Ortsname: Gemeinschaftsküche Art: Küche Spezielles: angegliedert an die Halle der Freiheit
Beschreibung: Da es auch viele Hobbies gibt, welche eine Küche voraussetzen, gliedert sich an die große Halle der Freiheit eine Gemeinschaftsküche an. Diese ist sehr geräumig und bieten neben verschiedenen Arbeitsflächen auch Platz für einen großen Esstisch aus Holz, sodass mehrere Personen hier gleichzeitig ihren Hobbies nachgehen und die entstandenen Kreationen auch gleich verspeisen können. Auch wenn man nicht selber etwas zu bereiten will, findet sich auch hier in der Regel immer jemand, der seine Kreationen mit demjenigen teilt. Die Vorratsschränke sind mit allem gefüllt was sich ein Konditorherz / ein Koch nur wünschen kann um sich stetig neu auszuprobieren.
Was für ein Tag die alten Götter doch für sie heute bereitgehalten hatten. Wie so oft hatte er die Prinzessin auf einen ihrer unzähligen Shoppingstrips begleitet (und sie hatte viel zu viel Geld ausgegeben). Statt dem üblichen Ende eines solchen Tages, hatten sie sich plötzlich in einer Verfolgungsjagd durch die Stadt wieder gefunden und standen nun einem Mann gegenüber, der, angeblich, vom König geschickt worden war, um die Prinzessin zu schützen. Erial vertraute diesem Mann immer noch nicht. Statt jedoch diesen Gefühlen nachzugehen, hatte Esmee dafür gesorgt, dass er mit gänzlichen anderen Gefühlen sich konfrontiert sah, welche er nur gerne verdrängte. Damals in Bosco hatte sich sein bester Freund einfach der Revolution angeschlossen. Sie waren im Streit auseinandergegangen und wer wusste schon, ob sie beide jemals noch die Möglichkeit haben würden sich wieder zu versöhnen? Oder zumindest noch einmal mit ihm zu sprechen? Im Angesicht allem, was sie bereits gemeinsam durchgemacht hatten, tat ihm das ein oder andere an den Kopf geworfenen durch aus leid, auch wenn er die Entscheidungen seines Freundes noch immer nicht nachvollziehen konnte – nicht wollte. Ob dieser Mann vor ihnen, Alvaro, nun gut oder böse waren, konnte Erial nicht abschließend einschätzen. Er hatte sich bisher stets lieber für mehr Vorsicht als Nachsicht entschieden, doch dieses Mal lag die Entscheidung bei Prinzessin Esmée, welche ein Urteil über den Mann fällen sollte. (Es half für Erial nicht, dass sogar Alvaro zugab, dass sie gute Gründe hätten ihn besser zu töten!) Esmée hatte sich entschieden. Die Funken alarmierten den jungen Mann, doch da er Esmee die Kontrolle übergeben hatte, würde er nicht eingreifen, wenn sie ihn wirklich angreifen wollte. Wenn er sie von der Seite er ansah, zeigte sie eine ungewöhnliche Entschlossenheit. Er sah nicht die Angst oder die Wut eines in die Enge getriebenen Menschen, die sonst so oft ihre Magie auslösten. Er sah Entschlossenheit. Hatte Esmée sich also entschieden ihn zu töten? Zu bestrafen? Ihm wäre beides nur recht. Auch wenn er wusste wie unvernünftig es eigentlich war, dass sie ihre Kräfte auf offener Straße benutzte. Doch als er schon eine Explosion erwartete, blieb diese aus. Esmée ließ ihre Funken zu Erials Überraschung erlöschen. Er hatte er es verpasst, dass sie sich neuerdings derart gut unter Kontrolle hatte? Sich und ihre Magie? Dann erhob sie ihre Stimme. Sie war voller Autorität, genau wie ihre Haltung und ihr Blick. Erial erinnerte es stark an die Königin und das erfüllte ihn mit Stolz. So viele würden ihn wohl fragen, warum er Tag für Tag sich bemühte. Warum verdiente er Geld, von dem er nie etwas sehen würde? Warum trug er Einkäufe, die viel zu teuer waren und sie doch eigentlich nicht brauchten? Warum ließ er sich von Esmee stets um den Finger wickeln? Weil er an sie glaubte. Weil er wusste, dass in ihr eine Königin steckte, die Bosco retten konnte. Auch wenn Esmee es selbst nur selten zu erkennen schien und sich oft nur wie eine verwöhnte Prinzessin verhielt, glaubte Erial, dass Esmee die Zukunft verändern könnte. Vielleicht nicht unbedingt heute oder morgen. Aber sie würde eines Tages bereit sein und so lange, das hatte er vor den alten Göttern sich selbst geschworen, würde er alles tun, damit sie bis dahin überlebte. Als Esmee ihr Urteil gesprochen hatte, wandte sie sich zu Erial um. Sie schien sich ihm zu erklären wollen, wohl wissend, dass der junge Wächter es auch ohne dem akzeptiert hätte. Er hätte am liebsten aufgelacht als Esmee davon redete, dass dort draußen viele Gefahren warteten und gerne ergänzt, dass Erial sich diesen deutlich mehr bewusst war als seine Prinzessin, die gerne den Kopf in den Wolken hatte. Aber Erial tat es nicht, die Situation war nicht die richtige dafür. „Ich habe ein Versprechen gegeben, Prinzessin. Und ich werde weiterhin alles dafür dieses Versprechen einzulösen. Wenn es bedeutet auf unbestimmte Zeit sich mit diesem Mann zu verbünden, dann akzeptiere ich das. Aber ich werde nicht zögern, wenn von ihm eine Gefahr für unser Ziel ausgeht.“ Antwortete Erial ihr. Sie sollte verstehen, was er meinte. Auch wenn sie oft unwissend wirken konnte, so wusste der Junge, dass man sich dieser Schein trügen konnte. Alvaros erste Aufgabe ließ Erial wörtlich die Kinnlade aufklappen. Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. War das jetzt gerade ihr Ernst? „Aber… ich kann die auch später…“ Doch Esmees Blick genügte um den Jungen zum Schweigen zu bringen. Sie würden also zum Gildenhaus vorgehen, denn schließlich wartete dort noch eine Aufgabe auf ihn. Erial seufzte leise. Wie konnte die Prinzessin nur so sprunghaft sein. Wo war nochmal seine zukünftige Königin von eben hin? Jetzt gab sie wieder Anweisungen einer verwöhnten Prinzessin. Aber gut, das kannte er, damit konnte er umgehen. „Prinzessin wartet!“rief Erial als dieser plötzlich stehend gelassen wurde. Er lief hinter ihr her und ließ damit Alvaro als letzten auf der Hauptstraße zurück.
Zurück im Gildenhaus erwartete man ihnen beiden wieder in das Bild von Cousin und Cousine zurück zu kehren. Die vielen Gildenmitglieder die sie trafen als sie durch die Halle der Freiheit gingen, erinnerte sie daran. Erial ließ Esmee kurz entscheiden, ob sie sich erst in den Bädern frisch machen wollten oder gleich in die Küche gingen. Beides grenzte an die Halle. In ersterem Fall musste er noch Kleidung aus seinem Zimmer holen. Zeit hatten sie ja noch bis Alvaro mit den Einkaufstüten hier wäre. Ob der überhaupt schon so gut im tragen von allen Einkaufstüten gleichzeitig war wie Erial! Verlangte schon ein wenig Skill! „Hey Esmee?“ murmelte Erial leise zu ihr herüber, während sie sich ihren Weg durch die verschiedenen Künstler bahnten. (Erial ging natürlich voraus, um Platz zu schaffen!) Er griff hinter sich und drückte kurzzeitig ihre Hand, was von außen wohl so wirkte als wolle er sie zwischen Staffelleien und Steinskulpturen hindurchgeleiten, wo Farbeimer und Werkzeug auf dem Boden lag. „Das hast du vorhin sehr gut gemacht!“ ergänzte er und schenkte ihr ein Lächeln, bevor er wieder nach vorne sah und ihre Hand so ließ. Er hatte sich vorhin eben sehr stolz gefühlt und musste sie auch mal loben. Dabei war es egal, ob das auch seine Entscheidung gewesen wäre oder nicht! In der Küche angekommen, ging Erial zunächst zum Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. Sie hatten keine Taschen, die sie verstauen mussten. „Wollen wir deine Taschen später in meinem Zimmer unterstellen, wenn Alvaro zurückkehrt?“ Sie konnten schließlich schlecht die Küche mit ihnen vollstellen, oder? Auch wenn Erial befürchten musste, dass sein kleines Zimmer, dann umso kleiner sein würde! „Gut, fangen wir an. Was möchtest du für Krapfen?“ sagte er schließlich an Esmee gewandt als er bereits die Grundzutaten aus dem Schrank geholt hatte. Er hatte sich sogar eine der Schürzen gegriffen. (Nicht um seine Kleidung zu beschmutzen, aber diese war nun einmal selbst staubig geworden durch den Kampf) „So wie du sie am liebsten magst?“ Eigentlich war das nur eine rhetorische Frage, welche er nur stellte, für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Prinzessin sich anders entscheiden sollte. "Solange der Hefeteig für die Krapfen geht, kann ich dir auch noch etwas zum Essen kochen. Dich hat diese ganze Rennerei doch bestimmt auch sehr hungrig gemacht oder?" War das manipulativ? Ja. Wollte er, dass Esmee auch was ordentliches zum Abendbrot aß? Ja. Natürlich.
Es war nicht schwer zu erkennen, dass die Prinzessin Schwierigkeiten damit hatte eine Entscheidung zu fällen. Wer konnte es ihr verübeln? Viele Informationen waren auf sie eingeprasselt und keine davon war wirklich gesichert, auch wenn es wahrscheinlich klar für Esmée war, dass irgendeine Wahrheit in Álvaros Worten steckte. Am Ende musste es darauf hinauslaufen, dass Esmée sich auf ein Gefühl verließ. Ein Gefühl, welches über Álvaros Leben entschied, aber das war wohl oft die Bürde, die eine Herrscherin zu tragen hatte. Ihr stechender Blick zeigte allerdings, dass sie sich dieser Bürde bewusst war. Sie würde eine Entscheidung treffen. Sie traf eine Entscheidung. Leb wohl, Bosco. Als der Arm der Prinzessin nach vorne schnellte, verzog Álvaro keine Mine. Wenn er sich von einem Angriff treffen lassen wollte, konnte er seine Reflexe ausschalten. Was wäre er für ein Kampfsportler, wenn er sich bei einer herannahenden Faust nicht unter Kontrolle haben würde? Zu seiner Überraschung folgte jedoch nicht sein Tod. Er fühlte das leichte Prickeln der Funken auf seiner Haut, doch als Esmée ihre Hand schloss, erloschen diese einfach. Scheinbar hatte die Prinzessin entgegen den Ratschlägen ihres Beraters doch nicht den Tod von Álvaro gewählt. Aber warum? Das Auftreten der Prinzessin und die Worte aus ihrem Mund waren der einer Herrscherin ebenfalls würdig. Álvaro teilte die Einschätzung Erials nicht, aber hielt sie keineswegs für falsch. Wahrscheinlich hing es stark davon ab, welche Feinde der Krone man getroffen hatte. Glücklicherweise schien Esmée ihr Urteil an den wenigen richtigen Taten von Álvaro zu fällen, sodass es zu seinen Gunsten ausfiel. Gleichzeitig ließen ihre Worte die nötige Härte nicht vergessen. „Mein Leben liegt weiterhin in euren Händen.“ Es war ein leichtes für ihn, jederzeit mit dem Gedanken zu leben, getötet zu werden. Er dachte ohnehin oft darüber nach, wann es endlich so weit war. Fast schon konnte er sich Esmée auf dem Thron von Bosco vorstellen, bevor er wieder daran erinnert wurde, dass in ihr immer noch ein naives neunzehnjähriges Mädchen steckte.
„Einkaufstüten…?“, flüsterte er leise, da er selbst noch nicht glauben konnte, wie schnell die Tonalität dieses Treffens sich geändert hatte. „Ihr…“ Álvaro hatte vieles zu sagen. Ich bin weder dein Papa noch dein Laufbursche. Wir sind hier nicht im Palast und ich bin kein Bediensteter. Trag dein Zeug selbst. In Anbetracht der Situation, biss er allerdings die Zähne zusammen und schluckte seinen nicht vorhandenen Stolz herunter. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um Esmée mitzuteilen, dass er nicht jeden Befehl ausführen würde, nachdem er das Gegenteil behauptet hatte. Auch die Befehle einer Prinzessin mussten den Gefolgsleuten angemessen sein. „Wie ihr wünscht. Wenn sie euch wichtig sind, mache ich mich sofort auf den Weg.“ Um seinen Worten Taten folgen zu lassen – und nicht zu zeigen, dass er den Befehl Esmées doch irgendwie für respektlos und dem Zeitpunkt nicht angemessen befand –, drehte er sich sofort um, zog sich sein Shirt über den Kopf und machte sich auf den Rückweg. Wenn du wüsstest, was früher im Palast manchmal los war. Deine Eltern haben schon mehr nackte Haut gesehen als du denkst.
Ein knappes Stündchen später, betrat Álvaro die Küche des Gildenhauses. Der Mann mit den harten Gesichtszügen musste ein Bild für die Götter abgeben, wie er mit lauter Einkaufstüten zur Tür hereinkam. Er selbst fand immer noch wenig Positives an der Situation. Seine Laune hatte sich eher noch verschlechtert, denn er war bereits einige Minuten durch das Gildenhaus geirrt. Als er die bunte Eingangshalle betrat und einen leeren Tresen vorfand, hatte er beschlossen erstmal zu warten, doch offensichtlich stand der Tresen nur zur Zierde in der Eingangshalle, wie auch vieles anderes, denn auch nach zehn Minuten war noch niemand aufgetaucht. Er war also auf eigene Faust durch das Gebäude gestapft, bis er irgendjemanden getroffen hatte, der ihm helfen konnte. Ein Zimmer nutzt sie hier nicht, aber sie ist oft mit ihrem Cousin in der Küche. Cousin also. Für Álvaro war es immerhin beruhigend, dass die beiden Erial nicht einfach als persönliche Leibgarde etabliert haben. Bisher war er sich noch nicht sicher gewesen, ob die beiden ausreichend vorsichtig agierten. Das war er sich auch immer noch nicht. Mehr oder weniger vorsichtig stellte er die Taschen auf dem nächstgelegenen Tisch ab und zog seine Jacke aus, die er auf dem Weg zum Einkaufszentrum wieder aufgelesen hatte. Ihm war es ohnehin viel zu warm und in einer Küche, in der gekocht wurde, erging es ihm nicht besser. „Hier sind eure Taschen.“ Álvaro lies seinen Blick durch die Küche schweifen und nahm Platz. Scheinbar waren sie allein, aber trotzdem mussten sie nicht lauter sprechen als notwendig. „Habt ihr noch Fragen an mich? Sonst sollten wir erstmal klären, wie es um eure Sicherheit steht.“
Mit Sicherheit steckte irgendwo tief in der de Bosco eine echte Herrscherin. Eine Königin, die über ihre Heimat regieren konnte. Esmée war in diese Rolle geboren worden, ihre ganze Erziehung war auf dieses Ziel ausgerichtet gewesen. Und ganz gleich, dass die junge Frau ihr eigenes Licht gerne unter den Scheffel stellte, dass sie Sorge hatte, den Ansprüchen an sie nicht genügen zu können: In ihr schlummerte immer noch der Geist von Eléonore de Bosco. Die Seele ihrer Mutter, der einstigen Königin, die es bis zu ihrem Tode geschafft hatte, das gespaltene Volk ihrer Heimat mehr und mehr zu verbünden, die die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die ihr Vater ihr hinterlassen hatte, meistern konnte. Vielleicht hätte Eléonore das Ziel erreichen können, Bosco eines Tages im Frieden zu erleben, wenn es nicht zu jenem schicksalshaften Tag gekommen wäre, als das Attentat auf die einstige Königin verübt worden war. Nachdem ihr Vater und ihr Bruder daran gescheitert waren, lag es nun an Esmée, dem Pfad zu folgen, den ihre Mutter einst geebnet hatte. Manchmal blitzten diese Augenblicke hervor, in denen die Prinzessin bereit dazu schien, sich in ihre Rolle als Thronfolgerin zu fügen und die Verantwortung für ihre Heimat zu übernehmen. Doch so schnell, wie diese Momente kamen, verflogen sie auch wieder. Und anstatt das Zepter fest in den schmalen Händen zu halten, versteckte Esmée sich lieber hinter der Rolle des naiven, 19-jährigen Mädchens, das nicht mehr als Mode und Freizeit im Kopf hatte. Es war eine Rolle, die so viel weniger Verantwortung bedeutete, sodass es der Schwarzhaarigen sehr leichtfiel, immer wieder darin zu verschwinden und sich einzureden, dass sie ein normaler Teenager war. Aber irgendwann würde der Tag kommen, an dem sich die de Bosco entscheiden musste, wie genau sie sich selbst in Zukunft wahrnehmen wollte. Ob Erial und Álvaro an diesem Tage ebenso an ihrer Seite sein würden? Als der Novel ihre Hand griff und leicht zudrückte, stutzte Esmée, sah zuerst auf die Hand ihrer Leibwache, dann hinauf, um direkt in die braunen Augen des jungen Mannes zu blicken. Seine Worte – das offensichtliche Lob – traf die 19-Jährige unvorbereitet. Die meiste Zeit über schwieg Erial über ihr Verhalten, manchmal traute er sich auch, sie zu kritisieren. Aber ein ehrliches Lob? Und das, obwohl sie sich über seine Ratschläge hinweggesetzt hatte? Es bedeutete Esmée deutlich mehr, als sie selbst für möglich gehalten hatte. Anstatt königlich und würdevoll mit diesem Kompliment umzugehen, war es das 19-jährige Mädchen, das mehr zum Vorschein kam. Sie wurde ein bisschen rot um die Nase, senkte sogar den Blick und murmelte ein paar unverständliche Worte, die man mit viel Wohlwollen als ein Dankeschön interpretieren könnte. Diesen Moment würde die de Bosco sicherlich nicht so schnell vergessen.
