Ortsname: DeepCorp Alpha Art: Gebäude/Mine Spezielles: Aktuell teilweile eingestürzt und nicht in Betrieb
Beschreibung: Die größte Mine der DeepCorp, die unter dem Namen 'DeepCorp Alpha' bekannt ist. Sie gräbt sich tiefer als jede andere Mine in den Berg und bindet die größte Arbeitskraft des Unternehmens. Hier werden wertvolle Materialien abgebaut. Die Mine erstreckt sich über mehrere Ebenen und unzählige Gänge und gleicht somit einem menschengeschaffenem Ameisenbau... wer weiß, was sich alles in den Tunneln verbirgt, die keiner mehr nutzt?
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"Reden" | Denken | Magie | Theme
when the night is dark you know I'll light the path
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 5 | @Lian
Das Ausmaß an Verzweiflung, welche Lian empfand, konnte sich Arkos überhaupt nicht vorstellen – ja, Arkos fand es auch verdammt kalt. Ihm froren Hände und Gesicht, und die halsbrecherische Fahrt machte es nicht unbedingt besser… aber irgendwie vertraute er darauf, dass Lönne und die Hunde schon wussten, was sie taten. Er hätte es zumindest rechtlich schwachsinnig gefunden, zwei Magier auf eine Rettungsmission zu schicken, zu der sie noch nicht einmal ankommen konnten. So also wartete er kurz, bis Lian sich endlich zu ihm umgedreht hatte… und der Gesichtsausdruck des Falls war… fast schon bemitleidenswert. Als Arkos seine Flamme entzündete und somit für ein wenig Wärme zwischen ihnen sorgte, weichten die Züge des A-Rang-Magiers auf und etwas verwundert nahm der Schmied die Aussage an, er würde ihm… das Leben retten. War das so? Lian sah ihn an, als wäre er sein Retter und Erlöser, und der Rotschopf fand das fast schon ein wenig befremdlich… der Kerl konnte Kälte wirklich noch viel weniger ab als er. Das war schon eine Leistung. Ungefragt rutschte Lian noch näher heran, und es war kurz davor, dass Arkos es ein wenig unangenehm geworden wäre… aber der junge Kerl hatte eh nicht genug Platz, um noch näher zu kommen. „Pass auf, dass du dir nicht die Strähnen verbrennst…“, meinte Arkos ein wenig amüsiert über die Situation, während eine erneute Kurve die beiden Magier zwang, sich ein wenig auf die Seite zu lehnen – nur um schließlich wieder zurück in die Bahn gedrückt zu werden. Wäre es nicht so ungemütlich gewesen, es wäre beinahe… spannend gewesen. Abenteuerlich. Und der Ausblick wäre auch ziemlich interessant gewesen. So aber musste Arkos sein bisschen Mana dafür verbrennen, Lian am Leben zu halten. Wirkte zumindest ein wenig so. „Wieso?“ Arkos legte den Kopf ein wenig auf die Seite. „Gibt’s jemanden, den du mit Schmuck beglücken möchtest? Oder magst du einfach selbst Schmuck?“ Nachdenklich kratzte er sich am Kinn. Tja, also… grundsätzlich war er ja sowieso dabei, mehr darüber zu lernen. Er hatte bereits gemerkt, dass in Maldina mindestens genauso großes Interesse daran bestand, Schmuck zu erwerben, wie Waffen. Und es gab weniger begabte Goldschmiede als Waffenschmiede… und so ungern Arkos es zugab, es fiel ihm ungewöhnlich einfach, sich darauf einzustellen. Mimir selbst hatte schon oft geunkt, dass es ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein musste, ebenso wie sein Hammer.
„Grundsätzlich kriege ich so ziemlich alles hin, was einfaches Schmieden angeht“, erwiderte Arkos selbstsicher, was er in dieser Hinsicht auch tatsächlich war. „Wenn du nun also nicht gerade eine mit Juwelen besetzte Krone besorgen möchtest, werde ich dir wohl behilflich sein können. Was die Pfeilspitzen angeht…“ Interessanter Gedanke. In Lian steckten also doch ein paar Überraschungen. Der A-Rang-Magier war also ein Bogenschütze, etwas, was man auch nicht alle Tage von Magiern hörte. Ob der junge Mann auch irgendwelche magische Unterstützung dafür hatte? „Normalerweise werden die nur gegossen, wenn es billig sein soll. Wenn du tatsächlich echte, eigens hergestellte Pfeilspitzen haben möchtest, solltest du definitiv darauf achten, diese auch wieder einzusammeln. Wird sonst mit der Zeit ziemlich teuer.“ Arkos hob die Schultern. „Aber grundsätzlich kein Problem.“ Einen Moment hörte er auf die Reden, weil die kalte Luft ihm die Lunge ziemlich auskühlen ließ und sich das doch etwas unangenehm anfühlte. „Was hast du denn…“, fuhr er fort, wurde aber von einem Ruf unterbrochen – Lönne meldete sich. Aber er hatte gar nicht die Magier gemeint, sondern vermutlich die Hunde, die jetzt noch einen Zahn zulegten.
„Oh, Katastrophe“, murmelte der Rotschopf und sah zu dem Blonden, dessen Blick starr, konzentriert und grimmig nach vorne gerichtet war. Sie rasten auf die kleine Eisbrücke zu, die doch sicher nicht der einzige Weg zu der Mine sein konnte. „Ich glaube, ja“, antwortete er matt. „Du hast noch schätzungsweise drei Sekunden zum Abspringen.“ „F E S T H A L T E N“, dröhnte es von dem Olsson und Arkos ergab sich seinem Schicksal. Glücklich sah er nicht aus, und die Flamme erlosch in dem Moment, als er sich auf dem Schlitten so klein wie möglich machte. Das Gefährt raste über die Brücke, und feines, ätherisches Knacken war die Antwort des wenig stabilen Gebildes.
Die Hunde lechzten und rannten, Lönne war in die Knie gegangen, und möglicherweise hatte er jetzt auch sein Schicksal in die Hände der Tiere gelegt, während ein eisiger Wind jetzt von der Seite über die Brücke peitschte und sie gefühlt auf der Stelle gefrieren ließ. Plötzlich passierte es: Ein lauteres Knacken ertönte, und kurz vor Ende der Brücke brach direkt unter Lian, Arkos und Lönne die Eisbrücke weg. Der Schlitten knackte ein wenig weg, aber durch den Vorwärtstrieb der Hunde und dem Momentum stieß er mit Gewalt gegen die Bruchstelle, stellte sich auf, schleuderte die drei Männer nach vorne in die Sicherheit. Arkos landete (schon wieder, das war ihm doch letztens schon einmal passiert) mit dem Gesicht voran im Schnee und schlitterte noch ein paar Meter weiter. Für einen Moment sammelte er sich und riss sich dann aus dem Schnee heraus, sah, dass Lian und Lönne neben ihm gelandet waren. Der Schlitten stand einige Meter weiter, und die Hunde hechelten und keuchten erschöpft und gestresst vor sich hin. „War das wirklich der einzige Weg?“, fragte der Aurelius Lönne und funkelte ihn jetzt doch ein wenig grimmig an – konnte er schließlich auch. „Das war nicht nur für uns beide gefährlich. Warum ist der Weg so kompliziert?“ Er packte Lian am Kragen, der immer noch neben ihm im Schnee steckte, rupfte ihn heraus und stellte ihn im Anschluss auf die Beine. Aufmerksam musterte Arkos den eben schon beinahe erfrorenen Mann – wie er sich wohl nun fühlen würde?
Katastrophe. Ja, besser konnte man diese Situation gar nicht auf den Punkt bringen. Lian hätte Arkos für diese treffende Zusammenfassung gerne gelobt, aber leider war ihm seine sonst so kräftige Stimme gänzlich abhandengekommen. Mit vor Schreck geweiteten Augen starrte der A-Rang-Magier hilflos nach vorne und konnte nicht begreifen, was da gerade passierte. Wie hatte er hier nur landen können? Warum war er nicht Zuhause in Aloe Town, in seiner kuscheligen Wohnung, lag in seinem Bett, hatte die Decke über den Körper gezogen und döste einfach nur vor sich hin? Der Falls glaubte, dass sein gesamtes – zugegeben, nicht sonderlich langes – Leben in diesem Augenblick an seinem Inneren Auge vorbeihuschte. Fühlte es sich so an, wenn der eigene Tod kurz bevorstand? War es das, wovon die Menschen berichteten? Der Lockenkopf wartete auf das Licht, von denen Zeugen mit Nahtoderfahrung berichteten, es konnte nur noch eine Frage von Sekunden sein, bis auch er dieses mysteriöse Licht zu sehen bekommen und auf dieses zuschreiten würde. Ob es Menschen gäbe, die ihn vermissen würden? Lian fielen auf Anhieb deutlich mehr Leute ein, die einen Freudentanz auf seinem Grab aufführen würden… und zumindest sorgte diese Erkenntnis dafür, dass der 20-Jährige sich selbst ein bisschen mehr infrage stellte.
Und er sogar vergaß, dass sie sich bereits mitten auf der vereisten Brücke befanden.
Doch das laute Knacken der Eisschicht holte Lian schneller in die Realität zurück, als ihm lieb war. Alles ging so schnell, dass es unmöglich für den Illusionisten war, jedes Detail richtig wahrzunehmen. Sehr wohl bemerkte er, dass das Eis gebrochen sein musste, auch die Tatsache, dass der Schlitten sich nach vorne bewegte, nahm er durchaus noch wahr. Dann plötzlich flog sein Körper wie in Zeitlupe durch die Lüfte, hunderte Meter, wie ihm selbst erschien, bevor… alles dunkel wurde. Dunkel und allem voran… kalt. Ja, das musste der Tod sein. Dunkel, kalt, nass und einfach nur beschissen. Das Licht hatte Lian zwar nicht wahrgenommen, aber okay, sei es drum. Immerhin hatte er es jetzt hinter sich, oder? Dieser Todesritt hatte ein Ende gefunden, er hatte doch noch den Löffel abgegeben und konnte sich jetzt voll und ganz seinem eingetretenen Tod widmen… doch dann griff ihn irgendetwas – oder eher irgendjemand – am Kragen und riss ihn nach oben. Der Falls holte tief Luft, die Augen geweitet, als wäre er zu lange unter Wasser gewesen. Erst nach mehreren Sekunden nahm er seine Umgebung wieder wahr. Da waren die Hunde, da war der Schlitten, Lönne Olsson war auch da und… Arkos! „Fuck, ich lebe.“ Von den Toten auferstanden, sozusagen. Im gleichen Atemzug war es die schaurige Kälte, die sich über den gesamten Körper des Falls legte und ihn erzittern ließ. Scheiße, dieser Höllenritt war immer noch nicht zu Ende?! Entsetzt drehte er sich zum Schlittenführer herum, der sich bereits nichts mehr vom Schock anmerken ließ, sondern fachmännisch seine Hunde und den Schlitten genauer in Augenschein nahm. „Das ist doch Wahnsinn!“, motzte nun auch der 20-Jährige, der eindeutig keinen Nerv mehr für dieses Zeug übrighatte. Sie waren bisher noch nicht einmal bei ihrem Einsatzort angekommen und balancierten bereits jetzt durchgehend auf einem schmalen Grat zwischen Lebenden und Toten. “Die Mine ist schwer zu erreichen“, ließ der Olsson in Seelenruhe die beiden Magier wissen, so als wäre das eine ausreichende Erklärung dafür, warum sie mit einem Hundeschlitten über eine Eisbrücke gedüst waren, die einfach so unter ihnen nachgegeben hatte. Moment. Dieser blonde Hüne hörte sich fast so an, als wäre das bei Weitem nicht das erste Mal, dass ihm so etwas passiert war, als wäre so etwas normal. Lian erschauderte. Hatten die beiden Magier ihr Leben wirklich in die Hände eines solchen Irren gelegt? Bevor der Braunhaarige seine Stimme wiedergefunden hatte, war es ein neues Geräusch, dass an sein Ohr drang. Aber… was war das für ein Geräusch? Die Magengegend des Falls verkrampfte sich, auch ohne dass er sich zum Ursprung des Geräusches umgedreht hatte und eine böse Vorahnung überkam ihn. Eine Vorahnung, die von Lönne Olssons strengem „Auf den Schlitten, schnell!“ eine Bestätigung fand, die der Illusionist überhaupt nicht hatte haben wollen. Lian drehte sich um und sah zuerst nicht vielmehr als… eine weiße Wolke? Oben auf dem Gebirge? Was… “Lawine!“, brüllte Lönne. L-Lawine?!
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 6 | @Lian
Schwer zu erreichen… ja, musste wohl so sein, oder? Ansonsten würde sich wohl niemand freiwillig derart in Gefahr begeben. Arkos nahm die Erklärung an und – beflissen und arbeitswillig wie er war – kümmerte sich wieder darum, dass es weiterging. Ein wenig flau im Magen war ihm zwar von eben noch, aber ehrlich gesagt… seit er angefangen hatte, Quests für die Gilde auszuführen, hinterfragte er solche Geschehnisse nicht mehr. Er hatte das Gefühl, Magier wurden von ihrem eigenen Schutzengel begleitet und irgendwie würde schon alles einigermaßen klappen. Ansonsten hätten er und Lian wahrscheinlich jetzt irgendwo an einem Fels zerschellt ihr Ende gefunden, so aber kamen sie mit einigen Blessuren und vor allen Dingen einem kalten Gesicht davon. „Klingt nicht so, als wärest du furchtbar begeistert darüber“, merkte Arkos ein wenig erschöpft an, als Lian treffend feststellte, dass er noch lebte. Anscheinend schwebte Lian sowieso ständig zwischen Leben und Tod, wenn man ihn so sprechen hörte. Vielleicht war das aber auch nur einfach seine Art und Weise, mit den Widrigkeiten umzugehen.
Zugegeben, wie ein krasser A-Rang-Magier wirkte er jetzt wirklich nicht.
Bisher hatten selbst C-Rang-Magier zum Teil mehr Selbstbewusstsein und… tja… Beflissenheit zur Schau gestellt. Andererseits musste das ja nichts heißen. Arkos beobachtete, wie Lönne zur Weiterfahrt klar machte, und wand sich noch einmal Lian zu. „Ich fürchte, wir müssen wohl einfach darauf vertrauen, dass er weiß, was er tut“, stellte er wenig begeistert fest. Aus einem anderen Grund vielleicht als Lian, aber die Unzufriedenheit war wohl ähnlich. Arkos wollte nur so schnell wie möglich mit der Quest loslegen, und nicht noch länger Schlitten fahren. Stellte sich aber heraus, dass… er so schnell wohl nicht loslegen würde können. Er hörte einen Ausruf – „Lawine!“ – und drehte seinen Kopf erschrocken um – nur, um dann nach oben zu schauen. Oh. Arkos hatte noch nie eine Lawine erlebt, aber das, was da auf sie zukam, sah beängstigend aus. Bisher war er noch ruhig gewesen, jetzt war es aber selbst für Arkos langsam ein wenig zu gruselig hier. Er hatte nicht vor, begraben unter einem Haufen Schnee, zu sterben. „Lian!“, rief er aus, packte den A-Rang-Magier und schubste ihn – vielleicht ein wenig zu kräftig in Richtung des Schlittens. „Mach hin!“, ergänzte er, folgte ihm schnell, während Lönne die Tiere bereits zum loslaufen anheizte. Der Schlitten setzte sich in Bewegung, Arkos und Lian sprangen in der Fahrt auf und sofort hetzten die Hunde wieder los. „Die haben echt drei Tage Pause verdient, nach dieser Tour“, merkte Arkos an, während er besorgt nach hinten schaute. Die Lawine donnerte den Abhang hinunter, riss einige Tannen problemlos mit sich, während sie immer näher kam. Es war keine Frage von ‚ob‘ sie den Schlitten einholen würde, sondern ‚wann‘.
„Davor kommen wir nicht weg“, stellte er laut über das Getöse fest und sah zu dem Schlittenführer, dessen Gesicht noch grimmiger war als bisher. Das war bestimmt kein gutes Zeichen. Die Lawine war bereits auf wenige dutzend Meter herangekommen und trieb noch dazu einen kalten Schneeflockennebel vor sich her. Arkos schauerte… und zog einige der Schnallen an seiner Jacke enger. Was besseres fiel ihm dann doch nicht mehr ein. „Sieht so aus als wäre dein Geheimnis für immer bei mir sicher“, brummte er Lian noch zu – und bereitete sich auf den Aufschlag vor.
Der aber kam nicht.
„NACH RECHTS LEHNEN“, brüllte Lönne, zog an den Zügeln, und die armen Hunde sprangen förmlich nach links, überquerten eine kleine Fläche und flitzten schließlich in einen Höhleneingang, hinein. Der Schlitten, der ohne das nach-rechts-lehnen wohl umgekippt wäre, knallte wieder auf beide Hufen… und erneut blieb das Gefährt stehen, während hinter ihnen mit extrem lautem Getöse die Lawine den Eingang hinter ihnen zumindest für einige Zeit fest verschloss. Noch immer bebte die Erde ein wenig, aber langsam… wurde es ruhig in dem Tunnel. Und ziemlich dunkel, wenn da nicht das etwas überirdische Leuchten des Eises gewesen wäre, der quasi den ganzen Tunnel bedeckte. „Ist das der korrekte Weg?“ Arkos hatte das Gefühl, der Abstecher war nicht geplant. Wieder entzündete er die Flamme über seiner Handfläche, dieses Mal aber eher, um ein wenig Licht zu haben. Die Wärme tat trotzdem ziemlich gut.
Sie mussten also einfach darauf vertrauen, dass Lönne Olsson wusste, was er tat? Vertrauen war ohnehin nicht unbedingt die Paradedisziplin des 20-Jährigen und die Tatsache, dass er den blonden Hünen nicht nur kaum kannte, sondern dieser ihn innerhalb von vielleicht einer Stunde bereits mindestens zehnmal beinahe in die Arme von Hades, Pluto oder wem auch immer getrieben hatte, festigte dieses ziemlich brüchige Vertrauensverhältnis nicht gerade. Und doch blieb auch Lian nichts anderes übrig, wie er spätestens beim Anblick der riesigen Schneewolke oben auf dem Gipfel fassungslos feststellte. Ja, er hatte schon diverse Aufträge erledigt. Und auch, wenn der Falls gerne tiefstapelte und herunterspielte, welchen Gefahren er bereits ausgesetzt gewesen war, hatte es doch die eine oder andere gefährliche Situation gegeben. Aber das hier? Nein, das hier überstieg bei Weitem alle Erfahrungen, die der Illusionist bisher gemacht hatte. Und wieder einmal fragte er sich, wie es Menschen geben konnte, die freiwillig hier lebten. Wie hatte sich die menschliche Zivilisation in Nord-Fiore überhaupt halten können?! Arkos war es, der seinen Namen rief und ihn in Richtung des Hundeschlittens schubste, sodass endlich Bewegung in den Körper des Falls kam. Gemeinsam mit dem Schmied sprang er in das bereits schlitternde Gefährt und klammerte sich an den hölzernen Rand, um nicht sofort auf der anderen Seite wieder heraus zu purzeln. Vielleicht sollte ich doch irgendwann mit dem Beten anfangen, dachte sich die Sphynx, die bisher nicht sonderlich viel mit dem Konzept Glauben hatte anfangen können. Das wäre doch der perfekte Moment Aber über das immer lauter werdende Getöse hinweg, das die Lawine in ihrem Rücken erzeugte, war es Lian unmöglich, sich gedanklich irgendeine Gottheit auszusuchen, an die er sein Leben am seidenen Faden hätte binden können. Und so verwarf er den Gedanken wieder. Die Situation war so abstrus, dass der Falls sogar lachen musste, als er die Stimme von Arkos in seinem Rücken vernahm. Sein Geheimnis wäre auf ewig bei ihm sicher? „Ernsthaft, ich hatte viele Gedanken, wie ich sterben könnte. Aber begraben unter Schneemassen war nicht dabei gewesen.“ Bis vor zwei Jahren hatte er nicht einmal wirklich gewusst, was Schnee überhaupt war! Plötzlich sehnte er sich nach Stillsnow und die Reise gemeinsam mit Rin in das entlegene Örtchen mit der hübschen Kirche, die ihm damals so unendlich beschwerlich erschienen war, fühlte sich im Nachhinein betrachtet wie ein angenehmer Spaziergang an. Eher instinktiv als aus einem tatsächlichen Entschluss heraus folgte der Illusionist ohne jedes Hinterfragen die Aufforderung, die Lönne plötzlich über das Getöse hinwegbrüllte… und lehnte sich nach rechts, soweit es eben ging. Lian hielt die Luft an, als der Schlitten sich an besagter Seite anhob, sie in deutliche Schieflage gerieten… ehe die Hufe zurück auf den gefrorenen Untergrund knallten und sie in eine Höhle eintauchten, die Lian jetzt erst wahrgenommen hatte.
Zuerst war es hell… doch keine Sekunde später donnerte der gesamte Untergrund und von jetzt auf gleich war es pure Dunkelheit, von der die drei Menschen und die Hunde vereinnahmt wurden.
