Ortsname: Luciens Zimmer Art: Wohnung Spezielles: - Beschreibung: Viel Persönlichkeit birgt dieses unspektakuläre Heim wohl kaum. Die Einrichtung ist schlicht, farblos und modern und läd dementsprechend nur bedingt zum Dableiben ein. Man bekommt fast schon das Gefühl, man sollte hier lieber nichts anfassen, da alles ziemlich teuer wirkt. In einigen, großen Schränken ist alles verstaut, was etwas über den Bewohner aussagen könnte: Aktenhefter, Werkzeugkoffer und allerelei Lacrima-betriebene Elektronik, die vermutlich noch nie für das genutzt wurde, für das sie eigentlich geschaffen wurde. Insgesamt teilt sich die Wohnung des Ashworth in drei Zimmer auf: Ess- und Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad, wobei die Eingangstür direkt in Ersteres führt.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
"Vielen Dank der Herr. Bitte richtigen Sie meinem Vater aus, dass ich wohlbehalten Zuhause angekommen bin", verabschiedete der Ashwort sich, als er aus dem Gefährt stieg und zeitgleich einen großen, schwarzen Regenschirm über seinem Kopf aufspannte. Leicht neigte er den Kopf, wodurch sein langes Haar, das er am Hinterkopf zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, über seine Schulter fiel. Ein kleines Lächeln zierte seine Lippen während er dem Fahrer seinen Lohn in die Hand drückte - selbstverständlich inklusive Trinkgeld. Kurz darauf verschwand dieser auch schon wieder in seiner M-Kutsche und ließ den jungen Mann alleine zurück. Dieser wartete geduldig, bis seine letzte Verbindung zu seinen Eltern hinter mehreren Ecken verschwunden sein sollte, ehe er auf dem Absatz kehrt machte und den Weg zu seinem eigentlichen Zuhause ansteuerte. Wäre ja schön blöd, wenn er dem Butler seiner Familie seine wahre Adresse im Gildenheim verriet. Regen prasselte gnadenlos auf seinen Schirm herab, glücklicherweise war der Weg nicht sonderlich weit. Innerhalb weniger Minuten war er wieder im Trockenen, entsperrte das Schloss, das ihm den Zugang zu seinem Zimmer verwehrte, mit einem simplen Fingerabdruck. Technologie war schon etwas tolles, wenn man es sich leisten konnte. Erschöpft kickte er die feuchten Schuhe in den kleinen Schrank, der direkt neben dem Eingang stand, ehe er sofort die obersten Knöpfe seines Hemdes löste und die Krawatte lockerte. Daraufhin führte ihn sein Weg auch schon zum Sofa, auf welches er sich mit dem Gesicht voraus fallen ließ. Es war nur der Geburtstag seiner Schwester gewesen und trotzdem fühlte er sich, als hätte er ein stundenlanges Gespräch mit einem wertvollen Großkunden geführt. Sein Schädel brummte, einerseits dank der Anstrengung, aber auch wegen dem Zopf, den er den ganzen Tag hatte tragen müssen. Weil es ja aus irgendeinem beschissenen Grund katastrophal und unseriös war, als Kerl lange Haare zu besitzen. War klar, Mutter. Seine ungeduldigen Finger zerrten an dem Kopfgummi, bis er sich endlich aus seinem Haar löste. Erleichtert atmete er auf. Um die Falten, die sich nun garantiert in seinem teuren Anzug bildeten, konnte er sich morgen kümmern. Er würde ihn einfach morgen in die Wäscherei geben. Für heute wollte er einfach nur noch seine Ruhe, einfach nur hier liegen bleiben und die zurückgewonnene Freiheit genießen. So war zumindest der Plan, bis sein Magen grummelte. Verdammt, er hatte doch geplant, auf dem Heimweg noch irgendwo etwas Essbares mitgehen zu lassen. Jetzt hatte er beim besten Willen keine Lust mehr, noch einmal rauszugehen. Schon gar nicht bei dem Wetter. Begleitet von einem genervten Knurren schloss er die Augen, fuhr sich mit den Fingern über den schmerzenden Hinterkopf. Dann musste er eben ein Weilchen hungern, Pech gehabt. Er würde jetzt erstmal ein Ründchen pennen und dann konnte er immer noch weiter schauen. Klopf. Klopf. Klopf. Fuuuck! Murrend und fluchend hob er sein Gesicht aus den Polstern. Es hatte doch noch nie jemand bei ihm geklopft, wieso jetzt? Besuch erwartete er definitiv keinen, doch die Neugierde sorgte letztendlich doch dafür, dass er sich vom Sofa hievte und zum Eingang schlurfte. Mit einem leisen Piepen sprang das Schloss ein weiteres Mal auf und er öffnete die Tür. "Guten Abend, kann ich Ihnen helfen?" Sein Ton war zwar freundlich, aber nur wenig begeistert. Die halb geschlossenen Augen fielen hinab auf das kleine Blondchen, das da vor ihm stand. Den hatte er echt noch nie gesehen, da war er sich sicher. Und doch kamen ihm die blaugrünen Seelenspiegel, die ihm entgegenblickten, so unheimlich bekannt vor. Merkwürdig. Aber noch merkwürdiger war, dass er überhaupt Besuch bekam.
Nate stand vor seinem Herd, in der Absicht, ein köstliches Abendessen zu kochen und nach einem langen Tag zu entspannen. Doch zu seiner Enttäuschung zeigte sich kein Leben in den Kochplatten. Ein verärgertes Seufzen entwich seinen Lippen, während er das Teil musterte. “Nicht schon wieder”, murmelte er vor sich hin und trat energisch dagegen. Dies war bereits das zweite Mal in diesem Monat, dass sein Herd ihn im Stich ließ. Das frustrierte Piepsen und das Blinken des Displays zur Antwort ließen ihn noch einmal austreten und sofort herrschte Stille. Er beschloss, dass er diesmal nicht hungrig bleiben oder auf eine teure Reparatur warten würde. Nein, er nahm die Sache selbst in die Hand! Mit unbekanntem Werkzeug aus einem Karton bewaffnet und überhaupt keinen Plan, begann er mit der Suche nach der Ursache des Problems. Vorsichtig nahm er die Herdplatte ab und tat so, als würde er die Verkabelung darunter checken. Nach einigen Minuten erkannte er jedoch wirklich, dass ein Kabel lockerer war als andere, was vermutlich der Grund für den Ausfall sein musste! Nate fühlte sich ein bisschen wie ein Hobbyhandwerker, aber er wollte es zumindest versuchen, bevor er abermals einen Möchtegern-Fachmann rief und sinnlos Geld ausgab. Er setzte das Kabel an seinen Platz und zog es fest, bevor er die Herdplatte erneut anbrachte. Hoffnungsvoll und vorsichtig drehte er den Knopf nochmal. Ein kleiner Funken blitzte auf, doch dann erlosch es sofort wieder. “Verdammt!”, rief er verzweifelt aus und raufte sich die blonden Haare. Offensichtlich war das Problem etwas komplexer als nur ein lockeres Kabel. Er hatte keine Ahnung, weshalb das Ding mal lief und mal nicht, das war doch Mist. Leider blieb ihm wohl auch heute nichts anderes übrig, als bei einem Zimmernachbarn um Hilfe zu bitten. Aber nicht bei der Frau, die ihm lieber an die Wäsche wollte … das war mega peinlich. Er schnappte sich die Zutaten, nachdem das Werkzeug den Weg in die nächste Ecke fand und trat schließlich vor die Tür. Unsicher drückte er die volle Tüte wie ein Kuscheltier an die Brust und schlich auf Zehenspitzen durch den Flur zum nächsten Zimmer. Außerhalb seines Raumes fühlte er sich gleich unwohl, irgendwie konnte er sich an diesen Ort nicht gewöhnen. Zögernd hob er die Fingerknöchel an und klopfte. Zaghaft erst, dann mit mehr Elan. Plötzlich hielt er seine Idee für bescheuert und wollte auf dem Absatz kehrt machen, aber das wäre noch unangenehmer, wenn er beim Flüchten erwischt werden würde. Bei seiner lahmen Kondition war das höchstwahrscheinlich. Als Reaktion auf das klopfende Geräusch öffnete sich langsam die Tür. Das Blaugrün traf zunächst auf ein Hemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren, eine lockere Krawatte und dunkle Haarspitzen. Er zuckte leicht zusammen und die Äuglein huschten den Hals hoch, als eine männliche Stimme die Ruhe brach. “Äh, ja … Hi.” Was wollte Nate nochmal? Er trat von einem Fuß auf den nächsten und dachte fieberhaft nach, eine Hand wanderte fahrig zu seinem Nacken, während die Zutaten zu fallen drohten. Oh Mann, er war nicht mal in der Lage, dem Fremden vernünftig entgegenzublicken. “Ich … mein Herd ist kaputt, und ich … ich habe Hunger.” Sehr gut, ein Wort nach dem nächsten! Cool bleiben! “Darf ich vielleicht Ihren nutzen?" Als die Tüte letztlich gen Boden rutschte, schnellte seine Hand wieder nach vorne. “Ich mache hinterher auch wieder sauber … versprochen!” Dann wagte er doch noch einen Blick in die goldgelben Iriden des anderen und stutzte. Der Blonde verfiel buchstäblich ins Starren und sein Mund öffnete sich leicht. “Du …” Er blinzelte betont. Ach Quatsch, als ob. Oder? Nee. “Ähm, darf ich ... bitte?”, wiederholte er kleinlaut und versteckte sich halb hinter der Tüte. Dass er direkt nebenan wohnte und sich vielleicht erstmal vorstellen sollte, war ihm in all der Aufregung entfallen.