Während Erial das Waschbecken ansteuerte, um seine Hände zu waschen, ließ sich Esmée auf einer der Holzbänke nieder, die an den langgezogenen Tischen der Gemeinschaftsküche standen. Es war wohl vielmehr der Uhrzeit als irgendwelchen anderen Umständen geschuldet, dass die beiden Boscos gerade unter sich blieben. Zum Abend hin würde die Küche sich mit allen möglichen Magierinnen und Magiern aus der Gilde füllen, da war die Schwarzhaarige sicher. Nach den Erlebnissen des Tages war die junge Frau aber ganz dankbar für die Ruhe und Abgeschiedenheit. Auch wenn sie sich alle Mühe gab, es sich nicht nach außen hin anmerken zu lassen, so gab es doch einige Dinge, über die sie nachdenken musste. Nicht zuletzt darüber, ob ihre Mutter ihre Entscheidung Álvaro gegenüber gutgeheißen hätte. Erial hatte sie darin bestärkt, richtig gehandelt zu haben, was der Explosionsmagierin durchaus eine gewisse Sicherheit gab. Und doch waren da die Zweifel, ob sie nicht zu weich war – nicht abgehärtet genug, um den Anforderungen, die eine Thronfolgerin besaß, gerecht werden zu können. Esmée seufzte stumm, als sie zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis kam und nutzte den Themenwechsel, den Erial ihr bot, nur zu gerne. Anstatt ihn an ihren eher schweren Gedanken teilhaben zu lassen, was vielleicht gar nicht so schlecht gewesen wäre, lächelte sie lieber ihr befreites, fröhliches Lächeln, das man die meiste Zeit in ihrem Gesicht erkennen konnte und nickte ein bisschen eifriger, als es unbedingt notwendig gewesen wäre. „Natürlich so, wie ich sie am liebsten mag!“, antwortete sie ihm in gewohnt befehlerischem Ton, wenngleich ihre hellblauen Augen amüsiert funkelten. Nachdenklich tippte sie sich ans Kinn, dachte darüber nach, was sie noch so alles essen könnte – wenn Erial es schon anbot, zu kochen, wollte sie das sicherlich nicht ausschlagen. Man konnte sich schon fragen, wo die de Bosco all das Essen eigentlich hinsteckte, wenn man sich ihren schmalen Körperbau so ansah… „Das klingt wunderbar! Was kannst du uns denn schönes zaubern?“, fragte sie nach und streckte sich dann auf ihrem Platz, um einen Blick auf Erials Arbeitsfläche zu werfen. Das Ergebnis war eine recht einfache, aber dennoch sättigende Paprika-Reis-Pfanne. Und die Krapfen, die gleich zum Nachtisch verspeist werden könnten, waren auch beinahe fertig. Esmée musste sich zusammenreißen, um ruhig auf ihrem Platz sitzen zu bleiben, während die verführerischen Gerüche in ihre Nase stiegen. Sie hatte wirklich Hunger – etwas, was ihr nun erst wirklich bewusst wurde.
Álvaro erschien pünktlich, als das Abendessen fertig war. Aufmerksam musterte die Prinzessin ihren neuesten Verbündeten, dessen Umrisse man hinter all den Einkaufstüten nur erahnen konnte. Jeder normale Mensch hätte die schlechte Laune, in der Álvaro sich befand, wohl bemerkt und ihn lieber in Ruhe gelassen… Esmée war nur leider nicht das, was man üblicherweise als normalen Menschen bezeichnete. Immerhin schaffte sie es, inmitten ihres leisen Kicherns auf seine Kosten ein ehrlich gemeintes „Ich danke Euch“ zu ergänzen. Während der ältere Magier sich auf dem Platz ihr gegenüber niederließ und die Jacke auszog, überflog Esmée die Einkaufstüten und zählte nach – nicht, dass irgendeine ihrer Errungenschaften verlorengegangen war. Aber die Anzahl schien zu stimmen, sodass sich die Laune der jungen Frau nochmal deutlich anhob. „Die Taschen bringen wir später zu dir, Erial“, sprach sie in Richtung ihrer Leibwache, die gerade dabei war, die Teller mit der Hauptmahlzeit zu füllen. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Prinzessin ihre Habseligkeiten bei dem Novel zwischenlagerte. Nicht nur, dass sie oft zu faul war, die Sachen bis zu ihrer eigenen Wohnung zu schleppen – ihre Kleidung nahm auch einfach zu viel Platz ein. Daher nutzte sie gerne den zusätzlichen Raum, den die Wohnung von Erial bot, auch wenn er ohnehin schon auf deutlich weniger Quadratmetern wohnte als das Model. „Álvaro, Ihr solltet auch mit uns essen. Der Tag war immerhin für Euch ebenso aufregend wie für uns.“ Sie deutete Erial mit einem beiläufigen Wink an, der einer Thronanwärterin würdig war, dass er ruhig einen zusätzlichen Teller füllen sollte. Sie dachte nicht einmal darüber nach, dass sie auch einfach aufstehen und dem Novel helfen könnte. Es war einfach eine … Selbstverständlichkeit für sie, dass er ihren Teller immer mit an den Platz brachte. Nachdem die drei Teller abgestellt worden waren und Erial sich zu ihnen setzte, nahm Esmée eine Gabel in die Hand. Doch anstatt sofort zu essen, hielt sie vorerst inne. Plötzlich verschwand ihre leichte und naive Ausstrahlung wieder und als sie aufblickte, direkt zu Álvaro, wirkte ihr Gesicht ungewohnt ernst. „Erial und ich sind nun ein gutes halbes Jahr hier in Maldina. Wir… sind als Magier bei der Gilde Satyrs Cornucopia untergekommen. Man hält uns für Verwandte, die aus irgendeinem fernen Dorf stammen.“ Sie warf einen Seitenblick zum Novel, bevor sie fortfuhr: „Bisher gab es keine Angriffe auf uns, ich gehe also nicht davon aus, dass irgendjemand aus unserer Heimat weiß, dass wir hier untergetaucht sind. Zum Glück. Aber… um ehrlich zu sein, habe ich schon seit einer Weile das Gefühl, dass… dass sie uns vielleicht doch bald finden könnten. Ich kann es nicht genau beschreiben, es ist mehr ein Bauchgefühl. Deshalb dachte ich auch, als Ihr vor uns aufgetaucht seid, dass...“ Sie ließ den Satz unvollendet, zuckte mit den Schultern. Es war kein Lächeln, das sich in den Zügen der Prinzessin zeigte, aber auch keine richtige Furcht. Sie wirkte überraschend nüchtern, was nochmal betonte, dass es kein neuer Gedanke für sie war, dass der Feind vor ihr erscheinen könnte. „Ich wüsste gerne, wie es um Bosco steht. Seit unserer Flucht ist jeder Kontakt in die Heimat abgebrochen. Álvaro, habt Ihr… hat mein Vater Euch irgendetwas dazu mitgeteilt?“ Esmée bemühte sich wirklich, aber es war ihr unmöglich, sich die Sorge um ihre Familie nicht anhören zu lassen. Gerade bei der Erwähnung ihres Vaters war es ein Kloß, den sie im Hals spürte. Es war so lange her, seit sie eine Möglichkeit gesehen hatte, etwas zu seinem Befinden in Erfahrung bringen zu können. Verantwortung, Thronfolge oder Bürgerkrieg hin oder her – sie liebte ihren Vater als der Mensch, der er war. Und sie wusste, dass er alleine inmitten der gefährlichen Situation in Bosco zurückgeblieben war. Enzo hatte Frau, Sohn und Tochter gleichermaßen verloren. „Und… ich habe noch eine zweite Frage an Euch, Álvaro“, sprach sie nach einer kurzen Pause weiter, atmete tief durch. „Ihr habt einst im Militär gedient und ich habe Eure Fähigkeiten im Kampf selbst erlebt. Daher… würdet Ihr Erial trainieren?“ Sie sah nicht einmal hinüber zum Novel, als sie diese Worte aussprach, aber es war für Esmée eine naheliegende Entscheidung. Ihre Leibwache hatte seine Ausbildung unterbrechen müssen, um mit ihr nach Fiore zu fliehen. Er war noch nicht am Ende dessen gewesen, was er hätte lernen können. Aber Álvaro… er konnte die Dinge, die Erial noch beigebracht werden mussten. Und so, wie er Jaques trainiert hatte, konnte er vielleicht auch den Novel trainieren? Fragend blickte sie zum älteren Magier.
Je weniger Jewel man hat, desto weniger mehr kann man sie ausgeben.
Je länger er seinem „Job“ nachging, desto mehr hatte er gelernt. Vielleicht keine großen Angriffszauber und keine großen Techniken mit seiner Stangenwaffe, aber er wusste immerhin wie Prinzessin Esmée von Bosco ihre Krapfen am liebsten aß. Eines Tages würde ihnen das vielleicht noch einmal das Leben retten. Oder auch nicht. Zumindest führte es zu einem lächelnden Nicken als Esmée ihm im Befehlston antwortete, dass sie natürlich ihre Krapfen wie immer wollte. Es war ja auch nur eine rhetorische Frage gewesen. Beschweren tat sich der Junge mal wieder nicht. Er könnte Esmée zwar zurecht weisen, aber was brachte das gerade? Außerdem fühlte er sich immer noch erschöpft und hatte gerade weitaus wichtigere Dinge in seinem Kopf durchzugehen. (Das Gedanken zu seinem Freund - danke Esmée – zwischendurch immer wieder auftauchten, machte das übrigens nicht leichter!) Da Esmée das Hauptgericht ihm überließ, wählte er Speisen bei denen er sich weniger konzentrieren musste für ihre Auswahl. Am Ende entschieden sie sich für eine Paprika-Reis-Pfanne. Während Esmée unruhig auf ihr Essen wartete, war Erial in seinen Gedanken versunken und relativ still. Gesellschaft leistete ihr nach einer kurzen Weile Chichi, der mitbekommen hatte, dass sie wieder da waren. Natürlich wollte der Hund auch ein paar Krauleinheiten abgrasen.
Als das Abendessen fertig wurde und Erial bald aufzutischen gedachte, betrat Alvaro den Raum. Chichi begrüßte den Neuankömmling mit einem lauten Bellen. Fremden vertraute er nicht und so ging sein Bellen sogar in ein leichtes Zähnefletschen über. Er wich vom Essenstisch zurück und behielt den Mann genau im Auge. Beschützend setzte er sich neben sein Herrchen und behielt den fremden Mann genau im Blick. Erial, mit einer Kochschürze über seiner Kleidung und einem Holzlöffel in der Hand drehte sich halb zur Küchentür um. Der alte Mann wirkte nicht gerade glücklich. Seine Gesichtszüge wirkten steinerner als Zufuhr. Ob er angestrengt war? Wahrscheinlich. Sicher war es für ihn ungewohnt mit all den Einkaufstüten. Erial hatte Training dafür, aber Álvaro (Wenn gleich wohl deutlich stärker als Erial) hatte es heute zum ersten Mal mit so einem Slalom zu tun bekommen. Da musste man nicht nur auf Stärke, sondern auf Geschwindigkeit und Balance gehen. Eben mehr als einfach nur tragen. Aber vielleicht war er auch einfach nur nicht begeistert als Esmées Packesel abgestempelt worden zu sein. Er zog seine Jacke, die er zuvor noch gar nicht getragen hatte, aus und stellte die ganzen Tüten ab. Für einen Moment überlegte Erial, ob er Esmée anbieten sollte, die Taschen schnell in sein Zimmer hochzubringen, damit sie hier niemandem im Weg standen, aber DANN müsste er sie hier mit [b]ihm[/i] alleine lassen. Nein. Auf keinen Fall. Also ließ er seinen Mund geschlossen, steckte den Löffel zurück in den großen Topf und stellte diesen nun neben dem Herd ab. Das Feuer hatte er zum Glück schon ausgedreht. Im gleichen Moment drehte er sich jedoch schon wieder um, als Álvaro sich bereits gesetzt hatte, Mimi aber mit der Frage konfrontierte, dass er jetzt über ihre Sicherheit reden wollte. Eins musste man diesem Mann lassen, er kam direkt zur Sache. Das machte es ein wenig glaubwürdiger, dass Álvaro in der Armee von Bosco gedient hatte. Seine Einstellung erinnerte ihn ein wenig an seinen Onkel. Statt einer direkten Antwort der Prinzessin auf die Frage, gab sie Erial erst einmal zu verstehen, dass die Tüten bei ihm untergestellt werden sollten. „Ich bring sie nach dem Essen nach oben.“ Denn ein „wir“ würde es dabei nun wirklich nicht geben und auch hieße das, das er, wenn er die Prinzessin heute Abend noch nach Hause geleiten würde, die Taschen zu ihr bringen würde. Außer die Prinzessin würde beschließen, seinen Kleiderschrank weiter zu bestücken. Erial hatte sich oft gedacht, dass er verdammt viel Glück hatte, dass noch keiner seiner Gildenkollegen in seinen Schrank gesehen hatte. Er hätte wohl einiges zu erklären und merkwürdige Gerüchte zu ertragen, wenn herauskommen würde, dass 90 % seines Kleiderschrankes aus Kleidern, Röcken, Blusen und co (kurzum Frauenkleidern) bestanden. Na wenigstens war noch keine Frauenunterwäsche mit dabei – hoffte er. Während diesen Gedanken war er dabei zwei Teller zu befüllen. Als er fertig war und sie hinübertragen wollte, lud die Prinzessin Álvaro zum Essen ein. Zum Glück hatte er mehr gemacht, sonst wäre er nun leer ausgegangen. Ob die Prinzessin das überhaupt bedacht hatte? Wahrscheinlich nicht. Er seufzte innerlich und stellte nun vor Esmée eine für sie übliche Portion und vor Álvaro seine eigentlich eigene Portion ab, die ein wenig größer ausfiel, gemäß seinem Hunger. Aber Álvaro würde sie gewissen aufessen können. Die Teller waren so hübsch angerichtet wie er eben konnte und es bei einer Paprika-Reis-Pfanne eben möglich war. „Guten Appetit.“ Wünschte er ihnen während er ihnen auch Besteck und Servietten reichte. Zuletzt reichte er ihnen nach Getränke zum Essen. Der Prinzessin gleich zwei, damit sie auf ihre teure Kleidung achten konnte. Ein viertes Mal ging er zurück, um nun auch seinen Teller zu befüllen, der dieses Mal deutlich weniger liebevoll angerichtet war, nahm sich Besteck und setzte sich an Esmées Seite. Normalerweise würde er ihr gegenüber sitzen, aber da er dem Fremden noch immer nicht vertraute, wollte er lieber nah bei ihr sitzen. Chichi rollte sich unter seinem Platz zusammen und behielt, so gut er das konnte, Álvaro weiter im Auge. Mit großem Hunger begann der junge Novel an zu essen, doch Esmée hielt inne. Statt zu essen, sprach sie ernste Themen an. Erial stutzte als die Prinzessin von einem halben Jahr redete. Eigentlich war es doch nun fast ein ganzes Jahr bereits. Unterbrechen würde er sie jedoch nicht. Als sie in seine Richtung blickte, lächelte er ihr zu – aus einer Gewohnheit heraus, wenn gleich er nicht wirklich begeistert darüber wirkte, dass sie Álvaro alles erzählte. Aber die Prinzessin hatte befohlen und er würde folgen. Als Esmée fortfuhr, musste Erial ein Auflachen unterdrücken. Es wurde deutlich, weil er sich an seinem Essen verschluckte. In seinen Gedanken sah er anklagend zu Esmée, die einen MODELJOB angenommen hatte und sich UNTER IHREM ECHTEN NAMEN in GANZ MALDINA einen Namen gemacht hatte. Andererseits überraschte es Erial, dass Esmée diese Worte fand. In letzter Zeit hatte sie nicht mit ihm darüber geredet. Sie ertrug vieles schon wieder für sich. Darüber würde er nochmal mit ihr reden müssen. Sie steckten schließlich zusammen hier. Die nächste Frage überraschte ihn weniger. Wie es um Bosco stand, würde Erial auch gerne wissen. Fast täglich dachte er an seine Familie und wie es ihnen wohl ging. Aber er verdrängte diese Gedanken meistens. Wie es dem König und Königreich ging, war schon deutlich wichtiger. „Prinzessin, ich weiß, dass ihr diese Frage beantwortet haben wollt und wie wichtig sie ist, doch langsam solltet ihr etwas essen. Es wird sonst kalt und weniger genießbar. Ich denke Álvaro kann auch während oder nach dem Essen eure Fragen beantworten.“ Wenn sie schon nicht währenddessen essen wollte. Doch ihre Sorge schien nicht förderlich für den Appetit. „Ich kümmere mich mal um die Nachspeise.“ Erklärte er nur kurz, stand auf und ließ sein Essen zurück. Er hatte nicht einmal die Hälfte geschafft, aber so war das eben. Immerhin würde die Prinzessin beim Nachtisch vielleicht eher zulangen. Er konnte sein Essen sich auch später wieder aufwärmen. Am Küchentisch nahm er das Handtuch vom Hefeteig. Er hatte sie zum Ende der Essensvorbereitung bereits in Kugeln formen können und würde sie nun bald backen können. Dafür machte er sich daran entsprechend Fett zu erwärmen und stellte bereits Zucker und Füllungen für später bereit. Erial wäre beinahe das Glas mit Marmelade aus der Hand gefallen als er Esmées zweite Frage hörte! Er gab sich einigermaßen gefasst als er sich umdrehte und zu seiner Verteidigung auch etwas sagen konnte. „Meine Grundausbildung war abgeschlossen, Prinzessin…“ Natürlich hieß das nicht, dass man nie dazu lernen konnte. „Und soweit ich es mitbekommen habe, ist Álvaro kein Kämpfer, der sich aus Eismagie oder Stangenwaffen spezialisiert hat.“ Eigentlich hatte er keine große Lust darauf sich im Nahkampf unterrichten zu lassen. Der war in der Regel bedeutend schmerzhafter. „Ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee ist eine dritte Disziplin zu erlernen…“ Mal beiseitegelassen, dass seine Waffe ja sowieso kaputt war und er seit ihrer Flucht eigentlich so gar nicht mehr trainiert hatte. Und das er absolut lausig in Magieanwendung war. Aber immerhin war er sehr gut im Weglaufen. Na ja besser als viele. Und wenn er alleine war. Am Ende würde er aber der Prinzessin folge leisten.