Wieder hatten sie überlebt. Aber… für wie lange? Denn als Arkos die Flamme in seiner Handfläche erscheinen ließ, die nicht nur Wärme, sondern auch Licht spendete, erkannte der Falls, dass der Höhleneingang von den Schneemassen der Lawine verschüttet worden war. Da würden sie auf jeden Fall nicht mehr herauskommen können. Die hellgrünen Augen wandten sich aufmerksam zu Lönne Olsson, der ebenso den zugeschütteten Höhleneingang betrachtet hatte, bevor er die Lippen öffnete, um beinahe mürrisch auf die Frage des Rothaarigen zu antworten. “Wir müssen einen Umweg nehmen“, verkündete er monoton und deutete mit dem Kinn tiefer in die Höhle. Ach was – darauf wäre Lian ja niemals gekommen. Er seufzte stumm, wechselte einen kurzen Blick mit dem Aurelius und spürte danach bereits, wie der Schlitten sich wieder in Bewegung setzte. Anders als zuvor war es nun allerdings keine auffallende Geschwindigkeit, mit der sie sich fortbewegten… nein, ganz im Gegenteil. Die Hunde tapsten beinahe ehrfürchtig durch die vereiste Höhle, schnupperten hier und dort in der Luft, als würden sie eine Fährte suchen, die sie in der auffallend klaren Luft dieser Höhle aber einfach nicht einfangen konnten. Auch Lian wagte es nicht, die mysteriöse Stille in diesem Gebilde zu durchbrechen und sah sich genauer um, sodass er sogar für den Augenblick die Kälte in seinen Gliedern sowie sein wild pochendes Herz vergaß. Wenn es nicht sein Leben wäre, das hier auf dem Spiel stünde, er hätte es hier beinahe… schön gefunden. Der Schlitten, die Hunde und auch die Menschen spiegelten sich in den vereisten Flächen um sie herum, nahmen abwechseln hohe, tiefe, breite und dünne Formen an, während sie langsam über den Boden rutschten – einzig dank des Lichts von Arkos nicht in gänzliche Dunkelheit gehüllt. „Hast du so etwas schon einmal gesehen?“, wisperte der Falls tatsächlich interessiert in die Richtung seines Kollegen, während der Wüstenbewohner selbst den Blick über den gesamten Höhlenkomplex schweifen ließ. Die Ruinen in der Wüste waren hiermit wirklich nicht zu vergleichen. Vielleicht hätte Lian noch etwas gesagt, aber er stutzte – sein Bauchgefühl meldete sich. Gerade als Dieb war es sein Bauchgefühl gewesen, das den Lockenkopf in der Vergangenheit so manches Mal auf eine drohende Gefahr aufmerksam gemacht hatte und ihm dadurch Kopf und Kragen gerettet hatte. „Scheiße“, fluchte der 20-Jährige und wünschte sich für einen winzigen Atemzug, das flaue Gefühl in seinem Magen einfach ignorieren zu können. Doch urplötzlich schoss sein klarer Blick gen Höhlendecke, seine Augen verengten sich… nur um sich sofort wieder zu weiten. „Die Eiszapfen…“, murmelte er. Da oben hingen unzählige, riesige Eiszapfen, die von der Erschütterung des Bodens offensichtlich in Bewegung geraten waren. Und dann war da dieses leise, unscheinbare Knacken. Eindeutig, es gab keinen Zweifel. „Lönne, treib die Hunde an!“, rief Lian erschrocken, als sich auch schon der erste Zapfen von der Decke über ihnen löste.
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 7 | @Lian
Umweg. Ein Wort, welches Arkos tatsächlich überhaupt nicht mochte. Er war jemand, der gerne direkt zu seinen Aufträgen kam, und sie dann auch möglichst schnell und effizient erledigte. Er hatte keine Lust, eine Sightseeing-Tour durch einen Tunnel mitten in den Schneebergen zu machen – und doch konnte er sich der eigenartigen Schönheit nicht ganz erwehren, ähnlich wie Lian, der sich umsah. Selbst Lönne schien ein wenig entspannter als vorher, als sie durch den glitzernden Tunnel glitten. Die Hunde blieben jetzt vorsichtig und hatten endlich ein wenig Zeit, sich zu erholen. Arkos schüttelte den Kopf, als Lian fragte, ob er so etwas schon einmal gesehen hätte. Nein… tatsächlich nichts dergleichen. „Ich kann mich zumindest nicht erinnern. In Maldina haben wir nie so ein Klima, dass es zu einem solchen Phänomenen kommen könnte.“ Seine Faszination war gleichzeitig Inspiration für den jungen Mann, der sich aus diesem Erlebnis einige Dinge mitnahm. So kalt wie es hier war, schien das Eis ganz andere Eigenschaften anzunehmen als wenn es einfach draußen auf einem Fluss ein wenig gefror. Es musste ganz andere Zusammenhänge geben dafür, dass es hier an der Wand spiegelglatt für Spiegelungen sorgte. Das Zusammenspiel von Wärme, Kälte, Feuchtigkeit und Trockenphasen war in der Schmiede genauso wichtig wie es bei dem Entstehen dieses Tunnels wohl auch gewesen war… nur vermutlich in sehr umgekehrter Reihenfolge. „Ich hasse Umwege“, erklärte Arkos dann abwesend. „Aber ich gebe zu, dass ich hier fast gerne ein wenig mehr Zeit verbringen würde.“ Was sich wohl in diesen Höhlen versteckte?
Der Fluch von Lian schreckte ihn ein wenig auf. Was war denn nun wieder los? Der Dunkelhaarige fluchte öfter als jeder andere ihm bekannte Magier. Er war sich sogar sicher, dass Lian bereits heute auf mehr Schlagzahl an Flüchen kam als im Rest seiner Magierkarriere zusammengerechnet. „So schlimm ist’s doch nun auch n-“, fing der Rotschopf an, folgte dem Blick des Bogenschützen und öffnete den Mund. Schon wieder? „Was ist denn heute los…“, murmelte er zu sich selbst, hielt sich am Schlitten fest – blieb aber dieses Mal ein wenig aufrechter stehen – beziehungsweise kniete eher vor dem Fahrer des Schlittens. „Bist du ein Pechvogel, Lian?“, fragte er ohne groß die Miene zu verziehen. „Ich hatte noch nie so viele Komplikationen wie in dieser Mission.“ Der junge Mann löste den Hammer von seiner Hüfte, packte ihn mit der rechten Hand in der Rückhand unter dem Kopf und behielt die Flamme mit der linken Hand am Laufen. Die Hunde zogen wieder, und Lönne trieb sie durch die Höhle. Es gab dabei mehrere Probleme – die Eiszapfen begannen wirklich langsam, sich zu lösen. Andererseits rutschten sie mehr über das Eis als sie fuhren, und die Hunde hatten ein wenig Schwierigkeiten damit, ihre Pfoten auf dem Boden zu behalten. Arkos konnte sich nur schwer auf den Beinen – oder besser, dem einen Knie und auf dem Bein – halten, aber er wollte einem eventuell fallenden Eissplitter auch nicht hilflos ausgeliefert sein. Immer mal wieder löste sich einer der Splitter und fiel hinter ihnen zu Boden, aber aktuell waren sie wohl noch in keiner akuten Gefahr, solange sie in Bewegung blieben. Oder?
Ein etwas größerer Eiszapfen löste sich bereits vor ihnen und knackte laut, fiel mitten in dem Gang zu Boden – und ließ die Hunde fiepend zum Stehen kommen. Wieder einmal purzelten die Insassen, soweit sie sich nicht festhalten konnten, ein wenig übereinander, und landeten – zumindest im Falle von Arkos – auf dem kalten Boden. Mühsam rappelte er sich wieder auf, den pochenden Schmerz in seinem Hintern ein wenig ignorierend, sah nach vorne. Und dann nach oben. Über ihnen hingen genauso Eiszapfen, und vor ihnen lagen einige große Splitter. Das größte Problem aber war, dass die Hunde jetzt ein wenig Angst gekriegt hatten. Lönne versuchte sie direkt wieder anzutreiben, aber sie sträubten sich ein wenig. Arkos sah wieder nach oben, wischte dann einen herunterfallenden Eiszapfen mit dem Hammer aus der Luft. „Lian! Du kannst mit Hunden, oder? Versuch sie wieder zu beruhigen!“ Arkos erinnerte sich an die Situation vorhin und hoffte, dass diese Wirkung nicht verflogen war. Lönne nickte. „Ich helfe.“ Der Schmied schluckte, und sah den größten Eisbrocken an, der in der Mitte des Ganges verhinderte, dass sie durchkamen. „Eigentlich dasselbe wie ein Stück Eisen, oder?“ Der Rotschopf lief rutschend zu dem Stück Eis, holte aus – und ließ seinen Hammer mit Wucht darauf niedergehen, als würde er tatsächlich schmieden. Das Eis knackte, sowohl unter seinem Hammer, als auch über seinem Kopf. Er biss die Zähne zusammen und hoffte, dass hier unten eher brechen würde als oben, als er noch einmal seinen rätselhaften Steinhammer hob und auf das Eis eindrosch. Beim dritten Mal zerbarst es in hunderte Einzelteile, und der Ton des zerbrechenden Eises hallte durch den Tunnel. „Seid ihr fertig?“ Arkos glitschte zurück zum Schlitten, ein wenig außer Atem – weniger wegen der Anstrengung, mehr wegen der Aufregung und dem Gefühl, gleich aufgespießt zu werden.
Würden sie nicht schon wieder in Lebensgefahr schweben, hätte Lian doch glatt lauthals gelacht. Aber er unterließ es lieber – auch aus Sorge, dass das Geräusch die Eiszapfen an der Höhlendecke noch bedenklicher in Schwingung versetzen könnte. Stattdessen schnaubte er, was vielleicht kein Lachen war, aber dennoch von Arkos in seinem Rücken gehört werden konnte. „Bitte? Das könnte ich dich genauso fragen! Diese Quest ist ein einziger Höllenritt… und dabei hat der Auftrag noch nicht einmal begonnen“, echauffierte sich der 20-Jährige und musterte den gigantischen Hammer, den der Aurelius zur Abwehr der herunterfallenden Splitter über sich erhoben hatte. Ein unerwarteter Ruck erfasste den Körper des Illusionisten, doch anders als sein rothaariger Kollege konnte sich Lian dank seiner durchaus guten Reflexe im letzten Augenblick noch an dem Holzrahmen des Schlittens festklammern, sodass es ihm diesmal erspart blieb, erneut mit der Nase voran auf irgendeinem kühlen Untergrund zu landen. Warum musste das Glück der Sphynx an dieser Stelle nur schon enden? Es war ein gigantischer Eissplitter, der mitten in ihren Weg gefallen war und das weitere Vorankommen des Trupps behinderte. Und dazu noch das mitleidige Fiepen der Hunde, die durch das ganze Chaos in dieser Höhle vollkommen in Aufruhr waren und sich erschrocken zusammengekauert hatten. Der Illusionist konnte die Tiere irgendwie nachvollziehen, ihm selbst wäre gerade auch am ehesten nach zusammenkauern zumute gewesen… entsprechend unvorbereitet traf Lian auch der Vorschlag von Arkos. Er? Hunde? „Was?!“ Lians Magen verknotete sich, er fühlte sich ertappt, als würde man ihm ansehen können, irgendetwas Verbotenes getan zu haben und die Nackenhaare stellten sich ihm auf… aber sie hatten keine Zeit, um sich jetzt gerade über solche Dinge Gedanken zu machen, wie Lian zum Glück auch recht schnell wieder auffiel. Er schüttelte daher den Kopf, fokussierte sich neu und nickte. „Alles klar!“, ließ er seinen Kollegen eine kurzangebundene Antwort zukommen und steuerte direkt auf die verängstigten Tiere zu. Grundsätzlich hatten sowohl der Schlittenführer als auch Arkos mit ihrer Vermutung Recht: Der Lockenkopf hatte schon immer ein Händchen für Tiere besessen. Damals in Aloe Town hatte Layla ihn zum Beispiel gerne dafür bezahlt, dass er sich um ihre Kamele kümmerte. Und dieses Verständnis schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen, was sich auch jetzt bemerkbar machte. „Hey, alles gut“, sprach der Illusionist, ging vor den Tieren in die Hocke und hielt ihnen vorsichtig die Hand entgegen. Die Hunde kamen tatsächlich näher, ließen sich zum Teil sogar streicheln, aber… es dauerte zu lange. Und immer, wenn das Eis über und unter ihnen unheilvoll knackte, zuckten die Vierbeiner erneut verängstigt zusammen. Lian erkannte, dass es so nicht reichen würde, ihnen fehlte einfach die Zeit. Die hellgrünen Seelenspiegel sahen kurz über die Schulter zu Arkos, der mit seinem Hammer den riesigen Eissplitter bearbeitete, der ihnen den Weg versperrte. Dann sah der Falls nach oben, musterte die wackelnden Splitter, die jeden Moment auf sie hinabregnen könnten. „Lönne, tritt zurück“, die Stimme des Falls klang – ganz anders als zuvor noch – ernst und beinahe schon kühl, allem voran aber bestimmend und keine Widerrede duldend. Der blonde Hüne, der ebenso bei seinen Hunden stand, runzelte die Stirn, wollte etwas sagen, doch der intensive Blick des Magiers ließ ihn innehalten. „Ich tue ihnen nichts. Los, wir haben keine Zeit.“ Immer noch konnte man dem Olsson seine Skepsis ansehen und Lian machte ihm da keinen Vorwurf: Er sorgte sich einfach nur um seine Hunde. Dennoch hörte er auf den Braunhaarigen und trat ein paar Schritte zurück, was dem 20-Jährigen ein kleines Erfolgserlebnis für diesen Tag bescherte. Lian drehte sich wieder zu den Hunden, atmete tief ein und sammelte sein Mana… „Beruhigt euch“, murmelte er ein weiteres Mal, öffnete die Augen sowie die rechte Handfläche, um seinen Zauber Become Cold zu wirken. Sofort veränderte sich etwas – das Fiepen der Hunde ebbte ab, sie blinzelten, zuckten mit den Ohren und wirkten von einer Sekunde auf die andere vollkommen ruhig, gar entspannt. Lian stockte im Gegensatz dazu der Atem, denn es war pure Kälte, die sich infolge des Zaubers in seinem Körper ausbreitete… ihm aber gleichzeitig signalisierte, dass sein Plan funktioniert hatte. “Was hast du…“, begann Lönne, aber der Falls sprang auf, just in dem Augenblick, als auch Arkos den Weg freigeräumt hatte. „Wir sind fertig!“, antwortete die Sphynx seinem Kollegen statt dem Schlittenführer, der irritiert den Kopf schüttelte, sich aber dennoch auf seine Position des Schlittens begab und die Hunde erneut antrieb, nachdem Arkos und auch Lian sich auf das Gefährt geschwungen hatten.
Und die Hunde liefen.
Immer wieder krachten rechts und links von ihnen Eissplitter gen Boden, aber die Tiere ließen sich nicht aufhalten, schienen stoisch ein Ziel vor ihren Schnauzen zu verfolgen. Hier und dort konnte Arkos mithilfe seines Hammers Eissplitter abfangen, die drohten, auf den Schlitten zu fallen… und dann war er da: Ein Ausgang! „Dort!“, rief Lian, der sein Herz in der Kehle schlagen spürte und deutete nach vorne. Ja, eindeutig, da vorne war Licht. Das musste Tageslicht sein. Erleichterung machte sich in dem Falls breit, die Hoffnung, hier wirklich lebend rauszukommen. Und dann… zerschellte diese Hoffnung sofort wieder in tausende Einzelteile. „Fuuuuck…“ Wieder ein Fluch? Ja, natürlich. Denn es war ein riesiger Splitter, noch größer als jener, den Arkos mit seinem Hammer bearbeitet hatte, der direkt über besagtem Ausgang thronte und bereits riesige Risse aufwies, die sogar aus der Distanz heraus erkannte werden konnten. Der Splitter wackelte… er würde sich lösen, gen Boden fallen und sie treffen, wenn der Schlitten weiter auf den Ausgang zuhielt.
Irgendein Schalter in Lian legte sich um.
Der Körper des 20-Jährigen, der eben noch sichtlich zusammengezuckt war und wie Espenlaub gezittert hatte, beruhigte sich plötzlich, die Augen verengten sich, die Miene war vollkommen fokussiert. „Arkos, halt mich fest!“ Der Illusionist stand auf, während der Schlitten noch immer über das Eis rutschte und er suchte kurz das Gleichgewicht, während die beißend kalte Luft ihm ins Gesicht schlug. Dann hob er seinen linken Arm, öffnete die Hand, konzentrierte sein Mana und plötzlich blitzte ein rötliches Licht von Lians Handgelenk aus, das sogar dem Feuer des Aurelius Konkurrenz machte. Als das Licht wieder verschwunden war, schlossen sich die Finger des Falls um einen gänzlich schwarzen Bogen, der wie von Zauberhand erschienen war. Keine Sekunde zu früh, denn jetzt löste sich der riesige Eissplitter über dem Höhlenausgang tatsächlich von der Decke, flog gen Boden. „Nicht anhalten!“, schrie Lian, natürlich an Olsson gerichtet, der die Hunde antrieb. Gleichzeitig spannte die Sphynx den schwarzen Bogen und es erschien ein ebenso schwarzer Pfeil. Eine seicht leuchtende, dunkelrote Aura legte sich um den Pfeil, Lian atmete tief ein, zielte… und ließ die Sehne los. In einem Affentempo sauste der verhältnismäßig kleine Pfeil auf den gigantischen Eissplitter zu. Und doch: Das Geschoss traf sein Ziel und ließ es mitten in der Luft in tausende Teile zerspringen, als wäre es ein gigantischer Amboss gewesen, der auf das Eis aufgeschlagen war. Die Luft glitzerte und schimmerte in dem hereinfallenden Tageslicht – der Ausgang war frei. Ganz kurz vergewisserte sich Lian, dass er wirklich getroffen, dass das keine Einbildung gewesen war… ehe er von einem weiteren Ruck umgerissen wurde und verdammt unsanft wieder auf dem rutschenden Schlitten landete. Ein Stöhnen entkam Lians Kehle, gefolgt von einigen unverständlich gemurmelten Flüchen, während er sich über schmerzenden Hintern rieb.
Become Cold TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 50 pro Minute pro Person MAX. REICHWEITE: 5 Meter SPEZIELLES: Mehrere Ziele VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 4, Manaregeneration Level 3 BESCHREIBUNG: Einen der wenigen Zauber des Magiezweiges, der sich gleichzeitig auf mehrere Personen anwenden lässt, stellt Become cold dar. Er besänftigt alle Gefühle im Umkreis von 5 Metern, wodurch die Betroffenen nicht mehr von ihren Gefühlen übermannt werden. Dadurch sind die Emotionen zwar noch ein Stück weit da, aber nicht mehr so ablenkend und beeinflussend. Der Magier behält seine Gefühle.
Lacrima Bow GATTUNG: Fernkampfwaffen TYP: Bogen BESITZER: Lian Falls ELEMENT: - KLASSE: III MANAVERBRAUCH: 15 pro Aktivierung des Armbands, 10 für die Erschaffung eines Pfeils SPEZIELLES: Da die Waffe bei der Herstellung auf das Mana von Lian abgestimmt wurde, lassen sich die Lacrima-Kristalle in der Waffe nur mit seinem eigenen Mana aktivieren VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 6, Manaregeneration Level 5, Geschicklichkeit Level 5 BESCHREIBUNG: Der Lacrima Bogen ist eine magische Waffe, die Lian von einem exzentrischen Magierschmied in Aloe Town hat anfertigen lassen. Die Waffe ist ein Einzelstück, das nur mit viel Erfahrung, Talent und noch deutlich mehr Geduld hergestellt werden kann und entsprechend wertvoll ist. Normalerweise bestehen Schmiede, die so viel Herzblut in die Herstellung eines Lacrimas Bogens gesteckt haben, dass der Besitzer der Waffe auch einen entsprechend einzigartigen Namen gibt. Lian hat dafür allerdings bisher keine Inspiration empfunden und nennt die Waffe daher bisher einfach nach dem, was es ist: Ein Lacrima Bogen. Im inaktiven Zustand hat die Waffe die Gestalt eines schlichten Lederarmbands, an dessen Unter- und Oberseite zwei durchsichtige Lacrima-Kristalle sichtbar sind. Durch einen Manaimpuls kann der Magier die Kristalle aktivieren, wodurch sich in seinen Händen ein Bogen manifestiert, der je nach Mana des Eigentümers unterschiedliche Gestalten annehmen kann. Bei Lian zeigt sich ein durchweg schwarzer Bogen, an dessen oberen und unteren Ende jeweils ein Lacrima-Kristall - nun in dunkelroter Farbe - aufblitzt. Wird der Bogen gespannt, kann der Magier weiteres Mana einsetzen, um einen Pfeil zu erzeugen. Darauf aufbauend gibt es zwei verschiedene Effekte, die der Magier einsetzen kann.
Effekt 1, 50 Mana: Eine magische Aura legt sich um den Pfeil, sodass er eine deutlich höhere Durchschlagkraft besitzt. Diese entspricht der Willenskraft des Anwenders und kann maximal Stufe 5 erreichen.
Effekt 2, 50 Mana: Der Pfeil teilt sich nach dem Abschuss zu bis zu fünf Pfeilen auf, sodass ein Ausweichen deutlich erschwert wird.
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 8 | @Lian
Arkos kam noch nicht einmal auf die Idee, dass Lian das mit den Hunden unangenehm sein könnte. Wieso auch? Daran war nichts verwerfliches, und der Rotschopf hätte wahrscheinlich eher verlangt, dass sich der A-Rang-Magier ein wenig zusammenriss. Sie waren hier in einer echt brenzligen Situation! Aber dazu kam es nicht, denn Lian machte sich ja doch die Mühe und während Arkos auf dem Eis rumkloppte, kümmerte er sich um die Tiere. Als der Schmied schon auf dem Rückweg zum Schlitten war, spürte er mit einem Mal eine kalte... Welle, oder vielleicht auch nur ein Gefühl, von Lian ausgehen, und schauerte ein wenig. Er fühlte sich nicht furchtbar viel anders, aber irgendwie... war es doch eigentlich alles ganz entspannt, oder? So wirklich in Gefahr steckten sie ja nicht, wenn man das mal mit der Lawine verglich... eigentlich steckten sie überhaupt gar nicht in Gefahr. Entspannt hopste Arkos auf den Schlitten und sah den Dunkelhaarigen mit einer gleichgültig, entspannten Miene an. "Also hast du wirklich ein Händchen für Tiere, was? War das schon immer so?" Im Plauderton hielt sich Arkos an dem Schlitten fest, während er sich in Bewegung setzte, und schien sich um die paar Eiszapfen um sie herum nicht wirklich zu kümmern. Ein paar Mal schlug Arkos, ohne dabei die Miene zu verziehen, ein paar der Dinger aus der Luft, aber ganz ehrlich... das war ja schon mal schlimmer gewesen. War ja fast wie ein Training hier. "Ich weiß zwar nicht, wieso du es noch kälter machen wolltest, aber ich finde, es ist dir nicht gelungen", merkte der Rotschopf an, und spürte überhaupt nichts von der Aufregung, die Lian verspürte. Seelenruhg verstaute er seinen Hammer wieder, als der Ausgang in Sicht kam, und grinste sogar leicht. "Schön, der Ausgang!", merkte er zufrieden an. Lian hingegen fluchte schon wieder. "Ganz locker", riet Arkos seinem Kollegen und sah in Richtung des großen Eissplitters. Hm, tja... also das könnte schon ein Problem werden, das sah ja sogar Arkos ein. Aber war das denn wirklich so ein Problem? Irgendwas würde der Kerl doch draufhaben, oder? Er war ein A-Rang-Magier! Das musste doch was heißen!
