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 Olivenhaine von Ardea

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Mary
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BeitragThema: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDo 2 März 2023 - 16:01

Ortsname: Olivenhaine von Ardea
Art: Freiraum
Spezielles: An diesem Ort wird die berühmte Amano Olive angebaut, die für ihr besonders geschmeidiges Öl bekannt ist. Sie kann nur mit Magie geerntet werden, was regelmäßig für ein wahres Spektakel sorgt.

Beschreibung: Im Süden von Ardea Town, unweit des Wohngebietes, erheben sich sanft geschwungene Hügel gen der sonnendurchfluteten Berge. Reihe um Reihe an niedrigen, dafür recht buschigen Bäumen durchzieht die Olivenhaine und erinnert an eine Armee, die Aufstellung bezogen hat. Da die Bäume recht viele Nährstoffe brauchen und sich in Trockenheit am wohlsten fühlen, ist die Erde rund um die Bäume etwas ausgeblichen und bringt nur wenige, hartnäckige Grasbüschel hervor. Mit Holzpfählen abgesteckte Wege erlauben es, den Olivenwald ohne Probleme zu durchschreiten. In regelmäßigen Abständen befinden sich kleine Unterstände, in denen Material zur Baumpflege und große Körbe gelagert werden, mit denen die kostbare Fracht zum Dorf gebracht werden kann.

Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDo 2 März 2023 - 16:37


Langsam zogen die efeubewachsenen Häuserfassaden Maldina Towns an den beiden jungen Magiern vorbei. Mary war trotz der urigen Schönheit ihres momentanen Wohnorts froh, ihn wieder einmal zu Gunsten der ländlichen Gefilde zu verlassen. Das letzte Mal war sie ins Umland gereist, um mit einem Mädchen namens Esmée ein Dorf vor dem Untergang zu retten. Diesmal würde der Ausflug vermutlich weniger dramatisch werden, es sei denn jemand hatte sich zum Retter der Olivenfrüchte berufen und würde sie bekämpfen, sobald sie versuchten, an die Früchte zu gelangen.

Die Sonne schien warm und unbarmherzig auf die Köpfe des ungleichen Duos. Mary machte es wenig aus, angestrahlt zu werden, doch sie warf immer wieder rückversichernde Blicke zur Seite, um zu sehen, wie Nicolo es mit seinem Mantel aushielt, wenn der ganze Glanz Südfiores sich entschieden hatte, ihn von außen nach innen zu erwärmen. Es war dieses Sonnenlicht und der furchtbare Boden, der das Land zur Kornkammer des Königreichs hatte werden lassen. Für Mary, die sich auf den soeben betretenen Pflastersteinen inmitten der Marktstände und kleinen Lädchen nur schwerlich Zuhause fühlte, war der frische Wind und der Sonnenschein, der ihnen vom Ortseingang entgegenkam eine Verheißung auf angenehmere Umstände. Ob die blasse Bohnenstange neben ihr das auch so sehen würde? Sie würde es ja gleich erfahren, wenn er ächzte und keuchte, aber zunächst galt es, seine neugierigen Fragen zu beantworten, immerhin schaute er sie an. Mary wackelte etwas mit der Nase. Es mochte wirken, als hätten die Sonnenstrahlen sie gekitzelt, aber tatsächlich war es ihr ein wenig unangenehm, so angestarrt zu werden. An ihr gab es nun wirklich keine übermäßig interessanten Dinge zu betrachten, da hatten sie ganz andere Personen in der Gilde, die eine solche Musterung verdienten. Die Hände ruhten noch immer auf den Rucksackriemen und sie lief etwas langsamer, damit sie erstens nachdenken konnte, was sie antworten wollte und zweitens nicht beim Erwidern des Blickes – das war höflich – nicht gegen das nächste Straßenschild klatschte.

Wäre Mary nun eine Person gewesen, die vor allem auf ihren eigenen Erfolg bedacht war, hätte sie sich vielleicht überlegt, ob sie ihre wahren Pläne vor Nicolo geheimhalten wollte. Am Ende gab es ja nur einen Gildenmeister und sollte sie diese Position irgendwann einmal bekleiden wollen, dann musste man aufpassen, dass man der Konkurrenz keinen Vorteil verschaffte. Ein wenig wie man Zuhause die guten Rezepte hütete, wenn es um Kuchenbackwettbewerbe bei Dorffesten ging, da man sonst von einer ambitionierten Hausfrau ausgestochen wurde. Allerdings war Mary so grundlegend eine freundliche Person. Es kam ihr gar nicht in den Sinn, dass Nicolo aus einem anderen Grund als Interesse und Smalltalkbetreiben fragte oder irgendwelche Hintergedanken haben könnte, dafür war sie noch nicht oft genug an solche Menschen geraten. Außerdem freute sie sich insgeheim, dass man sich rudimentär für sie interessierte und – der vermutlich stärkste Grund – sie sah Nico nicht als Bedrohung. Spätestens mit seiner Frage nach einer Karte hatte er sich als Stadtkind geoutet, somit besaß Mary den eindeutigen Heimvorteil. Und so nett sie auch war … Kontrolle fühlte sich gut an.
„Wir halten uns südlich“, befahl sie also – dennoch mit sanfter Stimme – also der Sonne entgegen, die sich langsam in ihren Zenit schob. Wenn man sich nicht an Himmelskörpern orientieren wollte, halfen die Straßenschilder gewiss ebenso weiter. Ein paar Meter liefen sie nebeneinander her, bis Mary endlich auf die Frage nach ihren Zielen antwortete: „Ich möchte besser werden, um anderen zu helfen. Dafür bin ich in der Gilde. Ob ich das durch Erntearbeit oder gefährliche Quests tue, spielt für mich keine große Rolle.“ Eine misstrauische Person hätte das nun vielleicht als falsche Bescheidenheit und Heldenmut interpretiert, aber Mary erwiderte Nicolos Blick aus eindringlich schauenden, im Sonnenschein golden schimmernden Augen, die so ernst waren, als hätte sie vor dem Violinisten gerade einen heiligen Schwur abgelegt. Lange hielt diese Ernsthaftigkeit aber nicht an, denn sie schürzte kurz darauf die Lippen und schaute, etwas schüchtern, zur Seite weg. „Was ist mit dir?“

Die stetigen Schritte führten die beiden Magier langsam aus dem Ortseingang hinaus auf eine der vielen Landstraßen, die sich hier durch die Prärie schlängelten wie faule Schuppentiere. Bis auf vereinzelte Karren, denen man in die Grasbüschel am Wegesrand ausweichen musste, sowie das ein oder andere motorisierte Gefährt, waren nur wenige Leute auf den Straßen. Zu allen Seiten breitete sich die hügelige, grüne Landschaft des südlichen Teils des Königreichs aus. Holzzäune, an denen sich Blumen emporrankten, kleine Alleen und Felder über Felder, nur ab und zu von kleinen Ansammlungen von Häusern unterbrochen, bestimmten das Bild der Umgebung. Flauschige Wölkchen trieben träge am Himmel dahin und schienen sich in den entfernten Berghängen zu verfangen wie Zuckerwatte. Die allgegenwärtige Sonne verursachte ein angenehm warmes Gefühl auf der Haut, das Mary dazu brachte, ihre Schritte beschwingter, fröhlicher zu setzen. Ab und an erblickte man eine kleine Eidechse, die auf einem Stein die Mittagshitze genoss, einem Bauern und seine Knechte, die im Feld arbeiteten oder ein paar Vögelchen, die ihnen von den Bäumen entgegensangen, was es für ein schöner Tag war. Für Marie war das hier draußen paradiesische Idylle. „Nur noch ein, zwei Stunden!“


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDo 2 März 2023 - 17:48

05 | @Mary

Kaum, dass die Fassaden von Maldina Town erst den letzten Ausläufern malerischer Vorgärten Platz machten und dann schließlich gänzlich wichen, um den Blick auf den Horizont zu eröffnen, begann die Sonne unbarmherzig auf sie niederzubrennen. So musste sich eine Ameise fühlen, die von einem grausamen Kind mit der Lupe verbrannt wurde. Nicht, dass er sowas jemals gemacht hätte. Träge blinzelte Nicolo der Sonne entgegen und hob dann die Hand in Richtung Mary, bat sie wortlos darum einen Moment stehen zu bleiben. Mit spitzen Fingern zupfte er sich die Ärmel seines hellbrauen Mantels von den Händen. Sorgsam, als wäre es ein großer Schatz entledigte er sich des Kleidungsstücks, achtete dabei darauf, dass er nicht den Boden berührte. Erst, als der Mantel säuberlich zusammen gefaltet in der Umhängetasche ruhte, nahm er den Geigenkasten wieder zurück auf die Schulter. Da wurden praktischerweise auch gleich die Hände frei, um das Band im Kragen zu lockern und die Jackettweste aufzuknöpfen. Bevor er hier schwitzend wie ein Iltis durch die Gegend stiefelte, war es wohl besser Vorkehrungen zu treffen um dem Schicksal eines Eiswürfels im Pizzaofen zu entgehen.

Es war ein wenig seltsam mit einer Person zu sprechen, die ihn nicht darauf hinwies, dass seine Haltung schlecht war, seine Kleidung nicht richtig saß und ihn nicht dazu antrieb doch bitte weiter an der Violine zu üben, statt Tagträumen nachzuhängen. Vorsichtig zupfte er die Kladde mit dem Schreibpapier aus der Umhängetasche und hielt sie sich als behelfsmäßigen Sonnenschirm über den Kopf. Die dunklen Haare neigten dazu in der Sonne aufzuheizen, bis man ein Spiegelei darauf braten konnte. Auch wenn sie in diesem Licht wohl ein wenig heller wirkten. Von der zu hohen Temperatur einmal abgesehen, war es kein schlechter Tag. Die Vögel sangen in den Bäumen, tirillierten der Welt ihre Freude entgegen. Und wohin man auch sah, bot sich ein Motiv für ein Bild. Ob das nun die fleißigen Leute auf den Feldern waren oder ein Bächlein, dass sich unter einer hölzernen Brücke durchwand. Ein Pfahl um den sich eine Kletterranke gelegt hatte, zog für einen Moment Nicos Aufmerksamkeit auf sich. Darauf saß eine winzige Eidechse, deren Färbung sich kaum merklich von dem Grün der Pflanze abhob. Schon hatte er den Stift in der Hand, zog sich die Kladde vom Kopf, nur um dann gleich darauf doch wieder Mary hinterher zu hasten. Sowie Maldina Town hinter den goldenen Wogen der Kornkammer des Reiches verschwand, verlor Nico sowieso die Orientierung. Aber zum Glück blieben Tiger und ähnliches gefährliches Getier bisher aus. Das gefährlichste war vermutlich ein Hütehund, der zu den beiden herüber gewetzt kam, als sie an der Koppel der Schafe vorbei liefen. Vorsichtig bot Nico dem Hund die Hand zum Schnuppern an, der jedoch nur kurz daran schnüffelte, Nico richtigerweise als ungefährlich einstufte und dann schon wieder davon flitzte.

Ihr Ziel in sowohl physischer als auch laufbahntechnischer Hinsicht deklarierte Mary mit einer Überzeugung, die Nico wiederum einen kleinen Stich versetzte. So klar und fest hatte sie das gesagt, mit keinem Hauch von Zweifel in der Stimme. Beneidenswert, wahrlich. "Bewundernswert", merkte er auf die Antwort der jungen Frau an, zuckte auf ihre Nachfrage jedoch erstmal nur mit den Schultern. "Eine schwierige Frage. Für mich, meine ich. Du klangst sehr überzeugt. Und ich wünsche dir, dass du das schaffst. Ich...weiß noch nicht. Eigentlich würde es mir schon reichen, genug Quests zu erfüllen oder Arbeit zu finden, mit der ich ein kleines Haus kaufen kann. Irgendwo. Mit einem Bach davor. Und vielleicht ein paar Bäumchen. Einem Atelier", gab er in nachdenklichem Tonfall zu hören. Seine Hände positionierten unterdessen die entsprechenden Dinge in der Aufzählung auf einem unsichtbaren Lageplan vor ihm in der Luft. Eine wellenförmige Bewegung für den Bach. Ein kleines Dächlein mit beiden Händen für das Haus nahmen in der Luft Gestalt an, während er gestikulierte. Am Ende folgte eine Geste mit beiden Händen in die Umgebung.
"Vielleicht in so einer Umgebung. Sie ist sehr reich an Motiven. Vielleicht woanders. Es gibt so viel da draußen, was ich mir nicht mal vorstellen kann."

Nur noch ein oder zwei Stunden Laufen, mit einem schweren, hölzernen Geigenkasten auf dem Rücken sollten es also sein. Warum hatte er sich eigentlich keine Flöte ausgesucht? Die Dinger waren leicht. Es konnten keine Saiten daran reißen. Sie waren klein genug, um Platz hinter dem Gürtel zu finden. Der einzige Vorteil der Violine bestand darin, dass man gleichzeitig Magie wirken und sprechen konnte. Etwas, was sich bei der Nutzung einer Flöte bestenfalls bescheuert anhörte und vermutlich die Harmonie des gespielten Stücks nachhaltig beschädigte. Nachdem er mit dem Sprechen aufgehört hatte, pendelte Nicos Blick jedoch wieder herum. Es gab so viel aufzusaugen, so viele Eindrücke mitzunehmen. Vielleicht würde er ein Stück über all das hier schreiben. Irgendwas längeres. Das sanfte Perlen des Baches wollte ebenso eingefangen werden - definitiv helle Töne, in rascher Folge - wie die Schafe, die sich im Schatten eines Baumes tummelten und Mittagsschlaf hielten - langsamer, getragen, unterbrochen von punktuell gesetzten Ausreißern für das umherspringende Lamm - und darunter gelegt ein gleichmäßiger Takt, wie der ihrer Schuhe. Die ihn grade umbrachten. Er sollte sich wirklich festeres Schuhwerk für solche Missionen zulegen. Die hübschen Lackschuhe waren schon komplett eingestaubt.
"Oh, diese Allee ist toll. Und das sage ich nicht nur, weil sie Schatten gibt. Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich das hier gerne skizzieren."


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDo 2 März 2023 - 21:15

05 | @Nico

Beinahe hätte Mary Nicolo bei seiner schattenspendenden Allee stehen gelassen. Sie hatte nicht bemerkt, dass er kurz stehen geblieben war, um wieder einmal die Wunder der Natur zu erkunden. Ein bisschen kam die Baumgardner sich vor, als wäre sie zum ersten Mal mit einem Hund Gassi; davon abgesehen, dass Nico (zum Glück!) nicht alle paar Schritte ein Beinchen hob, um die Umgebung zu markieren, war mit ihm zu wandern ein eher chaotisches Erlebnis. Die ganze Zeit torkelte er herum, ließ sich von allen möglichen Eindrücken ablenken, schnupperte an Dingen und befreundete sogar andere Hunde. Mary war ein geduldiger Mensch, die überdies zwei jüngere Brüder hatte, daher kam sie ganz gut mit solchem Verhalten zurecht, aber selbst die junge Satyr wusste, dass weniger sanfte Gesellen Nicolo vielleicht schon in einen Bach getreten hätten.

Flüchtig hatte sie ihm dabei zugesehen, wie er seinen Mantel ausgezogen hatte. Ein skeptischer Blick traf dabei seine Arme und das Stückchen Haut, was sie am Kragen sehen konnte. Nicht, weil es dort etwas gab, was sie vermehrt interessiert hätte, sondern weil sie sich nicht sicher war, ob sich das nicht direkt in einen Sonnenbrand verwandeln würde. Vor allem, wenn sie vielleicht auf Bäumen herumklettern mussten, aber das wusste er bestimmt selbst am besten. Sie war nicht hier, um irgendwelche dahergelaufenen Magier zu bemuttern, selbst wenn einer von ihnen ihr einen Spitznamen gegeben hatte, der das suggerierte … Zumindest nicht so kurz nach dem Kennenlernen.

