“Hm? Meine Waden?” Etwas verdutzt blickte Iron von seiner erhöhten Position auf dem Torbogen hinab auf Andreyna, ehe er seinen Blick auf seine eigenen Beine richtete. Da guckte sie also die ganze Zeit hin? Mit einem amüsierten Lächeln schüttelte er den Kopf. “Ah, entschuldige. Ich hab es wohl bisher noch nicht erwähnt. Ich bin ein Leporidae… ein Hasenmensch”, erklärte er und deutete auf seine großen Ohren, die fröhlich vor sich hin zuckten. “Deshalb kann ich echt gut hüpfen, hupp! Auch wenn ich meine Beine natürlich gut trainiere, sollen ja stramme Rettiche werden und keine schlappen Böhnchen.” Ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht bei dieser Erklärung, ehe er wieder hinab zu Boden hüpfte. Als er sich von Andreyna wegdrehte und auf den Friedhof zu konnte sie sogar sein kleines Puschelschwänzchen sehen. Irgendwie verrückt, dass sie bis jetzt noch nicht bemerkt hatte, dass er ein Hase war!
“Ja.” Im Vergleich zu Ippis üblicher, blumiger Sprache fiel seine Antwort auf Andreynas Frage, ob er schön öfter Friedhofe besucht hatte, recht knapp aus. “Immer mal wieder.” Zu seinem großen Glück hatte es noch nie jemanden aus seiner kleinen Familie erwischt. Die Personen, die seinem Herzen am nächsten waren, lebten alle noch. Wahrscheinlich würde er selbst an einem Ort wie diesem liegen, bevor es einen von ihnen erwischte. Dennoch dachte er ungern an die Bedeutung von Friedhöfen. Zu viele seiner alten Kameraden lagen an Plätzen wie diesem.

“Ich denke, die ältesten Gräber sind die in der Mitte. Vielleicht gehört eins davon dem, der den Friedhof gebaut hat. Ich denke, am Anfang gab es wen, der sich wirklich darum bemüht hat… und danach nicht mehr.” Das war die Geschichte, die dieser Aufbau dem Möhrenritter erzählte. Ob sie stimmte, das konnte er nicht einschätzen. Um Andreynas Frage endgültig zu beantworten, ging er allerdings zu einem der hinteren Gräber und hob das große Blatt einer dahinter wachsenden Pflanze an. “Der hier ist vor etwas über hundert Jahren gestorben. Ich denke, die Gräber in der Mitte sind vermutlich älter, und die ganz vorne sind die Frischesten.” Nicht, dass ihnen diese Information wirklich bei ihrer Quest half, aber schlussendlich waren sie hier, um den Ort zu untersuchen. Wer konnte schon wissen, ob ihnen die Untersuchung der Gräber nicht doch ein wenig dabei behilflich sein konnte? Zu sehen gab es bisher nicht viel, aber es ging ja eh darum, dass Geister gehört worden waren, also war sehen wohl auch nicht ihr Ziel. Mit einem Zucken signalisierten Ippis Löffel, dass er vielleicht ein wenig lauschen sollte, und als er das tat, runzelte er die Stirn. Selbst für ihn war es schwer auszumachen, ob da wirklich etwas war oder nicht, abseits von einem leisen Quiecken zwischendurch. Okay, das war definitiv echt gewesen! Mit zwei schnellen Hopsern eilte er in die Richtung, doch es war schon wieder verstummt. Selbst in der direkten Nähe des Geräusches fiel es ihm schwer, genau wahrzunehmen, was los war. In unregelmäßigen, seltenen Abständen quietschte wieder etwas, leise und gedämpft, kaum wahrnehmbar. Und je näher er in die rechte Richtung schritt, desto seltener wurde es. Schlussendlich senkte er sich hinab auf ein Knie, klaubte zwischen ein paar Blättern, Gräsern und Büschen hindurch, um zu sehen, was der Ursprung des Geräusches sein konnte.

