sie begann schneller zu atmen. Was wenn das wahr war? Was wenn sie wirklich eine Magierin war? Dann konnte sie nicht mehr zurück. Dann würde sie das letzte bisschen an Familie verlieren was sie noch hatte. Ihre Atmung beschleunigte sich immer schneller und sie drückte erneut ihre Hände gegen die Schläfen. Das war nicht richtig. Das durfte nicht sein. Lian musste falsch liegen. „Ich will doch... nur eine Familie.“ brachte sie panisch hervor und krallte sich in ihre pinken Haarsträhnen. „Warum wird sie mir immer weg genommen?!“ Erneut waren es die Schreie ihrer Eltern, die sie in ihrem Kopf hörte, und die sich mit Levis Beschimpfungen und Lians wutentbrannten Augen und seiner Ablehnung vermischten. Verschiedene Erinnerungen traten in ihr Bewusstsein, die ein neues Bild ergaben, wie eine Quintessenz aus allen Momenten in denen sie den Verlust ihrer Familie am deutlichsten gespürt hatte. Gefühle, die Evie in ihrer Panik gefangen hielten. Sie durfte einfach keine Magierin sein!



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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySa 11 Feb 2023 - 15:37

Evie und Lian hatten mehr Gemeinsamkeiten, als ihnen beiden in diesem Augenblick bewusst war. Sie beide tendierten dazu, andere zu verletzen, sobald sie sich in die Enge gedrängt fühlten – ganz gleich, ob sie das bewusst oder unbewusst taten. Jetzt gerade war es die Maedows, die austeilte, die zumindest verbal um sich schlug und dabei den einen oder anderen Treffer bei Lian landete, der es wirklich in sich hatte. Sie bezichtigte ihn mehrfach als Verräter, so oft, dass der Braunhaarige selbst davon überzeugt war, dass sie die Wahrheit sprach… was die Selbstwahrnehmung des 20-Jährigen nicht gerade verbesserte. Sie machte ihm Vorwürfe, gab ihm die Schuld für alles Unglück, das ihr wiederfahren war und das war ein verdammt schwerer Ballast, den die Pinkhaarige hier auf dem Bogenschützen ablud. Ein Ballast, den der Falls kaum alleine halten konnte, ohne darunter begraben zu werden. Die Hände des Illusionisten zitterten und er schluckte, um Beherrschung ringend, was alles andere als einfach war. So wie Evie es gerade tat, wollte auch Lian austeilen, wollte all den Frust von sich werfen, anstatt ihn weiter aushalten zu müssen. Es schnürte ihm förmlich die Luft ab.

Aber… er durfte die Beherrschung nicht verlieren. Und wenn es nur zuliebe seiner kleinen Schwester geschah, denn irgendwie war Evie das immer noch für ihn.

Anders als die anderen Straßenkinder hatte die Pinkhaarige nie ein Geheimnis aus ihrer Sensibilität gemacht. Sie hatte oft geweint, war vor schrecklichen Situationen geflohen und hatte sich irgendwann verkrochen, als sich blindlings in eine Konfrontation zu stürzen. Lian hatte sie immer verstehen können – denn oft genug hatte er selbst ganz ähnliche Gefühle in sich hochkochen spüren, sie aber anders als Evie immer unterdrückt, sie sich nicht anmerken lassen, um keine Angriffsfläche zu bieten. Der Falls hatte immer versucht, jemand anderes zu sein, als er wohlmöglich tief in seinem Inneren wäre. Wann immer er die Meadows also weinen gesehen hatte, war es eine Mischung aus Mitleid und Bewunderung gewesen, die Lian verspürt hatte. Mitleid, weil es ihr schlecht ging. Und Bewunderung, weil sie es trotz allem nach außen hin zeigen konnte, anstatt es in den tiefen ihrer Seele zu begraben. Es war eine ganz eigene Form der Stärke, von der sich so manch ein Straßenkind eine Scheibe hätte abschneiden können, wenngleich man es auf den ersten Blick nicht zu glauben vermochte. Aufmerksam lagen die hellgrünen Augen auf Evie, die auf die Couch zurückgesackt war, die Beine angewinkelt und mit den Armen umschlossen. Sie machte sich so klein, wie sie nur konnte. Nicht nur sah Lian, dass es der jungen Frau schlecht ging… er spürte es auch. Wie eine unaufhaltsame Welle schwappte es zum Falls herüber, eine Mischung auf Frustration, Verzweiflung und Angst, die auch ihn von den Füßen zu holen drohte. Aber die Sphynx stemmte sich mit aller Macht dagegen – das waren nicht seine Gefühle. Es waren jene von Evie und wenn er ihr helfen wollte, dann durfte er sich von ihnen nicht mitreißen lassen. Der 20-Jährige atmete tief durch und ballte die Hände zu Fäusten. Hatte er sich eigentlich jemals in seinem Leben so erwachsen verhalten?