Schnell wandte Mary den Blick ab, als sie bewundernswert genannt wurde. Eher ihr Ziel als sie, aber in Verbindung mit ihrem Gestarre kam Nicolo am Ende noch auf eigenartige Ideen, also ging sie lieber auf Nummer Sicher und richtete ihren Blick auf die Straße. Er erging sich in Lobeshymnen auf Entscheidungsfreiheit und seine eigenen Zukunftspläne. Ein kleines Häuschen hier in der Nähe, wo man zeichnen konnte? Keine schlechte Idee, aber weshalb erzählte er ihr das alles? Ein Seitenblick traf Nico, und Mary musterte ihn eingehender, da sie sich einfach keinen Reim auf diese Person machen konnte. Normalerweise hatte sie kein Problem damit, die Persönlichkeit ihres Gegenübers zu durchschauen, wenn auch nicht unbedingt zu verstehen, aber dieser junge Mann drehte sich wie ein Fähnchen im Wind. Er sprach gleichzeitig, sozusagen in einem Atemzug von Niederlassen und Reisen, von Wandern und Stehen bleiben. Ein Teil von Mary wollte ihn an den dünnen Schultern packen, ihn schütteln und ihm „Entscheide dich doch mal!“ ins Gesicht rufen, aber natürlich kam sie solchen Verlangen nicht nach. Sie besaß Selbstkontrolle. Etwas, das ihrem neuen Freund zu fehlen schien.

„Komm, Nico, du kannst sie doch auf dem Rückweg zeichnen“, drängte sie daher, wenn auch weiterhin mit einer Tonlage, die ihren sanften Klang nicht einmal verlassen hatte, und wedelte mit einer Hand die Straße entlang, die sich noch um viele beinahe identisch aussehender Alleen schlängeln würde, bis sie in die Nähe von Ardea Town kamen. Wenn er bei jedem hübschen Ort innehielt, dann würden sie vielleicht niemals ihr Ziel erreichen. Einen Moment lang dachte Mary daran, wie Ravinuthala es geschafft hatte (und sie umgekehrt) ihre Begleitung zu sichern. Die Apfelsaftaugen des Mädchens richteten sich auf die schlanken, spindeligen Finger von Nicolo und sie schürzte die Lippen, was neben den gesenkten Augenbrauen ein klares Anzeichen dafür war, dass sie nachdachte. Dann verlangsamte sie ihre Schritte, streckte die Hand aus … und grabschte mit ihrem Händchen nach einem Zipfel von Nicolos Bandagen. Es sah ein wenig aus, als wollte sie ihn an die Leine nehmen, ohne zu übergriffig zu sein. Einen langen Augenblick hatte es so ausgesehen, als wollte sie Händchen halten, doch im letzten Moment hatte sie sich dagegen entschieden und die Mumienbänder gewählt, an denen sie nun ihre Begleitung hinter sich herschleifen wollte.

Mit zwei Meter großen Oni konnte man ja Patschehändchen tauschen, aber mit gleichaltrigen jungen Herren war das etwas eigenartig.


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDo 2 März 2023 - 22:15

06 | @Mary

"Stimmt, auch wenn das Licht dann vielleicht ein ganz anderes ist", merkte Nico noch an, bevor er schon weitergezogen wurde. Und sie hatten ja einen Auftrag zu erledigen. Am besten zeitnah, bevor die Oliven an den Sträuchern verkümmerten und den Weg alles Irdischen gehen mussten. In hungrigen Mündern waren sie doch sicher besser aufgehoben. In seinem, zum Beispiel. Immerhin hatte er, wie ihm soeben einfiel, kein Essen mitgenommen. Blieb nur zu hoffen, dass sie dort etwas bekamen oder es wenigstens ein Cafe oder sowas gab. Es wäre sicher nicht der erste Tag, den er nur unter Verknusperung von Crossaints verbracht hätte. Auch wenn das vermutlich ganz und gar nicht gut war. Aber seine neue Begleitung hatte es nun einmal ein wenig eiliger als er selbst. Vielleicht sollte sie einmal den Moment genießen, statt derart pflichtbewusst dem Auftrag nachzugehen. Andererseits hatte er keine Jewels mehr und sollte deswegen vermutlich besser mal ganz still sein.

"Hey, warte, Vorsicht", versuchte er die sich anbahnende Katastrophe noch aufzuhalten, aber sie zog bereits an den Bandagen. Die sich, weil nicht besonders gut oder kunstvoll festgebunden, aufzuribbeln begannen. Er konnte spüren, wie der Mull sich den Arm hinunterschlängelte und nun aus dem Ärmel seines Hemds hing wie eine sehr traurige und ungefährliche Schlange. Nicolos Blick schoss von der Bandage hoch zu Mary. Warum hatte sie das gemacht? Sie hätte ihn doch einfach am Ärmel zupfen oder ansprechen können. Vorsichtig begann er damit die Bandage während des Gehens und in der Hand aufzurollen. Die sichtbare Haut des Arms war zumindest unversehrt, wenn auch wie der Rest reichlich blass. Vielleicht war er ihr nicht schnell genug? Nie gut genug, meldete sich eine der verräterischen Stimmen, die von einer Fanfare übertönt wurde. Sei still, eindringender Gedanke, du bist hier nicht willkommen. Einen Moment lang behielt Nico die kleine Mullrolle noch in der Hand, bevor er sie in der Umhängetasche verstaute, fein säuberlich von allem anderen durch ein eigenes Fach getrennt.

"Ich kann mich beeilen, wenn du möchtest. Bitte sag mir das einfach", gab er schlussendlich leise zu hören, steckte die Hände in die Taschen seiner Weste. Sein Kopf senkte sich herab, damit er den Weg anstarren konnte. Die Kiesel waren hübsch. Jeder einzelne eine Perle inmitten der trockenen Erde. Und doch lief man nur darüber hinweg und bohrte sie tiefer hinein. Warum hatte sie nicht einfach etwas gesagt? So schwierig war es nun doch nicht mit ihm zu sprechen, oder? Er war nicht unfreundlich. Ganz im Gegenteil versuchte er sich an kleinen Komplimenten und war erst einmal nett zu allen. Gut, zu den meisten. Manche Leute hatten keine Freundlichkeit verdient. Aber zumindest mit den eigenen Gildenmitgliedern sollte man doch auskommen, so exzentrisch sie auch sein mochten. Immerhin war er das auch und wollte auch nicht behandelt werden wie ein Ausgestoßener. Nicht hier und nicht wieder. Er verzog das Gesicht. Zeit sich am Riemen zu reißen, so gut es eben ging.
"Ich...werde versuchen mich auf den Auftrag zu konzentrieren. Entschuldige bitte", brachte er in geschlagenem Tonfall hervor, während er ein Kieselchen per Schuh aus dem Boden bohrte und es im Laufen mit nach vorne trat. Sei frei, Perle der Erde. Sein Kopf ruckte wieder nach oben, während sich der Blick mit scheinbar neu erwachter Determination nach vorne ausrichtete. Vermutlich musste man sich ein wenig an die Umwelt anpassen. Auch in einer Gilde wie Satyrs Cornucopia. Und sie mussten den Auftrag schaffen, sonst konnte er seine Miete nicht zahlen. Und dann würde Oma Dismas furchtbar traurig werden und er würde in Maldina Town nach einer anderen Wohnung suchen müssen, deren Vermieterin nicht mehr gut hörte und sich deswegen nicht an seinen mitternächtlichen Ergüssen auf der Violine störte. Und sowas wollte erstmal gefunden werden. Nein, sie mussten das hier schaffen. Und selbst er würde es wohl kaum alleine schaffen ein ganzes Feld Olivensträucher abzuernten. Besonders, wenn sie die Dinger dann noch selbst in Gläser stecken mussten. Sein Blick wanderte hinüber zu Mary. Ob sie ihre Entscheidung inzwischen bereute? War sie ihm böse? War er ihr böse? Nein, eigentlich nicht. Als Gildenmitglied hatte sie einen Sympathiebonus. Und er war niemand, der seine Leute im Stich ließ. Auch, wenn seine Leute ihn im Stich ließen. Ob es in Ardea eine Post gab? Großvater würde sich sicher über eine Skizze und einen Brief freuen.
"Gibt es in Ardea eine Post, Mary? Du hattest doch gesagt, dass du da schon einmal warst, oder nicht?"


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDo 2 März 2023 - 22:45

06 | @Nico

Ähnlich eines verräterischen Wollfadens, der sich manchmal aus alten oder nicht besonders gut verarbeiteten Pullovern lösen mochte, fädelte sich Nicolos Bandage auf. Als Mary erkannte, was sie da trieb, kamen die Warnungen ihres Questpartners schon zu spät: Sie stand schon entfernt von ihm, eine Verbindung aus Bandage zwischen ihnen, die schlaff in der Luft hing. Erstarrt blieb die Lichtmagierin stehen, die einen schrecklich langen Moment dachte, dass sie jetzt schmerzende Wunden freigelegt hatte, die dem Violinisten wehtun würden. Sobald er begann, seinen Verband aufzurollen, wurde sie wie durch eine automatisierte Hundeleine zu ihm zurückgezogen, weil sie im ersten Moment so schockiert war. Kiesel wurden unter ihren festen Stiefeln tiefer in den Feldweg getrieben, als sie sich irritiert um die eigene Achse drehte, ganz so, als würde Nico sie gleich mit aufwickeln. Bevor sie aber in einem seltsamen Klischee von Spagetti schlürfenden Hunden gegeneinanderprallen konnten, haute Mary die Hacken in den Boden und ließ hastig das Verbandfitzelchen los, die Augen groß, den Mund zu einer Grimasse des Schreckens und der Reue verzogen.

„Tut mir Leid“, piepste sie, sofort, und wandte sich mit wehenden Haaren ab, um sich die Hände einmal auf die Wangen zu klatschen, auf der rote Stellen erschienen waren. Ganz tolle Idee, Mary! Jetzt fühlte er sich nicht nur schlecht, nein, die hatte ihn auch noch blöd angefasst und seine Bandage abgerollt. Ein kleiner Trost war, dass er sie scheinbar nicht benutzte, um irgendwelche schrecklichen Entstellungen zu verbergen, sondern sie wohl eher ein zweifelhaftes modisches Statement waren. Dennoch war diese ganze Angelegenheit unfassbar peinlich … Er ging ja auch nicht her und zog an ihren Schleifen. Was hatte sie sich dabei gedacht?! Mary, du Hohlkopf …

Sie zuckte zusammen, als sich Nico auch noch entschuldigte. Um die Metapher des Hündchens weiter zu treiben, sah er nun aus, als hätte sie einen Hundewelpen getreten. Das versetzte Mary, die doch nur die Wichtigkeit der Quest betonen hatte wollen, einen Stich in die Brust. Ihr Blick glitt durch die Umgebung und sie drückte die Lippen aufeinander. Die Augen huschten über Stock und Stein, Zäune und Felder und die Landschaft, die sich gen der Berge allmählich in eine sanfte Steigung begab. Aus der Ferne waren die Olivenhaine von Ardea schon zu sehen, mit ihren plüschigen kleinen Bäumen, die sorgsam in Reih und Glied gepflanzt worden waren. Kaum zu glauben, dass man sie zerstören musste, um an ihre kostbare Fracht zu gelangen, aber das war wohl der Lauf der Dinge. Etwas musste sich auflösen, damit etwas Neues entstehen konnte. Verdammt, jetzt dachte sie schon wieder an diese dämliche Bandage.

„Ahh, Nico …“, machte Mary also, blieb nahe einer kleinen Holzbrücke stehen, die über einen kleinen Bach führte. In der Mittagssonne funkelten die Kieselsteine wie Silbermünzen und der Sprühnebel des Wassers spritzte bis an das Brückengeländer, an das sich die Lichtmagierin nun klammerte. Kleinste Wassertröpfchen tanzten wie glitzernder Diamantstaub durch die Luft. Die Büsche rund um die Brücke tanzten im Wind und wogten teils schwer von saftig aussehenden Beeren in den Brisen, die hier herrschten, während über ihnen weiter Schäfchenwolken vorbeizogen. Mary senkte den Blick, damit ihr Gegenüber ihr nicht in die Augen sehen konnte. „Ich … muss mich einen Augenblick ausruhen. Seitenstechen. Ja, es tut weh! Aua.“ Eine der schlanken Hände hob sich unter ihre linke Rippengegend und sie verzog den Mund zu einer schmerzerfüllten Grimasse. Den Blick behielt sie auf ihre Füße gerichtet, deren Spitzen aufeinander zeigten.
„Wenn ich mich hier kurz auf das Geländer setze, ist es gleich besser. Mach ruhig auch eine Pause und … zeichne etwas oder so.“ Natürlich ging es ihr nicht wirklich schlecht. Mary hätte noch eine ganze Weile weiterlaufen können. Aber manchmal kam man mit Stehenbleiben am weitesten.
"Ich habe das letzte Mal keine Post gesehen, aber wir können gerne nach dem Auftrag eine suchen, ja?"


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDo 2 März 2023 - 23:15

07 | @Mary

Nachdenklich schrägte Nicolo den Kopf. Seitenstechen? Seine Füße taten weh. Immerhin waren sie jetzt ein paar Stunden unterwegs und die Feldwege waren nicht grade eine gut gepflasterte Straße. Sehr viel mehr geeignet für Karren und M-Peds als für so etwas wie einen M-Wagen. Und noch sehr viel weniger geeignet für Schuhe wie seine. Mary hatte, wie er nicht umhin kam zu bemerken, für Wanderschuhe entschieden, die er eben noch aus der gesenkten Warte hatte sehen können. Nicht grade kleidsam, aber hier die bessere Wahl. Mit so etwas wäre er auch besser unterwegs gewesen.
"Seitenstechen? Ich glaube da hilft langsam und ruhig atmen? Möchtest du Wasser? Ich habe hier irgendwo...", unterbrach er sich wieder und bugsierte seine Umhängetasche vor den Bauch. Aus dieser schaffte er es nach kurzem Suchen sogar die gesuchte Flasche hervor zu bringen und anbietend ausstreckte. Gleich darauf kam die andere Hand hinterher. "Hier, falls du dich abstützen möchtest. Möchtest du dich einen Moment setzen? Das Geländer hier sieht nicht übermäßig bequem aus, aber für den Moment sollte es gehen." Er verfrachtete die Wasserflasche neben den angezeigten Platz auf das Geländer. Sie konnte sich ja daran bedienen, wenn sie wollte.

Den Arm immer noch zur Hilfe anbietend ausgestreckt, kramte er jedoch bereits weiter in der Umhängetasche herum. Sorgsam mit einer Hand gesichert, kamen daraus weitere Dinge zum Vorschein. Zum ersten ein paar Bögen relativ hellen Papiers. Zum zweiten ein Kohlestift, der in einer Art Halterung aus dunklem Holz steckte. Die war vermutlich nur dazu da, dass der Zeichner sich nicht die Finger komplett mit Kohlestaub einsaute. Das ganze Gebilde mit einer Hand sichernd, half er jedoch zuerst der gar schrecklich verwundeten Mary auf das Geländer. Erst als die junge Frau sicher zu sitzen schien, löste er die Hand von der Kladde und griff nach dem Stift. Zuerst grobe Striche, die die Umgebung ungefähr darzustellen vermochten. Dann folgten, nach deinem Wenden des Stifts zur grade dünneren Seite der Spitze, die feineren. Die Sprüh des Bachs vermochte er nicht so recht einzufangen, die Tropfen vergingen zu rasch. Aber auch so nahm in raschen Strichen die Böschung Gestalt an. Dann die Büsche drum herum. Die Beeren waren nicht mehr als kleine Pünktchen. Er würde sich die Farbe merken müssen. Oder irgendwann einmal farbige Stifte besorgen kaufen müssen. Wenn wieder Jewels im Haus waren. Haus, hah.

