Ortsname: Milamore – Tempel der Berggötter Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Knapp einen Kilometer außerhalb von Ardea, in einer von der Sonne beleuchteten Lichtung am Fuß der nahegelegenen Berge, liegt der Tempel Milamore, der den Gottheiten des Berges gewidmet ist. Einen besonderen Fokus legen viele der hier lebenden Priester auf Götter der Liebe, Fruchtbarkeit und Familie, was dazu führt, dass die meisten Bewohner des Tempels eine sehr enge Beziehung zueinander pflegen. Gäste können damit rechnen, warm und herzlich aufgenommen zu werden, und dürfen sich günstig an Wein und Schokolade erfreuen. Im Gegenzug wird allerdings erwartet, dass man an einer der täglichen Pilgertouren zur Spitze des Berges teilnimmt und die eine oder andere Opfergabe dalässt.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Wenn die Götter eine so schöne Welt erschaffen konnten... Welches Potenzial liegt dann in mir?
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Ariane Little Venus
Anmeldedatum : 15.08.23 Anzahl der Beiträge : 366 Ort : Magnolia Town
Erfreut lächelte Ariane den Dargin an, als dieser ihrem Vorschlag zustimmte. Er würde also noch etwas mit ihr unternehmen, wunderbar! Die Halbgöttin war fest entschlossen, heute die ersten Schritte in ein freies und von Venus unabhängiges Leben machen. Das war spannend und aufregend, aber natürlich nach wie vor mit Ängsten verbunden. Sich einfach über ihre Warnungen hinwegzusetzen und mit einem eigentlich fremden Mann loszuziehen, um sich mit ihm zu amüsieren, wäre sicher nicht im Sinne der Venus. Durchaus ulkig, wenn man bedachte, dass Arianes Mutter eben das sehr oft und gerne tat. Doch die Halbgöttin brauchte Charon heute an ihrer Seite, denn er hatte sie erst dazu bewegt, sich frei zu machen. Sie bemerkte, dass sie sich standhafter fühlte, wenn er da war und deswegen hatte sie ihn gebeten, sie zu begleiten. Es war schön, dass er ihrer Bitte nachgekommen war.
Charon bat um etwas Zeit für sich, um sein Gebet zu sprechen. Ariane würde heute bewusst darauf verzichten und störte sich nicht daran. Also lächelte sie ihn an und nickte leicht. „Natürlich, nimm dir Zeit dafür. Ich warte auf dich“, versicherte sie ihm und trat aus der großen Tür, um sich an ihre Worte zu halten. Draußen konnte man einen atemberaubenden Sonnenuntergang beobachten, welcher die Landschaft in ein warmes Gold tauchte. Stärker als noch zu Beginn des Besuchs, entschlossener und freier betrachtete Ariane das Naturschauspiel. Dann atmete sie zufrieden tief ein und aus. Das Königreich Fiore war ein wundervoller Ort! Warum hatte Venus sie gerade hierher gebracht? Das war etwas, wofür die Halbgöttin wirklich dankbar sein sollte.
Nach einiger Zeit trat Charon wieder an ihre Seite. Ariane blickte zu ihm, in seine violetten Augen und lächelte ihn erfreut an. „Ist es nicht schön, wenn die untergehende Sonne alles golden färbt? Dieser Anblick berührt mich immer..“, schwärmte sie, ehe sie auf seine eigentliche Frage antwortete: „Ja, ich bin bereit“ Sie machten sich also gemeinsam auf den Weg nach Ardea und Ariane störte sich gar nicht daran, dass Charon die Führung übernahm. Die Sicherheit, die er ihr gegeben hatte, war einer der Gründe, warum sie um seine Begleitung gebeten hatte. Überrascht blickte sie wieder zu ihm. „Alt genug? Gibt es etwa ein Mindestalter? Das war mir nicht bewusst. Ich bin einundzwanzig. Ist das denn alt genug?“, erkundigte sie sich und der Schreck war ihr durchaus anzusehen. Sie wollte ja nicht gegen die Regeln verstoßen und abgesehen davon wäre das nun auch zu spät, denn sie hatte bereits den einen oder anderen Cocktail gekostet. „Weißt du, es gibt viele Dinge, von denen ich gehört habe, die ich gerne mal ausprobieren würde. Wusstest du, dass es Konstruktionen gibt, die nur da sind, um Spaß zu machen? Sie befinden sich in Freizeitparks, so nennt sich das. Oder ich habe gehört, dass es Gebäude gibt, in denen es viele Pools mit Rutschen und dergleichen gibt. Fairy Tail hat nur einen Pool und der ist draußen“, erzählte Ariane mit aufgeregt funkelnden Augen. Es war schon witzig, was die Menschen sich alles hatten einfallen lassen! „Aber wahrscheinlich gibt es solche Ort nicht in der Nähe. Hast du schon einmal etwas von einem Heißluftballon gehört? Damit kann man angeblich fliegen!“ Ja, Arianes Wünsche und Vorstellungen waren utopisch. Aber man konnte ihr eine gewisse Niedlichkeit nicht ansprechen, während sie all ihre Wünsche mit Charon teilte.
Es war lieb von Ariane, so geduldig auf Charon zu warten. Kaum kehrte er zu ihr zurück, schien sie gar erfreut, ihn wieder an ihrer Seite zu haben. „Das stimmt. Die Abendsonne hat ihre Art, mit der Welt zu spielen, die geradezu malerisch ist“, nickte er mit warmer Stimme, verstand durchaus, wie man sich von einem Anblick wie diesem Berühren lassen könnte. Er genoss Schönheit wie diese immerhin ganz besonders. „Einundzwanzig ist sehr gut. Da kann keiner mehr so tun, als wärst du noch zu jung“, lachte Charon fröhlich und hoffte, dass das die Caerellius beruhigte. „Viel älter bin ich selbst nicht. Dieses Jahr dreiundzwanzig geworden.“ Zwar schon ganz am Anfang des Jahres, und seither war so einiges passiert, aber trotzdem. Die beiden waren gar nicht mal so weit voneinander entfernt, dafür dass sich der Dargin die ganze Zeit als großer Weiser mit endloser Lebenserfahrung aufspielte. „Ja... Menschen bauen sich so einige Sachen, deren einziger Zweck die Freude ist. Die geben sich Mühe, die Zeit, die sie auf dieser Welt haben, zu genießen.“ Freizeitparks kannte er gut genug, auch wenn er nicht oft auf welchen gewesen war. Als Kind ein paar Mal, seither... gab es nur diesen einen Tag, wobei ihn da auch eine Quest dorthin geführt hatte. Am Ende war es eigentlich echt schön gewesen. „Freizeitparks sind schon etwas Gutes... vielleicht sollte ich mal wieder zu einem hin. Oder fändest du ein Schwimmbad besser?“ Mit einem Grinsen wandte er sich ihr wieder zu. Das war die zweite Sache, die sie beschrieb, nicht? Große Pools und Bahnen zum Schwimmen, hier und da eine Rutsche oder ein Sprungturm, im Becken für die jüngeren Gäste sicher auch irgendwelche lustigen Figuren, die selbst Wasser ausstießen. Wenn sich die Göttertochter gerne das perfekte Bildnis eines männlichen Körpers ansehen wollte, dann sollte sie ihn wohl eher dorthin einladen als auf einen Jahrmarkt.
„Heißluftballons sind schon etwas Schönes... aber als jemand, der seine Freiheit schätzt, würde ich meine Fähigkeit zu Fliegen nicht von irgendwelchen Gerätschaften abhängig machen“, antwortete Charon mit einem süffisanten Lächeln, während sich ein sanftes Licht auf seine hochgezogenen Schultern legte. Schwarze Federn sprossen hervor, wuchsen zu großen Flügeln heran, die irgendwo zwischen denen eines Engels oder einer Krähe lagen. Zweimal schlug der Dargin mit ihnen, wirbelte ein wenig Luft um sich herum auf, ehe er sie ausstreckte und majestätisch an seinen Seiten hielt. Die helle Form seines Körpers wurde wundervoll umrahmt von diesen finsteren Formen. „Der Himmel steht mir ebenso frei wie jeder andere Ort dieser Welt“, erklärte er, während er aufmerksam die Reaktion der Caerellius betrachtete. Die Göttin, der diese Flügel ursprünglich gehörten, trug den Namen Atë; eine Göttin des Ruins, die nicht in den gleichen Ländern verehrt wurde wie Venus, sondern aus einer anderen Himmelsrichtung stammte, gemeinsam mit Zeus, Hades, Poseidon und den anderen Herrschern des Olymps. Auffordernd hielt das Weißhaar seiner Begleiterin seine Hand hin. „Wenn dich der Gedanke des Fliegens wirklich so bezaubert... ich bin sicher, es würde unsere Reise ein gutes Stück beschleunigen.“
Deceptive Wings: Atë Soul TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: III ART: Support MANAVERBRAUCH: 125 pro 5 Minuten MAX. REICHWEITE: Selbst SPEZIELLES: Partial Take Over VORAUSSETZUNGEN: Manaregeneration Level 6, Geschicklichkeit Level 5 BESCHREIBUNG: Bei diesem Zauber wächst dem Anwender ein paar eleganter schwarzer Flügel auf dem Rücken, deren Federn an Krähen erinnern. Sie sehen gut aus und haben einen sanften Glanz, dennoch fällt es Lebewesen, die die Flügel sehen, schwer, dem Anwender zu vertrauen. Diese Verwandlung erlaubt dem Anwender das Fliegen, wobei seine Geschwindigkeit seiner Schnelligkeit und seine Tragkraft seiner Stärke entspricht.
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Ariane Little Venus
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Alkohol war nicht für jedermann zugänglich, man brauchte dafür ein gewisses Alter. Wer hätte das gedacht? Es gab viele Gesetze, welche für die Halbgöttin noch neu waren. Natürlich wusste sie im Großen und Ganzen sehr gut, wie das Königreich Fiore funktionierte und kannte auch die Regeln, doch derartige Kleinigkeiten waren ihr natürlich nicht bewusst. Was genau nun das Mindestalter war, das wusste Ariane nicht. Doch mit Einundzwanzig Jahren war sie alt genug, um keine Probleme mit dem Gesetz zu bekommen, wenn sie Alkohol trank. Ein Glück! Sonst wäre sie ja eine Verbrecherin. Die Zeit, die sie haben, genießen? Ein Gedanke, welcher Ariane traurig stimmte. Wie es wohl war, wenn einem die eigene Vergänglichkeit bewusst war? Hatten Menschen täglich Angst davor, zu sterben? Machten sie sich stets und ständig bewusst, dass sie sterblich waren und mussten deshalb unbedingt jede Minute ihres Lebens genießen? Zum Beispiel in Freizeitparks oder Schwimmbädern? Sie taten Ariane leid. Irrtümlich ging die Halbgöttin davon aus, wie ein Gott ebenfalls unsterblich zu sein. Sie konnte kaum nachvollziehen, wie schwierig es sein musste, sterblich zu sein.