Das Unverständnis, das sich nach der Offenbarung in dem Gesicht Evies zeigte, hatte schon beinahe etwas Witziges. Dennoch schwieg Lian und ließ ihr alle Zeit, die sie brauchte, um die Worte zu verarbeiten. Als sie abstritt, eine Magierin zu sein, fühlte sich der Falls an sich selbst vor einigen Jahren erinnert. Wie lange hatte er selbst damit gekämpft, magische Fähigkeiten zu besitzen? Als sie sich das erste Mal bemerkbar gemacht hatten, hatte er die Ereignisse als Zufall abgetan. Als es immer häufiger geschehen war, hatte er versucht, es zu ignorieren. Er hatte Angst gehabt, Panik in dem Gedanken an seine Familie, seine Mutter, seinen Onkel und auch die Diebesbande. Jahrelang hatte Lian das Geheimnis um seine magische Begabung für sich behalten, hatte mit niemandem darüber gesprochen, in der Hoffnung, der Realität damit irgendwie entfliehen zu können. Aber all das hatte ihn nicht vor der Wahrheit gerettet. Genauso wenig, wie es die Meadows davor retten würde. Es war ein erbarmungswürdiger Anblick, den Evie ihm hier bot. Wie sie sich noch mehr zusammenkauerte, wie sie die Hände in den pinken Haarsträhnen verkrampfte und wiederholte, dass sie nicht mehr als eine heile Familie haben wollte. Ich kann dich so gut nachvollziehen, Evie, dachte sich Lian und schluckte, denn die Emotionen, die er aufsog, waren noch um ein Vielfaches heftiger geworden. Er ahnte, woran die junge Frau dachte, an all die dunklen Momente ihrer Vergangenheit, an die sie sich vermutlich gerade erinnerte. Es gab kein Straßenkind, das ein einfaches Leben hinter sich hatte – sie alle trugen ihr eigenes Päckchen. Und manchmal schien man unter der Last des Päckchens einfach zusammenzubrechen. Lian schloss die Augen, beruhigte seinen eigenen, stark beschleunigten Herzschlag… und hob die Lider dann wieder an.

Evie würde eine Hand spüren, die sich auf ihre Schulter legte – anders als zuvor verkrampften sich die Finger allerdings nicht, sie rüttelten auch nicht. Es war mehr eine sanfte Berührung zwischen ihnen, die zeigen sollte, dass sich Lian mit der Pinkhaarigen immer noch verbunden fühlte. Ob es eine Geste war, die auch entsprechend bei der jungen Frau ankam und ihr ein wenig Halt bot? „Evie, hör mir zu“, sprach Lian, ruhig und gemäßigt. Er hatte sich direkt vor der Meadows, die immer noch auf der Couch saß, in die Hocke begeben, damit sie miteinander auf Augenhöhe waren. Erst in dem Moment, als er direkt in die pinken, verweinten Seelenspiegel seiner kleinen Schwester blicken konnte, fuhr er fort: „Ich verstehe, wie du dich gerade fühlst. Ob du es glaubst oder nicht: Ich habe auch lange versucht, meine Magiebegabung zu ignorieren, sie zu verdrängen. Aber ich kann dir aus Erfahrung sagen: Das funktioniert nicht. Sie ist da und solange du dich nicht mir ihr auseinandersetzt, gehst du irgendwann an ihr zugrunde.“ Auch eine Sache, die der Falls mittlerweile wusste: Kaum etwas war gefährlicher als unkontrollierte Magie. Nicht nur für die Umwelt, sondern auch für sich selbst. „Du hast Kopfschmerzen, oder? Du fühlst dich erschöpft, vermutlich gibt es Tage, an denen du dich kaum noch bewegen kannst. Das kommt von deiner unkontrollierten Magieanwendung – ich habe das alles selbst erlebt. Und ehrlich gesagt… geht’s mir auch heute noch immer wieder so.“ Wie war das nochmal mit der Emotional Magic? Es war besser geworden, keine Frage, aber von einer perfekten Anwendung war Lian noch sehr weit entfernt. Wie lange hatte er sich mit schlaflosen Nächten herumschlagen müssen, hatte sich teilweise betäubt, nur um seinen dröhnenden Schädel zu übertönen. „Evie, du musst dich mit dieser Magie auseinandersetzen, du musst lernen, sie zu kontrollieren. Du…“ Lian stoppte in seinen Worten, rang kurz mit sich, denn es war gar nicht so einfach zu kommunizieren, was er gerade sagen wollte. Aber es war wichtig, wenn er Evie helfen wollte, also riss er sich zusammen und sah ihr direkt in die Augen. „Evie, du bist für mich immer noch meine kleine Schwester, hörst du? Deshalb möchte ich, dass du diese Magie beherrschst, anstatt unter ihr zu leiden. Wenn wir das nicht angehen, wird es nur schlimmer werden und ich weiß nicht, worin es enden könnte. Ich… ich möchte dir dabei helfen. Du musst mir nur die Chance dazu geben.“ Ob es reichte, um ihr Gehör zu erlangen? Lian brauchte das Vertrauen der Pinkhaarigen, sie musste sich beruhigen, bevor er ihr erklären konnte, wie er gedachte, seiner kleinen Schwester zu helfen. Denn das… würde vermutlich den nächsten Schock in ihr auslösen, daran hatte der 20-Jährige gar keine Zweifel.