"Die Frage wegen der Post war, weil ich meinem Großvater schreiben möchte. Und er freut sich immer über Skizzen der Orte, an denen ich gewesen bin, weißt du. Seit er selbst nicht mehr so viel rumreisen kann, muss es eben so gehen. Vielleicht war er hier sogar schon einmal. Er ist viel gereist, bevor meine Großeltern sich in Crocus Town niedergelassen haben. Vermutlich kommt dann ein Brief zurück wie "Ach, Nico, damals gab es in Ardea so ein hübsches Cafe. Und da haben wir Brioches gegessen. Da solltest du auch mal hin." und dann kann ich ihm schreiben, dass ich da war und ob es das Cafe noch gibt. Ein paar Erinnerungen bei ihm wachrufen. Mit den Bildern funktioniert es noch besser", blubberte Nico in Gleichklang mit dem Rauschen des Baches unter ihnen hervor. Wie die Umgebung und das ungleiche Duo war jedoch auch seine Sprechweise langsamer geworden, driftete von der Tonlage ins Melancholische ab. Vorsichtig hob er die Skizze ins Licht der Sonne, hastete mit einem Mal von der Brücke. "Warte kurz!", ertönte es noch, bevor er sich zwischen den Büschen des Ufers hindurch zwängte. Ein paar Meter weiter bachabwärts tauchte er wieder auf, kritzelte emsig auf seiner Kladde herum. Nur um ebenso schnell wieder zurück zu kehren, wie er verschwunden war. Die fertige Skizze, denn ein Bild war es gewiss noch nicht, wurde einen Moment lang Mary präsentiert. Neben Bach, Böschung, Bäumen und Schäfchenwolken war nun auch die Brücke darauf zu sehen. Sehr vorsichtig bettete Nico sein Werk unter ein anderes Blatt und spannte das ganze fest in der Kladde ein.

Eine Hand streckte sich zuerst Mary entgegen, damit sie diese greifen konnte, wenn sie Hilfe beim Abstieg vom Geländer haben wollte. Die andere griff nach der Wasserflasche, ohne darauf zu achten, ob sie benutzt worden war oder nicht. Sanft lächelte Nico zu Mary hoch, bevor er zur Seite wegschaute.
"Ist das Seitenstechen besser geworden?", ertönte es ebenso leise wie vorher. "Und, was ich eigentlich sagen möchte: Danke. Für die Zeit und die Geste. Ich weiß das zu schätzen, auch wenn es manchmal untergeht."


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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07 | @Nico

Auf dem Brückengeländer sitzend, ließ Mary die Beine baumeln. Nicolo hatte ihr in einem Anfall von Sorge auf den Sitzplatz geholfen, und obwohl sie seine Hilfe nicht gebraucht hätte, nahm sie diese an und griff sogar nach der Wasserflasche. So eine hatte sie in ihrem eigenen Rucksack. Den nahm sie nun von den Schultern und platzierte ihn vorsichtig zwischen ihre Beine, damit er auf dem Boden aufkommen konnte, ohne durch sein Gewicht ein Loch in das Brückenholz zu hämmern (oder sie selbst von der Brücke zu reißen). Das Geländer war zum Glück breit genug, dass Mary sich nicht fühlte, als würde ihr das Blut aus dem Oberschenkeln abgetrennt. Misstrauisch wurde an der Wasserflasche geschnuppert, ob sich darin nicht doch irgendwelche merkwürdigen Substanzen verbargen, dann nahm sie aber ein paar Schlucke und begann, dankbar lächelnd, langsam und gleichmäßig zu atmen. Es war zwar nur Seitenstechen und keine bevorstehende Geburt, aber wenn man damit die Scharade aufrechterhalten konnte, dann konnte sie auch ein bisschen herumkeuchen.

Ihre Augen folgten derweil den Händen ihres Questpartners, fokussierten sich aber recht schnell auf dessen Blick. Ein wenig neidisch war sie doch, dass ihre Augen nur durch ihre Farbe funkelten und strahlten. Dieser begeisterte, fast schon naive Blick, mit dem Nicolo die Umgebung sondierte, Striche auf das Papier brachte und sich umsah, als würde er all diese Wunder zum ersten Mal sehen, brachte ein schiefes Grinsen in das Gesicht der Lichtmagierin. Sie mochte ein wenig in den Strahlen seiner Kreativität baden, so wie sie es generell bevorzugte, sich von der positiven Energie ihrer Freunde zu ernähren. Anderen mochte das Konzept von Dragonslayern und all ihren Varianten seltsam und exotisch vorkommen, aber Mary verstand schon, wie es sich anfühlen musste, von Energie zu leben. Zwar nicht, wie man sich den Magen mit Metall, Feuer oder Blitzen füllen konnte, aber durchaus, dass es einem Kraft spendete, einfach nur im Glanz eines anderen zu rasten und sich zu freuen, vielleicht einen kleinen Teil dazu beigetragen zu haben.

Während Nicolo also davonhuschte und seine Brücke skizzierte, unterbrach Mary ihre langsamen Atemzüge und verschränkte die Hände im Schoß, sich selbst einen Moment lang sammelnd. Sie war keine sehr kreative Seele, aber sie konnte recht gut einschätzen, wie Menschen sich fühlten und was man tun konnte, um ihnen zu helfen. Zum Beispiel gaben viele eher ungerne zu, dass sie etwas wollten oder schwach waren, denn das machte sie angreifbar, aber sie befand sich da in einer vorteilhaften Position. Niemand glaubte, dass eine Jugendliche sonderlich robust war, und als weinerliches kleines Mädchen abgestempelt werden, das störte Mary nicht sonderlich. Leute dachten eben, was sie dachten – da kam man mit Logik nur selten wirklich weiter. Ihr Blick, der sich irgendwo im Himmel bei den Flauschewolken verloren hatte, senkte sich zu Nicolo und sie hörte ihm zu, als er sie gleich des Baches erneut mit Worten zuspülte. Eine ihrer Hände fing die Haarsträhne auf, die der Wind in ihr Gesicht tragen wollte, und sie legte den Kopf leicht schief. Sein Großvater? Auch Mary hatte eine gute Beziehung zu ihren Großeltern und vermisste sie sehr. Es berührte sie, dass Nico sich solche Mühe gab, um seinen Großvater an seinen Abenteuern teilhaben zu lassen. Das war ein edler Zug, den sie zu würdigen gedachte – da freute sie sich noch mehr, hier stehen geblieben zu sein, bereute aber gleichzeitig auch noch ein wenig mehr, ihn so idiotisch hinterhergezogen zu haben. Aber sie wusste nicht, wie man mit Leuten umging, die keine Familie waren – oder etwas zu trinken bestellten.
„Uhm, es gibt ein schönes Café in Ardea! Vielleicht kann man da ja Pause machen, wenn wir die erste Fuhr Oliven geerntet haben …“ Der erste Satz wurde noch mit vollem Enthusiasmus gesprochen, der zweite war schon etwas verhaltener. Sie wusste ja gar nicht, ob er daran überhaupt Interesse hatte, zumal er ziemlich beschäftigt geklungen hatte. Und Geld brauchte. „Ich … lade dich auch ein!" Da sprach eindeutig wieder das schlechte Gewissen, aber solange sich Nicolo nicht die ganze Karte rauf-und-runter bestellte, sollte sie es sich leisten können, ihm einen Kaffee oder einen Saft auszugeben. Im nächsten Moment nahm die Hand des Violinisten wieder das ganze Blickfelds Marys ein. Nicht, weil sie absonderlich groß war, sondern, weil er ihr allem Anschein nach auf die Schliche gekommen war. Mit hochrotem Kopf ließ sich Mary vom Geländer ziehen, als wäre sie ein Kartoffelsack und blickte ebenfalls zur Seite weg, sich die Bluse und den Rock glattstreichend.

„E-es geht mir schon viel besser“, stammelte sie, etwas gehindert davon, dass ihr der Herzschlag in den Ohren rauschte. Peeeinlich. Auf seine Danksagung hob sie nur eine Hand, um ihn, immer noch nicht zu ihm sehend, gegen den Oberarm der Seite zu boxen, von der sie gerade vorhin noch die Bandagen abgewickelt hatte. Nicht sonderlich fest, aber eindeutig kumpelhaft, vielleicht, um die Situation etwas zu entspannen. Die Lippen waren geschürzt, die Mundwinkel aber nach oben gekringelt und sie beeilte sich, den Rucksack aufzunehmen und weiterzustiefeln. „Schon gut. Lass uns weitergehen, du Gurke.“


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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08 | @Mary

"Au", machte Nicolo und rieb sich den Arm, wo Mary ihn getroffen hatte. Es hatte nicht sonderlich weh getan. Der Laut war sehr viel eher der Überraschung zu verdanken als Schmerzen. Aber immerhin weitete sich sein Lächeln aus und wurde ein wenig fröhlicher. Er war also eine Gurke. Die Ähnlichkeit sah er jetzt nicht unbedingt. Zumindest war er nicht grün, meistens. Und er hatte auch keine seltsamen Knubbel, die man vor dem Essen immer wegschneiden musste, weil sie wer weiß was sein konnten. Die Leitners hatten mal rumerzählt, dass man dann auch solche Knubbel bekam, wenn man sie bei der Gurke mit aß. Oder war das die Sache mit der Melone und den Kernen gewesen? Jahre her war das.
Langsam hob er die Hand, um sich damit durch die Haare zu wuscheln. Mary war schon ein seltsamer Kauz. Wobei, wenn er eine Gurke war...welche Pflanze war sie dann? Er würde darüber nachdenken müssen. Sowas ging schließlich nie in nur eine Richtung. Die Arme hinter dem Kopf verschränkend, streckte er sich einen Moment lang, ließ die Schultern kreisen. Es stellte sich heraus, dass über ein Brückengeländer gebeugt zeichnen nicht grade gut für die Körperhaltung war. Es war ein Wunder, dass er nicht aussah wie ein Shrimp, so oft wie er über irgendwelchen Schreibtischen hockte.

Wieder den Weg Richtung Ardea einschlagend, ging wenigstens er schon ein wenig beschwingter. Die Schritte des jungen Mannes wurden federnd, als er mit den Fußballen auf- und niederwippte bei jedem Aufsetzen. "Du musst mich doch nicht einladen", protestierte er jedoch postwendend auf das Angebot, löste die Arme aus ihrer Verschränkung hinter dem Kopf und winkte mit weiter Geste ab, nur um gleich darauf fortzufahren: "Immerhin habe ich uns die Zeit gekostet mit meinen Wünschen. Oder, jenachdem mit welcher Version der Geschichte wir nun fortschreiten, dich derart stark gehetzt, dass du Seitenstechen bekommen hast. Aber wenn es da ein Cafe gibt, würde ich es schon gerne besuchen. Alleine um Matteos willen. Nach dem Auftrag, natürlich. Wobei ich nicht weiß, ob unser Mana für alle Oliven reichen wird. Eventuell müssen wir also sowieso eine Pause machen." Und wenn sie schon eine Pause machen mussten, warum dann nicht bei einem Tee und etwas Gebäck? Vielleicht war dann sogar Zeit für eine weitere Skizze, wenn die Finger bis dahin mitspielten.

Langsam, aber sicher, erhoben sich wieder Anzeichen von Zivilisation um sie herum. Die alte Hauptstadt Süd-Fiores konnte mit einer Art pittoresken Charme aufwarten. Fachwerkhäuschen reihte sich an Fachwerkhäuschen. Die Fassaden eines Wohngebiets funkelten den beiden eifrigen Magiern von Satyrs Cornucopia farbenfroh entgegen. Weiter entfernt reckten sich Türme in drei unterschiedlichen Farben dem Himmel erwartungsvoll entgegen, wie Finger, die nach den Wolken greifen wollten. Nicolos Kopf wurde wieder zum Wackeldackel, während er versuchte so viele der neuen Eindrücke wie ein Schwamm aufzusaugen wie in ihn reinpassten. Es dauerte nicht sonderlich lange, bis der Dorfplatz in Blick kam. Ein paar Frauen standen um einen Brunnen herum, kurbelten soeben einen Eimer Wasser nach oben. Muntere Gespräche erklangen, während ein Kind mit einem Stock hinter einem Holzreifen herlief, der sich kantappernd über den Platz rollte. Und es gab tatsächlich ein Wirtshaus. Sogar mit Tischen draußen. Ein Schild, das über und über mit bunten Blättern bemalt war, verkündete der Welt, dass es "Herbstlaufhof" hieß. Nicolo atmete einmal tief ein, als versuchte er das ganze Dorf einzusaugen. Ob Matteo schon einmal hier gewesen war? In jedem Fall hätte es ihm gefallen. Aber, auch wenn es grade auf den Mittag zuging, mussten zumindest diese beiden Magier weiter. Nach Süden, durch das Dorf hindurch.

Kurz wurde es schattig, als die kleine Anhöhe mit den Wohnhäusern darauf die Sonne versperrte. Wie als Antwort darauf wanderten Nicolos Augenbrauen nach unten, während er das Wechselspiel von Licht und Schatten auf einem Ladenschild aus poliertem Messing betrachtete. Dann waren sie jedoch schon darunter weg. Und er war nicht stehen geblieben. Immerhin galt es Oliven zu ernten und er hatte sie beide ja schon genug Zeit gekostet. Wie...auch...immer...sie das schaffen sollten. Die beiden kamen zum südlichen Hang der Anhöhe und es eröffnete sich der Blick auf ein, nun, man musste es als Wald bezeichnen. Es eröffnete sich der Blick auf ein Olivenwäldchen. Nicolo drehte eine wilde Pirouette im Schatten der Olivenbäume, deren Äste sich unter der Last reifer Oliven beugten. Alle Bäume hingen voll mit kleinen, grünlich-schwarzen bis gänzlich schwarzen Ovalen. Als Nicolo wieder das Wort ergriff, klang es ein wenig schwach: "Erinnerst du dich daran, wie ich sagte, dass wir vielleicht eine Pause brauchen werden? Ich möchte das zu: Wir werden ganz sicher eine Pause brauchen korrigieren. Schau dir die ganzen Oliven an! Daraus wird eine ganze Menge Pizzabelag."


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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08 | @Nico

Sie durfte ihn also nicht einladen? Nach ihrer kleinen Etablierung kumpelhafter Gewalt (die aber eigentlich sehr zart war, sie hatte nun wirklich nicht beabsichtigt zu verursachen, dass Nico am Ende seine Bandagen noch wirklich brauchte) schien es ihrer Begleitung dann doch nicht zu passen, dass sie ihren Köpfer ins Fettnäpfchen wiedergutmachen wollte. Stattdessen drehte es der Violinist nun so, als wäre die Situation irgendwie ein Resultat aus seinem Fehlverhalten und damit seiner Schuld. Was ihm einen reichlich skeptischen Blick der Baumgardner einfing, die das nun eben überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Und wer war eigentlich dieser Matteo? Es verlangte natürlich nicht sonderlich viel Hirnleistung zu kombinieren, dass es sich dabei wohl um Nicolos Großvater handelte, auch wenn sie es etwas seltsam fand, dass er ihn beim Vornamen nannte. Vielleicht machte man das so, wo er herkam? Oder er hatte eine von diesen Beziehungen zu seinen Familienmitgliedern, wo man das sogar mit den direkten Erzeugerin tat, was Mary ein wenig suspekt war.