Doch es war nicht der richtige Zeitpunkt, um Trübsal zu blasen. Jetzt wollten sie Spaß haben! Deswegen waren sie noch zusammen geblieben! Schwimmbad oder Freizeitpark? „Ich kann mich gar nicht entscheiden! Ich will beides sehen und ausprobieren!“, lachte Ariane und spürte die Aufregung in ihrem Bauch. Sie war schon jetzt begeistert, was auch immer sie unternehmen würden. Doch vom Heißluftballon schien Charon nicht begeistert zu sein. Er wollte seine Fähigkeit zu fliegen nicht von irgendwelchen Gerätschafen abhängig machen? „Wie meinst du das..?“, fragte sie vorsichtig nach. Das konnte doch nicht sein, oder? Plötzlich spannte sich ein großes Flügelpaar von seinem Rücken aus, die Federn schwarz wie die eines Raben. Der Himmel stünde ihm frei, ja? „Bist du etwa ein Engel?“ Die Antwort lag doch auf der Hand!
Unsicher blickte die Halbgöttin auf die angebotene Hand Charons. Sie ahnte bereits, worauf das hinauslief. Dieses Gefühl.. hatte sie etwa Angst? Sie wusste, dass sie nicht sterben würde. Doch körperliche Schmerzen hatte sie bereits erlebt und davor fürchtete sie sich. Doch sie wollte keine Angst haben, sondern sich mutig ins Abenteuer stürzen. Dennoch zitterte ihre Hand, als sie diese zögerlich in Richtung Charons ausstreckte - sie ab und an wieder zurückziehend. „Ich möchte fliegen“, sagte sie mehr zu sich selbst, ehe sie den Blick hob und in seine violetten Augen sah. „Kannst du mich denn tragen?“, fragte sie Charon sichtlich nervös. Die Antwort war nicht überraschend, weswegen Ariane versuchte, ihre Angst zu ignorieren und schließlich ihre Hand in Charons legte. „Ich bin bereit!“
„Haha! Nun, die Bäder und Feste laufen dir nicht weg. Ich bin sicher, du wirst beides noch erleben“, lachte Charon fröhlich als Reaktion auf Arianes Enthusiasmus. Es hatte etwas Warmes an sich, jemanden zu erleben, der mit solch optimistischer Aufregung an das Entdecken neuer Dinge herantrat. Er selbst genoss es immer, etwas zu finden oder zu erleben, das er sich vorher kaum oder gar nicht hätte vorstellen können, und es gefiel ihm, andere Leute ähnlich begeistert zu erleben. Er war auch nur allzu gern die Person, die jemand Anderem etwas zeigte, das er noch nicht erlebt hatte – so auch heute. Mit einem selbstsicheren Lächeln ließ er die Flügel seinem Rücken entwachsen und betrachtete das Staunen in den Augen der Caerellius. Genau so gefiel ihm das! „Ein Engel?“, wiederholte er amüsiert und zwinkerte seiner Begleiterin zu. „Nicht doch. Ich bin besser als das.“ Es war verständlich, dass der Gedanke des Fliegens nicht nur Freude, sondern auch Angst bringen konnte. Die meisten Menschen bekamen diese Gelegenheit ihr ganzes Leben lang nicht, und hier war Ariane, kurz davor, ihre erste Erfahrung mit einem deutlich erfahreneren Herren zu machen. Natürlich war sie nervös. Aber sie wollte es, man sah es in ihren Augen, in ihrer Haltung, zögerlich, aber zu der Gelegenheit hingezogen. Sie wollte fliegen. „Natürlich. In meinen Armen bist du sicher“, bestätigte Charon selbstverständlich, als Ariane fragte, ob er sie denn tragen könne. „Ich bin ziemlich stark, weißt du?“ Als sie endlich überzeugt war, sich entschieden hatte, reichte sie ihm ihre Hand. „Danke für dein Vertrauen“, lächelte der Dargin, während er ihre Hand in seine nahm... und sie dann dichter an sich heran zog. Er konnte sie nicht an einem Arm in der Luft baumeln lassen, richtig? Ihre Hand wieder loslassend legte er seinen Arm um Arianes Rücken, zog sie an seine Brust, sodass er den anderen Arm unter ihre Beine klemmen und sie wie eine junge Braut tragen konnte. Damit sollte sie es spüren: Wie sicher und stabil sie in seinem Griff lag. Er hatte sie nicht gepackt, hielt sie nicht davon ab, sich zu bewegen, aber sie konnte komfortabel in der Luft hängen und dabei spüren, dass seine Arme nicht zitterten, nicht nachgaben. „Machen wir uns auf den Weg“, sprach er mit sanfter Stimme, ehe seine dunklen Flügel zu schlagen begannen und ihn mitsamt seiner Begleitung hinauf in die Luft erhoben.
Das intensive, frische Grün Südfiores zog unter den beiden Magiern vorbei, während Charon Ardea ansteuerte. Sie flogen nicht sonderlich schnell, im Gegenteil, waren eher gemütlich unterwegs, was ihnen beiden gute Gelegenheiten bot, die Umgebung unter ihnen aufmerksam zu betrachten. Ein warmer, leichter Wind fuhr durch das lange, weiße Haar des Dargin, ließ es in der Luft tanzen, während er durch den Himmel glitt. Es dauerte eine kurze Weile, bis er wieder hinab zur Erde sank, zwischen den Gebäuden Ardeas landete – direkt vor einer der Kneipen, die er damals Seite an Seite mit Mareo besucht hatte. Sanft landete er, ließ die Caerellius langsam aus seinen Armen herab zu Boden sinken, sodass sie sicher wider auf ihren eigenen Beinen stand, ehe er seine Flügel wieder verschwinden ließ. Eine Hand auf die Klinke legend, öffnete er die Tür, trat aber nicht hinein in die Gaststätte. Stattdessen blickte er seiner Begleiterin in die Augen. „Bitte sehr... Ladies First.“
Er war also kein Engel, wenngleich es für Ariane plausibel gewesen wäre. Engel kannte sie.. aber sie verbargen ihre Flügel in aller Regel nicht. Daher war das bezüglich Charon wohl tatsächlich ein Missverständnis gewesen. Nachdenklich sah sie zwischen seinem Gesicht und seinen Flügeln hin und her. Die Halbgöttin hatte noch kein besonders vielseitiges Wissen über Magie. Ihr wurde erst auf Earthland bewusst, dass ihre Fähigkeit, Einfluss auf die Gravitation zu nehmen, ebenfalls eine Form der Magie war. Sie hatte ihr Leben lang gedacht, dass es einfach eine göttliche Gabe sei. Natürlich kannte sie die Elementarmagien, die waren gut zu verstehen und zu merken. Aber Take Over waren ihr fremd. So wie viele andere wundervolle Arten von Magie. Besser als ein Engel? Ariane lächelte Charon an. Sie kannte ihn noch kaum, aber irgendwie überraschte sie diese Antwort nicht. „Na gut“, kicherte sie. „Eines Tages werde ich es schon verstehen“, befreite sie ihn schließlich vorerst aus ihrer Neugier.
Die Halbgöttin spürte den erhöhten Puls und die Nervosität in ihrem Bauch aufgrund des bevorstehenden Fluges. Sie suchte nach Sicherheit, erkundigte sich bei Charon, ob er sie denn überhaupt tragen könne. Doch auch hier zeigte er sich selbstbewusst und sicher, versicherte, dass sie in seinen Armen sicher sei. Schließlich sei er ziemlich stark. Ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen „Ja, das glaube ich dir“, erwiderte sie mit leicht zittriger Stimme. Er gehörte zu den mächtigen Magiern, er musste stark sein. Ariane hatte sich entschieden. Für das Abenteuer und gegen jede Vorsicht, welche ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Sie vertraute vollkommen auf die Worte des Weißhaarigen und legte schließlich ihre Hand in seine. Er bedankte sich noch lächelnd für ihr Vertrauen, doch Ariane konnte nur noch leicht nicken.
Er zog sie an ihrer Hand näher zu sich und die Halbgöttin kam ihm mit vorsichtigen Schritten entgegen. Aufmerksam blickte sie ihm in die Augen, um keine Anweisung zu verpassen. Im nächsten Augenblick hatte er seinen Arm um ihren Rücken gelegt und sie an seine Brust gezogen. Diese ungekannte Nähe ließ die Halbgöttin die Luft anhalten, während sie feststellte, wie schmal sie im Gegensatz so Charon gebaut war. Ihre Wangen schimmerten rötlich. Aus nächster Nähe betrachtet verstand und spürte sie, dass er wirklich stark war. Ohne Widerstand zu leisten ließ Ariane Charon sie hochheben, wobei sie instinktiv ihren Arm um seine Schultern legte, um besseren Halt zu haben. Ihr Körper zitterte vor Angst und sie lächelte ihn verunsichert an, als er den Aufbruch einläutete. „Ist gut! Halt mich gut fest“, bat sie ihn erneut trotz des Wissens, dass er sie bestimmt tragen konnte.
Und dann flog er los. In den ersten Sekunden lag Ariane stocksteif in Charons Armen und wagte es kaum, nach unten zu blicken. Sie hatte sogar die Augen geschlossen. Nur langsam traute sie sich, diese zu öffnen und einen vorsichtigen Blick in die Ferne zu richten. „Sieh dir das nur an..“, hauchte sie fassungslos über die einzigartige Schönheit des Königreichs Fiore. Dann verfestigte sie ihren Griff um seine Schultern und legte ihre freie Hand an seinen Oberarm, um sich auch dort festzuhalten. So traute sie sich, sich nach unten zu beugen und einen Blick in die Tiefe zu wagen. Sie konnte nicht anders, als vor Glück zu lachen. „Das ist so hoch! Die Felder und Äcker sehen aus wie eine Stoffdecke, die aus verschiedenen Stoffen zusammengenäht wurde!“, stellte sie begeistert fest und zog sich wieder in seine Arme zurück, um ihren Griff zu lockern. „Fiore ist wunderschön!“, sagte sie Charon und blickte in die violetten Augen, während sie ihn glücklich anlächelte.