Neugierige Seelenspiegel ruhten auf dem kleinen Männlein, das verzweifelt versuchte, sein Anliegen zu formulieren. Leicht neigte Lucien den Kopf zur Seite, lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen, in dem er stand. Da war wohl jemand schüchtern, schaffte es nicht einmal, dem Größeren direkt in die Augen zu blicken. Stattdessen blieb sein Blick an der Brust des Schwarzhaarigen hängen. "Verzeihung, ich habe nicht mit Besuch gerechnet." Wäre die Verlegenheit seines Gegenübers nicht viel zu amüsant, hätte er sich vielleicht dazu durchgerungen, seine Kleidung wieder zu richten, die Knöpfe zu schließen und seine Krawatte zuzuziehen. "So ein Zufall, ich habe ebenfalls Hunger", erwiderte er mit einem amüsierten Lächeln. Wirklich etwas anfangen konnte er mit der Information jedoch nicht. Was wollte der Blonde nun von ihm? Sollte er sich den kaputten Herd ansehen und reparieren? Nein. Überrascht über die ungewöhnliche Bitte hoben sich seine Brauen. Seine Aufmerksamkeit wanderte einen Moment lang über die eigene Schulter hinüber zu seiner Küche, die noch nie benutzt worden war. Sollte sich das heute ändern? Wieso eigentlich nicht? Ein niedliches Kerlchen, das ihm ein Abendessen kochte klang doch nach einer guten Idee. "Ich hoffe du hast genug für zwei mitgebracht." Ohne zu zögern wechselte er auf die unförmliche Anrede, schließlich hatte der Kleine sich als ganz gewöhnlicher Kerl entpuppt. Sein Blick hüpfte zurück zu seinem Gegenüber, der es nun endlich geschafft hatte, seinen Kopf zu heben ... und nun aus dem Starren gar nicht mehr heraus kam. "Ich was? Habe ich dir die Sprache verschlagen, eh?" Ein freches Grinsen huschte über seine Lippen, als er sich ein wenig hinabbeugte um auf Augenhöhe mit dem Blondchen zu kommen. "Starren ist unhöflich, weißt du? Aber für dich kann ich eine Ausnahme machen." Wie niedlich, man brauchte ja kaum etwas zu sagen und er versteckte sich schon hinter seiner Einkaufstüte. Normalerweise vermied er es, so dick aufzutragen, doch die Schüchternheit seines Gegenübers verleitete ihn einfach dazu. Er konnte nicht anders! "Ja, natürlich. Komm ruhig herein, ich beiße normalerweise auch nur selten." Sein Grinsen wurde breiter, so breit, dass er die Augen zukneifen musste. Dabei zeigten sich auch die scharfen Beißerchen. Bevor er den Eingang frei räumte, trat er kurz an den namenlosen Jungspund heran und nahm ihm die Tüte aus den Armen. "Lass mich dir helfen, die hast du ja eben schon fast fallen gelassen." Nicht nur war er neugierig, wie sich der Kleine benahm, wenn er nichts mehr besaß, hinter dem er sich verstecken konnte, es gehörte sich auch einfach so. Wenn er schon so nett war, ihm sein Abendessen zu kochen, sollte der Schwarzhaarige ihn auch etwas unterstützen. Die Zutaten stellte er auf der Anrichte ab. Das war wohl das erste Mal, dass das Ding etwas anderes als Energy-Drinks und Fertigkaffee zu sehen bekam! Auch für den Ashworth war das eine willkommene Abwechslung zu dem Restaurant-Fraß, den er sich täglich hineinzog, seit er keinen eigenen Koch mehr besaß. Niemals hätte er gedacht, dass alleine leben so unangenehm sein konnte! Kurz warf er einen Blick über die Schulter, um sicherzustellen, dass das schüchterne Blondchen auch wirklich mitgekommen war, bevor die goldenen Iriden auch schon ungefragt den Inhalt der Tüte analysierten. Alles mögliche an frischem Zutaten war darin, Zeug, das Lucien noch nie in den Händen gehalten hatte - und es eigentlich auch nicht vorhatte, bevor es nicht zubereitet worden war. Eventuell war es offensichtlich, was sich daraus machen ließ, doch er hatte nicht die geringste Ahnung. "Was soll das denn werden?" Mit einem kleinen Satz hockte er sich neben den Zutaten auf die Anrichte, sodass er seinen Besucher endlich wieder ansehen konnte. Er bekam das Gefühl immer noch nicht los, dass irgendetwas an ihm so unfassbar vertraut wirkte. Es war nicht einfach, einen guten Blick auf sein rundes Gesicht zu erhaschen, doch jedes Mal, wenn er es schaffte, fühlte er sich merkwürdig. Als ob er sich etwas in ihm an irgendetwas erinnern wollte. Sobald er sich jedoch auf die wuscheligen, blonden Haare oder den Körper, der sowieso überwiegend unter einem lockeren Jogginganzug verborgen war, fokussierte, verschwand das Gefühl wieder. "Sag mal, bist du zufällig in Crocus auf die Schule gegangen? Hillview High?" Auch, wenn er sich sicher war, dass das nicht der Fall war ... es war die einzige Option, die ihm einfiel.
Am liebsten würde Nate weglaufen, doch der Blick des Größeren lastete schwer auf ihm. Im Erdboden versinken wäre eine gute Alternative, leider tat sich der Abgrund nicht auf. Stattdessen ließ er sich wie so oft durch die Befangenheit an Ort und Stelle quälen, obwohl es keinen triftigen Grund dafür gab. Das anschließende Lehnen gegen den Türrahmen machte die Sache nur noch schlimmer, er kam sich wie eine hilflose Beute vor, die ihre letzten Atemzüge tat, ehe der Jäger gelangweilt zuschnappte. Er schluckte hart, als der Dunkelhaarige erneut die Stimmbänder nutzte und holte tief Luft. “Es ist auch schon recht spät … sorry. Ich lasse Sie wieder in Ruhe.” Eigentlich war der Abend erst angebrochen, aber Nate wäre nicht Nate, wenn er nicht nach einer blöden Idee den Ausweg suchte. Er machte bereits einen kleinen Schritt zurück, stoppte jedoch, als der Bewohner des Zimmers verkündete, ebenfalls Hunger zu haben. Okay und jetzt? Als die goldgelben Iriden für einen Moment ins Innere huschten, fiel für einen Augenblick die Anspannung ab. Oh ja, die Pause war nötig. “Ich weiß nicht … möglich.”, nuschelte er gegen die volle, große Tüte und zog den Kopf wieder ein, sobald die Aufmerksamkeit abermals auf ihm landete. Diesmal hatte der Blonde tatsächlich mehr als nötig besorgt, man sollte einfach nie mit knurrendem Magen Lebensmittel einkaufen gehen. Als der Langhaarige vorbeugte und ihm einen verdienten Spruch reindrückte, hüpfte sein Blick zur Seite, Wangen und Ohren vor Scham errötet. “Ich weiß, t-tut mir leid.” Mann, wie er das dämliche Stammeln hasste. Wenn er die Einkaufstüte zwischen seinen Armen weiter so doll drückte, gingen vielleicht noch Sachen kaputt. Als der Typ schließlich einwilligte … Shit. Sich freuen oder heulen? Nicht sicher, was er fühlen sollte, nickte er zaghaft. Laut protestieren wollte der Felton, als ihm auch schon der einzige Halt aus den Armen gerissen und in den Raum entführt wurde. Er zögerte noch drei Augenblicke, ehe der erste Fuß die Schwelle übertrat und nach dem zweiten die Tür hinter ihm klickend ins Schloss fiel. Die Sandalen ordentlich vor dem Eingang parkend, begann er Wurzeln zu schlagen. Ein fremder Mann, eine fremde Umgebung, fremde Gerüche, alles fremd. Es war furchtbar. Was zum Teufel machte er hier? Er wollte doch nur gekochtes Essen essen. Einfach das Zeug schnappen und umkehren, dem Kerl möglichst nie wieder begegnen! Das verzweifelte Quieken in seinem Hals war kaum noch zu besänftigen, es tat weh. Nate schlang die Arme nach Halt suchend um seinen Oberkörper und krallte sich in die Jacke. Das war schon besser. Er war kaum in der Lage, dem Gastgeber mit den Augen zu folgen, geschweige denn irgendwas richtig wahrzunehmen. Das Knistern der Papiertüte beim Abstellen kam ihm vertraut vor, immerhin. “Äh …” Gute Frage. Was sollte das denn werden, hm? Ihm brach der Schweiß aus. Er musste etwas sagen, jetzt sofort. Bitte, bevor man ihn noch als absoluten Weirdo abstempelte. “Japanisches Curry!” Danke, Hirn! “Ich hoffe, Sie mögen das Gericht.” Dass der Gastgeber bereits die Anrede wechselte, fiel ihm noch gar nicht auf. Vorsichtig hob er die Seelenspiegel und seufzte. Ups. Aber es ging nicht mehr anders. “Können Sie bitte nicht … da sitzen? Wegen der Hygiene.”, meinte er kleinlaut, jedoch völlig ernst. Im Grunde konnte der Dunkelhaarige tun und lassen, was er wollte, das hier war schließlich sein Reich. Doch Nate durfte hier kochen und musste die Zutaten auslegen, zubereiten und wollte nicht unbedingt vorher putzen müssen. Warum nur kam er ihm so unglaublich vertraut vor? Verrückt. Erneut verfiel er ins Starren, das allerdings in ein intensives Mustern überging. Die Brauen zogen sich nachdenklich zusammen. “Nein, bin ich nicht.”, purzelte wie automatisch aus seinem Mund. “Aber … ich war in Crocus in einem Kindergarten.” Wie hieß der noch? Hm. Auch egal. Interessanter war doch wohl eher die Erwähnung der Stadt. Eine leichte Wärme umspielte ihn, als prompt flüchtige Bilder seines damaligen besten Freundes vor seinem geistigen Auge flimmerte. Witzigerweise waren die dem Fremden hier gar nicht so unähnlich … diese auffälligen Iriden, spitze Eckzähne. “Äh, Ihr Name. Wie heißen Sie?” Er hielt die Luft an.