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySo 19 Feb 2023 - 9:41

Off: Wiedersehen macht Freude
11. Post
@Lian


Evie durfte keine Magierin sein. Denn wenn sie tatsächlich eine Magierin wäre, würde sich alles ändern. Sie hätte dann nicht nur Lian verloren, sie würde auch den Rest der Wüstenfuchsbande verlieren. Wer würde sie schon noch in ihrem Hauptquartier dulden, wenn sie herausfanden, dass Evie eine Magierin war? Man würde sie sicher verstoßen und sie würde erneut alleine auf der Straße sitzen. Wo sollte sie dann hin? Das durfte einfach nicht passieren. Sie wollte wenigstens das bisschen Familie behalten, was ihr noch geblieben war. Eine Magierin zu sein, erschien ihr in diesem Moment schlimmer als Eliat nicht retten zu können und Lian erneut verloren zu haben. War es egoistisch, wenigstens den kleinen Anteil einer Familie eisern festhalten zu wollen? Nein, es war wohl vielmehr der Wunsch eines Kindes, das viel zu schnell mit der harten Realität der Welt konfrontiert worden war.

Erneut spürte sie dumpf wie sich eine Hand auf ihre Schulter legte. In all den aufgewühlten Emotionen, hatte sie etwas beruhigendes als würde sie einem Halt und Sicherheit in diesem Moment geben. Da war jemand, der noch bei ihr war. Es reichte nicht, um sie aus ihrem Gefühlschaos zu befreien. Aber es reichte, um die Hände zu senken und ihren Blick zu heben. Lian war noch immer da. Eine Erkenntnis, die sie irgendwie überraschte. Vielleicht, weil sie sich gewünscht hatte, dass er einfach verschwinden würde und sie tun könnte als hätte sie ihn nie getroffen. Vielleicht, weil sie geglaubt hatte, dass er einfach so wieder gehen würde, heimlich, wie damals. Und auch wenn sie bis eben wirklich gewollt hatte, dass er ging und es irgendwie noch immer wollte, war ein großer Teil von ihr froh, dass er noch da war. Sie hätte es noch weniger geschafft, die Neuigkeiten zu verarbeiten, wenn er einfach weg wäre. Sicher sie hätte behaupten können, dass es nur ein Albtraum war. Aber eine Begegnung zu leugnen und die Offenbarung eine Magierin zu sein, waren zwei Dinge. Bei letzterem wären die täglich Zweifel geblieben, welche sie womöglich in den Wahnsinn getrieben hätten.
Als Lian sie ansprach und bat ihm zuzuhören, wischte sie sich mit dem Handrücken ihre Tränen fort. Ihr Kopf war voll mit Gedanken aller Art. Wie sollte sie eigentlich in diesem Zustand gut zuhören? Wollte sie eigentlich hören, was er zu sagen hatte? Würde es ihr womöglich nur noch mehr Kummer bringen? Doch dieser Lian vor hier, hatte plötzlich kein Grinsen mehr auf dem Gesicht und sprach mit ruhiger Stimme. Er hatte sich sogar vor ihr hingehockt, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. So kannte sie ihren großen Bruder nicht. Es war wie eine andere Aura, die ihn umgab. Fast schon befremdlich trotz der gewissen Vertrautheit. Dieses Gefühl wurde nicht besser als Lian plötzlich davon sprach, dass er ihre Gefühle verstehen konnte. Wann hatte man Lian jemals angesehen, dass er verzweifelt oder traurig war? Sie war doch stets die Einzige von ihnen gewesen, die als „sensibel“ gegolten hatte. Die anderen Kinder hatten nur selten ihre Gefühle einander wirklich offenbart. Das war wohl auch besser so. Immerhin, waren Gefühle gefährlich, die boten eine große Angriffsfläche. Zögerlich nickte sie immer wieder als Lian in rhetorischen Fragen verpackt, beschrieb wie genau sich Evie fühlte. Das war eine ziemlich gute Zusammenfassung. Wie oft hatte sie sich schon gefühlt als würde ihr Kopf explodieren, von all dem was sie erlebte. Vor allem dann, hatte sie sich stets sehr erschöpft gefühlt, manchmal so stark wie jetzt gerade. Dann konnte sie sich vor Erschöpfung, aber oft auch vor Eindrücken kaum noch bewegen. Manchmal hatte sie es besser, mal schlechter irgendwie kontrollieren können, um der Bande bei ihren Diebstählen zu helfen. Sie alle hatten es abgetan. Sie hatte eben ein sehr gutes Gedächtnis (manchmal) und sie war eben sensibel. Das gab es doch. Doch jetzt sollte alles in unkontrollierter Magieanwendung liegen. „Dir geht es auch so?“ fragte sie und diese Worte lösten in Evie die Erkenntnis aus, das doch etwas Wahrheit in Lians Worten liegen könnte. Obgleich der größte Teil in ihr noch immer an seinen Worten zweifelte, begann ein kleiner Teil daran sich mit dem Fakt auseinander zu setzen, eine Magierin zu sein. „Ich möchte keine Magierin sein, Lian.“ sprach Evie plötzlich aus und wischte sich über die Augen, die erneut begannen sich mit Tränen zu füllen, obgleich dieser wagen Erkenntnis. Vielleicht wusste Lian Rat, vielleicht konnte alles wieder in Ordnung kommen, vielleicht könnte man ihr die Magie einfach wegnehmen.
Lian wusste Rat, aber sicher keiner, den Evie sich gewünscht hatte. Sie sollte sich mit ihrer Magier auseinandersetzen und sie lernen zu kontrollieren. Lian stockte und Evie schüttelte in dieser Pause heftig den Kopf. „Nein...“ murmelte sie immer wieder. Das wollte sie nicht, dann wäre sie doch wirklich eine Magierin! Dann wäre alles fort. Oder? Lians Stimme riss sie aus den Gedanken als er weitersprach und er direkt in ihre Augen sah. Stumme Tränen liefen aus Evies Augen, in denen sich Verzweiflung und Angst vor der Zukunft zeigten. Als Lian plötzlich jedoch sagte, dass Evie wie eine kleine Schwester für ihn war, kamen Skepsis, jedoch auch Glück mit in die Mischung. Nach allem was sie heute für Worte ausgetauscht hatten, war sie noch immer seine kleine Schwester? Evie dachte daran, wie Lian sie im Park beschützt hatte. Der Hauch eines zaghaften Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und erneut wischte sie sich über die Augen. War also doch nicht alles verloren? Lian sah sie immerhin noch als kleine Schwester. „Ist-Ist das die Wahrheit?“ fragte sie ängstlich und befürchtete nur wieder auf eine Täuschungs des Magiers hereinzufallen. Vielleicht sagte er das ja nur, um zu bekommen was er wollte.
Lian wollte ihr tatsächlich helfen, wenn Evie ihm dazu die Chance gab. Wollte sie das? Immerhin würde das bedeuten, dass sie akzeptierte eine Magierin zu sein. Es würde womöglich bedeuten, ihr altes Leben, ihre Familie hinter sich zu lassen und noch einmal neu anzufangen. Zumindest bis sie es kontrollieren könnte. Ansonsten würde etwas passieren, unklar was, aber wohl nichts angenehmes. Vielleicht, und sie wusste, dass das sehr illusorisch war, könnte sie auch tatsächlich eine Magierin werden, um dann zu den Wüstenfüchsen zurückzukehren und helfen Eliat zu befreien? Und wenn sie wirklich diese Magie kontrollieren könnte, würden dann auch die Kopfschmerzen verschwinden? Die Phasen voller Erschöpfung? Würde sie kontrollieren können, was sie sich merkte und was nicht? Evie zögerte, doch schließlich hielt sie Lian die Hand hin. Vielleicht war es dumm, jemanden der seinen besten Freund verraten und einen gar nicht hatte wollen, wieder und wieder zu vertrauen, aber... er war ihr großer Bruder oder? Er schien sich wirklich um sie zu sorgen. Vielleicht war es dumm, aber was konnte jetzt noch schlimmeres passieren? Sie hatte doch schon alles verloren.