Aufgrund seiner Gefühlslage als er die unnötigen Taschen in die Küche transportiert hatte, hatte er dem Hund, der offensichtlich Erial gehörte, bisher keine Beachtung geschenkt. Erst jetzt fiel ihm auf, dass auch dieser seinen Teil zur skurrilen Situation leistete, die sich in der Küche des Gildenhauses abspielte. Ein junges Mädchen, dass allen anderen sagte, was zu tun war, ohne auch nur einen Finger zu rühren. Ein Hund, der wahrscheinlich das spiegelte, was in seinem Herrchen – einer jungen Palastwache – vorging: eine ganze Menge Misstrauen. Immer noch konnte er es ihnen nicht verübeln, denn Misstrauen war angebracht. Es beruhigte ihn sogar ein wenig, dass Hund und Herrchen den älteren, mürrischen Mann, der seine Umgebung ebenfalls vorsichtig – vielleicht übervorsichtig – musterte, nicht aus dem Blick ließen. Wie gerne er mich wohl bekocht? Erial schien seine Position zu kennen, denn jedenfalls ließ er sich nicht anmerken, dass es ihm etwas ausmachte – jedenfalls nicht über das genannte Misstrauen hinaus. Auch Álvaro leistete keine Widerworte, denn er war nicht gekommen, um sofort wieder zu gehen und der Tag war anstrengend genug gewesen. Als Erial den Tisch anrichtete und das Essen servierte, war Álvaro zwar zunächst ungeduldig, da er zu den wichtigen Themen übergehen wollte, dann aber angenehm überrascht. Lernt man bei den Palastwachen neuerdings auch kochen? Der Junge hielt scheinbar einige Überraschungen bereit. Ein guter Koch kam sicher gut bei der Frauenwelt an. Hoffentlich verzaubert er mit seinen Fähigkeiten nicht die falschen Frauen. Sein Blick wanderte – ebenfalls mit ein wenig Misstrauen – von Erial zu Esmée. Nein. Alles was Erial bisher getan hatte, sprach dafür, dass er seinen Job zumindest ernst nahm, unabhängig wie gut er darin war. Álvaro würde gut daran tun, zunächst sein Misstrauen ihm gegenüber abzulegen, denn so wie es aussah würden sie in Zukunft eng miteinander zusammenarbeiten. „Vielen Dank. Guten Appetit.“, richtete er an Erial als dieser mit den Vorbereitungen fertig war und sich an den Tisch setzte. Bevor Álvaro begann, faltete er die Servierte auf und legte sie auf seinen Beinen ab. Völlig unnötig, denn seine Hose war ohnehin ein wenig dreckig von der Verfolgungsjagd, aber die Anwesenheit der Prinzessin brachte scheinbar unbewusst ein paar Gewohnheiten des Hofs zurück. Ebenfalls wartete er mit dem Essen bis Erial begann, denn diesen nahm er wohl als Gastgeber wahr. Hätte Álvaro dies selbst bemerkt, hätte es ihn wahrscheinlich geärgert. Wahrscheinlich spielte es aber wenigstens seiner Glaubwürdigkeit in die Hände.
Die Einzige, die noch nicht mit dem Essen begann, war Esmée. Diese widmete sich nun endlich der Beantwortung von Álvaros Fragen. Die Tarnung, von der er schon durch einen anderen Gildenmagier erfahren hatte, schien ausreichend und er war beruhigt, dass Álvaro die erste potenzielle Gefahr war, die sich vor ihnen aufgetan hatte. Vielleicht waren sie vorsichtiger als Álvaro bisher gedacht hatte, wobei es nicht unbemerkt blieb, dass Erial sich bei Esmées Erzählung verschluckte. Wohlmöglich vergaß sie einen Teil? Gleichzeitig tauchte in seinem Kopf aber zum ersten Mal eine andere Frage auf: War die Arbeit als Magierin in einer Gilde nicht viel zu gefährlich für eine Prinzessin? Der Job mit Jacques war zwar nicht der Rede wert gewesen, aber das war sicher das untere Ende der Gefahrenskala. Irgendwann würde man ihr sicherlich gefährlichere Aufträge anvertrauen. Hätten Erial und Esmée nicht einfach ein Restaurant eröffnen können? Oder irgendetwas anderes? Magier konnte doch nicht der einzige lukrative Job in Fiore sein. Bevor er entscheiden hatte, ob er diese Bedenken anbringen wollte – schließlich war er gerade erst in das Leben der Prinzessin getreten und sollte seine Position vielleicht erst festigen, bevor er in ihr Leben eingriff – stockte Esmée und richtete dann zwei Fragen an Álvaro. Wie es um Bosco steht? Eine Frage, auf die er nicht wirklich eine zufriedenstellende Antwort hatte und glücklicherweise ergriff zunächst Erial das Wort, sodass Álvaro noch einige Momente hatte. Enzo war ein guter Politiker und hatte in seinem Brief nur die Schwäche gezeigt die nötig war, da er nicht sicher sein konnte welche Position Álvaro einnehmen würde. Daher hatte er kein Wort über die aktuelle Lage in Bosco verloren. Esmée hatte also vermutlich sogar mehr Informationen als er selbst, denn die meisten waren fast 20 Jahre alt. „Ich muss euch leider enttäuschen.“ Álvaro senkte die Stimme wieder ein wenig. „König Enzo hat keine Worte über die innenpolitische Lage von Bosco verloren. Wahrscheinlich aus Sorge, die Nachricht könnte abgefangen werden. Ich weiß nicht mehr als ihr selbst, aber die Lage scheint sich nicht gebessert zu haben, wenn er weiterhin um eure Sicherheit fürchtet.“ Es schien ihm ebenfalls eine logische Begründung zu sein, die neben dem Mistrauen gegenüber Álvaro eine Rolle gespielt haben könnte. Er wusste aber auch, dass diese Nachricht nicht wirklich weiterhalf. Auf die zweite Frage war viel akuter und Álvaro wusste nicht, was er davon halten sollte. Den Jungen trainieren? Sein Blick wanderte zu Erial, der wenig begeistert von der Idee schien und versuchte abzuwenden, was abzuwenden war. „Der Junge hat recht. Ich bin kein Magier und ein Stab ist in meiner Hand nicht effektiver als ein Ast…“ Dennoch hatte er durch Jacques gemerkt, dass er nicht der schlechteste Trainer war und durchaus Freude daran hatte. Außerdem konnte es nicht schaden, wenn man sich auch ohne Magie und Waffen verteidigen konnte und durch sein Arrangement mit Jacques, hatte er bald sogar eine angemessene Trainingsfläche und Ausrüstung. Es tat ihm fast schon Leid für Erial, was er jetzt sagen würde und eine kleine Entschuldigung war wohl auch in seinem Blick zu erkennen. „…, aber ich könnte ihm wohl ein bisschen was zeigen, wenn ihr das wollt. Alles was die Sicherheit erhöht, kann von Vorteil sein.“ Auch wenn es dem Novel nicht gefielt, wäre es wahrscheinlich von Vorteil, wenn sie von nun an auch gemeinsam trainierten. Im Ernstfall würden sie vielleicht Seite an Seite stehen und dann sollten sie wissen, wie der jeweils andere sich verhielt. „Durch ein paar glückliche Zufälle bin ich bei Jacques Morel untergekommen. In seinen Räumlichkeiten könnten wir zumindest ungestört trainieren.“ Da die Prinzessin aktuell ein wenig besorgt schien, wollte er den Ernstfall gerade nicht in den Mund nehmen. Es gab ein paar Dinge, die er wohl besser unter vier Augen mit ihrer Leibwache besprach. Letztlich rang er sich dann doch noch dazu durch, ein wenig auf das Thema der Magie zu sprechen zu kommen. „Noch ein anderes Thema: Was für Aufträge erledigt ihr hier genau bei Satyrs Cornucopia?“ Sein Blick wanderte von Erial weg, der wahrscheinlich erstmal verarbeiten musste, dass der mürrische Mann für ein gemeinsames Training war. Etwas unzufrieden musterte er Esmée. „Steht ohne die Aufträge nicht genug Geld zur Verfügung, um über die Runden zu kommen?“ Er würde sich wohl erstmal die Antwort der beiden anhören, um die Situation besser einzuschätzen, wobei man vermutlich schon riechen konnte, worauf Álvaro anspielte.
Das Misstrauen, das die Anwesenden im Raum Álvaro gegenüber empfanden, war nicht nur spür-, sondern auch deutlich erkennbar. Sei es Erial, der sich dicht neben Esmée auf die schmale Bank in der Gemeinschaftsküche schob und den älteren Magier mit seinem argwöhnischen Blick taxierte oder auch Chichi, der sich unter dem Esstisch zusammengerollt hatte, dessen Ohren allerdings nah an den Kopf angelegt waren, während er prüfend zu Álvaro hinaufblickte. Die Prinzessin linste diskret nach unten zu dem Tier, das sie mit der Zeit tatsächlich sehr liebgewonnen hatte und wunderte sich über diesen ungewohnten Anblick. Chichi war ihr als süßes, kleines Fellknäuel in Erinnerung geblieben, sodass sie beinahe vergessen hätte, dass das knuffige Tier auch einen Beschützerinstinkt besaß. Ihr entging weder die Skepsis von Chichi, noch die ihrer Palastwache und doch bereute die Explosionsmagierin ihre Entscheidung gegenüber Álvaro nicht. Sie sah wieder auf und musterte den Mann – dessen Nachnamen sie nicht einmal kannte – erneut. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass sie ihm vertrauen konnte und natürlich befolgten sowohl Erial als auch Chichi ihre Anordnung. Aber eine Anordnung alleine reichte eben nicht aus, um das allgemeine Vertrauen zu gewinnen. Das war etwas, woran Álvaro – wenn er ein Interesse daran hatte – selbst arbeiten musste. Es war etwas, das die Prinzessin dem älteren Mann schlussendlich nicht abnehmen konnte. Aber irgendwie glaubte Esmée fest daran, dass Álvaro auch das gelingen würde. Irgendwann, wenn genug Zeit vergangen war. Wenn der ältere Magier es geschafft hatte, die Prinzessin von seinen guten Absichten zu überzeugen, warum dann nicht auch Erial und Chichi? Die 19-Jährige lächelte leicht, ehe sie von der Seite her vom Novel angesprochen und darum gebeten wurde, endlich zu essen. Erst jetzt betrachtete die de Bosco das liebevoll angerichtete Mahl auf dem Tisch genauer, sowie die vielen kleinen Details, um die sich die Palastwache gekümmert hatte. Seien es die ordentlich gefalteten Servietten, das perfekt platzierte Besteck, die Getränke und natürlich das sauber angerichtete Mahl an sich. Sie hatte noch gar nichts erwidern können, da stand Erial schon wieder auf, um sich um die Nachspeise zu kümmern. Sein eigener Teller sah nicht ansatzweise so schön hergerichtet aus wie jener der Prinzessin. Auch allgemein hatte der junge Mann kaum etwas zu sich genommen, ehe er schon wieder aufgesprungen war, um sich um den Rest des Essens zu kümmern. Esmée nahm das Besteck in die Hände und aß schuldbewusst. Warum wurde ihr ausgerechnet jetzt, in diesem Moment, klar, was für ein großes Glück sie eigentlich mit Erial hatte? Vermutlich, weil der Tag aufregend gewesen war, weil sie gedacht hatte, Álvaro würde sie angreifen. Und trotz der Gefahr, die bestanden hatte, war Erial bis zum Schluss an ihrer Seite geblieben und hatte sie geschützt, obwohl er auch einfach hätte fliehen können. Die Schwarzhaarige war sich sicher, dass der Novel mindestens genauso erschöpft von den Ereignissen sein musste wie sie und Àlvaro, dennoch gab er sich sogar jetzt noch die Mühe, alles an diesem Tisch so wunderbar herzurichten. Ja, man konnte sagen, es war seine Pflicht, für sie da zu sein. Und andererseits war der Prinzessin heute klargeworden, dass es auch viele Menschen gegeben hätte, denen diese Pflicht in Angesicht der Gefahr wohlmöglich egal gewesen wäre. Sie nahm sich vor, Erial gegenüber ein bisschen mehr Dankbarkeit zu zeigen. Ob sich das wohl im Alltag umsetzen ließ? Auch Álvaro schien sich von der Aufforderung zu Essen angesprochen zu fühlen, denn er öffnete die Serviette und legte sich diese über die Beine. Plötzlich erkannte die Schwarzhaarige ihn: Den edlen Herren, der Álvaro früher vielleicht einmal gewesen war. Sie konnte sich beinahe vorstellen, wie er am langen Tisch gemeinsam mit ihrer Mutter oder ihrem Vater gegessen haben mochte. Sie verkniff sich ein Schmunzeln und aß stattdessen selbst, während ihr Blick zwischen Álvaro und Erial hin und herwechselte. Die beiden hatten deutlich mehr Gemeinsamkeiten, als ihnen bewusst zu sein schien. Ob es irgendwann helfen würde, damit beide ihre Skepsis gegenüber dem jeweils anderen beiseitelegen könnten?
Die junge Frau hielt die Gabel auf halbem Wege zu ihrem Mund an, als Álvaro auf Bosco zu sprechen kam. Hoffnung keimte in der Dunkelhaarigen auf – Hoffnung darauf, endlich mehr zum Verbleib ihres Vaters zu erfahren. Mit großen Augen sah sie zu dem älteren Magier, nicht fähig, die Anspannung gänzlich aus der Körperhaltung zu verdrängen, wie es sich für eine Angehörige des Königshauses vielleicht mehr geziemt hätte. Doch so schnell, wie die Hoffnung aufgekeimt war, erstarb sie auch wieder. „Verstehe“, murmelte die 19-Jährige resigniert und starrte auf ihr Essen. Keine Informationen. Gut, das hieß, es ging ihrem Vater vielleicht nicht schlechter… sehr wahrscheinlich aber auch nicht besser als am Tage ihrer Flucht. Der König des Reiches war zergangen vor Trauer um den Verlust seiner Frau und seines Sohnes, neben all den anderen Konflikten, die in Bosco herrschten. Esmée bemühte sich wirklich um eine neutrale Miene, so wie es sich für eine Prinzessin gehörte. Und doch konnte man ihrer Ausstrahlung anmerken, dass sie sich mehr von Álvaro erhofft hatte. Wann würde sie je wieder die Gelegenheit haben, etwas über den Zustand ihres letzten, verbliebenen Familienangehörigen zu erfahren?