Ein wenig ins Stutzen kam Arkos, als Lian ihn anwies, ihn festzuhalten. Öh... okay? Es zu hinterfragen kam ihm in dem Moment nicht in den Sinn, sondern zuckte mit der Schulter und packte die Hüfte des Falls, wie befohlen, und stützte ihn. Was hatte er denn vor? Wollte er den Eissplitter anschreien, dass er nicht herunterfallen sollte? Kam dem Aurelius doch reichlich wenig vielversprechend vor, aber sollte er ruhig machen. Er hatte gerade keine bessere Idee, und wenn Lian eine hatte, dann hieß das doch nur, dass er jetzt nicht in dieser Höhle gefangen sein würde. Arkos sah zu dem Sphynx-Magier hoch und blinzelte leicht - er wirkte plötzlich so anders. Konzentriert. Fokussiert. Irgendwie eher so, wie er sich einen A-Rang-Magier vorgestellt hatte... und der folgende Lichtblitz blendete den Schmied sogar kurz. Es war alles gar nicht so einfach - einerseits war es ihm irgendwie egal, was hier passierte, andererseits war Lian so angespannt, dass Arkos nicht umhin kam, auch ein wenig Spannung zu empfinden. Er spannte den Bogen, ein Pfeil erschien. Wow. Das war... das musste eine magische Waffe sein. Das weckte doch das Interesse des Aurelius, der beinahe gefragt hatte, um was für ein Stück es sich hier denn handelte - aber Lian sah nicht so aus als würde er sich gerade darauf einlassen wollen, einen Plausch zu betreiben. Eher schoss er einen Pfeil ab und Arkos wunderte sich für einen Moment, was ein Pfeil denn ausmachen würde... bis der Eiszapfen mit Wucht in tausend Splitter zersprangt. Sprachlos beobachtete Arkos das Spektakel und wäre wohl begeisterter gewesen, wenn nicht noch die leichten Auswirkungen von Lians Magie an ihm geklebt hätten. Der Schlitten überwand die letzten Meter, rutschte durch eine Kuhle, warf Lian wieder um, und schließlich... flitzten die Hunde nach draußen.
Sie kamen zum Stehen, schlitternd und überhaupt nicht elegant. Schnee fing kurze Zeit später wieder an, sich auf den Köpfen der Anwesenden zu sammeln, und eine fast gespenstische Stille setzte ein. Nur der pfeifende Wind, der hier durch die Berge wehte, und das Hecheln der Hunde war nun zu hören… bis das Knirschen von Lönnes Stiefeln auf dem Schnee die Aufmerksamkeit auf sich zogen. „Wir sind da.“ Arkos atmete einmal tief ein, spürte langsam, wie die Kälte hier draußen die unnatürliche Kälte von vorhin verdrängte und er plötzlich merkte, wie komisch… unwichtig ihm gerade alles gewesen war. „Was war das für ein Zauber?“, murmelte er Lian zu. „Du hast mich erwischt, glaube ich.“ Nach diesen Worten sah er sich zum ersten Mal richtig um und zog tief Luft durch seine Nase ein.
Rechts von ihnen war der Bergpass zu sehen, den sie wohl normalerweise heruntergekommen wären. Er war von der Lawine verschüttet, und diese hatte sich im nebenanliegenden Tal verloren. Vor ihnen erstreckte sich ein offener Platz, auf dem mehrere Schienen wohl dazu dienten, die Ware abzutransportieren. „Eine andere Lawine blockiert die Schienen“, brummte Lönne. Arkos rümpfte die Nase. Natürlich. „So, und…“ Arkos kratzte sich am Hinterkopf. „Und jetzt?“
Sie stiegen vom Schlitten. Die Stiefel oder Schuhe der Anwesenden knirschten leise, während Lian und Arkos kurz warten mussten, weil Lönne die Hunde vom Schlitten losmachte. Die Tiere winselten leise, aber schienen so insgesamt gar nicht so unglücklich zu sein. Einige von ihnen sahen ein wenig verstört aus, aber ansonsten… „Gibt es hier irgendwo einen Unterstand oder eine Hütte, in der wir kurz die Lage klären können?“, fragte Arkos Lönne mehr als Lian, auch wenn der Olsson nicht sonderlich hilfreich gewesen war, bisher.
Ganz… locker? Hätte Lian sich in diesem Augenblick nicht dringend auf andere, deutlich wichtigere, Dinge konzentrieren müssen, er hätte Arkos doch glatt einen verstörten Blick zugeworfen, gefolgt von der Frage, ob er noch alle Tassen im Schrank hätte. Erst nachdem er seinen Pfeil abgeschossen hatte und der gigantische Eissplitter in unzählige Einzelteile zerborsten war, fiel dem Falls das merkwürdige Verhalten des Aurelius im Gesamten auf. Und er kam zu dem Schluss, dass er mit seiner Magie scheinbar nicht nur die Hunde, sondern auch den Schmied getroffen haben musste. Dabei hatte er sich doch extra Mühe gegeben, die Abstände richtig einzuschätzen, um weder Lönne noch seinen Kollegen zu treffen. Ein wenig ärgerte sich der Falls, denn es war seinen mangelnden Fähigkeiten mit der Emotional Magic geschuldet, dass er unwillentlich den Satyrs getroffen hatte. Es war nicht so, dass dieser Fehler sie wirklich in eine bedrohliche Lage gebracht hatte, vielleicht hatte es dem Aurelius sogar geholfen, sich auch in dem Moment größter Anspannung ruhig und besonnen zu verhalten. Aber das war ein Glück, auf das sich Lian nicht auf ewig verlassen konnte. Ja, er war besser geworden im Umgang mit seiner Magie, seit er gemeinsam mit Ronja daran trainiert hatte. Aber er war immer noch Meilenweit davon entfernt, ein wahrer Meister der Emotional Magic zu werden.
Immerhin, sie hatten es geschafft, hatten diesen zugefrorenen Tunnel hinter sich gelassen und waren zurück ans Tageslicht gekehrt. Der Wüstenbewohner war so erleichtert über diesen Umstand, dass er sogar kurz seinen schmerzenden Hintern und den Schnee vergaß, der tänzerisch durch die Luft wirbelte und der Umwelt etwas Malerisches verpasste. Der 20-Jährige stieß die zwischenzeitlich angehaltene Luft aus den Lungen, hob die Lider dann wieder an und musterte den schwarzen Bogen, den er immer noch fest mit der Linken umklammert hielt. Ein kleiner Manaimpuls folgte und so spontan, wie die Waffe erschienen war, war sie auch schon wieder verschwunden. Das lederne Armband, an dem die Lacrima-Kristalle befestigt waren, konnte ein Außenstehender nicht erkennen, denn es war unter den unzähligen Kleiderschichten versteckt, die Lian trug. „Oh, als deine Antwort auf einen herunterfallenden, riesigen Eissplitter ein ‘Ganz locker‘ war, war mir auch klar, dass du etwas von meiner Magie abbekommen haben musstest.“ Der Falls schüttelte ungläubig den Kopf, rappelte sich dann allerdings auf und kletterte aus dem Schlitten, sodass er knöcheltief im Pulverschnee versank. Puh – hoffentlich konnten seine Stiefel die Kälte lange genug raushalten. „Sorry, das war nicht geplant gewesen“, ergänzte der junge Mann seine vorherigen Ausführungen, zog seine orangene Mütze zurecht und rieb sich danach leicht fröstelnd über die Oberarme. Ja, vielleicht hatte die Sphynx in einem kleinen Augenblick in diesem Tunnel, als es wirklich um Leben und Tod gegangen war, wie ein A-Rang Magier gewirkt. Aber dieser Moment war vorbei und so stand vor dem rothaarigen Schmied wieder genau der Falls, den er bereits am Bahnhof von Crystalline Town kennengelernt hatte. Irgendein Typ, dem offensichtlich viel zu kalt war und der wenig Begeisterung ausstrahlte, diese Reise noch weiter fortzuführen. „Ich beherrsche Emotionsmagie.“ Unter anderem, ergänzte er gedanklich, sprach es aber nicht aus. „Ich habe mit meiner Magie den Tieren die Angst genommen… und scheinbar nicht nur den Tieren.“ Die hellgrünen Augen blitzten amüsiert auf, als er dem Aurelius ein leichtes Grinsen schenkte und mit den Schultern zuckte. Lönne hatte offensichtlich mit einem Ohr zugehört, denn er trat auf die Magier zu und musterte sie mit einem Blick, der… Moment, war das so etwas wie Anerkennung? Gar Respekt? Wow, Lian war sich nicht sicher, ob er sich etwas einbildete, aber das kleine, aber doch so vielsagende Nicken des Schlittenhundführers sagte mehr als tausend Worte es hätten vermitteln können. “Es gibt Zelte vor der Mine. Kommt.“ Die Stiefel des Olsson knirschten im Schnee, als er an Arkos und dem Illusionisten vorbeischritt und den eben bereits entdeckten Schienen in entgegengesetzter Richtung folgte. „Wow. Wir mussten nur ungefähr zehnmal beinahe sterben, um ein anerkennendes Nicken als Belohnung zu erhalten. Wer hätte das für möglich gehalten?“, wisperte der Falls seinem rothaarigen Kollegen zu und hob die rechte Augenbraue skeptisch an, bevor er sich daranmachte, Lönne auch auf den letzten Metern zu folgen. Und er behielt Recht: Nach wenigen Minuten schon konnte Lian inmitten des Schneegestöbers zwei mittelgroße Zelte erkennen, die sich von der sonst hellen Umgebung abhoben und direkt an einer Felswand angebracht worden waren. Um geschützter vor Wind und Wetter zu sein? Vermutlich. Die Schienen, denen sie gefolgt waren, mündeten in einen Höhleneingang, von dem Lian einfach davon ausging, dass es die Mine war, die sie gesucht hatten. Lönne allerdings hielt nicht auf die Höhle zu, sondern steuerte die Zelte an… ehe es ein lauter, markerschütternder Schrei war, der aus einem der Zelte erklang und bis zu den Magiern hinüberwehte. „Was…“ Es wurde auch einfach nicht ruhiger, oder?
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 9 | @Lian
Arkos… konnte ein plötzliches Grinsen nicht ganz unterdrücken. Stimmt, das hatte er gesagt. Es kam ihm jetzt dann doch ein wenig komisch vor, dass ihn das Gefühl so überwältigt hatte, dass er Lian sogar geraten hatte, locker zu bleiben… aber jetzt wusste er ja, dass es tatsächlich mit der Magie des Kollegen zu tun gehabt hatte. Dann aber schmälerte sich das Grinsen ein wenig und wurde einen Tick schiefer. „Kein Problem. Finde eher, dass es erstaunlich ist, wie einfach man manipulierbar ist. Darüber muss ich nachdenken“, gab er zu und fragte sich, ob es Möglichkeiten gab, das zu unterbinden. Möglicherweise könnte er ja mit seinen langsam erwachenden Fähigkeiten bezüglich magischen Schmiedens etwas dafür tun, aber so ganz sicher war er sich des ganzen Prozederes immer noch nicht. Dabei fiel ihm ein, dass Lian ja diesen schwarzen Bogen hervorgezaubert und schließlich wieder weggeschickt hatte. Was war das genau gewesen? Die goldfarbenen Augen von Arkos lagen auf Lian und musterten ihn eindringlicher als bisher zuvor. Ja, die Aura beziehungsweise Ausstrahlung des Falls hatten sich wieder verkehrt und da stand wieder der frierende, fast schon etwas scheu wirkende junge Mann, der sich die orangeleuchtende Mütze fester auf den Kopf zog.
Aber das wirkte bei dem Rotschopf jetzt nicht mehr. Vielmehr war er sich jetzt noch sicherer, dass Lian nur eine Fassade aufsetzte – oder, dass er einfach nicht zeigen wollte, wozu er in der Lage war, um seinem Schlendrian zu frönen. Das war etwas, was Arkos nicht besonders gerne sah. „Aha. Emotionsmagie“, murmelte der Schmied und verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf leicht auf die Seite. Der Name war wohl Programm. Bogenschütze, Emotional Magic… A-Rang-Magier… hm. Der zersplitterte Eiszapfen. „Ich glaube, ich verstehe langsam, wieso du auf diese Mission geschickt wurdest“, meinte er und sah Lian direkt an. „Ich vermute, du verstehst eigentlich ganz gut, wieso du auf dieser Quest bist, und auch, dass du sehr viel mehr Fähigkeiten mitbringst, als du bereit bist zuzugeben.“ Der junge Mann lockerte seine Arme und zuckte leicht mit den Schultern. „Du bist entweder ein Zweckspessimist oder ein Tiefstapler. Was du aber nicht bist, ist zufällig A-Rang-Magier“, stellte er fest, und war sich der Sache sehr sicher. Zumindest in dem Moment. Er glaubte nicht, dass so ein Bogen jedem einfach in die Hand gedrückt wurden. Lian schien sich einfach zu scheuen, Verantwortung zu übernehmen. Aber klar, wer sich mehr darum kümmerte, dass sein Nachname nicht fiel, der hatte wohl einfach irgendwas zu verstecken, und wer er selbst dieses etwas war. „Das war eine magische Waffe, oder nicht? Faszinierend. Und bestimmt kein Allerweltsgegenstand.“ Lönne wies darauf hin, dass es Zelte vor der Mine gab, und Lian flüsterte noch einen Kommentar daraufhin. Arkos schmunzelte leicht. „Zusammen fast sterben scheint zusammenzuschweißen.“ Als sie sich in Bewegung setzten, warf Arkos Lian noch einen Blick zu – sagte aber nichts weiter. Ihm fiel nicht ein, was man dem Falls genau mitgeben konnte, was er sicher nicht schon gehört hatte. Der Rotschopf fragte sich, was das eigentliche Problem des jungen Mannes war – aber er kannte ihn selbstverständlich nicht genug, um dem auf den Grund zu gehen. Er war sich ziemlich sicher, dass Lians Versteckspiel tiefer ging, als er aktuell überhaupt annehmen konnte. Das konnte mit der Zeit nicht gesund sein. Der Schrei aus einem der Zelte, die nach ein paar Gehminuten aufgetaucht waren, lenkte ihn allerdings effizient von seinem Questpartner ab. Es hatte wie ein Schrei vor Schmerzen geklungen, fand er. Aber es war danach sofort ruhiger geworden, sodass wohl, naja, das Problem auf die eine oder andere Art und Weise gelöst worden war. Lönne hielt direkt darauf zu, antwortete wahrscheinlich aufgrund der eigenen Unwissenheit nicht auf Lians Frage.
Als sie durch eine Klappe in das Zelt kamen, schlug ihnen warme Luft entgegen – im Verhältnis, zumindest. Natürlich waren es nicht angenehme fünfundzwanzig Grad oder gar weit über dreißig, wie in der Schmiede, aber zumindest deutlich wärmer als draußen – und halt auch ohne Wind und Schnee. Die stabile Zeltplane war nur die äußere Schicht, innen gab es noch quasi zweites, kleineres Zelt, welches in dieser doppelwandigen Konstruktion wohl dazu führte, dass die Kälte effizient draußen gehalten werden konnte. Schlau. Arkos lockerte seinen unbewusst angespannten Körper ein wenig, als er merkte, dass die Kälte ihn schon insgesamt sehr steif hatte werden lassen. Ein etwas erleichtertes Ausatmen, während er sich umsah. Es waren einige Feldbetten aufgestellt, und es wuselten tatsächlich fast nur Männer in dem Zelt herum. Das war wohl recht normal, da das hier eine Mine war, und erklärte auch, dass es nicht eben nach Blumen roch. Arkos störte das nicht sonderlich. Fakt war: Fast alle der Männer waren verletzt oder sehr blass, sahen so aus, als wären sie gerade dem Tod entkommen. Und einige der Arbeiter wirkten schwer missgestaltet, beziehungsweise... sehr armlos. Zumindest fehlten einigen von ihnen ein Arm oder ein Teil davon. Schmerzerfülltes Stöhnen und Ächzen erfüllte immer wieder den Raum und machten die Atmosphäre fast ein wenig... gespenstisch. Der Rotschopf runzelte leicht die Stirn. Sah nicht zwingend so aus, als wäre da nur ein Stein drauf gefallen, aber was wusste er schon. Einer der Männer stand neben einem, der auf einem der Betten saß, und sprach beruhigend mit ihm, während er einen bläulich angelaufenen Arm bandagierte. Als er fertig war, bemerkte er die ‚Besucher‘. „Lönne! Sind das die Magier?“
„Hm?“ Lian horchte auf, als er die gemurmelten Worte seines rothaarigen Begleiters vernahm. Was… was war das für ein Blick? Die bernsteinfarbenen Augen des Schmiedes hatten sich verändert, strahlten irgendetwas aus, was der Falls auf Anhieb nicht richtig benennen konnte. Der 20-Jährige fühlte sich durchleuchtet, als würde Arkos versuchen, irgendwo in den Tiefen seiner Seele nach irgendetwas zu suchen. Ohne es so recht kontrollieren zu können, war es ein Schauer, der Lian über den Rücken kroch. Er mochte es nicht, wenn er von Menschen so direkt angesehen wurde, als würden sie irgendetwas an ihm erkennen. Die weiteren Worte des Aurelius verfehlten in jedem Fall nicht ihre Wirkung. Er war vielleicht ein Zweckspessimist oder ein Tiefstapler, aber mit Sicherheit nicht zufällig ein A-Rang-Magier? Die Lippen von Lian öffneten sich zu einer Erwiderung, nur um sich keine Sekunde später wortlos wieder zu schließen. Was sollte er darauf denn jetzt antworten? Die hellgrünen Seelenspiegel wandten sich ab, hielten dem Blickkontakt mit Arkos nicht länger stand. Ein wenig bereute Lian es jetzt schon, dass er sich von dem Moment in dem vereisten Tunnel so sehr hatte mitreißen lassen, dass er seinen magischen Bogen hervorgezaubert hatte. Andererseits: Was hätte er denn sonst tun sollen? Sie wären ansonsten draufgegangen… nein, eine großartig andere Möglichkeit hatte es nicht gegeben. So offensiv von dem Satyrs, den er trotz allem kaum kannte, damit konfrontiert zu werden, gefiel Lian dennoch nicht. Was genau erwartete Arkos denn jetzt bitte von ihm? Wenn er sich erhoffte, dass sie jetzt irgendwie besser in der Mine zurechtkamen, dann sollte er sich mal bloß nicht zu viele Hoffnungen machen! „Scheint so“, antwortete er dem anderen Magier murrend und bekannt wortkarg auf seine Feststellung, dass zusammen beinahe sterben scheinbar zusammenschweißte, als es auch schon ein Schrei war, der durch die kühle Luft schnitt und jede Aufmerksamkeit auf sich zog.
