Ortsname: Amphorus – Das Theater Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Das größte Theater von Crocus Town gehört zu den berühmtesten Gebäuden der Stadt und ist von der Form her einem alten Tontopf nachempfunden, mit einer schlanken Basis und einem breiten ersten Stock, dessen Wände mit Tribünen für die Zuschauer gereiht sind. In diesem Theater gibt es insgesamt fünf Bühnen. Vier davon sind in je eine der vier Himmelsrichtungen ausgerichtet und durch dicke Wände voneinander getrennt, sodass auf jeder von ihnen eine Aufführung stattfinden kann, ohne dass die anderen Säle davon gestört werden. Die fünfte Bühne, die Jahrtausendbühne, befindet sich sowohl horizontal als auch vertikal in der Mitte des Gebäudes und kann nicht nur frontal, sondern von allen Seiten betrachtet werden. Hier finden Stücke mit viel Bewegung und oft ausführlichen Kampf- oder Tanzchoreografien statt, von denen viele Kritiker behaupten, dass sie ihrer Zeit voraus seien.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Der Fluss der Zeit... brennt alle Hoffnung nieder... That odd woman... | Cracked Mirror, Awaken!
Eohl The Sun's Shade
Anmeldedatum : 23.09.14 Anzahl der Beiträge : 1406
Selbst aus der Entfernung war das braun-gräuliche Gebäude beeindruckend, auch wenn die Zeichen der Zeit deutlich zeigten, wie alt das Gemäuer war. Das war also das Theater, in dem ihre Zielperson arbeitete? Eohl glaubte nicht, diesen Ort schon einmal gesehen zu haben. Allgemein fühlte sich Crocus Town sehr fremd für sie an. Fremder als andere Orte, die sie nicht kannte. Als würde diese Stadt ihre komplette Existenz abstoßen. In der Hinsicht war Crocus Town ein bisschen wie die anderen Mitglieder von Royal Crusade, nur viel weniger angenehm und viel weniger toll. Trotzdem, das Theater sah cool aus. Ohne groß zu überlegen hob Eohl eine ihrer Hände und ließ darin einen kleinen Spiegel entstehen, gegen den sie dann einmal mit ihrem Zeigefinger tippte und einen Moment wartete, ehe sie die Hand zu sich zog und das Ergebnis ansah. „Ah, ein schönes Bild“, meinte sie fröhlich und betrachtete das Gebäude, dessen Spiegelbild sie soeben eingefroren hatte, ehe sie es wie das Bild von Freya und Ren wegsteckte. Das kam definitiv in ihre Sammlung!
„Okay! Es geht also um die Schauspielerin aus Die schöne und das Biest, richtig?“ Den Titel hatte Freya vorhin in der Bar genannt, das wusste Eohl noch genau. Ihr Gedächtnis war nicht das Beste, aber sie achtete immer darauf, sich die Worte der Auserwählten einzuprägen, die früher oder später wichtig werden konnten. Für diese Quest war das eine sehr relevante Information! „Am besten sollten wir einmal schauen, wann die Vorstellungen sind und eventuell, wer mit ihr zusammen auftritt. Das sollte es leichter machen, sie zu finden, nicht wahr?“, überlegte sie und lächelte freundlich, ehe sie sich nervös durch das grüne Haar strich. „Ah... ihr zwei habt da bestimmt schon dran gedacht. Oder ihr habt eine bessere Idee. Entschuldigung!“
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Das mit dem Essen nach der Reise hatten sie erledigt. Ren fühlte sich gestärkt, wenn auch mental ein wenig erschöpft, denn er hatte nach wie vor Freya und Eohl an der Backe. Wo er doch eigentlich auf eine unkomplizierte und bequeme Art Geld zu verdienen gehofft hatte, hatte er nun nicht mehr oder weniger als zwei Magierinnen bei sich, die er babysitten durfte. Aber gut. Ren würde schon klar kommen. Er hatte vermutlich schon viel Schlimmeres als das durchgestanden. Das Essen wäre ihm bei Eohls Kommentar allerdings beinahe im Hals stecken geblieben. Woher sollten sie mehr wissen, als ihnen die Questbeschreibung offenbart hatten, wenn sie noch nicht einmal am Zielort waren? Wertvoll... Machte sie sich über ihn lustig? Ren kannte die Grünhaarige zwar schon ein paar Tage, aber er war sich manchmal unsicher, ob sie völlig bescheuert war oder wirklich nicht wusste, was sie da gerade von sich gab. Eine Braue hochziehend, ließ er dies entschieden unkommentiert. Dann stellte sie sich aber wieder unter die beiden anderen Magier und er erkannte erneut ihr sonderbares Bild von Royal Crusade Magiern... Wer auch immer etwas mit ihrem Kopf gemacht hatte, hatte ganze Arbeit geleistet. Ren war mittlerweile sicher, dass sie einen ordentlichen Dachschaden hatte... nur wie sie auf den gekommen war, war noch fragwürdig. Immerhin hörte sie und versprach nicht ungefragt irgendwen vollzutexten. Das war gut... So lange Ren sie im Griff hatte, würden sie das hinbekommen.
Das Theater war Ren nicht unbekannt. Der sonderbare Aufzug dieses Gebäudes war ihm in Erinnerung geblieben. Crocus Town war als große Stadt ja bekannt für solche Etablissements und der Hüne hatte sich hier schon so manch ein Stück gegönnt. Dass seine Kolleginnen aller Wahrscheinlichkeit nach Kunstbanausen waren, musste er an der Stelle nicht einmal bestätigt bekommen, um davon überzeugt zu sein. Allerdings hatte Ren nicht allzu viel Zeit die Architektur oder Aufmachung des Theaters zu begutachten, denn er musste einen Blick auf Eohl haben. Auch wenn sie versprach, dass sie auf ihn hören würde, waren ihre Entgleisungen ziemlich bedenklich... und Freya war für seinen Geschmack auch beunruhigend still. Dem Hünen entging hierbei nicht, dass Eohl ein Spiegelbild von dem Gebäude einfing. Sie war hier wohl noch nicht gewesen, wenn sie so reagierte. An den Trick erinnerte sich Ren. Der Gedanke, dass sie auch so ein Bild von ihm hatte, widerstrebte ihm nach wie vor ein wenig. Vielleicht konnte er es ihr irgendwann heimlich aus der Tasche ziehen. Im Klauen war der Wüstenjunge nicht so schlecht... und ein Gespräch darüber, warum er nicht wollte, dass sie ein Bild von ihm hatte, wollte er nicht wirklich führen. "Die Schöne und das Biest" war ein Stück, das älter war als die Zeit. Die Geschichte war Ren bekannt, nur wurde sie immer und immer wieder neu aufgezogen und inszeniert. Still nickte er, als Eohl dies hinterfragte. Eohl machte einen Vorschlag, was sie in Erfahrung bringen konnten und erneut nickte Ren. Sie sprach so komisch über sich selbst... Wie immer war sie eigenartig. „Die Hauptrollen können wir sicher einem Flyer oder Ähnlichem entnehmen. Die Leute mal zu Gesicht zu bekommen, sollte hier aber auch nicht so schwierig sein, wenn heute eine Vorstellung ist... Also hinterfragen wir das mal. Wann wir zu unserem Ziel kommen, ist von einem Plan abhängig, den wir daraufhin schmieden.“ Ren war noch unsicher, ob es gut war die Dame vor Ort zu überraschen oder in einem privaten Kontext. Mal sehen... Jedenfalls konnten sie hier die meisten Informationen sammeln. Vorstellungen und Flyer wären die erste Priorität. Wie gut sie da herankämen, wenn sie Interesse am Stück heuchelten, machte Ren da wenig Sorgen. Ein Fan der Kunst konnte jeder sein - sogar ein Freak wie Eohl!
„Ah, guter Plan!“, nickte Eohl eifrig mit einem breiten Lächeln auf ihren Lippen und hob zum Salut eine Hand an ihren Kopf. „Verlass dich auf mich, Ren! Ich werde dich nicht enttäuschen!“ Mit diesen Worten zögerte sie nicht weiter und folgte ihm, hinein in das große Theater, und in dem Moment, in dem sie über die Schwelle traten, begann sein Befehl von zuvor zu greifen: Hier waren Menschen, einige sogar. Angestellte und Gäste gleichermaßen. Ab hier hatte sie also den Mund zu halten und durfte nichts weiter sagen. Leicht nervös tippten die Fingerspitzen ihrer rechten Hand gegen die an ihrer linken, während sie sich umsah. Hier war alles ziemlich altmodisch gehalten, selbst der Tresen, an dem die Karten verkauft wurden, sah nach Kalkstein aus. Schilder an den beiden Ausgängen des Raumes, die tiefer in das Gebäude führten, zeigten, dass weder Essen noch Getränke mitgebracht werden sollten, und die zwei Männer, die vor je einer der Türen standen, setzten diese Regel wohl durch, während sie die Eintrittskarten prüften. Am rechten Ende der Halle war eine weitere Tür zu sehen, die war aber deutlich als Nur für Mitarbeiter markiert und vermutlich abgeschlossen. Eohls Augen blickten hinüber zur linken Wand, aber die wies gar keine Türen auf. Die Toiletten waren vermutlich in dem Bereich, in den man erst kam, wenn man ein Ticket hatte, also nur für tatsächliche Kunden. Das bedeutete... die Haupthalle hatte insgesamt vier Ausgänge. Ein Blick nach oben zeigte zwar ein paar Fenster, die Licht herein ließen, aber die waren deutlich zu hoch, um ein- oder auszusteigen. Wer diesen Raum betreten oder verlassen wollte, musste also eine der vier Türen nehmen, von denen drei tiefer ins Gebäude und eine an die frische Luft führten. Dazu sollte sie sich vermutlich eine mentale Notiz machen...
Davon abgesehen... fiel der Yihwa noch eine weitere Sache auf. Den Mund wie versprochen geschlossen lassend, zupfte sie an Rens Ärmel und deutete hinüber zu der linken Wand. Dort mochte keine Tür sein, aber dafür etwas Anderes, das für ihre Quest sehr interessant war: Eine Reihe von fünf Plakaten, die die Aufführungen anzeigten, die aktuell im Amphorus aufgeführt wurden! Da konnten sie sicher einen guten Blick auf die Gesichter aller Hauptrollen werfen! Ein paar andere Besucher standen ebenfalls vor den Plakaten und sahen sie sich an, blieben aber grundsätzlich nicht lange, bis sie woanders hingingen. Die sollten nicht allzu störend sein... und außerdem war es nicht verdächtig, sich Poster anzusehen, die auch andere Leute anguckten. Ein guter erster Schritt zur Informationsgewinnung!
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Wie viel konnte man dem Wort der Yihwa wohl trauen? Wenn sie behauptete, dass er sich auf sie verlassen könnte, lief Ren direkt ein eiskalter Schauer über den Rücken. Der Hüne nickte stumm, ahnte aber schon was bald auf ihn zukommen könnte. Doch zu seinem Erstaunen, verhielt sich Eohl wirklich still. Nachdenklich musterte er die sonderliche Magierin, die es tatsächlich verstand sich an seine Aufforderungen zu halten. Das passte ihm recht gut, denn er hatte ehrlich gesagt auch nicht wirklich Lust auf Smalltalk, während er sich auf andere Dinge zu konzentrieren hatte. Ähnlich wie die Grünhaarige verschaffte sich der Hüne einen Überblick über die bauliche Beschaffenheit des Theaters. Das war ein erster, wichtiger Schritt, um bedenken zu können, wie man das Auftragsziel umsetzte. Was ihm jedoch mehr Sorgen als das bereitete, war die Security, welche die beiden Magier schon am Eingang zu begrüßen schien. Sie waren nämlich nicht nur dort, sondern auch als sie es endlich nach innen geschafft hatten, waren hier und da ein paar große, muskulöse Herrschaften, die mit grimmigem Ausdruck ihre Blicke über die Masse schweifen ließen. Das könnte potenziell anstrengend für die Magier werden…
Noch ein Stück liefen sie weiter nach drinnen, dann spürte Ren etwas an seinem Arm. Es war das leichte Zupfen von Eohl an seinem Ärmel. Die rotbraunen Augen wanderten nach unten, bevor er mit hochgezogener Augenbraue die Grünhaarige musterte. Die Wand, auf jene sie deutete, beherbergte Plakate der Aufführungen, auf denen die Hauptdarsteller gut zu sehen waren. Der Hüne winkte sie hinter sich her, bevor sie vor einem der wunderlich aufgemachten Poster stehen blieben. Es zeigte sogar das Stück, welches für sie von Interesse war. Die Schöne und das Biest. Vor dem Plakat stehend, schon Ren die Hände in die Hosentaschen. Die Schönheit, welche die Hauptrolle spielte, war wahrhaft so, wie man sie sich vorstellte. Eine perfekte Figur, große braune Augen und langes, kastanienfarbenes, leicht gewelltes Haar. Auf dem Poster trug sie ein prunkvolles Kleid. Ren deutete auf sie und erklärte leise: „Das ist Tea Chisakawa. Sie spielt die Hauptrolle.“ – und war damit ihr Zielobjekt. Weiter hinten auf dem Bild, eine andere schöne Frau, die in einer wichtigen Nebenrolle spielte. Sie war ebenfalls eine wunderschöne Frau, trug den Namen Violet Alheim und trotz ihrer makellosen Haut, den puppenhaften Gesichtszügen und der schmalen Taille hatte sie offensichtlich bei diesem Stück nicht die Hauptrolle bekommen. Ihr schwarzes Haar und die blauen Augen passten wohl nicht so in die Vorstellung, die man von der Rolle hatte. Schließlich waren ihre Gesichtszüge deutlich schärfer und weniger warm. Sogar Ren konnte erkennen warum man die andere Dame vorgezogen hatte. Dennoch war Violet ihre Auftraggeberin und somit hatten sie sich ihrem Wunsch zu fügen. Trotz all er Überlegungen hatte Ren Eohl nur über diese eine Person aufgeklärt. Da noch weitere Personen anwesend waren, erklärte der Hüne mit einem gespielt warmen Lächeln: „Sie ist eine wirklich großartige Schauspielerin und passt perfekt in die Rolle, nicht wahr?“ Natürlich tat er dies lediglich, um davon abzulenken, dass sie das Target dieser Quest war.