Vermutlich war es dieser Enttäuschung geschuldet, dass die Reaktion von Esmée deutlich explosiver ausfiel, als sowohl Erial als auch Álvaro Skepsis gegenüber den Trainingsplänen äußerten. „Ihr versteht es offensichtlich nicht!“, brachte sie heftig hervor und umgriff die Gabel in ihrer Hand fester, während ihre Hand – nicht sonderlich damenhaft – auf den Tisch knallte. Da war es wieder, ihr Temperament. Álvaro hatte grundlegende Erfahrungen, die Erial fehlten. Und wenn es auch nur Lebenserfahrungen waren. Die de Bosco gab sich gerne naiv, manchmal auch ziemlich dümmlich, um sich Situationen entziehen zu können. Aber… das war sie nicht. Zumindest jetzt, in diesem Gespräch, kam ihr wahrer Kern mehr zum Vorschein und so konnte sie die Erfahrungen, die Álvaro hatte – allein aufgrund seines Alters – durchaus anerkennen. Sie wollte den beiden Männern gegenüber deutlicher werden, holte bereits Luft, aber da kam der Älteste der Runde ihr zuvor. So schloss sich der Mund der Prinzessin wieder und alles, was sie noch übrighatte, war ein stummes Nicken. „Bei Jaques?“, fragte sie schließlich ehrlich interessiert nach. Ihre zwischendurch sturmumwölkte Miene hellte sich ein wenig auf, als sie ergänzte: „Ich hoffe, es geht ihm gut.“ Sie ahnte ja nicht, dass der schmächtige Mann sich entschieden hatte, sich weiter im Boxkampf unterrichten zu lassen. Wie er wohl aussehen würde, wenn Esmée ihn das nächste Mal traf? Als Àlvaro auf die Aufträge der Gilde Stayrs Cornucopia zu sprechen kam, neigte die Prinzessin den Kopf ein wenig zur Seite und zuckte mit den Achseln. „So etwas wie das Training von Jaques zum Beispiel“, antwortete sie ihm, nicht ahnend, dass der ältere Mann darauf aus war, ihr wohlmöglich verbieten zu wollen, als Magierin zu arbeiten. Als würde die de Bosco sich das einfach so verbieten lassen! Sie nahm die rechte Hand zur Hilfe und zählte an den Fingern ab: „Ansonsten habe ich schon in einem Dorf voller Riesen auf ein ziemlich gigantisches Kleinkind aufgepasst oder zusammen mit Ava Finch – einer ziemlich berühmten Sängerin – einen Hund aus einem von einer Schlammlawine niedergemachten Haus gerettet. Das war zugegeben ziemlich knapp, das Haus wäre beinahe über unseren Köpfen zusammengebrochen, aber auch ziemlich spannend“, plauderte Esmée ungeniert weiter und kratzte sich dann an der Wange. „Außerdem habe ich Laurent le Magnifique vor einem Haufen Groupies und Paparazzos beschützt…“ Sie sprach den Namen des aufstrebenden Pop-Sternchens aus, als wäre sie überzeugt davon, dass einfach jeder diesen Namen kennen musste. „… und habe zusammen mit Erial und noch einem anderen Gildenkollegen ein Geisterhaus renoviert.“ Die 19-Jährige dachte darüber nach, ob sie irgendeinen wichtigen Auftrag vergessen hatte, aber der Rest war nur Kleinkram. Natürlich gab es deutlich gefährlichere Aufträge, die Magierinnen und Magier erledigten, bei denen Esmée einfach noch nicht angekommen war. Dass Álvaro genau auf diese Gefahren mit seiner Frage abzielte, war der jungen Frau nicht bewusst. „Als Erial und ich nach Fiore kamen, konnten wir noch einige Zeit von dem Geld leben, das wir bei unserer überstürzte Flucht hatten mitnehmen können. Aber irgendwann waren die Reserven aufgebraucht und wir brauchten ein Dach über den Kopf.“ Kurz schwieg die de Bosco, überlegte, wie ehrlich sie sein sollte. Dann seufzte sie und entschied, dass sie keinen Blatt vor den Mund nehmen sollte. „Wir… hatten nicht viel vorzuweisen. Nichts, außer unsere Magie." Vor allem sie hatte nichts vorzuweisen gehabt, hatte man ihr als Prinzessin nie ein richtiges Handwerk beigebracht. Eine Sache, die der Schwarzhaarigen - wenn sie ehrlich war - ziemlich unangenehm war. "Und dann haben wir von der Gilde erfahren. Und der Möglichkeit, hier mit unserer Magie Jewels verdienen zu können.“ Nicht besonders viele, aber genügend, um zu überleben. Vor allem, wenn man sich als Prinzessin einfach herausnahm, nicht nur von dem eigenen Gehalt, sondern auch von jenem des Novel zu leben. „So sind wir hier gelandet. Aber ich würde sagen, uns geht es eigentlich ganz gut hier, oder, Erial?“, fragte sie naiv nach – ja, ihnen ging es gut, solange die Palastwache den Großteil seines Einkommens mit der Prinzessin teilte. Dann sah Esmée wieder zu Álvaro. „Ihr seid auch ein Magier. Habt Ihr Euch auch einer Gilde in Fiore angeschlossen?“
Je weniger Jewel man hat, desto weniger mehr kann man sie ausgeben.
Plötzlich knallte eine Hand auf den Holztisch. Chichi bellte vor Schreck laut auf. Wahrscheinlich erschrak er und glaubte, dass sein Herrchen vor einer Gefahr gewarnt werden müsste. Auch Erial zuckte zusammen. Er hatte Esmée schon lange nicht mehr derartig reagieren sehen. „Wenn es Euer Wunsch ist, werde ich dem Folge leisten Prinzessin.“ Äußerte Erial beschwichtigend in neutralem Tonfall. Ob er tatsächlich überzeugt worden war, doch etwas von Álvaro lernen zu können oder aber er einfach nur wieder seine eigene Meinung zurückhielt, wie es sich gehörte, blieb unklar. Schwer zu erraten war die Wahrheit dahinter wohl aber nicht. Wenn gleich Álvaro sicher mehr Lebens- und Kampferfahrung besitzen konnte, überwog sein Misstrauen ihm gegenüber. Andererseits war es Tatsache, dass seine Waffe zerbrochen war. Zwar könnte er sich auch eine neue Waffe kaufen, doch das Geld vor zu knapp. Er hatte nur seine Fäuste, um die Prinzessin zu beschützen. Zu lernen sie zu benutzen, konnte tatsächlich ein Vorteil sein. „Ihr Wohl steht an oberster Stelle. Wenn dieses Training einen Vorteil für ihre Sicherheit bedeutet, werde ich daran teilnehmen.“ Sprach er an Álvaro gewandt aus. „Dafür können wir jedoch auch eine der hiesigen Räumlichkeiten benutzen.“ Sein Misstrauen ihm gegenüber sorgte dafür, dass er nicht einfach zustimmen konnte, in Álvaros Räumen zu trainieren oder die Prinzessin dorthin mitzunehmen. Er war einfach immer noch nicht vollständig überzeugt. Die Prinzessin hingegen schien diesen Jaques besser zu kennen. Erial überlegte, ob sie davon erzählt hatte. Er glaubte, dass es irgendetwas mit einer Quest gewesen war.
Álvaro sprach ein weiteres Thema an. Er interessierte sich für Quest, die die beiden erledigten. Erial wollte ihm schon sagen, dass ihn das kaum zu interessieren hatte, da fügte er noch einen Nachsatz hinzu. Erial musste ein bitteres Auflachen unterdrücken. /Nagel auf den Kopf getroffen/ dachte sich die junge Palastwache. In der Zwischenzeit hatte Esmée begonnen, Álvaro von ihren Quest zu erzählen. Die waren Erial ehrlich gesagt ziemlich unangenehm. Es war leider schon viel zu häufig passiert, dass er auf kleinere Quest zum Geld dazu verdienen aufgebrochen war und Esmée in der Zwischenzeit gefährliche Aufträge angenommen hatte. Die jetzt alle nochmal aufgezählt zu bekommen… und gleich würde Álvaro ihn sicher dafür schelten, was für eine tolle Leibwache er doch nicht gewesen war. Natürlich könnte er einfach behaupten, dass er bei jedem der Aufträge dabei gewesen wäre, aber da Esmée ihn so explizit beim letzten Auftrag erwähnt hatte… „Unsere Finanzen habe ich gut im Griff.“ Was für eine Lüge. Er zerbrach tagtäglich mindestens zweimal den Kopf darüber. Manche Nacht hatte er deswegen wach gelegen und so manche Quest erledigt, nur um die Miete zu bezahlen. Aber er wollte nicht, dass ein Fremder jetzt auch noch Kritik an seiner Finanzbuchhaltung äußerte. Diesbezüglich hatte er einen gewissen Stolz. Wenn gleich dieser wohl gerade Fehl am Platz wäre. Esmée hingegen ging genauer auf ihre finanzielle Situation ein und erklärte Álvaro, dass sie nach kurze Zeit ihre finanziellen Mittel aufgebraucht hatten. (Esmée brauchte eine teure Wohnung und teure Kleider, weil sie die von ihrer Flucht als nicht mehr tragbar empfunden hatte. Und die neuen Kleider, mussten natürlich auch aktuell in Mode sein. Aber das behielt er für sich.) Er erinnerte sich an die damaligen Zeit. Erial hatte überlegt, wo oder wie er als Söldner anfangen könnte, um Jewel für sie beide aufzutreiben. Dann hatten sie von der Gilde erfahren und sie hatten beschlossen, diese aufzusuchen. Eigentlich hatte nur Erial Quest annehmen wollen. Die Gilde schien keinen Zwang zu haben, dass man gefährliche Aufträge bestreiten musste. Er hatte gewollte, dass Esmée Aufträge übernahm wie „sei mein Kunstmodell“ „leiste mir Gesellschaft beim Teetrinken.“ Aber stattdessen war sie rasch selbst auf Aufträge verschwunden gewesen, ohne das er etwas dagegen hatte tun können. Aus seinen Gedanken wurde er gerissen als Esmée ihn etwas fragte. „J-Ja.“ Brachte er mit einem Räuspern heraus, um sich wieder kurz zu fangen. „Es gibt auch freie Magier, Prinzessin.“ Warf er noch ein bevor er sich wieder umdrehte.
Es dauerte nicht lange, dass Erial ein Holzbrett mit einem Turm aus Krapfen mitbringen konnte. Sie waren gebacken, gefüllt und bestäubt. Erial hatte sie über einer Schlüssel mit Eis seiner Magie etwas abgekühlt, sodass Esmée sie verspeisen konnte, ohne sich zu stark den Gaumen zu verbrennen. „Hier sind die Krapfen.“ Sagte Erial und stellte das Brett auf den Tisch. Er ließ offen, ob er sie auch Álvaro anbot. „Sie sind noch heiß, passt auf die Ihr Euch nicht verbrennt, Prinzessin.“ Wenn gleich er natürlich sicher gegangen war, dass sie sich nicht allzu stark verbrennen könnte, weil er sehr wohl wusste, dass es ihr schwer fiel sich zu zügeln. Aber schließlich gab es dafür ja diese Vorsichtsmaßnahmen. „Möchte noch jemand Nachschlag?“ fragte er offener in die Runde und würde entweder ihre Teller neu befüllen oder aber sie abräumen, um sie daraufhin abzuspülen. Auch seinen Teller würde er abräumen mit dem Gedanken später zu speisen. „Soll ich das Eis noch zu bereiten, Prinzessin Esmée? Oder reichen euch zunächst die Krapfen?“ fragte er die Magierin als er nicht mehr benötigte Utensilien zur Abwäsche gestellt hatte. Gleichzeitig setzte er bereits Wasser auf, um es zum Kochen zu bringen. „Was möchtet ihr trinken, Álvaro?“ fragte er aus erlernter Höflichkeit, denn jetzt zur Nachspeise würde das Gespräch wohl erst richtig beginnen. Für die Prinzessin kochte er einen tiefschwarzen Kaffee, den er ihr auch nach einer Weile servierte – zusammen mit was auch immer Álvaro sich bestellen würde. Wenigstens würde Esmée mit ihrem Kaffee noch etwas warmes am Abend trinken. Es würde sie zwar aufputschen und vom Schlafen hindern, aber gleichzeitig schien es ja viel zu besprechen geben. Vielleicht war es daher gar nicht so schlecht.
Die Reaktionen auf seine Ausführungen waren gemischt. Die Prinzessin konnte ihre Enttäuschung über die scheinbare Unwissenheit Álvaros nicht verbergen. Eine Fähigkeit, die sie sich als zukünftige Königin tunlichst aneignen sollte. Auch wenn es hart war: Persönliche Gefühle musste sie als Herrscherin zurückstellen. Gleichzeitig zeigte sie, dass das Potenzial in ihr steckte, indem sie den beiden bestimmt sagte, was sie von ihnen verlangte. Es würde also ein gemeinsames Training geben – daran ließ Esmée keinen Zweifel. Erial fügte sich der Entscheidung, unabhängig davon, was er davon hielt, machte sein Misstrauen gegenüber Álvaro jedoch weiterhin deutlich. Álvaro hielt das weiterhin für eine gute Vorgehensweise seitens der Palastwache, hatte aber ganz praktische Gründe für die Wahl des Ortes. „In euerer Gilde gehen viele Leute ein und aus. Es wird auffallen, wenn ein Fremder hier wiederholt aufschlägt, weshalb ich die Trainingsräume bei Jacques für geeigneter halte. Aber das können wir auch noch später besprechen.“ Jetzt galt es erst einmal sich ein Bild von der aktuellen Situation zu machen. Esmée war noch jung und hier in Fiore fehlte ihr die Weisung ihres Vaters. Sie musste eigene Entscheidungen treffen, die Sache selbst in die Hand nehmen und das tat sie auch. Álvaro war sich nur nicht sicher, ob sie die richtige Richtung eingeschlagen hatte. Deshalb lauschte er ganz genau den Ausführungen der Prinzessin – inklusive der Ergänzungen durch Erial über die Tätigkeiten in der Gilde.
Es war ganz wie erwartet. Riesen? Einstürzende Gebäude? Paparazzi? Die Tätigkeit als Magierin setzte die vielleicht einzige Thronfolgerin von Bosco nicht nur einer ungeheuren Gefahr aus, die das Weiterbestehen der Königsfamilie bedrohte. Sie rückte Esmée auch viel zu sehr in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Sie war zwar getarnt, aber wenn die falsche Person eine Zeitung in die Finger bekam, in der Esmée dank der Taten von Satyrs Cornucopia abgelichtet war, konnte das üble Folgen haben. Álvaro verschränkte die Hände vor dem Gesicht als Esmée zur Finanzierung überging, warf einen seitlichen Blick zu Erial und sagte erstmal nichts. Ob seine Version wohl genauso klingt? Erial schien sich gerade alles andere als wohl in seiner Haut zu fühlen. Jedenfalls machte seine hastige Antwort auf die Frage, ob es ihnen hier ganz gut ging, irgendwie den Eindruck als liefe es nicht ganz so reibungslos wie dargestellt. Vielleicht würde Álvaro das bei dem gemeinsamen Training herausfinden, welches Esmée angeordnet hatte. Für den Moment beschloss Álvaro erstmal noch nichts zu unternehmen. Trotz des Risikos konnte es nicht schaden, wenn auch die Prinzessin im Ernstfall wusste, wie man sich verteidigte. Immerhin hatte sie hier keine riesige Palastwache, sondern nur einen unerfahrenen Jungen und einen alten, kaputten Mann.
Erial wandte sich wieder dem Essen zu und es war wieder an Álvaro eine Frage zu beantworten. „Ich würde mich nicht als Magier bezeichnen.“ Warum ging jeder davon aus, dass man Magier war, wenn man sich mit ein paar Aufträgen Geld verdiente? Er hatte sich in letzter Zeit öfter als Magier ausgegeben als seine minderwertigen magischen Kräfte zu nutzen. Freier Dienstleister traf es wohl eher als freier Magier. „Ich bin in keiner Gilde. Ich bin nicht gerade die Person, die man nah bei sich hält. In einer Gemeinschaft bringe ich nur Unheil.“ Das hieß nicht, dass er bei einer gemeinsamen Sache nicht helfen konnte. Er war mehr ein Hund, den man im Zwinger hielt und nur für spezielle Aufgaben herausholte. Kein Hund mit dem man kuschelte. In dieser Rolle hatte er sich die letzten Jahre eingerichtet und fühlte sich darin ganz wohl. „Dennoch sollten wir uns irgendwie organisieren. Der Feind wird nicht schlafen, auch wenn er vielleicht noch nicht direkt vor der Tür steht.“ Er wusste selbst noch nicht, wie das aussah, aber sie sollten zumindest ihre Informationen und Auffälligkeiten miteinander teilen. „Ich werde anfangen einige Nachforschungen anzustellen und relevante Infos mit euch zu teilen, sollte es welche geben.“ Erial tischte inzwischen den nächsten Gang auf und kümmerte sich ebenfalls um Getränke. An dem Jungen war ein ganzer Palastdiener verloren gegangen. „Ich brauche gerade nichts. Danke.“ Er würde ohnehin nichts anderes als Wasser trinken und das konnte er sich auch selbst holen. Immerhin waren die beiden jetzt so etwas wie Partner oder müssten es zumindest werden, was ihn zurück zum Thema brachte. „Ich weiß, dass es schwer ist mir zu vertrauen und ich halte Vorsicht selbst für ein gutes Mittel, um sich zu schützen, aber ich halte es für sinnvoll, wenn ihr Informationen auch mit mir teilt.“ Sein Blick war auf Erial gerichtet. Es war nicht schwierig zu erkennen, dass seine Worte sich vor allem an Erial richteten, denn um diese Zusammenarbeit machte er sich aktuell mehr sorgen. Esmée sollte ohnehin nicht aktiv an ihrer eigenen Verteidigung beteiligt sein. „Die nächste Person aus Bosco, die in Fiore ankommt, könnte schon ein Attentäter sein, der Esmée töten möchte.“ Sein Blick wanderte wieder zur Prinzessin. Es war ihm wichtig, dass das jedem hier im Raum klar war. Es war die harte Realität, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil des Königreichs die Prinzessin tot sehen möchte. Ohne Esmée wäre die Thronfolge zerschlagen und dann wäre es nur eine Frage der Zeit, bis es Enzo treffen würde.
Immerhin eine gute Sache hatte der impulsive Ausbruch von Esmée: Der Novel stimmte dem gemeinsamen Training mit Álvaro endlich zu, wenngleich es auffallend nüchtern ausgesprochen worden war. Machte Erial es, weil er die Notwendigkeit und die Vorteile dieses Trainings wirklich verstand? Oder stimmte er ausschließlich deshalb zu, weil es die Prinzessin von Bosco war, die es befohlen hatte? Esmée seufzte stumm und hätte viel dafür gegeben, in den Kopf ihrer Palastwache blicken zu können, aber das war eine Fähigkeit, die ihr verwehrt blieb. Sie musste sich damit begnügen, dass Erial das Training mit Álvaro absolvieren würde und hoffen, dass er den Nutzen aus dem Ganzen zumindest zu einem späteren Zeitpunkt auch selbst erkannte. Die hellblauen Augen sahen zwischen den beiden Männern hin und her, das Misstrauen, das in der Luft lag, war spürbar. Ob ihnen dieses Misstrauen irgendwann noch arge Probleme bereiten würde? Auch das war etwas, was nur die Zukunft zeigen konnte. Die de Bosco entschied sich dagegen, sich in diese Gedankengänge weiter hineinzusteigern, sondern konzentrierte sich lieber auf andere Dinge. So zum Beispiel die Frage, ob Álvaro ebenso Magier einer Gilde war. „Freie Magier?“ Die 19-Jährige blinzelte den Novel überrascht an, drehte das Gesicht danach zu Álvaro, der die Vermutung bestätigte. Man musste keiner Gilde angehören, um Questaufträge zu erledigen? Aber… warum tat man das? War es nicht viel naheliegender, in einer Gilde zu sein, die sich um den organisatorischen Kram kümmerte? Die Erklärung, die der ältere Mann lieferte, brachte Esmée in vielerlei Hinsicht ins Grübeln. Er war keiner Gilde beigetreten, weil er in einer Gemeinschaft nur Unheil brachte. Unheil für eine Gemeinschaft…
… war das etwas, was auch auf sie selbst zutraf?