Die Angelegenheit des Einladens wurde nicht weiter diskutiert, jedenfalls nicht von der Seite der Baumgardner, die stattdessen weiter lief, denn sie wollten ja auch irgendwann heute noch ankommen. Nach der stundenlangen Wanderung und der kurzen Pause an der Brücke war sie zwar nicht direkt erschöpft, aber gegen ein bisschen weniger Laufen hätte sie so langsam zumindest auch nichts mehr einzuwenden. Zunächst mussten sie aber durch das Dörfchen hindurch, was zumindest für die Lichtmagierin eine wirkliche Augenweide war. Ganz war sich Mary der politischen Implikationen nicht bewusst, die dazu geführt hatten, dass Ardea Town nicht mehr die Hauptstadt von Südfiore war, auch wenn ihr sicher einmal jemand davon erzählt hatte. Hatte es etwas mit Tourismus und Anbindung zu tun? Im Vergleich zu den anderen "großen" Städten des südlichen Königreiches war Ardea in jedem Fall weniger bekannt für seine rege Unterstützung des Gastgewerbes, dem nicht einmal ihr eigener verschlafener Hof in einem Dorf mit fünf Häusern hatte entkommen können. Die Szenerie veränderte sich dadurch kaum merklich. Auf den Speisekarten der Gasthäuser begannen nicht mehr lokale Bezeichnungen, sondern einfach zu verstehende Übersetzungen zu Traditionsgerichten aufzutauchen, Marktstände waren immer öfter nicht mehr nur mit regionalem Ertrag, sondern auch an Touristen gerichtete Angebote gefüllt und an jeder zweiten Ecke konnte man etwas erleben, sei es nun der große Zirkus im Westen von Maldina Town, Eselreiten und Tiere streicheln auf einer Farm oder Blumen zum Selberernten. Mary mochte diese Entwicklung nicht, diese Sensationalität des Landlebens, denn sie trug maßgeblich dazu bei, dass sich Städter überlegen fühlten, dass man Bauern und Landleute eher als minderbemittelte Diener ansah und weniger als Individuen. Leute sahen in all diesen Häusern, den Brunnen und den Leuten Motive, Objekte. Dennoch konnte sie es den Einwohnern wohl kaum übel nehmen, sich auf den Tourismus zu konzentrieren, immerhin war es nicht immer einfach über die Runden zu kommen, wenn man im wahrsten Sinne des Wortes von den Launen der Natur abhängig war.

Diese Erkenntnisse teilte sie nicht mit Nico, trug sie nur in einem etwas grimmigen Blick spazieren, der auf ihrem sonst eher fröhlichem Gesicht lag, als sie gemeinsam durch den Dorfplatz schritten und sich den Olivenhainen näherten. Ob diese wohl wirklich nur mit Magie geerntet werden konnten, oder war das auch ein Spektakel, weil die Bauern verzweifelt nach Erntehelfern suchten? Solcher Zynismus passte eigentlich gar nicht zur Baumgardner, weswegen sie sich dabei erwischte, ein paar verstohlene, tiefe Atemzüge zu nehmen, damit man ihr nichts anmerkte. Vielleicht dachte Nico ja, dass sie am Ende wirklich Seitenstechen bekommen hatte.

Die sanft geschwungenen Hügel des Olivenhaines hatten eine beruhigende Wirkung auf die Baumgardner, die gerne in der freien Natur war. Das Einzige, was sie etwas irritierte, war, dass bisher noch kein Feldarbeiter gekommen war, um sie einzuweisen, weswegen Mary Nicolo auch nur mit einem halben Ohr lauschte und sich den ersten Bäumen näherte. Den Kopf in den Nacken gelegt, richtete sie ihren Blick auf die prall aussehenden Oliven, die, wenn man ganz genau hinsah, tatsächlich schwach zu schimmern schienen, als handelte es sich nicht um schwarze Früchte, sondern kleine Obsidiane, die da an den Ästen sprossen. "Daraus wird vor allem Öl, Nico-ku-", erklärte sie noch, aber bevor sie ihn über die Verarbeitungsprozesse der Oliven belehren konnte, drang eine dröhnende, männliche Stimme von Richtung des Hofes, der wohl diese Haine überblickte, an sie heran. Ein Mann, der in Volumen und Größe einer besonders zylinderförmigen Regentonne entsprach, watschelte den kleinen Hang herab auf sie zu, der sie von seinem Wohnhaus trennte. "He, da! Obacht! Weg von de Oliven!" Ach du je ...

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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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09 | @Mary

Und das war es mit der friedlichen Idylle. Lange hatte sie nicht Bestand gehabt. Dunkelbraune Augen richteten sich auf den Mann, der es gewagt hatte an diesem Ort der Inspiration so unhöflich herum zu brüllen. Die Arme, die er eben noch zur Seite gestreckt hatte, im Versuch den ganzen Ort zu umarmen, hoben sich angewinkelt in die Luft. Es sah reichlich danach aus als würde sich Nicolo dem heranwatschelnden Mann ergeben wollen. Dabei hatte der keine Waffe und wirkte auch nicht sonderlich bedrohlich, wie er da schnaufend wie ein Walross, mit einem ebenso prächtigen Schnauzer ausgestattet, den kaum merklichen Anstieg bis zu ihnen hinter sich brachte. Wenigstens fehlten ihm zum Walross auch die Stoßzähne, wenn auch nicht der Speck. Wie lief sowas bei einer Quest ab? Stellte man sich vor und bekam dann irgendeine Art Schriftzeug, dass einen als befugt vom Auftraggeber auswies? Konnte er sich irgendwie in dieser Umgebung nicht vorstellen. Ardea mochte die alte Hauptstadt sein, aber soweit er wusste war es nur wenig bürokratisch.

Während der Mann sich ihnen weiter näherte, nahm sich Nicolo die Zeit die Arme hinter dem Rücken zu verschränken, soweit der Geigenkasten es zuließ. Außerdem bot das die Gelegenheit sich das Gegenüber einmal in aller Ruhe anzusehen. Ein Mann, breit gebaut, vor allem in den Schultern. Ein wenig älter zu nennen, hatte er schon Fältchen um Mund und Augen. Sonnengebräunte Haut, ein Sonnenhut auf dem Kopf - kahl, wie Nicolo schätzte - rundeten das Bild eines Mannes ab, der sehr viel draußen unterwegs war. Und er war nochmal ein gutes Stück größer als Nicolo, der zwar nicht unbedingt ein Riese war, aber zu den meisten Leuten nicht aufschauen musste. In diesem Fall war es nun doch einmal so. Leise summend begann Nicolo auf den Füßen vor und zurück zu wippen. Den Olivenbäumen wollte er sich nicht weiter nähern, bis diese Angelegenheit geklärt war. Am Ende dachte sonst noch jemand, dass sie beide Eindringlinge waren oder sowas. Was ihm für ihn selbst zwar egal war, aber weder Mary noch Satyrs Cornucopia hatten derlei verdient.

Der ältere Herr baute sich vor den beiden jungen Magiern auf, schnaufte noch einmal durch, bevor er zu sprechen begann: "Weg von den Oliven. Hab' hier schon genug Ärger mit Leuten, die sie am liebsten direkt von den Ästen fressen täten." Er hatte eine ausgesprochen sonore Stimme. Das Brummen darin schien in den Knochen wider zu hallen. In einem anderen Leben wäre er als Bass vielleicht ganz groß raus gekommen. "Dabei sind das hier Amano-Oliven. Trotzdem kommt immer wieder irgendwer und will an einer rupfen. Jungvolk heutzutage. Keine Manieren mehr."
Die männliche Hälfte des Jungvolks blinzelte seinem Gegenüber entgegen. Unhöflich war das. Nicolos Stirn furchte sich wie ein Spargelfeld. Kurz wechselte er einen Blick mit Mary, wobei sein verärgerter Blick wohl nicht ihr galt, sondern dem Umstand, dass man sie soeben beleidigt hatte. Mit einem erstickten Geräusch biss sich Nicolo auf die Zunge, schluckte den Kommentar, dass er dann ja die Oliven ohne die Hilfe manierlosen Jungvolks würde ernten müssen grade noch so runter. Damit hätte er dem verknitterten Alten ja noch in die Hände gespielt!

Stattdessen vollführte er also eine formvollendete Verbeugung, die ihresgleichen wohl nur auf der Bühne eines Theaters gefunden hätte. Wenn er einen Hut auf dem Kopf gehabt hätte, er sollte sich einen zulegen für genau solche Gelegenheiten, hätte er den jetzt ebenfalls noch abgenommen. Mit der rechten Hand machte er, nachdem er wieder aufrecht stand, eine weite Geste vor dem Körper, die darin endete, dass er mit der geflachten Hand auf Mary zeigte wie ein Herold, der soeben die eintretende Prinzessin von Hinterhumpeding vorstellte.
"Das hier ist Fräulein Mary Baumgardner. Mein Name ist Nicolo Peralta. Wir kommen wegen Eures Gesuchs, das Ihr bei Satyrs Cornucopia aufgegeben habt. Es geht um die Ernte eben jener Oliven, die Ihr hier so vehement gegen schreckliche Gefahren verteidigt. Sehr. Er. Freut." Die letzten Worte kamen ihm in hartem Stakkato über die Lippen. Und auch wenn er glaubte die letzten Reste von Zorn aus seinem Gesicht verbannt zu haben, konnte er sich da nicht ganz sicher sein. "Und mit wem haben wir das ausgesprochene Vergnügen?", brachte Nicolo ganz ohne den üblichen Singsang seiner Stimme noch maximal monoton hervor, bevor er die rechte Hand zurück an den Riemen des Geigenkastens brachte.

Der ältere Mann schien von dem Wutausbruch des metaphorischen Chihuahuas vor ihm nicht sonderlich beeindruckt, verschränkte er doch nur die Arme vor der fassförmigen Brust. Arme, die wie Nicolo mit ein wenig Verspätung bemerkte, deutlich muskulös waren. Auf jeden Fall muskulös genug um seine lauchstangige Gestalt ungebremst in den Boden zu rammen und den Zäunen hinzuzufügen, die als Abtrennung der Haine dienten.
"Gildenzeichen", brummte das Gegenüber der beiden in deren Richtung. Wieder blinzelte Nicolo, bevor er den umständlichen Prozess begann die Schmuckschleife, die das Hemd zusammenhielt aufzudröseln. Damals war es ihm poetisch vorgekommen das Gildenzeichen über dem Herzen setzen zu lassen. Aber in Momenten wie diesen verfluchte er sich selbst für seine Kurzsichtigkeit.


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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09 | @Nico

Wer ist hier eigentlich der Questleiter? Satyrs Cornucopia war zwar eigentlich keine Gilde, bei der man die Hierarchie so genau nehmen würde wie bei den Crimson Sphynx oder sogar den Rune Knights, aber ganz so chaotisch wie Fairy Tail konnte man den losen Künstlerverband wohl auch nicht nennen. Sicherlich gab es nur wenige der eher zwanglosen Individuen, die sich von gesellschaftlichen Schranken und Rangfolgen binden lassen wollten - zumindest schätzte Mary das in ihrer teils verklärten Wahrnehmung von Künstlern so ein - aber das bedeutete ja nicht, dass ein Verantwortlicher nicht grundlegend als nützlich zu bezeichnen war. In manchen Quests brauchte man nicht unbedingt eine Leitung, weil man sich sowieso eher auf Augenhöhe gegenüberstand, doch gerade im Umgang mit Questgebern wünschte sich Mary doch eine gewisse Professionalität, die vielleicht sogar dezent im Konflikt mit den Idealen ihrer eigenen Gilde stand. Wobei - wer die Mitglieder für kompetent und freundlich hielt, der wollte ja auch weitere Aufträge an das Füllhorn geben, womit sie ja im Grunde genommen nur ihrem neuen Zuhause half. Das löste allerdings nicht diese kleine Zwickmühle, in der sie sich nun befanden, denn eigentlich gab es hier keinen offiziell deklarierten Questleiter. Gewöhnlich nahm man ja wohl eher den, der den anderen rekrutiert hatte, doch in diesem Fall war auch so ein Vorgehen eher wenig hilfreich, da sie sich ja sozusagen gegenseitig aufgegabelt hatten. Da sie dachte, dass Nicolo zumindest ein wenig älter sein musste als sie selbst, wäre es ja nur gerecht, wenn sie ihm diese Position überließ, doch wollte er das denn ...?

Während Mary noch grübelte, wie sie dem Questpartner möglichst wenig auf den Schlips (oder in seinem Falle wohl eher die Bandage) treten konnte, hatte dieser schon von seinem eher losen Mundwerk Gebrauch gemacht und war Hals über Kopf in die Verhandlungen mit ihrem mutmaßlichem Questgeber gestürzt, der um ehrlich zu sein fast ein wenig wie die Karikatur eines Bauerntrampels aussah. Vollendet mit Schnauzbart, kräftigen Pranken und einem Gemüt, das alles andere als sympathisch war. Mary hatte dennoch Probleme, den grummeligen Herren als unangenehm einzustufen, weswegen sie Nicolos Wut auch sicher verwundert hätte, wenn sie etwas davon mitbekommen hätte. Erntediebe waren eine Plage und wenn man besonders stolz auf seinen Ertrag war, dann hatte der Diebstahl von Gut, das teilweise sogar die Existenzgrundlage war, einen bitteren Beigeschmack. Mary war also durchaus dazu verleitet, ihm bei seiner Einschätzung von Jungspungen beizustimmen, bis ihr einfiel, dass sie ja auch einer davon war. Es brachte aber nichts, sich hier aufzuspielen, denn eigentlich konnte man einen schlechten Eindruck ja am besten dadurch kippen, indem man sich bemühte, ihn mit einem guten Ruf zu ersetzen.

Mary als recht empathischer Mensch bemerkte Nicolos Anspannung durchaus, doch schob sie es auf die Aufregung, da er ja meinte, dass es für ihn das erste Mal auf einer richtigen Quest war. Obgleich sie normalerweise kein Problem damit hatte, die Gefühlsregungen einer anderen Person zumindest zu erahnen, war durch ihre empfundene Loyalität zum Bauernvolk Südfiores ihr Urteilsvermögen etwas in die falsche Richtung gekippt; sie würde dem Bauern vor ihnen grundlegend alles so positiv wie möglich auslegen, selbst, wenn er dachte, die beiden Jungmagier erst einmal beleidigen zu müssen. Bestimmt hätte es sie auch gestört, wenn sie bemerkt hätte, dass Nicolo unhöflich war, aber ihr kamen seine Worte doch eigentlich recht freundlich vor. Arme, naive Mary ...

Das Gildenzeichen war mit Stolz zu tragen, denn es wies einen ja schließlich als Mitglied einer Gilde aus. Viele verpassten es sich daher an symbolische Stellen. Man könnte zwar durchaus argumentieren, dass die ihr innewohnende Tatkraft Mary dazu veranlasst hätte, ihr Zeichen auf dem Arm zu platzieren, doch obwohl es recht gut passte, war ein solcher Symbolgehalt am Landei verloren. Sie hatte es sich aus zwei Gründen dorthin platzieren lassen: Zum Einen wollte sie sich auf gar keinen Fall ausziehen müssen, um die Zugehörigkeit zu einer Gilde zu beweisen (denn mal ehrlich, das kam doch komisch?) und zum Zweiten war es am Unterarm zugleich auch sehr einfach zu verdecken, sollte sie jemals in den Genuss einer superheimen Undercoverquest kommen. Ein wenig Make-Up (das sie nicht besaß) oder langärmelige Oberteile (diese besaß sie fast nur) und schon war man nicht mehr zu erkennen. Sogar so eine Bandage wie bei Nico waren ja theoretisch eine Möglichkeit ... Insofern brauchte die Präsentation des Füllhornsiegels für sie nicht sehr lange; sie musste nur den linken Unteram in die Höhe recken und hatte sich schon ausgewiesen. Der Bauer studierte dies, nickte dann knapp, und wandte wie auch Mary den Blick auf Nicolo, nur schaute Letztere ganz schnell woanders hin, als der sich irgendwie an seinen Hemdknöpfen zu schaffen machte. Plötzlich war die gesamte Umgebung, die Oliven, ja sogar der etwas verdreckte Overall des Bauern viel spannender als ihr Questpartner. Wo auch immer er das Zeichen hatte und wie weit auch immer er sich entblättern würde, die Lichtmagierin hatte nicht vor, das optisch zu bezeugen.