Der Flug war beinahe zu kurz und doch war es ein gutes Gefühl, wieder sicheren Boden unter den Füßen zu haben. Doch hatte der weißhaarige Magier recht behalten, sie hatte sich sicher gefühlt. Kaum hatte er sie auf die Beine gestellt, ging sie noch einmal auf ihn zu und fiel ihm dankbar in die Arme. Sie wusste, dass das vielleicht ein wenig forsch war für den Anfang, aber der Enthusiasmus hatte sie dazu verleitet. „Vielen Dank, dass du mir das ermöglicht hast!“, brach sie vor Freude aus und entfernte sich nach einem Moment wieder von ihm. Charon legte seine Hand auf die Türklinke der Kneipe, vor welcher sie gelandet waren und gab Ariane den Vortritt. Dankend lächelte sie ihn an und kam dem schließlich nach, indem sie, noch immer mit weichen Knien vom Flug, das Etablissement betrat. Die Grünhaarige sah zu Charon und lächelte ihn an. Dann hatte sie eine Idee, wie sie sich für seine Hilfe im Tempel und für das Abenteuer revanchieren könnte! „Wo möchtest du sitzen, Charon? Und.. ich möchte dich gerne einladen. Du hast mir heute so viel Gutes getan, obwohl du mich gar nicht kanntest“
Es fühlte sich immer gut an, zu fliegen, aber es fühlte sich am Besten an, wenn man dabei nicht alleine war. Die grünhaarige Schönheit in seinen Armen fühlte sich Charon einem Gott umso näher, als er sich in die Lüfte begab und allmächtig über der Erde schwebte. Er spürte ihre Sorge, spürte aber auch, wie die Anspannung ihren Körper verließ, während sie die Aussicht bewunderte. „Es ist wirklich schön, nicht wahr?“, lächelte er, seinen Blick hinab werfend auf die Felder, die laut Ariane wie eine Decke aussahen. Ja, er konnte wohl erkennen, was sie meinte. „Es ist nicht nur Fiore“, meinte Charon ruhig, Wärme in seiner Stimme. „Die Welt ist voller Landschaften, die einem aufmerksamen Beobachter das Herz erwärmen. Ich weiß, dass das, was man Tag für Tag sieht, manchmal furchtbar und hässlich wirken kann, aber... es gibt so viel Schönheit auf der Welt. So viel, wofür es sich zu kämpfen lohnt.“ Ja, Charon Dargin mochte sie sehr, diese Welt, auf der er lebte. Er liebte sie geradezu. Es war die Schönheit der Welt, die ihn zu der Person gemacht hatte, die er heute war, und er würde es ihr nie vergessen.
Es war ein bisschen schade, dass die beiden schon so bald wieder landen mussten. Charon hatte sich schon an die Nähe der Caerellius gewöhnt. Aber gut, die würde er sicher auch hier unten genießen können. „Es war mir eine Freude“, versicherte er, als sich die Halbgöttin für den Flug bedankte. „Wenn du es noch einmal erleben möchtest, sage mir gern jederzeit Bescheid.“ Es kostete ihn kaum etwas, weder an Mühe, noch an Mana, einmal die Flügel auszubreiten. Gerne teilte Charon dieses wundervolle Ereignis mit den Personen, die ihm zusagten. Entsprechend fröhlich trat er hinter Ariane ein in die Kneipe, lachte sogar warm auf, als er ihre Worte hörte. „Du lädst mich ein, ja?“, grinste er fröhlich und nickte der jungen Dame an seiner Seite zu. „Da sage ich nicht nein. Herzlichen Dank, Ariane.“ Fröhlich vor sich hin summend – wie konnte man nicht in dem Wissen, dass die Rechnung übernommen wurde –, trat Charon näher an die Bar heran, lehnte einen Arm an den Tresen. „Getränkekarte, bitte“, meinte er gelassen mit wenig Rücksicht auf die beiden Personen, die ein Stück zu seiner Rechten standen und bereits auf den Barmann warteten, der gerade noch hinten mit seinen Gläsern beschäftigt war. Einen leicht genervten Blick warf der über seine Schulter, ehe er Charon tatsächlich eine der neben ihm liegenden Karten reichte. Das Weißhaar schmunzelte, während es sich abwandte. Ein „Herzlichen Dank“ halbherzig über seine Schulter werfend hielt er der Caerellius die Karte hin. „Bitte sehr. Da findest du Alles, was sie hier haben.“ Er nickte ihr zu. „Ich werde ein Glas Schnaps trinken, aber das ist vielleicht nicht, was dir beim ersten Versuch schmeckt. Schau dich am Besten bei den Cocktails um. Die sind schön bunt, stylisch und schmecken eher süß. Genau das richtige für ein süßes Mädel wie dich, hehe!“
Die Welt konnte furchtbar und hässlich wirken. Ja.. leider hatte Ariane das bereits bemerkt. Es war keine schöne Erkenntnis gewesen. Doch man musste die Schönheit der Welt sehen. Das, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Verstehend hatte die junge Frau genickt. Doch es war nicht so, als hätte sie diese Worte einfach abgenickt. In Wahrheit beschäftigten sie die Halbgöttin mehr, als Charon vielleicht annahm. Das war so inspirierend. Die Menschen kämpften für das, was ihnen wichtig war und beschützten es. Ariane hatte fast ihr gesamtes Leben im Götterhimmel verbracht. Während sie Venus fast täglich gesehen hatte, waren die anderen Götter dieser Dimension nur flüchtige Bekannte gewesen. Doch Ariane konnte sich nicht erinnern, dass auch nur einer von ihnen für irgendetwas eingestanden war. Für etwas gekämpft hatte. Nicht einmal Venus. Was war das für ein Fluch, unsterblich zu sein? Ariane wollte nicht sein, wie sie. Sie wollte sein, wie die Menschen und ein bewegtes Leben führen. Ein Ziel haben!
Dass er sie jederzeit wieder zu einem Ausflug mitnehmen würde, freute Ariane natürlich sehr. Dieses einzigartige Erlebnis musste also nicht einzigartig bleiben. Doch übertreiben würde die Halbgöttin es nicht, schließlich durfte das Fliegen mit Charon nicht den Reiz und den Zauber verlieren! Dass sie bei ihm mit einer Einladung ins Schwarze getroffen hatte, ahnte Ariane nicht im Geringsten. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass ein mächtiger Magier wie Charon ein Pfennigfuchser war. Es irritierte Ariane ein wenig, dass der Weißhaarige solch unfreundliche Blicke erntete. Aber sie erklärte es sich damit, dass der Barmann gerade Stress hatte und die beiden anderen Gäste vielleicht.. auf irgendetwas neidisch waren. Einer hatte eine Glatze, vielleicht lag es daran..
Erfreut gingen die beiden an einen freien Tisch und nahmen dort Platz. Ariane konnte ohnehin nur noch lächeln, schließlich erlebte sie gerade das Abenteuer, welches sie sich vorhin noch gewünscht hatte. Nur beim Schnaps verzog sie kurz das Gesicht. Nein, da wollte sie lieber einen Cocktail! Als Charon sie mit einem solchen verglich und sie als süßes Mädel bezeichnete, sah sie ihn kurz mit großen Augen an, spürte die röte auf ihren Wangen schimmern und lachte verlegen. Dann wich sie seinem Blick aus, biss sich sanft auf die Unterlippe vor Hilflosigkeit und blickte schnurstracks in die Karte. Wow! Wenn Venus das wüsste! Das fände sie bestimmt nicht gut! Also gefiel es Ariane umso besser. „Ich glaube.. ich nehme einen Mojito. Das klingt lecker“, entschied sie sich und lächelte Charon an. „Oh, und ich habe irgendwie Hunger bekommen. Was hältst du von der Tapas-Platte? Hier steht, die ist für zwei Personen“ Witzig, dass es Gerichte für eine oder zwei Personen gab. Warum nicht für drei? Nachdem die beiden die Bestellung aufgegeben hatten, bemerkte Ariane immer wieder die Blicke zu ihrem Tisch. Erst dachte sie, es sei Zufall, doch allmählich fiel es auf, dass so viele Gäste bereits einen verstohlenen Blick zu ihnen geworfen hatten. Manche sahen Ariane an, manche Charon, manche beide. Sie beugte sich ein wenig vor, um ihm näher zu kommen und die Stimme senken zu können. „Ich glaube, die Menschen erkennen dich wieder“, murmelte sie, obwohl das in der lauten Atmosphäre gar nicht nötig wäre. „Ist es dir unangenehm, dass du so.. ja, angestarrt wirst?“
Mit einem Schmunzeln betrachtete Charon, wie die kleine Göttin an seiner Seite errötete. Ja, sie war schon ziemlich niedlich, und es war schwer, sich ihrer Schönheit zu entziehen - gerade für jemanden wie den Dargin, dessen Leben dem Schönen gewidmet war. Wieder stellte sich die Frage, wie genau Ariane zu Venus stand. War sie einer ihrer Engel? Eine Inkarnation? Gar ein Kind, wie Mareo? Gerne würde der Dargin das glauben, doch bisher konnte er es nicht abschließend sagen. Schlussendlich konnte sie eine Repräsentantin sein, eine Schülerin, eine Gesegnete oder gar jemand wie er, die sich - vielleicht nicht ganz freiwillig - einen Teil göttlicher Mächte angeeignet hatte. So oder so… Ihre enge Verbindung zu einer der wohl schönsten Göttinen war nicht von der Hand zu weisen. Solange er sich nicht sicher war, sollte er aber wohl ein wenig Vorsicht walten lassen. Nicht, dass sie noch auf Gedanken kam, die ihm am Ende doch noch eine Strafe der Götter einbrachten. “Ein Mojito klingt nach einer guten Wahl”, nickte das Weißhaar ermunternd und lehnte sich ein wenig näher an ihre Seite, um einen Blick auf das Bild zu werfen, das sie hervorhob. Die Tapas-Platte. Seine Schulter streifte dabei kurz ihre, aber so vorsichtig würde er auch wieder nicht sein müssen. “Mhm… Gerne. Ich denke, ein paar mediterrane Häppchen sind jetzt genau das Richtige.” Seinen Blick schon wieder in Richtung des Raumes wendend, winkte er wie selbstverständlich jemanden heran, um ihre Bestellung aufzunehmen. Ihm fiel es leicht, einen Blick einzufangen, als er den Arm mit seinem weiten, luxuriös verzierten Ärmel hob, und seine Bewegungen waren nicht nur elegant und kontrolliert, sondern auch bestimmt. Es dauerte nur ein paar Momente, ehe auch schon eine Bedienung bei ihnen stand.