“Hmm… Nichts als Grünzeug hier”, stellte der Hase mit einem Schulterzucken fest. “Nur komischer Kohl, nichts was Geräusche machen sollte.” Ein paar mal ließ er seine Ohren noch zucken, richtete sie neu aus, um etwas mitzubekommen, aber nein. Das Quiecken war verstummt. “Ich hör auch nichts mehr… Vielleicht haben wir’s verscheucht? Naja, klang eh nicht wie das, was wir suchen, das sollen ja die Stimmen von Menschen sein…”

@Andreyna

11 | @Iron

Andreyna blinzelte einen Moment.
Dass der Ran ein Tiermensch war, war selbst für sie recht offensichtlich. Ihr Blick rutschte einmal hoch zu den Löffeln, die aus dem blonden Schopf ragten, dann wieder in das Gesicht Irons, wobei ihr eigener Ausdruck einen Moment lang träge anmutete. Ach echt? Sie musste es nicht aussprechen, es war ihr gut abzulesen. Die Augenbrauen zuckten jedoch etwas, als er fortfuhr, bevor Schamesröte Wangen, Ohren und Nase in ein tomatiges Rot verfärbten. "Ich...!", protestierte sie, ächzte dann kurz, als sie über den nächsten Stein stolperte, sich aber immerhin wieder fing. "Also - Nein! Doch! Ohhh...Ich schau für gewöhnlich nicht so - " Bohnen? Andreyna sah einen Moment lang verwirrt aus. So sehr achtete sie dann doch nicht auf körperliche Details. Weder auf Beine, noch auf Puschel. So weit herunter sah sie normalerweise ... - Da war tatsächlich einer. Einen Moment lang stockte der Ritter, in Wort und Bewegung, dann seufzte sie nur tief. "Ich weiß nicht viel über Tiermenschen, nur, dass die Ohren anders sind..." Und mal abgesehen von ihrer bewegten Geschichte, und ein paar diskriminierende Worte seitens entfernter Verwandtschaft, die sie getrost zu ignorieren versuchte. Ähnlich handhabte es sich eben auch mit solchen Aspekten. Aber gut! Wieder etwas gelernt. Damit fiel die Hand, die sie sich selbst ins Gesicht gedrückt hatte, um stattdessen ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht zu wischen. Konzentration, Andreyna! Sie waren ja schließlich nicht zum Spaß hier.

Iron bekam einen flüchtigen Seitenblick zugeworfen, als seine Sprache sich änderte. Die Vermillion betrachtete sein Profil. Ihre Mundwinkel sanken kurz, doch sie entschied sich gegen eine Anmerkung, oder eine sonstige Reaktion. Manche Themen ließ man lieber ruhen, statt sie aufzukochen. Und Fälle wie dieser waren eine grandiose Ablenkung. Auf die Worte des Kameraden wanderte der Blick über die Gräber in der Mitte. Ein leises "Hmm..." ging von dem Ritter aus, die Augen schmälerten sich einen Moment lang. Sie hatte sich nie wirklich mit dem Aufbau eines Friedhofs befasst. Als Iron zu einem der hinteren Gräber ging, betrachtete sie eines in der Mitte. Die Schrift war jedoch zu verwittert, um etwas zu erkennen. Langsam neigte sich der Kopf in die Schräge. War das ein B?...Vielleicht ein D... Wer auch immer da lag, seine persönlichen Informationen wollte er nicht mehr mitteilen. Wenn auch eher witterungsbedingt. Andreyna hob den Blick wieder und sah zu Iron.
"Glaubst du eigentlich an Geister?" Ein unwohles Gefühl beschlich sie bei dem Gedanken, ein kurzer Schauer, der Gänsehaut verursachte und ihre Nackenhaare aufstellen ließ. Sie hatte sich nie wirklich über ein "danach" Gedanken gemacht, bisher zumindest nicht. Der Mund öffnete sich, als wolle sie etwas ergänzen, doch da hüpfte der Ran schon los. Andreyna runzelte die Stirn. Gut, in Bewegung sah er wirklich aus wie ein Hase, das konnte sie nicht abstreiten. Vielleicht eher mehr wie ein Kaninchen. Sie verharrte regungslos. Kein Mucks von sich gebend, kein Rascheln von Stoff, oder ein Knarzen ihres Holzschildes. Als der Ran im Grün wühlte, drehte sie sich zumindest etwas in seine Richtung und näherte sich schließlich mit langen Schritten. "Was gefunden?" Die Frage wurde auch gleich beantwortet. "Hm. Vielleicht war es nur ein Maulwurf? Ich habe mal gelesen, dass sie ihre Hügel ganz gerne unter solchen Blättern bauen." Auf seine weiteren Worte wog sie den Kopf leicht hin und her. "Verstehe." Der Blick ging über die Schulter und ihre Augen schmälerten sich einen Moment, als ihr ein Gedanke kam. Alte Gräber, das schrie ja förmlich nach...

"... Andere Idee - Wie wäre es, wenn wir uns auf die Lauer legen? Ich habe das Gefühl, dass die Geister vielleicht doch recht lebendig sein könnten..."