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptySa 25 Feb 2023 - 12:47

Lian konnte es in den pinken Seelenspiegeln der Meadows ablesen: Einerseits der Wunsch, dass er verschwinden sollte und mit ihm all die Aussagen, die getätigt worden waren. In der Hoffnung, dass Evie der Wahrheit dadurch entfliehen konnte und einfach dort weitermachte, wo sie zuletzt aufgehört hatte. Und gleichzeitig die stumme Bitte, dass der Falls bei ihr blieb, dass er ihr in diesem Moment der Unsicherheit und Angst vor der ungewissen Zukunft einen gewissen Halt bot. Der 20-Jährige konnte auch diesen Kampf im Inneren seiner kleinen Schwester nachvollziehen – so war es ihm damals auch ergangen, als er herausgefunden hatte, dass er ein Magier war. In den ersten Tagen, nachdem er vor der Wahrheit nicht mehr hatte entkommen können, hatte sich der damals noch deutlich jüngere Lockenkopf vor anderen Menschen zurückgezogen, hatte versucht, all das mit sich alleine auszumachen. Aber eigentlich… eigentlich hätte er viel eher jemanden gebraucht, der an seiner Seite gewesen wäre, dem er sich hätte anvertrauen können, ohne die Sorge zu haben, dafür verstoßen zu werden. Und deshalb blieb Lian bei der Jüngeren, hielt das Schweigen und auch die dicken Tränen, die aus den Augenwinkeln der Meadows traten, stumm aus, ohne die Hand von ihrer Schulter zu nehmen. Wenn sie Zeit brauchte, dann sollte sie diese Zeit bekommen. Lian jedenfalls hatte nicht vor, zu gehen, solange Evie ihn nicht eindeutig fortschickte.

Und das tat sie nicht.