Esmée sah zu Erial und erinnerte sich daran, in welcher Gefahr er sich befunden hatte, als Álvaro sie verfolgt hatte. Die Palastwache hätte sich geopfert, um die Prinzessin in Sicherheit zu wissen. Wenn es ein Feind gewesen wäre, dem sie heute begegnet wären… was wäre dann mit Erial geschehen? Auch damals, als sie aus dem Palast in Bosco geflohen waren, hatte es unzählige Leute gegeben, die ihren Fluchtweg gesichert hatten. Was war aus diesen Menschen geworden? Hatten sie sich zum Wohle der Prinzessin geopfert? Und wer noch? Brachte Esmée wohlmöglich ganz Satyrs Cornucopia durch ihre pure Existenz in Gefahr? Sie dachte an Ravinuthala, an Knox und auch an Ava. Alle drei hatte Esmée liebgewonnen und plötzlich fürchtete sie um die anderen Magier. Sie verstand, warum Álvaro sich dagegen entschieden hatte, einer Gilde in Fiore beizutreten. Und gleichzeitig fragte sich die de Bosco, ob sie sich selbst nicht ganz genauso hätte entscheiden sollen. War es richtig gewesen, hierherzukommen?
Anders, als man es sonst von der Dunkelhaarigen gewohnt war, war es kein Strahlen, das in ihren hellblauen Augen erschien, kaum dass Erial die warmen Krapfen auf dem Tisch serviert hatte. Ihr Blick schien vielmehr durch das Gebäck hindurchzugehen, so tief versunken war sie in ihren düsteren Überlegungen. Erst als die Palastwache sie direkt ansprach, kam sie soweit zu Sinnen, um zumindest nach einem der Krapfen zu greifen und pflichtschuldig zu essen. „Danke, Erial“, ließ sie ihn auffallend kleinlaut wissen und zuckte heftig zusammen, als Álvaros Worte an ihr Ohr drangen.
„Die nächste Person aus Bosco, die in Fiore ankommt, könnte schon ein Attentäter sein, der Esmée töten möchte.“
Der Blick des Mannes durchbohrte die Prinzessin. Sie starrte ihn an, vielleicht mit einem Hauch zu großen Augen, was deutlich machte, dass es eben doch nur eine 19-Jährige war, die hier am Tisch saß. Die Dunkelhaarige schluckte, sah dann plötzlich zur Seite weg. Ja, Álvaro hatte Recht mit den Dingen, die er sagte. Einerseits hatte Esmée es gewusst, immer gewusst und doch musste sie zugeben, dass sie vor ihrer Vergangenheit geflohen war. Sie hatte ihre Zeit hier in Fiore genossen, hatte sich zunehmend in den Gedanken hineingesteigert, eine normale junge Frau zu sein, die machen und lassen konnte, was sie wollte. Sie hatte nach Freunden gesucht, hatte Abenteuer erlebt und hatte auch ihren Nebenjob als Model begonnen, um sich damit selbst zu beweisen, dass sie alle Dinge tun konnte, von denen man sie früher als Prinzessin hatte abhalten wollen. Es war purer Egoismus gewesen, der Esmée all die Gefahren hatte ignorieren lassen, von denen sie umgeben war.
Aber damit musste nun ein für alle Mal Schluss sein. Nicht nur um ihretwillen, sondern auch für die Menschen, von denen sie umgeben war.
„In Ordnung“, verkündete die 19-Jährige. Ihre Stimme war leise, aber doch eindringlich. Den Blick wieder zurück zu Álvaro und Erial gerichtet, ergänzte sie: „Ich… muss mich auch um ein paar Dinge kümmern.“ Was das wohl für Dinge waren? Esmée wusste, dass sie ihrem Vorhaben sofort nachgehen musste, wenn sie in ihrem Entschluss nicht doch noch ins Wanken geraten wollte. Daher legte sie beide Handflächen auf der Tischplatte ab und erhob sich von ihrem Sitzplatz. Zu lange hatte sie sich davor gedrückt, hatte sich ihrer Verantwortung entzogen. Mit dem Auftauchen von Álvaro war der de Bosco allerdings eines wieder sehr klar geworden: Sie war die letzte Thronfolgerin von Bosco. Es war an der Zeit, dass sie sich auch entsprechend benahm. „Álvaro, ich erwarte sofortige Nachricht, wenn Ihr etwas herausfinden solltet“, stellte sie nochmal klar. „Umgekehrt werde ich mich ebenso bei Euch melden.“ Sie sah zu Erial. So, wie sie ihre Palastwache kannte, würde sie sich beeilen, um Esmée bei den ominösen Erledigungen, die sie in Aussicht gestellt hatte, zu begleiten. Aber gerade wollte die Prinzessin alleine sein, denn sie ahnte, dass der Abschied von ihrem unbeschwerten Leben in Fiore sie selbst ziemlich in Mitleidenschaft ziehen würde. Sie wollte nicht, dass Erial sie in einem schwachen Moment zu sehen bekam, denn das war etwas, was sich für eine Prinzessin nicht gehörte. „Bei den Dingen, die ich zu erledigen habe, benötige ich deine Unterstützung nicht. Wir sehen uns morgen“, sprach sie also aus. Bevor sie die Gemeinschaftsküche allerdings tatsächlich verließ, schenkte sie Erial ein Lächeln, das leider keine Freude, sondern vielmehr Wehmut vermittelte und die hellblauen Seelenspiegel nicht erreichte. „Ich denke… du wirst dich freuen.“ Und mit diesen Worten wandte sich die Prinzessin ab.
Es war eine schöne Zeit gewesen, die sie seit ihrem Beginn in der Gilde Satyrs Cornucopia gehabt hatte. Und doch war es nicht mehr als eine Illusion gewesen, in die sie sich hineingesteigert hatte. Es war an der Zeit, der Illusion zu entfliehen und in die Realität zurückzukehren. Das war es, was Esmée ihrer Heimat und auch ihrem Vater schuldig war. Die unbeschwerten Tage hatten heute ein Ende gefunden.
Je weniger Jewel man hat, desto weniger mehr kann man sie ausgeben.
Es war eine merkwürdige Stimmung in der Gildenküche. Schon lange hatte Erial eine derartige Anspannung nicht mehr gespürt - wohlwissend, dass er selbst nicht gerade zur Entspannung beitrug. Der sonst so herzensgute Junge war auch für seinen Sturkopf bekannt und dieser, zusammen mit der Angst um die Prinzessin, ließ ihn nur schwer von dem Misstrauen gegenüber Álvaro abrücken. Und trotzdem versuchte er sich der Situation zu fügen, versuchte, seine Manieren nicht zu vergessen und Álvaro ebenfalls zu bedienen. Dazu zählte auch, in den sauren Apfel zu beißen und Álvaros Schüler zu werden. Leider hatte Álvaro ein gutes Argument gegen seinen Vorschlag, in der Gilde zu trainieren. Erial nickte. Es gab kein gutes Gegenargument. Nicht jetzt. Vielleicht später, wenn Álvaro das Thema noch einmal aufbringen wollte.
Álvaro hatte sich keiner Gilde angeschlossen. Erial hatte es vor ein paar Monaten für sich und Esmée ebenfalls in Betracht gezogen. In keiner Gilde zu sein, bedeutete jedoch auch keinen Anspruch auf billigen Wohnraum, Schutz und Unterstützung. Vielleicht konnten sie hier weniger für sich sein, mussten Lügen um sich selbst spinnen und doch hatte Erial stets die Hoffnung gehabt, dass sie hier behütet wären - im Notfall. Er wollte Álvaro tatsächlich vorschlagen in die Gilde einzutreten, um so auch ihr Trainingsproblem zu lösen, da sprach er von Unheil, welches er bringen sollte. Keine Worte, die ihm halfen, das ungute Gefühl loszuwerden. Erial fragte sich, ob er den Mann in einem anderen Licht sehen würde, wären sie sich nicht bei einer Verfolgungsjagd begegnet. Vielleicht würde er dann bereits mit ihm an einem Strang ziehen. Wenngleich ein Teil von Erial diesem Mann vertrauen und ihm eine zweite Chance geben wollte, wurde das Aufbegehren dieses Teiles immer wieder zurückgeworfen durch solche Worte. Ein Mann, der Unheil für eine Gemeinschaft bringt, sollte helfen, Boscos Prinzessin zu beschützen? Erial brachte Esmée ihre Nachspeise und hörte derweil Álvaros weiteren Worten zu. Das Dankeschön der Prinzessin war merkwürdig schwach und er spürte, dass irgendetwas in ihr vorgehen musste. So nachdenklich hatte er sie zuletzt auf ihrer Flucht gesehen. Wie Erial bereits schmerzlich erfahren durfte, war Alvaro ein Mann der Taten. Das bedeutete auch, dass er selbst unangenehme Wahrheiten aussprach. Er sprach aus, was Erial bereits seit Monaten wusste. Jederzeit könnten die Attentäter auftauchen. Und wenn er ehrlich war, hatte er ihnen nichts entgegenzusetzen. Vielleicht würde das angesetzte Training etwas bringen, doch viel Hoffnung machte er sich nicht. Er war kein Held und sicherlich würde er auch nie einer werden. Er konnte nur versuchen, im Falle des Falles sein Bestes zu geben und Boscos Prinzessin mit seinem Leben zu beschützen, um auf eine Zukunft seines Heimatlandes zu hoffen. Doch bei allem was sie gerade sprachen, ging es auch nicht um ihn, sondern um Esmée und ihre Sicherheit. Erial wusste, wie leicht man ihn austauschen konnte und es wohl eigentlich auch hätte tun sollen. Er war schließlich ein unglaublich lausiger Magier und mit den Elitekämpfern der Wachsoldaten würde er nicht einmal im Traum mithalten können. Und selbst die hatten damals versagt. Gedanken, die den jungen Mann ebenfalls herunterzogen und ihn an die enttäuschten Blicke seines Onkels erinnerten. Erial und Esmée waren beide schweigsam geworden, während die Worte des älteren Mannes die Küche erfüllten. Als er ihn persönlich ansprach, blickte Erial ihn an. Das Gesichts des Novels wirkte nachdenklich und neutral. Nicht, weil er letzteres wirklich war, sondern weil er gerade zu viel zum Nachdenken und zu viel, was ihn aufwühlte, bekam. “Solange es dem Schutz der Prinzessin dient, werde ich Informationen teilen.” Das war doch, was Esmée hören wollte? Was Álvaro hören wollte? Und doch klang sein Tonfall nur wenig glaubwürdig. Er war kein guter Lügner. Seine Zweifel an Álvaros Loyalität lagen noch immer offen vor allen. Jedem sollte klar sein, dass er das Wohl der Prinzessin über eigene Zweifel, über sein Leben stellen würde. Zu einer weiteren Diskussion über diese grundlegenden Prinzipien kam es nicht. Esmée verkündete plötzlich, dass sie sich um “Dinge” kümmern müsse. Erial horchte auf und natürlich war es sein Instinkt, sie zu begleiten. Die Prinzessin ahnte es jedoch und wies seine Unterstützung sogleich ab. Er hob die Stimme zum Widerspruch, blickte dabei jedoch in traurige Augen und ein ebenso trauriges Lächeln, was ihn sogleich verstummen ließ. Er würde sich freuen? Worüber? Erial blickte nachdenklich drein, obgleich die Verwirrung, welche ihn überkam. Es war reichlich abwegig zu glauben, dass sie wirklich endlich ihren Modeljob an den Nagel hängen würde? “Wir sehen uns morgen. Aber seit bitte vorsichtig um diese Uhrzeit, Prinzessin Esmée.” bat er sie und war noch immer zu verwirrt, um sie wirklich aufzuhalten - auch wissend, dass er gerade keine Argumente hatte. Sie schien sehr traurig, aber auch fest entschlossen zu erledigen, was auch immer sie erledigen wollte.
Als Esmée aus dem Raum gegangen war, sah Erial ihr noch einen Augenblick hinterher, bevor sein Blick über den Tisch und zu Álvaro glitt. Sie hatte ihr Getränk nicht angerührt und auch der Tisch stand noch voller Essen. Erial hatte beim Anblick des Tisches ein merkwürdiges Gefühl, aber schließlich war das ganze Gespräch sehr aufwühlend gewesen. Als sein Blick Álvaro traf, fand er seine Worte wieder. “Ich weiß sehr wohl, dass jeder ein Attentäter sein könnte.” begann er und ballte seine Hände zu Fäusten zusammen. “Ob nun jemand direkt aus Bosco oder nur ein Auftragsmörder aus Fiore. ” fügte er an. “Aber ich weiß auch, dass ich sicher nicht die erste Wahl für ihren Leibwächter gewesen wäre, wenn es eine Wahl gegeben hätte.” Nein, die hatte es nicht gegeben. Vor allem nicht von Erials Seite aus. “Aber ich habe geschworen, trotzdem mein Möglichstes für die Zukunft von Boscos Bewohner zu geben und ihre Prinzessin zu schützen. Und das werde ich auch, denn ich glaube an sie.” Ob das nun bedeuten würde Álvaro aus dem Weg zu räumen oder aber seinen Anweisungen folge zu leisten. Fürs erste würde er nur schweigsam die Küche säubern. Vielleicht war es auch gut endlich mal ein paar Minuten für sich zu haben, seine Gedanken zu ordnen nach all den Ereignissen des Tages. Danach konnte er noch immer mit Chichi in seinem Raum entspannen. Doch vorher würde er noch der Prinzessin ihre Kleider in ihre Wohnung bringen und dort - zusammen mit einer Thermoskanne an heißer Schokolade und den restlichen Krapfen - eine Nachricht hinterlassen:
Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft - vielmehr aus unbeugsamen Willen.
Álvaros Blick ruhte ruhig auf der Prinzessin und er wusste augenblicklich, dass sie verstand, was Álvaro sagen wollte als ihre Blicke sich trafen. Es war fast schon ironisch, dass Esmée seinem Blick auswich, wo er es doch bei ihrem ersten Treffen gewesen war, der solche Probleme dabei hatte ihr in die Augen zu schauen. Es herrschte eine kurze Stille, doch Álvaro wusste, dass es nichts weiterzusagen gab. Dann ergriff die Prinzessin das Wort und zeigte wieder einmal, dass die Königin von Bosco in ihr steckte. Auch wenn Álvaro lange nicht mehr im Dienst von Bosco stand, so waren es diese Momente, wo die alten Gepflogenheiten wie von allein zurückkehrten. „Wie ihr wünscht, Prinzessin.“, entfuhr es ihm und fühlte er sich keineswegs gereizt, wie es noch der Fall war, als er ihre Einkaufstaschen tragen musste. Auch Erial fügte sich erneut, bevor die Prinzessin die beiden Männer allein zurückließ.
Álvaro wartete noch einen Moment und wollte sich gerade vom Tisch erheben als Erial ihn fixierte und das Wort an ihn richtete. Als Erial fertig war, wanderten Álvaros Mundwinkel ein klein wenig nach oben und der aufmerksame Beobachter konnte fast schon etwas, wie ein verschmitztes Lächeln erkennen. Ein Moment lang wartete Álvaro und ließ die Stille den ganzen Raum erfüllen bevor er sich wortlos erhob und sich von Erial abwandte, der sich auf den Weg machte die Küche aufzuräumen. „Es ist mir scheißegal, ob du nicht die erste Wahl warst. Alles, was mich interessiert ist, dass du jetzt dafür sorgst die erste Wahl zu werden.“ Álvaro mochte die Einstellung des Jungen, auch wenn er es nicht zeigte. Er hatte das richtige Mindset. Álvaro hatte wenig Zweifel daran, dass dieser Junge auf ihn losgehen würde, sollte er Esmée verraten, auch wenn er dabei sterben sollte. Ich bin gespannt, wie er sich entwickelt… Álvaro wusste nicht ob Erial antworten wollte und ließ ihm auch nicht die Möglichkeit dazu. Er hatte sich bereits auf den Weg Richtung Ausgang gemacht und hob nur locker die Hand zur Verabschiedung, während er sich seine Jacke über die Schulter geworfen hatte. „Danke für das Essen. Ich meld mich wegen dem Training.“ Mit diesen Worten verließ er das Gildenhaus von Satyrs Cornucopia. Die Zeit der Vorbereitung war vorbei. Nun hatte seine richtige Mission begonnen.