Lian hatte das Schlimmste erwartet, sodass die Realität, die sich beim Eintreten in eines der Zelte offenbarte, sogar noch... ging. Zur rechten und linken Seite erstreckten sich mehrere Feldbetten, auf denen teilweise schwer verwundete Menschen lagen. Aber zumindest konnte er keine Indizien darauf entdecken, dass irgendjemand in diesem nach Lazarett aussehenden Ort ums Leben gekommen war - zumindest noch nicht. Ob das hier alles Minenarbeiter waren? Ihrer Statur ließ Lian dies zumindest vermuten. Und auch die Verletzungen deuteten darauf hin, immerhin waren er und Arkos ja hergeschickt worden, weil es ein Minenunglück gegeben hatte. Ja, alles deutete darauf hin, dass die beiden Magier ihr eigentliches Ziel nach langer Reise erreicht hatten. Und gleichzeitig… fragte sich der Falls beim Anblick all dieser muskulösen, breit gebauten und dennoch teils schwer verletzten Männer, was genau er an diesen Unglücksort eigentlich ausrichten sollte. “… hat uns alle überrascht.“ Lian wandte sich von einem der Verletzten ab und drehte sich endlich in Richtung des eigentlichen Geschehens. Lönne hatte ihn und Arkos mittlerweile vorgestellt und ebenso offenbart, dass es sich bei ihnen um die Magier handelte, die zur Hilfe geschickt wurden. Leider hatte der Lockenkopf dem Gespräch nur halb gelauscht, sodass er erst beim zweiten Teil tatsächlich geistig anwesend war. Auffallend genau wurden er und der Schmied von dem Mann gemustert, der sich inmitten dieses Zeltes nicht nur um die Verletzten kümmerte, sondern scheinbar auch das Sagen hatte. Auf Anhieb konnte Lian zumindest an diesem Mann keine Wunden feststellen. Ob er zum Zeitpunkt des Unglücks vielleicht gar nicht in der Mine gewesen war? “Du bist also der A-Rang-Magier von Crimson Sphynx“, sprach der fremde Herr am Ende seiner Musterung bewusst in die Richtung von Arkos, Lian überhaupt keine größere Beachtung mehr schenkend. Ganz kurz war der Falls versucht, einfach nicht einzuschreiten und den Irrtum nicht weiter aufzuklären. Weder war Lian stolz auf seinen Rang, noch auf seine Gilde und im Mittelpunkt stehen war ohnehin nicht so sein Ding. Ganz davon ab, dass ihm schon ganz klar war, warum man Arkos auf den A-Rang-Magier hielt – die Erscheinung des Schmiedes war dann eben doch deutlich imposanter. Aber irgendwie hallten die Worte des Aurelius von zuvor noch im Geiste des Falls nach und das ärgerte ihn. Er hob die Hand, um auf sich aufmerksam zu machen. „Nein. Das wäre ich.“ Fast so, als würde der fremde Typ Lian erst jetzt wirklich wahrnehmen, wandte er sich in die Richtung des Falls, musterte ihn ein zweites Mal, verglich ihn ziemlich offensichtlich mit Arkos. Was wohl in seinem Kopf vorging? Fällt dir etwa jetzt erst auf, dass ich deutlich mehr nach Wüstenbewohner aussehe als Arkos?, fragte sich Lian, sprach es aber nicht aus. Stattdessen trat er einen Schritt nach vorne und entschied sich, diese verdammt unangenehmen Situation zu unterbrechen, indem er auf den eigentlichen Auftrag zu sprechen kam. „Das hier sind alles Verletzte aus der Mine? Was ist geschehen?“ Entschlossen sah der Braunhaarige dem Minenarbeiter entgegen, der zum Glück keine weiteren Fragen stellte, sondern ebenso begriff, dass es wichtigere Dinge gab, um die sie sich kümmern mussten. Er nickte zustimmend. “Das Unglück hat uns vollkommen unvorbereitet getroffen, mitten in der Arbeit. Wir sind uns nicht einmal sicher, was es ausgelöst hat… Tatsache ist allerdings, dass tief in der Mine einer der Haupttunnel über unseren Köpfen zusammengebrochen ist. Ein paar Männer konnten sich noch retten…“ Er deutete mit einer weit ausholenden Bewegung auf die Menschen, die auf den diversen Feldbetten lagen. “… der Großteil wurde allerdings eingeschlossen. Wir haben versucht, die Steine beiseitezuschaffen, aber wir sind nicht weitergekommen. Wir konnten auch keinen Kontakt mehr zu den anderen Männern herstellen. Ob sie nach einem anderen Ausweg gesucht haben? Haben es alle überlebt? Wir wissen es nicht.“ Hm, das hörte sich nicht sonderlich gut an. „Wann ist das passiert?“, fragte Lian weiter, was den deutlich breiteren und größeren Mann kurz nachdenken ließ. “Vor rund 48 Stunden.“ Das war einige Zeit. „Hatten die anderen Männer Proviant?“ Doch dafür erntete Lian nur ein Kopfschütteln. Das hieß, dass die Zeit umso mehr drängte. Kurz warf der Falls dem Aurelius einen Blick zu. „Gibt’s eine Karte des Höhlenkomplexes?“ Und tatsächlich schien es eine solche zu geben, zumindest wandte der Mann sich um und begann mit seiner Suche. “Aber ich muss euch vorwarnen…“, sprach er, während er weitersuchte. “Die Mine ist nicht umsonst die Größte in Fiore. Die Größte… und entsprechend verwinkelt.“ Ja, wunderbar. Konnte es noch viel schlimmer werden?
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 10 | @Lian
Arkos hatte überhaupt keine Antwort erwartet, sondern war eigentlich auch ganz froh darüber, dass Lian offenbar ein wenig darüber nachdachte, was er gesagt hatte. Ehrlich gesagt bestätigte das seine Einschätzung eigentlich nur, und noch viel mehr, als sich doch noch ein paar verirrte Worte über die Lippen des Falls zwangen, in einer sehr mürrischen Art und Weise. Das war zwar amüsant, aber trotzdem… der Rotschopf hoffte, dass sein Questpartner noch ein wenig mehr aus sich herauskam. Im ersten Moment hatte er erwartet, dass Lian ein sehr zugänglicher, offener Mensch war – nur um kurz darauf genau das Gegenteil zu erwarten. Die Realität befand sich wie so oft irgendwo in der Mitte, aber eine Sache war sehr klar geworden: Lian war, mehr als alle anderen Magier, die er bisher getroffen hatte, geheimnisvoll. Ob mit Absicht oder nicht, aber er schien vieles zu verbergen.
Als er darauf angesprochen worden war, ob er der A-Rang-Magier war… war Arkos tatsächlich kurz davor gewesen, einfach mit dem Strom zu schwimmen und zu behaupten, dass er das war. Es wäre zwar eine Lüge gewesen, aber wenn es dazu führte, dass sie diese Quest ein wenig beschleunigt bekamen, hätte er gar nichts dagegen gehabt, eine kleine Notlüge einzuschleusen. Lian aber stellte sich – in einer Anwandlung bisher seltener Initiative – selbstständig als der angesprochene Anführer vor und stellte sogar ein paar wichtige Fragen – erstmal über die Geschehnisse, prüfte dann den zeitlichen Horizont und fragte sogar nach einer Karte! Der Schmied kam nicht umhin, ein wenig beeindruckt zu sein – nicht unbedingt, weil Lian das gemacht hatte, sondern wie direkt und sachlich diese Fragen aus ihm herausgeschossen kamen. Wieder ein Beweis dafür, dass der Dunkelhaarige schon einige Quests erledigt haben musste. Arkos konnte einen stummen Seufzer nicht ganz unterdrücken. Je mehr Informationen rüberwanderten, desto mehr wurde ihm bewusst, dass der schwierige Teil der Quest ja erst noch… bevorstand. Der Weg hierhin war schon ein Abenteuer gewesen, aber jetzt ging es langsam wirklich ums Ganze. Hier waren einige Bergleute, die verletzt worden waren – und es gab definitiv keine Garantie dafür, dass da drinnen nicht noch mehr Verletzte waren. Oder Tote. Mal ganz zu schweigen davon, wie natürlich die Ursache für den Einsturz tatsächlich war. Ja, Lian hatte natürlich irgendwie schon Recht gehabt… wie genau sollten sie das eigentlich angehen? Klar, sie waren die ‚Ersten Hilfskräfte‘ vor Ort, einfach, weil sie schnell gewesen waren. Trotz allem waren zwei Tage Zeit, um durch die Gilden zu kommen, doch recht fix. Arkos verschränkte die Arme vor der Brust, und schließlich bekam er eine Karte des Areals beziehungsweise der Mine zugesteckt. Es war mehr eine Skizze und zeigte, dass es nicht nur verschiedene Verwinkelungen und Sackgassen gab, sondern auch verschiedene Abschnitte – vertikal gesehen.
“Kommt mit. Ich zeige euch den Eingang zur Mine.“ Er nickte Lönne zu, der sich mit den Worten verabschiedete, er müsse sich um die Hunde kümmern. Das war wohl fair, die hatten sich ja vermutlich auch am meisten verausgabt… bisher. Der Mann ging vor, und Lian und Arkos hatten wohl oder übel keine Wahl, als ihm nach draußen zu folgen… dort, wo ihnen direkt wieder die kalte Luft um die Ohren pfiff. Arkos schauerte, aber dieses Mal war es kein langer Weg, bis sie am Eingang zur Mine standen. Ominös anmutend liefen die Schienen hier in den Berg hinein, und zumindest die ersten Meter waren noch mit einigen Lampen erleuchtet. Viel mehr war nicht zu sehen. “Bitte rettet unsere Kameraden und klärt die Ursachen für den Zusammensturz. Es sind Hilferufe an alle Gilden rausgegangen, wenn also weitere Magier eintreffen, schicken wir die noch nach.“ Der Mann sah sie noch einmal bittend an, neigte dann leicht den Kopf und ging zurück zum Zelt. So waren die beiden ungleichen Magierkollegen wieder alleine, und Arkos sah auf den Zettel, der die Skizze der Mine darstellte. Dann strich er sich durch den roten Haarschopf und schien einen Moment zum sich-sammeln zu brauchen, nur, um dann wieder seine goldenen Augen auf Lian zu richten. „Also, zusammengefasst… haben wir nicht furchtbar viele neue Informationen“, stellte er fest. „Es sind Menschen eingesperrt. Einer der Haupttunnel ist verschüttet und unpassierbar. Wir stehen unter Zeitdruck, aber immerhin werden sie genug Luft zum Atmen haben.“ Das war, glaubte er, ziemlich wichtig bei so einem Unglück. „Keiner weiß, wieso der Tunnel eingestürzt ist. Und da bereits ein Teil eingestürzt ist, könnte es uns ähnlich ergehen.“ Arkos war nicht klaustrophobisch, aber… bei dem Gedanken wurde ihm dann doch ein wenig unwohl. „Außerdem können wir davon ausgehen, dass es mittlerweile sicher noch einige zusätzliche Opfer gegeben hat.“ Seine in Falten gelegte Stirn deutete darauf hin, dass er die Situation als eher misslich einschätzte. „Selbst wenn Lönne noch weitere Magier hierhin bringt, wird die Lawine aktuell verhindern, dass das schnell gehen wird. Wir sind also ziemlich allein. Die Verletzungen der Männer sahen... irgendwie nicht nur nach ein paar Felsen aus, die auf sie raufgestürzt sind.“ Unglücklich. Aber Arkos wäre nicht Arkos, wenn er nicht jetzt direkt den Tunnel hinunterblicken würde und sich in Bewegung setzen würde. Eine Spitzhacke, die verloren am Rand des Tunnels lag, nahm er vorsichtigshalber direkt mit. „Na dann los. Wir haben keine Zeit zu verlieren“, stellte er stoisch fest und zog die Augenbrauen ein wenig zusammen.
Lian mochte keine Aufmerksamkeit und hielt sich gerne im Hintergrund. Noch weniger mochte er es allerdings, sich unangenehmen Situationen ausgesetzt oder sich gar beobachtet zu fühlen. Und irgendwie glaubte er, dass er mindestens von Arkos eine skeptisch angehobene Augenbraue kassiert hätte, wenn er bei der Verwechslung nicht dazwischengegangen wäre. Nein, darauf konnte der junge Mann gut und gerne verzichten, weshalb er im Endeffekt ganz zufrieden damit war, dazwischengegangen zu sein. Dass der Aurelius seine sachlich gestellten Fragen gedanklich honorierte, wusste der Falls nicht, es hätte ihn aber vermutlich auch nur indirekt interessiert. Lian machte das alles hier nicht, um sich Respekt zu verdienen. Er tat es, weil er dazu beauftragt wurde und er wusste, dass er mit präzise gestellten Fragen schneller das Ende dieser Quest erreichen würde. Endlich diese eiskalte Hölle verlassen und zurück in die warme Wüste kehren, sich in seiner Wohnung verschanzen und das eine oder andere Klatschblatt lesen, anstatt sich mit irgendwelchen lebensbedrohlichen Situationen auseinandersetzen zu müssen. Ja, das war eine Aussicht, auf die sich der eher arbeitsscheue Magier ziemlich freute. Vorausgesetzt natürlich, dass er und der rothaarige Satyrs an seiner Seite diese Quest auch überlebten und am Ende nicht selbst in der Mine gefangen waren. Der Lockenkopf schluckte, verdrängte den Gedanken für den Augenblick allerdings wieder. Es half alles nichts, sie mussten sich der Situation stellen… und hoffen.
Lian hatte die Skizze der Höhle auf dem Weg zum Eingang flüchtig gemustert, den Großteil hatte er aber dann doch dankend Arkos überlassen. Dieser einzelne Blick hatte dem Bogenschützen gereicht, um festzustellen, dass die Rettungsaktion verdammt anstrengend werden würde. Nicht nur wegen dem verschütteten Tunnel oder den wohlmöglich verletzten oder gestorbenen Minenarbeitern, sondern allein schon wegen der Größe dieser Mine. Wie lange der Fußmarsch wohl wäre, bis er und der Aurelius überhaupt am Unglücksort ankommen würden? Lian konnte nur schätzen. Lönne hatte sich verabschiedet und auch der Anführer der Minenarbeiter schien seine Arbeit als erledigt anzusehen, nachdem er die Magier bis zum gigantischen Eingang der Mine geführt hatte. Ein paar letzte Worte richtete er an Arkos und Lian – dass sie die Kameraden doch bitte retten sollten und falls weitere Magier auftauchen würden, würden diese nachgesendet werden – dann war auch dieser hochgewachsene und muskulöse Mann verschwunden. Die hellgrünen Augen des Falls sahen erneut skeptisch zum Höhlenkomplex und irgendwie fühlte es sich für Lian so an, als wäre die Temperatur hier draußen um weitere zehn Grad Celsius gefallen… „Wow, unsere Aussichten sind ja noch düsterer als diese Mine“, kommentierte er die Zusammenfassung ihrer Situation von Arkos und schenkte dem Kollegen tatsächlich ein schiefes Grinsen. Wie immer: Wenn Lian sich überfordert mit einer Situation fühlte, dann war es Amüsement und Humor, mit denen er reagierte. Es war seine Strategie, um so eine Situation auszuhalten. Dennoch folgte der Falls dem rothaarigen Schmied, als dieser sich in Bewegung setzte und nach einem gezielten Griff nach einer vereinsamten Spitzhacke in die Mine schritt. Lian hoffte inständig, dass das nicht sein letzter Moment auf der Erdoberfläche gewesen war. Es gab da das eine oder andere klärende Gespräch, dass er vor seinem Tod gerne noch geführt hätte... Immerhin bläst hier drinnen kein so eiskalter Wind, stellte er gedanklich fest, um sich selbst ein bisschen mehr Mut zu machen.
„Hm. Dachte ich es mir doch.“ Die beiden Magier waren noch nicht allzu weit in die Mine vorgedrungen, da endeten die an den Wänden angebrachten Fackeln. Das Licht, das ihnen vorher den Weg gewiesen hatte, erlosch einfach und es war nichts als Dunkelheit, die sich vor den beiden Männern auftat. Lian schmunzelte. „Erinnert mich an das letzte Mal, als ich in einer Mine unterwegs war.“ Kurz dachte er an Ava, Rownan und auch Chris sowie ihren Auftrag in der Kupfermine West, bevor er das Handgelenk drehte und … Arkos plötzlich einen Leuchtstab entgegenhielt. Genau ein solcher, wie er bei seiner damaligen Quest von Rownan überreicht bekommen hatte. „Hier. Die lagen im Zelt der Minenarbeiter herum.“ Nein, vermutlich hatte absolut niemand der Anwesenden den Moment wahrgenommen, in dem Lian die Leuchtstäbe eingesteckt hatte – er hatte ja auch nicht groß danach gefragt, ob er sie überhaupt hätte mitnehmen dürfen. Ob es sich einfach nicht ergeben hatte? Waren Arkos, Lönne und der Anführer der Minenarbeiter einfach von ihrem Gespräch zu abgelenkt gewesen, sodass sie es nicht mitbekommen hatten? Oder… hatte der Falls eben einfach ein Talent dafür, unbemerkt Dinge mitgehen zu lassen? Es war egal, zumindest Lians Ansicht nach, denn das Wichtigste war, dass sie bei dieser Quest nicht draufgingen. „Deine Flamme ist beeindruckend, aber ich denke, ein bisschen Mana sparen ist auch keine schlechte Idee“, erklärte er dem Aurelius weiter und holte einen zweiten Leuchtstab hervor, nachdem er den Ersten an seinen Kollegen abgetreten hatte. Dann sah sich Lian um und erinnerte sich daran, wie es damals gewesen war, als er in der Kupfermine West unterwegs gewesen war. Er und auch Chris hatten sich vollkommen auf den Orientierungssinn der Tiermenschen in ihrer Gruppe verlassen – die beeindruckenden Augen von Ava und auch auf Rownans Geruchssinn. Das waren Fähigkeiten, die ihm und Arkos nicht zur Verfügung standen. Und doch… Lian hatte sich seit damals weiterentwickelt. Und obwohl es ihm missfiel, gegenüber dem Schmied noch irgendwelche Fähigkeiten von sich selbst preiszugeben, wollte er doch das alles hier möglichst schnell hinter sich bringen. Und daher entschied sich Lian dazu, seinen Kollegen mit einer Handbewegung zum Stillstehen zu bringen. Nach einem kurzen Blickkontakt, schloss der Falls die Augen und konzentrierte sich, zumindest sah es danach aus, atmete tief ein und wieder aus. Und dann… spürte er es. „Angst“, wisperte er. „Und Wut.“ Es war nur leicht, es streifte den 20-Jährigen, was darauf hindeutete, dass diese Gefühle noch weit entfernt waren. Aber die Tatsache, dass Lian sie dennoch spüren konnte, verdeutlichten, dass mehr als nur eine Person irgendwo in den Tiefen dieser Mine diese intensiven Gefühle empfinden musste. Er hob die Lider wieder an und sah mit einem Seitenblick zu Arkos. „Die Leute müssen leben, ich spüre die Gefühle. Wenn wir ihnen näherkommen, kann ich vielleicht die Richtung ausmachen… und die Anzahl der Leute, die diese Gefühle empfinden.“ Was ihnen nicht zuletzt im Umkehrschluss auch Aufschluss über die Anzahl möglicher Todesopfer geben könnte…
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 11 | @Lian
Düstere Aussichten? Ansichtssache. Arkos sah es als Herausforderung. Er hatte bisher noch bei keiner Mission das Gefühl gehabt, dafür geeignet zu sein oder genug Ausrüstung dabei gehabt zu haben… interessanterweise fühlte er sich mit seinem Hammer und der Spitzhacke im Gepäck schon deutlich besser und relativ gut ausgestattet im Vergleich zu den anderen Quests. Insofern konnte er Lians Worte zwar verstehen, aber nur halbwegs nachvollziehen. Hier drin waren sie windgeschützt, es war zwar ziemlich kühl, aber deutlich wärmer als direkt draußen – das lag wohl einfach daran, dass die Temperaturen in der Erde einfach ziemlich gleichbleibend waren – und außerdem mussten sie nicht darauf vertrauen, dass Lönne mit den Hunden sie beinahe umbrachten. „Hm?“ Arkos drehte den Kopf zu Lian, sah sich dann um und legte den Kopf ein wenig schief. Was genau der Sphynx-Magier meinte, wusste er nicht – aber Arkos konnte ein schwaches Grinsen nicht unterdrücken. „Ah, du warst also schon einmal in einer Mine unterwegs? Was hast du denn da so mitbekommen?“ Noch ein Grund, warum es ziemlich sinnvoll war, Lian hier hinzuschicken, fand Arkos – der natürlich keinen Schimmer davon hatte, wie ‚das letzte Mal‘ verlaufen war. Aber Erfahrung aufzuweisen war immer gut. Lian war vermutlich einfach… ziemlich arbeitsfaul. Arkos war genau das Gegenteil davon und verstand nicht so recht, womit sich andere Leute so die Zeit vertrieben – wie kamen sie nur ohne Arbeit, ohne die Struktur, durch den Tag? Plötzlich hielt ihm der Falls einen Leuchtstab unter die Nase. Ein Blinzeln und ein leicht überraschter Gesichtsausdruck war die Belohnung für den Falls, aber Arkos fackelte nicht lange und nahm das Ding entgegen. Genau so etwas hatten sie gebraucht… sehr hilfreich. Lian hatte die Dinger eingesteckt? Es war ihm absolut nicht aufgefallen. Nachdenklich, und nur für einen Moment musterte der Rotschopf seinen Kollegen wieder einen Moment, zuckte dann leicht mit den Schultern. Vergessen würde er es aber nicht. Lian hatte offensichtlich nicht nur den Willen, sondern auch ein Talent dafür, eher unauffällig zu sein.
„Beeindruckend ist wahrscheinlich nicht das richtige Wort“, erwiderte der Schmied und überlegte, wo er den Stab befestigen konnte, ohne, dass er ihn störte. Da seine Kleidung eine gute Menge an Schnallen beinhaltete, steckte er ihn einfach an seinen Arm und zurrte ihn ein wenig fester – so, dass er jetzt fröhlich weiterleuchten konnte. Gerade hatte er sich wieder fix in Bewegung setzen wollen, da hielt Lian ihn auf und… was trieb er denn nun? Sah fast so aus, als würde er anfangen zu meditieren – was aber wohl nicht der Fall war. Bisher hatte Lian nicht wie ein furchtbar spiritueller Mensch gewirkt… die Antwort konnte also nur ‘Magie~‘ sein. „Angst und Wut?“ Fragend sah er den jungen Mann an, der ihm definitiv noch eine Antwort schuldig war. Lian aber schien nicht genauer ausführen zu wollen, wieso er genau wusste, dass da irgendwo noch Gefühle zu spüren waren. Klar, er hatte vorhin etwas von Emotionsmagie geredet, aber das war sicherlich nochmal schwieriger als ein paar Hunde zu beruhigen. „Das ist beeindruckend“, bekräftigte Arkos, ein wenig noch darauf bezogen, was Lian ihm vorher gesagt hatte, und schmunzelte jetzt seinerseits. „Habe noch nie jemanden getroffen, der Gefühle durch Wände spüren konnte. Naja, technisch gesehen bin ich noch nie jemandem begegnet, der überhaupt Gefühle spüren kann.“ Abgesehen von, naja, einfühlsamen Menschen und so. Wenn das so war… dann würde Lian sicherlich auch seine Gefühle spüren, und das war eine Information, die Arkos natürlich schon gerne gehabt hätte, bevor er unkontrolliert fühlte. Hm. Was wohl das Ausmaß dieser Fertigkeit war? „Laut dieser Karte müssen wir sowieso erst einmal weiter nach unten. Solange wir in den Haupttunneln bleiben, werden wahrscheinlich immer die Schienen uns führen.“ Arkos deutete auf die metallenen Konstrukte, die möglich machten, die abgebaute Ware schnell und effizient abzutransportieren. „Ich hoffe, sie haben keine Treppen eingebaut“, murmelte der Rotschopf und seufzte leise. „Komm, lass uns weitergehen. Solange wir nicht einmal wissen, wo der Tunnel eingestürzt ist, bringt uns das alles hier gar nichts.“ Mit diesen Worten stapfte er wieder los, immer darauf bedacht, weiterzukommen. Tatsächlich dauerte es ein paar Gehminuten, in dem die Umgebung nach und nach… ein wenig unheimlicher wurde. Es wurde feuchter, die Luft ein wenig wärmer, ihre Schritte hallten ominös durch den Tunnel, der hier immer noch sehr groß war, und die Dunkelheit schien begierig an den Rändern der kleinen Lichtkegel, den die Stäbe warfen, zu knabbern. Man hatte fast das Gefühl, die Schatten würden gewinnen, wenn sie zu lange stehen blieben. Das leise Tropfen von Wasser in der Ferne war da noch präsent, und das seltene, leise Knacken von Gestein, nicht zuzuordnen. Zu Arbeiten schien hier zumindest gerade niemand. „Wenn hier wenigstens Arbeiter unterwegs wären, würde es sich nicht so… unendlich verlassen anfühlen“, merkte Arkos an, strich sich die roten Haare aus dem Gesicht und deutete nach vorne. „Zum Glück… ein Aufzug.“ Tatsächlich kamen sie an einen Aufzug, der rein von der Schwerkraft betrieben werden konnte – Platten liefen an Ketten von unten nach oben und umgekehrt. Das Gewicht auf der einen Seite führte dazu, dass sich auf der anderen Seite die Platten in die Gegenrichtung bewegten – wenn denn genug Gewicht darauf war. Im Moment bewegte sich gar nichts. „Denke, wir kommen runter, wenn wir uns auf die richtige Seite stellen. Das hochkommen ist das, worüber ich mir Gedanken mache.“ Seine Stimme klang… skeptisch, aber auch irgendwie so, als wäre es sehr sachlich. „Man kann es anscheinend auch kurbeln. Notfalls müssen wir uns gegenseitig nach oben kurbeln.“ Arkos Blick… hing für einen Moment an den Oberarmen von Lian. Tja, hoffentlich waren die Bergarbeiter noch am Leben, oder?