Auf ihre Frage, ob es ihm tatsächlich auch so ging wie ihr – ob er sich mit Erschöpfung und Kopfschmerzen herumschlagen musste – nickte der Dieb. Und auch wenn er ihre zweite Aussage nicht direkt kommentierte, musste er doch gedanklich ergänzen: Ich wollte auch nie ein Magier sein. Aber das Schicksal richtete sich nicht danach, was man wollte oder nicht. Es gab so viele Leute in Fiore, die ihn und auch Evie um ihre Fähigkeiten beneidet hätten, die alles in Bewegung gesetzt hätten, wenn sie dadurch zu dem auserwählten Kreis der Magierinnen und Magier hätten zählen können. Denn auch, wenn man es als Gildenmitglied manchmal vergaß: Es war nur ein Bruchteil der Gesellschaft, der die Veranlagung besaß, Mana zu kontrollieren und es gezielt einzusetzen. Dem Großteil der Menschscheit blieb dieser Teil der Welt gänzlich unbekannt, sie nahmen das Mana, das durch die Welt floss, nicht einmal selbst wahr. Höchstens Maschinen, durch das sagenumwobene Mana betrieben, boten ihnen die Möglichkeit, die Energien dieser Welt zu bemerken. Warum also hatte das Schicksal also ausgerechnet Evie und Lian die Fähigkeiten zur Magie gegeben? Zwei der wenigen Menschen, die so wenig wie möglich damit hatten zu tun haben wollen? Der Falls wusste es nicht. Nur eine Sache war ihm klar: Ändern konnten sie es beide nicht, ganz gleich, wie oft Evie betonte, dass sie das alles nicht hören wollte. Ob es die Wahrheit war, dass er die Meadows immer noch als kleine Schwester sah, dass er ihr helfen wollte, ihre Magie zu kontrollieren? Es überraschte Lian selbst, als er ohne jedes Zögern nickte und im ernsten Tonfall erwiderte: „Es ist die Wahrheit, Evie.“ Als die junge Frau am heutigen Morgen vor dem Gildenpalast erschienen war, hatte Lian sie zuerst nicht erkannt. Als sie ihre Identität schließlich offenbart hatte, hatte er sie wegschicken wollen – zum Einen, um sie zu schützen, aber auch, weil er mit ihr so viele Erinnerungen an eine Vergangenheit verband, zu der er nicht mehr zurückkehren konnte. Weil sie ihn kontinuierlich daran erinnerte, dass er Levi und damit alle Freunde, die er damals gehabt hatte, verraten hatte. Doch schon im Oasis Park, als Evie von diesem Glatzkopf in die Enge getrieben worden war, hatte der Falls gespürt, dass er sich der jungen Frau immer noch verbunden fühlte – dass sie für ihn ein Teil einer Familie war, die er sich früher immer gewünscht hatte. Auch deshalb war er bereit gewesen, für den Sieg in dieser Wette alles aufs Spiel zu setzen, zu riskieren, dass er von anderen Gildenmagiern bei den Diebstählen erwischt und die Konsequenzen für dieses Verhalten zu spüren bekommen würde: Evie war ihm wichtig. Und das war der einzige Weg, den er wusste, um ihr zu helfen – einen Weg, den er verfolgen musste, ganz gleich, was es womöglich kostete. Als sie ihm schließlich die Hand hinhielt und ihm damit offenbarte, dass sie gewillt war, ihm zu vertrauen – trotz allem, was sie über ihn gehört hatte, was andere über ihn sagten – fiel ein tonnenschweres Gewicht von den Schultern des jungen Mannes. Lian war erleichtert, erfreut und euphorisch. So euphorisch, dass er sich selbst vergaß, die Hand der Meadows ergriff und sie eng an sich zog, bis er sie umarmte. Etwas, das Lian früher nie getan hätte, allem voran nicht, wenn andere Leute ihn hätten beobachten können. Und doch war es etwas, das der Falls sich damals für sich selbst in diesen Momenten der Unsicherheit gewünscht hätte – jemand, der ihn einfach in den Arm nahm, um zu verdeutlichen, dass er mit all diesen Emotionen nicht alleine war. Lian hatte so etwas damals nicht gehabt. Hatte er sich deshalb gerade beim Anblick von Evie davon mitreißen lassen? „Danke für dein Vertrauen“, flüsterte er, die Augen geschlossen und die junge Frau immer noch in der Umarmung haltend. „Ich meins ernst. Wir kriegen das hin.“ Ein bisschen wirkte die die Zeit entrückt, hier im Hinterzimmer von Castillianes Laden, irgendwo im Untergrund Aloe Towns. Daher wusste der Falls auch nicht, wie lange er so mit Evie im Raum stand, bis er realisierte, wie sehr er sich von dem Moment hatte mitreißen lassen. Von der Erkenntnis, das Vertrauen seiner kleinen Schwester doch zurückgewonnen zu haben – ein Teil seiner früheren Familie. Die Umarmung löste sich, Lian trat einen Schritt zurück und er räusperte sich, um wieder zu Sinnen zu kommen. Immerhin schien Evie sich beruhigt zu haben, die Panik und Sorge standen ihr nicht mehr deutlich ins Gesicht geschrieben. Das war gut – denn natürlich gab es noch ein paar Details, die sie klären mussten. Sie vertraute ihm und er hatte ihr gesagt, dass er ihr helfen wollte. Jetzt ging es nur noch darum, wie diese Hilfe aussah. Lian wandte sich wieder an seine kleine Schwester und breitete die Arme aus. „Es gibt nur einen Weg, um zu lernen, deine Magie zu kontrollieren.“ Und irgendwie glaubte er, dass die Pinkhaarige sich schon denken konnte, worauf das alles hier hinauslief. Sie war vieles, aber sicher nicht auf den Kopf gefallen. „Solange du deine Magie nicht kontrollierst, bist du eine Gefahr für dich und für deine Umwelt. Auch für die Wüstenfüchse.“ Lian atmete tief durch, dann suchten seine hellgrünen Seelenspiegel den direkten Blickkontakt mit der jungen Frau und er ergänzte mit Nachdruck: „Der Preis für die verlorene Wette: Evie, tritt der Gilde Crimson Sphynx bei. Werde eine Gildenmagierin – zumindest solange, bis du deine Magie kontrollieren kannst.“ Lian wusste, dass es viel war, was er von der Meadows verlangte – gleichzeitig hoffte er, dass das Vertrauen ihm gegenüber ausreichte, dass sie gewillt war, auch hierauf einzugehen. Sie würde die Wüstenfüchse verlassen müssen, sowohl für sich selbst, als auch für ihre Freunde. Denn Crimson Sphynx ging nicht zimperlich mit Dieben um, das wussten sie beide allzu gut. Sie durften nicht miteinander in Verbindung gebracht werden. „Solange du in der Gilde unterwegs bist, darf niemand etwas über unsere Vergangenheit als Diebe wissen. Evie, ich vertraue dir, dass du das für ich behältst. Und dass du dich von anderen Magiern bei keinen Diebstählen erwischen lässt.“ Eigentlich hatte er der jungen Frau sagen wollen, dass sie als Magierin überhaupt nicht stehlen dürfte, aber ganz ehrlich? Lian war das beste Beispiel dafür, dass man alte Gewohnheiten nicht einfach so ablegen konnte. Das zu verlangen, wäre unrealistisch gewesen, doch zumindest auf die notwendige Diskretion konnte Lian hoffen.