Verdammt, es war fast schon zu niedlich, wie das Blondchen rot anlief und Luciens Blick auswich. Bevor der aber noch aus seinen Sandalen kippte, ließ er lieber von ihm ab, gönnte ihm einige Momente zum Durchatmen. "Ist dir schon längst verziehen." Das war nun wirklich kein Grund, sich zu entschuldigen, schließlich war das Starren doch ein indirektes Kompliment. Und er liebte Komplimente. Was gab es Schöneres, als bewundert und angehimmelt zu werden? Geld! Aber sonst gar nichts. Zu seiner Erleichterung folgte ihm das Kerlchen schon nach der ersten Bitte mit in die Wohnung, wenn auch nach kurzem Zögern. Sogar die Tür schloss er und die Schuhe zog er ebenfalls aus! Jetzt musste er sich nur noch entspannen und ein wenig den Stock aus dem Hintern ziehen. "Curry?", wiederholte der Schwarzhaarige, nachdem sein Gegenüber nach kurzem Zögern mit seinem Essensplan herausgerückt war. Davon hatte er zumindest schon einmal gehört, aber probiert hatte er es noch nie. "Noch nie probiert, klingt aber gut." Er lächelte, hoffte, dass ein paar nette Worte seine neue Bekanntschaft womöglich aus seiner Schale herauslockten. Ob es nun tatsächlich an seinen Worten lag oder einfach an seinem ungehobelten Verhalten, der Blonde schaffte es doch tatsächlich, eine Forderung auszuspucken, ganz, ohne über seine eigene Zunge zu stolpern. "Hehhh ... meinetwegen." Eigentlich ließ er sich nur ungern etwas in seinen eigenen vier Wänden befehlen, doch da sein Koch schon so mutig gewesen war und sich getraut hatte, wollte er mal nicht so sein. Wie der glatte Aal, der er war, ließ er sich von der Anrichte rutschen, landete wieder auf seinen Füßen. Huh, wo sollte er denn jetzt hin? Sollte er sich einfach auf das Sofa werfen und seinem Besucher zusehen? Nein, das war uncool. Erstmal marschierte er wieder zu ihm hinüber. Amüsiert musste er dabei feststellen, dass er schon wieder beobachtet wurde - und das nicht gerade unauffällig. Er entschloss sich, das Verhalten dieses Mal unkommentiert zu lassen und einfach nur die Hände in die Hüften zu stämmen und zurückzuglotzen. So bekam er immerhin einen ordentlichen Ausblick auf das Gesicht des Kerlchens, der sich an sich selbst klammerte, als hinge sein Leben davon ab. Warm, irgendwie erfüllte ihn der Anblick mit Wärme. "Ich tue dir schon nichts, du brauchst wirklich keine Angst zu haben." Wenn er doch nur wüsste, wovor sich sein Besuch so fürchtete ... oder war er einfach nur so schüchtern? Warum war er dann überhaupt hergekommen? "Oh-" Kindergarten? Ach, es gab so viele Kindergärten in Crocus. War allerdings schon ein lustiger Zufall, denn Lucien kannte jemanden, der ebenfalls in dieser Stadt in die Kita gegangen war, nur um dann vermutlich anderswo zur Schule zu gehen. Wie hatte dieser jemand noch gleich gehießen? War ja auch egal, der hatte sowieso pechschwarze Haare gehabt. Aber Moment mal. Der Gunner trat noch einen Schritt näher an den Unbekannten heran, neigte seinen Oberkörper dann mehrfach nach links und rechts. Schwarz. "Schaue mich mal ordentlich bitte an." Mit dem Zeigefinger deutete er auf seine eigenen Seelenspiegel, die voll und ganz auf die seines Gegenübers fixiert waren. "Hast du deine Haare gefärbt?" Schüchtern. Augen, die je nach Perspektive grün oder blau wirkten. Schwarze Wuschelhaare. Uh-oh. Einen Moment lang entgleisten dem Schwarzhaarigen sämtliche Gesichtsmuskeln, Horror und Freude lagen so nah bei einander. Sein Herz schmiss sich regelrecht gegen seinen Brustkorb, wollte ausbrechen und seinem Gegenüber direkt in die Hände hüpfen. Nein, das war doch überhaupt nicht möglich. Warum sollte er ausgerechnet hier sein? Jetzt gerade, in seiner Wohnung, um zu kochen? So etwas wie Schicksal gab es nicht. Er fasste sich in das lange, seidige Haar, griff den Ansatz, zog leicht, doch selbst der kurze Schmerzimpuls brachte ihn nicht zur Vernunft. Wie sollte er auch vernünftig reagieren? "Was? Was hast du gesagt, Nate?" Ohne es zu bemerken, entschlüpfte der Name seines ehemaligen besten Freunds den Lippen des Ashworths. Plötzlich erinnerte er sich wieder ganz genau an ihn. "Nate, du heißt Nate, oder?" Falls er falsch lag, machte er sich nun komplett zum Affen, doch das war es ihm wert. Er versuchte, tief Luft zu holen, doch der Atemzug blieb ihm auf halbem Wege stecken. Zusammenreißen wollte er sich, doch nichts in seinem Körper war auch nur annähernd bereit, ihm zu gehorchen. Wann war er das letzte Mal so außer sich gewesen? Sonst hatte er seine Gefühle doch auch unter Kontrolle. Oh, er wusste genau, wann. Wie ironisch, dass es auch damals mit dem Felton zusammengehangen hatte. Man könnte schon beinahe von Schicksal sprechen, wenn es das denn geben würde. "... du, du weißt wer ich bin, oder?"