Um im Theater weiter voranzukommen, kaufte der großgewachsene Magier kurz darauf ein paar Tickets, denn in etwa zwei Stunden fand tatsächlich eine Vorstellung statt. Im Gebäude fand noch ein ganz schönes Gewusel statt, denn es liefen viele Vorbereitungen. Das Theater war dennoch schon mit einigen Gästen gefüllt, die sich in dem alten Gebäude umsahen und sogar an Führungen teilnahmen. Das war gut, denn so fielen sie hier sicher nicht auf. „Die Dame von vorhin war unser Ziel. Die andere, mit dem schwarzen Haar, ist unsere Auftraggeberin. Wir sollten zuerst nach ihr suchen. Womöglich kann sie uns Informationen geben.“ Nur wo suchte man am besten nach einer Schauspielerin vor Start des Stücks? Das mussten Ren und Eohl nun in Erfahrung bringen…
Nickend lauschte Eohl, als Ren ihr erklärte, was er auf dem Poster sah. So richtig konnte sie sich darauf aber nicht konzentrieren. Der Hüne hatte ihr zwar gesagt, sie sollte leise sein, aber so laut, wie sie ihr Herz schlagen hörte, konnte es sein, dass sie dieses Versprechen nicht ganz halten konnte. Immerhin blieb ihr Mund geschlossen, aber trotzdem... Wenn jemand sah, wie sie beide hier standen und sich ein Plakat ansahen, und wie er mit ihr sprach... Eine fremde Person könnte denken, dass sie tatsächlich so etwas wie ein Date mit einem Auserwählten hatte! Was für ein aberwitziger, geradezu blasphemischer Gedanke! Ihre Hände zitterten leicht, als sie sie an Rens Arm legte, um sich an ihm festzuhalten. Oh nein... wenn sie ihm so nahe kam, dann wirkten sie nur umso mehr wie ein Pärchen... „Mm... mhm“, nickte sie, weiterhin wortlos, und blickte die Schauspielerin an. Sie war wirklich hübsch... Sie waren also gerade Feinde dieser Person? Sie wirkte auf den ersten Blick nicht wie jemand, der etwas falsch machen würde, aber das Äußere konnte trügen. Im Leben gab es viele Menschen, die sich entschieden, gegen den geordneten Weg des Schicksals zu gehen. Jeder einzelne von ihnen musste bestraft werden. Was auch immer diese Frau getan hatte, Eohl würde ihr mit Freude ein Urteil aussprechen. Seite an Seite mit Ren verließ sie ihren Platz bei den Postern und ließ sich zu einer Vorstellung einladen... auch wenn es gut möglich war, dass die beiden die Tickets umsonst kauften. Ren wollte vermutlich nur an den Wachen vorbeikommen und hatte nicht wirklich vor, sich mit ihr zusammen ein Theaterstück anzusehen. Das wäre dann ja... noch mehr wie ein Date! Jetzt ging es also darum, Informationen zu finden... Ihre Auftraggeberin aufzusuchen war keine schlechte Idee, aber schlussendlich schien Ren überhaupt nicht zu wissen, wo sie zu finden war. Erst einmal mussten sie sich hier also orientieren... Dann war wohl Eohl an der Reihe, sich als nützlich zu erweisen. Erneut zupfte sie an Akumas Ärmel und deutete in eine schlecht beleuchtete Ecke, wo sie vermutlich relativ unbemerkt bleiben konnten. Da konnte sie ihre Fähigkeiten demonstrieren!
Als sie sich zurückgezogen hatten und klar war, dass sie niemand beobachtete, hob Eohl ihren linken Zeigefinger und malte damit einen kleinen Kreis in die Luft, woraufhin sich ein quadratisches Spiegelfragmend zu bilden begann, das langsam in Rens Hand sank. Für den Moment war das nicht mehr als ein einfacher Spiegel, aber das würde sich gleich ändern! In ihrer eigenen Hand schuf Eohl nämlich ebenfalls einen Spiegel, diesmal einen vollständigen mit goldenem Rahmen, auf dem nach ein paar Sekunden einige rote Punkte erschienen. Das waren alle Spiegel, die sich hier im Gebäude befanden! Tatsächlich waren das nicht gerade wenig; auf den ersten Blick zählte die Yihwa zweiunddreißig Stück. Ihr rechter Zeigefinger drückte auf einen dieser Punkte, und plötzlich änderte sich das Bild auf dem Spiegel in Rens Händen: Er gab den Blick frei auf eine der Toiletten in diesem Gebäude. Der Raum war schön gekachelt, aber im Moment leer. Der Spiegel war vermutlich über einem der Waschbecken angebracht. Eohl warf einen Blick auf das Bild und schüttelte den Kopf. Nein, das war nicht der Raum, den sie suchten. Sie wollten die Umkleiden sehen, die Orte, wo die Schauspielerinnen geschminkt wurden, und eventuell den Backstage-Bereich. Also tippte sie auf den nächsten roten Punkt, und das Bild auf Rens Spiegel wechselte erneut. Eohl konnte spüren, wie ihre Stirn leicht zu schwitzen begann – diese Zauber in Kombination kosteten sie ein gutes Stück Energie. Hoffentlich fand Rin auf den Übertragungen, was er sehen wollte...
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So langsam dämmerte es Ren, dass er wohl kein Genie, aber ein sicherlich nützliches und gehorsames Weibsbild an seiner Seite hatte. Mit dieser Information war der Hüne tatsächlich ganz gut auf das vorbereitet, was ihn erwartete. Wüsste er, was sich Eohl gerade in ihrem Kopf zusammenreimte, hätte er ihr wohl eine Schelle gegeben, die sie zurück ins Hier und Jetzt holte. Ein Date… Ja, das war ungefähr so abwegig, wie sie glaubte, dass es das war. Immerhin war Ren niemand, der sich zu irgendjemandem hingezogen fühlte – vielleicht abgesehen von sich selbst. Aber gut. Wie gesagt, hatte Eohl Glück, dass er nicht in ihren Kopf gucken konnte. Ein guter Lügner und Schauspieler war der Hüne alle Male. Schließlich konnte er gut zu tun, als würde ihn all das hier interessieren und als würde er sogar Eohl mögen. Man. Das war ein Meisterwerk an Leistung. Naja, eigentlich interessierte ihn das Theater ja wirklich, aber leider war das keine Option für den heutigen Tag. Als er die Karten für sich und die Magierin kaufte, merkte er sogar, dass es ihm in der Seele wehtat, Tickets zu kaufen, die er gar nicht genießen konnte. Vor allem für Eohl ein Ticket zu kaufen, war als würde man Perlen vor die Säue werfen…
Jedenfalls mussten die Beiden nun nach der Frau suchen, die ihnen ihren Auftrag erteilt hatte. Wie sie das anstellen wollten, wagte der Hüne gerade zu überlegen. Doch wie es aussah, war ihm die Verrückte sogar ein Stück weit voraus. Als sie an seinem Ärmel zu zupfen begann, wandte er die rotbraunen Augen in ihre Richtung und blickte zu ihr hinab. Eine Ecke… Da konnte sie niemand so gut erkennen, hm? Da sie wirkten, als wären sie einfach gemeinsam aus, war es wohl nicht ungewöhnlich, wenn man sich kurz gemeinsam absetzte, um in Ruhe zu sprechen oder sonst was zu tun. Das ging schon klar. Stumm nicke er und folgte der grünhaarigen Magierin. Mal sehen was sie auf dem Kasten hatte…
In der Ecke angekommen, gingen sie Beide mehrfach sicher, dass sie niemand beobachtete. Ren wagte es sogar, so nahe an sie heranzurücken, dass er mit dem Arm etwas an sie lehnte. Sollte immerhin niemand wagen zu gucken, was sie hier in der Ecke veranstalteten. Da war es gut, wenn man das Ganze etwas blickdicht gestaltete! Ihre Magie war, zugegebenermaßen, gar nicht mal so uninteressant. Aufmerksam beobachtete er wie sie etwas in die Luft zeichnete und kurz darauf legte sich ein Spiegelfragment in die große Hand des Akuma. Es störte ihn gar nicht, denn so irre wie Eohl war, so sicher war er auch, dass sie bei ihm punkten wollte. Von ihrer Magie ging für ihn keine Gefahr aus. Diesmal war es ein anderer Zauber. Rote Punkte zeigten ihr offensichtlich in einem gerahmten Spiegel in ihrer eigenen Hand, was sie zu suchen vermochte. Eine Toilette zeigte sich im Spiegel in der Handfläche des Hünen. Ah. Nun verstand er das Prinzip. Sie suchte bewusst nach den Spiegeln, die sich im Haus befanden und rief sie ab. Das klang anstrengend und ein Blick hinüber verriet auch, dass man ihr das nicht zu lange zumuten sollte. Sie begann schon zu schwitzen. Blöd, dass Ren nicht so genau wusste wie das Gebäude aufgebaut war. Allerdings waren die Räume mit den vielen roten Punkten vermutlich Umkleideräume. Deshalb deutete er mit der freien Hand mit seinem Zeigefinger in jene Richtung. Als Eohl welche davon abrief, sahen sie ein paar Schausteller, aber nicht diejenige, die sie suchten. Zumindest nicht gleich… Denn nach ein paar Versuchen stand vor dem Spiegel tatsächlich ihre Auftraggeberin, die sich auf der kleinen Scherbe in Rens Hand in Unterwäsche vor eben jenem Spiegel betrachtete. Der Hüne gab nicht viel auf die Reize einer Frau, weshalb er nicht einmal rot anlief, als er sie ausdruckslos anstarrte. Zufrieden nickend, gab er Eohl den Spiegel in die Hand zurück und murmelte: „Bring uns dahin, ja?“ Dort würden sie also ihre Auftraggeberin treffen. Sie sollten sich wohl ein wenig Zeit lassen auf dem Weg, um sie nicht unbekleidet zu überraschen. Nicht, dass es den Hünen stören würde, aber es gehörte sich einfach nicht! Er war gespannt, ob sich die Dame die Zeit nehmen würde sie zu empfangen… So kurz vor dem Auftritt hatte sie sicher zu tun. Wäre ihr das hier aber nicht wichtig, hätte sie die Beiden wohl kaum engagiert, oder?
Er lehnte den Arm an sie! Wenn Ren der Meinung war, dass Eohl das hier nicht für ein Date halten sollte, dann machte er alles falsch! Wenn die Yihwa einen objektiven Blick darauf warf, was andere Menschen sehen mussten, wenn sie in ihre Richtung sahen... Jap, das sah definitiv aus wie ein Date. Hoffentlich bemerkte er nicht, wie warm ihre Wangen bei dem Gedanken waren. Sie hatte es wirklich nicht verdient, von einem Auserwählten gemocht zu werden... Nachdem sie zwischen ein paar verschiedenen Spiegeln hin und her geschaltet hatte, schien Ren gefunden zu haben, wen er suchte. Die Auftraggeberin. Eohl selbst sah nicht auf den Spiegel, auf den sie das Bild übertrug, den hatte sie schließlich extra ihm gegeben, damit er alle wichtigen Entscheidungen treffen konnte. Als er ihr also sagte, wohin sie ihn lotsen sollte, nickte sie nur kurz, nicht ahnend, in welchem Zustand sich die Frau befand, die er gerade gesehen hatte. Stattdessen fixierte ihr Blick die roten Punkte auf ihrem eigenen Spiegel, erinnerte sich an die exakte Position und verglich sie mit der Karte des Amphorus, die sie zuvor in der Eingangshalle gesehen hatte. Mehr als ein Viertel einer Minute stand sie regungslos da, starrte einfach hinab auf das Bild, ehe sie erneut nickte. Ja, sie hatte sich alles eingeprägt. Ja, sie konnte ihn dorthin führen. Die magische Energie verließ sowohl den Spiegel in seinen, als auch den in ihren Händen, und sie legte ihren sorgsam auf dem Boden ab, damit er nicht kaputt ging, ehe sie ihre Arme um den Unterarm von Ren legte und ihm sanft zunickte. Hätte er ihr nicht den Mund verboten, würde sie vermutlich so etwas sagen wie „Komm mit mir, Ren“ oder „Folge mir, Ren“ oder „Ich zeige dir den Weg, Ren“, aber das alles ließ sich vermutlich aus dem Kontext erschließen. Insofern blickte sie nur in die Richtung, in die sie gehen musste, und machte sich mit ihrem Partner zusammen auf den Weg.