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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyMi 8 März 2023 - 17:21

Off: Wiedersehen macht Freude
12. Post
@Lian


Es konnte kaum mehr Wahrheit in einem Satz stecken, als in dem, den Evie Lian entgegen hauchte. Sie wollte keine Magierin sein. Und sollte sie es wirklich sein, so wollte sie sich dieser Wahrheit nicht stellen. Sie wollte sich nicht den Veränderungen stellen, diese Wahrheit mit sich bringen würde. In ihren Ohren schallte die Erinnerung einer zerbrechenden Vase. Sie stand symbolisch für die Bande, die zerbrechen würde, sobald sie diese Wahrheit akzeptierte. Und für all jene Bande, die e bereits zerbrochen waren. Eigentlich auch für sich selbst. Evie fühlte sich gerade selbst wie ein Scherbenhaufen, der einst noch versucht worden war, wieder zusammen zu flicken, nur um dann erneut zu zerbrechen. Das einzige Weg aus diesem Scherbenchaos schien Lian zu sein. Er wollte ihr eine helfende Hand reichen und sie als kleine Schwester beschützen. Er wollte sie vor sich selbst beschützen oder vielmehr vor der Magie in ihrem Inneren. Unkontrolliert würde sie Evie früher oder später zerstören. Doch Lians Hilfe anzunehmen, bedeutete seinen Worten zu glauben. Worte, die dieses Scherbenchaos erst mit ausgelöst hatten und nach große Bedeutung in der Zukunft haben würden.

Trotz allem streckte Evie die Hand nach Lian aus.

Plötzlich wurde Evies Hand ergriffen und die junge Dame von ihren Füßen in eine Umarmung gerissen. Für einen Moment, wusste Evie nicht wie ihr geschah als sich Lians Hände um ihren Körper schlangen und er sie fest umarmte. War das wirklich Lian vor ihr? Doch Evie dachte kein zweites Mal darüber nach und handelte instinktiv. Sie schlang ihre Arme seinerseits um seinen Körper und vergrub die Hände in sein Oberteil. Ihre Stirn lehnte an seinem Oberkörper. Sie hatte ihren Bruder wieder. Blinde Euphorie durchströmte sie bei diesem Gedanken. Blind für den Preis, den sie dafür bezahlen würde müssen. Und noch mehr Gefühle kamen in der Meadows hoch. Sicherheit, Geborgenheit, die die Einsamkeit und Angst zurückdrängten und Tränen trockneten. Lians Worte bestärkten diese Gefühle. Sie waren ein Versprechen. Sie hatte es schon einmal gehört. Vor langer Zeit von Eliat als er sie von der Straße geholt und ihr ein Neues Leben gegeben hatte. Ein Versprecher, das schwer wog. Und trotzdem hatte sie großes Vertrauen in Lian, auch wenn sie das wohl nicht haben sollte. Niemand mit Verstand und ihrer Vergangenheit hätte es wohl. Doch Evie war Evie. Ein Mädchen, so sensibel, so naiv zu weilen, dass ein jeder sich fragte, wie sie im Untergrund hatte überleben können. „Danke… großer Bruder.“ Flüsterte Evie zurück, mit einer Stimme, welche immer noch schwach klang. Langsam versiegten ihre Tränen.