“Das kann schon sein. Ganz unbekannt bin ich nicht”, schmunzelte Charon, gab sich Mühe, nicht zu zeigen, wie sehr es ihn freute. Dass er nicht nur angesehen wurde, sondern sogar so sehr, dass es auffiel. Sicherlich spielten da ein, zwei weniger erfreute Blicke mit hinein, aber Alles in Allem ging er davon aus, dass vielen Augen einfach gefiel, was sie da sahen. “Und ich bin durchaus stattlich anzusehen, findest du nicht auch?” Nun, da konnte man schwerlich etwas gegen sagen, nicht wahr? Aufmerksam legte sich sein Blick auf die Grünhaarige, erwarteten ihre Antwort. So erhaben der Dargin sich auch geben mochte, stand er doch nicht über ein wenig Schmeichelei. Schlussendlich lockerte er seine Haltung aber auf und lehnte sich entspannt zurück, leise lachend. “Davon abgesehen bezweifle ich, dass ich der einzige hier bin, der bewundernde Blicke erntet”, gab er amüsiert zurück, ohne weiter darauf einzugehen. Wie er die Caerellius einschätzte, durfte sie gerne ein wenig über seine Worte staunen. “Schlussendlich sind wir nicht für die anderen hier, sondern für uns, richtig? Also konzentrieren wir uns aufeinander.” Wobei die Tapas sicher auch etwas Aufmerksamkeit verdienten, wenn sie erst einmal hier waren. Für den Moment sah der Dargin aber eher hinüber zu der Jukebox, aus der heraus ein Soundlacrima ruhigen, sanften Jazz in der Kneipe verteilte. “Magst du Musik, Ariane?”, fragte er, während seine Finger leicht mit einer seiner Strähnen spielten. “Hast du schon einmal getanzt? Es würde zu einer eleganten jungen Dame gut passen…”
Dieser Tag schien mit jeder Minute besser zu werden. Als Ariane sich heute Morgen auf den Weg gemacht hatte, um in den Süden des Königreichs zu gelangen, hätte sie nicht damit gerechnet, abends mit einer neuen Bekanntschaft das Leben zu erkunden. Das war es, das ihr so sehr gefiel. Im Götterhimmel war jeder Tag gleich gewesen. Ariane war nicht einmal sicher, ob die Zeit vergleichbar voranschritt, wie hier. Doch auf Earthland war alles anders. Man wusste nie, was kam und das machte es spannend. Selbst ein Tag nicht gut begann, so konnte sich das Blatt jederzeit wenden und unerwartete Dinge geschahen. Und nun saß sie in dieser Kneipe und bestellte einen Mojito und Tapas! Jedenfalls, wenn Charon auch Lust darauf hatte. Er lehnte sich näher zu ihr, um in die Karte zu blicken. Die Nähe ließ Ariane beinahe erstarren und machte sie zugleich nervös. Wow! So ein mächtiger Magier wie Charon Dargin aus Crimson Sphynx saß direkt bei ihr! Das war wirklich eine Ehre.. Und er würde wirklich Tapas mit ihr essen!
Erstaunlich schnell kam eine Bedienung zu ihnen an den Tisch, obwohl sehr viel los war und so konnte die Bestellung schon einmal auf den Weg gebracht werden. Dabei fiel Ariane immer wieder auf, dass die anderen Gäste oft an ihren Tisch blickten. Besonders die Blicke auf Charon waren häufig. Sie teilte ihm ihre Beobachtung mit und fragte ihn, ob er sich nicht daran störte, angestarrt zu werden. Der Weißhaarige nahm es gelassen und schob es auf seine Bekanntheit, wobei er noch einen weiteren Grund festmachte: Sein gutes Aussehen. Diesbezüglich ersuchte er eine Rückmeldung von Ariane. Ihre Naivität wich von der einen auf die andere Sekunde, als wäre ihr ein Schalter umgelegt worden. Stattdessen stützte sie kokett ihr Kinn auf ihrer Hand ab und verengte ein wenig die funkelnden Iriden aufregend. Ihre Antwort ließ einen Augenblick auf sich warten, schließlich musterte sie ihn kurz. Er war groß, ansprechend gebaut und hatte markante Gesichtszüge. Die Augenfarbe war einzigartig und das Haar ein wahrer Blickfang. „Doch, das finde ich auch“, lautete ihre Antwort mit einem koketten Lächeln. Auch sie lehnte sich wieder zurück, doch ihre Haltung blieb stilvoll. Im ersten Augenblick verstand sie nicht ganz, worauf er hinaus wollte. Doch dann bemerkte sie erstmals bewusst die Blicke auf ihre Person. Manche sahen sofort ertappt weg, andere wollten den Blickkontakt aufrecht erhalten. „Es ist mein Haar, ich weiß“, murmelte Ariane, seufzte schwermütig und betrachtete eine der langen, grünen Strähnen. Doch Charon hatte recht, sie sollten sich lieber wieder einander widmen. Die Halbgöttin lächelte wieder und nickte zustimmend.
Charon schien sie besser kennenlernen zu wollen und fragte danach, ob sie Musik mochte. Dass eine Jukebox ihn darauf gebracht hatte, ahnte sie nicht. Sie wusste nicht, was das für ein Gerät war. „Ja, ich mag Musik! Aber es gibt verschiedene .. Arten von Musik. Mir gefällt nicht alles gleichermaßen. Wie ist es bei dir?“, fragte sie ihn mit aufrichtigem Interesse. Tanzen? Bereits jetzt musste Ariane verlegen lächeln. „Es kommt drauf an, was du meinst. Ich habe Veranstaltungen gesehen, bei denen je eine Frau und ein Mann zusammen getanzt haben. Aber ihre Bewegungen schienen nach einer Schrittfolge abzulaufen, welche alle gleichermaßen getanzt haben. Diese Art von Tanz habe ich nie gelernt. Aber wenn jeder für sich tanzt und sich einfach zum Rhythmus bewegt, das habe ich gemacht!“, erklärte sie ihm und lachte ein wenig verunsichert auf. Während ihrer Erklärung hatte sie nervös ihre Hände in ihre Oberschenkel gekrallt, da es ihr beinahe peinlich war, das zuzugeben. „Lass mich raten, du kannst sowohl die Paartänze mit der richtigen Schrittfolge, als auch allein und frei tanzen“, schmunzelte sie und lächelte den Weißhaarigen verschmitzt an.
Es war angenehm, gesehen zu werden. Davon war Charon überzeugt. Es mussten nicht einmal zwingend positive Blicke sein, die man bekam. Sein kleiner Bruder hatte mehr als deutlich gezeigt, dass es gerne einmal jene waren, die Fehler machten und andere störten, die den Fokus von den perfekten und gut erzogenen Personen nahmen. Wer immer nur das Richtige tat, der fiel am Ende hinten runter. Deswegen hatte der Dargin auch überhaupt kein Problem damit, sich bei den Bestellungen ein wenig vorzudrängeln. Viele der Blicke, die er zugeworfen bekam, hatten aber tatsächlich einen positiven Hintergrund. Er war bekannt, und er war gutaussehend. Alles, was man sich wünschen konnte. Und als wäre das nicht genug, hatte er auch noch eine ebenso gutaussehende Begleitung. Er lebte den Traum, wie man so schön sagte, und sein Lächeln zeigte es. „Dein Haar, meinst du? Hmm...“ Nachdenklich legte er eine Hand an sein Kinn, betrachtete das Mädchen an seiner Seite. Vielleicht war er sogar etwas zu nah dran, um sie ordentlich zu sehen, aber zumindest ihren Kopf und ihr Haar hatte er deutlich vor Augen. Langsam löste sich seine Hand von seinem Gesicht, legte sich stattdessen an ihres, um durch das grüne Haar zu streichen und die sanften Strähnen durch seine Finger gleiten zu lassen. „Du hast nicht Unrecht... Dein Haar ist auf jeden Fall ein Blickfang. Zart wie samt und glänzend... Du scheinst es gut zu pflegen. So eine Haarqualität habe ich noch an keinem Menschen gesehen“, stellte er fest, ehe seine Hand ein wenig tiefer wanderte und sein Daumen über Arianes Wange strich. „Aber das ist bei Weitem nicht Alles. Deine Haut ist weich, und deine Augen sind wunderschön. Du hast ein liebliches Gesamtbild, Ariane, auf das du stolz sein kannst. Schönheit ist das, was diese Welt am Laufen hält... und du, du scheinst geradezu von der Schönheit gesegnet.“ Was wohl kaum ein Wunder war, wenn sie so eng an Venus hing. Vermutlich lag tatsächlich ein gewisser Segen auf ihr. Oh, wie gerne Charon doch die schwarzen Flammen beschworen und die Caerellius auf Göttliches getestet hätte. Aber das wäre wohl ein wenig zu übergriffig... und er behielt seine Griffel ja jetzt schon nicht bei sich. Seine Hand zog sich wieder zurück, und er rückte ein kleines Stückchen von ihr ab, gab der Grünhaarigen ihren Freiraum. Er hatte sich eben schon ein bisschen zu sehr mitgehen lassen. Als jemand, der für das Schöne der Welt lebte, musste Charon wohl aufpassen, sich nicht zu sehr in Arianes Attributen zu verlieren...
„Natürlich, ich mag auch nicht jede Musik gleichermaßen“, nickte Charon mit einem warmen Lächeln. „Ich bin ein Freund klassischer Musik. Alles, was ruhig und elegant ausfällt, ist genau mein Fall. Wobei ich auch dem ein oder anderen modernen Lied etwas abgewinnen kann. Manchmal ist ein wenig mehr Energie und ein schneller Beat gar nicht mal so schlecht... solang es kein allzu furchtbarer Text ist.“ Da hatte das Weißhaar ziemlich starke Meinungen zu. Es war wohl wenig überraschend, dass er auch im Bereich der Musik ein ganz schöner Snob sein könnte. Er spiegelte das amüsierte Schmunzeln der jungen Dame an seiner Seite, als sie direkt voraussetzte, dass er mit beiden Arten zu tanzen Erfahrung hatte. „Nun... da kann ich dir nicht widersprechen“, gab er zu und musste lachen. Sie hatte ihn wohl ganz schön schnell durchschaut und wirkte darauf auch recht stolz. Der Zeigefinger seiner rechten Hand begann, eine seiner langen, weißen Strähnen aufzuwickeln, während er über das Tanzen plauderte: „Beides hat seinen Wert. Es kann sich auf jeden Fall sehr gut anfühlen, sich einfach frei zu bewegen und die Melodie zu genießen. Gerade, wenn man nicht alleine ist, kann man sich und seinem Gegenüber dabei so einiges mitteilen, ohne es mit Worten sagen zu müssen.“ Er nickte nachdenklich, bestätigte quasi sein eigenes Argument. Ja, das klang gut. „Wenn ich die Wahl habe... bevorzuge ich aber eher Paartänze. Es hat etwas Rituelles, mit einer anderen Person zusammen eine geübte Schrittfolge im Takt der Musik abzugehen. Und es ist... wundervoll elegant. Eine der Schönheiten dieser Welt. Es ist wundervoll anzusehen, wenn eine Meisterin ihrer Kunst tanzt, und es gibt kaum ein angenehmeres Gefühl, als etwas zu tun, von dem man weiß, dass Andere es bewundern können.“ Nicht ohne Grund wurden Tanzschritte seit hunderten von Jahren festgelegt und optimiert. Es war eine Kunstform, zweifellos. Und Charon Dargins Herz stand weit offen für jede Art der Kunst.