Sie mussten zwei Gänge weiter, passierten einen Satz Toiletten – zwei Türen, eine für Damen, eine für Herren – und mussten über ein flauschiges, rotes Band steigen, das vermutlich eigentlich dazu gedacht war, Gäste wie sie von den Bereichen, die für Mitarbeiter und Schauspieler reserviert haben, fernzuhalten, aber schlussendlich standen sie vor einem Raum, der laut dem kleinen Schild an der Seite eine Umkleide war. Ein paar Mal blinzelte Eohl, während sie den Weg reflektierte, den sie hierher gegangen waren, und die Positionen der Spiegel, die sie gesehen hatte. Ja, das hier war der richtige Ort. Ihre zarte Hand strich kurz über den Ärmel des Hünen, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, ehe sie zu ihm hinauf nickte. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Ohne weiter zu zögern legte sie ihre Hand an den Türgriff und drückte diesen herunter, öffnete die Tür, um hinein zu treten. Sie musste sich ja keine Gedanken darüber machen, dass sich jemand gerade umzog, in diesem Raum erwartete sie schließlich nichts anderes als Frauen. Natürlich packte sie auch Rens Hand und zog ihn mit sich in den Raum – sie brauchte schließlich ihren Partner, um dessen Quest abzuschließen!
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Wüsste Ren, dass seine Begleiterin sich in Gedanken gerade ein Date mit ihm ausmalte, würde er sich wohl angewidert schütteln. Ganz sicher würde er sich auf keine Verabredung mit dieser Frau einlassen. Schließlich wusste er schon wie groß der Sprung in der Schüssel bei ihr war. Nicht, dass er allgemein einen besonders großen Wert darauf legte sich mit irgendwelchen Frauen zu treffen, aber sie wäre ganz sicher nicht die Erste, auf die er sich einließ. Immerhin hörte diese Irre bei ihm aufs Wort und so musste er ihr gegenüber nur klar formulieren wohin er wollte und sie brachte ihn dorthin. Das war doch ganz nützlich, nicht wahr? Der Hüne beobachtete die Yihwa stumm dabei, wie sie den richtigen Ort auszumachen versuchte und nach einem Moment legte sie ihre Arme um seinen Unterarm und nickte ihm zu. Mhm. Das hier war eine recht geheime Aktion, aber sie konnte ruhig mit ihm reden, wenn es nötig war, oder? Vielleicht versuchte sie es bewusst so aussehen zu lassen als wären sie nur zwei Gäste, die miteinander vertraut waren. Ren war kein großer Freund von Körperkontakt – und dass er Eohl das Sprechen verboten hatte, hatte er selbst mittlerweile schon ganz vergessen. Entsprechend schweigsam nickte er und folgte ihr geduldig. Sie hatten keine Eile. Die Dame sollte, wenn möglich, bekleidet sein, wenn sie dort ankamen…
Still begutachtete Ren den Weg, den sie gerade gingen, ganz genau, um sich zu merken, wo die Kabine der Dame im Falle eines Falles, dass er das noch einmal wissen müsste, finden könnte. Nach einer Weile kamen sie an der Umkleide an. Die Zeit sollte reichen… Das schien auch Eohl so zu sehen. Kaum hatte sie ihn darauf aufmerksam gemacht, dass sie am richtigen Ort waren, schon hatte sie die Türklinke in der Hand und zog ihn hinter sich hinein. Ren folgte tatsächlich, ohne groß darüber nachzudenken. War ihm doch egal, ob die Alte nackig war oder nicht…
Der Raum war anstrengend. Die Wände waren in einer grellen, violetten Farbe gestrichen und ein riesengroßer Spiegel, der von unzähligen, kleinen, leuchtenden Glühlampen umringt war, leuchtete sie an. Nicht nur die beiden Magier, denn vor dem Spiegel stand auch die Schauspielerin, die ihren Make Up Pinsel niederlegte und die beiden schrägen Vögel sehr irritiert anblickte. Gerade wollte sie kreischen, da hob der gruselige Riese besänftigend die Hände in die Höhe. „Nur die Ruhe. Wir sind im Auftrag von Royal Crusade hier.“ Kaum hatte er das gesagt, seufzte die Frau theatralisch und ließ sich in ihren Stuhl fallen. „Man ey… Das könnt ihr doch nicht bringen. Meldet euch doch bitte vorher an!“ Ren zuckte mit den Schultern und fragte sich insgeheim wo man das hätte tun sollen. Es interessierte ihn aber auch herzlich wenig. Die Dame knöpfte schnell noch ihre Blusenknöpfe zu und schritt auf die beiden Magier zu. „Miss Alheim, wir sind mit unserer Aufgabe vertraut, möchten aber natürlich dennoch so wenig Aufsehen wie möglich erregen. Können Sie uns da ein paar Informationen und Hinweise geben, damit wir den Job so diskret wie möglich erledigen können?“ Sicherlich konnte sie den Beiden ein paar Details zu der Dame nennen. Informationen wo und wann man sie am besten erwischte. Wie ihre Tagesstruktur aussah und was sie so für Schwächen hatte… Ren machte sich wenig Sorgen deshalb. Man kannte seinen Feind am besten und bei einer waschechten Rivalin erwartete er ein paar mehr Takte hierzu. Mal sehen was sie ihnen mit auf den Weg geben konnte…
Eohl mochte ja lieber Räume, die ein bisschen düster waren... Nicht, dass sie große Anforderungen hatte. Wenn der Raum so aussah, sah er eben so aus. Sie blinzelte kurz und wandte sich dann der Auftraggeberin zu. Im Vergleich zu der Rivalin, die sie aus dem Weg räumen sollten, war die hier noch ein gutes Stück jünger und wirkte auch unreifer. Es konnte gut sein, dass ihr fehlender Erfolg einfach darin begründet lag, dass die andere mehr Erfahrung hatte und dementsprechend die Schwierigkeiten, die sie gerade durchlebte, bereits durchgemacht hatte. Die Zeit, in der sie noch nicht so bekannt und beliebt war, war vorbei, so wie es für diese Alheim auch irgendwann der Fall sein würde, wenn sie einfach nur hart arbeitete. Darauf hatte sie aber wohl keine Lust. Eohl sollte es Recht sein. Solange es zum Vorteil von Royal Crusade war, würde sie den Wünschen dieser selbstsüchtigen Frau mit einem Lächeln folgen. Mit einem stummen Nicken lauschte sie dem Austausch zwischen Ren und seinem Gegenüber, wenn auch nicht sonderlich aufmerksam. Ihre Augen suchten in der Zwischenzeit lieber den Raum ab, prägten sich ein paar Details ein – was hier lag, was da lag, was sie so für Schränke sah, was für Make-up die Schauspielerin nutzte. Die erzählte inzwischen ein paar persönliche Geschichten von Gesprächen zwischen ihr und ihrer Rivalin, wenn auch nicht besonders viele. Das war wohl nicht die erste Rolle, bei der sie nicht vorgezogen worden war. Sie hatten ein paar Platitüden gewechselt und die Ältere hatte ein paar Tipps verteilt, das war es. In Eohls Hand bildete sich ein kleiner Handspiegel, in den sie hinein sah – natürlich nicht auf ihr eigenes Spiegelbild. Ein leerer Spiegel blickte ihr entgegen, ohne jedes Bild, während sie so tat, als würde sie ihre Haare und ihre güldenen Hörner richten.
„Keine Ahnung, was die jetzt gerade macht. Die Show geht bald los, ist nichtma mehr ne Stunde. Um die Zeit macht sie sich entweder schon fertig, sie benutzt immer Umkleide 20. Oder sie holt sich noch was zu Essen, da gibt es für Mitarbeiter eine kleine Kantine. Findet ihr, wenn ihr den Gang runter und dann links geht, an den Toiletten vorbei ganz am Ende.“ Unauffällig senkte Eohl ihre Hand und stellte ihren kleinen Handspiegel im Umkleideraum ab. Es war immer von Vorteil, so viele ihrer Spiegel wie möglich herumstehen zu haben – wer wusste schon, ob sie sie brauchen würde oder nicht? „Wenn ihr sie direkt vor der Show abfangen wollt, die Aufführung heute ist auf Bühne 3. Sie geht vorher gerne kurz auf den Balkon im ersten Stock, deshalb kommt sie meist etwas später als die anderen. Ihr könntet sie also allein oben oder auf dem Gang erwischen.“ Eohl wandte sich wieder der Auftraggeberin zu und nickte, weiterhin wortlos. Frau Alheim sah sie etwas verständnislos an, wandte sich dann aber wieder an Ren. Der war für sie wohl der interessantere Gesprächspartner. Das passte aber auch ganz gut, schließlich traf der schlussendlich die Entscheidung, was er und die Yihwa tun würden...
Das Gespräch mit ihrer Auftraggeberin gestaltete sich recht einfach. Ren verstand noch immer nicht, warum Eohl gerade so teilnahmslos war. Hatte sie nun einen kompletten Dachschaden? Selbst im Gespräch mit der Frau zu schweigen und sich auf Nicken und Kopfschütteln zu beschränken, war schon ein wenig sonderlich. Doch der Dämon beschloss sie nicht hier und jetzt danach zu fragen was bei ihr gerade im Kopf klimperte... Er war nicht sicher, ob er die Antwort überhaupt hören wollte. Dennoch würde er sich früher oder später leider mit ihr befassen müssen. Nun konzentrierte er sich auf die Auftraggeberin, die ihnen nur bedingte Informationen zu der Frau geben konnte. Besonders gut oder gar persönlich schien sie jene nicht zu kennen, doch der Argwohn ihr gegenüber war in jedem Wort zu vernehmen. Ren spürte richtig, dass es ihr nichts ausmachen würde, wenn er die Frau vernichtete. Wie und wo er das machen würde, wusste er noch nicht, aber es brannte ihm unter den Nägeln diesen Auftrag zu erledigen. Diese überheblichen Schauspielerinnen abzumurksen, wäre ihm eine Freude. Aber nun zurück zur Aufgabe. So genau wusste sie nicht wo die Frau sich aufhielt. Das galt es nun herauszufinden. „Eohl, blick in die Spiegel und zeig mir wo sie ist.“, forderte er die Magierin mit dem grünen Haar auf. Die hörte natürlich auf den Hünen. Sie warfen einen Blick in die Umkleide, in die Kantine... Da war sie nicht. Ersteres war ärgerlich, denn da wären sie allein auf die Dame getroffen. In der Kantine wäre es wohl kompliziert der Frau zu nahe zu kommen. Ren bemerkte, dass ihre Auftraggeberin ebenfalls neugierige Blicke auf den Spiegel in Eohls Händen warf. „Mir ist egal ob jemand dabei ist oder nicht. Macht die Schlampe fertig.“ Huch? So ein plötzlicher Umschwung... und ohne Rücksicht auf Verluste. Ren hatte nicht unbedingt Lust sich womöglich den Hütern des Gesetzes erklären zu müssen, weil er die Frau verstümmelte. Im Gang wurde Eohl dann fündig. Ren richtete sich auf und baute sich mit einem vernichtenden Blick wieder in der Umkleide auf. „Komm mit.“, forderte er Eohl auf, während der Blick in den rotbraunen Augen irgendwie düsterer geworden war.
Kaum hatten sie die Tür zum Umkleide geschlossen, trat er einen Schritt auf die Magierin heran. Ein kühler Blick traf sie wohl von oben herab. „Hey, bist du jetzt stumm oder was? Ich hoffe du bist noch bei der Sache.“, murrte er ein bisschen genervt. Dass er selbst daran Schuld war, dass sie schwieg, das war ihm nicht klar. „Sie ist auf dem Gang unterwegs. Also gehen wir dahin. Hak dich wieder bei mir ein. So sind wir unauffällig... Wenn wir ihr näher kommen, will ich sehen wie gut du wirklich bist, verstanden?“ Vermutlich nicht. Für jemanden wie Eohl sollte er das erklären. Über eine Treppe, auf der ein roter Samtteppich ausgelegt war, gingen sie die Stufen hinauf zur Etage, wo der Flur sich befand, auf dem die Dame unterwegs war. Sie war potenziell auf dem Weg in ihre Umkleide, denn jene war in der Nähe. Das könnte ihr perfekter Moment sein. „Wenn wir ihr nahe genug sind, werde ich nach Beobachtern Ausschau halten und du kümmerst dich darum, dass sie mit uns in ihre Umkleide muss. Dabei kannst du ihr einen kleinen Vorgeschmack dessen geben, was wir ihr antun werden.“ Den Schockmoment würden sie brauchen, damit sie nicht direkt das Weite suchte. War es gewagt das in Eohls Hände zu legen? Ja, vermutlich. Dennoch musste er wissen wie gut sie als Werkzeug für ihn sein könnte. Deshalb musste er auch ein potenzielles Versagen herausfordern. Am Ende waren das hier Peanuts. Wenn er wollte, konnte er das danach immer noch richten... Doch erst einmal wollte er sehen wie die Verrückte in der Rüstung sich schlug.
Mit einem Nicken bestätigte Eohl Rens Anfrage. Die Frau zu finden dürfte für sie kein großes Problem in diesem Gebäude voller Spiegel sein. Wie zuvor erschuf sie einen Spiegel, um die anderen zu finden und einen zweiten, um das Bild zu verknüpfen. Etwas schwerer atmend wischte sie sich den Schweiß von der Stirn – diese Anstrengung ging ganz schön auf ihr Mana. Danach würde sie erst einmal eine kleine Pause brauchen... Mit kurzen Blicken stellte die Yihwa sicher, dass sich ihre Zielperson nicht in der Umkleide oder im Speisesaal zu finden war, sie hatte sich also bereits auf den Weg gemacht. Stattdessen konnte sie die Frau in einem der Gänge entdecken und tippte Rens Arm an, um ihn darauf aufmerksam zu machen. Dann wussten sie wohl, wo sie jetzt hin mussten. Als sich der Crusader und die Auftraggeberin bereits abgewendet hatten, sah Eohl allerdings, wie die Augen der Schauspielerin in ihrem Spiegel überrascht in ihre Richtung blickten, und so schnell sie konnte beendete sie die Verbindung der zwei Spiegel. Ob sie wohl entdeckt worden war? Ren wusste vermutlich gar nicht, dass die Verbindung der Spiegel keine Einbahnstraße war und dass das Gesicht der Yihwa auch auf der anderen Seite auftauchte, wenn sie hinein schaute. Aber diese Tea hatte bestimmt nur einen flüchtigen Blick auf sie erhascht und dann ihr eigenes Spiegelbild gesehen, als Eohl die Verbindung getrennt hatte. Sie ging sicher davon aus, dass ihre Augen ihr einen Streich gespielt hatten und dass sie sich nur eingebildet hatte, dass da eine andere Frau im Spiegel gewesen sei. Ja, alles war in Ordnung. Eohl hatte nichts falsch gemacht und niemand musste davon erfahren. Mit einem leicht mulmigen Gefühl löste die Yihwa den Spiegel wieder auf, sah dabei zu, wie er zu Glasstaub zerfiel und verschwand, als würde ihn ein sanfter Wind davontragen. Sie musste einfach nur Ren folgen und den Mund halten, dann würde schon alles funktionieren.