“Oh, okay …” Einerseits war ein unbekanntes Gericht vorteilhaft, da man keine vorgefertigten Erwartungen oder Vergleichsmöglichkeiten hatte. Andererseits konnte es auch nachteilhaft sein, wenn es gar nicht schmeckte. Das Risiko bestand nämlich darin, dass man durch Enttäuschung ähnliche Gerichte, die einem vielleicht besser gefallen hätten, nicht mehr ausprobieren wollte. Nur kein Druck, hahaha. “Mhm, ich hoffe, Sie mögen das.” Nervös fummelte Nate am Zipper des Reißverschlusses, der bis zum Anschlag hochgezogen wurde. Der Kragen versteckte hoffentlich die zarten Stressflecken, die gerne am Hals und Dekollete auftauchen, wenn er sich alles andere als wohl fühlte. “Da-danke.” Eigentlich hatte er mit Widerstand gerechnet oder mit einem Rauswurf, irgendwie machte der Dunkelhaarige den Eindruck, auf Machtspielchen zu stehen. Oder sein unsicheres Verhalten kitzelte mal wieder solche Eigenschaften aus den Tiefen des Unterbewusstseins hervor. Es wäre wirklich kein Wunder, wenn er weiterhin aufgezogen werden würde. Noch immer stand er wie angewurzelt vor der Tür neben seinen Sandalen und bekam langsam kalte Füße. Ohne die typische Einladung wollte er nicht weiter in das fremde Territorium vordringen, aber anscheinend musste er das auch nicht, denn der Kerl kam zu ihm zurück und glotzte ebenfalls. Die gestemmten Hände in den Hüften suggerierten absolute Überlegenheit, weshalb Nate den Kopf wieder einzog und dem stechenden Goldgelb auswich. “Nein, das … ich bin so. Fremde und … neue Umgebungen sind erstmal schwierig für mich … zu händeln", erklärte er halbwegs ruhig und atmete tief ein und aus. Natürlich wollte der Blonde nicht, dass sich der andere wie ein gruseliges Monster fühlte oder Ähnliches. Schließlich tat er ihm tatsächlich nichts, ansonsten wäre er schon längst weg. Oder tot. Als der Größere aber plötzlich näher trat, stieß er beim Zurückweichen gegen die Tür und gab ein seltsames Geräusch von sich. “Wa-” Er sollte bitte was? Ihn ordentlich ansehen? Was tat er da, was sollte die Aktion? Das Herz raste. Seinem Wunsch konnte er unmöglich nachkommen, das Blaugrün huschte unruhig hin und her, hoch und runter, nicht imstande einen Fixpunkt zu finden, an den es sich klammern konnte. Im letzten Moment der Bedrängnis riss er seine Arme vor das Gesicht und kniff die Lider fest zusammen, das war zu viel. “Ja, habe ich … na und?”, nuschelte er hinter dem Möchtegern-Schutz hervor und wollte das Gegenüber am liebsten fortschieben. Heutzutage färbte sich doch die halbe Welt die Haare, das war echt nichts besonderes mehr. Als nichts weiter kam und Stille eintrat, ließ er die Arme langsam und vorsichtig sinken und wagte zögerlich einen Blick. Huh? Hatte er gerade einen Geist gesehen oder weshalb wirkte er so verstört? “Äh, was ist? Soll ich … doch gehen?” In diesem Augenblick hätte er keine Einwände, die Situation wurde wirklich schräg. Nate beobachtete den Zimmerherren beinahe mit Entsetzen beim … ja, was? Verzweifeln? Sollte er was tun? Und dann ... “Was?” Er schnappte nach Luft, hatte er gerade richtig gehört? “Was?”, wiederholte er sich wie der größte Idiot und starrte dem Langhaarigen ungläubig, aber diesmal offen und fokussiert, entgegen. Dreimal sagte der Typ seinen eigenen Namen wie aus dem Nichts, einfach so. “Du …” Stumm öffneten und schlossen sich seine Lippen, so wie die eines gestrandeten Fisches, der chancenlos nach Sauerstoff rang. Dann biss er sich auf die Zunge, damit es aufhörte. Das war doch unmöglich, als ob er … er hier war. Aber das Herz schlug bereits vor Freude Purzelbäume, die Augen füllten sich mit Tränen. “… Luce.”, flüsterte Nate und schenkte ihm ein warmes Lächeln, während seine Knie nachgaben und er mit dem Rücken an der Tür herunterrutschte. Mit einem Ärmel wischte er sich schnell durch das Gesicht, wie peinlich. Immer noch unsicher, aber irgendwie erleichtert, blieb er dort sitzen. Er verspürte den Drang, ihm um den Hals zu fallen, aber … die beiden waren keine Kleinkinder mehr. Luce vor allem war in die Höhe geschossen und wirkte richtig männlich. “Du bist … groß geworden.” Pffft, er klang wie eine alte Oma, die ihren Enkel nach einer langen Zeit wiedersah. Aber das Äußere war eben das, was zunächst einen besonders starken Eindruck hinterließ. Er selbst entsprach wohl einem Häufchen Elend, haha. So hatte sich der Felton ein Wiedersehen mit ihm auf keinen Fall vorgestellt. Schließlich gab er sich einen Ruck und kämpfte sich wieder auf die Beine. “Hi, Luce.” Deutlich lauter, mit einem weiteren Lächeln.
Wie ein wildes Tier, das in die Ecke gedrängt wurde, schob Nate sich gegen die Tür, versuchte irgendwie, dem Schwarzhaarigen zu entkommen. Doch dieser hatte ein Ziel, ein äußerst wichtiges Ziel, von dem er sich nicht abbringen lassen konnte. Er musste herausfinden, wer das Blondchen tatsächlich war. Das war allerdings alles andere als einfach, denn der tat alles, außer der Bitte Folge zu leisten. "Komm schon, wieso schämst du dich so? Du hast doch ein hübsches Gesicht." Das war nicht einmal eine Lüge! Es schien den Vogel allerdings abzuschießen, sodass Unbekannte die Augen zusammenkniff und sein Gesicht hinter den Händen versteckte. Doch Lucien glaubte, alle Antworten zu haben, die er brauchte. Schweigen. Wie oft in seinem Leben war er wirklich sprachlos? Vielleicht war das ja alles doch nur ein gewaltiger Zufall? Vielleicht hatte sein alter Freund einfach einen Doppelgänger? Genau genommen konnte er ja nicht einmal wissen, wie er heutzutage aussah. Und doch hatte sich sein Herz bereits entschieden, als wüsste es mehr, als er selbst. Ohne zu wissen, was er selbst oder sein Gegenüber eigentlich sagten, blubberten die Worte einfach aus ihm heraus. Der Gedanke, der ihn plagte, der Grund für seinen blamablen Kontrollverlust. Verlorene Augenpaare starrten sich gegenseitig an, ja, es gab keine Zweifel. Aber erinnerte sich Nate überhaupt an den Ashworth? sie waren damals so klein gewesen, Kinder. Inzwischen waren sie beide erwachsen, hatten sich ein Leben aufgebaut, fernab von dem jeweils Anderen. War es überhaupt okay, sich so zu freuen? Ach, egal. Wann interessierte sich der Schwarzhaarige schon dafür, was okay und angebracht war? Als er seinen Namen hörte, schmiss er sämtlichen Anstand aus dem Fenster. Wie lange hatte er dieses Lächeln nicht mehr sehen dürfen? Wie viele Jahre waren es gewesen? Er ließ sich ebenfalls auf den Boden sinken, die Knie landeten neben den Hüften seines Gegenübers, bevor sich seine Hände auch schon den Hinterkopf und den Rücken des Blondchens schnappten, um ihn zu sich heranzuholen, ihn wie einen Teddybären an sich zu drücken. Seine Finger zitterten wie Espenlaub im Wind. Ihm war es sowas von scheißegal, ob Nate sein teures Hemd vollheulte, es war schließlich Nate. "Du nicht, kein bisschen." Er lachte leicht, wenn auch abgehackt. Noch immer war er einen guten Kopf größer. Irgendwie war es schön zu wissen, dass sich manche Dinge nie änderten. Sein Schädel kippte nach vorne, sodass sein Gesicht in dem weichen, flauschigen Haar seines besten Freundes verschwand. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wieso er sich so genau daran erinnerte, doch er roch noch exakt wie früher, jagte ihm einen warmen Schauer der Vertrautheit durch den Körper. Selbiges konnte man von ihm selbst allerdings, dank dem Parfüm, das sich an seinen Nacken und Handgelenken festklammerte, nicht behaupten. "Du hast mir gefehlt." Nach den ersten Worten, gab seine Stimme nach, brach mitten im Satz. Seine Finger klammerten sich in den schwarzen Stoff der Jacke und das sowohl kurze, als auch längere Haar des Blonden. Die Schultern zuckten. "...Nate." Der Name rollte ihm so leicht von der Zunge, doch egal, wie oft er ihn sagte, es hielt ihn nicht davon ab, vollkommen von seinen Gefühlen überrumpelt zu werden. Die Tränen, die er versuchte, zurückzuhalten, brannten in seinen Augen. "Wie konntest du es bloß wagen, einfach zu gehen?" Er bemerkte, wie sich der Kleinere in seinen Armen regte, ließ ihn auch aufstehen, loslassen tat er ihn allerdings nicht. Nein, dafür war er noch nicht bereit. Besonders elegant wurde die Aktion dadurch allerdings nicht, denn Lucien war es nicht gewohnt, sich anderen anzupassen. Dementsprechend zerrte er sein Gegenüber fast wieder zu Boden, raubte sich beinahe selbst das Gleichgewicht. Und doch schafften sie es irgendwie zurück auf die Beine. "Hallo, Nate. Wie ist es dir ergangen?" Seine Stimme zitterte noch immer leicht, genauso wie sein Körper, doch langsam fand er wieder ein klein wenig innere Ruhe. "Ich hoffe ich bin jetzt kein Fremder mehr." Gewissermaßen waren sie das inzwischen sicherlich, keiner der Beiden hatte auch nur die geringste Ahnung, zu was für einem Menschen sich der Andere entwickelt hatte, doch zumindest Lucien war das vollkommen egal. Das hier war noch immer sein kleiner, schüchterner Nate.