Seit Ariane in Earthland war, lernte sie nicht nur viel über ihre Umgebung, über die menschliche Gesellschaft und das Leben, sondern auch viel über sich selbst. Besonders das andere Geschlecht war auf anziehende Art und Weise interessant für sie und es machte Spaß, diese Gefühle zu ergründen, welche manch einer bei ihr auslöste. Bisher war natürlich noch nichts großartig Spruchreif, aber allein die Auseinandersetzung mit der Thematik, welcher ihre göttliche Mutter sich verschieben hatte, hatte ihren Reiz. Schon kleinste Gesten entflammten Ariane, ließen ihre Augen leuchten und hinterließen sie in heller Aufregung. So war sie gerade noch niedergeschlagen, da sie unter ihrer aufgezwungenen Haarfarbe durchaus litt, als sie merkte, wie nah Charon ihr war, während er sie musterte. Es war ihr beinahe unangenehm, da sie ihn gerade auf diesen Makel aufmerksam gemacht hatte. Ihre goldenen Augen folgten seiner Hand, bis sie diese warm an ihrem Gesicht spürte. Dann blickten sie gebannt in seine violetten Iriden. Ja, ihr Haar war ein Blickfang, das sagte auch Charon. Ariane beobachtete, wie eine ihrer langen Strähnen sanft durch seine Finger glitten, die lieben Worte lösten eine sanfte Röte auf ihren Wangen aus. Sie sah ihn an und ihre Lippen öffneten sich leicht, als er sagte, er habe diese Haarqualität noch bei keinem Menschen festgestellt. Ariane könnte das theoretisch erklären, doch dann spürte sie seine Hand erneut an ihrem Gesicht, wie sein Daumen sanft über ihre Wange strich. Selbst wenn sie es wollte, so konnte sich die Halbgöttin gerade nicht gegen den erhöhten Puls wehren. Es überkam sie einfach, während sie wie angewurzelt sitzen blieb. Die Worte des Weißhaarigen waren Balsam für ihre Seele und es fühlte sich gut an, wenn einem so geschmeichelt wurde. Als sie glaubte, ihre Stimme wiedergefunden zu haben, entgegnete sie ein leises: „Danke, ich.. finde es schön, dass du das sagst“ Es half ihr definitiv über die Unsicherheit des grünes Haares hinweg.
Das Thema ging über in die Musik. Ariane mochte Musik, hätte das aber wahrscheinlich nicht so genau formulieren können, wie Charon. Doch sie verstand, was er ihr sagen wollte und ging relativ konform damit. Und wie sie bereits vermutet hatte, konnte er sowohl frei zur Musik tanzen, als auch die Schrittfolge von Paartänzen. Das war nicht verwunderlich, denn genau so hatte Ariane ihn nun eingeschätzt. Lächelnd hörte sie ihm zu und nickte verstehend. „So habe ich es mir gedacht. Die Paare schienen wirklich allein mit ihren Augen und ihren Körpern kommuniziert zu haben, es ist zauberhaft“, schwärmte sie träumerisch. Sie hatte den Menschen gerne dabei zugesehen, es erfüllte ihr Herz mit Liebe. Charon erklärte, warum er die Paartänze so wundervoll fand, dabei blieb Ariane aber bei einem gewissen Wort hängen. Sie lächelte, während sie von ihrem Mojito nippte und fragte: „Schönheit ist für dich von hohem Wert, nicht wahr?“, fragte sie ihn interessiert. Für manche Meschen war es Geld, für anderen die Familie, wieder andere der Beruf. Und die Leidenschaft von Charon war die Schönheit? Vielleicht hatte sie recht. Just in diesem Moment wurde den beiden auch schon die Tapas-Platte serviert. „Vielen Dank“, bedankte sich die Halbgöttin freundlich bei der Kellerin und betrachtete das hübsch angerichtete Essen in kleinen Schälchen und auf Tellerchen. „Das sieht gut aus! Bitte bedien dich, ja? Und lass es dir schmecken“, lud Ariane ihn noch einmal ein und suchte sich ihrerseits den ersten Happen aus.
Arianes Freude über Charons Worte war ein herzallerliebster Anblick. Wie sich ihre Wangen leicht röteten, wie sie lächelte. Der Dargin würde sich nicht wundern, wenn sie ganz bewusst ein Gesicht erhalten hatte, dass das Herz eines Mannes stehlen konnte, so wie die Ikone der Aphrodite, der er eins begegnet war, in dieser Stadt, unweit dieser Kneipe. Nur gut, dass er ein starkes Herz hatte, an das man so leicht nicht herankam. “Nichts zu danken”, lächelte er zurück, während er die Berührung beendete. Für ihn fühlte es sich schließlich auch gut an, wenn sie sich über seine Worte freute. Ebenso wohl fühlte sich das Weißhaar bei der Gelegenheit zu tanzen - natürlich bevorzugt Hand in Hand mit einer Schönheit an seiner Seite. Es brauchte schließlich ansprechende Einzelteile, um ein schönes Gesamtbild zu schaffen. “Du beschreibst es gut. Ja, Augenkontakt und die Bewegungen des eigenen Körpers können so viel mehr mitteilen, als man oft glaubt”, bestätigte der Dargin mit einem zufriedenen Lächeln. Auch ihre nächste Frage traf voll ins Schwarze. Auch wenn Charon in mancher Sicht schwer zu durchschauen war, waren einige seiner Seiten für die aufmerksame Caerellius wohl die eines offenen Buches.
“Das stimmt. Schönheit ist mir sehr wichtig”, bestätigte Charon und fuhr sich durch das luxuriöse Haar. “Es ist kein reiner Zufall, dass ich so gut aussehe. Ich bemühe mich durchaus darum.” Natürlich sollte es nach außen hin nicht so wirken. Er präsentierte sich gern als die Naturschönheit, die einfach aufstand und perfekt aussah. Jeder seiner engeren Freunde wusste, dass das nicht stimmte. Charon Dargin verbrachte eine absolut unheilige Menge an Zeit damit, sich für den Tag schick zu machen. “Jeder hier in Fiore… vermutlich in ganz Earthland wünscht sich schlussendlich ein schönes Leben. Und wenn das Gesamtbild schon sein muss, dann gilt das auch für die einzelnen Bestandteile”, erklärte er, wie man es von einem Lehrer erwarten würde. Theoretisch könnte er sogar noch ein gutes Stück tiefer gehen. Dass Schönheit nicht nur Frage der Optik war, sondern sich gerade auf den Kern der Sache bezog. Dass es aber manchmal auch nicht genügte, sich über ein schönes Inneres zu freuen; wer einen gewissen Stolz besaß, eine schöne Eigenschaft, der trug seine innere Schönheit nach außen. Es gab die Schönheit der Natur, dieser endlosen Welt, und die des Unbekannten, die ihn stetig lockte. Und natürlich gab es das Schönste von Allem, den Nachthimmel, die Finsternis. Aber all das wäre wohl etwas zu viel für heute. Er hatte ihre Frage beantwortet. Jetzt war es Zeit für Tapas!
Darum, sich an den für ihn kostenlosen Speisen zu bedienen, musste man Charon nicht zweimal bitten. Entspannt und elegant, als wäre nichts dabei, streckte sich sein Arm aus und er nahm eins der Appetithäppchen, ein Stück Schinken, in den eine blassgrüne Frucht eingewickelt worden war. Aufmerksam betrachtete er es, drehte es ein wenig in seiner Hand. Dieses exakte Gericht hatte er so noch nicht gehabt. Das war sie wohl, die Schönheit des Unbekannten. “Du bist ja wirklich aufmerksam”, stellte der Dargin fest, ehe er von seinem Fang abbiss. Als er gekaut und geschluckt hatte, fuhr er fort: “Du beobachtest Tänzer, du beobachtest mich. Du wirkst wie eine sehr neugierige junge Dame. Das gefällt mir.” Neugier war viel wert. Für den Finsternismagier war sie allein ein großer Antrieb. All jene Menschen, die etwas neues entdeckt oder entworfen hatten, waren zuerst Menschen gewesen mit der Neugier, zu hinterfragen, ob es nicht doch noch etwas zu Entdecken oder etwas zu entwerfen gab. Menschen wie er selbst, die den Fortschritt dieser Welt auf ihren Schultern trugen. “Ist dir sonst noch etwas an mir aufgefallen? Es würde mich wirklich interessieren, was für einen Eindruck ich auf dich mache, Ariane…”
Das Leben unter den Menschen, zwischen denen Ariane weitaus weniger auffiel, als unter den Göttern, war schön. Und auch wenn sie oft viel Spaß hatte und bisher auf viele nette Leute getroffen war, so gab es noch vieles, das sie nicht verstand. Dinge, die ihr unlogisch vorkamen, bis ihr jemand deren Sinn erklärte. Doch es war nicht nur ihre Umwelt, welche Fragen aufwarf. Erstmals setzte sich die junge Frau aktiv mit ihrer Wirkung auf andere Menschen auseinander. Plötzlich war es täglich ein präsenter Gedanke, was das Gegenüber von einem hielt. Es war spannend, aber schwierig zugleich. Und manchmal hatte Ariane Angst davor, die Wahrheit zu erfahren oder gar zurückgewiesen zu werden. Sie wollte nicht allein sein. Die Rückmeldung durch Charon half ihr daher ungemein, denn er gab ihr in diesem Moment das Gefühl, als schön, angemessen und richtig betrachtet zu werden. Ariane wollte gefallen, das gab ihr ein gutes Gefühl. Und es war ihr eine besondere Ehre, von einem starken Magier wie Charon diese Komplimente bekommen zu haben. Kein Wunder also, dass sie rot geworden war.
Wenngleich es interessant war, sich über den Ausdruck des Tanzes zu unterhalten, so blieb die Halbgöttin an einem Ausdruck Charons hängen. Schönheit, ein Wort, welches er oft benutzte. Es schien ihm wichtig zu sein, beinahe essenziell. Was hatte es damit auf sich? Es musste an ihm liegen, dennoch kein anderer Mensch sprach so leidenschaftlich darüber. So bestätigte er auch, dass ihm dies ein wichtiges Attribut war und er daher stets um sein Äußeres bemüht war. Nun, das hatten die beiden wohl gemeinsam. Wenngleich Ariane natürlicher war, so hatte sie von ihrer Mutter gelernt, sich stets zu pflegen und die besonders reizenden Gesichtspartien, wie Augen und Lippen, hervorzuheben. „Jetzt verstehe ich dich. Du suchst und siehst die Schönheit überall“, erläuterte sie ihren Gedanken. Dann wurde ihr Lächeln breiter. „Ich kenne dich bisher leider kaum, aber ich habe den Eindruck, als könntest du in sehr vielen Dingen Schönheit erkennen und dich daran erfreuen! Selbst da, wo andere sie vielleicht nicht sehen können“, mutmaßte Ariane vorsichtig, aber mit einem kecken Lächeln.