Draußen auf dem Gang stellte Ren ihr allerdings eine Frage darüber, warum sie nicht redete. Hatte sie seinen Befehl falsch verstanden? Oder war das ein Test? Etwas unsicher blickte sie sich um, sah aber niemanden außer sich und ihm. Hier war sie also nicht unter Leuten, da sollte sie reden dürfen, oder? Vorsichtig lehnte sie sich vor und stellte sich auf die Zehenspitzen, sodass sie möglichst nah an sein Gesicht herankam, und wisperte in Richtung seines Ohrs: „Du hast mir doch gesagt, dass ich niemanden anquatschen und nicht laut sein soll, richtig?“ Kurz lehnte sie an seiner Brust, wartete auf eine Antwort, ehe sie sich wieder von ihm löste und stumm in die Richtung deutete, in die sie gehen mussten. Mit etwas Glück hatten sie ihre Aufgabe so gut wie erfüllt. „Sie sollte hier irgendwo sein...“, meinte die Yihwa leise, während sie dem Gang folgte. Sie hatten sich beeilt, eigentlich sollte die Schauspielerin nicht weit gekommen sein. Und tatsächlich, die Yihwa glaubte, ein Geräusch zu hören. Leicht nervös erschuf sie in der Luft neben sich eine Spiegelscherbe, die sie in die Hand nahm, bereit, damit auf jemanden loszugehen. Was wäre wohl eine gute Strafe für diese Frau? Ein Bein, auf dem sie nicht mehr stehen konnte? Ein Haarschnitt, mit dem sie sich nicht auf der Bühne zeigen wollte? Vielleicht ein oder zwei Augen weniger? Bereit zum Angriff ging sie um die nächste Ecke, doch die Frau war noch immer nicht zu sehen. Eohl trat weiter vor, aber da war einfach niemand. Hatte sie sich geirrt? Falsch eingeschätzt, wo genau der Spiegel war oder wohin sie sich bewegen würde? Das wirkte nicht richtig. Ehe die Yihwa allerdings groß darüber nachdenken konnte, öffnete sich blitzartig die Tür neben ihr und stieß ihr in den Rücken, sodass sie zu Boden purzelte.
"Wusste ich es doch. Mir ist also tatsächlich jemand gefolgt." Mit skeptischem Blick trat die Schauspielerin, die sie verfolgt hatten, aus dem Raum hervor und blickte auf Eohl hinab. Schnell wollte sich die Crusaderin die Spiegelscherbe schnappen, die sie beim Sturz verloren hatte, jaulte aber leise auf, als sich der hochhackige Schuh ihrer Zielperson auf ihre Hand stellte. "Du bist also eine Magierin, ja? Hast du vorhin mit dem Spiegel gespielt?"
Selbstverständlich sah Ren die Fehler in Eohls Magie nicht. Wie auch? Ein solch wichtiges Detail, wie die Tatsache, dass man ihre Spiegel aus beiden Richtungen betrachten konnte, wäre wohl etwas, von dem man meinen sollte, dass Eohl allein darauf käme ihn darüber zu informieren… Doch das sah die Magierin wohl anders. So konnte der Hüne nichts von ihrem fatalen Fehler wissen und die grünhaarige Verrückte behielt ihr Geheimnis für sich. Ob ihnen das noch schaden würde? Oder kam sie damit womöglich wirklich davon?
Für ihn stand erst einmal eine andere Frage im Vordergrund: Warum um alles in der Welt schwieg sie die ganze Zeit? Sonst nahm die Irre doch kein Blatt vor den Mund und kaute ihm das Ohr ab, obwohl er das nicht leiden konnte. Hatte sie das womöglich begriffen? Sie war eine Spiegelmagierin und keine Hellseherin. Daher ging er nicht davon aus, dass da eine spontane, zufällige Erleuchtung stattgefunden hatte, wenn er ehrlich war. Allerdings lehnte sich Eohl kurz darauf zu ihm hinüber. Ihre Nähe war ihm nach wie vor irgendwie unangenehm. Warum rückte sie ihm so auf die Pelle? Verrückte Alte… Als sie ihm dann ihre Antwort zuflüsterte, wollte er sich vor die Stirn schlagen. Hatte er das ernsthaft gesagt? Gar nicht so dumm von ihm, ihr das Sprechen zu verbieten. Das machte das Leben natürlich um Einiges leichter. Dennoch war es teilweise hinderlich. Nun wusste er immerhin, dass er sie einfach zum Reden auffordern konnte. Ihre absolute Gehorsamkeit gefiel ihm allerdings. Das würde er sich ganz sicher merken… „Gut mitgedacht. Das war ein Test. Den hast du bestanden.“, stimmte er zu und machte einfach weiter. Natürlich war dem nicht so, doch woher wollte Eohl das schon wissen? Wenn er sie lobte, freute sie sich bestimmt und war weiterhin gehorsam. Das spielte ihm einfach zu gut in die Karten.
Ihre Magie war bisher sehr nützlich. Das musste er zugeben. Im Leben hätte er nach ihrer letzten Begegnung nicht geglaubt, dass die Yihwa von Nutzen sein könnte. Fügsam und nützlich… Das würde er sich merken. Vielleicht konnte man aus ihr ja doch noch einen nützlichen Handlanger machen? Dass sie ihm ständig so auf die Pelle rückte, gefiel ihm aber nicht so richtig. Allerdings fiel es ihm schwer das zu formulieren, sodass sie ihn verstand… Das war etwas kompliziert. Jeder andere reagierte einfach auf seine forschen Worte. Eohl nahm jene zwar auch wahr, aber mit etwas Glück bekam sie die noch in den falschen Hals… Der Hüne ignorierte also ihr Handeln und deutete nichts da hinein. Sehr bewusst hatte Ren diesmal der Verrückten allein die Aufgabe gegeben sich um die Frau zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie im die Umkleide musste. Versteckt hinter einer Ecke der Wand wartete er und beobachtete, wie Eohl sich anstellte. Als jene eine Spiegelscherbe in ihren Händen erschienen ließ, ahnte der Hüne was sie vorhaben könnte. Allerdings lief es anders als erwartet…
Mit einem Schlag schnellte eine Tür in Richtung der Yihwa und stieß sie um. Als die Frau zu sprechen begann, verfinsterte sich die Miene des Hünen. Woher wusste sie das? Kaum sprach sie weiter, konnte Ren eins und eins zusammenzählen. Sie hatte das mit dem Spiegel gesehen? Verdammt Eohl. Es war doch nicht so schwer solche Dinge verdeckt zu erledigen, oder?! Schnaubend eilte der riesige Magier aus seinem Versteck hervor und ging auf die beiden zu. Da der Gang hinter ihnen sie nicht weit bringen würde, war Flucht nicht möglich – maximal in ihre Umkleide, aber Türen hielten Ren sicher nicht auf. Erschrocken blickte sie auf, als der große Magier neben ihr stand und sie bedrohlich anfunkelte. „Fuß hoch.“, mahnte er und bekam einen Blick zugeworfen, der zwar zeigte, dass sie sich fürchtete, aber mehr als das, war sie wohl stur. „Jetzt.“, knurrte er. Kurz darauf hob die Frau tatsächlich den Fuß von Eohls Hand. In dem Augenblick schnappte sich Ren das Handgelenk der Künstlerin und zog sie mit sich in die Umkleide. „Komm.“, wies er Eohl noch an und ging davon aus, dass sie gleich folgen würde…
Als alle in der Umkleide waren, schloss Ren die Tür hinter ihnen und lehnte sich dagegen. Es gab keine Entkommen mehr. Die Frau stand nervös, aber angespannt vor ihnen. Sie zeigte ihre Angst nicht – zumindest nicht äußerlich. Ren war das egal. „Warum seid ihr hier? Was wollt ihr von mir?“ Eine Frage, die durchaus berechtigt war. Ren verschränkte die Arme und grinste. „Ich hatte gehofft, dass wir das unbeobachtet schaffen… Aber gut. Sie haben nun die Wahl: Entweder sie ziehen sich von der großen Rolle im Stück zurück oder wir sorgen dafür, dass sie davon zurücktreten müssen.“ Die rotbraunen Augen funkelten sie an. Kein Bluff. Begeistert schien sie davon nicht… Ren nutzte einen seiner Zauber, um seine dämonische Gestalt zu zeigen. Bei den meisten Menschen sorgte das nämlich für Angst und Ehrfurcht. Zwei Hörner wuchsen an seiner Stirn und an seinem Hinterteil bildete sich ein großer, kräftiger Schwanz, der genügen sollte, um die Tür bei der Arbeit verschlossen zu halten. „Also?“, fragte er ungeduldig. Schließlich war er doch sehr großzügig gewesen. Sie hatte die Wahl… Was sie wohl sagen würde?
Das Lob, das Ren Eohl ausgesprochen hatte, würde ihm wohl bald im Hals stecken bleiben... Für sie ging es glücklicherweise runter wie Öl, köstlich und erfreulich. Natürlich hatte sie sich an seine Anweisungen gefallen! Sie war schließlich das beste Werkzeug in ganz Royal Crusade, mit weniger Selbstachtung als jedes andere Mitglied! Dafür stand sie mit ihrem Namen! Nachdem sie diesen ersten Test bestanden hatte, verfehlte sie aber deutlich, als es darum ging, die Schauspielerin – eine simple und nicht mehr unbedingt junge Zivilistin – einzufangen. Die Frau sah Eohl nicht nur kommen, sondern schaffte es auch problemlos, sie zu übertölpeln und zu Boden zu bringen. Gut, dass sie nicht alleine war. Die kraft- und eindrucksvolle Statur von Ren, gepaart mit seiner natürlichen Autorität, sorgte schnell dafür, dass sie den Schweif einziehen musste, und ehe sich die Frau versah, waren sie, Eohl und Ren zu dritt in einer Umkleide, aus der es kein Entkommen gab.
„... Das war Violets Idee, nicht wahr? Typisch für die Schlampe.“ Auch wenn sie eingeschüchtert war, war die Schauspielerin offensichtlich auch ganz schön sauer. Vorsichtig, aber auch ein Stück weit aufmüpfig schenkte sie den beiden Magiern einen säuerlichen Blick. „Das soll es also gewesen sein? Ich reiße mir jahrelang den Arsch auf, kämpfe darum, eine ordentliche Karriere in einem furchtbar konkurrenzstarken Gewerbe aufzubauen, schaffe es und irgendeine Trulla denkt einfach, sie kann mich loswerden und durchstarten? Pah!“ Das passte aber wirklich nicht zu ihrem Persona auf der Bühne... So einen faulen Mund trauten die meisten Theaterfans ihrer geliebten Diva vermutlich gar nicht zu. Selbst Eohl war ein Stück weit überrascht, sie solche Worte aussprechen zu hören. Dazu kam ihre allgemeine Haltung. Sie war offensichtlich ziemlich sauer. „Wie viel bezahlt sie euch denn? Mit ihren jämmerlichen Rollen wird sie sich das hier wohl kaum leisten können. Oder gebt ihr Kredite?“, lachte sie selbstgefällig und schüttelte den Kopf. „Hey, was haltet ihr davon, wenn wir es andersrum machen? Ihr kriegt von mir richtige Kohle. Mehr als sie sich leisten könnte. Und dafür dreht ihr den Spieß um, reißt der Ziege alle Haare raus und lasst sie unauffällig verschwinden. Können wir uns darauf einigen?“
Ein Gegenvorschlag? Eohl blinzelte erstaunt – damit hatte sie tatsächlich nicht gerechnet. Wenn sie so zurückdachte, hatte sie so einen Vorschlag in der Vergangenheit auch noch nicht bekommen... allerdings hatte sie auch noch kein Quest ausgeführt, die so richtig wie diese hier war. Vielleicht waren solche Zielwechsel ja etwas, das Auftragsmörder öfter vorgeschlagen bekamen? So oder so trat sie einen Schritt vor. „Was für ein naiver Gedanke“, meinte sie höhnisch und hob ihren Kopf, um Tea aus überheblichen Augen anzusehen. „Du willst, dass wir unsere Auftraggeberin verraten? Denkst du, du kannst dein Leben und deine Zukunft mit simplem Geld retten? Der Fluss der Zeit ist nicht so gnädig!“ Sie lachte auf – ein gackerndes, fieses Lachen voller Verachtung. Wofür hielt diese Frau sie? „Royal Crusade steht für Loyalität, Zuverlässigkeit und Professionalität! Wir sind die Gilde, die die Zukunft einleiten wird! Nie wird sich einer von uns von simplen Dingen wie Geld von unseren Zielen ablenken lassen!“ Bedrohlich stand sie vor der Schauspielerin, die tatsächlich ein Stück zurück wich, ihre Augen besorgt und auf die Yihwa gerichtet. Wie amüsant! Eohl drehte kurz ihren Kopf, blickte aus großen, glühenden Augen zurück auf ihren Partner. „Das stimmt doch, Ren, oder? Das ist richtig so?“
Nun, das mit der Attacke war gehörig daneben gegangen. Da hatte Ren sich einmal auf Eohl verlassen und das war mehr oder weniger die Strafe dafür. Eigentlich hätte er es ahnen müssen. Die Grünhaarige war niemand, den man auf eigene Faust agieren ließ. Die kleinsten Aufgaben gingen bei ihr daneben. Ren schnaubte genervt. Das konnte doch nicht wahr sein. Da wollte er einmal wirklich sehen was sie konnte und sie fuhr das Ganze schnurstracks vor den Baum. Immerhin hatte er es mit seiner eindrucksvollen Art geschafft die Dame von Eohl zu lösen. Nun konnten sie ein Gespräch unter sechs Augen führen. Die Yihwa würde ihre Strafe dafür schon noch bekommen, aber die Quest hatte noch immer Vorrang. Erst einmal stellte der Hüne also die Schauspielerin vor die Wahl: Entweder sie ergab sich dem freiwillig oder sie sorgten dafür. Welchen Weg würde sie wohl wählen?