Ohne den geringsten Widerstand ließ sich Nate wie ein Plüschtier von dem Größeren in die Arme schließen, noch gar nicht realisierend, was in diesem Moment passierte. Sein Herz geriet aus dem Takt. Die Umarmung kam unerwartet und traf ihn wie ein plötzlicher Sommerregen, der ihn völlig durchnässte. Er fühlte sich wie neben der Spur, als die Wärme des anderen Körpers ihn umhüllte und er die vertraute Zärtlichkeit spürte. Es war nicht die Intensität der Umarmung, die Nate aus dem Gleichgewicht brachte, sondern die Flut von Erinnerungen und Emotionen, die schlagartig auf ihn einprasselten. Die gemeinsamen Erlebnisse, die sie teilten, die Freuden und Herausforderungen, die sie zusammen durchgestanden haben - all das strömte in seinen Geist und ließ sein Herz schneller pumpen. Es war eine Zeit voller unbeschwerter Momente, aber auch von tiefen Gefühlen und Verbundenheit. Damals war er gezwungen, diese Freundschaft hinter sich zu lassen, doch jetzt wurde er mit all der Zuneigung konfrontiert, die er bis heute für diesen Menschen empfand. Als wäre die Zeit stehengeblieben und die getrennten Wege bloß ein langer Traum. Nach kurzem Zögern hob er die Arme, umschlang den starken Torso des Ashworths und vergrub das feuchte Gesicht in seine Halsbeuge. “Du hast mir auch gefehlt … Luce.”, murmelte der Blonde zwischen warmer Haut und dem Stoff des Hemdkragens. Sein Körper reagierte wie eine Heizung, die voll Pulle auf Anschlag gedreht wurde; wahrscheinlich machte er einer roten Tomate Konkurrenz, aber das war ihm gerade egal. Selbst der Mann in seinen Armen schien von seinen Gefühlen überwältigt, das war keine Schande. Die nächste Frage wirkte wie eiskaltes Wasser, langsam kehrte die Realität zurück. Den gegenseitigen Halt wollte er noch nicht lösen, aber es bedarf wohl eine Erklärung, die er verdiente. Allerdings dachte der andere gar nicht daran, die Finger zu lockern, weshalb Nate ihn nach mehreren Versuchen mit auf die Beine zog. “Naja … ich hatte als Kleinkind kein Mitspracherecht.”, hauchte er gegen die Schulter und lachte schwach. “Ich weiß nicht, hast du … das mit meinem Vater mitbekommen? Den Unfall meine ich.” Vermutlich nicht, ansonsten würde er ihm seinen plötzlichen Umzug bestimmt nicht übelnehmen. Oder? Eigentlich war der Move seiner Mutter auch total sinnlos und unnötig. Ja, wie konnte sie es nur wagen, zwei sich abgöttisch liebende Jungen auseinander zu reißen? Diesen Gedanken hatte er noch nie zuvor so klar und deutlich. “Er war Handwerker und hat irgendwann einen Arm verloren, weshalb er so down war, dass er sich nur noch zurückzog.”, erklärte Nate dem Größeren und schuf nun doch einen minimalen Abstand, indem er die Arme sinken ließ, ihn aber weiterhin am Zipfel des Hemdes festhielt. Er nahm das rote Gesicht von seiner Brust und versuchte, ihm in die Augen zu sehen. Der Versuch endete in einem verlegenen Lächeln, einem Ausweichen und Zurücktreten. Eine Hand wanderte wie so oft fahrig zum Nacken. “Äh, meine Mutter … hatte dann den grandiosen Plan, umzuziehen und ihm eine Alternative zu bieten, ohne Erinnerungen und alles. Tja, das war auch schon der Grund.” Er zuckte leicht mit den Schultern. Gerne würde er Luce einen wirklich guten Grund liefern, aber so war das nunmal und nicht anders. Unspektakulär und nicht lohnend. Noch einmal wischte er über die feuchten Wangen und schniefte. Die Frage darauf ließ das Lächeln bröckeln und die Freude in den Augen dämpfen. Die Schulzeit war zwar frei von Problemen, aber der Kredithai, der kurz danach auf der Bildfläche erschien, machte ihm das Leben bis heute teilweise zur Hölle. Glücklicherweise sah man keine offensichtlichen Blessuren, die eine Erklärung benötigten. Die Sache behielt Nate erstmal für sich, das Wiedersehen wollte er mit keiner blöden Nachricht überschatten, es war sein Problem. Wenn er jemandem davon berichtete, so sagte man ihm, stünde er bald ohne Familie da. “Klasse.”, log er also super schlecht und der Blick fiel hart zu Boden. Auch wenn es Luce war, der vor ihm stand, klopfte die Flucht erneut an. Er wollte ihn auf gar keinen Fall in die Geschichte hineinziehen und niemanden verlieren, aber er war so unglaublich mies darin, die Klappe zu halten, wenn jemand nachhakte. Um nicht noch auffälliger zu wirken, hob er den Kopf wieder an und lächelte brav. “Und wie geht es dir? … Was machst du so, wieso bist du hier?” Ob die Fragerei erfolgreich davon ablenkte? Hoffentlich. Nate kannte den erwachsenen Dunkelhaarigen nicht und er war nicht in der Lage, ihn irgendwie einzuschätzen. Nein, wirklich fremd war er nicht mehr, das konnte man ihm sicherlich an seiner Aussprache anmerken, die nicht länger von reiner Scheuheit dominiert wurde. Die Unsicherheit war ein Stück weit gewichen, waberte aber weiterhin permanent um ihn herum. “... Freut mich, dich wiederzusehen.”