Das Essen wurde endlich serviert. Begeistert betrachtete die Ariane die große Platte mit all den kleinen Tapas. Als sie Charon erneut dazu eingeladen hatte, zuzugreifen, suchte sie sich selbst den ersten Happen aus. Für die Halbgöttin gab es zuerst eine gebackene Kugel, welche sich als frittierter Pilzkopf herausstellte. Gespannt lauschte sie wie schon den ganzen Tag den Worten des Weißhaarigen, welcher festgestellt hatte, wie aufmerksam und neugierig Ariane für ihre Umwelt war. „Oh, das ist sehr wichtig! Ich möchte mich möglichst schnell zurechtfinden und diese Welt verstehen lernen“, erklärte sie ihm und pickte sich eine Olive. Während sie diese aß, wurden ihre goldenen Augen kurz größer. Er wollte wissen, welchen Eindruck er auf sie machte? Die Halbgöttin schluckte flott und lächelte Charon dann sogar ein wenig amüsiert an. In aller Ruhe nahm sie ihren Mojito und nahm einen Schluck davon, ließ seine violetten Iriden dabei nicht aus den Augen. „Mein Eindruck von dir ist im Grunde positiv“, begann sie zögerlich, die Stimme wurde jedoch leiser. „Du und ich, wir waren einander völlig fremd. Der Ort unseres Kennenlernens lud nicht gerade zu einer Unterhaltung ein. Und doch hast du mich angesprochen. Ich glaube, dir ist aufgefallen, dass es mir nicht gut ging. Du bist aufmerksam für deine Mitmenschen und deren Belange. Und ich denke, du bist sehr selbstbewusst“, schloss Ariane daraus. Ihre Stimme war klar und fest, erst jetzt, da sie weitersprach, wurde sie wieder zurückhaltender: „Und.. und trotz all dem Mut, den zu mir zusprichst, habe ich zugleich auch.. Angst. In welcher Rolle siehst du dich gegenüber Göttern?“
„Hm, hm... ja, du triffst es ziemlich gut“, nickte Charon, ein Lächeln auf den Lippen. Die Schönheit war überall zu finden, wenn man die Augen nur dafür offen hatte. Die wenigsten Menschen suchten wohl so aktiv nach ihr, wie er es tat. „Es ist eine Schande, wie viel Schönheit in der Welt übersehen wird. Ich denke, viele Menschen wären deutlich glücklicher, wenn sie sehen könnten, was ich in unserer Umgebung, unserer Gesellschaft und unserem Leben sehe. Aber schlussendlich kann und will ich niemanden dazu zwingen, meine Sichtweisen zu teilen. Ich bin einfach froh, sehen zu können, was ihnen verborgen bleibt.“ So, wie er den güldenen Glanz der Grünhaarigen entdeckt hatte. Eine kleine Beobachtung, die seinen Tag doch sehr positiv beeinflusst hatte. Zufrieden nahm er sich eine der Vorspeisen und nickte aufmerksam, während er ihren Geschmack genoss. Ihre Aufmerksamkeit gefiel ihm sehr, er würde sie sich tatsächlich von mehr Personen wünschen. Umso interessanter war es für ihn, was dieses aufmerksame Mädchen wohl über ihn dachte.
„Das stimmt wohl. An Selbstbewusstsein mangelt es mir nicht“, lachte er auf und schüttelte leicht den Kopf. Er sollte wohl nicht erwähnen, dass seine ursprüngliche Ansprache wenig mit Arianes Wohlergehen zu tun gehabt hatte – das war ihm erst im Laufe des Gespräches wirklich aufgefallen. Er bemerkte allerdings auch jetzt, dass ihre Art zu sprechen sich änderte. Ein wenig Sicherheit ging darin verloren. „Angst, sagst du?“, wiederholte er, eine Hand an sein Kinn legend, während er die Caerellius betrachtete. „Vor mir?“ Wie interessant. Der Dargin war zugegeben eine recht mysteriöse Gestalt, die nicht leicht zu durchschauen war. Es war nicht komplett unverständlich, wie man so jemandem mit einer gewissen Unsicherheit gegenüber treten konnte. Aber war es wirklich das, was Ariane meinte? „Hmm... ich schätze, man kann nicht wirklich sagen, dass ich in gar keiner Verbindung zu den Göttern stehe“, meinte er nachdenklich, als er sich mit der Frage der Grünhaarigen befasste. Tatsächlich wusste er nicht direkt eine Antwort. „Um ehrlich zu sein, habe ich darüber bisher nicht viel nachgedacht. Auch wenn sich meine Wege mit ihnen kreuzen, sehe ich mich eigentlich nicht direkt in einer Rolle, die mit den Göttern zu tun hat.“ So hatte er das Ganze bisher einfach nicht betrachtet. Ja, er nahm sich ihre Kräfte und er entwickelte sich weiter, weit über den Status eines normalen Menschen hinaus. Aber das war es eigentlich auch. Seine Ziele involvierten keinen spezifischen Gott, auch nicht die Götter als Gesamtes. Er suchte keine Rache, keine Vergebung, kein Geschenk oder göttliches Artefakt. „Ich erforsche sie, in erster Linie“, stellte er schlussendlich fest, nach einer längeren Pause, in der er überlegt hatte. „Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, musst du wissen, und die Götter haben meine Aufmerksamkeit geweckt. Ich will mehr über ihre Natur lernen, über ihre Gewohnheiten und Ziele. Darüber, was für Fähigkeiten sie besitzen, wie sie funktionieren und wie ich sie eventuell zum Wohle Fiores nutzen kann.“ Ja, das war es. Schlussendlich diente Alles, was Charon Dargin tat, dem Wohle seines Landes und seiner Gilde. Er wollte, dass es Menschen gut ging, und das konnte er am Besten gewährleisten, indem er seine eigenen magischen Fähigkeiten ausweitete. Für dieses Ziel war er auch bereit, die Macht der Götter selbst an sich zu reißen. „Ich habe kein Interesse daran, einen Gott zu verletzen oder ihm anderweitig etwas anzutun, wenn du das denkst. Ich möchte nichts an den Göttern ändern, ich möchte sie nur verstehen“, stellte er schlussendlich fest und sah seiner Begleiterin tief in ihre schönen, güldenen Augen. „Ich versichere dir, Ariane... Ich will niemandem etwas Böses antun. Im Gegenteil, ich möchte, dass es so vielen Wesen wie möglich gut geht. Seien sie Menschen, Götter oder alles dazwischen.“ Sein Lächeln war warm, sanft. Er meinte, was er sagte, meinte es wirklich ernst. „Hast du dennoch Angst vor mir?“
Es war ein angenehmer Abend in guter Gesellschaft, bei leckerem Essen und einem erfrischenden Cocktail. Noch immer aber war der gemeinsame Flug mit Charon das beste an diesem Tag gewesen, denn so etwas hatte sie noch nie zuvor erlebt. Nun schienen sie beide ein wenig zur Ruhe gekommen zu sein und der Weißhaarige schien gerne mehr darüber wissen zu wollen, wie er auf Ariane wirkte, was ihr an ihm aufgefallen war. Als aufmerksame Beobachterin konnte Grünhaarige darauf natürlich antworten, wenngleich sie dabei auch ehrlich sein wollte. So zählte sie allerhand positives über Charon auf, was zu ihrem bisherigen Meinungsbild gehörte. Doch das war nicht alles. Denn auch dieser Hauch von Angst, welchen sie ihm gegenüber verspürte, erwähnte Ariane. Die junge Frau war der Überzeugung, dass niemand mächtiger sein konnte, als die Götter selbst. Kein Lebewesen war erhabener, stärker oder allwissender als die Götter. Es passte einfach nicht in das Bild, welches sich in Ariane geprägt hatte. Doch dann war da dieser Magier aus Crimson Sphynx, Charon Dargin, der über allen Dingen stand. Und.. über den Göttern? „Ehrlich gesagt bezweifle ich ohnehin, dass selbst ein Gott mir so leicht das Leben nehmen könnte […] Wahrscheinlich würde ich ihnen mehr nehmen als sie mir, wenn sie sich mit mir anlegen wollen“ Das hatte er gesagt. Bedeutete das, dass er selbst Ariane das Leben nehmen könnte?
Gebannt sah sie ihn an, wagte weder etwas zu sagen, noch sich einen weiteren Happen von der Platte zu nehmen, während sie ihm so aufmerksam zuhörte. Es war, als dürfte Ariane kein Wort von Charon verpassen, wenn sie ihn verstehen wollte. Doch je mehr er seine Sicht der Dinge und seine Ziele erläuterte, desto mehr.. beruhigte es die Grünhaarige. Menschen forschen und versuchen, die Welt zu verstehen, vielleicht auch die Überwesen. Es war nur normal, dass auch Charon solche Ziele hatte. Natürlich war es im ersten Augenblick beunruhigend, dass er die Fähigkeiten der Götter nutzen möchte, doch er versicherte, ihnen dafür nicht zu schaden. Ariane wusste nicht, ob sie überhaupt göttliche Fähigkeiten hatte. Aber wenn dem so wäre, dann wollte sie dieser nicht beraubt werden. War es das, was ihr Angst gemacht hatte? Doch Charon versicherte ihr, weder Menschen, Göttern, noch.. allem dazwischen schaden zu wollen. Als er sie so sanft und warm daraufhin anlächelte, konnte die Grünhaarige das nur erwidern. Sie nickte verstehend, wenn auch nur sacht. „Es scheint dir ernst zu sein“, stellte sie fest und ihr Lächeln wurde noch herzlicher. „Ich möchte deinen Worten Glauben schenken und dir vertrauen“, entgegnete sie aufrichtig lächelnd, wenngleich sie sich noch immer fragte, wie er reagieren würde, wenn er um ihre Abstammung wüsste. Würde Charon auch sie erforschen wollen? Oder ihr eine vermeintliche Gabe nehmen wollen? Oder würde er sich von ihr abwenden, weil er sie als Lügnerin bezeichnen würde?
Gemeinsam widmeten sie sich wieder dem Essen und probierten sich durch die bunte Platte, bis kaum mehr ein Happen übrig war. „Wie verbringst du sonst deine Abende? Du kannst sicherlich überall hinfliegen und bist schnell an jedem Ort, an welchem du sein möchtest“, schwärmte Ariane und leerte ihr Glas. „Ich denke, den letzten Zug habe ich für heute verpasst. Aber es stört mich gar nicht, ich bin froh, dass wir hier zusammen sitzen“, schmunzelte sie über ihr Glück. Es gäbe bestimmt irgendwo eine Möglichkeit, die Nacht zu verbringen, um dann am nächsten Morgen nach Hause zu fahren.