Als Lian sich von Evie löste, löste auch das Mädchen ihre Arme und gab den Falls frei. Wie lange sie so gestanden hatten, wusste Evie nicht. Sie wusste nur, dass die Umarmung ihr neue Zuversicht gegeben hatte. Vielleicht würde die Zukunft doch nicht so schwarz sein, wie sie glaubte. Ihr Bruder begann erneut mit dem Reden und sprach davon, dass es nur einen einzigen Weg geben würde, /ihre/ Magie zu kontrollieren. Diese Worte klangen noch immer falsch in Evies Worten. Es würde lange dauern sich daran zu gewöhnen. Sie hing diesem Gedanken noch nach als Lians weitere Worte sich in ihr Herz bohrten. Betreten sah sie auf dem Boden. Immer wieder zog sie ihre Unterlippe zwischen die Zähne und begann auf dieser herum zu kauen. Sie war eine Gefahr? Es war nicht so, als wenn sie bei den Wüstenfüchsen noch willkommen wäre. Als Magierin. Ob sie nun eine Gefahr für sie war oder nicht. Sie war dort nun nicht einmal mehr zu Hause. Vielleicht würde Lian sie in seiner Wohnung unterkommen lassen? Sie brauchte schließlich nicht viel und war sogar schlimmeres als den Boden einer richtigen Wohnung zum Schlafen gewohnt. In diesen Gedanken verloren, blickte sie erschrocken auf als Lian vom Preis der verlorenen Wette redete. Mit aufgerissenen Augen starrte sie den Falls an und konnte nicht glauben was er da sagte. „Das …. Das ist ein Scherz, oder?“ fragte sie mit dem Anflug von Hysterie und begann schneller zu atmen. Sie sollte einer Magiergilde beitreten? Sie sollte DER Magiergilde beitreten die Levi den Wachen übergeben hatten? „Das kannst du nicht von mir verlangen!“ erklärte Evie mit Nachdruck und schüttelte heftig den Kopf. „Nein… Nein!“ wiederholte sie und sie ward gefangen in ihrer Hysterie. „Du … Du hast das doch geplant… Eine Falle… es war eine Falle. Du wolltest mich dem Feind übergeben.“ Ihre vorherigen Glücksgefühle taten sich schwer erneut gegen all die negativen Gefühle ankämpfen zu können. „Ich… Ich habe wirklich gedacht…, dass du mir helfen willst. Ich hab dir vertraut!“ Enttäuschung war in ihrer Stimme zu hören und am Ende ihrer Worte begann Evie erneut zu schluchzen. Nicht nur war sie verurteilt eine Magierin zu sein. Jetzt wurde sie auch noch gezwungen Mitglied einer Gilde zu sein?
Lians weitere Worte nahm Evie gar nicht mehr so recht wahr. Denn was bedeuteten sie schon? Sie wusste doch, dass ihr Leben bei den Wüstenfüchsen vorbei war und sie nicht mehr zurück konnte. Auch wenn sie vor Lian und der Magie weglief, war sie eine Gefahr für ihre Freunde. War es wirklich der einzige Ausweg, dass sie sich ihrem Schicksal ergeben musste und von Lian zu Crimson Sphynx geführt wurde?


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BeitragThema: Re: Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof
Gildenhaus von Crimson Sphynx - Vorhof EmptyDi 14 März 2023 - 13:05

Lian nutzte die Bezeichnung als kleine Schwester, weil es ihm in den Sinn gekommen war, weil er es einfach hatte aussprechen müssen. Doch erst in dem Moment, als Evie das erste Mal an diesem Tage die Worte erwiderte und ihn mit schwacher, zerbrechlicher Stimme ebenso als Bruder titulierte wie einst, als sie beide noch jünger und bei den Wüstenfüchsen gewesen waren, glaubte der Falls zu verstehen, was diese Worte im Inneren der Pinkhaarigen ausgelöst hatten. Lian war froh, erleichtert und vielleicht sogar euphorisch. So wenig wie der 20-Jährige die Rolle eines großen Bruders für seine leibliche Schwester, für seine leibliche Familie, hatte annehmen können, so sehr hatte er jene gemeinsam mit Eliat bei den Wüstenfüchsen übernommen und verinnerlicht. Die Wüstenfüchse waren damals sein Zufluchtsort gewesen, eine Familie, auf die man sich hatte verlassen können. Mit dem Zerbrechen dieser Familie, mit dem Verlassen des Ortes, hatte Lian einen wichtigen Bestandteil von sich selbst verloren. Mit der Rückkehr von Evie und ihren Worten schien dieser Teil zu dem Falls zurückzukehren und erst jetzt spürte der junge Mann mit unerwarteter Heftigkeit, wie wichtig dieser Baustein für ihn gewesen war. Und dass das Loch, das er seit vielen Jahren an dieser Stelle mit sich herumtrug, noch viel schwerer wog, als er es bisher für möglich gehalten hatte. Es war daher nicht verwunderlich, dass sich der Lockenkopf von seinen Gefühlen hatte mitreißen lassen und Evie in eine Umarmung zog, was sonst so gar nicht seinem Stil entsprach. Lian vergaß, wie lange sie so beieinanderstanden, er genoss einfach das gezeigte Vertrauen, ehe sie sich wieder voneinander lösten. Erst in dem Augenblick, als sie den Körperkontakt beendet hatten, kehrte der Verstand der Sphynx zurück und er atmete tief durch, um seiner Gefühle wieder Herr zu werden.

Aber… Evie machte es ihm nicht gerade einfach.