Wie viele Umarmungen hatte der Ashworth in seinem Leben schon bekommen? Von seiner Schwester, wenn sie ihm auf die Nerven gehen wollte und von Schulkumpeln, wenn sie irgendein Spiel gewonnen hatten, aber auch genügend von Fremden und Mitarbeitern, die sich sein Geld oder seine Gunst und eine Beförderung erschlafen wollten. Im Großen und Ganzen waren es alles oberflächliche Berührungen gewesen, die irgendeinem anderen Ziel gedient hatten. Doch jetzt, wo Nate die Arme um ihn legte, hatte er dieses Gefühl eines Hintergedankens nicht, schließlich wusste der Blonde nicht einmal, wen genau er da vor sich hatte. Gerade waren sie einfach nur Nate und Lucien, Kindergartenfreunde, die sich endlich wieder gefunden hatten und die selbe Nähe, die sie als Kinder geteilt hatten, wieder spüren wollten. Dementsprechend ging dieser Moment nicht spurlos an dem Schwarzhaarigen vorbei. Die warmen Worte und der ebenso warme Atem in seiner Halsbeuge ließen ihn erschaudern und sein Herz hüpfen. All die Jahre lang waren seine Gefühle nicht einseitig gewesen. Wieso freute er sich bloß so darüber? Natürlich wusste er, dass er und der Kleinere damals Kinder gewesen waren, keiner von ihnen besaß die Fähigkeit oder Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen. Natürlich wusste er, dass Nate keine Schuld traf. Trotzdem wünschte er sich, dass es anders gelaufen wäre, denn bis heute hatte er tatsächlich nicht gewusst, ob es einen Grund für den plötzlichen Umzug gegeben hatte. Als er ihn nun endlich erfuhr, musste er schlucken. Mit solch einer Antwort hatte er überhaupt nicht gerechnet. "Ich glaube ich muss demnächst ein ernstes Wort mit deiner Mutter wechseln." Kaum hatte er seine Worte ausgesprochen, fiel ihm auf, dass es vermutlich nicht der korrekte Zeitpunkt für eine humorvolle Bemerkung war. Mitgefühl war schon immer etwas, mit dessen Ausdruck er gehadert hatte. Als erfolgreicher Geschäftsmann brauchte man dieses schließlich nicht. "Aber, uhm, ich hoffe, dass sich dein Vater gut erholen konnte. Das war sicher schrecklich, auch für dich." Das Blondchen hob den Kopf und blickte ihn wie eine lebendig gewordene Tomate an. Wie sehr er sich auch über den Abstand, der dadurch entstand, beschweren wollte, er bekam kein Wort heraus. Zu süß. Er hob das Kinn, ließ sein Gesicht gen Decke wandern. Der Felton kitztelte wirklich jede Reaktion aus ihm heraus, die er sonst vermied - oder gar nicht entstehen ließ. Eilig wischte er sich über die eigenen Seelenspiegel, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder dem schniefenden Kerlchen widmete. Er beugte sich auf seine Augenhöhe hinab, blickte ihm in die geröteten Äuglein. Auf einmal war das gar nicht mehr so einfach, wie noch wenige Minuten zuvor. Es war wohl etwas anderes, ob man seinen besten Freund ansah oder einen übermäßig schüchternen Fremden. Nach kurzem Zögern hob er aber doch eine Hand an, um seinem Gegenüber mit dem Daumen die letzten Tränchen aus den Augenwinkeln zu streichen. "Jetzt haben wir ja wieder zusammengefunden und du kannst dir sicher sein, dass ich dich kein zweites Mal entwischen lassen werde. Dieses Mal halte ich mich an meine Worte, versprochen." Ein ähnliches Versprechen hatte er bereits früher regelmäßig gegeben, daran erinnerte er sich noch ganz klar. 'Wenn dich mir wer wegnehmen will, kriegt der Stress! Ich beiß den einfach tot!', hatte er immer so stolz verkündet, die scharfen Beißerchen knurrend wie eine wildgewordene Fußhupe gebleckt und so getan, als würde er nach einem imaginären Feind schnappen. Natürlich hatte er früher nicht die Möglichkeit gehabt, dieses Versprechen umzusetzen, doch inzwischen war der Ashworth kein kleines Kind mehr. Heute konnte er auf seine Worte Taten folgen lassen. Deutlich gefährlichere Taten als ein kleiner Biss. Doch jetzt, wo er seinen besten Freund wieder hatte, wollte er nicht daran denken, ihn wieder zu verlieren. Es gab viel Nachholbedarf. Das Essen und der Hunger, der die Beiden überhaupt erst wieder zusammengeführt hatte, war plötzlich vollkommen in den Hintergrund gerückt. Lieber wollte Luce hören, was der Blonde in seiner Abwesenheit getrieben hatte. Die Antwort, die er auf seine Frage bekam, fiel jedoch mehr als enttäuschend aus. Klasse. Als Meister im Lügen und Schauspielern fiel es ihm nicht schwer, zu erkennen, dass da irgendetwas nicht stimmte. Menschen, denen es wirklich klasse ging, sahen anders aus. Er zog die Brauen zusammen. "Nate?" Was sollte er tun? Nachhaken? Es war mehr als offensichtlich, dass sein Gegenüber nicht darüber sprechen wollte. Sie waren einfach nicht mehr an einem Punkt, an dem keine Geheimnisse zwischen ihnen herrschten. Sollte er ihn vielleicht lieber irgendwie ablenken? Bevor er sich für eine Vorgehensweise entscheiden konnte, flog ihm ein typisches Nate-Lächeln entgegen. Zack, wie ein Pfeil mitten ins Herz, auch, wenn es nicht echt war. Die Entscheidung traf der Blonde schließlich selbst. Ablenkung sollte es sein. "Komm mit." Vor der Tür herumlungern machte doch keinen Spaß. Er drückte dem Kleineren die Hand auf die Schulter und schob ihn hinüber zum Sofa, auf welches er sich daraufhin fallen ließ. Die Beine schmiss er allerdings über die Lehne, sodass sein Kopf vom Sitzpolster herab hing und die langen, schwarzen Haare sich über den Boden verteilten. "Mir war langweilig, also bin ich hergekommen. Die Arbeit im Unternehmen meiner Eltern ist auf Dauer einfach nur nervig." Ein langgezogenes Stöhnen folgte auf seine Worte. "Ständig nur Akten, Rechnungen und noch mehr Akten. Echt nicht geil. Und meine Angestellten, maaaaahhhnnn. Ich bekomme bereits Kopfschmerzen, wenn ich nur daran denke." Das Leben war schon hart als hauptberuflicher Sohn, er hatte ja keine Ahnung, wie verwöhnt er eigentlich war. "Aber ich möchte dir nicht die Ohren volljammern. Erzähl mal, hast du einen Schulabschluss? Eine Freundin? Du bist auch Magier, oder? Wo ist dein Gildenzeichen?" Fragen über Fragen. Lucien hatte so viele Fragen, die er kaum alle an einem Abend stellen konnte! Oh ja, er war mindestens genauso glücklich über das Wiedersehen, wie der Felton. "Ich wette ich freue mich mehr."
Obwohl die Aussage nur scherzhaft gemeint war, breitete sich erneut die Wärme aus - er hatte ihn tatsächlich vermisst, das war ein schönes Gefühl. “Ich glaube, sie würde sich heute wirklich bei dir entschuldigen.” Auch Nate nahm ihr damals den Umzug sehr übel, er hatte wochenlang getobt, geschrien und geheult, stundenlang, bis zur Erschöpfung. Aus Wut und Trauer hatte er ihr das Leben zur Hölle gemacht. Seitdem war er nicht mehr dazu in der Lage, eine ähnliche Verbindung zu jemandem aufzubauen, vielleicht aus Selbstschutz oder weil einfach niemand dem Ashworth das Wasser reichen konnte. Wahrscheinlich eine Mischung aus beiden Gründen. Seine Mutter hatte keine Ahnung, wie innig die Freundschaft der beiden wirklich war, denn Kinder waren nunmal Kinder, erst als Nate älter wurde und keinen Besuch mitbrachte, sah sie ihren Fehler ein. Dann schüttelte er sachte den Kopf. “Körperlich, ja … aber sein Geist konnte sich noch nicht erholen.” Der Umzug war also quasi sinnlos. Zwar entkam die kleine Familie damit dem Armenviertel, aber trotzdem. Als der Blondschopf schließlich zögerlich aufsah, schien sich der Dunkelhaarige lieber für die Decke zu interessieren. Huh? Aber das peinliche Schniefen zog seine Aufmerksamkeit gleich zurück und er streckte eine Hand nach ihm aus. Nates Atem stockte und er schluckte hart. Sobald die Berührung eintraf, schloss er die Augen und am liebsten hätte er sich der gesamten Handfläche gewidmet. Woher kam bitte dieses Verlangen? Es war so, als hätten sich die beiden niemals aus den Augen verloren, und auch nach so vielen Jahren verfiel er dieser besonderen Zuneigung blind. Seine eigene Hand wanderte instinktiv zu der seinen und hielt sie für den Moment an Ort und Stelle. Das Versprechen, das Luce zu guter Letzt auffrischte, lockte die Tränen erneut hervor - dicke, unaufhaltsame Krokodilstränen. Und ein breites Lächeln, in Begleitung von verlegener Röte. “Ich zähle auf dich!” Nachdem das Gröbste geklärt und das Blondchen wieder beruhigt war, schob der Gastgeber ihn endlich von der Tür weg und beförderte ihn auf die Couch. Während Luce eine ungemütlich aussehende Position einnahm, zog der Kleine seine Beine angewinkelt hoch und betrachtete seinen besten Freund mit neu entfachter Neugier. Hoffentlich lief sein Leben besser und das Gespräch führte in eine angenehmere Richtung. Eigentlich wusste er gar nicht, was er erzählen sollte. Bisher hatte Nate nicht viele Erfahrungen gemacht. Oft fehlte einfach das Geld, um irgendwas Neues auszuprobieren oder zu verreisen, vielleicht änderte sich das, wenn er eines Tages schuldenfrei war. Aber das dauerte leider noch. “Wow, dann verdanken wir unter anderem deiner Langeweile das Wiedersehen! Und meinem kaputten Herd, der von Anfang an nicht richtig funktionierte." Zufälle gab es, die gab es gar nicht. Manchmal erlaubte sich das Schicksal wohl kleine Späße. “Äh, was machen deine Eltern nochmal?” Wahrscheinlich wusste er über die Tätigkeiten noch nie Bescheid, als Kind waren solche Themen so unwichtig wie Mücken. “Und … du hast sogar Angestellte! Bist du dort ein hohes Tier?” Diesen Eindruck gepaart mit der Dominanz hatte er bereits zwischen Tür und Angel bewiesen, wundern würde es den Felton jedenfalls nicht. “Ist das denn nicht zu anstrengend hier und auch da zu arbeiten? Wo bleibt die Freizeit?" Hmm, nicht, dass heute ein Ausnahmetag war, wo er mal ein wenig chillen konnte. Vielleicht würden sich die beiden gar nicht so häufig sehen, wie erhofft. Das wäre sehr, sehr schade. “Klar habe ich einen Schulabschluss." Während der Schulzeit war die Welt noch in Ordnung, erst kurz danach ging es bergab. “Jup, bin Magier … das Zeichen trage ich auf dem linken Oberarm.” Eine Stelle, die man ohne weiteres offenbaren konnte, falls nötig. Zumindest im Sommer. Zwar hätte er das blöde Zeichen lieber an einer, an der er das selbst nicht sehen konnte, aber naja. Und dann driftete die nächste Frage in ein völlig anderes Gebiet, welches sofort die Verlegenheit zurückbrachte. Wangen und Nasenspitze erröteten sofort, die Knie zog er nervös an den Körper. “Äh … nein, keine Freundin.” Oh Mann, musste er sich tatsächlich jetzt schon outen?! Das Blaugrün riss sich fluchtartig von dem Dunkelhaarigen los und heftete sich irgendwo auf der entgegengesetzten Seite hin. Was, wenn er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, sobald er von seiner Neigung erfuhr? Es war ein beschissenes Risiko, aber Nate hatte sich geschworen, die Sache nicht länger zu leugnen. Entweder man akzeptierte ihn so, wie er war, oder eben nicht und … ließ ihn in Ruhe. “Ich …” Er schluckte, rang dennoch mit sich. Immerhin ging es hier um Lucien Ashworth, den er nicht verlieren wollte, nicht schon wieder. “Wenn überhaupt … hätte ich einen Freund.” Um die Situation nicht eventuell doch noch unnötig komisch werden zu lassen, startete er einen Gegenangriff. "Ha-hast du eine Freundin?" Ob er sich weiterhin über das Wiedersehen freute?