„Es ist mir ernst“, nickte Charon, bestätigte die Aussage seiner Begleiterin, während er sich mit seiner freien Hand eine weitere der kleinen Vorspeisen nahm und davon abbiss. Er merkte, dass sie nicht gegessen hatte, während er sprach, was wohl bedeutete, dass er inzwischen ein, zwei Häppchen mehr zu sich genommen hatte von der Platte, für die die Caerellius zahlte. Glücklicherweise verzichtete er auf die Art Anstand, die ihn davon abhalten würde, weiter zu essen. „Und falls du mir noch nicht vertrauen kannst, ist das auch in Ordnung. Wir kennen uns noch nicht lange, und so etwas braucht Zeit. Wenn wir genügend Zeit miteinander verbringen, kommt das Vertrauen von selbst.“ Mit einem Lächeln betrachtete er das hübsche Gesicht der jungen Dame, während er sich in seinem Sitz zurücklehnte. „Vorausgesetzt, du hast nichts dagegen, wenn wir uns noch ein paar Mal treffen... hehe.“
Eine Weile aßen die beiden noch zusammen, bis nur noch eine Kleinigkeit auf dem Teller übrig blieb. Nachdenklich betrachtete Charon dieses kleine Extra. Das gehörte nicht zu den Sachen, die ihm am Besten geschmeckt hatten... das war wohl der Grund, warum es übrig war. Er hatte außerdem nicht mehr so wirklich Hunger. Das war doch eine solide Portion gewesen. Also... hatte er gar nicht mal so ein Interesse an dem Happen. Da konnte er auch gönnerhaft auftreten. „Nimm dir gern das letzte Stück“, bot er mit einem Lächeln an und legte dann den Kopf leicht schief, als die Caerellius fragte, wie er sonst so den Abend verbrachte. Amüsiert winkte er ab, als sie meinte, er könne überall fliegen. „Ach, so flink bin ich nicht... auch nicht in der Luft. Ich kann gemütlich durch die Gegend fliegen, aber es würde Tage dauern, von einem Ende von Fiore ans Andere zu kommen.“ Mit einem warmen Lachen hoffte der Dargin, das er damit nicht irgendwelche Träume zerstörte, die die lebhafte Fantasie Arianes hatte wecken wollen. Sicher wäre es für ihn interessant, innerhalb von Augenblicken durch die Welt reisen zu können, aber leider war das im Moment noch keine Fähigkeit, die er besaß. Vielleicht, vielleicht würde er ja eines Tages einem Gott begegnen, dem er sie abnehmen konnte... „Wenn ich nicht gerade am Reisen bin, gehe ich nicht unbedingt groß aus. Ich bin eher der Typ dafür, den Abend mit einem Buch zu verbringen... oder die Sterne zu beobachten.“ Ein warmes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Ja, am Ende des Tages mochte er das doch noch am Meisten. „Der Nachthimmel ist wahrlich eins der schönsten Werke, die Mutter Natur uns geschenkt hat“, stellte er zufrieden fest. „Hm... Hast du dir schon einmal die Zeit genommen, einfach in die Sterne zu sehen, Ariane? Wenn du heute Nacht ohnehin hier bleibst, können wir die Gelegenheit ja vielleicht nutzen“, meinte der Dargin und strich sich durch die Haare. „Weißt du eigentlich, wo du die Nacht verbringen willst? Die guten Leute im Tempel sind so gut, mich dort übernachten zu lassen... Wenn du noch nichts hast, können wir sie sicher fragen, ob sie auch ein Plätzen für dich freiräumen können.“
Während Charon davon sprach, dass sie einander erst noch besser kennenlernen müssten, damit das Vertrauen sich auch entwickeln konnte, wurde das Lächeln der Halbgöttin breiter. Das würde also bedeuten, dass sie vielleicht in Zukunft noch mehr Zeit miteinander verbringen würden? Das wäre schön. Charon hatte durchaus etwas an sich, das Ariane sehr neugierig machte. Sie verstand nicht ganz, wie er letztendlich dachte oder wie seine Persönlichkeit aufgestellt war, aber genau das machte ihn wohl interessant. Außerdem hatte sie heute wirklich viel Spaß mit ihm gehabt, ein Wiedersehen wäre daher wirklich in ihrem Sinne. „Im Gegenteil, ich würde mich sehr freuen. Ich finde es schön, Zeit mit dir zu verbringen“, entgegnete sie also aufrichtig lächelnd und verkniff sich die Frage, ob er dann noch einmal mit ihr fliegen würde.
Nachdem sie ihm ihre Frage gestellt hatte, nahm Ariane die letzte Köstlichkeit von der Platte, welche Charon ihr so großzügig überlassen hatte und hörte ihm gespannt zu. Dabei konnte sie leider ihre Miene nicht abhalten, in leichte Enttäuschung zu entgleiten, als er meinte, er könnte nicht schnell von A nach B fliegen, um die ganze Welt zu sehen. Eilig bemühte sie sich wieder um ein lächelndes Gesicht und ließ sich nicht weiter anmerken, dass sie gerne so schnell wie möglich wieder in den Norden wollte, um den Schnee zu sehen. Also doch eine lange Zugfahrt! Im ersten Moment klang das Zuhausebleiben mit einem Buch und dem Sternenhimmel nicht besonders spannend für Ariane, doch Charon schaffte es, das Firmament so wundervoll darzustellen, dass die Halbgöttin das Gefühl hatte, tatsächlich noch nie so genau in den Nachthimmel geblickt zu haben, um die Einzigartigkeit zu erkennen. „Ich habe das Gefühl, die Sterne noch nie so genau betrachtet zu haben, wie sie es allem Anschein nach verdient hätten“, schmunzelte sie und strich sich beinahe verlegen.
Dann blickte sie aufmerksam auf. „Das wäre wirklich gut, wenn ich die Nacht auch im Tempel verbringen könnte. Ich habe mich um keine Übernachtungsmöglichkeit gekümmert.. ich wusste nicht, dass ich so lange bleibe“, kicherte sie gegen Ende und nahm somit das freundliche Angebot an. „Und wenn es keine Umstände für die Leute im Tempel macht, dann würde ich mich freuen, wenn du mir zeigst, was dich am Nachthimmel so sehr fasziniert“, sprach sie weiter und lächelte ihn warmherzig an. Wenn sie bereits eine Sache herausgefunden hatte, dann, dass Charon wusste, wie man selbst die alltäglichsten Dinge in kleine Wunder verwandelte. So übernahm Ariane wie versprochen die Rechnung und lud Charon somit ein. Trotz der fortgeschrittenen Zeit war Ariane noch gar nicht müde, sie war gespannt, was der mächtige Magier von Crimson Sphynx ihr noch zeigen würde.
“Da sind wir dann wohl zwei.” Ariane mochte es, Zeit mit Charon zu verbringen? Das konnte er nur zurückgeben. Auch wenn er die junge Dame noch nicht lange kannte, erfüllte sie doch alle Kriterien für eine angenehme gemeinsame Zeit. Sie war neugierig und clever, sie war schön anzusehen und besaß einen gewissen Charme, und in ihrer Gegenwart fühlte sich Charon stark und bewundert. Seinem Sinn für Ästhetik und seinem Ego zu schmeicheln waren zwei Dinge, mit denen man bei dem Dargin weit kam, und die Caerellius hatte selbst darüber hinaus noch so viele interessante Eigenheiten zu bieten. Und so, wie es aussah, erkannte sie sogar, dass sie den Sternen bisher noch gar nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. “Das haben die Wenigsten. Allgemein schenkt diese Welt uns viele schöne, bedeutungsvolle Anblicke und tiefgreifende Mysterien, für die kaum ein Mensch die Augen offen hat”, bestätigte Charon mit einem Nicken. Schlussendlich waren es genau diese Dinge, die ihn durchs Leben trieben. “Aber dafür bin ich ja da. Um das zu sehen, was nicht gesehen wird, und das zu finden, was dem Leben seinen Reiz gibt. Und ich freue mich über jede Gelegenheit, das, was ich sehe, mit Anderen zu teilen.” Ariane hatte es zweifellos verdient, die wahre Schönheit des Sternenhimmels zu erblicken. Sie machte sich so viele Gedanken und Sorgen, dass sie für solche Genüsse vermutlich kaum Zeit fand. Das gehörte geändert!
Ihr eine Übernachtungsmöglichkeit zu bieten stellte sich als unproblematisch heraus. Nachdem sie bezahlt hatte und die beiden Magier zum Tempel zurückgekehrt waren, genügte ein kurzes Gespräch, um sicher zu stellen, dass für sie ein kleines Kämmerchen mit gemütlichen Decken zur Verfügung gestellt werden konnte, ein gutes Stück entfernt von Charons eigenem Raum. Es wäre wohl auch eine große Ironie, wenn ein Tempel, der den Liebesgöttern huldigte, ausgerechnet die Tochter der Venus weggejagt hätte - auch wenn das hier natürlich niemand wissen konnte. “Damit wäre das erledigt”, stellte Charon zufrieden fest, eine Hand in die Hüfte gestemmt. “Dann bleibt wohl nur noch, dir den Himmel zu zeigen.” Zeitlich passte es gut. Es war spät genug, dass die Sonne sich längst verabschiedet hatte, und der Himmel lag finster über ihnen. Hier draußen beim Tempel gab es auch keine Leuchten, die die Nacht aufhellten, keine Lichtverschmutzung, die den Glanz der Sterne übertönen könnte. Nein, hier konnte man den Himmel und die Sterne wundervoll klar sehen, auf eine Weise, von der man in den größeren Städten nur träumte. Auch das spielte mit hinein in die Tatsache, dass Charon diesen Tempel hier gerne mal besuchte. “Ich empfehle den Blick vom Rücken liegend. Man kann den Anblick besser genießen, wenn man selbst entspannt ist, und je niedriger du am Boden bist, desto weitläufiger kannst du die Schönheit des Himmels genießen”, erklärte der Dargin ruhig, während er eine große Decke ausbreitete. Auf dem Rücken liegen bedeutete natürlich nicht im Gras liegen. Grasflecken auf seine Klamotten zu bekommen war das Letzte, was er wollte. Aber die Perspektive von hier unten bot schon einen wundersamen Anblick. “Weißt du… auf den ersten Blick mögen die Sterne für dich größtenteils gleich aussehen, aber wenn man genauer hinsieht, sind sie alle unterschiedlich. Manche sind größer oder kleiner, manche etwas heller oder nur schwer auszumachen, und selbst die Form, in der sich das Licht ausbreitet, unterscheidet sich leicht. Da muss man aber schon sehr drauf achten. Ah, und dann gibt es natürlich noch die Sonderfälle, die jeder erkennt, wie unseren Freund, den Polarstern, der immer im Mittelpunkt stehen muss.” Amüsiert lachte Charon auf, ehe er seinen Blick hinüber zu Ariane wandte. “Was denkst du, Ariane? Welcher dieser Sterne gefällt dir am Besten?”
Eigentlich war es traurig, wenn Charon recht hatte und viele Menschen die Schönheit ihrer Heimat nicht sehen konnten. Ariane war noch in der Entdeckungsphase, für sie war einfach alles auf Earthland, insbesondere das Königreich Fiore auf Ishgar, einzigartig und faszinierend. Alles war neu, aufregend und wollte entdeckt werden. Doch wenn Ariane ehrlich war, zählte der Sternenhimmel nun nicht dazu. Allerdings hatten es Charons Worte allein bereits geschafft, sie neugierig zu machen. Sie wollte sehen, was er sehen konnte und hoffte, in Zukunft einen anderen Blick auf das Firmament zu haben. Die Unterkunft für die Nacht im Tempel wurde bereitgestellt, sodass die beiden Magier ihren Abend fortsetzen konnten.