Natürlich fackelte Arkos nicht lange. Er nahm ja auch einen Leuchtstab entgegen, keine Fackel und die fackelten ja nicht… verstanden?! Witzig? Nein?... Na gut, okay, dann nicht. Der Falls zuckte beiläufig mit den Schultern und ließ die Hände in den Taschen seiner dicken Winterjacke verschwinden, als der Schmied erwähnte, dass es beeindruckend wäre, dass er die Gefühle von Menschen in dieser Mine wahrnehmen konnte. War es das wirklich? Beeindruckend? Vermutlich sagte der Rothaarige das nur, weil er noch nicht allzu viele fähige Magierinnen und Magier in seiner verhältnismäßig kurzen Karriere gesehen hatte. Die Zeitmanipulation von Yuuki war beeindruckend, das Formen der Finsternis von Charon, auch die Nutzung des eigenen Blutes von Rin hatte durchaus einen Eindruck bei Lian hinterlassen. Wenn Arkos all diese Dinge gesehen hätte, hätte er sein Urteil sicherlich nochmal revidiert. Vielleicht konnte der Illusionist seine Magie hier und dort für den eigenen Nutzen einsetzen, aber das Erspüren von Gefühlen und auch die Erzeugung von Illusionen waren wenig imposant… und dadurch, zumindest wie Lian selbst empfand, auch nichts, was man als beeindruckend betiteln musste. Dennoch fiel ihm der Blick seines Kollegen auf und auch ohne Worte konnte der Lockenkopf bereits erahnen, woran Arkos dachte. Machte er sich etwa Sorgen, dass in den tiefen seiner Seele geforscht worden war? „Keine Bange, Mann. Ich hab dich nicht ausspioniert.“ Lian hätte noch nachreichen können, dass das nicht sein Stil war… aber ganz ehrlich? Das wäre eine verdammt krasse Lüge gewesen. Deshalb beließ er es doch lieber dabei. Der 20-Jährige wandte sich herum, sah wieder tiefer in den Minenkomplex, während der Aurelius die Karte studierte. Der Rothaarige hatte noch keine andere Person getroffen, die Gefühle erspüren konnte? „Dabei gibt’s in eurer Gilde jemanden, der ebenso Emotionsmagie beherrscht. Vermutlich sogar besser, als ich es kann“, ließ er seinen Kollegen wissen und warf ihm einen Seitenblick zu. „Ronja Tacross? Schonmal gehört? Kaum zu übersehen mit ihren drei Flügelpaaren.“ Lian war immer noch fasziniert davon, denn weder hatte er vor, noch nach Ronja jemals wieder eine Person getroffen, die so sehr aus der Masse hervorstach. Nein, eigentlich war es für ihn undenkbar, dass Arkos die junge Frau in den Hallen von Satyrs Cornucopia noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Aber vielleicht war Ronja ja auch gar nicht allzu oft in der eigenen Gilde unterwegs? Immerhin hatte sie auch ihre Praxis in Maldina Town, um die sie sich kümmerte. Ganz gleich, ob der Name dem Schmied etwas sagte oder nicht, ihr Weg ging weiter… und Lian folgte seinem Kollegen ohne großes Murren, während er sich immer wieder misstrauisch in dem dunklen Tunnelsystem umsah. Viele Dinge hier erinnerten den Braunhaarigen an die Kupfermine West, allem voran die gespenstische Atmosphäre. Lian war damals schon kein großer Fan von solchen unterirdischen Systemen gewesen… und wie er jetzt feststellte, waren sie ihm auch Monate später nicht sympathischer geworden. „Um auf deine Frage von vorhin zurückzukommen: Die Mine, in der ich war, war von Banditen besetzt… ich hoffe doch sehr, dass wir zumindest davor heute verschont bleiben.“ Ganz ausschließen konnte man es nie, denn scheinbar wusste keine Person, was genau den Tunneleinsturz verursacht hatte. Andererseits… was hätten Banditen davon, die Mine einstürzen zu lassen und sich wohlmöglich selbst einzusperren? Nein, Lian ging weiterhin von einer natürlichen Unfallursache aus. „Ansonsten habe ich mitbekommen, dass Licht in solchen Minen wortwörtlich Gold wert ist. Daher die Leuchtstäbe.“ Er deutete mit einem vielsagenden Blick auf Arkos Arm, an dem das Leuchtmittel befestigt worden war. „Außerdem sind die Dinger verdammt verwinkelt und ohne jedes Tageslicht entsprechend schwierig die Orientierung zu behalten. Daher die Karte.“ Lian neigte den Kopf ein wenig zur Seite und stieß die Luft aus. „Bei meinem letzten Auftrag hatten wir zwei Tiermenschen dabei, die mit ihren übermenschlichen Sinnen die Route vorgegeben haben.“ Beinahe hätte Lian erwähnt, dass auch diese beiden Tiermenschen aus der Gilde Satyrs Cornucopia stammten, aber irgendetwas hielt ihn im letzten Augenblick davon ab. Vielleicht die Sorge, dass das Gespräch zu sehr in Richtung Rownan oder Ava driften könnte? Und Lian irgendwie… nicht bereit war, ein solches Gespräch in dieser dunklen, wenig heimeligen Mine zu führen, ungewiss, ob sie diesen Auftrag überhaupt überleben würden? Nein, Lian dachte lieber nicht weiter darüber nach. „Meine Emotionsmagie ist vermutlich nicht ansatzweise so effektiv wie diese übermenschlichen Sinne, aber der beste Ersatz, den ich bieten kann.“
Bevor sie das Gespräch fortführen konnten, kamen die beiden Magier an einem… Aufzug zum Stehen? Lian musste zweimal hinsehen, um sicher zu sein, denn ein solches Konstrukt hatte es in der Kupfermine West nicht gegeben. Wieder ein Hinweis, dass diese Mine hier deutlich größer war als jene in der Wüste. Und… auch tiefer reichte. Wie tief dieser Aufzug wohl unter die Erde führte? Alles im Körper des Falls signalisierte ihm, dass er nicht in diesen Aufzug steigen wollte. Dass er nicht so tief unter die Erde gehörte… zumindest noch nicht. Er seufzte stumm und bemerkte erst mit einer Sekunde Verspätung den skeptischen Blick, mit dem Arkos die Oberarme des Bogenschützen musterte. „Alter. Du könntest dir zumindest etwas mehr Mühe geben, deine Gedanken zu verbergen“, beschwerte sich Lian, nur halb ernst gemeint und schnaubte hörbar. „Denk doch mal an mein armes Ego“, ergänzte er und grinste, schüttelte aber sogleich den Kopf und trat auf den Aufzug zu. „Keine Sorge, wenn‘s soweit ist, kriegen wir das schon irgendwie hin.“ Hoffe Lian zumindest. Denn ganz gleich, dass er sich über Arkos offensichtlich skeptischen Blick beschwert hatte, ihm war ja durchaus bewusst, dass er nicht unbedingt die muskulöseste Person war. Zu gut erinnerte sich der Falls daran, mit was für einer Leichtigkeit einst Rownan ihn zu Boden geschmissen hatte oder auch an Charon, neben dem Lian tatsächlich wie ein Strich in der Landschaft aussah. Dennoch sprang der Falls gemeinsam mit dem Aurelius auf eine der Plattformen, die sie langsam, nach und nach, tiefer in den Minenkomplex führte. Es ruckelte ganz schön, deutlich mehr, als das Falls zuerst gedacht hätte und das erhöhte sein Vertrauen in diese gesamte Aktion nicht gerade. „Sag mal, was hast du denn bisher für Aufträge erledigt?“, fragte Lian unerwartet in die Stille, die nur von den mechanischen Geräuschen des Aufzuges immer wieder unterbrochen wurde. Im Endeffekt war es nur ein Versuch, sich abzulenken von dieser eher gruseligen Situation. „Ich hab was von der Mine erzählt. Was hast du so zu bieten?“ Die hellgrünen Augen sahen aufmerksam zu Arkos.
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 12 | @Lian
Alter? Arkos war, erneut, etwas überrascht von dem Slang des Falls. Hm. Ehrlich gesagt hatte er immer mehr das Gefühl, dass er hier einen Straßenjungen (wahrscheinlich ehemals) vor sich hatte. Lian hatte einen bunten Wortschatz und ließ es sich auch nicht nehmen, ihn zu jeder Gelegenheit einzusetzen, was Arkos zumindest zu der Vermutung führte, der junge Mann wäre wohl nicht besonders hochklassiger Erziehung ausgesetzt gewesen. Nicht, dass der Schmied das von sich behaupten konnte, aber eine derart flapsige Sprache pflegte er dann auch nicht. Es kam ihm einfach kaum in den Sinn. Sein Blick erwiderte den des Bogenschützen. „Dein Ego wird mich wohl kaum hier hochkurbeln können, außer, es gibt da noch mehr, was du verbirgst“, antwortete der Rotschopf und konnte sich ein ähnlich müdes Grinsen wie vorhin nicht ganz verkneifen. Aber es würde schon werden. Ehrlich gesagt gab es für den jungen Mann gar keinen Weg zurück, sondern nur nach vorne. Arkos drehte sich nicht um – zumindest nicht im übertragenden Sinne. Er konnte sich selbstverständlich schon umdrehen. Während sie sich auf dem komischen Aufzug befanden und warteten, dass das ratternde Gerät sich nicht nur in Bewegung setzte, sondern sie auch nach und nach nach unten brachte, kam jetzt tatsächlich eine Nachfrage von Lian. Es überraschte Arkos fast ein wenig, aber es war zumindest ein gutes Zeichen – Lian hatte sich schließlich deutlich weniger offen gezeigt, als die anderen Kollegen – bisher. Knirschend und ratternd fuhren sie an einem Rad vorbei, welches die beiden Richtungen stabil hielt, und Arkos kam nicht umhin, an der Konstruktion interessiert zu sein. Er fand es tatsächlich faszinierend, was Menschen sich alles so ausdachten. „Übrigens kenne ich keine Ronja. Eine Freundin von dir?“ Er legte den Kopf ein wenig auf die Seite – es war überhaupt keine Wertung in der Frage gewesen, sondern einfach nur… nun ja, eine Frage. „Ich bin allerdings auch nicht viel in der Gilde. Meistens bin ich in meiner Schmiede, und nutze die Gilde für die Aufträge und für die Materialbeschaffung. Und gegebenenfalls den Verkauf von meinen Waren.“ Die Information war ihm noch wichtig gewesen, einfach, weil er nicht wusste, wen er noch alles verpasst hatte. Lian schien ja schon ein wenig herumgekommen zu sein. „Zwei Tiermenschen? Was kann ich darunter verstehen?“, fragte er nach, jetzt doch ein wenig neugieriger. Er hatte ja schon einige Leute kennengelernt, aber in seiner Gilde waren ihm bisher keine Tiermenschen direkt näher gekommen. Klar, es gab in Satyrs alles Mögliche an… Wesen, aber er pflegte keine Bekanntschaft. Nur sein Vater, der war ein Reptilia.
„Meine Aufträge waren bisher eher… unspektakulär“, befand der Schmied und verschränkte die Arme vor der Brust, schien einen Moment nachzudenken. „Ich habe gegen einen Schneemann kämpfen müssen, habe einen Künstler inspiriert und eine Frucht in der Wüste gesucht. Die Frucht der Kronprinzessin. Vielleicht hast du schon einmal davon gehört. Außerdem hab‘ ich einen halbnackten Mörder in einer Pension verfolgt und einen Prinzen gesucht.“ Er kratzte sich am Kopf, nachdem er die Arme gelockert hatte. „Ich war mir nicht sicher, ob es Aufträge gibt, die noch ein wenig weniger mit meinen Zielen zu tun haben, aber immerhin hat sich jetzt dieser Auftrag hier ergeben. Sie schürfen hier verschiedene Erze, soweit ich weiß. Im Schmiedeprozess sind die Ursprungsmaterialien mehr oder weniger das, was am meisten Einfluss auf das Endergebnis hat. Deshalb hatte ich gehofft, hier ein wenig etwas zu lernen… und vielleicht ein oder zwei Kontakte knüpfen zu können.“ Ein Schulterzucken folgte, während er über den Rand der Plattform nach unten linste. „Bisher habe ich allerdings davon noch nichts erreichen können. Ich glaube, ich sehe den Ausstieg für die nächste Ebene.“ Sein Finger deutete nach unten, wo eine einsame Lampe einen Eingang markierte. Ein Stück weiter rechts war ein anderer Aufzug, der noch tiefer in die Tiefe führte, zu sehen. Ein Blick auf seine Karte bestätigte, dass das hier vermutlich die erste von drei Ebenen war. Zwar waren diese nicht wirklich eben, aber hier kamen die Tunnel wieder zusammen. „Es ist wirklich wie ein Ameisennest. Findest du nicht auch, dass es ein wenig…“ Er suchte nach einem Wort. „Es ist eine beunruhigende Atmosphäre. Es wirkt zu leise.“ Sie hatte noch – bei der aktuellen Geschwindigkeit – ein paar Sekunden, bis sie abspringen konnten, weswegen sich der Rotschopf wieder an Lian wendete. „Kannst du schon mehr wahrnehmen?“ Mit einem Rattern kam der Aufzug kurze Zeit später zum Stehen, und die beiden Magier traten auf festen, felsigen Boden. Ein Blick nach oben bestätigte, dass sie jetzt wohl mehrere Dutzend Meter abwärts gefahren waren – man sah nicht mehr, wo der Aufzug endete. Es war zu dunkel. Arkos schauerte ein wenig, und ließ es sich nicht nehmen, seine Flamme doch noch einmal anzumachen und hob die Hand ein wenig höher. „Ich frage mich ehrlich gesagt, wieso sie Magier gerufen haben. Für so einen Fall gibt es doch bestimmt andere Notfallpläne… oder? Wenn der Einsturz auf natürliche Art und Weise passiert ist. Es würde dafür sprechen, dass das hier... vielleicht doch nicht ganz so natürlich war.“
Ob Ronja eine Freundin war? "Sowas in der Art", bekannte Lian und zuckte schmunzelnd die Schultern. Der Kollege kannte Ronja Tacross also tatsächlich nicht. Es war nicht so, dass Lian den Namen mit einer besonderen Erwartungshaltung genannt hatte und er hatte vorab durchaus in Betracht gezogen, dass die Vogellady dem Schmied eventuell nicht bekannt sein könnte, ganz gleich, dass beide Magier aus der gleichen Gilde stammten. Überraschend war für den Falls höchstens, dass es nicht unbedingt daran lag, dass Ronja wenig Zeit bei Satyrs Cornucopia verbrachte, sondern… Arkos kaum zugegen war. Er war meistens in seiner Schmiede und nutzte seine Verbindungen zur Magiergilde höchstens, um an Aufträge und Materialien heranzukommen? Hm. Ja, es passte zu dem Bild, das der Aurelius bisher von sich selbst offenbart hatte, wie die Sphynx beim erneuten Nachdenken feststellte. Die Tatsache, dass der Rothaarige keinen Schimmer davon hatte, was Tiermenschen waren, überraschte Lian allerdings trotzdem. Vermutlich konnte man das seinem überraschten Blick, untermauert von den weit angehobenen Augenbrauen, auch ziemlich deutlich ansehen. „Okay, du verbringst offensichtlich sehr wenig Zeit in deiner Gilde“, begann der 20-Jährige seine Antwort nach kurzer Grübelei und runzelte die Stirn. Der Falls kannte sich gut damit aus, wie es sich anfühlte, wenig Zeit in der eigenen Gilde zu verbringen – er selbst suchte immerhin genauso wenig die Gesellschaft anderer Wüstenmagier. Die meisten davon gingen ihm einfach nur gehörig auf die Nerven. Aber sogar einer Person wie Lian Falls wäre es unmöglich gewesen, solche Erscheinungen wie Ava Finch oder Rownan in den eigenen Reihen nicht zu bemerken. Dafür stachen sie einfach zu sehr… aus der Masse hervor. Jeder auf seine ganz eigene Art und Weise. Der Illusionist kratzte sich unschlüssig am Hinterkopf. „Naja. Tiermenschen halt. Feline, Canine, Lupine…“ Jetzt, wo er genauer darüber nachdachte… ja, er hatte genauso irritiert reagiert wie Arkos, als er das erste Mal in seinem Leben auf einen Tiermenschen getroffen war. Damals, kurz nachdem er der das Leben als einfacher Straßenjunge hinter sich gelassen und unfreiwillig zu einem Magier geworden war – denn es war eine Spezies, die in Fiore nicht in Masse auftrat. Doch irgendwelche Zufälle hatten dafür gesorgt, dass ein nicht zu verachtender Teil Lians heutiger Bekanntschaften Tiermenschen waren, weshalb er schlicht vergessen hatte, dass nicht jeder Mensch in seinem Leben mit ihnen in Berührung kam. Der Falls hatte sogar schon von Stimmen gehört, die sich aktiv gegen Tiermenschen aussprachen. Als wären sie ein Verstoß gegen die Natur, weil sie eben nicht rein menschlich oder rein tierisch waren. Lian dachte an Tiermenschen, die ihm nahe standen, wien Rin und Rownan. Er konnte über diese Urteile mittlerweile nicht mehr nur den Kopf schütteln, sie machten ihn sogar wütend. „Als ich das letzte Mal in einer Mine war, hatte ich eine Feline und einen Lupinen dabei. Während Erstere mit dem kleinsten Restlicht noch in der Dunkelheit sehen kann, besitzt Zweiterer einen Geruchssinn, der weit über menschliches Vermögen hinausgeht. Tiermenschen sind eben beides… Mensch und Tier zugleich. Mit allen Vor- aber auch Nachteilen, die daraus entstehen.“ Kurz stoppte der Braunhaarige, ehe er die Mundwinkel zu einem sachten Lächeln anhob, die hellgrünen Seelenspiegel direkt auf Arkos gerichtet. „Sicher, dass dir noch keine Tiermenschen bei Satyrs Cornucopia aufgefallen sind? Ich kann dir aus Erfahrung sagen: Bei euch laufen einige herum. Einige… kenne ich sogar.“ Ziemlich gut, wenn man genauer darauf eingehen wollte, obwohl er gegenüber dem Aurelius nicht erwähnte, ob besagte Tiermenschen von Satyrs Cornucopia nun gut oder schlecht auf seinen Namen zu sprechen waren. Manchmal war sich der Wüstenbewohner da immerhin selbst nicht sicher... er zuckte mit den Schultern. „Kannst ja mal darauf achten. Und was deine Aufträge angeht: Eine bunte Mischung. Aber ich glaube, die Geschichte mit dem halbnackten Mörder musst du mir bei Gelegenheit dann doch nochmal genauer erzählen.“ Lian lachte warm in sich hinein und erschrak, als sogar dieses Geräusch von den steinernen Tunnelwänden mehrfach zurückgeworfen wurde. Meine Güte… er hätte beinahe vergessen, wo sie sich hier befanden. Wie gut, dass die Mine ihn sofort wieder an die schaurige Atmosphäre erinnert hatte.