Die Muskeln in den Fingern des Ashworths froren einen Moment lang ein, als die seines Gegenübers auf ihnen landeten. Seine goldenen Seelenspiegel weiteten sich, fixierten sich auf die Hände. Eigentlich war all das hier nichts Neues für ihn, das war keine Geste, die er nicht schon einmal mitbekommen hatte. Trotzdem fühlte es sich so vollkommen anders an, wenn Nate es tat. Waren all diese Dinge so ... warm, wenn man sie mit jemandem teilte, dem man vertraute? Vertrauen war bisher etwas gewesen, das in seinem Leben äußerst klein geschrieben war. Er konnte so tun, als empfände er es für jemanden, vermutlich sogar sehr überzeugend, doch es war trotzdem nichts weiter als eine Lüge. Ein Ashworth vertraute nur sich selbst. Das hatte zumindest sein Vater immer gesagt und Lucien hatte sich ab dem Zeitpunkt, wo er es erfassen konnte, auf dieses Konzept verlassen. Doch den Felton hatte er kennengelernt, bevor er überhaupt verstand, was Vertrauen war. Auch jetzt lernte er noch einmal etwas Neues über das Gefühl: Es war etwas, das man nie verlor, egal wie lange man sich nicht sah. Er lächelte. Ein wenig misstrauisch war er zwar, doch eigentlich fühlte es sich ganz nett an. "Ich werde dich nicht enttäuschen." Jetzt reichte es aber mit der Heulerei, sonst fühlte er sich noch schlecht! Wenn er doch bloß wüsste, wie man dafür sorgte, dass jemand damit aufhörte ... Kurz darauf landete das Duo auf der Couch. Was womöglich aussah, wie eine unfassbar ungemütliche Position, war eigentlich das exakte Gegenteil. Es regte die grauen Zellen ordentlich an, womöglich, weil deutlich mehr Blut im Kopf landete als gewöhnlich. "Heh, scheint so!" Wirklich eine merkwürdige Konstellation, die die Beiden zusammengeführt hatte, doch Lucien dachte nicht einmal daran, sich zu beschweren. Wenn das Schicksal ihm zuspielen wollte, nahm er den Pass dankend an! "Ihnen gehört ein Unternehmen, keine große Sache ... stellen so ein paar Sachen her." Der junge Mann, der sonst kaum etwas lieber tat, als seinen Familiennamen herauszuposaunen und stolz zu verkünden, dass er seine Finger bei der Herstellung von Schusswaffen im Spiel hatte, zögerte plötzlich. Etwas in ihm fürchtete sich plötzlich davor, was Nate tun würde, wenn er wusste, wie viel Geld seinem besten Freund zur freien Verfügung stand, wie üppig sein Erbe war. Blieb ihre Verbindung dann weiterhin ehrlich? Lieber spielte er die Sache erst einmal ein wenig herunter. "War, ja." Er nickte, ehe die nächsten Fragen des Blondchens ihm ein Lachen entlockten. "Machst du dir etwa Sorgen, dass ich keine Zeit für dich habe? Ich schaue aktuell auschließlich für wichtige Meetings vorbei und beantworte Briefe, die meine Abteilung betreffen." Ganz hatte er die Verbindung zu seiner alten Arbeit nicht kappen können, doch mit der aktuellen Konstellation konnte er leben. Er hatte mehr als genug Freiheiten und seine Eltern hatten nicht den geringsten Schimmer, dass er gar nicht das tat, was er ihnen erzählt hatte. Nate hatte seine Familie nie kennengelernt, er musste sich also keine Sorgen machen, dass er ihn versehentlich auffliegen ließ. "Dann können wir ab sofort gemeinsam unsere Aufträge in Angriff nehmen", stellte der Ashworth erfreut fest. Was für eine Magie sein alter Freund wohl erlernt hatte? Wo hatte er sie gelernt? Und wieso? Fragen über Fragen, doch eins nach dem anderen. Zuerst musste noch eine äußerst wichtige Frage geklärt werden. Was hatte das Blondchen in Luciens Abwesenheit mit anderen Leuten getrieben? Wissbegierige goldene Seelenspiegel bohrten sich regelrecht in blaugrüne, die einmal mehr versuchten, sich zu verbergen. Keine Freundin? Och, wie langweilig. Da schien aber noch mehr zu sein, was Nates Zunge entkommen wollte. Nun umso neugieriger, schwang er seine Füße zurück auf den Boden um seinem Gegenüber auf Augenhöhe begegnen zu können. Distanzlos lehnte er sich ihm entgegen, sodass nur die Knie des Felton zwischen ihnen waren. Er was? "Mh-hm?" Was war mit seinem besten Freund? "Ach, du bist schwul." Daraus machte er so eine große Sache? Das war doch gar kein Problem. Glaubte er wirklich, dass der Schwarzhaarige an solch einer Kleinigkeit störte? Nicht im geringsten, er freute sich sogar ein wenig. Warum auch immer. "Das passt ja." Lachend ließ er seinen Oberkörper gegen die weiche Lehne fallen, seinen Arm legte er dabei auf dieser ab, während sein Kopf in seiner Hand landete. "Ich dachte jetzt kommt etwas richtig Skandalöses. Dass du irgendeinem verrückten Kult angehörst, der dich verheiraten will und dich zwingt deine Jungfräulichkeit bis zur Ehe zu bewahren oder so." Okay, das war nun vielleicht etwas übertrieben, aber es gab doch inzwischen alles. Nate wirkte wie jemand, der es schaffte, sich versehentlich in die verrücktesten, gefährlichsten Dinge zu verwickeln. Eigentlich wollte er aber nur mit einem kleinen Witz die Anspannung des Kleineren lockern. "Als ob mich solche Dinge stören, Nate." Mit der freien Hand stieß er ihm spielerisch gegen den Oberarm. Lucien war sicherlich kein Profi in Sachen Freundschaften, doch selbst er wusste, dass man sich nicht gegenseitig verurteilte. "Nö, keine Freundin." Schon lange nicht mehr. In seiner Schulzeit hatte er hin und wieder jemanden an seiner Seite gehabt. Jedoch überwiegend aus Trotz, denn wenn es nach seinen Eltern ging, heiratete er irgendeine genauso wohlhabende Trulla und bekam am besten noch direkt mit ihr Kinder um sicherzustellen, dass die Familie auch weiterhin existierte. Ja klar. "Du hast also freie Fahrt." Frech schob sich seine Zunge zwischen den spitzen Zähnchen hervor, die durch ein breites Grinsen entblößt wurden. "Was ist denn dein Typ? Nicht zufällig schwarze Haare und gelbe Augen?" Er lachte, schüttelte dann aber den Kopf. "Das meine ich natürlich nicht ernst. Du musst darauf nicht antworten." Seine freie Hand winkte locker ab. Vermutlich war es besser, wenn er erst einmal das Thema wechselte, bevor sich sein Freund noch in eine lebendige Tomate verwandelte. "Mal etwas anderes. Wenn du magst komme ich morgen mit zu dir und kümmere mich um deinen Herd ... vorausgesetzt du kochst trotzdem für mich."