Gemeinsam entfernten sie sich wieder ein Stück weit vom Tempel und kleine Leuchten erhellten sacht und unaufdringlich ihren Weg. Schon jetzt spürte Ariane, dass ein weiteres Highlight den Abend krönen würde. Gespannt horchte sie der Erläuterung, dass man auf dem Rücken liegend den weitläufigsten Blick haben würde. Lächelnd nickte Ariane und stellte erfreut fest, dass Charon eine große Decke dabei hatte. Das würde richtig bequem werden! Vorsichtig nahm sie neben dem Dargin Platz und achtete darauf, sich bloß nicht auf das weite Gewand ihres Gefährten zu setzen. Andächtig hatte sich die Halbgöttin also neben ihn gelegt und konnte nicht anders, als glücklich zu lächeln. Charon hatte Recht, allein der Blickwinkel war neu für sie. Es war einzigartig schön! Die Halbgöttin genoss die Minuten, in welchen sie den Anblick des Sternenhimmels mit völlig neuen Augen sah und zugleich der Stimme von Charon lauschte. Während er sprach, suchten ihre goldenen Iriden nach all den Sternen. Nach denen, die größer oder kleiner waren, heller oder dunkler. Sie wollte alles sehen, was Charon sah. Daher dauerte es einen Augenblick, bis sie ihm antwortete, denn die großen Augen untersuchten noch die unterschiedlichen Formen. Vielleicht entschuldigte die deutlich erkennbare Faszination in ihrem Blick, dass er auf eine Reaktion warten musste.
Schließlich drehte sie ihr Gesicht in seine Richtung, bettete den Kopf bequem auf der Decke. Dann lächelte sie ihn glücklich an. „Ich weiß es nicht.. sind sie nicht alle auf ihre Art und Weise schön?“, entgegnete sie andächtig und sah ihm in die violetten Augen. „Ich könnte mich niemals für nur einen entscheiden“, stellte sie fest, ehe sie wieder zum Sternenhimmel sah. „Ich frage mich, ob ich diesen Anblick auch morgen so wundervoll finden werde. Wenn du nicht mehr neben mir liegst, um deine Faszination mit mir zu teilen. Du hast etwas sehr Mitreißendes.. Das ist, was mir am besten gefällt“, sprach sie aufrichtig und lächelnd, wenngleich auch ein Hauch von Wehmut in ihrer Stimme klang. Auch ein wundervoller Tag wie dieser musste ein Ende nehmen, denn der Strom der Zeit kannte kein Zurück. Dann drehte sie ihr Gesicht wieder in seine Richtung und lächelte Charon an. Ariane atmete tief durch, spürte die Entspannung und Ruhe in ihrem Inneren und schloss für kurz die Augen, um den Moment gänzlich auf sich wirken zu lassen.
Es war nicht einfach, die Unterschiede zwischen den Sternen klar zu sehen. Sie waren so weit weg, trotz ihrer Größe so winzig im Blick der beiden Magier. Dennoch konnte Charon nicht widersprechen, als Ariane meinte, dass sie alle auf ihre Weise schön waren. „Das stimmt natürlich“, lächelte er mit einem Nicken. „Auch wenn es in der Natur von Menschen liegt, Favoriten zu haben, so gering die Unterschiede auch sein mögen.“ Er musste lachen, als sie meinte, dass sie den Anblick ohne seine Führung wohl kaum so sehr genießen konnte. Da hatte sie wohl Recht. Es war, wie Charon gesagt hatte: Er konnte Schönheit erkennen, und er konnte sie teilen. Ohne ihn ging allzu viel verloren. Es war eine traurige Wahrheit dieser Welt, aber gleichzeitig bedeutete es für den Dargin, dass er einen Wert für Andere haben konnte, der ohne ihn einfach fehlte. „Nun, ich kann es dir nicht übel nehmen, wenn du meine Gegenwart genießt“, meinte er amüsiert. „Sie ist auf jeden Fall seltener als der Anblick der Sterne... aber unterschätz den Himmel nicht. Je mehr man sich damit befasst, desto mehr gibt es zu sehen. Schau zum Beispiel dort drüben.“
In seiner liegenden Position den Arm hebend deutete er auf eine Gruppe Sterne, zog mit seiner Fingerspitze Linien zwischen ihnen, um eine Form anzudeuten. „Die Gruppe dort oben soll einen Adler darstellen... mit dem Kopf dort oben, bei dem etwas größeren Stern“, erklärte er, „und dann zwei Flügeln, die von dem kleineren Stern in der Mitte ausgehen. Und das Bildnis ist nicht nur hübsch gedacht, sondern ist eng mit der Mythologie verbunden, die ich so faszinierend finde. Dieser Adler dort, zum Beispiel, soll einst ein Partner des Gottes Zeus gewesen sein, der die Blitze, die er warf, wieder aufsammelte und zurückbrachte. Aber er hat es auf Dauer nicht geschafft, seine Aufgaben zu erfüllen, daher wurde er in den Himmel gebannt.“ Es war eine amüsante Geschichte, wenn man den Dargin fragte. Dass ein Gott die Hilfe eines einfachen Tieres wünschte wirkte lächerlich, aber mit dem, was er inzwischen über diese Wesen wusste, gar nicht mehr so abwegig. So allmächtig sie auch wirken mochten, brauchten die Götter doch gelegentlich Unterstützung von den Wesen dieser Welt, von Glauben bis hin zu Taten. Ariane, die den Namen ihrer Mutter verbreiten wollte, würde das sicher nachfühlen können. „Und von diesen Sternbildern gibt es unheimlich viele. Dort drüben, zum Beispiel, sollen sich zwei Personen finden; die Zwillinge. Der Stern dort, der Mittlere von fünf, soll die Stelle sein, wo ihre Hände sich halten und die beiden Personen verbunden sind. Erkennst du es?“ Der Adler war etwas einfacher, aber schlussendlich war es wohl nicht wichtig, dass Ariane das Bild erkannte. Immerhin ging es Charon um die Bedeutung dahinter. „Bei diesen beiden Menschen handelt es sich um zwei Halbbrüder. Sie teilen eine Mutter, aber der Vater des Einen ist ein Gott, und der Vater des Anderen ein Mensch. Einer ist unsterblich, der andere rein menschlich. Und dennoch verbringen sie die Zeit, die sie miteinander haben, als liebende Brüder, unterstützen sich in ihren Wünschen und Zielen, erleben Abenteuer zusammen. Ein wahres Symbol dafür, dass Unterschiede nicht so wichtig sind. Dass selbst Götter und Menschen miteinander leben können, wie sie es einst in Enca taten.“
Ein gewisses Schweigen legte sich über das Duo, während der weißhaarige Magier weiterhin hinauf sah, die Endlosigkeit des Nachthimmels genießend. Wie oft war er schon in dieser Position gewesen? Wie oft hatte er diese Sterne schon bewundert? Und doch verloren sie ihren Zauber nicht. Im Gegenteil, sie schienen jeden Tag eindrucksvoller, bedeutsamer. Auch wenn diese Meinung niemand teilte, für Charon war es eine Realität, die sich nicht verleugnen ließ. Nach einem Weilchen der Ruhe, mit einem melancholischen Seufzen, stemmte er sich auf seine Ellbogen, richtete sich auf. „Nun denn...“, meinte er, seine Stimme ruhig und warm. „Ich schätze, es wird langsam Zeit, uns eine gute Nacht zu gönnen.“
Charons Gegenwart war seltener als der Anblick der Sterne. Ariane kam nicht drum herum, zu lächeln. Sie bewunderte den Weißhaarigen für sein Selbstbewusstsein und wie charmant er seine Selbstliebe nach Außen kundtun konnte. Vielleicht fühlte sie sich deswegen auch in seiner Anwesenheit wohl, denn das war der Halbgöttin vertraut. Aufgewachsen mit einer göttlichen Mutter, dann und wann umgeben von anderen Gottheiten. Während sie selbst stets zur Demut und Bescheidenheit erzogen worden war, schließlich war ihr Status nicht rein, zeigten sich die Götter stets voller Stolz und Hochmut. „Du musst ein sehr besonderer Mensch sein“, schlussfolgerte Ariane logisch für sich daraus. Nun, das war Charon ja auch. Nicht jeder war dazu geboren, ein mächtiger Magier zu sein.
Andächtig folgten die goldenen Iriden der Fingerspitze Charons, welche gen Sternenhimmel zeigte und eine Form in die kalte Nachtluft zwischen bestimmten Sternen zeichnete. Die Geschichte über den Adler, der die Blitze des Gottes aufsammelte, gefiel Ariane. Es erinnerte sie an Iron und Steel, weswegen ihr Lächeln ein wenig breiter wurde. Doch nicht nur daran erinnerte sie sich in diesem Augenblick. „Ich dachte einzig und allein Jupiter sei dazu in der Lage, Blitze zu werfen. Entsprang dieser Zeus nicht lediglich der Mythologie?“, erkundigte sich Ariane sichtlich irritiert. Aber woher kannte Charon seinen Namen? Kannte man diesen Gott unter den Menschen? Und warum schrieb man ihm Jupiters Fähigkeit zu? Das war wirklich eigenartig.
Einfacher war die Geschichte der Zwillinge. Als Ariane das Sternbild mit Hilfe des Weißhaarigen und nach einer kurzen Suche entdeckt hatte, lächelte sie über die Geschichte. Doch sie löste nicht nur Entzücken in ihr aus, sondern warf auch viele Fragen auf. „Einer ein unsterblicher Gott, der andere ein sterblicher Mensch“, wiederholte sie nachdenklich. Warum konnte sie nicht eines von beiden sein? Sie war nichts Halbes und nichts Ganzes. „Der Gedanke, wie einsam er ohne seinen geliebten Bruder sein muss, macht mich traurig. Er muss ihn in alle Ewigkeit vermissen“, seufzte sie bedrückt, denn noch glaubte Ariane, selbst ebenfalls unsterblich zu sein. Eines Tages würde auch sie all die lieben Personen, welche sie kennengelernt hatte, bis in alle Ewigkeit vermissen müssen. Ein Gedanke, welcher so sehr schmerzte, dass sie ihn schnell abschüttelte und sich auf den Anblick konzentrierte.
Auch der schönste Tag musste ein Ende finden. Ein wenig Melancholie machte sich in Arianes Mitte breit, als Charon die Nacht einläutete. Doch er hatte recht, es war ein langer Tag gewesen und die Halbgöttin spürte die Müdigkeit deutlich. Ihnen blieb noch der gemeinsame Rückweg, wobei Ariane immer wieder nach dem Sternbild der Zwillinge suchte, um es erneut anzusehen.
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