Weder den Ersten, noch den Zweiten. Die Mimik des Hünen veränderte sich absolut gar nicht, als die junge Dame gezielt nach ihrer Auftraggeberin fragte. Dumm war sie schon einmal nicht. Ren zeigte nichts davon, was er gerade dachte. Die musste nicht wissen, dass sie damit richtig lag. Sie war sauer - wohl zurecht. Wenn dem Hünen jemand die Karriere derartig feige versaute, wäre er wohl ähnlich angefressen. Allerdings war er nicht so schwach wie diese wütende Frau. Er hätte sich seinen Platz schon erkämpft - das konnte sie nicht. Doch sie hatte einen Vorschlag. Richtige Kohle? Ren ließ sich erneut nichts davon anmerken, doch die Schauspielerin war von einem Kaliber, das ihm mehr gefiel. Sie wagte es für ihr Ziel zu kämpfen, wenn auch nicht mit eigenen Händen. Dass sie sich aber nicht ergab sprach nur für sie.
Bevor Ren sich dazu aber äußern konnte, riss Eohl ihr Maul auf. In genau diesem Moment schlug die Mimik des Hünen um. Als hätte sie heute nicht schon genug vermasselt, wagte sie es sich nicht mehr an seine Worte zu halten? Immerhin hatten sie noch kurz zuvor darüber gesprochen, dass sie nichts zu melden hatte, wenn er es nicht verlangte. Nur so konnten sie gut miteinander auskommen. Und jetzt spielte sie sich hier so auf. Der Fluss der Zeit ist nicht so gnädig. Nein, das nicht... Als sie sich mit ihren großen, glühenden Augen an ihn wandte und der Meinung war, dass sie gerade genau das Richtige gesagt hatte, traf sie der eiskalte, abwertende Blick der rotbraunen Augen von Ren. „Eohl. Hast du vergessen, was ich dir befohlen habe?“, fragte er in tiefer, rauer Stimme. Er wirkte so distanziert von ihr, dass man beinahe eine gewisse Enttäuschung heraushören konnte. „Hat hier irgendjemand nach deiner Meinung gefragt? Und wenn ja, war ich es?“ Spätestens jetzt sollte sie verstehen was Ren meinte. Er hatte nicht wissen wollen was sie darüber dachte. Das, was sie über Royal Crusade sagte, war Unsinn. Absoluter Schwachsinn, um genau zu sein. Der Hüne verschränkte die Arme vor der Brust und blickte beide Damen von oben herab an. „Was über allem steht, nach den Grundsätzen von Royal Crusade, ist Macht. Wir handeln ohne Moral und ohne nutzlosen Ballast wie Gefühle und diesen ganzen Unsinn, den die anderen Gilden für nützlich halten. Bei uns zählen Ergebnisse und Macht. Die Schwachen sterben, nur diejenigen, die stark genug sind, haben einen Platz in dieser Welt.“, erklärte er seiner Kollegin und ignorierte dabei die Dame, die vor ihnen stand und eben einen Vorschlag gemacht hatte. Als ihr klar wurde, dass sie es mit Royal Crusade zu tun hatte, legte sie die Hände erschrocken über ihren Mund. Vermutlich wurde ihr klar wie ernst die Lage ist. „Macht ist Stärke. Der eiserne Wille, alles zu tun, um zu überleben und auch Geld - das ist ebenfalls Macht. Wenn uns diese Frau mehr bezahlen will, wenn sie den Willen hat mehr zu geben, um ihr Leben zu retten und auf jegliche Moral pfeift, wie ist sie dann nicht genau das, wofür Royal Crusade steht? Erklär mir das Eohl.“ Mit abschätzigem Blick sah er auf die Magierin hinab. „Du hast noch so viel zu lernen...“ Enttäuschung klang aus seiner Stimme heraus. Allerdings war das etwas, was die Yihwa sicherlich prägen würde - und das war gut. Gehorsam musste sie sein und stärker werden. Nur so funktionierte jemand wie sie, der keinen eigenen Verstand besaß. Mit diesen Worten ging er auf die Dame zu. „Wenn du bereit bist die Last zu tragen und uns reichlich zu entlohnen, arbeiten wir für dich. Deal?“ Er streckte seelenruhig und unerschüttert seine Hand nach ihr aus. Die Frau zögerte nicht lang. Sie wusste schließlich, dass es ihre einzige Chance war. Das würde ihr Leben retten - aber ihre reine Weste restlos versauen. „D-Deal...“, stimmte sie unsicher zu und bekam ein dämonisches Grinsen von Ren zugeworfen. Wer einen Deal mit Royal Crusade eingeht, sollte wissen, worauf er sich einließ... Es war ein Deal mit der Unterwelt - und in diesem Fall sogar mit dem Dämonenkönig.
„Eh...?“ Vergessen? Was hatte sie vergessen? Es war nicht ungewöhnlich für die Yihwa, Dinge zu vergessen, aber Befehle merkte sie sich eigentlich so lange, bis sie abgeschlossen waren. Manchmal sogar ein wenig länger. Als er spezifizierte, dass er nicht nach ihrer Meinung gefragt hat, zuckte sie quietschend zusammen. „Aah... ich dachte, damit sind wir fertig! Entschuldige bitte!“ Schnell verbeugte sich Eohl vor ihrem Partner, doch der war bereits dabei zu erklären, wie falsch sie doch gelegen hatte. Alles, was für Royal Crusade zählte, war Macht. Geld war Macht. Diese Frau... war alles, wofür die Gilde stand? Eohl blinzelte verwundert, und für ein paar kurze Momente verschwand das Licht aus ihren Augen. Ihre Iris zuckte in einem dunklen Rot, ehe sie sich wieder auf ein etwas helleres Orange aufhellte. „Doch, natürlich! Sie ist genau das, wofür wir stehen!“, nickte die Yihwa mit einem breiten Lächeln und verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken. Ein finsteres Kichern entkam ihr. „Wenn interessiert Professionalität? Wir arbeiten für den, der am meisten zahlt... solange wir das wollen“, meinte sie amüsiert und schritt näher an die alte Schauspielerin an, um sie zu begutachten. „Dein Geld gibt deinem Leben einen Wert... du Glückliche. Vergiss nicht, dich bei Ren zu bedanken...“ Eine andere Form von Macht hatte sie definitiv nicht. Magie beherrschte sie keine, sie mochte für eine Zivilistin fit sein, aber im Vergleich zu den beiden Crusadern war sie ein Nichts, und so alt, wie sie war, würde bestimmt ihr Herz früher oder später von selbst stehen bleiben. Sie war ein schwaches Wesen, das leicht zertreten werden konnte. Das einzige, was sie vor dem Boswillen der Yihwa schützte, war ein bisschen Geld... aber das genügte wohl. Vielleicht hätte die Alheim sich doch persönlich die Hände schmutzig machen sollen. Sie war jünger und kräftiger als die Frau, die sie loswerden wollte, aber sie hatte aus der Geschichte eine Frage des Geldes gemacht... und ihr Geld verlor gegen das der Älteren. Was für eine erbärmlich traurige Geschichte...
„Hm, sag mal... geht deine Show nicht bald los...?“, fragte die Yihwa nachdenklich und spielte mit der Scherbe in ihrer Hand. „Ihr zwei seid im gleichen Stück... also wird sie wohl schon Backstage sein...“ Ein hämisches Grinsen breitete sich auf dem Gesicht der Yihwa aus, die einen düsteren Blick in Richtung Ren warf. Er wusste mit Sicherheit bereits, was sie dachte. „Sie wird nicht die einzige Person dort sein, nicht wahr? Die anderen Schauspieler, und vor der Bühne sind bereits die Gäste versammelt... und wer weiß, wie viele Personen ihr nach der Show bereits auflauern. Reporter, Fans, der Abschaum unter den Füßen des Abschaums.“ Kichernd presste sie das spitze Ende ihrer Scherbe gegen den Finger ihres Panzerhandschuhs, drehte sie ein wenig hin und her. Ein kleiner Lichtfleck tänzelte dabei die Wand entlang. „Um auf einen ungesehenen Moment zu warten, ist der Zug mit Sicherheit schon abgefahren, also können wir doch auch die Show sprengen, nicht wahr? Vielleicht ein Zeichen dafür setzen, was passiert, wenn man mit den falschen Mächten des Landes spielt!“ Sich über die Lippen leckend, deutete sie mit der Scherbe in Richtung der Chisakawa.
„Tea, Schatz, bringst du uns Backstage rein? Wir sind auch schön unauffällig...“
Es war keine Überraschung für Ren, dass Eohl mal daneben lag. Wie sie darauf reagierte, war das, was ihn wirklich unerwartet traf. Zunächst wirkte sie verwirrt und irritiert darüber, dass er ihr vorwarf etwas Wichtiges vergessen zu haben. Sie war unglaublich gehorsam. Der Hüne war es nicht gewohnt einen Menschen so in der Hand zu haben. Eohl gehorchte ihm wie eine Marionette, die an seinen Fäden tanzte. Das gefiel dem Hünen gut. Schließlich war sie nützlich und ihre Magie stark. Blieb sie so formbar, dann könnte er sie durchaus zu einer Art Sidekick machen - zumindest so lange sie an seiner Seite überlebte. Ren sah diesen sonderbaren Moment. Diese eigenartige Bewegung ihrer Augen. Einen Dachschaden, wie sie ihn hatte, hatte er nie zuvor gesehen. Aber auch eine solch spontane Veränderung in ihrem Wesen und ihrem Sein, kannte er bis dato von keinem Menschen. Der Hüne zog die Brauen nach oben und schwieg. Lag womöglich ein Zauber auf ihr, der etwas mit ihr machte? Es könnte Ren nicht weniger interessieren, wenn dem so wäre. So lange sie ihm so gehorchte und tat was er wollte, sollte ruhig eine höhere Macht ihren Weg führen. Das kam ihm nur gelegen. Menschlich war er ohnehin nicht. Da hatte er keine Skrupel. Als sie wieder gehorchte und sich auf ihre Position besann, nickte Ren ruhig. Die neue Auftraggeberin war sehr eingeschüchtert von dem, auf das sie sich gerade eingelassen hatte. Als sie die Frau fürs Erste zurückließen, legte Ren kurz seine Hand auf Eohls Schulter. „Gut so.“, sprach er. Ein Lob? Vielleicht. Für ihn war es lediglich ein Mittel sie gehorsam und gefügig zu machen. Ren betrachtete Eohl nun als eine Art Waffe, die er handeln musste...
Nach einiger Zeit kehrten sie zurück. Eohl stellte erneut die richtige Frage. Ob die Show nicht bald startete. Ren beobachtete das Verhalten der Magierin und versuchte ihren Gedankengängen zu folgen. Sie wollte der Frau also Backstage auflauern? Dort warteten eine menge Leute auf die Schauspielerin, denn das Stück würde gleich starten. Wenn sie es so handhabten, dann würde es viele Zeugen geben. Ob das Tea so recht war? Eohl redete ihr quasi ein, dass jetzt der perfekte Moment war. Nicht, weil sie es für sinnvoll hielt, sondern weil sie es offensichtlich wollte. Ren verschränkt die Arme vor der Brust. Er beobachtete die Reaktion der Schauspielerin genau. Sie begann nervös zu werden und zu schwitzen. Offenbar wurde ihr nun erst bewusst auf was sie sich da grad einließ. Im Prinzip hatte sie einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Eohl und Ren hatten kein Gewissen. Die würden für Geld tun, was man ihnen sagte. Die grünhaarige Magierin hätte sogar Spaß daran sich öffentlich entsprechend darzustellen, wie es schien. Ren war nicht der größte Fan davon, doch dazu schwieg er fürs Erste. Stattdessen beobachtete er Tea, die offensichtlich gerade einen inneren Kampf mit sich austrug. Schließlich wusste sie wie falsch das war. In ihrem Zorn hatte sie sich darauf eingelassen. Was mit ihrer Rivalin passieren würde, wenn Ren und Eohl ihren Auftrag durchführten, konnte sie sich nicht einmal ausmalen. Wie weit würden sie wohl gehen? Würde sie aber nicht handeln, keinen Auftrag geben... dann würden die beiden Magier wohl ihr selbst auflauern. Tea schluckte und blickte Ren ängstlich an. „Sie ist noch nicht Backstage. Diese Schlampe hält sich für wichtig genug zu spät zu kommen. Dauernd lässt sie uns warten...“ Okay, leichter Zorn war in ihrer Mimik zu sehen. „Sie hat so ein bescheuertes Ritual, bei dem sie auf dem Dach Übungen vor den Aufführungen macht. Da könnt ihr problemlos machen was ihr wollt... Ihr werde Backstage gehen, damit ich damit nicht in Verbindung gebracht werde. Eurer Gilde lasse ich euren Lohn zukommen, wenn ihr es erledigt habt.“ Tea bemühte sich ihre Rolle cool zu spielen, doch sie war alles andere als das. Sie schüttelte sich und setzte ein freundliches Gesicht für die Bühne auf. Sie öffnete die Tür und fügte leise hinzu: „Legt sie nicht um, ok?“ Dann schloss sie besagte Tür hinter sich und ging an die Arbeit. Das sollten Eohl und Ren nun auch tun. Letzterer wandte sich der Magierin zu. „Dann muss es jetzt schnell gehen. Wir nehmen den schnellstmöglichen Weg zum Dach. Führ mich hoch. Dort werde ich dafür sorgen, dass sie nicht wieder auf die Bühne kommt...“ Eohl hatte schließlich ihre Spiegel überall. Sie sollte das doch hinkriegen ihm den besten Weg zu zeigen, oder? Die Schauspielerin nicht umzulegen, war ein Leichtes, wenn es gewünscht war. Ren überlegte sich schon was er mit ihr anstellte, damit man sie nicht mehr auf der Bühne sehen wollte... Wie ruinierte man die Karriere einer Schauspielerin am besten?