„Die Ohren sind anders, das ist richtig“, lachte Iron warm, als Andreyna ein wenig darüber stammelte, wie wenig sie doch mit Tiermenschen zu tun hatte. Fröhlich ließ er seine langen Ohren hängen und zupfte an einem davon. „Sind dafür aber auch echt gut. Die großen Kerlchen hier haben eine Menge Platz, um aufzufangen, was es so an Geräuschen gibt... da hören die meisten Menschen im Vergleich nur Brokkoli, hehe.“ Ein gewisser Stolz lag in Irons Augen, als er seine großen Löffel anpries. Bald schon fanden sie auch ihren Einsatz, als er auf dem Friedhof ein Geräusch zu seinem vermeintlichen Ursprung zu verfolgen vermochte... aber leider fand er da nicht allzu viel. „Ich mein, zu der Idee ist es kein großer Sprung... aber ich seh keinen Maulwurfshügel“, stellte der Blondschopf mit einem Schulterzucken fest. Insofern war es wahrscheinlich etwas Anderes, auch wenn der Unterschied zwischen Maus und Maulwurf und was es sonst so sein könnte auf Anhieb nicht sonderlich wichtig erschien. Enthusiastisch nickte Ippi auf Andreynas nächsten Vorschlag. „Jap, happ. Ich denke, du hast Recht. Wenn wir rausfinden wollen, womit wir es zu tun haben, dann müssen wir wohl lauern. Die Nacht ist ja auch nicht mehr fern.“
Knapp außerhalb des Friedhofs an die kühle Steinmauer gelehnt ließ sich Iron mit seiner Partnerin nieder, hockte auf dem Boden, während das letzte, warme Licht der Sonne in einem tiefen Orange über die Umgebung fielen. Von hier aus würden die beiden es bemerken, wenn jemand aus der Richtung des Dorfes zum Friedhof kam für Schabernack, und im Gegenzug würde man sie nicht bemerken, wenn man aus der anderen Richtung kam, über die minder intakte Mauer hinweg. Ein guter Ausgangspunkt für Lauern, soweit der Ran es einschätzen konnte.
„Übrigens... du hattest mich vorhin etwas gefragt, nicht? Bevor wir unterbrochen wurden?“ Mit einem Lächeln wandte Iron seine großen, grünen Augen Andreyna zu, während am Himmel über ihnen die Nacht einbrach. Richtig, sie hatte gefragt, ob er an Geister glaubte, nicht wahr? „Also, ich hab ja nicht viel Ahnung, was Geister und sowas angeht. Gesehen hab ich selber keinen, aber ich hab so viel Zeug auf der Welt noch nicht gesehen, ne?“ Amüsiert zuckte er mit den Schultern. „Ich mein, es gibt überall magisches Zeug, ob jetzt in den Gilden oder irgendwelchen Kristallen. Untote gibt es, also gibt es Geister wahrscheinlich auch, meinst du nicht? Ich hoff nur, dass man mit denen ein bisschen besser reden kann...“ Untote waren ja im Allgemeinen nicht für ihren intakten Verstand bekannt; zumindest nicht die Art Untote, mit denen Ippi im Zuge seiner Arbeit zu tun bekam. Wenn man einen Soldaten oder Ritter zu sich rief, dann meistens für die Art Untoter, die sich nicht mit Worten befassen wollte... „Wie sieht es denn bei dir aus, Andreyna? Hast du Gedanken zu Geistern?“

Es dauerte nicht mehr lange, bis die letzten Lichter des Tages vergangen waren. Der Sicherheit halber, nur um vorbereitet zu sein, zog der Ran sein Lichtlacrima aus seinem Rucksack, auch wenn er es noch nicht einschaltete. Sie wollten schließlich die Entdecker sein, nicht die entdeckten. Jetzt, wo die Zeit fortgeschritten war, sprachen die beiden Ritter auch nicht mehr so aktiv, sondern blieben eher ruhig, warteten darauf, dass etwas geschah. Es dauerte auch nicht lange, bis Irons Ohren zuckten. „Da ist etwas...“ Leise wispernd gab er Andreyna Bescheid, dass er etwas hörte. Es war schon seltsam; niemand war von dieser Seite auf sie zugekommen, und er hatte auch niemanden kommen hören. Also musste was auch immer diese Geräusche machte schon vorher auf dem Friedhof gewesen sein, aber sie hatten es nicht finden können. Es dauerte auch nicht lange, bis das Geräusch laut genug für beide Magier war; eine menschliche Stimme, wie es die Dorfbewohner gesagt hatten, und bald genug zwei davon...

@Andreyna