Man, die Olle schien sich ja echt an dem Zigarettenrauch zu stören, wenn sie sogar ihr Mana verschwendete, um diesen von sich fern zu halten. Wie gut, dass Hyun das nicht als sein Problem sah. Gemächlich paffte er also vor sich hin, bis Chime schließlich anschlug. Keine Zweifel, sie hatten ihr Ziel gefunden. Blöd nur, dass zeitgleich auch sie entdeckt wurden. Seelenruhig wies das Oberhaupt der Stadt darauf hin, dass ihm die Gegenwart der ungebetenen Gäste voll und ganz bewusst war. Der Moment der Wahrheit war ein weiteres Mal gekommen. Sein Herz schlug kräftig, aber nicht übermäßig schnell. Hatte er sich mit seinem Schicksal abgefunden oder war es ihm wirklich so egal? Er wusste es nicht. Selbst der lässige Spruch seiner Kollegin verlangte ihm kaum mehr als ein halbherziges Schnauben ab. Dabei waren coole Sprüche eigentlich voll sein Ding.
Gemeinsam mit seinem Herrchen rappelte sich nun auch Chime auf. Einsatzbereit hielt er sich direkt an dessen Seite, doch er würde heute keine Pfote krumm machen müssen. Das war eine Sache, die der Pan alleine meistern musste. So gerne er an der Seite seines Vierbeiners kämpfte, er würde niemals von ihm erwarten, zu töten. Das war eine Hürde, die nur ihm selbst galt. "Dir wird das Lachen schon noch vergehn." Dafür würde er Sorgen.  Seine Hand wanderte in seine Jackentasche, wo die Finger das kühle Metall des Klappmessers fest umfassten. "Geht klar." Nein, eigentlich ging überhaupt nichts klar. Es war nie von 'leiden lassen' die Rede gewesen. Das konnte sie sowas von vergessen. Das würde er nicht tun. Leben und leiden lassen oder zügig töten. Eine andere Option gab es nicht. So sehr er sich auch davor fürchtete, was kommen könnte, wenn er den Befehl verweigerte ... er war einfach kein blinder Handlanger. Ja, er würde den Kerl töten, so, wie es erwünscht war. Doch wie genau, das würde man verdammt nochmal ihm überlassen. Die Details waren doch scheißegal, das Endergebnis war, was zählte.
Während Neferet wie versprochen die Handlanger (auf zugegebenermaßen ziemlich lustige Weise) auf Trab hielt, zückte der Tätowierte endlich das Messer, ließ es mit einem unangenehmen 'klack' aufspringen. Die Zigarre im Mundwinkel des Kerls zuckte leicht, der Blick huschte zu beiden Seiten zu seinen 'Gorillas', die offensichtlich schwer mit sich selbst zu kämpfen hatte. Keiner von Beiden schien gerade Augen für ihn zu haben. Tja. Blöd gelaufen. Ob er Hyun so ganz alleine irgendetwas entgegenzusetzen hatte? "20.000 Jewel. Sofort, bar. Für jeden von euch. Wie sieht's aus? Ist das kein Deal?" So wenig war ihm das eigene Leben wert? Wow. Der Blonde schnaubte, trat einen Schritt näher. "Na gut, na gut. 50.000 ... nein? 100.000?" Schweißperlen begannen, auf der Stirn des Kerls zu glänzen. Langsam schien er zu realisieren, dass seine Bestechungsversuche nicht fruchteten. Sicher, der Betrag überstieg bei Weitem das, was sie als Bezahlung für den Mord erhielten, doch für Geld hatte sich der Pan noch nie groß interessiert. Er brauchte es, um sich und Chime am Leben zu erhalten, doch darüber hinus war es ihm vollkommen egal. Viel wichtiger war ihm etwas, das kein Geld der Welt kaufen konnte: Das vertraute Umfeld, das ihm seine Gilde bot. "Das Doppelte", forderte er entschlossen, den dunklen Blick fest auf das Clanoberhaupt gerichtet. Natürlich hatte er nicht vor, darauf einzugehen. Er wollte den Kerl einfach nur ein wenig in Sicherheit wägen, bevor er schließlich zuschlug. Ein kurzer Moment der Hoffnung, bevor diese schlagartig wieder geraubt wurde. Auch das zählte als quälen, oder nicht? Es war zumindest eine Art der 'Folter', mit der Hyun zurechtkam. "Hahah, du scheinst genau zu wissen, was du willst, Jungchen. Gut, Deal." Das Lächeln auf den Lippen des schmierigen Kerls wurde breiter und schiefer, während er seinem Gegenüber die Hand entgegenstreckte. Hyun trat näher, packte die dargebotene Hand und zog den Boss zu sich heran. Nicht jedoch, um ihre Vereinbarung mit einer Umarmung zu besiegeln. Er hasste Berührungen jeglicher Art, selbst der schwitzige Händedruck jagte einen unangenehmen Schauer über seinen Rücken. Der Schwung des Rucks, mit dem er das Oberhaupt heranzog, trieb dieses direkt in das lauernde Messer. Mit überraschender Leichtigkeit grub sich die Klinge in den Magen des Kerls, ließ ihn entsetzt aufkeuchen. Tja, wäre er bloß mal vorsichtiger gewesen. Auf dieser Welt vertraute man lieber niemandem. Insbesondere nicht seinem Feind.