Wieder einmal war ein neuer Tag angebrochen und das bedeutete für Valda, dass sie sich wieder etwas neues für den neuen Tag ausdenken musste. Sie nahm ihre Aufgabe als Köchin der Gilde sehr ernst und war deswegen bereits sehr früh auf den Beinen. An diesem frühen Morgen hatte sie bereits ein wenig Sport gemacht, geduscht und in frische Kleidung geworfen. Wenn auch viele wohl meinen würden, dass es eine dumme Idee war, wenn man bedachte, dass sie anschließend mehrere Stunden in der Küche stehen wollte. Aber ihr war das egal. Sie mochte es ehrlich gesagt, wenn der Geruch von ihrem köstlichen Essen an ihr hing. Da hatte sie sehr gerne etwas mehr von. Gerade betrat sie die große geräumige Küche, noch darüber grübelnd, was sie denn so schönes machen sollte. Sie warf einen Blick in die geräumigen Vorratsschränke. Sie musste gestehen, so ganz fand sie sich hier immer noch nicht zurecht. Bei ihr daheim hatten die Küchen ganz anders ausgesehen und sie funktionierten auch anders. Das würde wohl noch seine Zeit dauern bis sie das ganze raus hatte. Etwas, was ihr aber mittlerweile deutlich leichter fiel, war das betätigen des Herdes. Das hatte sie mittlerweile raus, auch wenn man ihr erstmal kleinlich hatte erklären müssen, wie dieser funktionierte. In Dersierto kochten sie noch mit ganz klassischen Feuerschalen... Feuerlacrima benutzten sie da keine. Generell überraschte es sie, wie viel Magie es hier gab. Wobei sie vieles davon einfach nur schräg und verwirrend fand. Sie öffnete eines der anderen Fächer und stellte mit missmutigem Gesicht fest, dass dort nicht die Töpfe waren, die sie suchten. Stattdessen grinste sie ein Fach voll mit Nudeln an, die sie für das Frühstück allerdings nicht gebrauchen konnte. Furstriert schlug sie dieses zu und öffnete nach und nach immer die Fächer. Auch die, die etwas weiter unten gelegen waren. Als sie dort auch nichts fand, seufzte sie laut und frustriert, setzte sich ruckartig auf. Dabei stieß sie sich den Kopf. Ein wenig schmollend dreinblickend, ließ sie sich auf den Hintern fallen, rieb sich die getroffene Stelle und blickte umher. "Wo sind denn diese doofen Töpfe abgeblieben?", sprach sie ihren Gedanken laut aus. Die Küche war einfach viel zu unübersichtlich! Und warum war hier alles so verdammt klein. Das frustrierte die Oni und sie ließ sich den großen Kopf auf den Holztisch in der Mitte der Küche fallen. Warum fiel es ihr einfach nicht ein? Ihre Arme ließ sie einfach neben sich, auf den Boden fallen, ihre Beine lagen angewinkelt neben ihr. Dabei wollte sie doch nur ein tolles Dessert zum Frühstück dazu machen... Und das dauerte so lange, weshalb sie damit hatte anfangen wollen. Doch wie es aussah, musste sie sich von dieser Idee verabschieden und es weglassen.
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Zuletzt von Valda am Fr 3 Feb 2023 - 1:25 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Maenor
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Als der kalte Wasserstrahl auf die warme und schwitzende Haut des jungen Mannes traf, atmete dieser stoßartig vor Schreck ein und hätte sich beinahe voll auf die Schnauze gelegt. Wo andere, stoischere Personen die kalte Dusche ohne jegliche Regung hingenommen hätten, war Maenor eher dafür bekannt, seiner inneren Gefühlswelt ein Ventil in die freie Welt zu geben. „Fuck, warum ist das so kalt?!“, fluchte er vor sich hin und versuchte am Wasserhahn zu drehen, um die Dusche wärmer werden zu lassen – ohne Erfolg. Tja, da hatte der Gute vergessen, die ausstehende Wasserrechnung zu begleichen, sodass ihm die Wärme abgedreht worden war. Zur Verteidigung seines Vermieters musste man jedoch sagen, dass er durchaus zwei Mahnungen geschickt hatte, die jedoch im Mülleimer des Fice gelandet waren. Schließlich konnte er sie nicht lesen und Briefbeschwerer hatte er auch nicht nötig. Und selbst wenn der braunhaarige Magier irgendwie in der Lage gewesen wäre zu entziffern, was sein Vermieter da von ihm wollte, hätte er vermutlich nicht genügend Geld gehabt, um die offenen Rechnungen zu begleichen. Also half jegliches Fluchen und Winden nicht, sondern der Lichtgodslayer musste die kalte Dusche einfach ertragen. Zumindest brachte das kühle Nass das Adrenalin und Blut in seinem Körper in Fahrt, sodass er den Tag ziemlich wach starten konnte.
Nachdem er das kurze Vergnügen hinter sich gebracht hatte, machte sich Maenor klar und begab sich früh am Morgen direkt ins Gildenhaus, da er die letzten Zeichnungen an seinem neuen Sweatshirt anbringen wollte. Hier in der Gilde konnte er sich auch unverhüllt aufhalten, da er sich recht sicher fühlte. Dementsprechend fand man den exzentrischen Künstler an diesem für seine Verhältnisse frühen Morgen – der angenehmen Dusche sei Dank – in einem der Werkräume vor, wo er fleißig und konzentriert an seinem neuen Werk arbeitete. Wie immer hate er sich für ein einfarbiges, dieses Mal schwarzes, Kleidungsstück entschieden, an welchem er sich nun künstlerisch austobte. Der Vorteil davon war, dass es einerseits ziemlich günstig war, was ihm gelegen kam und andererseits er sich von der Masse abheben konnte. Denn wenn er eines nicht wirklich abhaben konnte, war es Null-Acht-Fünfzehn. Und die Modewelt quoll über mit Gewöhnlichkeit und Langeweile. Nein danke! Nach etwa einer Stunde Arbeit, setzte er den letzten magischen Stich und hob den Kapuzenpullover schließlich in die Höhe, um seine Zeichnung zu begutachten. Durch die magischen Farben, war die Farbe sofort eingezogen, sodass er sich sein neustes Werk auch gleich überziehen konnte. Auf der Vorderseite prangte ein großes und mysteriöses Symbol, welches er auf den Reisen mit Ra gesehen hatte. Der Fice erinnerte sich nicht so recht, wo das gewesen war, ob in Desierto oder Bellum – dafür war es viel zu lange her. Egal, höchst zufrieden mit dem Ergebnis, warf sich Maenor in Schale und trug sein neustes Werk nun Stolz zur Schau.
Doch so viel frühe Betätigung führte dazu, dass er einen Happen zu Essen brauchte. Die haselnussbraunen Seelenspiegel begutachteten den Inhalt seiner Geldbörse, der politisch korrekt ziemlich erbärmlich war, und entschloss sich mal nachzuschauen, ob er vielleicht hier irgendwo einen Happen zu Essen auftreiben konnte. Gut gelaunt, was man daran erkennen konnte, dass er ein Lied vor sich hinsang, schritt der junge Mann zielstrebig auf die Gildenküche zu. Er mochte zwar nicht lesen können, aber hey, natürlich merkte er sich unverzüglich, wo die Küchen waren! „Manchmal denk ich, wie's wohl wär … Wenn ich nich' wär, wer ich bin. Aber kein Mensch steht mir so gut wie ich … Deshalb bleib ich wie ich bin!“ Und mit einer Drehung, betrat er die Küche und stolperte sogleich über einige Töpfe, die jemand an einer ungünstigen Stelle auf dem Boden platziert hatte. „Scheiße, wer hat denn diese Töpfe hier abgestellt?“, fluchte Maenor, als er eine elegante – nicht – Landung auf dem Boden hinlegte und sich seinen schmerzenden Kopf rieb. Der Fice hatte noch gar nicht bemerkt, dass sich in der Küche jemand anderes befand, die gerade auf der Suche nach eben jenen Töpfen war, über die er gerade gestolpert war.
Es war zum Haare raufen. Wo waren denn diese verdammten Töpfe abgeblieben? Sie verstand es einfach nicht. Am Tag davor hatten sie doch noch dort gestanden und nun? Jetzt waren sie weg und die Oni hatte nicht den geringsten Schimmer wohin sie verschwunden waren. Frustriert hatte sie den massiven Schädel auf den Holztisch in der Gemeisnchaftsküche fallen lassen, die Arme schlaff herunter hängend, der Blick auf das Rezept, das sie dort abgelegt hatte und um welches sie trauerte. Wie sollte sie das denn nun ohne Topf noch zubereiten? Das konnte ja nichts werden! Sie stieß einen frustrierten Schrei aus, ließ die massiven Hände geballt auf den Boden prasseln, wodurch ein lauter, dumpfer Knall erhallte, der den Boden um sie herum womöglich auch ein wenig in Wallungen brachte. Sie hatte von dieser Nachspeise schon des Öfteren gehört... Bei ihr zuhause gab es das auch, doch sie wollte unbedingt wissen, wie man dieses Muß hier in Fiore machte. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie bei sich zuhause in Dersierto zahlreiche Stunden in der "Küche", welche mehr einem großen Lager mit vielen Feuerstellen glich, damit verbracht hatte, unterschiedlichstes Obst zu Schälen, zu kochen und klein zu stampfen. Es war anstrengend gewesen, die ganze Kraft, Stunde um Stunde aufzubringen, doch letzten Endes hatte es sich gelohnt. Am nächsten Morgen hatte sie zahlreiche Töpfe mit der fruchtigen Speise gefüllt und an Bedürftige und Diener ihres Heimes verteilt. Das war etwas... Das war der doch recht groben und lauten Oni wichtig gewesen. Für sie stand immer an erster Stelle, anderen zu helfen, ihnen etwas von dem zurück zu geben, was sie von ihnen bekam. Einfach nur Dinge zu nehmen und zu nehmen, würde ihr wohl nie so recht in den Sinn kommen. Jeder hatte eine gute Mahlzeit von der Sultana gefertigt verdient. Ihr Plan war es gewesen, das Muß nach fiorischem Vorbild nachzumachen, war das ihre doch wesentlich süßer und hatte mehr zusätzliche Inhaltsstoffe und alles, was die Gilde nicht essen würde, an Fremde zu verteilen. Wäre ja zu schade um den Aufwand, wenn man die Reste wegschmeißen musste. Doch von dieser Idee konnte sie sich getrost verabschieden. Was hatte sie denn sonst nochmal geplant? Sie wollte dazu noch ein ziemlich einfaches morgendliches Gericht machen. Rührei und Speck, nannte man das hier, wenn sie sich richtig erinnerte. Dazu dann noch ein paar Brote und Butter. Wer noch mehr wollte, bekam noch ein paar Aufstriche. Es war ziemlich simpel, aber das gefiel der Oni. Es gefiel ihr wirklich sehr. Die schlichten Dinge hatten manchmal auch ihren Charme. Auch wenn der Speck hier in Fiore und die Eier winzig waren... Da würde sie eine Menge brauchen, um die Gilde durchzufüttern. Vor allem das zerschlagen würde spannend werden, mit ihren großen Händen. Doch bisher war schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen. Dennoch deprimierte es sie. Sie wollte unbedingt das Muß dazu machen... Da halfen die Gedanken an den geräucherten Speck und die im Saft des Fleisches angebratenen Eier auch nichts. Ein wenig deprimiert, aber verträumt saß sie da, zwiegespalten zwischen ihrem eigenen Bärenhunger und dem Wehemut. Dadurch bemerkte sie nicht, wie jemand anderes die Küche betrat. Plötzlich hörte man ein lautes, metallisches Poltern. Mit einem Mal saß die Oni kerzengerade. Warte... Metall... DAS MUSSTEN DIE TÖPFE SEIN! Valda sprang regelrecht auf und stürmte in die Richtung aus welcher der Lärm gekommen war. Zu ihrer Begeisterung fand sie einen der Zwerge vor, der unter und unter mit Töpfen besäht war. "Da seid ihr ja! Ich hab euch überall gesucht!", rief sie euphorisch aus, was für die meisten wohl eine ziemlich unangenehme Lautstärke sein musste. Doch die Freude war viel zu groß, als das es ihr auffallen würde. Mit einem Mal schnappte sie sich so viele Töpfe wie sie greifen konnte und eilte damit im Arm hüpfend in die Küche zurück, fröhlich summend. "Töpfe! Töpfe! Töpfe! Ich habe meine Töpfe wieder!", summte sie fröhlich und ließ sie in der Küche auf den Boden fallen, suchte sich ein paar in der passenden Größe heraus. Den Kamerad, der über die Töpfe gefallen war, hatte sie schon wieder ganz vergessen.
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Maenor
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Maenor lag am Boden und rieb sich den schmerzenden Kopf, während er der- oder demjenigen jegliches Unheil an den Kopf wünschte, der diese vermaledeiten Metalltöpfe so ungünstig positioniert hatte, dass er darüber gestürzt war. Dass sich sogleich die Schuldige nähern sollte, war ihm natürlich nicht bewusst. Es begann mit einem lauten Stampfen, was alles um ihn herum zum Vibrieren brachte. *Was zum …*, dachte sich der exzentrische Magier noch, als seine Gedanken von einem Ausruf der Freude von solch einer unangenehmen Lautstärke unterbrochen wurde, dass sein Trommelfeld im Nachfeld klingelte. Der junge Mann hob den Kopf an und begutachtete mit seinen haselnussbraunen Seelenspiegeln den Neuankömmling, bei welchem es sich um die größte Frau handelte, die er je gesehen hatte. Es handelte sich um eine blonde, durchaus muskulöse Frau mit einem ausgefallenen Modegeschmack, der seinem in nichts nachstand. Zugegeben, wo er selbst seine Details mit eigenen Kreationen und Zeichnungen setzte, schien die Frau eher Akzente mit Goldschmuck zu setzen. Jedenfalls blickte der Fice recht verdattert zu ihr rauf, wobei er voll und ganz ignoriert wurde. Die Riesin nahm einfach so viele der Töpfe in die Hände, wie sie nur konnte, machte im Absatz kehrt und lief fröhlich summend wieder von ihm weg. "Töpfe! Töpfe! Töpfe! Ich habe meine Töpfe wieder!" Aha! Das war also der Missetäter. Was jedoch ganz und gar nicht nett war – sie ließ Maenor einfach auf dem Boden zurück.
„Eh … Entschuldigung? Und ich?“, rief der Fice leicht pikiert aus und rappelte sich sogleich auf. Eilig lief er der Riesin hinterher, die beinahe doppelt so groß war, wie er selbst. Ob das ein Zauber war, der ihre Größe veränderte? Oder gehörte sie möglicherweise einer ganz anderen Spezies an? Details, die ihn zu diesem Zeitpunkt nicht interessierten, denn er hatte etwas ganz anderes auf der Agenda stehen. „Ey, hör mal! Ich hätte mir beinahe ein Bein gebrochen, als ich über die Töpfe gestürzt bin!“, echauffierte er sich lauthals, als er endlich zur blonden Frau aufgeschlossen hatte. „Meinst du, dass meine Versicherungspolice das deckt? Nicht, dass ich mir eine leisten könnte.“, murmelte er noch leise hinterher, ehe er seine Stimme wieder erhob. „Das hätte bös’ ins Auge gehen können! Aber ich will mal nicht so sein. Wenn ich etwas Leckeres zu Essen bekomme, drücke ich mal drei Augen zu.“, bot er diplomatisch an und offenbarte damit sofort, worauf er wirklich aus war. Schließlich nahm er sich noch die Zeit, sein Gegenüber eingehender zu begutachten – es gab ja auch genug zu sehen, denn sie füllte beinahe sein gesamtes Blickfeld aus. „Was willst du da eigentlich kochen? Und wer bist du eigentlich? Ich habe dich noch nie zuvor gesehen!“ Was nicht viel zu bedeuten hatte, immerhin lebte er selbst nicht im Gildenhaus. „Ich bin Maenor!“, stellte er sich freundlich vor und man konnte glatt meinen, dass sein Sturz vorhin niemals geschehen war. Allerdings musste man die Beweggründe des jungen Mannes verstehen – immerhin schadete es nie, wenn man sich mit einem Koch oder einer Köchin gut verstand. Mal sehen, wie die große Frau auf die ganzen Aussagen des in ihrer Augen Zwerges reagieren würde.
Laut und fröhlich war die Melodie, welche die Oni mit ihrem Mund erzeugte. Zufrieden und begeistert darüber, dass sie endlich ihre Töpfe widergefunden und ihren Plan doch nicht über einen Haufen werfen musste, machte sie unfassbar glücklich. In ihrer ganzen Freude hatte sie den kleinen Kameraden, der über die Metalltöpfe gestolpert war vollkommen vergessen. Valda war vollkommen auf die Töpfe und das fokussiert, das sie mit ihnen vor hatte. Sie stellte die Töpfe auf der Arbeitsfläche ab und lief in der Küche umher, bis sie einen großen Sack voller Äpfel gefunden hatte. Den schmiss sie auf den großen Tisch, pflückte noch ein paar andere Sachen heraus, ehe sie sich mit einem großen Knall und Beben auf den Boden fallen ließ. Der arme Drops war mittlerweile auf die Beine gekommen und ihr gefolgt, beschwerte sich lauthals darüber, das er sich beinahe das Bein gebrochen hätte und fragte nach der Versicherung. Generell beschwerte er sich sehr viel. Irritiert ließ Valda den Apfel fallen, den sie zuvor begonnen hatte zu schälen, legte den Kopf schief. Sie legte ihre Hände, auch die mit dem großen Messer dass sie zum Schälen nutzte auf dem Tisch ab und beugte sich vor, musterte den kleinen Kerl. Ihr Blick glitt intensiv nachdenkend über den Kerl vor sich. Hatte sie ihn schonmal gesehen. "Ah! So hast du meine Töpfe also wiedergefunden!", fiel ihr dann ein und ihr kritisches Gesicht erhellte wie ein entflammtes Feuer. Hell und warm. "Dafür muss ich dir danken! Ich hab den ganzen Morgen danach gesucht... Ich hab mich noch nicht so an die Küchen hier gewöhnt... Da vergess ich häufiger wo was ist.", erklärte sie ihm und stieß ein erheitertes Lachen aus. "Aber wegen dir kann ich jetzt endlich anfangen! Magste helfen? Dann wird es schneller fertig.", erkundigte sie sich dann direkt bei ihm, ehe sie den Apfel wieder vom Boden pflückte und weiter schälte. "Was ist eigentlich eine Versicherung? Davon hab ich ja noch nie gehört... Kurios..." "Essen wird es ganz viel geben... Muss aber erstmal anfangen.", erwiderte sie, zwinkerte ihm zu, schmiss den ersten geschälten und zerschnittenen Apfel in den großen Topf, der auf dem Tisch stand, schnappte sich den nächsten. "Oh! Ich will was neues ausprobieren... Apfelmuß heißt das! Hab das Mal in einem der Läden hier gekostet, fand ich wundervoll. Da dachte ich, ich probier das Mal.", beantwortete sie seine Frage, warf die nächsten zehn fertig geschälten in den Topf. Die Äpfel hier waren so klein, da war sie mit dem Schälen eines einzelnen schnell fertig. "Ich bin noch recht neu hier, Valdayanna Sultana Ufara Blyana mein Name! Aber kannst mich auch Valda nennen, wenn's dir zu lang ist.", stellte sie sich bei dem jungen Mann vor, schälte fleißig weiter. "Schön dich kennenzulernen Maenor!", erwiderte sie und grinste ihn fröhlich an. Dann klopfte sie neben sich auf die Bank von dem Tisch - wobei Valda mehr auf dem Boden als auf der Bank saß. "Hab gehört das soll ziemlich lange brauchen - sollten uns also ranhalten, Kleiner!"