Nachdem die beiden Magier sich ausgewiesen hatten, schien der Bauer schon ein Stück milder gestimmt. Mit einem zufriedenen Brummen, was wohl das höchste an Freundlichkeit war, das man von dieser Art von Person zu erwarten vermochte, bot er den beiden Jugendlichen, ihm zu folgen. Es dauerte nicht lange, bis Mary und Nicolo zu einer Parzelle geführt worden waren, die mit Holzpflöcken vom Rest des Hains abgetrennt war. Von Weitem hatte es ausgesehen, als gehörte alles zusammen, doch aus der Nähe wurden die subtilen Unterschiede in der Wuchsart der Bäume und den Früchten recht deutlich. Während der Standardolivenbaum ja eher stämmig und gedrungen war, mit puscheligem Blattwerk, sahen diese etwas länger, dünner und im Allgemeinen spröder aus. Die Baumrinde wurde von hellen, fast kristallin anmutenden Venen durchzogen, als hätte jemand mit silbrigen Pinseln an ihnen herumgemalt.
"Also, um se zu ernt'n, müsst' a de Bäume zerstör'n. De Oliv'n fall'n dann runter, ha?", erklärte ihr Questgeber mit langsamen, aber dialektbehafteten Worten, so als handele es sich beim Erntevorgang um Raketentechnologie. Zerstöre Baum, Olive fällt. So schwer war das nicht zu verstehen. Mary nickte also, zu Tatendrang angeregt, und richtete den Blick auf die Körbe, auf die der Bauer als Nächstes wies, bevor er ihnen viel Spaß wünschte und wieder Richtung seines Hauses watschelte.

Es beruhigte die Lichtmagierin ein Stück, dass er sie nicht die ganze Zeit beobachten würde. Ob er nun einfach kein Interesse hatte oder ihnen vertraute, das wusste das Mädchen zwar nicht, aber sie ging einmal einmal von Zweiterem aus, denn damit fühlte sie sich besser. Nur kurz huschte der Blick zu Nico herüber, um zu überprüfen, ob er wieder einigermaßen bekleidet war, dann stellte sich Mary unter den ersten Baum und beäugte die vielen kleinen Punkte daran. Sie wiesen zum Glück nichts der aderähnlichen Struktur auf. Das hätte den späteren Genuss vielleicht etwas verfälscht, hätten sie nach kleinen Organen ausgesehen oder so. "Also ...", begann die Magierin, die Hände in die Hüften gestemmt und den Kopf in den Nacken gelegt, "das sieht schon nach weniger Arbeit aus, wenn wir nur eine Parzelle haben, die wir ernten müssen. Aber das dauert bestimmt trotzdem bis abends. Sollen wir beide die Bäume attackieren und danach alles aufsammeln oder versuchen wir die Dinger mit den Körben einzufangen?"


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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10 | @Mary

Ebenso wie Mary nichts von dem schwelenden Zorn Nicolos mitbekam, registrierte dieser wiederum nicht im Geringsten, was bezüglich Questleitung in der jungen Frau vorgehen mochte. Wenigstens für ihn war die Sache schließlich klar. Sie waren beide Questleiter. Nicht nur, weil sie ja scheinbar gleichzeitig nach dem Zettel gegriffen hatten, sondern auch weil sie vermutlich etwa gleich alt waren. Außerdem waren sie nur zu zweit und nicht einmal in Gefahr. Wer brauchte da schon eine Leitung. Wenn sie jetzt gegen Chimären oder sowas gekämpft hätten, wäre sich Nico ganz sicher nicht zu schade irgendeinen erfahrenen Magier auf Knien darum anzuflehen den Ton anzugeben. Aber das gefährlichste hier war die Aussicht auf einen Sonnenstich. All diese Gedanken gingen Nicolo nicht durch den Kopf, während er sein Hemd wieder zuknöpfte. Vermutlich geblendet durch die kalkweiße Hühnerbrust des jungen Mannes, zog sich der ältere Olivenbauer wieder in sein Haus zurück. Statt zu denken hatte er in stummen Zorn alles abgenickt, was der ältere Mann erzählt hatte. Vielleicht war ihm soeben eine Villa aufgeschwatzt worden. Wer wusste das schon und wen interessierte es?

Mit zusammengezogenen Brauen wandte er sich schließlich in die Richtung, während das Rauschen des Zorns in seinen Ohren langsam nachließ und er plötzlich wieder mitbekam, dass man ihn ansprach. Mary drehte sich soeben wieder um. Warum auch immer sie weggeschaut hatte. Er war den älteren Herren ja nicht mal wirklich angegangen. Und würde das auch nicht tun. Sollte Mary sich mit dem Grummelbiest abgeben, bevor Nico ihn anblaffte wie eine Ziege, deren Lieblingsfelsen man grade betrat. Der junge Mann legte den Kopf in den Nacken um in den Wipfel des Olivenbaums vor ihm starren zu können. Es waren schöne Pflanzen. Die feinen Äderchen machten sie irgendwie noch lebendiger, als stünde hier ein Wesen, das sich in ein paar Momenten vom Acker machen könnte. Den Kopf wieder senkend, stellte er den Geigenkasten ab, öffnete mit einem Klacken dessen Verschlüsse. Die Bäume würden die Ernte nicht überstehen. Es war eigentlich eine Schande etwas derart Schönes zu zerstören. Aber lag im Tod nicht auch eine Art Neubeginn? Sicherlich würde man die Bäume ersetzen. Und irgendwann würden hier neue, ebenso schöne ihre leuchtenden Äste gen Himmel recken. Das hatte etwas Tröstendes.

Die Violine per Kinn am gleichnamigen Halter sichernd, legte sich Nicolos Finger um das Griffbrett des Instruments. Ein weiterer Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Die Violine bestand aus Olivenholz. Ein Produkt der Bäume wurde benutzt um sie zu vernichten. Das war wiederum eine Allegorie, die ihm gefiel. Manchmal musste das Alte Platz für das Neue machen. Das Lächeln in seinem Gesicht war kein sonderlich angenehmes, auch wenn es ebenso rasch zusammenbrach, wie es gekommen war. Scheinbar völlig konzentriert, setzte er den Bogen auf den Saiten an. Ein kurzer Probeakkord und die linke Hand des jungen Mannes griff nach den Wirbeln. "Wenn ich helfen soll, müssen wir die Oliven danach aufsammeln", murmelte er vage in Richtung Mary, unterbrochen von weiteren testenden Akkorden. Eins, zwei, drei. Sein Blick richtete sich auf den Wipfel des Olivenbaums vor ihm. "Schade, dass man sie zerstören muss. Wie hoch denkst du ist so ein Baum? Oh, und vielleicht sollten wir vorher ein wenig Lärm machen? Nicht, dass da Vögel im Baum sitzen. So gut kann ich die Reichweite nicht kontrollieren und ich möchte keine Tiere auf meinem Gewissen haben."

Mit dem Bogen tockte er gegen den Stamm des nächsten Baums. Nur langsam richtete sich sein Blick wieder auf Mary. "Oh, und bleib bitte circa sechs Meter von mir weg, wenn ich anfange. Wie gesagt...Reichweite, zu Schaden kommen und so", folgte ein weiterer Murmler in Richtung der Questpartnerin. Nicolo sog unterdessen die Luft ein. Es roch nicht wirklich nach Oliven hier. Der Boden war trocken, daher wollte sich auch kein Geruch wie in einem Wald einstellen. Stattdessen wehte von irgendwo der Geruch von Blumen herüber. Vielleicht von den Kästen der Häuser am Hang. Irgendwas stimmte noch nicht so ganz. Die Violine herunter nehmend, sie und den Bogen mit einer Hand haltend, beugte sich Nicolo runter und schnürte seine Schuhe auf. Die beiden unbequemen Lackdinger flogen in hohem Bogen an den Rand des Hains, die Socken gleich hinterher. Seine Zehen bohrten sich in die trockene, ausgemergelte Erde. Jetzt ist alles richtig. Er nickte zu Mary hinüber. "Ich bin bereit. Soll ich mir die Bäume im...öh...Nie ohne Seife waschen", unterbrach er sich um mit dem Geigenbogen in die entsprechenden Richtungen zu deuten und gleich darauf fortzufahren: "Westen. Soll ich mir die Bäume im Westen vornehmen?"


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptySa 4 März 2023 - 17:01

10 | @Nico

Unter anderen Umständen hätte Mary nun gedacht, dass Nicolo vollends den Verstand verloren hätte, als sie ihn dabei beobachtete, wie er seine Geige hervorholte und danach seine Schuhe und Socken von sich trat. Letzteres fand sie zwar noch immer seltsam, doch Ersteres wurde immerhin dadurch erklärt, dass er ja schon vor ihrem Aufbruch verkündet hatte, dass sein Instrument irgendeine tragende Rolle in der Ausübung seiner Magie spielte. Vielleicht, so dachte Mary, die ja generell erst einmal vom Besten für ihre Partner ausging, braucht er dafür auch nackte Füße. Sie hatte nun in kurzer Zeit schon einige interessante Gestalten getroffen, da war das ja eigentlich noch beinahe normal zu nennen.

Dennoch schaute sie im ersten Moment reichlich irritiert den fliegenden Schuhen hinterher, ehe sie sich auf Abstand begab. Im Kopf zählte sie die Meter, entfernte sich aber noch ein Stückchen mehr, für den Fall, dass es hier gewisse Schwankungen ob des Geländes gab. Die Füße sanken nicht sonderlich weit ein, denn der Boden war trocken und auch ein wenig staubig, so dass es recht einfach zu überquerendes Terrain war. Ein wenig zuckte sie zusammen, als er losklimperte, doch da noch nichts geschah, das sie magisch nennen würde, glubschte sie nur aus sicherer Entfernung mit ihren Apfelsaftaugen auf den Violinisten. Die schlanken Finger des Magiers, die ihr immer ein wenig wuselig erschienen waren, kamen ihr nun plötzlich viel geschickter vor. Sie wusste, dass in den Händen zumindest einigermaßen Kraft steckte, da sie ihr ja beim tödlichen Seitenstechen auf die Brücke geholfen hatten, doch nun hatte sie die Gelegenheit, sie einmal in ihrem Element zu sehen. Sie sahen aus, als gehörten sie an dieses Instrument, als wäre das, was sie sonst taten nur eine merkwürdige Zwischenstufe und das hier, das Umfassen des Griffbretts, ihre natürliche Position. Die Lichtmagierin hatte eine ihrer Hände an die gerötete Wange gehoben, um den Wind davon abzuhalten, ihr die längeren Haarsträhnen in das Gesicht zu wehen, die andere um ihre Körpermitte geschlungen. So stand sie am Rande des Kraters (?), den Nicolo wohl heraufbeschwören wollte und vergaß, dass sie eigentlich ja auch durchaus etwas für die Quest tun sollte. Zu neugierig war sie, zu befangen vom Anblick der Violine und des seltsamen Lächelns auf dem Gesicht des Musikmagiers, zu unbekannt war dessen Auslegung der Kraft, die für Mary das Leben bestimmte. Sie sah die Wolken, die über sie vorüberzogen, aber im Moment fast stehen geblieben zu sein schienen, die sanft im Wind schaukelnden Bäume, die ihre magische Ladung auf Nicolo richteten. Sie war einer von ihnen, ein schlankes Gewächs, das in den Reihen der Zuschauern verweilte, die sich durch die Brisen hier immer wieder sachte gen Nicolo neigten, als richteten sie ihre Ohren nach ihm aus. Der Wind verfing sich in Marys Rock und ließ ihn um ihre Knöchel flattern, zog an den Ärmeln und dem Saum ihrer Bluse und flatterte durch ihre Haare hindurch. Keine der Oliven löste sich, obwohl sie so vollreif aussahen, als würde nur noch ein winziger Stoß sie von einem Sturz trennen. Einen Augenblick lang schien sich die ganze Welt, alles, was Mary wahrnehmen wollte, auf die Hand Nicolos und den Geigenbogen darin zu beschränken.

Mary konnte sich nicht ausmalen, welche Art von Macht er wohl beschwören würde, wie er das Spiel eines Instruments mit der Zerstörung eines Baumes in Verbindung bringen wollte und wie er mit solcher Selbstsicherheit nicht an der Macht seiner Zauber zweifeln konnte, sondern sie sogar noch warnte, ihm nicht zu nahe zu kommen. Sie hatte keine Vorstellung, war ohnehin eine recht unkreative Seele, aber sie bewegte sich auch nicht vom Fleck, obwohl die Rucksackriemen an ihren Schultern zogen und die nicht-westlichen Bäume lockten, sie solle sich auf dieser Quest doch bitte auch nützlich machen.


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptySa 4 März 2023 - 18:19

11 | @Mary

Die Schweigsamkeit seines Gegenüber nahm Nicolo als stummes Einverständnis. Aus dunkelbrauen Augen verfolgte er den Rückzug Marys und vollführte ein kleines, beinahe unmerkliches Nicken, als sie die fünf Meter überschritt. Seine Eltern hatten immer gesagt, dass Musik Berge bewegen, Ozeane überspannen und Wüsten blühen lassen konnte. Dass die Musik die universelle Sprache war, die die Leute zusammen brachte oder sie wieder auseinander bringen konnte. Dass die Musik der Schlüssel war. Wie Recht sie doch gehabt hatten, ohne dabei das Richtige zu meinen. Nicolo ließ die Augenlider müde herabsinken. Ruhe kehrte in seine Glieder ein, während er die Zehen in den Boden grub. Hart, trocken, warm. Die schlanken Finger legten sich auf die Saiten, der Geigenbogen legte sich sanft, beinahe zärtlich über dem Corpus der Violine ebenfalls darauf. Er sperrte die Ohren auf. Der Wind fuhr durch die Blätter weiter oben, ließ sie rauschen. Irgendwo in der Ferne zwitscherte ein Vogel in seinem ganz eigenen Takt. Richtig, die Vögel. Er musste noch dafür sorgen, dass er kein Tierchen mit erwischte. Er atmete tief durch.

Die vorher beschworene Ruhe entlud sich, als Nicolo den Bogen über die Saiten zog und sie in Schwingung versetzte. Ein explosiver Auftakt, dem sich ein leiserer, ruhiger Akkord anschloss. Der Bogen tanzte in seiner Hand herum und tockte ein paar Mal gegen den Körper der Violine, bevor er schon wieder nach oben schoss und den ersten Akkorden weitere hinzu fügte. Erst nach dem zweiten, lauteren Akkord begann Nicolo damit das Mana in die Musik zu leiten. Das sollte ausreichend Zeit gewesen sein für eventuelles Kleingetier das Weite zu suchen und dort hoffentlich zu bleiben. Ein letzter, prüfender Blick nach oben in das Geäst des Baums. Aber er sah auch keine Nester. ♫Die Saiten der Violine begannen rötlich zu glühen. Farbe und Glühen lösten sich ab, formten sich über dem Magier zu einem Notenzeichen, das unheilverkündend rot-orange leuchtete und pulsierte. Mit dem letzten Ton des bislang lautesten Akkords formten sich Risse darin, die sich ausweiteten, bis die Note zersprang. Splitter rasten davon, fetzten die Oliven von den Ästen und die dünneren Äste gleich mit weg.♫ Der Stamm und die dickeren Äste blieben davon zwar fast gänzlich unberührt, aber um Nicolo herum regnete es Oliven und Äste.

Die Zerstörung, die Splitterchen und Oliven, die auf ihm landeten, nicht beachtend, tänzelte Nicolo bereits weiter zum nächsten Baum. Ein Stück, das einmal begonnen worden war, wollte beendet werden. Die Musik hatte da ihr ganz eigenes Leben. Geburt, Leben und Abgesang schlossen sich in nur wenigen Minuten aneinander an. Und wenn die Musik einmal floß, war sie nicht mehr aufzuhalten. Dann wollte sie gespielt werden, wollte nach draußen in die Welt. Ganz und gar gefangen in seinem eigenen Stück kam Nicolo schon wieder zum Stehen. Der nächste Baum musste seine olivenschweren Zweige hergeben. Dieses Mal wurde die Rinde des Baum statt dem Körper der Violine genutzt um das taktangebende Tocken per Geigenbogen durchzuführen. Und wieder löste sich die Endnote des Akkords von den Saiten ab, schwebte empor wie ein Warnzeichen, bevor sie in einem Splitterregen zerbarst. Der Übergang von Baum zu Baum lief fließend. Das Stück hatte seine ruhigen Phasen zwischen den explosiven Akkorden, immer wieder unterbrochen vom taktangebenden Tocken. In diesen ruhigeren Phasen tänzelte Nico zwischen den Bäumen im Westen umher, die nacheinander, aber in gleichmäßigem Rhythmus ihre Last abzuwerfen gezwungen wurden. Für andere mochte es etwas harmonisches haben, wie die Bäume zur Musik ihre Fracht abwarfen. Eine makabre Schönheit, für die Nicolo derzeit weder Augen noch Ohren hatte. Ebenso wenig wie für die Splitter, die sich beim Herumtänzeln zwischen den Bäumen in seine nackten Füße bohrten. Selbst schuld, mochten da die einen sagen. Und vermutlich hatten sie Recht.