„Legt sie nicht um, sagt sie...“, murmelte Eohl unzufrieden, während sie Ren durch die Gänge des Theaters führte. War ihre Macht, ihr Geld wirklich diese ganzen Einschränkungen wert? Zu gerne hätte die Yihwa vor großer Audienz ihre Gegnerin auseinander genommen, aber nein, dafür war diese Frau zu zimperlich. Warum dann überhaupt bezahlen? Warum nicht einfach sterben? Nun ja... Wenn Ren das für richtig hielt, dann passte es schon. Die Navigation fiel ihr leicht. Die Yihwa hatte ein klares Bild von all den Spiegeln, deren Bilder sie gesehen hatte, deren exakter Position und der Positionen aller Spiegel, nach denen sie nicht geschaut hatte. Sie erinnerte sich auch an den ungefähren Aufbau des Gebäudes, was bedeutete, dass sich diese Informationen ziemlich leicht zu einem klaren Gesamtbild zusammenfügen ließen. Ihre Beobachtungsgabe war das Talent der Grünhaarigen, auch wenn es nicht immer so wirken mochte. Wenn sie ihren Fokus beisammen hatte, dann war diese Art der Navigation genau die Art Arbeit, für die sie perfekt geeignet war. „Die Treppe noch... dann sollten wir da sein“, meinte sie, als sie kurz vor dem Ziel standen. Der Ausgang zum Dach der Amphore, wo sich der Hals wieder weitete... Von oben nicht mehr als eine Art Plateau, eine flache Ebene, von der man nur allzu leicht herabfallen konnte. Vermutlich war dieser Weg deswegen meist versperrt, aber jemand, der hier arbeitete, hatte wohl einen Schlüssel. Die Tür stand leicht offen, wurde von einem Ziegelstein davon abgehalten, sich wieder zu schließen, und lud so Ren und Eohl gemeinsam dazu ein, sich nach draußen zu begeben. Das Ende war nahe...
„Da ist sie ja! Tatsache, auf dem Dach“, lachte die Yihwa amüsiert, wo die junge Angeberin von zuvor sich ein wenig streckte, dann versuchte, ihre Zehen im Stehen zu berühren. Das Gelächter der Crusaderin hatte sie aber wohl wahrgenommen. Kurz alarmiert blickte sie über ihre Schulter, ehe sie die beiden Magier erkannte, aufatmete und sich in ihre Richtung wandte. Sie war wohl nervös... Wie niedlich. Wenn Eohl ehrlich war, mochte sie unter den beiden Schauspielerinnen diese hier lieber, aber es war ja nicht ihre Wahl. Beide von ihnen würden überleben, und die alte würde ungestraft davonkommen. Ein unschönes Ergebnis, aber ein Ergebnis. „Da seid ihr... na, wie sieht's aus? Allesgeklappt?“, fragte die Schauspielerin, und Eohl nickte fröhlich. „Jap, jap. Mit der alten Tante sind wir fertig“, meinte sie mit amüsierter Stimme und begann zu grinsen. „Von hier an geht es nur noch ums Geld.“ Im wahrsten Sinne des Wortes. Die alte Frau würde die beiden wohl nicht wiedersehen – nicht, solange sie ordentlich bezahlte. Jetzt war es nur noch das Geld, das die Handlungen der Magier steuerte. Das schien die Jüngere allerdings nicht so recht zu verstehen. „Sehr gut, sehr gut... Sobald ich mit eigenen Augen gesehen habe, was mit ihr passiert ist, wird das Geld an eure Gilde geschickt“, meinte die Frau, während sie ihre Übungen beendete. „Dann könnt ihr jetzt verschwinden.“ Der Blick der Yihwa glitt erwartungsvoll hinüber zu Ren. Er hatte gesagt, er würde sich um sie kümmern... und Eohl war schon richtig gespannt darauf, wie das wohl aussah.
Ren war die Art Mann, die seine Arbeit verrichtete. Skrupel kannte er kaum und Gedanken darüber machte er sich auch nicht wirklich. Es ging hier lediglich ums Geld und darum seine Position in der Gilde zu verbessern. Eohl war in seinen Augen nur eine Art Handlanger, deren Fähigkeiten er sich zu nutze machen würde. Dieses Mal und vermutlich auch in anderen Quests. Schließlich war die Magierin sehr gehorsam ihm gegenüber und das war vernünftig. Zwar mochte sie dämlich und weltfremd sein, doch der Hüne würde sich das schon zurechtbiegen. Die Unzufriedenheit, welche sie der Situation gegenüber äußerte, kommentierte Ren lediglich mit einem abschätzigen Blick. Wäre es nach ihr gegangen, hätten sie die Alte wohl umgelegt, hm? Es hatte schon seinen Grund, dass diese Dame Mitglied dieser Gilde war. Irgendwie fiel es Ren schwer sich vorzustellen, dass Eohl überhaupt irgendwo in die Welt passte. Wenn er so darüber nachdachte, dann war das hier wohl der beste Fleck für sie. Die Magierin mochte mit dem Ergebnis nicht gänzlich glücklich sein, doch sie war gehorsam. Immerhin führte sie den Hünen dahin, wo er hin wollte...
„Sehr gut.“, antwortete Ren mit einem beinahe anerkennenden Ton, als die Yihwa ihm erklärte, dass sie gleich da waren. Ihre Gelächter zeigte eine gewisse Aufregung bei der Grünhaarigen. Ren glaubte aber nicht, dass er sie zur Ruhe bitten musste. Schließlich würde ihre ehemalige Klientin, die nun zu ihrem Opfer wurde, keinesfalls erahnen worüber sich Eohl so freute. Mit den Händen in seinen Hosentaschen verborgen blieb der Hüne locker stehen. Er war noch nie sonderlich gesprächig gewesen. Auch das ließ die Dame nichts erahnen. Sie wirkte nervös, als hätte sie Angst, dass es nicht geklappt hätte. Für was für Amateure hielt sie die Beiden? Eohl übernahm das Reden und zu Rens Erstaunen erzählte sie sogar mal keinen Unsinn. Ein Schmunzeln schlich sich in die sonst so mürrischen Züge des Dämons. Ums Geld, hm? Eohl hatte hier mächtig Spaß. Dass sie so sadistisch war, überraschte Ren ein Stück weit, doch auch das war eine Attribut der Dame, das er zu nutzen wissen würde.
Die Frau schien erleichtert, dass soweit alles geklappt hatte. Die Aussage mit dem Geld spiegelte das wider, was sie abgesprochen hatten. Dass sie überhaupt hier aufschlugen, um ihr zu sagen, dass sie es getan hatten, war ja eigentlich nicht Teil der Abmachung. Sie schien sich jedoch nichts weiter dabei zu denken. Während sie sich schon von den Beiden abwandte, spürte Ren die erwartungsvollen Blicke von Eohl auf sich. Selbstverständlich wollte er jener eine kleine Show bieten, wenn sich die Sache schon so entwickelte. In einem ruhigen Atemzug zog er eine seiner Hände aus der Tasche und richtete den Arm vor sich. Jener begann sich von der Schulter herab zu verändern. An seinem angespannten Arm traten die Adern dunkel hervor, während die Haut sich Stück für Stück in einem blutroten Ton verfärbte. Besagter Arm schwoll um Einiges an, wobei sich seine Hand in eine riesige Pranke verwandelte und aus seinen Nägeln messerscharfe Krallen worden. Ren packte seine Schulter und ließ sie einmal kreisen. „Eine Sache noch...“, durchbrach die dunkle Stimme des Hünen die Stille, während er einen Schritt auf die Dame zutrat. Seine menschliche Hand lag auf ihrer Schulter und drehte sie mit einem Ruck herum. Lediglich ein erschrockener Laut war ihr entwichen, bevor Ren mit der Pranke ausholte und alle fünf Krallen an seiner dämonischen Hand von ihrem Skalp an hinab über das Ganze Gesicht zog. Ein panischer, schmerzhafter Schrei war ihr entwichen, da hatte der Hüne sie schon am Hals gepackt und hob sie von den Füßen auf seine Augenhöhe hinauf. Vermutlich versuchte sie ihn anzublicken, doch ihre Augen, die er bei seiner Attacke zerfetzt hatte, konnten ihn sicherlich nicht mehr sehen. Ein entstelltes Gesicht und zerstörte Augen... Das sollte doch genügen? Sie würde das Rampenlicht gewiss nie wieder zu Gesicht bekommen... „Schrei nicht.“, mahnte er in tiefem Ton. Zitternd und wimmernd hielt sie inne. Vor lauter Angst stoppte sogar ihr Zappeln. „W-Warum...?“, brachte sie nur gequält hervor. Ren schnaubte. „Das tut nichts zur Sache.“ Noch hielt er sie fest und drückte ganz leicht eine seiner kalten Krallen gegen ihre Kehle. Sie mochte es nicht sehen, aber sicherlich spürte sie, dass sie nur wenige Millimeter vom Tod entfernt war. „Du sprichst besser nicht darüber was passiert ist... Wenn du mich nicht wiedertreffen willst.“ Mit diesen Worten ließ er sie los, sodass sie zu Boden stürzte. Panisch suchten ihre Hände den Boden ab. Der Arm des Hünen verwandelte sich wieder zurück, während er zu Eohl schritt und ihr die Hand lobend auf den grünen Schopf legte. „Gut gemacht.“ Nun könnten sie die Heimreise antreten. Dafür würden sie reich belohnt werden...
Predator's Prank: Cerberus Soul TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Nahkampf MANAVERBRAUCH: 20 pro 3 Minuten MAX. REICHWEITE: Selbst SPEZIELLES: Partial Take Over VORAUSSETZUNGEN: Manaregeneration Level 2, Stärke Level 2 BESCHREIBUNG: Hierbei durchlebt der Arm des Zauberers eine feurige Verwandlung: Die Muskeln in seinem Arm vergrößern sich, seine Haut nimmt einen dunkelroten Ton an und statt der Hand besitzt er nun eine Pranke mit scharfen Krallen. Die Stärke des Armes wächst um 1. Auf beide Arme angewendet verdoppelt sich der Manaverbrauch.
Die Augen der Yihwa leuchteten richtig, ein helles, glückliches Orange, während sie auf dem Arm des Hünen lagen. So sah also seine Magie aus! Während ihre Spiegel subtil und flexibel waren, erschienen, wo sie sie brauchte, und taten, was sie von ihnen wollte, war der Zauber, den der Schwarzhaarige demonstrierte, deutlich direkter, und wunderschön in seiner Direktheit. Die Masse an Fleisch und Muskeln wuchs, wurde überzogen von finsterem Fell und ergänzt um große, scharfe Klauen, die schon auf den ersten Blick gefährlich wirkten. Das breite Lächeln auf Eohls Lippen war Zeuge davon, wie schwer sie sich damit tat, nicht wieder mit dem Kichern anzufangen, aber sie hielt sich zurück. Sie wollte ja nicht Rens Show ruinieren.
Wie er das machte! Wie er sie schockierte, um ihr dann mit den Klauen das Gesicht zu zerfetzen, schmerzhaft und gefährlich, aber gleichzeitig so kontrolliert, dass ihr Nichts allzu Schlimmes geschah. Zumindest wenn sie sich an der Blindheit nicht zu sehr störte. Eohl achtete darauf, leise zu bleiben, aber sie konnte nicht anders als zu lachen. Es war einfach so ein amüsanter Anblick, diese hochnäsige, egoistische Frau leiden zu sehen. Ren hatte gemeint, dass Geld Macht war, aber da konnte Eohl nicht zustimmen. Das, was der Shikkari gerade demonstrierte... Das war Macht. Und die beiden Schauspielerinnen, so viel Geld sie auch haben mochten, waren ihm ausgeliefert. Es war seine Entscheidung gewesen, die alte Frau zu begnadigen. Hätte er sich dagegen entschieden, ihr Geld zu nehmen, dann wäre sie es, die gelitten hätte. Wenn er es wirklich wollte, hätte er auch beide bestrafen können! Zufrieden hopste Eohl an seine Seite, als er mit der jungen Frau fertig war, und schlang ihre Arme um seine Pranke. „Ehehe, du bist so flauschig!“, meinte sie fröhlich, während ihre Finger durch sein Fell fuhren, auch wenn es leider nicht lange dauerte, bis er seine Hand wieder zurückverwandelte. Ein wenig enttäuscht warf die Yihwa einen Blick zurück auf die Schauspielerin. „Nimm es nicht zu schwer, okay?“, meinte sie fröhlich, während sich ein kleiner Spiegel in ihrer Hand bildete. Sie richtete ihn so aus, dass sich die Frau gut darin zeigte, und tippte kurz an die Seite, um das Bild einzufrieren. Eine ewige Erinnerung an den Moment, in dem die Zukunft dieser Person als Folge ihrer eigenen Entscheidungen zu Grunde gegangen war...