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Maenor
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Es war sicherlich ein komisches Bild, welches die beiden ungleichen Gildenkollegen hier in der Gemeinschaftsküche von Satyrs Cornucopia abgaben. Auf der einen Seite der braunhaarige Magier, der hoch zur Riesin blickte und dieser eine Aussage nach der anderen zuwarf, wobei seine Argumentationslinie Haken wie ein Hase auf der Flucht schlug. Und auf der anderen Seite die mehr als nur großgewachsene blonde Frau, die ihrerseits den kleinen Magier kritisch musterte. Der intensive Blickkontakt hielt jedoch nur noch einige Sekunden, ehe sich Freude auf dem Gesicht der Blonden abbildete und sie den Fice warm anblickte. Sogleich dankte sie ihm dafür, dass er ihre Töpfe wieder gefunden hatte und erklärte ihm auch noch, dass sie sich noch nicht an die Küchen hier gewöhnt hatte und deshalb ständig vergaß, wo etwas lag. *Ja, das glaube ich gern!*, dachte sich der Fice noch ein wenig pikiert durch die Schmerzen, welche er durch den Sturz über die herumliegenden Töpfe noch verspürte. Da die Töpfe allerdings für Menschenhände gemacht waren, wunderte es den braunhaarigen Magier nicht wirklich, wie man so etwas bei solch einer Körpergröße mal verlegen könnte. „Ach Schwamm drüber, das habe ich gerne gemacht!“, erwiderte Maenor mit feierlicher Stimme und stemmte die Hände in die Hüften, ganz so, als ob es mega der Kraftakt gewesen wäre, die Töpfe für die Riesin zu finden. „Eine … ehm drei gute Mahlzeiten und wir sind quitt.“, sprach er weiter und korrigierte sich mitten im Satz, denn er witterte eine Chance, auf gratis Essen.
Ehe er jedoch das versprochene Mahl erhielt, musste er selbst helfen? Uff, eigentlich verspürte der Fice im Augenblick keinerlei Lust wirklich zu kochen, ganz zu schweige davon, dass er es nicht konnte. Ehe er sich eine Ausrede zurechtlegen konnte, warum er nicht helfen würde, hielt er inne. Eigentlich bot sich ihm gerade eine gute Chance, die er nicht verstreichen lassen sollte. Wenn er sich klug anstellte, dann gelang es ihm vielleicht, gleich drei Fliegen mit einer einzigen Klappe zu schlagen. Erstens: Er würde sich mit einem der Köche der Gilde anfreunden, was sicherlich niemals schadete. Zweitens: Er würde sich vielleicht etwas von der Köchin abgucken können, sodass er seine miesen Kochkünste verbessern könnte. Drittens: Er konnte mittendrin ungesehen naschen und sich schon mal den Wanst vollschlagen. Aus diesem Grund setzte er schließlich ein breites Lächeln auf, mit welchem er die Größere bedachte. „Klar kann ich helfen. Mach‘ ich doch gern!“ Kurz beobachtete er die größere Frau beim Schälen und Schneiden der Äpfel, ehe er sich ebenfalls ein Messer schnappte und es ihr gleichtat. Die Frau, die sich als Valdayanna Sultana Ufara Blyana – kurz Valda – vorstellte, wollte Apfelmus kochen. Ein ziemlich exotisch klingender Name, wenn er so darüber nachdachte. Das Erste, was ihm dabei durch den Sinn kam, war … „Cooler Name! Ist das so ein Namensbrauch in Sun Village?“, erkundigte er sich ehrlich interessiert nach der Herkunft der Frau, welche er missverständlich für eine Riesin hielt und ihren Ursprung deshalb im Dorf der Riesen, der Sun Village, vermutete. „Dann nehme ich dich mal beim Wort und belasse es bei Valda, das geht schneller. Freut mich auch dich kennen zu lernen!“ Fröhlich schälte der junge Mann einen Apfel nach dem anderen, wobei er sie auch viertelte und es Valda gleichtat, und die Viertel in den Topf warf. Dabei landete bei jedem Apfel stets ein Viertel in seinem Magen, sodass er sich im Augenblick alles andere als beschweren konnte oder würde. Hehe, manchmal war er so clever, dass er schwerst beeindruckt von sich selbst war.
Leider stellte Valda nun eine Frage, bei welcher sich der Fice ertappt fühlte … was war eine Versicherung? Puh, gute Frage. Er hatte diesen Spruch nur mal bei Passanten gehört und aufgeschnappt. Es hatte irgendetwas damit zu tun, dass man Geld bekam, wenn einem etwas passierte. Aber wie sollte er ihr das am besten erklären, wenn er selbst so wenig Plan hatte? „Also eine Versicherungspolice ist etwas ganz kompliziertes. Du zahlst Geld und wenn dir etwas passiert, bekommst du Geld zurück.“, erklärte er recht ominös und mit sicherer Stimme. Tja ja, sein übliches Motto griff in diesem Moment mal wieder: Selbstsicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit. Wirklich erklärt hatte er Valda den Begriff der Versicherung damit nicht, aber hey, vielleicht reichte ihr ja diese Erklärung? Allerhöchste Eisenbahn, eine Nebelkerze zu zünden und das Thema zu wechseln. „Sag mal, hast du keine eigenen Töpfe, die größer sind? Das muss doch ziemlich kompliziert sein, mit so kleinen Töpfen zu hantieren, oder?“ Bei dieser Frage blickte er zur Riesin, die neben ihm auf der Bank saß – oder besser gesagt auf dem Boden. „Und hey! Ich bin nicht klein! Man sagt mir eher nach, dass ich überdurchschnittlich … ach lassen wir das.“, gluckste er und winkte mit einem schiefen Grinsen ab, sich mitten im Witz unterbrechend. „Du bist vielmehr echt groß! Nicht viel zu groß, ich würde es mir ja niemals anmaßen, über die Körpergröße von jemandem zu urteilen. Auch nicht von einer Riesin.“ Tja, und damit war es raus, dass der Fice dachte, dass es sich bei Valda um eine Riesin handelte. Würde sie diesen Irrtum aufklären und ihn darüber informieren, dass es sich bei ihr um eine Oni handelte?
Immer wieder musste die große Oni feststellen, wie anders doch alles hier in ihrer, mehr oder weniger neuen Heimat stattfand. Sie würde zwar im Herzen immer Desierto als ihr Zuhause sehen, doch Fiore nur als das Land zu betiteln, welches sie besuchte... Das würde ihrem langen, unbefristetetn Auffenthalt nicht ganz gerecht werden. Mittlerweile war es... Ein Monat? Das sie hier war. Noch immer hatte sich die Kriegerin nicht wirklich an alles gewöhnt und hatte noch vieles zu lernen. Wie sich in einer Küche, wie der Gemeinschaftsküche von Saytrs Cornucopia zurecht zu finden. Eine Hürde, die sie jeden Tag meistern musste, aber sich dabei hin und wieder trotzdem auf die Nase legte. Doch sie war niemand, der sich von so etwas unterkriegen ließ. Sie würde wegen ein paar verschwunderner Töpfe nicht gleich das Handtuch hinwerfen! Lediglich einen kurzen Moment brauchen, um die Tatsache zu verarbeiten, dass ihr Plan nicht ganz aufging wie sie es sich ausgemalt hatte. Das war schon ein derber Schlag! Umso mehr freute sie sich also, als das bekannte Klirren des Metalls aus dem die Töpfe gemacht waren ertönte und sie aufgrund eines freundlichen Zwergs den Auffenthaltsort ihrer Töpfe herausfand. Auch... Wenn sie ihn in ihrer Euphorie schnell wieder vergessen hatte. Als dieser sie ansprach, fiel es ihr wieder ein und sie konnte sich bei ihm für sein Mitwirken bei ihrer Suche bedanken. Es war vielleicht etwas zu viel gesagt, wenn Valda sagen würde, dass er ihren Tag gerettet hatte, aber sie war ihm schon sehr dankbar. Vergnügt grinste sie, als der Kerl meinte, dass sie ihm drei gute Mahlzeiten machen sollte und sie dann wieder quitt waren - auch wenn sie nicht recht wusste, was er meinte. Es war ja nicht ihre Schuld gewesen, dass er über die Töpfe gestolpert war. "Das lässt sich einrichten!", ging sie auf seinen Vorschlag ein, ehe sie sich ihren Äpfeln widmete. Dass Maenor kein Interesse daran hatte, ihr bei der Arbeit zu helfen konnte die Oni nicht ahnen. Selbst wenn er es ihr sagen würde, würde sie es wohl kaum verstehen. Für sie war es Gang und Gebe, dass Freunde einander halfen und unter die Arme packte - außerdem profitierte er ja ohnehin davon, weil er dann schneller die erste der drei versprochenen Mahlzeiten bekam. Als er dann zustimmte grinste sie zufrieden. "Super! Messer sind in dem Schrank!", sprach sie und deutete auf eine der Schubladen hinter sich, während sie die nächsten Äpfel fertig schälte und in kleinere Stücke geschnitten in den Topf schmiss. Darauf, dass sie sich bei ihm vorstellte kam allerdings dann eine seltsame Reaktion. "Sun Village? Was ist denn das? Sind das Leute die auf der Sonne leben? Wäre aber ganz schön heiß... Noch heißer als bei mir daheim und das will schon was heißen.", erwiderte sie und blickte irritiert auf den kleinen Kerl herunter, der sich ein Messer geschnappt und begonnen hatte, ihr zu helfen. Daraufhin erkundigte sie sich bei ihm noch, was eigentlich eine Versicherung war, hatte sie bislang selber noch nie von gehört. Sie konnte sich unter dem Begriff absolut gar nichts vorstellen. "Versteh ich nicht... Warum sollte man wo Geld einzahlen, wenn man es eh wiederbekommt? Dann kann ich das doch gleich bei mir halten? Aber gut, mit Geld hab ichs eh nicht so.", erwiderte sie und zuckte mit den breiten, muskulösen Schultern die wie immer von ihrem Oberteil bedeckt waren. "Bisher hab ich keine gefunden... Wenn ich gewusst hätte, hätte ich ein paar Kochutensilien mit hergebracht...", ihre Stimme klang nachdenklich. Vielleicht könnte sie ja nach Desierto und ein paar Töpfe von dort holen... Während Valda erst noch nachdenklich auf die Äpfel in ihre Hände blickte, die weiter arbeiteten und Stück für Stück den Topf füllten, entglitten ihr bei Maenors weiteren Worten regelrecht alle Gesichtszüge. Was? Ne Riesin? Irritiert schüttelte sie den blonden Schopf, griff den nächsten Apfel und schälte diesen. "Ich bin keine Riesin...", murmelte sie. Wie kam der denn darauf? Sie hatte zwar schon festgestellt, dass die Onis die in diesem Land lebten sich doch stark von ihr unterschieden... Wie @Ravinuthala die von Natur aus eine rote Haut hatte, oder @Karma die über die besondere Hautfarbe hinaus noch Hörner besaß. Aber wie kam man denn bitte darauf, dass sie eine Riesin war? So groß war sie dann auch wieder nicht. "Ich bin eine Oni. Ich seh vielleicht nicht so aus wie Ravi, aber wir sind Volksschwestern! Leider nicht Stammesschwestern, aber gut. Sie ist super! Hast du sie schonmal getroffen? Sie ist auch hier in der Gilde und man! Sie ist super stark und gut im Wrestling! Hab schon mehrfach in ihrem Schwitzkasten gesessen! Die hat ganz schön was drauf!", schwärmte sie von ihrer Oni-Freundin, die sie hier gefunden hatte. Ravi war toll und Valda verbrachte sehr gerne Zeit mit ihr. Zumal ihre Freundin immer einen guten Appetit mitbrachte! Was sie wohl gerade machte? Sie musste nachher unbedingt Mal nach ihr schauen! Valda registrierte nicht wirklich, wie sie mit ihren Gedanken von Maenor abdriftete und in Gedanken versunken den ersten Sack Äpfel fertig geschnitten hatte. Erst als sie hineingriff und nichts mehr greifen konnte, blickte sie irritiert rein. "Oh! Das wars ja schon mit den Äpfeln!", meinte sie, das Gesicht im Sack vergraben. Sie zog ihn wieder heraus und grinste Maenor an. "Jetzt brauchen wir noch Vanilleschoten, Zucker und Zimtstangen! Das muss dann gut eingekocht werden. Noch ein wneig Zitrone dazu und dann heißt es erstmal warten bevor wir Muß draus machen können!", erklärte sie dem Zwerg ihren Plan, während sie aufstand und den vollen Topf schonmal auf den Herd stellte und die anderen Zutaten suchte. "Was meinst du? Schmeckt Apfelmuß warm oder kalt besser? Müssen halt dann schauen, wann wir mit dem restlichen Frühstück anfangen... Nicht, dass das kalt ist bis wir es zum Essen rausgeben können." Erklärte sie, zog den Kopf wieder aus einem der Schränke raus und blickte zu Maenor, prüfend ob er alles mitbekommen hatte und etwas sagen wollte. Was auch immer ihm gefiel, würde sie machen. Die Qual der Wahl lag also bei ihm!
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Maenor
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*Was ein Glücksgriff!*, schoss dem jungen Mann durch den Kopf, als die riesige Frau einwilligte und ihm drei Mahlzeiten versprach. Es hatte sich gelohnt, zu pokern und dreist zu sein. Seine nächsten Mahlzeiten waren also gesichert! Die riesige – groß wäre einfach eine Untertreibung gewesen – Valda sammelte sogleich einige Pluspunkte bei ihm, auch wenn sie nicht immer die gleiche Sprache zu sprechen schienen. Denn dass die beiden Satyrs Cornucopia Magier aneinander vorbei redeten wurde recht schnell deutlich, als es um die Herkunft der Frau ging. Der Fice hielt sie irrtümlicherweise für eine Riesin, aber hey, wer hätte ihm bei ihrem Anblick auch schon einen Vorwurf machen können? Da er noch nie einem leibhaftigen Riesen begegnet war, war ihm auch nicht bewusst, dass diese für gewöhnlich noch ein gutes Stück größer als Valda waren. Aber eines nach dem anderen! Zunächst überführte ihn die große Frau bezüglich der Versicherungspolice, deren Wirkungsweise er so ominös erklärt hatte. Natürlich hatte der Fice keine Ahnung, wie eine Versicherung funktionierte, welche Parameter zur Kalkulation einer Police und der monatlichen Abschläge genutzt wurden und welche Tricks die Versicherungsgesellschaften selbst in Fiore nutzten, um sich vor einer Auszahlung zu drücken. „Genau deswegen ist es ja so kompliziert.“, wand sich der junge Mann aus der Situation raus und nutzte die Chance, dass die Köchin von gab, dass sie es mit Geld nicht so hatte. *Da bist du nicht die Einzige!*, dachte sich der exzentrische Künstler mitleidig. Wieder etwas, dass die beiden äußerlich so unterschiedlichen Personen gemeinsam hatten.
Bei Valda’s Erklärung zum Leben auf der Sonne, runzelte Maenor die Stirn. Verarschte sie ihn jetzt gerade? Auf der Sonne konnte man doch gar nicht leben … oder etwa doch?! Nein, das war ausgeschlossen, da war es doch viel zu heiß. Als die Frau schließlich offenbarte, dass es sich bei ihr um eine Oni statt einer Riesin handelte, war der Fice zwar schlauer, hatte aber weiterhin Fragezeichen auf die Stirn geschrieben. Was zum Teufel waren Oni?! „Achsoooo, sag das doch gleich!“, teilte er der Köchin recht selbstsicher mit, überspielend, dass er keinerlei Ahnung hatte, was sie da gerade gesagt hatte. „Nein, in Sun Village leben die Riesen von Fiore. Und weil du so groß bist, dachte ich, dass du eine Riesin bist. Aber natürlich, du bist eine Oni, wie konnte ich das nicht sofort erkennen?!“ Ja, wie nur? „Woher kommst du denn dann, wenn es da so heiß ist? Aloe Town? Ich sag dir, mit der Wüste hier ist echt nicht zu scherzen. Nur Desierto ist noch heißer, aber das ist auch kein Trost, wenn dir die Brühe runterläuft.“ Zu viel Information, zu viel! Aber zumindest näherte sich das Gespräch somit langsam, aber sicher dem Ursprungsort der Oni.