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Zuletzt von Nico am So 5 März 2023 - 15:08 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptySo 5 März 2023 - 14:38

11 | @Nico  

Dieser junge Mann war schon eine Klasse für sich. Da faselte er vor ihrem Aufbruch etwas davon, dass dies hier seine erste Quest war und er entsprechend nervös war, hüpfte herum wie ein hyperaktives Flummi, dem jemand einen Kohlestift in die Finger gedrückt hatte und wenn es dann auf eine Demonstration seines Könnens ankam, präsentierte er Mary … das.

Im Moment waren die Augen der Baumgardner wahrscheinlich ganz schön kugelig, aber sie merkte nichts davon. Ihr Blick lag auf den sanften Bewegungen des Geigenbogens, flog von Baum zu Baum und verfolgte die regnenden Oliven jedes Mal, wenn die Note über Nicolos Kopf anschwoll, um sich in viele kleine Splitter zu entladen. Dort, wo sie die Früchte berührten, verpufften sie einfach, doch die Bäume an sich wirkten auf eine unnatürliche Art spröde gegen den Einsatz von Mana. Zumindest einige Sekunden lang redete sich Mary ein, dass sie hier ja eigentlich nur aufpasste, dass ihr chaotischer Questpartner keinen Unsinn trieb, doch spätestens nach dem zweiten Baum musste sie auch vor sich selbst zugeben, dass sie einfach nur am Gaffen war.

Es lag tatsächlich nicht – also nicht nur – an Nicolos beeindruckendem Magieausleger, dass sie so reagierte. Bis auf sehr wenige Gelegenheiten war Mary außerhalb ihrer eigenen, weniger reißerischen Art, Mana zu kanalisieren, noch nicht in den Genuss gekommen, andere Magier bei der Ausübung ihrer Kraft zu beobachten. Alles, was sie über diese so bewunderte Macht wusste, hatte sie schließlich aus einem abgegriffenen Buch gelernt und geheim in ihrem Zimmer oder draußen auf dem Feld erprobt, nicht unähnlich der Darbietung des Violinisten. Nur flogen bei ihr keine Noten durch die Gegend und es klang auch nicht so … schön. Es war nicht unbedingt das Musikstück, das Mary fesselte, denn als Gildenmitglied von Satyrs Cornucopia hatte sie schon diverse Musiker gehört, die an allen möglichen Orten ihr Handwerk übten und verfeinerten, sondern die Art, wie ihr Questpartner dabei die Augen schloss. Wie die Geige ein Teil von ihm zu sein schien, wie das Mana aus seinem Körper über die Saiten strich, die Noten aus ihm selbst zu stammen schienen, und wie er durch den Olivenhain tanzte, als gäbe es keine Sorgen auf dieser Welt, möge man doch nur seinem Violinenspiel lauschen und sich ihm anschließen. Mary bewegte sich nicht, eingefroren von der bizarren Schönheit dieses Schauspiels, vom Tocken des Geigenbogens und von den prasselnden Oliven, die für sie beinahe wie tosender Applaus klangen. Es kostete ihre gesamte Willenskraft, sich von ihm abzuwenden, sich in die geröteten Wangen zu kneifen und ihren Blick auf die andere Seite der Parzelle zu richten.

Die Lichtmagierin konnte nichts, was gegen diese Darbietung anstinken konnte, aber sie hatte auch gar nicht vor, es zu versuchen. Jeder war auf seine Art einzigartig, und sie liebte die Magie, die sie beherrschte, auch wenn sie bezweifelte, dass sie in anderen solche Gefühle wecken konnte. Plötzlich verstand sie, wieso Nicolo so viel redete, ihr so vergnügt und selbstbewusst erschien, denn neben seinen offenkundigen magischen Fähigkeiten war er auch ein wirklich guter Violinenspieler. Solches Talent hatte Mary nicht aufzuweisen, denn nahm man ihr die Magie weg, war die Bauerstochter doch ziemlich gewöhnlich. Vielleicht war es deshalb umso wichtiger für sie, Mana in zwei Finger zu konzentrieren und die Hand gegen einem der Bäume zu heben, die, wie sie ja jetzt von Nicolos Notenschrapnellen wusste, recht brüchig gegen Magie waren. Mit leicht zusammengekniffenen Augen maß sie die Breite des Stammes ab und platzierte sich, beziehungsweise ihren Körper, so, dass sie in möglichst gerader Linie zu einer Reihe von Bäumen stand. Ihr Ziel war nicht der Stamm an sich, auch nicht die dünneren Äste, die Nico attackiert hatte, sondern der Übergang zwischen Baumkrone und Stamm und die dort befindlichen, kristallinen Adern. Da sie nicht gerade zu den hochaufragendsten Gewächsen Südfiores gehörte, musste dabei einen der großen Körbe umdrehen und hochklettern. Kurz überprüfte sie durch leichtes Wackeln, dass er nicht direkt umkippen würde, dann hob sie die zwei Finger wieder, in denen es leicht zu glimmen begann. Es sah ein wenig aus, wie wenn man mit den Fingern über das Licht einer Taschenlampe fuhr, nur kam die leichte Durchsichtigkeit und das Glühen nicht von außen, sondern von innen. Noch einmal zielte sie, dann entlud sich mit einem Mal ein Lichtstrahl, ein Light Beam, aus den Fingern, der in einer perfekt geraden Linie (es war, nun, Licht) fünfzehn Meter von ihr davonschoss. Mary wusste, dass dieser Strahl keine sonderlich hohe Durschschlagskraft besaß, doch sie rechnete damit, dass die Magieaffinität dieser Bäume ihr dabei helfen würden, womit sie auch Recht behielt.

Der erste Baum schien zu ächzen, als der Strahl aus den Fingerspitzen brach und gegen den Punkt schlug, den sie anvisiert hatte, doch als die Rinde von dem Zauber getroffen wurde, verhielt sie sich gar so, als hätte Mary mit einem heißen Messer durch Butter geschossen. Sie schmolz zu den Seiten des Strahls davon und verursachte ein zentrales Loch im Baum, ließ damit das Lichtgeschoss hindurch. Somit wiederholte sich in der Länge der kleinen Parzelle dieser Trick, und als der Spuk vorbei war, glubschte Mary recht ungläubig auf ihren Finger und sah dabei vermutlich aus wie ein Cowboy aus dem Western, der gleich auf den Lauf seiner Pistole pustete. Na ja, Kühe hatte sie auch schon gehütet, aber davon ab gab es wohl nicht so viele Gemeinsamkeiten.

Entschlossen riss sie die Hand erneut in die Höhe und begann, zum zweiten Mal denselben Zauber zu weben, zielte diesmal jedoch ein kleines Stück weiter nach links und schrägte die Finger auch dezent an. Wer nämlich schon einmal dabei war, wie ein Baum geschlagen wurde, der wusste, dass man am besten ein Dreieck ausstanzte, denn dann brauchte es am Ende nur einen kleinen Schubser, um das Werk zu vollenden. Als Mary also zum dritten Mal ihren Zauber auf die somit entstandene, dünne Übergangsschwelle anwand, machte sie sich nicht nur mit ihrem magischen Talent, sondern auch mit ihrem rudimentären Wissen über Physik nützlich. Leider hatte sie dies nicht aus Lehrbüchern, sondern von ihrem Vater und Großvater, die eben manchmal einen Obstbaum fällen gemusst hatten oder zum Feuerholz besorgen gestiefelt waren. Marys Rolle bei der ganzen Sache bezog sich zwar meist eher auf das Aufsammeln von Fallobst und dem Reiten auf dem Holzschlitten, doch sie war ja durchaus eine gute Beobachterin.

Leise keuchend ließ die Baumgardner, die den dreifachen Einsatz eines Klasse I Zaubers leider durchaus an ihrem bescheidenem Manavorrat spürte, die Hand in dem Moment sinken, als ein Bersten und Knacken sich durch den Olivenhain zog und fünfzehn Meter morsche Olivenbäume sich mit Übergewicht von ihren Baumkronen trennten. Als die magische Energie des Baumes die Früchte nicht mehr mit dem Rest verband, lösten sie sich einfach und polterten wie bei einem Regenmacher, was ja auch irgendwo ein Instrument war, zu Boden.

Nach dieser getaner Pflicht kehrte Mary zu Nicolo zurück, dabei darauf achtend, nicht zu viele von den kostbaren Oliven zu zertreten und fragte sich gleichzeitig, wie sie die jemals alle aufheben sollten. Beim Blick auf den Boden fielen ihr außerdem einige seltsame rote Spuren auf, die ihre Augen zu noch größeren Kugeln machten als zuvor, als ihr Questpartner seine Künste bewiesen hatte. In einer Art Kurzschlussreaktion, die eigentlich nicht zur eher besonnenen Mary passte, brach sie wie ein Wildschwein durch das Unterholz der Olivenbäume in die Reichweite von Nicolos Zauber und streckte den Arm aus, um seinen Arm zu greifen. „Nico!“, rief sie aus, in der Hoffnung, dass ihre Stimme gegen die Akkorde ankam. „Deine Füße!“

Hoffentlich bekam sie nicht gleich aus erster Hand zu spüren, wie sich diese Note anfühlte …

Zauber & Manavorrat:


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptySo 5 März 2023 - 15:39

12 | @Mary

Während musikalisches und leuchtendes Spektakel den Olivenhain zum Schauplatz einer sehr seltsamen Rave-Party machten, zu der vermutlich nur die wenigsten und exzentrischsten Party-Fans jemals gekommen wären, tänzelte Nico weiter umher wie ein junges Rehkitz. Musik und Mana flossen durch ihn hindurch und hatten ein komplettes Eigenleben entwickelt, wobei er spürte, dass das Musikstück sich bald seinem Ende nähern würde. Nichts konnte ewig währen. Und ein Musikstück ohne Ende war...falsch. Es waren die letzten Noten, der letzte Akkord, der noch einmal die Gelegenheit gab alles heraus zu holen, das Stück und dessen Stimmung auf ein einzelnen, diamantenen, funkelnden Punkt zu bringen. Während die letzte Note über ihm in einer splittrigen Corona verging, setzte Nico den Bogen ein letztes Mal an. Der Finalakkord griff das Thema der vorherigen, explosiven und für Play it loud verwendeten auf, sponn es weiter, bevor mit einem letzten Tocken von Geigenbogen gegen Geigenkasten plötzlich Ruhe einkehrte.

Zumindest wäre dem so gewesen, wenn nicht jemand besorgt gerufen hätte. Mit verklärten Gesichtsausdruck und noch reichlich entrückt, schnappten Nicos Augen auf. Irgendwer hatte ihn am Arm gepackt und irgendwas gerufen, was er nicht hatte verstehen können. Und überhaupt, wieso machte sich irgendwer Sorgen um ihn? Das war ungewohnt. Besorgnis trat nur auf, wenn seine Schulnoten im Fach Musik sich der Zweiermarke annäherten. Davon ab gab es bestenfalls harte Worte, wenn die Finger von den metallenen Saiten geschunden waren und er nicht weiter spielen wollte. Schmerz ist ein guter Lehrmeister, wie? Apropos Schmerz. Warum fühlten sich seine Füße an als wäre er damit quer durch einen Porzellanladen getanzt der vorher von einem besonders ungeschickten Elefanten heimgesucht worden war? Wohl noch immer nicht ganz bei sich selbst schaute Nico in Marys untertassengroße, weit aufgerissene Augen. Sie war also die besorgte Person hier. Er schenkte der jungen Frau ein beruhigendes Lächeln, bevor sein Blick nach unten wanderte. Nicht an Mary hinunter, sondern in Richtung der eigenen Füße. Der erste Schmerzensausdruck klang reichlich fragend: "Au?"

Wie ein Gartenstuhl klappte Nico zusammen, wobei er Geige und -bogen behütend vor der Brust barg, damit sie auch ja keinen Stoß abbekamen. Wenn die Geige hin war, konnte er die gesamte Laufbahn als Magier vergessen, bis er sich eine neue vom Mund abgespart hatte. Und die Neue käme nicht einmal im Ansatz an dieser hier heran. Ungläubig betrachtete er seine eigenen, zerschundenen Füße, legt die Geige vorsichtig auf ein Bett aus Splittern. Ja, natürlich, was hatte er sich auch dabei gedacht? Verbundenheit mit der Natur und Inspiration in allen Ehren, aber Bäume zu zerstören und danach durch den Splitterregen zu tanzen war halt eine wirklich unsagbar dumme, grenzdebile und hohle Idee. Warum hatte er nicht einfach die verfluchten Schuhe anlassen können? Warum dachte er Sachen nie bis zum Ende durch? Dann wäre ihm das doch sicher aufgefallen. Während er spüren konnte, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten, starrte er zu Mary hinüber, lächelte entschuldigend.
"Warum bin ich ein Idiot, Mary?", ertönte auch gleich in leidendem Tonfall die Frage, die ihn grade am meisten beschäftigte. Seine Hände wanderten hoch, damit er sich mit dem Knöcheln gegen den eigenen Hohlkopf hauen konnte. Vielleicht taugte sein Schädel wenigstens als Klangkörper, wenn schon nicht zum Denken.

Ein flüchtiger Blick fing die Umgebung ein. Der Hain war schon deutlich dezimiert worden. Und die sauber gefällten Bäume waren definitiv nicht sein Werk, sonst hätte er das Problem mit den höllisch schmerzenden Füßen nicht. Den Kopf zwischen den Knien bergend, brachte er ein leises "Gute Arbeit mit den Bäumen" hervor, bevor er den Kopf schüttelte wie ein Hund. Einfach die Tränen an der eigenen Hose abwischen, dann sah es keiner. Die Hände streckten sich nach vorne aus, um die elendige Arbeit zu beginnen die Splitter aus seinen Füßen zu puhlen. Das würde noch tagelang weh tun. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Vor dem Spielen hatte es sich richtig angefühlt die Schuhe loszuwerden. Man musste doch immer voll und ganz dabei sein. Das Gesicht immer noch in die eigenen Beine gedrückt, murmelte er vage in Richtung Mary eine Frage hervor. Eine Frage von derzeit essentieller Wichtigkeit.
"Du hast nicht zufällig Wundsalbe dabei, oder?"


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptySo 5 März 2023 - 16:30

12 | @Nico

Als Nicolo vor ihr zu Boden sank, folgte Mary direkt, die Hand noch immer auf den schlanken Arm ihres Questpartners gelegt. Mit großen Augen schaute sie ihn an, den Mund vor Verwunderung und Verwirrung leicht geöffnet. Ein paar der Splitter pieksten sie, allerdings ohne größeren Schaden anzurichten, in die Knie, und die weißen Strümpfe wurden dabei ziemlich dreckig, da sie sicherlich auch in gemeinsamer Arbeit ein paar Oliven zermatschten, aber das war dem Mädchen gerade egal. Ihr Blick lag gebannt auf dem schmerzgeplagten Gesicht ihres Questpartners und ihre Gedanken zirkulierten darum, wie sie die Tränen, die in seinen Augenwinkeln aufgetaucht waren, stoppen konnte. Sie kannte diesen Typen gar nicht wirklich, aber sie wusste mit unumstößlicher Sicherheit, dass sie nicht wollte, dass er traurig oder verletzt war. Dieser junge Mann, der in einem Anfall von Blödheit durch Baumsplitter getanzt war und den Boden mit seinem Blut bespritzt hatte, ohne es zu merken, wirkte mit einem Mal nicht mehr wie ein Ehrfurcht gebietender Künstler, sondern wie ein empfindliches, kleines Wesen. Wie ein Singvogel, der sich seiner hohlen Knochen nicht bewusst gewesen war, bevor er laut trällernd gegen eine Fensterscheibe geklatscht war.