Ren waren diese Frauen egal. Keine von ihnen könnte ihm mehr oder weniger bedeuten. Er machte hier nur seinen Job... und da sich eine Möglichkeit bot, die Royal Crusade nicht mehr oder weniger schaden würde, entschied er sich natürlich für die Bessere. Der Hüne hatte kein Problem damit. Selbst wenn er sie Beide hätte entstellen müssen, um noch reicher dafür belohnt zu werden, hätte er es getan. Mitleid mit diesen Hexen hatte er nicht. Warum auch? Sie waren Beide giftig und verkommen. Nicht, dass er darüber so stark urteilen sollte, denn so wirklich besser war er ja auch nicht. Was er ihnen voraus hatte, war die Macht darüber sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es stimmte, dass Geld auch eine Form von Macht war. Sie war jedoch keinesfalls vergleichbar mit den Fähigkeiten des Magiers. Jener seufzte leise, nachdem er die Frau zurechtgewiesen hatte. Jene kauerte schluchzend am Boden und hielt die Hände vor ihr schmerzendes Gesicht. Würde nicht lange dauern, bevor sie das Bewusstsein verlor. Der Schmerz war sicher grauenhaft... und für einen normalen Menschen war das wohl schwer zu ertragen. Er hoffte, dass sie verstanden hatte, was seine Drohung zu bedeuten hatte. Sie würde etwas fürs Leben gelernt haben... und wenn sie Glück hatte und clever war, ging sie von nun an einen neuen Weg.
Ren hatte gerade von ihr abgelassen, da hörte er Eohls freudiges Gelächter im Hinterkopf. Die grünhaarige Magierin kam näher und legte ihre Arme um seine Pranke. Ren blickte ziemlich unberührt davon auf sie herab. Warum tat sie das? Flauschig? Der Hüne kommentierte ihr Handeln nicht. Er stempelte es als sonderlich ab... aber es störte ihn auch nicht wirklich. Eohl hatte schon Schlimmeres getan als das. Vielleicht könnte er sich an sie gewöhnen... Sie und ihre Eigenarten. Wenn sie weiterhin so gehorsam war, dann würden sie einen Weg finden. Allerdings spürte der Hüne ein komisches Gefühl, das seine Wirbel hinaufkroch, als Eohl mit den Fingern durch sein Fell strich. Er mochte das nicht. Kaum war die Hand zurückverwandelt, hatte er die Magierin gelobt. Sie hatte gute Arbeit geleistet. Beim nächsten Mal tat sie das besser wieder. Wenn er sie positiv verstärkte, dann klappte das sicher! Eohl warf der Schauspielerin noch ein paar Worte an den Kopf, bevor Ren sie hinter sich herwinkte. „Wir müssen weiter. Bevor uns jemand sieht.“ Er wollte ungern mit dieser Geschichte in Verbindung gebracht werden. Es war an der Zeit zu gehen. Vielleicht könnte er sich ja an Eohl gewöhnen... So als Handlangerin. Sie machte sich weniger schlecht, als er gedacht hätte.
1Orwynn verlangte Perfektion. Und Perfektion verlangte Kontrolle, und wer wäre besser als jemand, der unter seiner Kontrolle stand? Nun, vermutlich würde sein Zombie noch besser geeignet. Entweder war er noch mehr von dem Boss abhängig oder ein noch besserer Schauspieler als die Golem. Doch heute war sie hier, auf der Suche nach einer der Magierinnen, die bei den Rune Knights untergebracht waren. Es war schlau hier mehr als eine Person einzusetzen, doch die Wahl hatte sie insgeheim etwas … kritisch betrachtet. Natürlich hatte sie ihre Zweifel nicht erwähnt oder sich dies anmerken lassen, man widersprach Orwynn nicht. Das war eines der grundlegendes Dinge und so war sie ohne Murren erst zu ihm gereist und anschließen hinab nach Crocus, die Stadt des Heimes der Runenritter. Vom Bahnhof aus hatte sie das bescheidene Zimmer bezogen, dass sie mit dem Geld gekauft hatte. Gekauft, Mercy bevorzugte es fixe Wohnplätze zu besitzen, die sie ausstatten konnte und zugleich ersparte es ihr das Buchen und Suchen. Natürlich, es kostete so einiges, doch dafür arbeitete sie auch hart. Von diesem aus trat sie nun aus dem Haus auf die Straße. Augenblicklich erfasste kühler Wind ihre etwas wärmere Haut. Trotz August war der Tag kühler – im Vergleich zu klassischen Sommertagen, Wolken hingen schwer über ihnen und dämpften das Sonnenlicht, dennoch waren die Straßen relativ voll und neugierige Blicke drehten sich ihr zu. Mercy drehte sich nach links um und lief die Straßen entlang. Sie hob die Hände und hielt sie über ihre Schultern, mit nur wenigen Zentimetern dazwischen. Weiße Finsternis erschoss sich auf ihren Fingern und Klauen auf ihre Schultern. Wie ein Fluss reinster Seide floss er hinab und umhüllte die Golem, ehe er etwa zwanzig Zentimeter über dem Boden stoppte. Der Mantel umgab sie hell leuchtend und einen Moment lang verschwammen ihre Bewegungen darunter. Dann stoppte sie den Zauber und für Beobachter wurden ihre Schritte wieder klarer. Leicht lang die pure Finsternis nun auf ihr, an Nacken, Schultern und Armen von ihr festgewachsen und so ein wahrer Teil ihres Körpers. Es war ein hübscher, hilfreicher Trick, den ihres Wissens nach nicht viele beherrschten. Sie zumindest hatte bisher keinen getroffen, dessen Körper die erschaffene Magie auf diese Art und Weise verfestigte und absorbierte. Mercy lief barfuß weiter durch die Stadt, bis sie in die Nähe des Gebäudes der Runenritter gelangte und langsamer wurde. Die zwei Verräter sollten hier sein und einem davon würde sie heute einen spontanen Besuch abstatten. Alita, die junge Frau, mit der sie sich einst vertrauter gefühlt hatte, hatte dieses gebrochen. Wie Mercy hatte das Mädchen Kontakt zu einem der alten, mächtigen Wesen gehabt, allerdings wusste sie auch Nichts genaues. Sie selbst hatte Orwynn ja auch nie erzählt, dass sie Ai’Slah’Tzechs Stimme in ihrem Kopf hörte. Leider konnte sie ihn nur von sich aus nicht dazu bringen, mit ihr zu sprechen. Ihr geliebter Dämon war eigensinnig, dennoch … er war ihr Dämon.
Mercy hob den Arm, als eine ältere Frau mit strengem Zopf die Türen verließ und auf die Straße trat. „Entschuldigt, Miss“, sprach sie diese mit freundlichem Gesichtsausdruck an. Diese blieb stehen und erwiderte den Blick der Fairy Tail Magierin kühl. „Ich bin auf der Suche nach meiner alten Freundin. Alita, kennen Sie sie?“ Die Rune Knight zögerte, nickte dann aber verhalten. „Sind Sie sicher, dass Miss Tamaki Sie empfangen müsste?“ Mercy nickte bestätigend und trat einen Schritt näher. Sie zog einen der diversen, gefälschten Ausweise aus ihrem Gürtel und hielt ihn vor sich. Er wies sie als Mercian Shots, Magierin von Fairy Tail und Diplomatin aus. Es machte einfach einen guten und seriösen, wenn auch gelogenen Eindruck, bis sie den Job eines Tages wirklich bekommen würde. Zumindest war das eines der längeren Ziele, die sie anstrebte. Die Rune Knight begutachtete den Ausweis und die Golem wartete ruhig ab. Die Papiere waren gut, nicht umsonst von Orwynns Gehilfen in bester Qualität hergestellt und hielten auch dem scharfen Blick der Magierin stand. „In Ordnung. Ihr findet sie im Theater.“ Dankend drehte Mercy sich um und steuerte in Richtung Theater los. Was einer der anderen Finger dort wohl zu suchen hatte? Sie hoffte für Alita, diese hätte nur das Beste für Orywnn und die Gilde im Schilde.
Darkness Devil's Cape TYP: Slayermagie ELEMENT: Finsternis KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 15 pro Minute MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 3, Manaregeneration Level 2 BESCHREIBUNG: Ein Mantel aus Finsternis wird erzeugt, der an den Schultern und Armen am Körper angewachsen ist und den Körper locker umgibt. Dreht oder bewegt der Magier sich damit, verschwimmt seine Gestalt, sodass sie aussieht wie Nebel und zum Beispiel die Richtung, in die sie geht oder Bewegungen der Hände nicht klar erkennbar sind.
Wärme. Funkeln. Strahlen. Eine Mischung aus allem schönen und grazilen spiegelte sich vor ihrem inneren Auge wieder als sie an diesem morgen die kristallblauen Augen aufgeschlagen hatte. Heute war ein besonderer Tag von vielen, die noch folgen sollten. Okay, so besonders vielleicht auch nicht. Jedoch würde sie einige Zeit aus dem Heim der Runenritter herauskommen und sich einer Sache widmen können, die ihr ein wenig Erfüllung brachte. Alita war eine kreative Person, konnte mit Worten und Farben umgehen und ein Meisterwerk schaffen. Ein Werk, was nur ihr allein gehörte. Eines was sie gefertigt hatte, ohne dass jemand ihr die Pistole an die Stirn gehalten und sie dazu gezwungen hatte. Nein. Es war ihr Werk. Ihrs allein. So hatte sie sich an diesem Morgen aus ihrem Bett geschwungen und war in ein paar bequeme Klamotten geschlüpft. Allerdings hatte sie sich für nichts allzu besonderes entschieden, würde die Kleidung im Verlauf des Tages vermutlich dreckig werden und die Farbe wechseln - wortwörtlich. Kurzerhand war sie in eine helle Jogginghose mit roten Details geschlüpft und hatte über ihren Sport-BH beziehungsweise ihr bauchfreies Tanktop eine schlichte schwarze Jacke, sowie schwarze Handschuhe angezogen, welche nur ihre Fingerspitzen freiließen, sowie einen Teil des Handrückens. Dazu hatte sie sich einen etwas breiteren Stoff-Choker sowie ein paar lange Ketten die ihr bis unter die Brust reichten entschieden. Dazu noch schlichte Sneakers. Ihre Haare hatte sie wie üblich zu einem voluminösen Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie hatte einen schwarzen Rucksack in dem unzähliges Malzubehör enthalten war, sowie ein Zeichenblock, in den sie ein paar Skizzen hineingezeichnet hatte. Schnell griff sie nach einer schwarzen Maske und huschte auch schon aus ihrem Zimmer und dem Gebäude der Runenritter heraus. Ein wenig in Gedanken versunken war sie durch die Gassen geschritten, hatte den Rucksack über eine ihrer Schultern gestülpt und ihre Hände in die Taschen ihrer Jacke gestopft. Es war nicht sonderlich kalt draußen, aber auch nicht sonderlich warm. Der Wind war zwischen den Gebäuden kaum zu spüren, hinterließ dennoch eine sanfte Gänsehaut auf der dunkleren Haut der Kevuem. Es dauerte nicht allzu lange bis die Slayerin das große Theater von Crocus Town erreichte. Es hatte die Form eines Tontopfes, in dessen inneren fünf Bühnen aufgestellt waren. Zahlreiche, unterschiedliche Theaterstücke wurden hier aufgeführt. Neue Stücke verlangten neues Bühnenmaterial, sowie Outfits. Hier kam Alita ins Spiel. Sie hatte mitbekommen, dass das Theater einen Graffitti-Künstler suchte, der das Equipment für das neue Stück gestalten würde. Die Kevuem hatte sich direkt für die Aufgabe gemeldet, als sie davon gehört hatte und hatte sich mit der zuständigen Runenritterin in Kontakt gesetzt. Diese erwartete sie auch bereits vor dem Eingangsbereichs von Amphorus. Mit neutralem Gesichtsausdruck hatte diese Alita beäugt und sie hereingebeten. Auf dem Weg zu Alitas Arbeitsplatz erklärte die Rune Knight ihr noch ein wenig was zu ihrem Auftrag. Scheinbar sollte es ein ziemlich modernes Stück werden und sie sollte ein paar Graffitti Schriften auf die Szenenwände sprühen, sowie ein paar andere Motive. Sie nickte, als Zeichen dafür, dass sie ihrer Kollegin zuhörte und verstanden hatte. Dann waren sie auch schon bei den Wänden angekommen, die Alita besprühen sollte und die andere Rune Knight entfernte sich wieder. Führ einen Augenblick starrte die Slayerin die großen Leinwände an, die sich ihr anboten. Da werd' ich eine ganze Zeit beschäftigt sein... Mit einem sirren, klirren und klackern ließ sie ihren Rucksack neben sich auf den Boden fallen und nahm die Leinwand ein bisschen mehr in Augenschein, sammelte ein paar Ideen. Dann öffnete sie die Tasche und holte ihren Skizzenblock hervor, sowie ein Mäppchen in dem ein paar Stifte waren. Sie nahm einen Bleistift, steckte ihn hinter ihr Ohr und blätterte durch ihren Block und überlegte, ob eines ihrer Designs passen würde. Hin und wieder hielt sie den Block auch vor sich neben die Leinwand und maß ein wenig mit ihrem Daumen herum. Bald schon hatte sie eine Idee und begann in ihren Block zu zeichnen. Sie wollte, dass das Ergebnis perfekt würde - Planung wäre also dringend notwendig. So eine Pappwand ließe sich schließlich nicht tausend Mal korrigieren. Zwischendurch hielt sie das Ende des Stiftes nachdenklich zwischen ihren Lippen und legte den Kopf schief, überlegte, wie sie ihre Idee am besten umsetzen konnte. Als sie die Outlines dann also fertig hatte, steckte sie den Bleistift wieder hinter ihr Ohr und schnappte sich ein paar bunte Stifte mit denen sie ihrer Zeichnung ein wenig Farbe verlieh. Ein zufriedener Ausdruck überzog den Gesicht der jungen Frau, als sie die fertige Skizze sah. "Dann können wir mit dem ersten Graffitti schonmal anfangen.", murmelte sie eher zu sich und begann die Spraydosen herauszusuchen, die sie benötigen würde und zog ihre Maske auf. Zu Beginn malte sie die Leinwand einmal an, begann einen Verlauf von schwarz zu violett auf diese zu "zaubern". Dies würde der Hintergrund und irgendwie auch die Grundlage ihres Werkes werden.