Als sie aus dem Aufzug stiegen und wieder festen Boden unter (und irgendwie auch über…) den Füßen hatten, sah sich Lian um, streifte Arkos mit einem Seitenblick und schloss erneut die Augen. Es dauerte aber nur wenige Sekunden, ehe der Falls mit dem Kopf schüttelte. Er nahm die verschiedenen Gefühle immer noch wahr, aber noch nicht stark genug, um eine präzise Richtung vorzugeben. „Wir müssen wohl noch ein bisschen tiefer rein. Aber wenn ich das richtig sehe, sind wir nicht mehr allzu weit von Unglücksort entfernt.“ Während Lian diese Worte sprach, war er, die Hände immer noch in den Jackentaschen vergraben, neben seinen älteren Kollegen getreten und hatte ebenso einen Blick auf die Karte in seinen Händen geworfen. Die grobe Stelle des Unglücks war mit einem roten X markiert worden. Auf der richtigen Ebene befanden die Magier sich demzufolge bereits. Die Flamme, die der Aurelius wenige Augenblicke später erscheinen ließ, spendete nicht nur Licht, sondern auch Wärme. Eigentlich hatte Lian die Leuchtstäbe extra besorgt, damit sie Mana sparten, weshalb er Arkos vielleicht hätte rügen können… aber um ehrlich zu sein, war auch die Sphynx ganz dankbar für die Wärme, die das Feuer spendete. Denn der Schmied hatte Recht: Es war durchaus eine recht beunruhigende Atmosphäre. „Wir befinden und dutzende Meter unterhalb der Erdoberfläche. Ein Ort, an den ein Mensch eindeutig nicht gehört. Zumindest nicht, solange er noch lebt.“ Lian schnaubte, löste dann die Hände aus den Jackentaschen, hielt sie kurz der Flamme von Arkos entgegen, ehe er sie eifrig aneinanderrieb – so als könne er sich dadurch insgesamt noch ein bisschen mehr aufwärmen. Dem Falls war schlagartig noch kälter geworden. „Also ja, ich stimme dir zu. Ich würde sogar sagen, ich hasse es hier. Aber auch das habe ich gelernt, seit ich Magier geworden bin: Wo ich sein möchte oder wo nicht, interessiert die höheren Instanzen nen Dreck. Und ich wundere mich über gar nichts mehr, wofür Leute denken, Magier engagieren zu müssen“, erklärte der Falls auffallend verdrossen, dieses Mal nicht einmal ein schalkhaftes Grinsen auf den Lippen tragend, wie er es sonst gerne tat. Vielleicht waren es die unzähligen Meter, die sie von der Erdoberfläche entfernt waren, die dem jungen Mann das Gefühl gaben, seine sonst oft vorhandene Fassade ein bisschen mehr fallen lassen zu können. Immerhin eine Sache wurde ziemlich deutlich: Nicht jeder, der ein Magier war, war dies unbedingt aus freien Stücken. Manchmal waren es auch schlicht die Umstände, die einen dazu zwangen – ganz gleich, was für Umstände das waren. Dass Lian zu genau jener Sorte Mensch zählte, hatte sich in allen vorherigen Gesten und Aussagen des Tages bereits angedeutet, jetzt war es aber wohl unübersichtlich. „Lässt sich allerdings auch nicht ändern.“ Ob er damit seine eigenen Umstände meinte oder ihre konkrete Situation in dieser Mine, ließ der Braunhaarige dabei außen vor. Mit einer schnellen Bewegung des Kopfes deutete er dem Schmied an, dass sie weitergehen sollten. „Lass uns einfach die Daumen drücken, dass das hier nicht die Ruhe vor dem Sturm ist. Und dass es doch nur natürliche Umstände waren, die zu diesem einmaligen Unglück geführt haben. Die Aussicht darauf, dass es andere Gründe für den Tunneleinsturz gegeben haben könnte – Gründe, die sich während unserer Anwesenheit hier wiederholen könnten – stimmen mich ansonsten nicht gerade mutiger, noch tiefer in diese Mine vorzudringen“, spöttelte Lian halblaut und schenkte Arkos ein freudloses Lächeln.
Natürlich hingen die Vermutungen und Risiken, die der Satyrs Magier aus guten Gründen geäußert hatte, trotzdem weiterhin über dem ungleichen Magierpaar, sodass die kommende Zeit ein wenig… stiller zwischen ihnen wurde. Was – wohlangemerkt – die allgemeine Stille in diesem Tunnelsystem nicht unbedingt wärmer erscheinen ließ. Immerhin die Leuchtstäbe taten ihren Dienst, was Lian dankbar zur Kenntnis nahm und stumm seufzte. Er wollte gar nicht daran denken, was wäre, wenn sie hier in vollkommener Dunkelheit gefangen wären. Gut, Arkos hatte da noch seine Flamme. Aber woher sollte Lian wissen, wie lange der Satyrs Magier das Ding im Notfall aufrechterhalten konnte? Er hatte ja selbst gesagt, dass er noch nicht allzu lange Magier war. Und zumindest Lian wusste, dass er seinen Manavorrat lange Zeit vernachlässigt hatte. Ehrlich gesagt… tat er das vermutlich bis heute. „Ist es das?“ Die Stimme von Lian, die plötzlich wieder ertönte, klang zuerst so unwirklich, dass der Braunhaarige sich selbst ermahnen musste, die Worte nicht nochmal zu wiederholen. Zuerst waren es diverse Schaufeln und Spitzhacken gewesen, die dem Lockenkopf teilweise mitten im Tunnel liegend aufgefallen waren und die darauf hindeuteten, dass genau an diesem Ort irgendwann mal gearbeitet worden sein musste – bevor man sehr hastig den Rückzug hatte antreten müssen. Dann hatte er eine eiserne Lore auf dem Schienennetz, das auch hier vorhanden war, entdeckt, die halb beladen war mit allerlei Gestein. Lian vermutete einfach, dass es sich hierbei um die abgebauten Erze handelte. Und dann… war da Geröll. Viel Geröll. Der Unglücksort? Direkt vor dem unendlich groß wirkenden Haufen von Steinen blieb der Falls stehen, legte dann stumm eine Handfläche auf einen der Steine und horchte in sich hinein.
Panik.
Dieses Gefühl war immer noch fest mit diesem Ort verwoben, so intensiv, dass Lian erschauderte und die Handfläche geschwind vom Felsbrocken löste, als hätte er sich an der Oberfläche verbrannt. Wie zum Henker sollten Arkos und er denn hier bitte weiterkommen? Die Spitzhacke, die sich der Schmied am Höhleneingang in weiser Voraussicht mitgenommen hatte, wirkte im Vergleich zu diesen gigantischen Felsen jämmerlich klein. Der Falls drehte sich in Richtung seines Kollegen, wollte gerade etwas sagen, da stutzte er. Moment… was war das, ganz am Rande dieses ganzen Gesteins? War das … war das etwa ein Loch?
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 13 | @Lian
Irgendwie fand Arkos es ganz amüsant, dass Lian so feststellte, wie wenig Zeit er in der Gilde verbrachte. Die Tatsache, dass er nachgefragt hatte, war offenbar der springende Punkt für Lian gewesen - wenngleich Arkos durchaus wusste, was Tiemenschen waren. Er hatte nur bisher keine Bekanntschaften mit ihnen gemacht... Feline, Lupine... offenbar hegte und pflegte Lian intensiven Kontakt mit diesen Wesen, wenn er sie für so selbstverständlich hielt. Wie intensiv sich Lian damit beschäftigte, wusste Arkos natürlich nicht, und... es hätte ihn vermutlich auch ein wenig schockiert. Der Rotschopf konnte nur vermuten, dass die Worte von Lian hießen, dass er wirklich schon mit einigen Tiermenschen zu tun gehabt hatte, inklusive welcher aus seiner Gilde. Warum ihm das aber so wichtig war, erschloss sich dem Aurelius nicht. Also nickte er bloß. Auf beide Fragen, die der Falls stellte.
"Ich hoffe. Zumindest wäre es gut zu wissen, dass die Männer am Leben sind... und wir ihnen Hoffnung geben können, dass jemand sie da rausholt. Ob wir das nachher schaffen, ist erstmal zweitrangig." Panik war der absolute Killer in solchen Situationen, da war sich der Rotschopf ziemlich sicher. "Findest du? Ich weiß nicht, ich könnte... mir fast vorstellen, dass die Gemeinschaft unter den Arbeitern ganz gut ist." Arkos fühlte sich auch seltsamerweise gar nicht so unwohl hier. So erdgebunden zu sein, im Bauche des Berges, war... seltsamerweise gar nicht so schlimm. Es war ein kurioses Gefühl, welches ihn so noch nicht ereilt hatte... es war, als würde tief in ihm etwas da, was sich regte, in dieser Situation. Etwas Altes. Arkos atmete tief durch und schauderte leicht, wurde von seinen komischen Empfindungen allerdings abgelenkt, als Lian plötzlich ganz andere Seiten aufzog. Was war denn mit ihm los? Plötzlich klang es so, als zweifelte er schon generell daran, Magier sein zu wollen. Für einen A-Rang-Magier schon eher ungewöhnlich, oder? "Also wundern wäre wohl auch übertrieben, das stimmt wohl. Aber denkst du wirklich, es interessiert niemanden? Es scheint mir, als wolle jemand dich ganz bewusst ein wenig fordern, wenn du das so ausdrückst." Ob das nun gut oder schlecht war, konnte Arkos natürlich nicht wissen, aber Lian schien eine seltsame Bitterkeit in sich zu führen. Arkos fragte sich, was der genaue Hintergrund dieser Bitterkeit war... und wieso Lian meinte, nichts an der Situation ändern zu können. Das stimmte ihn immer skeptisch. Die ungewöhnliche Offenheit Lians kaschierte nicht, dass er offenbar ein gewisses Päckchen zu tragen hatte. Aber Arkos fand auch, dass er den Fehler oft bei anderen suchte, und nicht gerade bei sich selbst. "Du bescheinigst dir selbst ziemlich wenig Einfluss auf deine Umgebung", stellte Arkos fest, nicht besonders eindringlich oder offensiv, sondern... fast schon zurückhaltend. Lian war ein spezieller Typ, aber er erlag offensichtlich auch eigenen Illusionen. Und Arkos war definitiv kein Experte, was so etwas anging, sondern sagte einfach, was ihm in den Sinn kam. "Mein Eindruck ist, dass du das gerne so hättest, aber das Gegenteil der Fall ist." Mit diesen Worten setzten sie sich in Bewegung. Lian hatte allerdings Recht: Sie mussten weitergehen und hoffen, dass alles natürlichen Ursprungs war.
"Sieht fast so aus, oder?" Der Haufen Schutt war doch ein gutes Indiz dafür, dass sie am Ort des Auftrags angekommen waren. Die verstreuten Arbeitsutensilien sprachen auch dafür. Ohne, dass er merkte, was Lian tat, sah sich Arkos bereits um. Der Geröllhaufen ging bis zur Decke des Tunnels. Hinüberklettern würde nicht funktionieren, und auch als er ein wenig hin und her schaute, sah er erst einmal keine ungewöhnlichen Stellen im Geröll. Alles in allem sah es genau danach aus, wonach sie gesucht hatten: Ein Haufen Steine. Lians plötzliche Bewegung und das Zurückweichen von den Steinen zog dann doch die Aufmerksamkeit des Aurelius auf sich, der sich etwas verwundert umdrehte. „Alles in Ordnung?“ Er bekam keine Antwort, aber einen Fingerzeig – und als der Rotschopf dem Zeig folgte, sah er auch, was Lian meinte. Ein… Loch? Tunnel? Im Geröll, welches einen Durchmesser hatte, bei dem wohl kaum ein normaler Mann hindurchklettern hätte können. Geschweige denn die kräftigen Mienenarbeiter. Aber: Es war da. Und es hatte sicher niemand ein Loch gegraben, um einfach nur hindurchschauen zu können, oder?
„Wie kurios“, merkte er etwas verwundert an, traf auf das Loch zu, und kratzte mit der Spitzhacke ein wenig an den Rändern herum. Es lösten sich Bröckchen und Steinchen, aber das Gesamtkonstrukt wirkte, wohl auch durch den Druck und die leichte Feuchtigkeit, recht stabil. „Ich kann mir nicht erklären, wer hier durchgepasst hätte. Ich würde definitiv stecken bleiben.“ Seine Worte waren nachdenklich, aber einen Reim machen konnte er sich darauf nicht. „Und es wird hier wohl auch keine großen Maulwürfe geben, oder?“ Mit ein wenig mehr Engagement hämmerte er jetzt mit der Hacke in das Loch, vergrößerte es innerhalb kürzester Zeit problemlos und leuchtete schließlich ein wenig hinein. Es ging tatsächlich noch ein wenig tiefer, und er meinte, auf der anderen Seite den weiterführenden Tunnel zu sehen. Aber da war nichts. Keine weinenden, streitenden, oder verzweifelten Minenarbeiter, sondern einfach nur Dunkelheit, Stille und Leere. „Ich weiß nicht, ob mir das gefällt, oder ich mir noch mehr Sorgen machen soll.“ Arkos brummte. „Ich werde das Loch ein wenig vergrößern, und du musst durchkriechen, um zu sehen, ob es sich lohnt, dass ich es auch für mich groß genug mache.“ Mit diesen Worten und ohne wirklich auf eine Antwort zu warten, holte er aus und ließ die Spitzhacke jetzt mit mehr Wucht in das Geröll fahren, zog immer wieder große Brocken aus dem Haufen heraus. Immer darauf achtend, dass es nicht einfach wieder zusammenfiel. Aber es hielt. Erstaunlich gut. „Ich…“ Schlag. „…frage mich…“ Schlag. „…wo die Minenarbeiter hin sind…“ Schlag. „… und wo sie warten, wenn nicht hinter dem Geröll?“ Der Klang der Schläge hallte ohne Antwort tief in die Gänge hinein - eine Tatsache, die Arkos weniger gefiel als gedacht.
Lian bescheinigte sich ziemlich wenig Einfluss auf seine Umgebung? Das war also das Urteil, das Arkos fällte? Der Wüstenbewohner dachte kurz darüber nach und kam zu dem Schluss: Ja, das stimmte. Schon sein gesamtes Leben über war der Falls überzeugt davon, ein Opfer seiner Umstände zu sein, dass es ganz gleich war, was er tat oder nicht tat. Irgendwo über ihm schwebte eine ominöse, köperlose Gestalt namens Schicksal, das seinen Werdegang bestimmte. Aber woher stammte diese Einstellung, die sich so hartnäckig im Geiste des Diebes festgesetzt hatte? Der er einfach nicht gänzlich entkommen konnte? Lian seufzte in sich hinein, als er sich in die Vergangenheit zurückversetzte. Es gab nicht viele Dinge, die seine Mutter ihn in seiner Kindheit gelehrt hatte… aber eine Lektion war gewesen, dass seine Mutter sich abstrampelte, dass sie kämpfte und doch niemals das erreichen konnte, was ihr Bruder erreicht hatte. Dass sie immer in den Slums bleiben würde, geschlagen mit einem Bastard, dessen Vater noch vor der eigentlichen Geburt verschwunden war. Und … ja, Awira hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass es das Schicksal war, das Schuld an ihrer Misere trug. Und leider hatte sie auch dem damals noch kleinen Lian ziemlich deutlich gemacht, dass er sich keinen Träumereien hingeben brauchte, denn allein die Tatsache, woher er kam, machte schon klar, dass er diesem Ort niemals gänzlich entkommen könnte. Wenn man zu etwas wirklich Großem wurde, dann war man auch genau dazu geboren worden… und sicherlich war es kein Lian Falls, stammend aus ärmlichen Verhältnissen, auf den das zutraf. Auch das war ein Grund, warum der 20-Jährige sich immer noch nicht mit seinem Magierdasein, insbesondere aber nicht mit seinem Rang hatte anfreunden können. Er fühlte sich wie ein Hochstapler – immer wieder. Und manchmal erschien es ihm so, als könnte dieses Schauspiel jeden Moment in sich zusammenfallen, als wäre er nur einen kleinen Schritt davon entfernt, sich vor allen Menschen in seinem Umfeld die Blöße zu geben. Weil sie alle erkannten, dass er versuchte, etwas zu verkörpern, dem er überhaupt nicht gerecht werden konnte. Lian schauderte und war gleichzeitig schockiert darüber, dass Arkos mit seinen beinahe lapidar ausgesprochenen Sätzen so tief an den Narben seiner Seele kratzen konnte. Diese Atmosphäre, tief unter der Erde, tat dem Falls nicht gut. Gott, er musste versuchen, hier ganz schnell wieder herauszukommen, bevor er sich noch mehr mit den Wunden in sich selbst auseinandersetzte. Er fand diesen Auftrag sowieso schrecklich. Die Vorstellung, irgendwann heulend in den Armen eines halbfremden Satyrs Magiers zu liegen und über Kindheitstraumata zu sprechen, würde Lian wirklich den Rest geben.
Die Ankunft am Unglücksort beendete das Gespräch zwischen den ungleichen Magiern nicht, verschob es allerdings auf einen späteren Zeitpunkt. Lian war ganz froh über die Ablenkung. Genauso wie Arkos es getan hatte, trat auch der Illusionist auf den kleinen Spalt im Geröll heran und musterte es genauer. Es war klein, aber sehr präzise in den festen Stein geschlagen worden. Lian bezweifelte, dass irgendjemand mit einer Spitzhacke ein solches Loch hätte erzeugen können, nein. Es sah für ihn vielmehr aus wie … „Das hat jemand mit Magie entstehen lassen.“ Ein bisschen erinnerte es ihn an Zauber, die Charon in der Vergangenheit angewandt hatte, wenngleich es ein sehr großer Zufall wäre, wenn das hier wirklich mittels Finsternis entstanden war. Aber es gab bestimmt noch genügend Zauber und Magiearten, die eine ähnliche Wirkung erzielen konnten. „Heißt das jetzt, hier sind Magier unterwegs? Aber wir waren die ersten Magier, die sich bei Lönne und den anderen angemeldet haben. Scheiße, was hat das bitte zu bedeuten?“ Lian hatte gar kein gutes Gefühl bei der Sache. Und die Tatsache, dass die verschollenen Minenarbeiter sich zumindest dem ersten Eindruck nach nicht mehr auf der gegenüberliegenden Seite des Steinhaufens befanden, machte das schlechte Bauchgefühl nicht gerade besser. Vielleicht hatte Arkos doch Recht gehabt und der Einsturz war nicht aufgrund einer natürlichen Ursache entstanden. Aber warum sollte man hier ein Tunnelunglück verursachen, um sich danach selbst in die Mine zu begeben? Was genau sollte irgendjemand davon haben? Und… wie fähig waren die Magier, die hier durchgekommen waren? Der Falls war nicht unbedingt eine kampferprobte Person…
Anstatt Arkos irgendwie zur Hand zu gehen, ließ er den Schmied einfach machen, ignorierte dafür allerdings auch den Wink mit dem Zaunpfahl, dass es sich bei ihm um einen körperlichen Lauch handelte, der sich – im Gegensatz zum Rothaarigen – deutlich früher durch das schmale Loch quetschen könnte. Was sollte Lian da auch widersprechen? Der Aurelius hatte schlicht Recht. Immer wieder hallte das Geräusch der Spitzhacke, die den Stein bearbeitete, von den Wänden wider, durchschnitt die sonst stille Atmosphäre… bis Arkos schlussendlich einen Schritt zurücktrat und Lian damit das Zeichen gab, dass er es versuchen sollte. Skeptisch trat der Lockenkopf vor das Loch, inspizierte die Größe und schnalzte mit der Zunge. „Wenn ich stecken bleibe… verzichte bitte darauf, mich mit deinem Hammer durchboxen zu wollen“, bat er seinen Kollegen mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen, ehe er den Kopf durch die Öffnung steckte und…
…Krabbelte. Zog. Ächzte. Und tatsächlich ein bisschen wackeln musste, damit auch sein Hintern endlich durch das Loch hindurch verschwunden war.
Lian spürte, wie seine Kleidung an einigen Stellen einriss, da der Fels scharfkantig war. Als auch noch eine Wunde an der rechten Wange entstand und er das warme Blut aus der Wunde spürte, stöhnte er vielmehr genervt als wirklich schmerzverzerrt. Dennoch schaffte der 20-Jährige irgendwann, auf die andere Seite zu kommen und landete – die Arme und Hände Voraus – schlussendlich auf dem eiskalten Tunnelboden. Er nahm sich wenige Sekunden Zeit, um die Anstrengung und auch die leichte Klaustrophobie zu vertreiben, die sich doch während dieses Akts in seine Glieder geschlichen hatte, ehe er die Lider sowie den Leuchtstab anhob und sich umsah. Lian schluckte, denn er hatte gehofft, einfach nichts zu entdecken... aber er hatte sich geirrt. Hier waren weitere Spitzhacken und Arbeitsmaterialien... und Leichen. Zumindest vier konnte der Falls auf Anhieb entdecken, nicht sicher, ob in den noch verdunkelten Bereichen der Höhle vielleicht noch mehr lauerten. Auf Anhieb vermutete der Falls, dass sie von herunterfallendem Gestein erschlagen worden waren - mit Sicherheit konnte er es aus der Ferne aber nicht sagen. „Vier Leichen“, ließ er Arkos auf der anderen Seite wissen, damit er sich mental darauf vorbereiten konnte. Aber hier konnte es nicht nur Verstorbene geben, oder? Der Wüstenbewohner schloss erneut die Augen, nutzte seine Emotional Magic und atmete beinah erleichtert aus. „Aber ich spüre immer noch einige Menschen. Sie müssen leben. Ich glaube, ich kann sie jetzt genauer orten!“ Nicht mehr weit. Auch wenn Lian inmitten seiner Euphorie leider vergaß, dass es nicht darum ging, die Minenarbeiter zu finden, sondern darum, sie hier herauszuholen. Und das könnte schwierig werden. Mit diesem kleinen Loch, das Arkos in mühseliger Kleinarbeit in den massiven Stein gemeißelt hatte – insbesondere, falls Verletzte unter den Überlebenden waren.
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 14 | @Lian
Der Falls vermutete also, dass dieses Loch mit Hilfe von Magie erstellt worden war? Hm. Spannend, aber tatsächlich eher irrelevant. Löcher konnte man auch ganz gut ohne Magie vergrößern, dafür brauchte man nur das korrekte Werkzeug – je nach Loch. Viel interessanter war aber tatsächlich die Schlussfolgerung, die der Bogenschütze aus dieser Erkenntnis schloss, und Arkos nickte ein wenig bedächtig. „Stimmt. Laut dem Vorarbeiter waren wir die ersten Magier, die eingetroffen sind. Das kann also nur bedeuten, dass jemand unerkannter Weise hier eingedrungen ist. Ich gehe nicht davon aus, dass jemand von drinnen nach draußen gekommen ist, ansonsten wären wir wohl dem Rest der Arbeiter bereits begegnet.“ Nun, so oder so, es half ja nichts – sie mussten weitermachen. Die Tatsache, dass die Minenarbeiter hier hinter irgendwo sein mussten, den Weg aber noch nicht herausgefunden hatten, ließ Übles vermuten. Als der Aurelius fertig war, das Loch zu weiten – es hatte einige feste Schläge und einiges an Kratzen mit der Spitzhacke benötigt – trat er ein Stück beiseite, um Lian seinen frisch geweiteten Tunnel zu zeigen. „Denke mal, das müsste ausreichen, damit du durchkommst. Die gute Nachricht ist: Durch dieses Loch ist Sauerstoff da unten schon einmal kein Problem mehr. Zumindest nicht so, wie es sein könnte.“ Der Luftaustausch war natürlich noch arg begrenzt, aber die Mine war wohl auch dahinter noch groß genug, um einige Tage darin atmen zu können. „Und mach dir keine Sorgen. Ich traue deinem Hintern ehrlich gesagt nicht zu, meinen Hammer unbeschadet zu überstehen“, erklärte Arkos völlig unbenommen von der Zweideutigkeit, die sich ergab, und sah zu, wie Lian sich durch das Loch zwängte. Hm. Vielleicht hätte er es doch ein wenig weiter machen müssen… aber Lian schaffte es ganz gut, sich da durch zu winden… wenngleich sein Hinterteil doch vergleichsweise hohen Widerstand leistete. Wie ungewöhnlich. Arkos verschränkte die Arme und fragte sich, wie das kam.