„Ravi?“, fragte er laut nach und durchforstete seinen Verstand nach Bildern einer zweiten Valda. „Glaube, die hab‘ ich mal aus der Ferne gesehen, aber bin mir nicht sicher.“, erklärte der junge Mann vage. Wenn er in seiner Kunst vertieft war, dann verlor er sich und hatte keinerlei Blick mehr für die Welt um sich herum. Obwohl man sagen musste, dass eine Oni sicherlich in den Gildenhallen auffiel. „Klingt aber nach lustiger Gesellschaft, auch wenn ich nicht wrestle, sondern Schwertkämpfer bin. Aber falls mir Leute mal Geld schulden sollten, komme ich auf Ravi und dich zurück. Da drückt sich bestimmt keiner davor, die Schulden zu begleichen!“ Höchst zufrieden mit sich selbst, schnippelte der junge Mann die letzten Äpfel. Man musste doch stets seinen eigenen Nutzen aus der Sache ziehen und wenn er sich schon mit einer Oni anfreundete, die eine andere, offensichtlich gewalttätige Oni kannte, dann musste man das Positive an der Sache sehen. Während ihm Valda noch die weiteren Kochschritte für den Apfelmus erklärte, machte er sich gedanklich Notizen. Vielleicht gelang es dem Fice ja damit endlich, selbst etwas Leckeres zu kochen? Zu behaupten, dass seine eigenen Kochkünste bescheiden waren, wäre höchst übertrieben gewesen. *Vanilleschoten, Zucker, Zimtstangen, Einkochen, Zitrone … Roger!* Das klang doch echt lecker! Aber als ihn Valda fragte, ob er das Apfelmus lieber heiß oder kalt essen wollte, lag Maenor’s Antwort auf der Hand. „Ich bevorzuge warm, das gibt mehr Kraft!“, erklärte er seine Antwort mit einer dummen Aussage. Nichts hätte ferner der Realität sein können. Es ging dem exzentrischen Magier einfach nur darum, dass er nicht länger als nötig auf das Frühstück warten wollte! Und obwohl er die ganze Zeit beim Schnippeln gesnackt hatte, war er noch lange nicht gesättigt. „Was bereiten wir als nächstes zu?“ Mit weitaus mehr Elan als zu Beginn ihrer Arbeit, erkundigte er sich bei der Köchin nach der nächsten Arbeit. Möglicherweise konnte er sich ja wieder etwas bei ihr abschauen? Und zwischendurch schon mal snacken, das verstand sich doch von selbst!
Das mit den Versicherungen wollte ihr einfach nicht in Kopf gehen. Doch da schien es Maenor gleich zu gehen! Der wusste auf ihre Fragen auch nichts besseres zu erwidern, als hervorzuheben, dass es ja deswegen so kompliziert sei. "Hmmm.... Dann ist ne Versicherung aber nichts für mich! Ich kauf nur das, was ich verstehe... Wie essen! Bei Essen weiß ich immerhin das es mir schmeckt!", kam sie zu dem Entschluss. Ja, wofür sollte sie eine Versicherung sowieso brauchen? Sie war groß, sie war stark und sie hielt viel aus. Ihr dürfte so schnell eigentlich nichts passieren. Da war sie doch ziemlich optimistisch. Und wenn, hatte sie es wohl verdient! Wer schwach war, musste mit den Wunden eines Kampfes leben! Aus Niederlagen lernte man und somit auch aus den Wunden und Verletzungen, die man daraus erhielt. Maenor schien ebenso verwirrt zu sein, von dem was Valda erzählte, wie Valda selbst es von dem Namen des Dorfes war. Man sollte doch meinen, dass die Leute, die dort lebten, sich etwas dabei gedacht hatten. Warum sonst nannte man ein Dorf denn "Sun Village" wenn nicht, weil es auf der Sonne lag? Wobei... Mochte es vielleicht sein, dass sie es so nannten, weil es dort so heiß war wie auf der Sonne? Aber da wäre ja die Frage, woher die Leute, die das Dorf benannt hatten wussten wie heiß die Sonne war... Hatten die etwa Flügel und waren auf die Sonne drauf geflogen? Die Oni fand das ganze ganz schön kurios. Apropos Oni! Mit dem Begriff schien der kleine Zwerg schon eher was anfangen zu können und erklärte, dass in Sun Village die Riesen von Fiore lebten und er angenommen hatte, das sie bei ihrer Größe Teil dieses Volkes war, aber jetzt wo er drüber nachdachte, es ja voll logisch war das sie eine Oni war. Also... Letzteres hatte er nicht gesagt, aber es klang so! Breit grinste Valda. "Aloe Town? Neeeeee, da komm ich nicht her. Meine Eltern haben da ne Bleibe für mich, aber neeee.", verneinte sie seine Frage. Als er auf ihre Heimat zu sprechen kam, verharrte sie augenblicklich in der Bewegung, ihre smaragdgrünen Augen begannen begeistert zu funkeln. Mit einem Mal klatschten ihre großen Handflächen schwungvoll auf den Tisch und sie beugte sich ruckartig zu Maenor herunter. Ihr blondes Haar und ihr darin eingearbeitete Kopfschmuck tanzten wild um ihren Kopf, während sie ihm ein breites Grinsen zeigte, dass ihre spitzen Zähne entlarvte. "OHO! Du warst schonmal in Desierto? Wie cool! Desierto ist meine Heimat weißt du! Da komm ich her! Das ist ja Mal mega! Die meisten Leute können damit nichts anfangen! Aber du bist wohl anders, kleiner Mann!", stieß sie laut und voller Begeisterung aus. Ja, sie freute sich mega, jemanden gefunden zu haben, der ihre Heimat zu kennen schien. Da fühlte sie sich gleich ein Stück voller im Herzen! "Sag Mal, warste eigentlich schonmal in der Hauptstadt? Oder im Palast?", fragte sie ganz neugierig und merkte gar nicht, wie sie bei jedem Wort, das über ihre Lippen kam, sich Maenor Stück für Stück immer weiter näherte. Im nächsten Augenblick ließ sie sich lachend wieder zurück fallen, klatschte begeistert in die Hände und schloss vergnügt die Augen. "Oh ja! Wenn @Ravinuthala, wie sie ja eigentlich heißt, aber ich nenn sie immer Ravi, bei dir ist, wird es nie langweilig!", erwiderte sie. "Ein Schwert hab ich auch! Zumindest glaub ich, dass es zum Teil ein Schwert ist... Ich nenn es ja eher Macuahuitl.", kam sie auf die nächste vielleicht-Gemeinsamkeit der beiden nach außen doch so verschiedenen Personen zu sprechen. "Klar mach das! Ich helfe wo ich kann!" Dann waren die Äpfel auch schon leer. Kurzerhand erklärte sie das weitere Vorgehen und erkundigte sich, ob er Apfelmus lieber kalt oder warm aß. Darauf bekam sie schnell eine Antwort. Warm also! Dann konnten sie ja direkt mit dem Rest loslegen! "Dann können wir ja direkt weitermachen! Als nächstes müssen wir Brot backen! Danach machen wir dann dazu noch Rührei, Spiegelei und braten Speckscheiben an!", erklärte sie ihm und begann die notwendigen Zutaten aus den Fächern zu kramen. "Magste Mal was suchen, wo wir gleich den Teig vom Brot reinpacken können? Sollte möglichst groß sein... Und wenn du nichts findest was groß genug ist... Dann hol einfach so viel wie du tragen kannst. Dann müssen wir halt portionieren!", erklärte sie, stellte die ersten Zutaten an den Tisch, darunter Mehl und Hefe.
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Maenor
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Es klang doch äußerst vielversprechend, dass seine riesige Gildenkollegin etwas von Essen verstand – da waren sie schon zu zwei, denn auch er war ein leidenschaftlicher Gourmet. Valda hatte jedoch einen entscheidenden Vorteil, denn sie konnte offensichtlich gut kochen und backen, während es sich bei ihm um einen Stümper par excellence in der Küche handelte. Der Fice vermochte sogar Nudelwasser anbrennen lassen, was schon eine Leistung für sich war. Aber unter den aufmerksamen und großen Augen seiner blonden Oni-Kollegin, würde das heute sicherlich nicht passieren!
Als Valda ihm mitteilte, dass sie nicht aus Aloe Town kam, aber ihre Eltern ihr dort eine Wohnung besorgt hatten, hob der Fice die Augenbrauen an. *Oh, Rich Kid.*, dachte er sich nur, da seine Kollegin trotz Eigenheim im Westen Fiores bevorzugte, hier in Maldina zu wohnen. Dass Maenor und Valda deutliche Parallelen hinsichtlich ihrer Herkunft und ihres Geblüts hatten, war keinem von beiden bewusst. Aber vielleicht würde sich das Thema ja ergeben? Vor allem, als ihm seine Kollegin ein charmantes Haifischgrinsen zuwarf und ihre rasiermesserscharfen Zähne präsentierte. Zeitgleich hämmerte sie ihre großen Hände auf die Tischplatte und näherte sich ihm mit sprudelnder Begeisterung und Enthusiasmus auf ihrem Gesicht. Einen kurzen Moment zuckte der braunhaarige Magier erschrocken zusammen, fasste sich jedoch gleich wieder und hörte der Oni interessiert zu. Wer hätte denn gedacht, dass sie aus Desierto kam? Allerdings fiel seine erste Reaktion darauf etwas verhalten aus, denn sie betitelte ihn als kleinen Mann. „Hey, so klein bin ich gar nicht! Siehst du meine großen Schuhe? Du weißt ja, was man über Männer mit großen Füßen sagt.“, teilte er ihr grinsend mit, ehe er innehielt und sich dachte, dass das doch vielleicht etwas unangebracht. „Äh sie … haben große Füße.“ Joa, gar nicht mal cringe oder so. Es war allerhöchste Eisenbahn, auf den Zug zu springen und eine Nebelkerze zu zünden!
„Klar war ich schon mal in Repentino! Damals war ich glaub' ich dreizehn Jahre alt und zum ersten Mal auf einem riesigen Handelsbasar in der Hauptstadt. Mein Vater hielt es für eine gute Idee, mich alleine loszuschicken und den Basar auf eigene Faust zu erkunden.“, erklärte der junge Mann mit einem warmen Lächeln bei der Erinnerung an die vergangene Zeit. „Sehr spannend für einen Dreizehnjährigen, wie du dir vermutlich vorstellen kannst. All die neuen Eindrücke und Menschen! Irgendwann bin ich dann an eine Gruppe Jugendlicher geraten und ehe ich es mich versah, befand ich mich inmitten eines Initiationsritus zum Beitritt in ihrer Gang. Und dass, obwohl wir uns kaum verständigen konnten. Aber ich glaube letzten Endes war es meine bescheidene und zurückhaltende Art sowie Vorführung meiner magischen Fähigkeiten, die sie vollends von mir überzeugt haben.“, gab er höchst bescheiden von sich und untermalte seine Erzählung hier und da mit enthusiastischen Handbewegungen. „Am Ende lief es aber ein bisschen in die Hose, denn ich sollte irgendetwas von einem Standbesitzer besorgen. Und damit meine ich, dass ich ihn beklauen sollte, was mir damals nicht so bewusst war. Ich hatte einfach verstanden, dass ich etwas bei ihm kaufen sollte, was sich allerdings als ziemlich problematisch herausstellte, da ich kein Geld hatte. Also habe ich versucht, die Sachen auf Pump zu kaufen und um einen Vertrauensvorschuss gebeten. Wie du dir vorstellen kannst, ging das Ganze ziemlich in die Hose und die Wachen wurden gerufen. Wahrscheinlich würde ich heute noch in irgendeinem Verlies versauern, wenn mein Vater nicht in diesem Moment eingegriffen und mich da rausgehauen hätte.“, teilte er Valda mit einem Schulterzucken mit, als er seine erste Erfahrung in Desierto erläuterte. „Aber zumindest hätte ich dann den Palast von innen gesehen.“, gab er mit einem Lachen von sich. „Im Palast war ich tatsächlich nicht. Da kommt man doch nicht so einfach rein, als Otto-Normalbürger. Was ich ja bin.“, gab er noch wenig überzeugend von sich. „Und du? Warst du schon mal im Palast? Was gibt’s da so Interessantes? Stimmt es, dass der Sultan eine Elefantenherde besitzt? Und was hat dich eigentlich hier nach Fiore geführt?“ Tja, die blonde Magierin hatte diesen Wasserfall entfesselt und jetzt musste sie sich seinen unzähligen Aussagen und Fragen stellen!
„Was ist denn ein Macuahuitl? Ist das eine Spezialität aus Desierto?“, erkundigte sich Maenor mit hochgezogenen Augenbrauen. Davon hatte er ja noch nie gehört! Vielleicht war es ja lecker? Aber wieso um alles in der Welt sollte man sein Schwert nach einem Dessert benennen? Vielleicht konnte ihn Valda ja gleich aufklären! Aber zunächst schickte sie den exzentrischen Künstler auf die Suche nach Back- und Kochutensilien. Während sie aufzählte, was sie gleich zubereiten würde und ihm damit den Mund wässrig machte, stöberte der Fice durch die unterschiedlichen Schränke auf der Suche nach gewünschten Schüsseln. Es dauerte nicht lange, und schon trug er einige große Schüsseln zurück zu seiner riesigen Gildenkollegin. Hoffentlich reichten die auch aus! „Und jetzt? Was machen wir als nächstes? Sag mal, gibst du auch Nachhilfestunden fürs Kochen?“, fragte Maenor höchst interessiert nach und blickte dabei nach oben zur größeren Magierin. Tja, da erkannte man mal wieder die Prioritäten in seinem Leben. Er machte keinerlei Anstalten, das Lesen und Schreiben in der fiorischen Landessprache zu lernen, aber wenn es darum ging das Kochen zu lernen, war er ganz Feuer und Flamme…
“Für mich jeder ein kleiner Mann oder eine kleine Frau der nicht so groß ist wie ich.“, erwiderte sie entspannt und zickte gelassen mit den Schultern. “Was sagt man denn über Männer mit großen Füßen?“, Valda hatte bisher noch nie von diesem Sprichwort gehört und verstand nicht so recht, auf was der Mann vor ihr so wirklich hinaus wollte. Als er dann schnell eine viel zu simple Erklärung hinterherschickt, hob sie fragend und kritisch dreinblickend ihre blonde Augenbraue, beließ es aber dabei. Kurz darauf begann er auch schon erzählen, dass er bereits in Repentino, der Hauptstadt von Desierto gewesen war. Er war wohl ziemlich jung damals gewesen, lief über den großen Basar und war an eine Gruppe Jugendlicher geraten, die wohl so etwas wie eine Gang gegründet hatten und er war mitten drinnen. Er war also wirklich Magier! Valda hatte schon festgestellt, dass es hier öfter Personen im Gildengebäude gab, die keinerlei magische Fähigkeiten besaßen - aber Maenor schien keiner dieser zu sein. “Was kannst du denn?“, grätschte sie kurzerhand in seine Erzählung ein, lauschte den weiteren Worten dennoch. Scheinbar hatte er etwas klauen sollen, konnte es nicht bezahlen, die Wachen wurden gerufen und sein Vater half ihm. Komisch, Valda hatte noch nie jemanden in Repentino mit Geld zahlen sehen… Wobei doch. Die Touristen kamen immer mit ihren Säcken voll Geld an! Landesinnern wurde soweit sie wusste aber eher ein Tauschhandelsgeschäft geführt. In den Palast hatte er es also nicht geschafft. Dass er da als normaler Bürger nicht so leicht rein kam, war ihr einerseits nicht fremd aber auch nur schwer verständlich. Kein Wunder, war die Blyana immerhin stets in der Lage ihr Heim zu verlassen und zu betreten wie es ihr beliebte. “Klar war ich da. Bin da geboren und lebe dort. Wenn ich nicht gerade in Fiore bin“, erklärte sie und lachte als hätte sie gerade den Witz des Jahrhunderts gehört. Natürlich kannte sie den Palast von Innen! Sie hatte den Titel Sultana immerhin nicht ohne Grund. “Elefanten haben wir per Se ja. Aber reiten tun wir diese nicht, für manche von uns sind die viel zu klein. Die meisten Reiten eher die Vögel - hast du mal einen gesehen, als du da warst? Die sind viel größer als ich und ganz bunt gefärbt.“, erklärte sie und streckte ihre langen Arme weit aus um ihre Worte zu untermauern. “Ich bin im Auftrag meiner Eltern hier. Quasi sowas wie ne Botschafterin aus Desierto im Namen von meinem Vater Lexus.“, sprach sie und nannte den Namen ihres Vaters, des Sultans und grinste stolz. “Aber viel mehr soll ich mich mit dem Studium fremder Kulturen befassen und mich mit Fiores Eigenarten und ähnlichem befassen! Als Sultana ist es immerhin gut zu wissen, was in den Handelspartnern so üblich ist, wie die Leute ticken und weiteres. Ein direkter Blick ist ja immer besser als wenn an nur Geschichten hört.“, erklärte sie ihm die Gründe für ihren Aufenthalt, während sie sich daran machte, den Teig für das Brot zu mischen und fertig zu zu bereiten. “Ein Macuahuitl ist eine traditionelle Waffe aus Dersierto. Ich hab meines sogar mit dabei. Wird gerne zu traditionellen Anlässen, wie Feiern, Kämpfen und sowas verwendet.“, erzählte sie ihm und begann den großen massiven Teig mit ihren Händen zu kneten. “Sind im Prinzip zwei Holzpaddel zwischen denen spitze, scharfkantige Obsidianscherben befestigt, die im Kampf gegen Gegner sehr effektiv sein können!“, beschrieb sie kurzerhand das äußere. Sie begann den Teig zu teilen, formte daraus mehrere, kleine Brote, die erstens in den Steinofen passen würden und zweitens, sich besser schneiden und für die kleinen Personen in der Gilde besser essen ließen. Nur zwei größere machte sie. Eines für ihre Freundin Ravinuthala und eines für sich selbst. “Sobald ich den Teig ausreichend in verschiedene Brote aufgeteilt habe müssen diese in den Steinofen da hinten-“, dabei deutete sie auf den Ofen der in der Küche stand, “Und danach erstmal warten bis das Brot gebacken und das Apfelmuß fertig gekocht ist.“, erklärte sie. Den Speck und das Rührei würde sie in der Zeit fertig machen, in der die Brote und das Apfelmuß abkühlten. Heißt sie würden gleich genügend Zeit haben, um nettes Gespräch zu vertiefen und fortzuführen. “Zwischendurch müssen wir das Muß aber auch Mal Probeschmecken, damit das auch ja lecker wird! Ich vertraue da voll und ganz auf deine Zunge, hast du Apfelmuß bisher bestimmt öfter gegessen als ich!"
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