Mary beobachtete ihn dabei, wie er sich gegen den Kopf tockte und sie fragte, wieso er so dumm war. Das bist du nicht, wollte sie sofort sagen, hielt sich aber zurück, denn … Na ja, eigentlich war er das. Niemand vergaß sich so vollkommen in seiner Magie, dass er sich derweil wehtat, niemand ignorierte Schmerzen für Schönheit, niemand war so dämlich … außer ihm, offensichtlich. Statt ihm aber eine über die Rübe zu ziehen, weil er hier vermutlich ihre eigentlich recht simple Quest unnötig verzögert hatte, drückte sie die Lippen aufeinander. Sie hätte ihn warnen müssen, das Entfernen seiner Schuhe kommentieren, ihm sagen, dass es eine dumme Idee war, hier barfuß herumzutanzen, aber sie hatte es nicht getan, weil er so … Er lobte sie und verbarg dann den Kopf in den Beinen, ein Häufchen Elend. Wie hätte sie ihn denn belehren können, wenn er so aussah wie einer ihrer kleinen Brüder, der sich das Knie aufgeschlagen hatte? Mary hatte keine Kinderpflaster dabei, aber sie fasste dennoch einen Entschluss. Hier hatte sich niemand runterzuspielen, vor allem nicht, wenn die feindliche Stimme scheinbar aus Nicolos eigenem Kopf zu stammen schien. Natürlich war er recht kurzsichtig gewesen, aber im Grunde genommen war es doch bewundernswert, sich seiner Kunst so sehr zu verschreiben, dass man einfach vergaß, dass an der Geige noch ein lebendes (und blutendes) Individuum hing. Er durfte das nicht bereuen, er musste diesen Funken pflegen, dieses kleine Lichtlein, das in ihm brannte. Es war das, was sie selbst nicht hatte. Ein Talent, ein Fokus, etwas, was sie besonders gemacht hätte. Es war egoistisch von Nicolo, ihr erst soetwas zu zeigen und es dann so herunterzureden, ihr die Möglichkeit vorzuenthalten, sich an diesem Anblick zu wärmen! Wenn er nicht auf sich aufpassen konnte, dann würde sie das eben machen. Das war gar kein Problem, dafür war man ja schließlich zu zweit, oder nicht?

Die Frage mit der Wundsalbe ignorierte Mary, ließ seinen Arm los und nahm den Rucksack ab. Zum ersten Mal glotzte sie nicht mehr besorgt und mit großen Augen in sein Gesicht, in die braunen Augen und zuletzt auf den gesenkten Lockenschopf, sondern sah sich das Malheur an den Füßen an. Einige der Splitter steckten tief in den Füßen, andere hatten eher oberflächliche Wunden verursacht. Im Großen und Ganzen war das nichts, was Nicolo das Leben kosten würde, aber es tat ganz bestimmt höllisch weh, zumal ihr Gegenüber ziemlich empfindlich wirkte. Als er seine Hand ausstreckte, um ohne wirklich hinzusehen an den Wunden herumzufummeln, fischte sie diese energisch aus der Luft und umfasste die schlanken Finger mit ihren eigenen, die ihr im Vergleich wie kleine, braungebrannte Würstchen vorkamen. Ihr Griff war sanft, anders als der, den sie genutzt hatte, um sich von den Händen auf die Brücke helfen zu lassen. Sie drückte die Hand leicht, als wollte sie sich vergewissern, dass das wirklich eine Hand war, nicht irgendein komisches Konstrukt aus Mana, das einem Instrument solche Töne entlocken konnte. Aber in ihren warmen Händen kam ihr der Griffel fast schon fragil vor, so leicht zu zerbrechen wie die Saiten der Geige, die wieder im Koffer schlummerte. Hätte Nico doch nur seinen Körper ähnlich bewahrt wie dieses Musikinstrument, hätten sie nun das Problem nicht. Die andere Hand grabschte sie, fast hektisch, auch noch, um sie kurz in einem Gefängnis der eigenen Patscher zu behalten. Goldene Augen schienen sich in die Stirn ihres Gegenübers zu bohren, als wollten sie ihm ein Loch dort hineinstanzen, vielleicht, damit endlich etwas gesunder Menschenverstand hineinflattern konnte. Aber statt ihn zusammenzufalten, erklang ihre Stimme mit einem sachten Lächeln und Vorsicht in der verbalen Entsprechung einer weichen Decke, die dem Violinisten um die Schultern geworfen wurde. „Das war sehr schön.“

Sie ließ die Hände los, öffnete ihren Rucksack und holte zunächst eine metallische Wasserflasche hervor. Ohne große Scheu oder Duldung von Widerstand übergoss sie die geschundenen Füße mit der klaren Flüssigkeit, um den Dreck, das Blut und die kleineren Splitter abzuwaschen. Dabei ging sie äußerst gründlich vor, denn sie wollte nicht, dass sich am Ende etwas entzündete. Erst danach ließ sie sich auf den Hintern fallen, die Knie zusammengenommen und der graue Rock um sie herum leicht bauschend. Als sie nach Nicolos Wade griff, bekam sie etwas von dem Dreck auf ihre weiße Bluse, aber sie achtete gar nicht wirklich darauf, sondern schürzte nachdenklich die Lippen und besah sich die Füße, die hoffentlich nach der Waschung nicht noch müffelten. „Leider nicht, aber wir bekommen das schon hin. Erst einmal holen wir diese Splitter aus deinen Füßen raus, dann dich aus den Splittern. Hier.“ Sie zog ein geblümtes (unbenutztes) Stofftaschentuch aus ihrer Rocktasche und reichte es ihrem Questpartner, erwähnte aber nicht, ob er sich schnäuzen, seine Tränen trocknen oder hineinbeißen sollte. Vielleicht alles auf einmal in einer nicht ganz so widerlichen Reihenfolge?

Mary jedenfalls fuhr die schlanken Füße entlang, um zu testen, ob Nicolo irgendwie abartig kitzelig war, ehe sie sehr vorsichtig begann, die Splitter, die nicht vom Wasser weggewaschen worden waren, aus der Sohle des Fußes zu lösen, den sie sich in den Schoß gezogen hatte. Sie wurden weit weg geschleudert, damit sich diese tückischen, kleinen Dolche nicht direkt wieder in irgendwelche Füße bohren konnten. Dabei ging sie konzentriert vor, ohne zwischendurch aufzusehen, würde aber sich wegziehende Füße recht energisch am Fußgelenk festhalten. Unter normalen Umständen hätte sie sicherlich nicht einfach so an den Füßen ihres beinahe fremden Partners herumgetatscht, da sie durchaus ein starker Vertreter von persönlicher Komfortzone war, aber gerade gab es für sie keine wirkliche Alternative. Er hatte sich wehgetan, also musste sie etwas dagegen tun. Er sollte wieder lächeln, dieser Idiot … „Gib mir mal deine Bandagen.“

Dieser talentierte, hohle, interessante, kurzsichtige, weinende, beeindruckende Idiot.


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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13 | @Mary

Ohne einen Mucks, sich ganz und gar im Selbstmitleid ergehend, ließ Nicolo seine Hände einfangen. Sehen konnte er nach wie vor nichts, da sein Gesicht immer noch in die eigenen Beine gedrückt war. Mary hatte einen erstaunlich festen Griff, wie sie ihn da mit sanfter Gewalt davon abhielt die Situation noch schlimmer zu machen. Wobei, gegen ihn hatte vermutlich alles, inklusive einer sich festhaltenden Feldmaus, einen festen Griff. So oder so war es nett einmal versorgt zu werden, statt das selbst machen zu müssen. Wenn er das tat, wollten die Wunden nie so recht heilen oder die Bandagen fielen ab oder er verschlimmerte es nur weiter. Seine Füße zuckten, als sie mit Wasser überschüttet wurden. Wusste sie, was sie da tat? Aber wer war er schon das in Frage zu stellen? Sie hatte auf jeden Fall mehr Ahnung von Wundversorgung als er, der sich bislang ganze drei Mal im Leben geprügelt hatte. Und einmal hatte er sogar einen Treffer gelandet, jaha! Was ganz schön weh getan hatte, als sich heraus stellte, dass Menschenknochen verdammt hart sein konnten.

Als Nico dann irgendwann, unterbrochen durch leise Schniefer, doch einmal den Kopf hob, wurde er von dem willkommenen Anblick eines Taschentuchs begrüßt. Es waren kleine Blümchen darauf. Eigentlich war es schon fast zu schade um benutzt zu werden. Aber er trocknete sich trotzdem die Augen damit. "Danke", brachte er kleinlaut hervor, während sie an seinen Füßen herumdoktorte. Immer wieder verzog er das Gesicht, als ein weiterer Splitter aus dem weichen Fleisch der Fußsohle gezogen und davon geschleudert wurde. Und am Ende trötete er doch in das Taschentuch, das irgendwie nach Blumen roch. Wie auch immer sie das hinbekommen hatte. Mit einem angewiderten Ausdruck starrte Nico das leider sehr deutlich benutzte Taschentuch an. "Das...ich wasche das. Du bekommst es sauber zurück. Versprochen", murmelte Nico in Richtung Mary, während er das feuchte Ding vorsichtig zusammen faltete und es in eine eigene Innentasche der Umhängetasche verbannte. Es durfte nicht mit dem Rest des Inhalts in Kontakt kommen, sonst machte es am Ende noch das Bild kaputt oder schmierte sich selbst mit Kohlenstaub voll. Im Gegenzug durfte dafür die Mullschnecke von vorher das Licht der Welt erblicken, als sie Mary angereicht wurde.
"Hier. Sollte sogar einigermaßen sauber sein. Sonst kann ich auch die vom anderen Arm abwickeln. Dir hat das Lied gefallen?", hakte er mit skeptischem Tonfall nach.

Den Kopf schief gelegt, betrachtete er Mary bei ihrer Arbeit. Die Bewegungen der jungen Frau wirkten als hätte sie schon tausendmal Leuten Splitter aus den Füßen gezogen. Auf jeden Fall konnte das kaum das erste Mal sein, dass sie sowas machte. Wie sie da mit gesenktem Kopf saß, während ihre Haare Feuer im Licht der Sonne fingen, hatte das schon etwas künstlerisches für sich. Ob sie Hobbies hatte? Vielleicht stickte sie gerne und konnte deswegen sehr gut Nadeln aus Dingen entfernen? Wobei man beim Sticken den Stoff doch durchstieß, oder? Ein Schicksal, das seinen Füßen hoffentlich erspart bleiben würde. Er brauchte die geschundenen Dinger noch für den Rückweg. Warum gab es hier eigentlich keinen Bahnhof?
"Du kannst das sehr gut. Tut schon viel weniger weh. Der eine Fuß zumindest. Wieso kannst du das so gut? Kann man das lernen?", sprudelte es schon wieder aus Nico hervor, dessen Laune sich - typisch - in ebenso kurzer Zeit wieder verbessert hatte, wie sie vorher ins Bodenlose abgerutscht war. Eigentlich wusste er kaum etwas über sie, außer ihren Namen, ihre Magie und dass sie sich scheinbar gerne um andere kümmerte. Das sollte man mal ändern. Und das meinte er nicht nur, weil er ohne sie bis in die Stadt hätte humpeln müssen.

"Jetzt muss ich aber wirklich dich einladen. Magst du Tee und Gebäck? Wir finden sicher irgendwas in Ardea, was dir gefällt", blubberte er weiter, während der eine Fuß bereits nach Sonnentrocknung in eine Schicht aus Mull verpackt wurde. Mal sehen, wie das mit dem Rückweg gehen würde. Vielleicht gab es hier auch eine Apotheke oder sowas. Zur Not würde er sich irgendwo einen Unterschlupf für die Nacht suchen. Und wenn es der Heuboden irgendeiner Scheune war. Irgendwer würde sich bestimmt erbarmen und ihn übernachten lassen. Vielleicht im Gegenzug für ein wenig Musik oder sowas.
"Entschuldige, dass ich uns wieder Zeit koste. Manchmal geht der Übermut mit mir durch."Schweigend begann er damit die andere Mullbahn vom Arm abzuwickeln und auch an Mary weiter zu reichen.
"Wo sind meine Schuhe hin?"


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptySo 5 März 2023 - 23:45

13 | @Nico

Mary machte sich keine Sorgen um ihr Taschentuch, immerhin war das ein Gebrauchsgegenstand. Bestimmt gab es junge Damen, die solche Tüchlein höchstens zum Winken benutzten, aber ihre Nase hatte da auch schon Trompete drin gespielt, so war es nicht … Nur natürlich nicht gerade, denn als sie es Nico gegeben hatte, war das Tuch schon wirklich sauber gewesen. Alles andere war auch dezent eklig. Sie reagierte nur mit einem leichten Nicken, als dieser sagte, er würde das Ding für sie waschen. Nicht, weil sie ihn abspeisen wollte, sondern, weil die Entfernung der Splitter einige Momente lang alle Konzentration erforderte, die das Mädchen aufbringen konnte. Zum Glück war die Sonne noch immer recht hoch am Himmel und spendete günstiges Licht, so dass sie den Fuß nur ein bisschen wenden musste, um das Sohlenprofil zu studieren. Als sie glaubte, dass sie alle Splitter entfernt hatte, blickte sie kurz auf, lächelte sachte und ließ sich die Bandage geben, die sie fest, aber nicht abschnürend um den Fuß wickelte, damit wenigstens die gröbsten Wunden bedeckt waren. Sicher würde es dennoch unangenehm sein, zu viele Schritte mit den geschundenen Füßen zu tun, aber wenigstens kamen jetzt keine Erde und kein Dreck mehr hinein, so dass sich das Risiko auf so etwas wie eine Blutvergiftung doch rapide verringerte.

Nicolos skeptischer Tonfall brachte Mary, die sich gerade den zweiten Fuß angeln wollte, wieder zum Aufschauen. Einen Moment lang hielten goldene Augen Blickkontakt zu dunkelbraunen, die Augenbrauen hoben sich. Hatte sie gestottert? Klar hatte es ihr gefallen. Wenn Nico dabei nicht selbst die Augen geschlossen hätte, dann hätte er sie vielleicht dämlich gaffen sehen, aber da er scheinbar nichts davon bemerkt hatte, schürzte sie nur peinlich berührt die Lippen und beschloss, den Mantel des Schweigens über etwaige entrücktes Geglubsche zu hüllen, das am Ende nur für Egokapriolen gesorgt hätte. „Klar.“

Da das aber ebenso eine Antwort auf seine Nachfrage sein konnte, ob man das Versorgen von Wunden lernen konnte – eh, ja, es gab Ärzte, die machten das professoniell? – war sie doch gezwungen, beim Splitterziehen in Fuß Zwei ab und zu aufzuschauen, um nicht direkt mit den Zehen zu sprechen, die nun leider nicht Nicolos im wahrsten Sinne des Wortes ansprechendstes Körperteil waren. „Ich habe zwei jüngere Brüder, die gerne Unsinn machen und eine Menge Schmiede in der Familie.“ Das war die Erklärung, die es gab und die vermutlich auch reichen dürfte. Sowohl beim Herumtollen auf einer Farm als auch bei einem Handwerk, dessen Rohstoffe glühende Metalle umfassten, konnte schließlich einiges passieren. Und so zufrieden war Mary mit ihrem Werk nun auch nicht, denn das nächste Mal, wenn sie hier eine Quest zusammen machten, würde sie auf jeden Fall daran denken, Wundsalbe einzupacken. Das hieß, wenn Nicolo sich vorstellen konnte, dass es noch eine Quest gab, die sie absolvieren könnten. Vielleicht hatte er ja jetzt genug, immerhin hatten die Oliven ja Blutzoll gefordert …

„Uhm, sicher mag ich Gebäck, aber du musst wirklich nicht … ich meine … das ist doch klar“, stammelte Mary herum, denn sie offerierte diese Wundversorgung ja nicht mit Blick auf eine Gegenleistung, vor allem nicht, wenn ihr Partner doch eigentlich sehr knapp bei Kasse zu sein schien. Schnell wandte sie den Blick wider ab. „Und das ist schon gut, bringt ja nichts, sich für Sachen zu grämen, die passiert sind. Wir machen jetzt einfach das Beste draus.“ Nachdem auch der zweite Fuß von Splittern befreit und eingewickelt war, setzte Mary diese vorsichtig auf dem weichen Boden ab, den sie zuvor von Splittern freigewischt hatte und stand auf, sich den Rock und die Bluse abklopfend. Es befanden sich noch immer einige Erdflecken auf ihrer Kleidug, aber das war eben Berufsrisiko. Die konnten ebenso gewaschen werden wie ihr Taschentuch, das momentan in Nicolos Verwahrung war.