Vier Leichen? Mist. Was auch nur hieß, dass er… da nun auch durch musste. Der Rotschopf stieß ein wenig Luft durch seine Nasenlöcher aus, seufzte. In der kühlen Luft der Mine sah man ein wenig die warme Luft, die er ausstoß, aber diese verflüchtigte sich schnell wieder. Er hatte gehofft, dass der heutige Tag ohne Tote enden würde... leider schien seine Hoffnung sich gerade absolut zerschlagen zu haben. „Du glaubst?“ Der Falls war wirklich ziemlich unverbindlich. Das brachte sie nicht weiter. „Ich komme durch. Gib mir einen Moment.“ Der Schmied führte die Spitzhacke in die Höhle, kratzte mit einiger Mühe noch einige Zentimeter Durchmesser dazu und konnte das Gerät schließlich auch ein Stück in den Tunnel hineinschieben. Das würde eng werden. Er war nun einmal ein Stück breiter als Lian, und sicherlich nicht halb so geschickt. Einen Moment überlegte er, entschloss sich dann, seinen dicken Mantel auszuziehen. Das schicke, rot-schwarze, mit Ketten und Schnallen versehene Kleidungsstück war zwar praktisch und gutaussehend, aber halt auch ganz schön unhandlich. Er zog ihn aus, faltete ihn zusammen. Darunter trug er nur ein schwarzes, recht festes Shirt mit langen Ärmeln – aber sehr viel einfacher aussehend als sein Mantel. Allerdings betonte es durchaus seinen kräftigen Oberkörper und Arme. „Ich schiebe den Mantel und die Hacke vor mir her. Hol sie bitte raus, wenn du sie greifen kannst“, erklärte er, dehnte sich kurz ein wenig. Sich durch enge Tunnel zu zwängen, war normalerweise nicht wirklich auf seiner Hitliste, aber er kam wohl nicht drum herum.
Es dauerte nicht allzu lang, aber Arkos war sich einer Sache sicher: Egal, wie okay es sich für ihn anfühlte, hier unter der Erde zu sein, aber so derart eingeschnürt zu sein, fühlte sich nicht wirklich gut an. Zwar war er nicht alleine, und das gab ihm eine gewisse Sicherheit, aber… doch, ein beengtes Gefühl stellte sich schon ein. Ruhig atmete er, flach, kaum Luft in seine Lungen lassend – er meinte, sein Vater hätte ihm so etwas einmal erzählt. Wenig atmen, wenig Luft in den Lungen, und man verlor schon eine ganze Menge Umfang. Als er schließlich auf der anderen Seite der Öffnung herausploppte und sich – ähnlich wie Lian – einen Moment nehmen musste, seufzte er ein wenig erleichtert auf. „Darauf hätte ich verzichten können“, erklärte er, rappelte sich hoch, zog seinen Mantel wieder über. Das hatte ihn mehr beunruhigt als alles andere zuvor. „Zurück wird nicht einfacher, also… hoffe ich mal, dass wir die Leute hier finden. Du hast gesagt, du spürst sie?“ Er lenkte sich ein wenig ab. Ehrlich gesagt... wirklich wohl war ihm bei der Sache nicht mehr. Diese Männer hier schienen nicht einfach nur durch ein paar Steine umgekommen zu sein, nein - zwar schienen sie auch Quetschungen erlitten zu haben, aber wenn es einfach nur Geröll gewesen wäre, nun, dann würden sie doch eher unter den Steinen liegen, oder? Trotzdem... einer eingehenden Untersuchung verweigerte er sich.
Sein Blick ging, trotz der Frage, noch einmal in Richtung der Karte, die er wieder aus seiner Manteltasche zog. „Sieht nicht sonderlich einladend aus“, erklärte er und deutete auf die im fahlen Licht der Leuchtstäbe sichtbare Zeichnung. Mehrere verzweigte Tunnelsysteme zogen sich durch diesen Abschnitt, überschnitten sich zum Teil, gingen hinauf und hinab und endeten alle – logischerweise – in einer Sackgasse. Es wäre schwer genug, hier bei Tageslicht und weniger erschwerten Bedingungen jemanden zu finden: Aber so? „Ich fürchte, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir halten uns stets links an der Wand, oder wir vertrauen deinem Gefühl und folgen diesem. Dazu kommt… die Sache mit der hypothetischen Person, die hier noch herumschleicht. Gehen wir davon aus, dass diese feindlich ist, oder dass doch einfach schon jemand gekommen ist, um zu helfen?“ Warum aber hätte dieser jemand nicht… einfach Bescheid gesagt. Als sie sich wieder in Bewegung setzten, sah Arkos noch einmal auf die Karte. „… wenn wir hier jetzt links gehen, kommen wir in eine Art… Schleife, von der mehrere kleinere Tunnel abgehen. Vielleicht sollten wir dort anfangen, und haken dann die Tunnel ab, in denen wir nachgesehen haben?“ Der junge Mann war ein wenig unzufrieden. Es war einfach so unzuverlässig, was sie taten, aber es gab wohl keine andere Möglichkeit. Ein leises Knirschen und ein dumpfes, entferntes Knacken zog einen Moment seine Aufmerksamkeit auf sich. „Normalerweise stürzen solche Tunnel nicht einfach so ein, denke ich. Wenn aber, dann ist die strukturelle Integrität des ganzen Abschnittes betroffen. Und außerdem... bin ich mir mittlerweile nicht mehr so ganz sicher, ob wir hier nicht doch noch auf unangenehme Gesellschaft treffen.“ Die Erde verbarg halt doch Ungeheuer und Schrecken, die sich selten an die Oberfläche wagten. Hatten die Minenarbeiter irgendetwas aufgeschreckt? Er biss sich kurz auf die Unterlippe und beschleunigte seine Schritte dann. „Beeilen wir uns!“
Lian konnte den skeptischen Gesichtsausdruck seines Kollegen auf der anderen Seite des Geröllhaufens nicht sehen, sehr wohl konnte er ihn sich durch den empörten Tonfall allerdings vorstellen. Ja, die Sphynx glaubte, dass er die Minenarbeiter mithilfe seiner Magie genauer orten konnte. Es war nicht so, dass der Falls ein eingefleischter Experte in dieser Art der Anwendung der Emotional Magic war. Um genau zu sein… hatte er seine Magie noch nie auf diese Weise eingesetzt und hatte daher keinerlei Erfahrungswerte. Bis zu seinem Training mit Ronja vor wenigen Wochen hatte der Braunhaarige sogar keinerlei Kontrolle über die Emotional Magic besessen, aber das waren Details, die Lian lieber für sich behielt. Vermutlich hätte das die Stimmung von Arkos nicht gerade gehoben. Und, so nebenbei angemerkt: Seine eigene Stimmung genauso wenig.
Nachdem der Schmied das Loch im Geröll noch ein Stückchen mehr geweitet hatte, schob er sich selbst hindurch – weitaus weniger elegant und gelenkig als Lian, um das mal klarzustellen! – und zuerst waren es die Spitzhacke und der edle, rote Mantel, die auf der Seite des Illusionisten zum Vorschein kamen. Er nahm beide Stücke entgegen und nutzte die Zeit, die der Aurelius benötigte, um seinen wuchtigen Körper ächzend durch das Loch zu zwängen, um das Kleidungsstück des Satyrs genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Mantel war auffallend schwer, was allerdings nicht nur an den diversen Schnallen und Gurten lag, sondern auch an dem hochwertigen und festen Stoff, der verwendet worden war. Lian hatte einen nicht zu verachtenden Teil seiner Kindheit bei einer Händlerin verbracht – kurz bevor er dann doch zu einem Dieb geworden war – und hatte zumindest ein bisschen Ahnung vom Wert und den Qualitätsmerkmalen von Stoffen. Dieser Mantel hier war wertvoll… und irgendwie fragte sich Lian jetzt das erste Mal, warum ein Schmied, also ein Handwerker, eigentlich mit solch edlen Kleidungsstücken durch die Gegend lief. Die Handwerker, die der Falls in Aloe Town kennengelernt hatte, hatten verhältnismäßig wenig auf ihr äußeres Erscheinungsbild geachtet – in den meisten Fällen war was anderes auch gar nicht möglich gewesen. Es gab kaum ein Handwerk, in dem man sich nicht auf die eine oder andere Art und Weise die Finger schmutzig machte. Noch einmal musterte der Illusionist seinen Kollegen, der sich gerade vom Boden aufrappelte und die Schultern kreisen ließ und nahm sich vor, ihn bei Gelegenheit darauf anzusprechen. Für den Moment reichte er den Mantel allerdings kommentarlos zurück. „Der Vorteil der Schmächtigen“, erwiderte er stattdessen auf die Beschwerde von Arkos hin und grinste amüsiert. Erst danach wurde der Bogenschütze wieder ernster und nickte. „Ja, ich spüre auf jeden Fall Emotionen. Und wenn ich sie trotz der Distanz wahrnehmen kann, müssen es intensive Emotionen sein. Und von vielen Leuten auf einem Haufen.“ Also… eigentlich konnte es sich hierbei nur um die Minenarbeiter handeln, oder? Gemeinsam mit Arkos machte er sich auf den Weg und warf dabei hier und dort ebenso einen Blick auf die Karte. Das sah nicht sonderlich einladend aus? Lian war kurz davor, seinen Kollegen daran zu erinnern, dass die gesamte Quest nicht sonderlich einladend gewirkt hatte – mit den einbrechenden Eisbrücken, den hereinbrechenden Lawinen, den herabstürzenden Eiszapfen und nicht zuletzt dem riesigen Geröllhaufen, durch den sie sich hatten zwängen müssen – aber… er biss sich auf die Zunge. Auch hier: Es hätte die Stimmung vermutlich nicht gerade besser gemacht. Der Falls brummte leise. Ja, sie könnten dem Plan folgen und einfach nach und nach jeden Tunnelabschnitt absuchen. Aber ganz ehrlich? Dann wären sie noch tagelang beschäftigt. Abgesehen davon, dass Lian darauf gut und gerne verzichten konnte, wussten sie auch nicht, wie dringend die Minenarbeiter auf Rettung warteten. Es war schlicht keine gute Option. „Lass uns meiner Magie folgen.“ Es war ungewöhnlich für den 20-Jährigen, jemand anderen darum zu bitten, sich auf seine magischen Fähigkeiten zu verlassen, aber der Sphynx nach die einzige Möglichkeit, um hier effektiv voranzukommen. „Die Route können wir dennoch einzeichnen. Müssen wir auch, um den Rückweg sicher zu finden. Also ich führe, du markierst.“ Lian sah Arkos direkt in die Augen, wartete auf seine Zustimmung… und machte sich dann daran, seinen Teil der Aufgabe zu erfüllen. Die Stimme des Aurelius, die die strukturelle Integrität des Tunnelsystems infrage gestellt hatte, hallte dennoch in den Gedanken des Bogenschützen weiterhin nach.
Okay. Zuerst die positive Information: Die Sache mit der Orientierung dank Emotional Magic funktionierte im Ganzen betrachtet überraschend gut. Lian spürte, in welche Richtung sie gehen mussten und hoffte dabei gleichermaßen, dass die Minenarbeiter sich nicht zufälligerweise plötzlich beruhigten. Denn sollten die intensiven Gefühle abebben, funktionierte auch die Ortung dieser Gefühle nicht mehr. Allerdings merkte der Falls auch bald, wo die Grenzen seiner Fähigkeiten aktuell noch lagen. Und zwar eindeutig bei der Bestimmung von konkreter Distanz und Richtung. Es war ein bisschen wie Topfschlagen – ein Spiel, an das der junge Mann nur negative Erinnerungen hatte. Mehr als einmal musste der Falls stehenbleiben, sich bei einer Weggabelung in die eine, dann in die andere Richtung drehen, um zu erfühlen, aus welcher Richtung er die Gefühle eine Nuance stärker wahrnahm. Manchmal gingen Arkos und er auch los – nur um nach wenigen Metern festzustellen, dass sie doch die falsche Abbiegung genommen hatten. Lian verzichtete darauf, sich für so manche Fehlleitung zu entschuldigen, wenn sie wieder den Rückweg antreten mussten. Einerseits war es immer noch besser als gänzlich ohne Spürsinn durch diese Mine zu irren. Andererseits hätte eine Entschuldigung an der Situation auch nichts geändert. So dauerte es eine ganze, ziemlich erdrückende Weile, bis die Magier in einem… Gewölbe ankamen? Es erinnerte den Falls zumindest daran, weitete sich der Raum doch an dieser Stelle und es waren mehrere Gänge, die in verschiedene Richtungen abzweigten. Ein Knotenpunkt der Mine? „Lass uns in die Mitte treten, dann versuche ich, die Richtung herauszufinden“, sprach der Illusionist über die Schulter an Arkos gerichtet und ging los. In der Mitte des Raumes angekommen, weiteten sich seine Augen. Moment... was war das? Der Leuchtstab in seinen Händen erhellte nur nach und nach die Umgebung, sodass der Falls zweimal hinsehen musste, um am Rande des Lichtkegels die Umrisse einer Gestalt zu erkennen. Eine große Gestalt. Mit Flügeln, Hörnern, ganz und gar unmenschlich und allem voran leblos. Was zum... Weiter kamen die Gedankengänge des 20-Jährigen nicht. Denn er spürte immer noch Angst, Wut und… Moment. Misstrauen? Aus einer gänzlich anderen Richtung? Lians Hirn ratterte, was ihn leider wertvolle Sekunden kostete. „Da ist jemand!“, schlussfolgerte er am Ende, um Arkos zu warnen und wusste doch, dass es zu spät war. Denn just in diesem Augenblick nahm er eine Bewegung im Augenwinkel wahr. Etwas, das auf sie zuflog. Ein Projektil? Ein… Seil?!
The Magician TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 50 pro Seil MAX. REICHWEITE: 20 Meter SPEZIELLES: Major Arcana VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5 BESCHREIBUNG: Der Anwender kann mit der Karte des Magiers Seile verschießen, die sich automatisch an Wänden oder anderen Oberflächen befestigen, um so zum Beispiel eine Wand zu erklimmen. Die Seile sind maximal 20 Meter lang und verlassen die Karte mit einer Schnelligkeit, die der Willenskraft des Anwenders entspricht und maximal Level 6 erreichen kann. Für den Kampf sind die Seile nicht zu gebrauchen.
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 15 | @Lian
Arkos war bereits losgestapft, da holte Lian recht schnell auf – und erklärte, dass er mit seinem Plan nicht einverstanden war. Das war nicht unbedingt etwas, was Arkos nicht schätzte, solange sie dabei nur in Bewegung blieben und sich nicht aufhielten ließen. Es war sowieso schon zeitdringlich, und die Geräusche in diesem Höhlenabschnitt waren nun einmal nicht unbedingt Mut-machend. Der Rotschopf nickte und sah noch einmal auf die Karte. „Gut“, sagte Arkos und nickte. Und trotz der Tatsache, dass er wirklich nicht vorgehabt hatte, Lian davon zu überzeugen, seinen reinen Gefühlen zu folgen, nun… warf er ihm ein kleines Grinsen zu. Es war eines, was sagte: ‚Siehst du? Geht doch.‘ Vielleicht würde das Lian ja nerven, aber der Schmied war sich ziemlich sicher, dass sich erneut bewies, dass der Falls durchaus aus einem Grund hier war. Natürlich wusste er nicht, ob der stets und immer noch etwas mysteriös wirkende junge Mann seine Kräfte geheim hielt oder nicht, aber zumindest seine Gildenleitung schien ja überzeugt davon zu sein, dass er wertvoll genug war. Und das reichte Arkos, der mit weiten Schritten auch Lian zu schnellerem Gehen antrieb. Ein kleines Stück Graphit sollte genügen, um die Markierungen auf der Karte vorzunehmen.
Ob das gut oder nicht funktionierte, konnte Arkos sehr schwer einschätzen. Ehrlich gesagt war es für ihn ziemlich ungewohnt, sich derart auf einen Kollegen zu verlassen – zumindest irgendeinen Einfluss nahm er sehr gerne auf den Verlauf der Mission. Jetzt gerade aber konnte er nur eine Sache – nämlich Lian zu folgen, dem Mann, der vorhin noch so gewirkt hatte, als würde er am liebsten nach Hause gehen. Vermutlich wollte er das immer noch, aber auch der Braunschopf schien sich bewusst zu sein, dass er das nicht einfach konnte. Und doch… Arkos wusste einfach nicht, wie erfolgreich ihre Suche wirklich war. Er spürte ja nichts. Manchmal ging Lian in einen Gang hinein, nur um sich unvermittelt umzudrehen und zu behaupten, dass er da doch nichts spürte. Arkos hatte den Kopf schief gelegt und mit den Schultern gezuckt, nur, um nach einigen Metern wieder in eine andere Richtung zu drehen. Hätte er nicht die Karte, und sich wirklich nur darauf konzentriert, wo sie gerade waren… er wäre heillos verloren gewesen. Das einzig gute war, dass Markierungen an der Wand des Stollens stets darauf hinwiesen, wo es nach draußen ging. So weit hatte man hier also wenigstens gedacht. Zusammengefasst also: Arkos hatte kein Problem damit, dass Lian die Führung übernahm, solange es zu Ergebnissen führte. Und gerade diese Ergebnisse… sah er nicht so recht. Er hatte sich schon ein wenig ungeduldig beschweren wollen, dass sie in dem Tempo ja doch seine Variante hätten nehmen können, da… veränderte sich der Tunnel, öffnete sich in einen etwas größeren Bereich. Es war immer noch dunkel hier, und man konnte nicht wirklich viel sehen. Warum fühlte sich der Rotschopf wie auf einem Präsentierteller? Arkos sah ihn etwas deprimiert an. „Das hast du schon ein paar Mal gesagt“, erinnerte er den Falls daran und folgte ihm aber trotzdem. Sah nochmal auf die Karte. Sie hatten einige Tunnel ausschließen können, das war immerhin etwas. Sie mussten sich hier jetzt am Ende der zweiten Ebene befinden, an dessen Knotenpunkt nur ein paar weitere, wahrscheinlich aktuell noch in Arbeit befindliche Tunnel befanden. Und... wurden von einem Anblick überrascht, den Arkos jetzt nicht mehr erwartet hatte - und doch befürchtet. Vor ihnen lag ein... Leichnahm, zumindest nahm er das stark ein. Ein Ungetüm von einem Monster, groß, mit allem, was man an Monstern eben so fürchtete - Krallen, Flügeln, Zähne und so weiter. Er konnte nicht einmal so genau einordnen, was das überhaupt sein sollte... und der Geruch verschlug ihm doch ein wenig den Atem. Es war nicht einmal der Gestank nach Verwesen, sondern nach frischem Blut, Fleisch, und der einsetzende Geruch nach Tod. Es war widerlich. "Was zur Hölle... ist das?" Die Frage würde Lian wohl auch nicht beantworten können, und so schauderte der Rotschopf nur ein wenig, hoffte, dass das Tier sich nicht mehr bewegen würde... und hatte mit einem Mal den noch stärkeren Drang, hier langsam zu einem Ergebnis zu kommen. "Irgendwie sieht es so aus, als wären wir in einer Sackgasse“, behauptete er nachdenklich, sah dann plötzlich zu Lian.
„Wie, da. Wo, da?“, fragte er irritiert, konnte mit der Information so schnell nichts anfangen. Plötzlich spürte er, wie er von den Füßen gerissen, durch den Raum gepfeffert und an die Wand gedrückt wurde. „Uuhhff“, machte er und die Luft wurde für einen Moment aus den Lungen gedrückt. Nach einer, zwei Sekunden Besinnung versuchte er, sich zu bewegen – und spürte, wie er von… klebrig wirkenden Seilen an der Wand festgehalten wurde? Irritiert riss der Rotschopf noch ein wenig mehr an den Seilen, horchte dann aber auf. Er hörte ein Geräusch.
Tok… Tok… Tok… Tok…
Das klang wie… hochhackige Schuhe? Er blinzelte und vergaß vor Verwirrung, sich zu befreien. Oder es zumindest zu versuchen. Wieso sollte hier jemand mit hochhackigen Schuhen herumrennen? Ein fahles, bläulich-violettes Licht erschien – es erinnerte ein wenig an Esmées Lichtkügelchen, nur in einer anderen Farbe. Und darunter näherte sich jemand – jemand mit einem recht angenehmen Hüftschwung. Arkos blinzelte noch einmal und vergaß kurz, wo sie waren, warum sie hier waren, und auch das Lian noch da war. „Wen haben wir denn… da?“ Die Frau kicherte ein wenig, aber ihre Augen blitzten und funkelten unter ihrem violetten Hexenhut hervor. Braune, ein wenig lockige Haare quollen darunter hervor, rahmten ihr Gesicht ein, und fielen über ihre Schultern in Richtung Brust. Die Kleidung dort mühte sich nach Kräften, die sehr weibliche Kontur in Schach zu halten, und das Outfit der Frau tat ihr übriges. Es verschleierte in keinster Weise ihre Figur. „Irre seit zu langer Zeit hier herum, und finde zwei Schnüffler… oh, ihr Lieben, ich bin gerade gar nicht gut drauf“, flötete sie in netter Tonlage, aber mit kaum verhohlener Ungeduld.