Hmpf, das Lob konnte sie wirklich stecken lassen. An der Sache war gar nichts 'gut'. Das sagte zumindest der Funke von Vernunft, den der Pan noch besaß, sein Gefühl schwieg weiterhin. Verzweifelt suchte er in seinem Inneren nach irgendeinem Hinweis auf ein schlechtes Gewissen. Nur ein kleines Fünkchen. Doch da war nichts. Kein Schock, keine Angst, keine Reue. Einfach emotionales Stillschweigen. Erst, als er beiseite gestoßen wurde und Neferet die Kontrolle über das Messer an sich riss, machte sich ein Hauch von Gefühl in ihm breit. Entsetzen. Ihre Aktion ließ sogar ihm übel werden, ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Trotzdem zwang er sich, den Blick nicht abzuwenden. Auf den letzten Metern wollte er keine Schwäche zeigen. Er hatte es schließlich fast geschafft, hatte sich wie gewünscht bewiesen. Ein kleiner Moment der Schwäche sollte ihm nun nicht mehr den Erfolg ruinieren. Für Hyun war die Gewissheit, zu sterben, bereits genug Leid. Der Schmerz lenkte nur davon ab.
Letztendlich wurde der Alte still, die Energie verließ seinen Körper. Damit war ihr Auftrag offiziell erledigt. Der Kerl war tot. Eine eisige Brise fegte über die dunklen Magier und das verstorbene Oberhaupt hinweg. Die Bodyguards, die realisierten, dass sie nicht länger gebraucht wurden, nahmen zügig die Beine in die Hand und flüchteten wortlos. Kurz ließ der Tätowierte die neuartige Situation noch auf sich wirken, ehe er den Blick zu seiner unliebsamen Kollegin richtete. Zwar war sie inzwischen nicht mehr so unangenehm, wie zu Beginn ihrer Begegnung, doch er war trotzdem froh, dass sich ihre Wege nun wieder trennten und das hoffentlich dauerhaft. Er hatte wirklich keine Lust, ein weiteres Mal ins Visier zu geraten. Er strich sich eine Strähne, die der Wind aus seiner Frisur gezerrt hatte, aus seinem Gesicht. "Lass gehn, hab die Schnauze voll vom Schnee." In Crystalline würde es wohl kaum besser aussehen, doch dort konnte er sich wenigstens in sein Zimmer verziehen und die ganze Sache endlich sacken lassen. Es würde sicher eine Weile dauern, bis er die Geschehnisse verarbeitet hatte. Was davon jedoch das Ergebnis sein würde, stand in den Sternen. Er hatte nicht die geringste Ahnung und vielleicht war das auch besser so. Es war ein Problem für Zukunfts-Hyun. Erst einmal war alles, was zählte, zurück nach Hause zu kommen und sich das Blut von den Händen zu waschen. "Ich hoff, ihr seid jetz zufrieden, man." Er ließ eben diese Hände in den Jackentaschen verschwinden und schlug dann auch schon den Weg zurück zum Bahnhof ein. Einen letzten Blick warf er allerdings noch auf den leblosen Körper, in der Hoffnung, dass sich vielleicht doch etwas in ihm regte. Doch sein Herz schwieg.