„Warte hier“, befahl das Mädchen, als bestünde Gefahr, dass ihr Questpartner gleich wieder herumhüpfte wie ein Flummi und machte sich auf die Suche nach den Lackschuhen. Die waren recht einfach zu finden, einer der Socken ebenfalls, der an einem Ast hing, aber der zweite war wohl als Tribut an die Olivengeister draufgegangen, denn obwohl sie suchte, fand sie ihn nirgendwo. Wenn Nicolo also nicht darauf saß, dann war er nun Teil der Natur. Vorsichtig über die Oliven laufend, um möglichst wenige in Mitleidenschaft zu ziehen, apportierte Mary damit Nicolos Schuhwerk und überließ ihn eigenmächtiger Ankleidungen. Sie selbst schleppte ein paar der großen Erntekörbe heran, die sie links und rechts des Violinisten platzierte. „Klaub doch du die Oliven hier rein, dann musst du dich möglichst wenig bewegen. Und ich kümmere mich um die letzte Baumreihe.“ Das würde zwar noch etwas Zeit in Anspruch nehmen, vor allem das Aufsammeln der gefallenen Früchte in der Hitze, aber immerhin stand ein Ende in Sicht.

Und Gebäck. Wenn sie denn auf diese Einladung einging.


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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14 | @Mary

Wie bei ihm so üblich titschten Nicolos Gefühle wie der Stock eines Metronoms hin und her. Auf der einen Seite: Fiese Schmerzen, schlimmer, weil großflächiger als das eine Mal, dass er sich ein paar Schellen von jemandem eingefangen hatte, der deutlich größer und stärker als er selbst war. Und noch viel schlimmerer waren sie auch, weil das ganz, einzig und allein, seine verdammte Schuld war. Gut, Nico, Knoten ins Ohr. Bevor du dich das nächste Mal in ein Gefecht irgendeiner Art stürzt, atmest du durch und denkst nach. Abgemacht? Abgemacht. Der junge Mann wackelte mit den Zehen, während er sich wie ein übergrößes und quengeligeres Baby umwandte und Oliven in den Korb warf, den Mary bereit gestellt hatte. Die Pause bot zumindest dem gröbsten Fußschmerz die Zeit sich einzustellen und ihm die Gelegenheit zu denken. Vielleicht sollte er öfter fußlahm werden? Das schien eine gute Wirkung zu haben. Kurz drehte er eine der Oliven in Händen, betrachtete dieses winzige Ding. Du wirst besser zum besten Olivenöl diesseits von Fiore. Oder ich kompostiere dich posthum. Die Olive funkelte im Licht der Sonne wie eine Obsidianperle. Und wieder abgelenkt.

Als Lichtblick, in vielerlei Hinsicht, dachte sich Nico, während in nur geringer Entfernung ein weiterer Baum dem tödlichsten Laser-Pointer der Welt zum Opfer fiel, war da Mary. Nicht nur war sie bislang nicht kreischend oder wahlweise fluchend davon gerannt, etwas was eigentlich nur seine Kindheitsfreunde vollbrachten, ihr hatte auch noch das Stück gefallen. Dabei war es reine Improvisation gewesen. Zugegeben, aus vielen Quellen und von besseren Komponisten inspiriert, aber am Ende doch sein Werk. Sich vorsichtig abstützend robbte Nicolo mit den Hintern ein Stück in Richtung noch nicht abgegrasten Oliven-Splittermischmaschs. Und ein "Das war schön" war weitaus mehr als er bislang dafür gehört hatte. Kurz schaute er zu Mary hinüber, die grade Ziel nahm um einen weiteren Baum den Weg alles Irdischen gehen zu lassen. Vielleicht kamen die Notenblätter mit den Verbesserungs"vorschlägen" gleich noch? Nein, so war sie vermutlich nicht. Immerhin hatte sie zwei jüngere Brüder und scheinbar andere männliche Verwandte, die sich häufig verletzten. Vielleicht lernte man da einfach ein wenig Geduld mit Trotteln zu haben? Zum Glück war Mutter nicht hier, sonst müsste er wieder peinliche Fragen beantworten. Angefangen bei "Warum sind Splitter in deinen Füßen?" und bei "Warum übst du nicht?" noch lange nicht aufhörend.

Die Arbeit die Oliven einzusammeln zog sich. Vor allem, weil Nico dabei nur wenig Hilfe war. Wie angewiesen blieb er auf seinen vier Buchstaben hocken, zog sich jedoch mit durch die Umhängetasche geschützten Händen immer mal wieder in eine neue Position. So war er auch nicht viel langsamer als jemand, der gut zu Fuß war. Es dauerte nicht lange, bis seine Füße wieder zu wippen begannen. Den Takt der Musik konnte dieses Mal nicht nur er selbst hören, denn er summte vor sich hin. Immer mal wieder bot das Stück scheinbar Anlass zur Verbesserung, denn Nico brach ab, wiederholte eine Passage mit leichter Veränderung, hier eine Note höher, da eine Pause länger, und begann dann ganz von neuem. Die Arbeit der Hände wurde irgendwann gradezu meditativ, ließ dem Verstand Zeit vor dem inneren Auge Noten auf Linien zu kritzeln und gleichzeitig an einem Brief nach Hause zu arbeiten. Was Matteo wohl von diesem kleinen Abenteuer halten würde? Vermutlich hatte er in seiner Jugend mindestens gleichwertig dummen Unsinn angestellt. Eine weitere, funkelnde Obsidianperle beschrieb einen Bogen in der Luft, bevor sie sich zu den anderen im Korb gesellte.

Das Summen Nicolos wurde immer mal wieder von leisen Hustern unterbrochen. Die Wasserflasche aus der Umhängetasche war inzwischen leer. Aber zumindest war er jetzt beim...er hatte den Überblick verloren. Es waren viele Bastkörbe voller Oliven. Eigentlich hatten sie sich eine Pause verdient. Vor allem, da der Nachmittag sich nicht nur in großen Schritten genähert, sondern sich auch gleich breit gemacht hatte. Die Schatten im Hain wurden länger, mangels Baumkronen jedoch nicht hilfreicher. Die Bäume wirkten inzwischen noch morscher als vorher. Wenn sie ihren Zweck erfüllt hatten, starben sie wohl. Oder es lag an dem Bombardement durch Magie. Wer konnte das schon sagen? Außer dem alten Herren und den würde Nico ganz sicher nicht fragen. Mit zu Krallen verbogenen Fingern zog sich der junge Mann an der Rinde eines der Bäume hoch. Die Augen zugekniffen stellte er einen mit einem Schuh gewappneten Fuß auf dem Boden ab. Au. Aber weniger Au. Bis nach Ardea würde er es schaffen. Und vielleicht konnten sie sich dann eine Mitfahrt auf einem Karren besorgen oder sowas.
"Dieser Teil ist fertig, Mary. Auch wenn ich keine Garantie gebe, dass nicht irgendwo noch eine Olive rumliegt. Meinst du wir können etwas trinken gehen? Ich verdurste", gab er in krächzigem Tonfall gen Questpartnerin zu hören. Der Holzstaub und die Sonne forderten wohl ihren Tribut.


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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
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14 | @Nico

Während Nicolo Ardea Town wohl mit Aloe Town verwechselt hatte und sein Körper spontan auf den Wüstenmodus schaltete, arbeitete Mary fleißig weiter am Gegenstand ihrer Quest. Mittlerweile rann auch der Baumgardner der Schweiß am Körper herunter, was nicht ausschließlich der Hitze geschuldet war, die ohne den Schutz der Baumkronen unbarmherzig vorhatte, die beiden Jungmagier zu grillen, wo sie herumliefen. Der Einsatz weiterer Lichtstrahle, die durch die Bäume pflügten, forderten auch manatechnisch ihren Tribut. Mit gerade soviel Saft, dass sie nicht einfach umkippen würde, keuchte und paffte Mary wie ein altes Pferd, dem man etwas zu viel zum Pflügen gegeben hatte. Die Wangen gerötet, die Haare am Gesicht klebend und durchaus öfter von ihrer Wasserflasche süppelnd, die leider nach der Fußsalbung des Nicolo nicht mehr viel Inhalt aufwies, kehrte Mary schließlich leicht watschelnd, da links und rechts mit einem Erntekorb beladen, zu ihrem Questpartner zurück.

Der schien in der Zwischenzeit fleißig gewesen zu sein und sich – was ja durchaus teilweise Marys Befürchtung gewesen war – nicht so sehr abgelenkt zu haben, dass er zu gar nichts mehr zu gebrauchen gewesen war. Sie hatte leises Summen gehört, was glücklicherweise nicht zur Folge hatte, dass Oliven als Wurfgeschosse verwendet oder auf Papier geschmiert wurden. Ihre Stirn runzelte sich, als sie sah, wie Nicolo sich am Baum nach oben krallte, doch sie konnte ihm nicht wirklich helfen, da sie mit dem Tragen der Körbe beschäftigt war. Außerdem war sie zwar kräftig, bezweifelte aber, dass sie den Größeren ohne Mühe tragen konnte. Hoffentlich kam er mit seinen Füßen wenigstens in die Stadt zurück, dort konnten sie sich dann ja sicher eine alternative Rückreisemöglichkeit organisieren. „Gut gemacht! Ich bringe die Körbe zum Hof nach oben, du kannst ja schonmal vorgehen.“ Ihr fröhliches Lächeln war etwas gequält, was aber nicht daran lag, dass sie gleich Körbe tragen musste, die ganz schön schwer waren, sondern, dass Nicolo noch ein Stück laufen musste. Der Vorsprung würde ihm helfen, denn bis sie zu ihm aufschloss, hatte er bestimmt erst ein paar Schritte gelitten. Armer Kerl, aber er war ja doch irgendwie selbst schuld …

Die Hände in die Hüften gestemmt, ließ Mary den Blick goldener Augen über die Parzelle wandern. Bis auf sehr vereinzelte Oliven, von denen die Baumgardner spontan beschloss, dass sie für die Vögel waren, die sie sicherlich auch gerne mögen würden, hatten sie die gesamte Parzelle abgegrast. Über die letzten Stunden hatten sich die Körbe kontinuierlich mit Oliven gefüllt und die Bäume von ihrer Fracht getrennt. Bis auf die morschen, versengten und von magischen Musiknoten zersplitterten Stämme war nichts mehr übrig, was man ernten könnte, außer vielleicht Spott für ein erneutes Durchwühlen der Holzsplitter. Ungeachtet dessen, ob Nicolo sich ihr anschloss oder gen Dorf wankte, sammelte Mary Bastkörbe ein und trug sie ächzend zum Vorhof des Bauern, der ihnen zuvor begegnet war. Als sich nach einigen Minuten, in denen Mary so sehr schwitzte, dass ihre Bluse ihr so langsam wie ein vollgesogenes Handtuch vorkam und sie ihre Strümpfe bereute, eine ansehnliche Kleinstadt an Körben im Hof versammelt hatte, klopfte sie erschöpft gegen die Haustüre des Bauern. Es dauerte kurz, doch die menschliche Tonne schob sich aus der Öffnung, warf einen prüfenden Blick auf die Parzelle und dann auf die Ernte und gab Mary mit schallendem Lachen einen Klappser auf die Schulter, der sie mehrere Meter nach vorne stolpern ließ. Es war ein Wunder, dass sie nicht einfach an der Hand kleben blieb. Leicht schlurfend und sich die schmerzende Schulter reibend, suchte sie Nicolo auf und keuchte ein „Wir haben es geschafft“ in seine Richtung. Da ihr ebenfalls die Stimme im Hals verstarb, brauchte sie gar nicht verbal zustimmen, dass eine kalte Limonade oder etwas dergleichen jetzt genau das Richtige wäre, um den Questabschluss zu feiern.

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BeitragThema: Re: Olivenhaine von Ardea
Olivenhaine von Ardea EmptyDi 7 März 2023 - 0:37

15 | @Mary

Mary einfach alle Körbe schleppen lassen? Kam überhaupt nicht in Frage. Und das nicht nur weil Matteo ihm dafür ganz sicher verbal die Löffel langziehen würde, wenn er ihm das schrieb. Sein Großvater war ein wenig altmodisch, was sowas anging. Gut, in Ordnung, er war veraltet, seine Denkweisen überholt. Aber trotzdem...Außerdem wollte sich Nico nicht am Ende selbst sagen müssen, dass er zu luschig war um auch nur einen dieser Körper geschleppt zu haben. Das Problem an der Angelegenheit war, dass er kombiniert mit seinen Füßen zu luschig war den Korb zu schleppen. Mit zusammengebissenen Zähnen, hochrotem Kopf und wieder schmerzenden Füßen ließ er es sich dennoch nicht nehmen einen davon hinter Mary her zu befördern. Wirklich getragen wurde das vollgeladene Ding aus Bastgeflecht nicht, mehr halb gezogen, aber es war ein stabiles Geflecht und sah aus als wäre er keineswegs der erste der es in dieser Art behandelte. Von der einstmals sauberen Garderobe des Stadtkindes war nichts mehr zu sehen. Das Hemd klebte ihm am Leib. Die Jackettweste war eher feucht und braun als schnittig schwarz und von dem Hosenboden fing man vermutlich besser gar nicht erst an, so splittrig und staubig war er. Mit einem Ächzen ließ Nico den Korb bei den anderen stehen.

Am Ende hatte er es doch noch vollbracht irgendwie noch ein paar andere Körbe zu tragen. Immer nur einen pro Gang und stets unter den Lauten körperlicher Anstrengung und Erschöpfung, Ächzer und schmerzerfülltes Fiepen. Aber zumindest sorgte es dafür, dass er Mary unter schweißverklebten Haaren gut gelaunt zugrinsen konnte. Freudensprünge mussten dieses Mal leider ausbleiben. "Geschafft haben wir das!", krähte er der Questpartnerin auf ihre Aussage entgegen. Seine Kehle fühlte sich staubig an als hätte er bei einer Zugfahrt durch die Wüste einen Hund am Fenster gemimt. Vorsichtig stakte er zurück zum Geigenkasten und schnallte sich den unhandlichen Trümmer wieder auf den Rücken.
"Und als triumphale Olivenschlächter haben wir ein Fest verdient", kehrte zumindest ein wenig des typischen Bravado in sein Verhalten zurück, auch wenn die grandiose Geste gen Ardea-Town a) weniger grandios wirkte, da seine Kleidung vor Schweiß und Staub starrte, ebenso wie er selbst und b) ihm auf halber Strecke der Arm einfach runterfiel wie einer der Äste der Olivenbäume vorher.

Zumindest begann er auf dem Rückweg nach Ardea-Town wieder zu summen. Die gleiche Melodie wie vorher. Ein Lied, für das er noch keinen Titel hatte. Aber ihm war eine Idee gekommen, wie sich das Bild von der Brücke verbessern ließ. Eine Kopie der Skizze wäre schnell angefertigt, wenn er erst einmal ein wenig Zeit und ein Fußbad aus Wundsalbe für seine Füße hatte. Und ein richtiges Bad für ihn selbst. Vermutlich stank er wie ein besonders unhygienischer Iltis. Außerdem klebte da ein sehr nerviger Holzsplitter in seinem Pony, den er unbedingt loswerden musste, weil ihn das baumelnde Ding sonst in den Wahnsinn treiben würde. Aber in Ardea-Town würde sich das alles sicher beschaffen lassen. Zumal die Quest ja jetzt geschafft und seine Miete damit sicher war. Da durften die Jewels im Namen von Reinlichkeit und Abwendung von Dehydrierung doch ein wenig lockerer sitzen.

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Questende: Olivenernte


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