Arkos erinnerte sich an eine Begegnung. Er war einmal in Maldina unterwegs gewesen, in einem heißen Sommer, und ganz entgegen seiner normalen Gewohnheiten hatte er sich ein Eis gegönnt und hatte sich, ohne weiter darüber nachzudenken, in einen Park unter einen Baum gesetzt. Dort hatte er allerlei Szenen beobachten können – unter anderem einen jungen Mann, gut trainiert, blond und generell sehr selbstbewusst wirkend, der versuchte, sich ein Date klarzumachen. Auf den ersten Blick wirkte er ganz schmuck, aber sobald er den Mund aufmachte, kam nur Blödsinn dabei hinaus… weswegen er auch nicht sonderlich erfolgreich gewesen war. Einer jungen Frau, die sich in einem Bikini sonnte, hatte er die Sonne versperrt und sie mit einem Grinsen gefragt: „Hey, Lady… willst du die Mutter meiner zukünftigen Kinder sein?“
Diese Erinnerung hatte selbstverständlich beinahe nichts mit dieser Situation zu tun. Aber Arkos kam komischerweise nicht umhin, kurz daran zu denken, als er diese Frau sah. Holla die Waldfee – wie konnte jemand derart elegant, derart freundlich und derart tödlich wirken, und das alles auf einmal… und in dieser Situation?
„Ähm“, machte er ein wenig verwirrt. So oder so, er verstand nicht ganz, was hier los war. War sie die gesuchte Magierin, die offenbar schon vor ihnen hier eingedrungen war?
Es ging alles so unglaublich schnell, sodass es einem Wunder glich, dass Lian die Bewegung gerade eben noch im Augenwinkel wahrnahm und sich in besagte Richtung drehen konnte. Er sah das Geschütz, das sich beim Näherkommen als ein dickes Seil entpuppte, verstand allerdings weder, wer genau sie hier angriff, noch aus welchem Grund. Natürlich erinnerte er sich sofort an die Kupfermine West, an die Banditen, die sie damals als Magier von dort hatten vertreiben müssen. Auch diese Banditen hatten Magierinnen und Magier in ihren Reihen gehabt… aber der Falls erkannte sofort, dass das hier ein ganz anderes Kaliber war. Lian war kein Kämpfer, insbesondere kein Nahkämpfer. Er brauchte Personen, die ihm den Rücken freihielten, damit er aus der Ferne zum Schlag ausholen konnte. Solche Personen waren gerade leider nicht zugegen und entsprechend hilflos sah er sich dem nahenden Angriff ausgesetzt. Er riss die Arme nach oben, um sein Gesicht zu schützen und schloss instinktiv die Augen, während sich sein gesamter Körper bis in den letzten Muskel anspannte.
Doch… der Aufprall, mit dem er gerechnet hatte, blieb aus. Was? Wie?!
Als Lian die Lider wider anhob, konnte er gerade so eben noch das gleißende Licht erkennen, das sich kuppelförmig um ihn herum gebildet hatte, dazu das Seil, das an dieser durchsichtigen Wand direkt vor seinem Gesicht abprallte und weggeschleudert wurde. Noch während sich der Brustkorb des Illusionisten deutlich hob und senkte, fiel ihm ein warmes Gefühl auf – direkt auf seiner Brust, in der Nähe seines Herzens. Er sah an sich hinab, konnte aber aufgrund der dicken Winterjacke, die er trug, nichts erkennen. Lian war zu überwältigt von der Situation, um darauf zu kommen, dass es der Freundschaftsring von Rin und Charon war, den er wie immer an der Kette um seinen Hals trug und der auf seiner Brust unterhalb der Kleidung verweilte. Es war ein magischer Ring – und ein Ring, der ihn in dieser brenzligen Situation unverhofft gerettet hatte. Vielleicht käme er später darauf, würde die richtigen Schlüsse ziehen. Aber jetzt… gab es andere Dinge. Das klackernde Geräusch von Absätzen auf hartem Untergrund riss den Falls aus seiner Starre, sodass er den Kopf hochriss und sich beinahe an seiner eigenen Spucke verschluckt hätte.
Holy. Wer ist das?!, dachte sich Lian, vermutlich nicht minder beeindruckt als sein Kollege Arkos, ohne den Blick der hellgrünen Seelenspiegel so recht von der kurvigen Gestalt abwenden zu können. Eine Frau, die nicht nur durch ihre Kleidung, sondern auch durch ihr gesamtes Erscheinen die Aufmerksamkeit eines ganzen Raumes auf sich zu ziehen vermochte. Moment – Arkos. Wo war der Schmied?! „Ar…-“, begann der Lockenkopf, doch weiter als bis zu diesem Piratenlaut kam der Falls nicht, denn plötzlich spürte er etwas an seiner Kehle. Stahl blitzte im violetten Lichtschein auf und Lian traute sich kaum zu schlucken, schon gar nicht, irgendetwas zu sagen, während diese mysteriöse Frau ihm eiskalt eine schmale, winzige Klinge unter den Adamsapfel drückte. Der süßliche Geruch von Damenparfüm, der dem jungen Mann in die Nase stieg, machte die Situation noch abstruser. “Nicht schlecht, das muss ich zugeben. Du bist kein Anfänger. Und offensichtlich hast du deinen eigenen kleinen Schutzpatron, hm?“ Schutzpatron? Was zum Henker meinte diese Frau damit? Lian wusste nicht, wovon sie sprach – er hatte nicht einmal mitbekommen, dass es der Schemen von Rin Inuyama gewesen war, der in dem Moment, als die Kuppel ihn vor dem Angriff geschützt hatte, direkt über ihm erschienen war. Hätte er es gemerkt… nein, vermutlich wäre der Falls dann immer noch nicht schlauer gewesen. Der 20-Jährige wollte etwas sagen, doch just in dem Augenblick, als er sich rührte, verstärkte sich der Druck der Klinge an seinem Hals. Die Sphynx, die absolut nicht wusste, was das hier alles bedeutete, warf einen angestrengten Blick nach unten... und hasste sich im gleichen Moment selbst dafür. “Hier oben spielt die Musik“, säuselte die Fremde und schien interessanterweise vielmehr amüsiert, als wirklich verärgert über den Blick auf ihr Dekolleté. “Der da drüben wollte sich mir auch schon in den Weg stellen.“ Die Fremde deutete mit dem Kinn zu dem leblosen Monster, das am Rande der Höhle lag. Sie hatte dieses Ding erlegt?! „Seid ihr Golddiebe? Seid ihr deshalb hier eingedrungen?“ G-Gold… was zum Henker laberte diese Tussie eigentlich?! „Wir sind Magier“, antwortete Lian und versuchte trotz der brenzligen Situation einen einigermaßen sicheren Blick aufzusetzen, als er direkt in das hübsche Gesicht der Dame sah. Okay, er musste zugeben: Es gab wohl schlimmere Dinge, die man unmittelbar vor seinem Tod sehen konnte. Den Löffel abgeben wollte er aber dennoch noch nicht. “Oh, mein Lieber, wenn du wüsstest, wie viele Magier mit dunklen Absichten ich bereits niedergestreckt habe. Magier und Diebe, das schließt sich nicht aus.“ Gott, hoffentlich spürte diese eiskalte Lady nicht, wie Recht sie damit hatte. Sie musterte zuerst Lian unverhohlen von oben bis unten, dann flog ihr durchdringender Blick hinüber zu Arkos, der immer noch an die Wand gefesselt war. “Gehört ihr einer Gilde an? Wenn ja, beweist es“, sprach sie weiter, dieses Mal an den Aurelius gerichtet und obwohl es immer noch dieses zuckersüße Lächeln war, das auf ihren vollen Lippen lag, funkelten ihre Augen doch mörderisch. Lian hatte keine Zweifel, dass diese Frau sie ohne jeden Skrupel umbringen würde, wenn sie etwas Falsches sagten oder taten. Scheiße, wann genau waren sie zu den Bösewichten geworden?!
Power of Friendship TYP: Ring BESITZER: Lian Falls ELEMENT: --- KLASSE: III MANAVERBRAUCH: 60 SPEZIELLES: Den Ring trägt Lian meist als Anhänger an einer Kette um seinen Hals VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5, Manaregeneration Level 4 BESCHREIBUNG: Bei dem Ring, den Lian bei sich trägt, handelt es sich um ein magisches Artefakt, das er zusammen mit Charon und Rin im Knochental gefunden hat. Rin hat ihm den Ring als Symbol ihrer Freundschaft geschenkt und es scheint so, als hätte sich der Wille der Inuyama, ihre Freunde zu schützen, in dem Ring manifestiert. Auf dem Ring ist ein grüner Edelstein zu finden, der erst auf den zweiten Blick als Lacrima-Kristall erkennbar wird. Wird der Kristall mithilfe von Mana aktiviert, bildet sich ein Schild als Sphäre rund um den Anwender, dessen Stabilität sich an der Willenskraft des Anwenders orientiert und maximal Stufe 5 erreichen kann. Der Schild hält 60 Sekunden an und kann erst 30 Sekunden, nachdem er abgeklungen ist, erneut gewirkt werden. In dem Moment, in dem der Schild erscheint, blitzt für einen kleinen Augenblick der geisterhafte Umriss der Inuyama über der Sphäre auf.
Zusatzeffekt, 50 Mana: Mithilfe eines erneuten Manaimpulses löst sich der Schild um den Anwender herum in Form einer Druckwelle auf, die sich 360° um den Anwender herum ausbreitet und Personen im Umkreis von fünf Metern umstoßen oder zurückwerfen kann. Die Wucht und Geschwindigkeit des Angriffs gleicht der Willenskraft des Zauberers mit einem Maximum von 5. Wird der Schild auf diese Weise aufgelöst, blitzt erneut ein geisterhafter Umriss von Rin auf, die nun allerdings angriffslustig die Zähne fletscht.
Arkos Aurelius | Quest: Into the Mountain # 16 | @Lian
Arkos hatte die ganze Nummer mit dem Schild um Lian nur für einen Moment mitbekommen, danach war diese seltsam anmutende, gleißende Blase aber auch schon wieder verschwunden. Er meinte aber, für eine Sekunde lang einen Schemen über dem Falls mitbekommen zu haben, den Schemen eines… Mädchens? Na, wenn sich das nicht in die Reihe an Kuriositäten mit einreihte, die Lian so umspielten. Der Moment, den Lian aber mehr bekommen hatte als sein Kollege, half ihm reichlich wenig, denn die Femme Fatale da hielt ihm direkt eine Klinge an den Hals – ein Stilett? Uff. Arkos biss die Zähne ein wenig zusammen. Sie sah auch noch gut dabei aus, wie sie das machte… wäre er ein kleines bisschen weniger damit beschäftigt gewesen, dass er an eine Wand geklebt worden war, dann hätte er sich wohl gedacht: Warum er und nicht ich? Mit ein wenig Rucken ließen sich diese Bänder jedenfalls nicht lösen. Arkos meinte zu spüren, dass sie einem vollen Körpereinsatz nicht standhalten würden, aber während Lian die Klinge an der Kehle hatte, wäre das wohl keine gute Idee gewesen. Der Schmied… wurde ungeduldig. Golddiebe? Was für eine absurde Vermutung. Der junge Mann ruckte ein wenig mehr, aber immerhin konzentrierte sich die hübsche Hexe da vorne eher auf Lian. Der offenbar auch noch einen Blick riskiert hatte… wie unfair. Plötzlich lagen die Augen der Frau auf ihm, und er konnte förmlich spüren, wie viel Macht in ihr steckte. Das erklärte, wie sie dieses Viech hatte erlegen können. Sie wirkte einerseits so harmlos, andererseits… merkte man nach nur einer Sekunde, dass sie jemand war, dem man nicht in die Quere kommen wollte. Obwohl, Arkos war da ganz ehrlich, er wäre ihr vermutlich trotzdem gerne in die Quere gekommen. „Schwer, es zu beweisen, wenn man sich nicht bewegen kann“, murrte Arkos, und die Augen der Schönheit funkelten amüsiert auf. „Wenn du ein Magier bist, mein Hübscher, dann wirst du dich doch wohl nicht von ein paar Seilen einsperren lassen, oder?“ Ihr verspieltes Wispern konnte in einem Mann Dinge auslösen, die er nicht wollte, weswegen Arkos seinen Gesichtsausdruck noch ein wenig grimmiger werden ließ – einfach, um auf andere Gedanken zu kommen. Bitte tritt auf mich war nicht zwingend der Gedanke, den man gerade haben sollte.
Aus dem Brustkorb des Aurelius tönte ein Knurren, und er spannte die Muskeln an. Zum ersten Mal wendete er diese Kraft tatsächlich an, und er drückte seine Arme von der Wand ab, biss die Zähne dabei zusammen. Aber es war nicht nur seine Kraft, die es ihm ermöglichte, die Seile zu lösen… für einen Moment, nur für einen Moment, wirkte es fast so, als würden seine Augen anfangen golden aufzuleuchten, schien seine Haut… in der Dunkelheit der Miene beinahe gräulich wirken. „Ohh“, machte die Hexe verzückt und drückte Lian die Klinge ein wenig enger an die Kehle. „Guck mal, dein Freund legt sich richtig ins Zeug!“, freute sie sich fast schon, und Arkos erzürnte es tatsächlich ein wenig, wie lapidar sie mit der Situation umsprang. „Wir sind…“, knurrte er, und mit einem Mal riss er seine Arme zusammen, und die Seile verbrannten in einer Art goldenen Lichts, zuckten weg von ihm, und mit einem Keuchen landete der Aurelius auf dem Boden, ächzte leise. Die funkelnden, glühenden Partikel in seinen Augen verblassten, und die Frau sah ihn jetzt mit deutlich gewecktem Interesse an. Arkos hatte natürlich nichts davon mitbekommen, was gerade passiert war, sondern wollte nur seine Botschaft senden. „… keine Diebe“, brummte Arkos, zog seinen Handschuh aus und zeigte das Mal in seiner Handfläche – sein Gildenabzeichen von Satyrs Cornucopia. „Ein Satyrs-Magier? Ich hätte ja vieles erwartet, aber das nicht“, kicherte die Hexe und zog die Klinge sanft von Lians Kehle weg… nicht aber, ohne eine winzige, nicht einmal blutende Spur damit auf seiner Wange zu hinterlassen. „Mit dir beschäftige ich mich gleich noch… intensiver, mein Hübscher. Scheint so, als hätte ich jemand interessanten gefunden.“ Sie klatschte in die Hände, lächelte Lian an… aber trotzdem war da immer noch das Misstrauen zu spüren. Zumindest Lian würde es wohl spüren. „So… Rotmähne da drüben hat beeindruckend bewiesen, dass er ein normaler Magier ist. Und du?“ Sie hob ihre Hand, und einige Blitze schienen um ihre Finger zu spielen. „Weißt du, mein Lieber, ich bin in der angenehmen Lage, dass ich dich dazu zwingen darf, mir deine Gildenzugehörigkeit beweisen zu lassen.“
Keine Frage: Es war eine brenzlige Situation, in der sich Lian und Arkos gerade wiederfanden. Einerseits könnte man nun meinen – hey, sie waren zu zweit und alles, was sich ihnen entgegenstellte, war nicht mehr als eine einzelne Frau in hochhackigen Schuhen. Aber der Falls wusste es besser, er spürte auf einen Schlag, dass sie dieser Fremden haushoch unterlegen waren. Alles, worauf sie gerade hoffen konnten, war eine Klärung der Situation, bevor sie die Lust an der Situation verlor… und mit ihnen beiden kurzen Prozess machte. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, folgte der Braunhaarige dem Wortwechsel zwischen der Schönheit und dem Aurelius, der immer noch an der Wand klebte und sich kaum einen Zentimeter rühren konnte. Was kann ich unternehmen?, fragte sich der 20-Jährige innerlich und seine Gedanken rasten, während er das kalte Stahl an seinem Hals spürte. Sein Bogen würde ihm hier nichts Nützen. Illusionen konnten durchschaut werden. Könnte er irgendetwas mit seiner Emotional Magic ausrichten? Aber selbst wenn… Lian bezweifelte, dass seine Zauber diese Frau lange in Schach halten würden. Und wenn sie die Verfolgung aufnahm, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis sie die beiden Männer einholte und sie dort weitermachte, wo sie zuletzt unterbrochen worden war. Es wirkte für Lian aussichtslos… bis zu dem Moment, als die Frau ihn erfreut auf den Schmied an der Wand aufmerksam machte.
Er legte sich richtig ins Zeug?
Vorsichtig, um keine zusätzliche Wunde zu provozieren, drehte Lian das Gesicht und seine hellgrünen Augen weiteten sich vor Erstaunen. In der Dunkelheit glühten die Augen des Aurelius golden, es schien sogar so, als wäre es ein überirdischer Schimmer, der von seiner Haut ausging, während ein bedrohliches Knurren tief aus seiner Kehle entsprang. Lian verstand nicht, was er da sah. Aber bei einer Sache war er sich sicher: In diesem winzig kleinen Augenblick verlor Arkos seine Menschlichkeit. Und tatsächlich fragte sich der Falls, warum ausgerechnet Charon ihm beim Blick in die golden aufleuchtenden Augen in den Sinn kam. Er war so abgelenkt von diesem Gedankengang, dass er doch glatt die Klinge vergaß, mit der er immer noch bedroht wurde. Umso mehr zuckte der 20-Jährige zusammen, als die Fremde ihm mit genau jener Waffe einen feinen Schnitt an der Wange hinterließ. Rotmähne hatte also beeindruckend bewiesen, ein normaler Magier zu sein? Normal wage ich zu bezweifeln, dachte sich Lian, biss sich allerdings rechtzeitig auf die Zunge, um das nicht laut zu äußern. Widerworte waren es sicherlich nicht, die diese Frau hören wollte. Er starrte auf die bedrohlich zuckenden Blitze zwischen den Fingern der Braunhaarigen und zögerte nur für einen Atemzug, ehe er schnaubte. „Fuck“, murmelte er – wissend, dass sie einfach Recht hatte. Und er sich – so ungern er es auch wollte – ihrem Wunsch unterordnen musste, wenn er vorhatte, jemals wieder das Tageslicht zu erblicken. Warum waren es eigentlich immer irgendwelche strengen Frauen, die ihn dazu zwangen, sich vor ihnen auszuziehen, um dieses verdammte Gildenabzeichen zu erblicken? Und dann auch immer in arschkalten Umgebungen. Lian hätte am liebsten missbilligend mit der Zunge geschnalzt. Damals war er auch mit einem Satyrs Magier unterwegs gewesen – mit Rownan – und auch damals hatte der Satyrs keinerlei Probleme damit gehabt, seine Gildenzugehörigkeit zu zeigen. Bei Lian… gestaltete sich das etwas anders. Ohne noch ein Wort zu sagen, öffnete der 20-Jährige seine Winterjacke und ließ sie achtlos zu Boden gleiten. Als er dann auch noch den Saum seines Pullovers ergriff, huschte die Augenbraue der Fremden zugleich skeptisch, als auch amüsiert nach oben. Lian selbst biss die Zähne zusammen und schloss die Augen, um sich diesen Blick nicht länger geben zu müssen, während er den Pullover mitsamt darunterliegendem Shirt hochzog und seinen blanken Oberkörper präsentierte.
Dass er sich inmitten einer Mine irgendwo im nördlichsten Winkel Fiores in einer Arschkälte vor einer Frau halb ausziehen müsste… nein, er hatte mit vielen Dingen in seinem Leben gerechnet. Damit aber ganz gewiss nicht.
Es war allerdings nicht mehr als eine Kette mitsamt zwei Anhängern – einem Ring und einem Sichelmond – die in diesem Augenblick auf der nackten Haut des Falls zum Vorschein kamen. Alles im Inneren des Illusionisten warnte ihn davor, ausgerechnet dieser Frau den Rücken zuzudrehen, aber ihm blieb nichts anderes als das übrig, weshalb er sich umwandte und das in dunkelroter Farbe zwischen seinen Schulterblättern prangende Zeichen von Crimson Sphynx offenbarte. Die Fremde wusste ganz genau, wie kalt dem Falls sein musste und doch ließ sie sich auffallend viel Zeit, bis sie ihre honigsüße Stimme erklingen ließ. “Crimson Sphynx, dieser Haufen von Banditen und Verbrechern. Ich weiß ja nicht, ob das für oder gegen dich spricht“, urteilte sie am Ende und für einen ganz kleinen Moment befürchtete Lian, dass sie das vollkommen ernst meinte. Aber zu seiner Erleichterung winkte sie ab. “Na schön. Dann glaube ich euch mal, dass ihr keine Diebe seid.“ Das nahm der Lockenkopf als Signal, dass er sich endlich wieder bedecken durfte. Der Pullover wanderte wieder nach unten und er griff nach seiner Winterjacke und konzentrierte sich darauf, hier nicht wie Espenlaub zu zittern. Diese Blöße wollte er sich jetzt nicht auch noch geben. Die Dame ließ auch die Klinge verschwinden und sah wieder zu Arkos, die Mundwinkel leicht angehoben. “Sorry, aber heutzutage weiß man einfach nicht mehr, wem man trauen kann. Das versteht ihr doch sicherlich, hm?“ Sie schien kurz nachzudenken, doch dann deutete sie doch auf sich selbst. “Minerva Black.“ Sollte das etwa ihr Name sein? Lian war nicht firm genug, um zu erkennen, was dieser Name bedeutete. Dass das hier nicht irgendeine unbekannte Fremde war… sondern Arkos und er tatsächlich auf eine Wizard Saint in diesem entlegenen Höhlenkomplex getroffen waren. Vielleicht war es auch besser, dass der Falls es nicht erkannte, hätte es ihm doch nur die Sprache verschlagen. “Ich habe von dem Unglück gehört, das hier geschehen ist und da ich gerade in der Nähe war, dachte ich… ich schau mich hier mal um“, erklärte sie weiter. Aber irgendetwas in ihrer Stimme ließ Lian vermuten, dass das nicht alle Beweggründe von Minerva waren. Sie verbarg etwas vor ihnen. Nur was das war, das konnte der Illusionist nicht sagen. “Und ihr sollt die verschütteten Minenarbeiter hier herausholen?“, mutmaßte sie und betrachtete sowohl Arkos als auch Lian mit einem beinahe schon arrogant wirkenden Lächeln. Als wollte sie sagen: Na wenn das mal eine gute Idee war.
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