So sehr, wie er sich eben noch darüber gefreut hatte, dass sie ihn einen großen Bruder genannt hatte, dass sie ihm vertraute, obwohl Lian doch selbst allzu oft daran zweifelte, dass er das Vertrauen anderer Menschen überhaupt verdient hatte, so schlimmer trafen ihn die Worte, die die Maedows nun an ihn richtete. Es war nicht nur der entsetzte Gesichtsausdruck und die weit aufgerissenen Augen der Jüngeren, die man als Überraschung hätte abtun können. Nein, die Wortwahl von Evie war mehr als eindeutig: Sie schüttelte heftig den Kopf und bezichtigte ihn, einen Plan ausgeheckt zu haben, dass das alles nur eine Falle wäre, um sie dem Feind zu übergeben. Lian erlaubte seiner kleinen Schwester zu sehen, wie sehr ihre Worte und Vorwürfe ihn trafen, anstatt wie sonst üblich eine Fassade aufzusetzen. Schweigend blickte er Evie entgegen, anstatt sofort zu reagieren, denn tatsächlich fehlten dem Falls die Worte. Er wandte den Blick schlussendlich ab, ging durch den Raum und fuhr sich in einer fahrigen Bewegung durch das lockige Haar. Der 20-Jährige musste mit sich selbst kämpfen. Vertrauen war etwas, worin die beiden ehemaligen Straßenkinder beide gleichermaßen wenig Erfahrung besaßen, sodass es umso schlimmer für den Falls war, gerade in dieser Hinsicht diese Achterbahnfahrt der Gefühle durchzumachen. Zu Beginn dieses Zusammentreffens hatte er Evie von sich stoßen wollen, dann wollte er ihr wieder helfen, er hatte sich mit ihrem puren Misstrauen auseinandergesetzt, um dann scheinbar ihr Vertrauen zu erhalten, ihr einen Blick hinter seine sonst abweisende Fassade zu gewähren, nur um jetzt… um jetzt wieder ihr pures Misstrauen zu ernten? Lian blieb stehen, der Pinkhaarigen den Rücken zugewandt und wurde übermannt von dem Verlangen, diese ganze Aktion einfach abzubrechen. Wie hatte er überhaupt auf die schwachsinnige Idee kommen können, dass das hier richtig war? Dass er hiermit irgendjemanden von ihnen einen Gefallen tat? Sein Mund öffnete sich bereits, mehr aus Trotz als aus wirklichem Entschluss und er wollte alle Vorwürfe einfach bestätigen. Lian wollte auf sich nehmen, dass er das alles nur geplant hätte, dass er sie in eine Falle hätte locken wollen, um sie den Feinden zu übergeben. Sollte Evie es doch denken! Sollte sie es an die Wüstenfüchse weitertragen, damit das ohnehin miserable Bild, das man von Lian hatte, nur nochmal bestätigt wurde. Was anderes erwartete man doch ohnehin nicht von ihm. Aber… was der Braunhaarige dann sagte, war doch etwas anderes: „Ich war es nicht, der dich aufgesucht hat. Du bist zu mir gekommen, direkt vor dem Gildenpalast. Ich habe dich weggeschickt, aber du wolltest nicht gehen. Glaubst du wirklich, dass ich das getan hätte, wenn ich dich den Feinden hätte übergeben wollen? Wäre es nicht viel leichter für mich gewesen, es in diesem Moment einfach zu tun?“ Lian konnte es nicht. Er wollte diese Vorwürfe nicht auf sich nehmen – nicht von Evie. Es traf ihn einfach zu sehr. Der Falls drehte sich herum und sah hinüber zu der Meadows, die auf der anderen Seite des Zimmers stand. Prüfend musterte er sie, als wolle er herausfinden, ob sie wirklich so schlecht von ihm dachte. „Du wolltest, dass ich zu den Wüstenfüchsen zurückkehre und ob du es glaubst oder nicht: Ich hätte mich an mein Wort gehalten. Weder habe ich bei unserem Wettkampf betrogen, noch dich manipuliert. Unsere Ausgangsbasis war die gleiche.“ Auch wenn die junge Frau es nicht anerkennen wollte: Lian war ein verdammt hohes Risiko für sie eingegangen. Und eigentlich ging er mindestens ein genauso großes Risiko damit ein, sie in die Gilde Crimson Sphynx holen zu wollen. Nicht nur, weil sie beide die gleiche Vergangenheit teilten und Evie Informationen in der Gilde streuen könnte, die niemand dort wissen durfte. Auch, weil sie den Falls allein durch ihre Existenz stetig daran erinnerte, woher er kam, was eigentlich seine Wurzeln waren. Der 20-Jährige konnte nicht sagen, ob es seinem Weg als Magier zuträglich war, daran stets erinnert zu werden… oder ob es ihn am Ende dazu bringen könnte, zu diesem alten Pfad zurückzukehren. Der Einfluss von Evie alleine hatte ausgereicht, um Lian dazu zu bringen, andere Magier seiner eigenen Gilde zu bestehlen und diesbezüglich nicht einmal mit sich selbst zu hadern. Die hellgrünen Augen lagen unablässig auf der schluchzenden Maedows. „Ich möchte dir helfen, sonst würde ich nicht hier stehen und auf dich einreden. Wir beide wissen, dass so etwas ernsthaft nicht meine Stärke ist. Es wäre deutlich einfacher für mich, die gesamte Aktion abzubrechen. Aber weißt du, Evie, ich wünschte wirklich, du würdest mir an dieser Stelle vertrauen.“ Lian breitete auffordernd die Arme aus, als er ergänzte: „Was ist es, das dir bei dem Gedanken, der Gilde beizutreten, so eine große Angst bereitet, Evie? Erzähl es mir. Nur so kann ich dir die Angst nehmen.“ Zumindest… hoffte der Falls, dass er dazu in der Lage war.

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