2Kleine Steinchen des harten Bodens gruben sich in ihre Fußsohlen, während sie in den weißen Mantel gehüllt durch die Stadt lief. Sie hatte ihre Stiefel im Zimmer, doch unter so vielen bunten Menschen und Wesen in der großen Stadt hatte sich sich dagegen entschieden diese zu tragen. Zudem war es nicht kalt, auch wenn Mercy kein Problem damit hatte selbst im Winter barfuß durch den Schnee zu stapfen. Es war zwar kalt an ihrer Haut, aber nicht in ihrer Haut. Ihr Körper war zu heiß, um durch so etwas ohne ihr Zutun abzukühlen. Zudem empfand sie es als angenehmer, ihre Zehen frei zu haben. Sie war ein Wesen, erschaffen rein durch den Willen eines Magiers mit dessen Auftrag ausgestattet. Nur ein Mittel zum Zweck, ein Werkzeug. Doch sie hatte durchaus Dinge, die sie mochte wie barfuß zu gehen oder Schmuckstücke einer Elster gleich anzusammeln. Natürlich nicht immer durch Diebstahl. Doch wenn sie ein Ziel in dessen Haus ermordet hatte und sich auf dem Weg hinaus die Halskette des Opfers schnappen konnte, so nahm sie dieses Geschenk natürlich gerne an. Aktiv danach suchte sie nie, dazu war das Risiko zu groß, dass durch ein verlängertes Bleiben etwas geschehen wurde, dass überraschend war. Etwas, dass sie aus dem Konzept bringen würde. Im Gegensatz dazu mochte sie die ruhigen Ströme der Fußgänger, die immer dem gleichen Prinzip glichen: Gehen, warten, gehen. Es war ein logischer Vorgang, etwas, dass ihr einfach viel zu verstehen. Doch natürlich unternahm sie nicht nur illegale Dinge. Sie hatte auch diverse Schmuckstücke gekauft und ein kleiner Anstecker, ein Splitter eines Kristalls, ruhte rechts an ihrem kunstvoll gestaltetem Lendenschurz. Doch dieser war nicht für sie. Er war ein Mitbringsel für die Frau, die der Grund war, dass sie überhaupt hier war. Der Stein war nicht Orwynns Idee gewesen. Mercy hatte ihn eher zufällig in der Wohnung gefunden und auch wenn sie Zufälle hasste, so hatte er sich als ganz interessant erwiesen. Der Ohrring war ein teures Stück, eingefasst in hellem, poliertem Silber. Sie würde ihn Alita schenken, eine eigentlich untypische Geste für die Golem. Doch der Sinn dahinter war nicht ihr ihre Zuneigung zu zeigen, davon war wenig da, sondern ihr klar zu machen, dass Mercy über sie nachgedacht hatte. Dass sie nie ganz vergessen war und sich stets hüten sollte, einen falschen Schritt zu machen. Denn weder sie noch der Boss mochten Fehler.
Sie erreichte den Eingang des Theaters und lauschte einige Augenblicke, ehe sie eintrat und durch den Gang und die Treppe die obersten Tribünen erreichte. Leise trat sie wieder hinaus. Hier oben pfiff der Wind stärker und ihr Mantel flatterte wild um ihre Beine. Mercy setzte sich auf einen der Sitze, schlug die Beine übereinander und legte den Mantel sorgfältig darüber. Sie nahm sich sie Zeit, die Falten des blütenreinen, magischen Stoffes zu glätten, ehe ihr Blick sich nach unten richtete. In der Mitte erhob sich das Plateau, zu dem weitere Treppen von allen Himmelsrichtungen führten. Einige Minuten saß sie da oben und beobachtete einfach nur. Alita war nirgends zu sehen. Ob sie sich drinnen befand, was sie hier auch tat? Die Golem erhob sich und schritt langsam die Treppenstufen hinab bis zum Fuße, wo die der Tribüne und die Treppen der Aufführung zusammentrafen. Auch hier machte sie schließlich einen Eingang ausfindig, den sie nützte, um einzutreten. Mercy ging leise, dank ihrer bloßen Füße gestaltete sich das auch als relativ einfach, während sie aufmerksam lauschte. Ihre Ohren zuckten leicht, bei kleinsten Geräuschen. Das war eines der schönen Dinge, die sie von ihrem Dämon gelernt hatte. Eine der vielen, schönen Dinge, für die sie ihm dankbar wahr. Die hocherschaffene Feuerfrau ging weiter, bis sie an einer Türe etwas leise zischen hörte. Sie hielt inne und lauschte. Erneut. Langsam legte sie die krallenbewehrte Hand auf den Türgriff und drückte die Klinke hinab. Sie öffnete die Türe ein Stück weit und blickte hinein auf große Leinwände. Und einen Haarschopf dahinter. Nun … bingo. Mercy setzte ihr freundliches Lächeln auf, auch wenn ihre Ohren ihr die Vermutung gaben. Alita wäre alleine hier. Dennoch … ein Lächeln hatte unglaublich viel Macht. „Meine liebste Alita. Schön dich zu sehen“, begrüßte sie diese, trat nun vollends ein und schloss sanft die Türe hinter sich.
Ein leises, sanftes Zischen. Ein sanftes Rieseln. Das Gefühl von winzig kleinen Tropfen, die in Kontakt mit der Haut kamen und ein Gefühl von angenehmer Kühle, sowie Farbe hinterließen. Dann das laute Klackern, dass aus den Dosen quoll, wenn man diese schüttelte. Diese zwei Geräusche würde der ein oder andere vermutlich als störend, nervig oder ätzend empfinden. Alita war das anders. Sie empfand die Geräusche von dem Farbstoff, der aus den Spraydosen drang, sowie das Klackern der Dosen, aber auch das Kratzen von einem Stift auf Papier als angenehmes. Eines hatten diese Geräusche gemeinsam. Sie waren gleichmäßig und Alita erzeugte sie selbst. Somit war sie auch in der Lage, diese direkt zu unterbinden, sollte sie diese als störend empfinden. Was allerdings selten der Fall war. Es hatte immer etwas rhythmisches und beruhigendes an sich und Alita konnte ein wenig entspannen. Entspannen und ihr Inneres nach außen projizieren. Mit allen Farben und Formen. Zu Beginn hatte Alita schlichtweg eine Spraydose mit schwarzer Farbe genommen und die komplette Wand damit eingefärbt. Dies hatte sie ein wenig trocknen lassen und anschließend mithilfe einer violetten Sprayfarbe begonnen den Farbverlauf zu gestalten. Stück für Stück wurde das untere viertel der Leinwand violett und der Übergang zwischen den Farben war ziemlich weich und geschmeidig. Auch diese Farbschicht hatte sie in aller Ruhe trocknen lassen, begann anschließend mithilfe eines Stückes Kreide die Skizze von ihrem Skizzenblock auf die Wand zu übertragen. Die Kreide ließ sich zum Glück recht gut wieder entfernen, ohne das die Leinwand beschädigt wurde und man konnte es doch recht gut erkennen. Als sie die Skizze auf die große Wand übertragen hatte, nahm sie sich ein paar der Spraydosen aus ihrer Tasche, sowie ein kleineres Stück Pappe. Sie sprühte ein wenig der Farbe darauf und probierte ein wenig damit herum - beispielsweise ob man die Farben mischen konnte. Ihre Hände waren bereits ein wenig mit Farbe bedeckt, genauso wie ihre restliche Kleidung und ein Teil von ihrem Haar. Zum Glück ließ sich die Farbe die Alita benutzte leicht aus den Haaren herauswaschen. Nur bei der Kleidung würde das nichts werden. Dagegen hatte die Kevuem allerdings auch nicht wirklich was einzuwenden. Manchmal kamen bei solchen Aktionen ganz schicke Muster heraus und langweilige Kleidung bekam ein wenig pepp. Leise summte sie, mischte mit einem Pinsel ein wenig in den Farben herum um den perfekten Ton zu bekommen. Sicherlich gab es Magier, die in der Lage waren beliebig Farben zu erzeugen, aber Alita für ihren Teil zählte nicht zu diesen und musste sich demnach mit diesem Fingerspiel begnügen. Aber es wäre im gewissen Maße auch langweilig, wenn man wirklich alles mithilfe seiner Magie schaffen konnte. Kunst schaffen, egal ob zeichnen, malen, sprayen, bauen, Musik komponieren oder ähnliches. All dies war ein Prozess. Ein Prozess in der man seiner Kreativität freien Lauf lassen und in Ruhe über Dinge nachdenken konnte. Es machte es einfach viel persönlicher in Alitas Augen. Vielleicht war es auch gerade das gewesen, warum sie sich für diese Aufgabe gemeldet hatte. In Theatern wurden Stücke aufgeführt, welche in einem langen Prozess des Schreibens entstanden und dann wochenlang studiert und geprobt wurden bis diese einem Publikum präsentiert wurden... Bald schon hatte sie die perfekte Farbe zusammen gemischt, füllte diese in einer leere Flasche und stellte sie neben die Wand auf den Boden. Dann begann sie die Skizze mit Farben auszufüllen. Hierbei achtete sie genau auf die Randlinien, füllte es perfekt aus, auch wenn man dennoch gut erkennen konnte, an welchen stellen die Farbschichten etwas dicker waren und wo nicht. Das wäre etwas, was sie nicht verhindern konnte. Nicht bei diesem Material der Leinwand. Wobei es auch nur auffiel, wenn man genau hinsah. Von weitem würde man es vermutlich nicht mit bloßen Auge erkennen, erst recht nicht, wenn das Bildnis im Schatten oder direkten Scheinwerferlicht stand. Sie beugte sich gerade zu der Flasche mit der selbst angemischten Farbe herunter, als ihr etwas merkwürdiges auffiel. Der Geruch von etwas verbranntem, wie Kohle, Holz oder Stein schwebte in der Luft. Allerdings roch es nicht so, als würde es irgendwo brennen. Nein, diesen Geruch kannte sie. Kannte sie viel zu gut. Für einen Augenblick spannte sich die ausgestreckte Hand der Kevuem an, ehe sie den Blick nach oben richtete und in ein allzu bekanntes Gesicht blickte. Ein lächelndes Gesicht, das sie freundlich begrüßte. Für einen Augenblick sahen sich die beiden Untergebenen des gleichen Meisters in die Augen bis Alita den Blickkontakt unterbrach und die Sprühflasche, die sie gerade in die Hand genommen hatte wieder abstellte. Sie richtete sich von der gekrümmten Beughaltung wieder auf, dehnte den Nacken ein wenig und fuhr mit ihrer Hand diesen entlang. Dabei schloss sie für einen Augenblick die Augen und atmete tief ein und aus. Dann öffnete sie ihre Augen wieder, blickte mit ihren kalten, kristallblauen Augen zu dem Golem, welcher den Theaterraum betreten hat. "Mercian... Was für eine Ehre.", stieß sie aus, sprach mit ruhiger Stimme, aber es wurde sicherlich anhand der Tonlage deutlich, dass sie das was sie sagte nicht ernst meinte und nicht allzu begeistert war den Golemkin zu sehen. Sie nahm ihre Hand von ihrem Nacken weg und ging zum Rand der Bühne an welchen sie eine Wasserflasche hingestellt hatte, sowie wo sie ihre Jacke abgelegt hatte, nachdem ihr etwas heiß wurde. Sie setzte sich auf die Kante der Bühne, ließ ein Bein diese herunterhängen während sie das andere anwinkelte, einen Arm lässig darauf ablegte, mit der anderen Hand die Flasche nahm und öffnete. "Du bist sicherlich nicht hier, um zu quatschen...", sie blickte zu dem Feuerwesen und musterte sie, wie sie in ihren Mantel aus Finsternis gehüllt war. Als würde sie dadurch weniger auffallen..., kommentierte sie Mercys Aufzug in Gedanken. Dann richtete sich ihr Blick wieder zu ihrem Gesicht. "Also... Was will Orwynn?", fragte sie einfach gerade hinaus, führte die Flasche an ihren Mund und nahm einen großen Schluck. Danach legte sie den Arm wieder auf ihrem angewinkelten Bein ab, mit der Flasche in der Hand und blickte abwartend zu der Marionette ihres Herrschers.
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