“Was stellen die denn für Sachen her?” Eine Idee kam ihm nicht, es könnte einfach alles sein. Und auch wenn sich der kleine Luce damals von Tag eins in sein Hirn brannte, konnte sich Nate kein bisschen an seine Eltern erinnern. Kein flüchtiges Bild war vorhanden. Hatte er sie überhaupt jemals gesehen? Hm. Auf die nächste Antwort ging er mal lieber nicht weiter ein, anscheinend war das ein Thema, über das er nicht gerne sprach. Vermutlich erlebte jeder etwas, das man nicht mehr breittreten wollte, wenn es vermeidbar war. Stattdessen befeuerte der Langhaarige lachend seine Scham. “Äh, das …” Wow, war seine Sorge etwa so offensichtlich? “Ich meine, wenn du so viel arbeiten musst …” Ach, der Zug war doch eh längst abgefahren. Verlegen kratzte er sich über die Wange und ließ den unvollendeten Satz im Raum schweben. Ehrlich gedacht klang sein Job dort wenig erfüllend, ob man das so sagen konnte? Er wusste schließlich nicht, wie wichtig ihm die Aufgaben wirklich waren, alles konnte mal nervig sein. “Das, uhm, wäre nichts für mich, denke ich.”, gab er jedoch zu, schauderte allein bei dem Gedanken an Rechnungen. Aber Luce schien ein kluges Köpfchen zu sein, weshalb sich Nate plötzlich blöd vorkam; er selbst verscherbelte nebenbei selbstgehäkelte Plushies an Hausfrauen für Kleingeld, um irgendwie über die Runden zu kommen, wenn er keinen ausgehangenen Auftrag von der Gilde für machbar hält. Lustigerweise sprach er dann genau das an. “... Da solltest du dir vielleicht einen anderen Partner suchen, haha. Ich bin wohl nicht so hilfreich, sagt man.” Tatsächlich geriet der Blondschopf bisher an Leute, die ihn dauerhaft unter Druck setzten und er deshalb wie ein ängstliches Hündchen an dessen Seite lief. Midas Hands war für die Effektivität bekannt, nicht für Freundlichkeit. Seine sozialen Unsicherheiten in der Öffentlichkeit waren leider ein alltägliches Übel, welches er immer wieder niederzuringen versuchte, das war kräftezehrend, so wie der häufig darauf folgende Misserfolg, der nochmal gerne nachtrat. Sicher, das hier war Luce, der sich gerade völlig gelassen gab. Dass er aber auch anders konnte, hatte er bereits im Türrahmen bewiesen und diese Seite war durchaus … beängstigend. Zwar bekam Nate nur eine kleine Kostprobe, aber die reichte aus. Ja, gut verkaufen konnte er sich nicht, wahrscheinlich rutschte er unter den goldgelben Augen schon auf den absteigenden Ast. Auch das bevorstehende Outing machte die Sache nicht besser, ebenso wenig die gespannte Erwartung des anderen, die ihn dazu veranlasste, eine neue Haltung einzunehmen und noch näher zu rücken. Der Felton atmete tief ein und aus, während sein Verstand zwischen Hoffnung und Furcht hin und her wogte, als er die brennenden Worte in die Freiheit entließ. Sein Kopf fing Feuer, sobald der Dunkelhaarige das Gesagte auf den Punkt brachte. “Sa- sag das doch nicht so … !” So direkt! “Wieso passt das?” Komische Aussage. Sah man ihm die Neigung etwa an? Am liebsten würde er sich verflüssigen und zwischen den Ritzen der Couch sickern oder besser - sich in Luft auflösen und nie wieder zusammensetzen. “Nein, das ginge nicht … ich bin keine-” Auch egal. Eigentlich wollte Nate mal irgendwas lustiges äußern, aber es lag bloß wieder eine überflüssige Rechtfertigung auf seiner Zunge, die ihn erneut in eine Ecke drängen würde. Mann, wieso war Gesellschaft nur Stress? So sehr er sich auch darüber freute, Luce wiederzusehen, es war mühsam, überhaupt einen normalen Satz zustande zu bringen. Hoffentlich wurde das bald besser. Ein Seufzen. Seine Arme verließen die Kräfte, die angewinkelten Beine glitten über den Rand des Sitzes und auch sein Kopf schien plötzlich zu schwer, der gegen die Lehne kippte und den Hals präsentierte. Nein, entspannt war er immer noch nicht, nur … erschöpft und erleichtert. “Woher soll ich wissen, was dich stört und was nicht?", murmelte er in Richtung Zimmerdecke und schloss kurz die Augen. Der Magen knurrte laut. Keine Freundin also, gut, dann musste er seinen besten Freund erstmal nicht teilen. “Freie Fahrt für was? … oh.” Der Kopf drehte rasch zur Seite, das Grün starrte dem Witzbold erstaunt entgegen. Auch, wenn der Langhaarige offenbar nur scherzte, beschlich ihn ein unbeschreibliches Gefühl. Wollte er das wirklich wissen oder war er nur aufs Herumalbern aus? “Du wärst mein Typ, ja.”, meinte Nate trocken und blinzelte. Warum er das Geständnis so locker über die Lippen brachte? Weil er nie im Leben so jemanden wie Luce an seiner Seite haben könnte, das war schier unmöglich. Allein die Vorstellung war lächerlich absurd. Wer verliebte sich schon in einen unsicheren, ängstlichen Trottel? Wieder meldete sich der Magen, lauter diesmal. Die Hände strichen beruhigend über den Bauch, als der Größere die Sache mit dem Herd ansprach. “Uhm, sehr gerne. Magst du mir gleich zeigen wo deine Töpfe, Pfannen und Kochutensilien sind? Ich fange dann sofort an, sonst sterbe ich noch vor Hunger.”
Natürlich. Natürlich wollte Nate wissen, was die Eltern seines alten besten Freundes machten. Es war eine naheliegende Frage und auch, wenn Lucien sich bemüht hatte, ihr aus dem Weg zu gehen, sie wurde trotzdem gestellt. Wo war überhaupt sein sonst so ausgeprägter Stolz hin? In der Regel brauchte man ihn nicht zweimal bitten, über das Werk seiner Eltern zu schwärmen und nun saß er da und zögerte. Ausnahmsweise wollte er doch wirklich als das gesehen werden, was er war und nicht die Umstände seines Lebens. Trotzdem knickte er schließlich ein, denn den Blonden belügen wollte er nicht. "Sowas." Mana konzentrierte sich in seiner Hand, wurde zu einer undefinierbaren Masse, die sich schließlich zu einer der Waffen des Ashworths formte. "Nicht genau die natürlich. Das ist ein Einzelstück das ich für mich hatte anfertigen lassen." Die Pistole war die einzige ihrer Art, so gut die Massenproduktionen seiner Eltern auch sein mochten, damit gab er sich einfach nicht zufrieden. Dementsprechend wertvoll war sie jedoch auch für ihn, weshalb er sie im nächsten Moment auch schon wieder verschwinden ließ. Er konzentierte sich sowieso lieber auf sein Gegenüber. Der wollte zwar nicht zugeben, dass er sich Gedanken darüber machte, ob Lucien genug Zeit für ihn hatte, aber seine Reaktion machte es doch mehr als deutlich. Das war viel zu ... süß. Glücklicherweise war der Schwarzhaarige vieles, aber kein Arbeitstier. Viel lieber drückte er sich vor ihr, ruhte sich auf dem Wohlstand seiner Eltern aus und nutzte seine Zeit für die schönen Dinge im Leben. "Für mich auch nicht", gestand er mit einem Schulterzucken. Hätte er Spaß an der Arbeit wäre er wohl kaum hier! Als wäre sein Magier-Dasein nicht schon hundert Mal besser und spaßiger, hatte er jetzt sogar die Chance, mit seinem besten Freund zusammen zu arbeiten! Dieser schien jedoch nicht ganz so überzeugt. Einen Moment lang glaubte, nein, hoffte Lucien, sich verhört zu haben. "Wer stellt diese Behauptungen auf? Ich werde jeden Einzelnen zwingen, sich für seine Worte zu entschuldigen. Sie werden es bereuen." Und es war ihm scheißegal, ob es sich dabei um Gildenkollegen handelte. Früher wie heute verstand er keinen Spaß, wenn jemand auch nur daran dachte, Nate respektlos zu behandeln. Er konnte sich den Ärger, der regelrecht in seiner Brust brannte, nicht anders erklären, sonst ließ er sich schließlich auch nicht so einfach aus der Ruhe bringen. "Es ist mir scheißegal, was irgendein Arsch behauptet. Ich will keinen anderen Partner." Seine Entscheidung war sowieso schon getroffen. Er würde den Blonden schon davon überzeugen, dass er der beste Questpartner war, den man sich wünschen konnte! "Wie soll ich es denn sonst sagen?" Seine Schultern zuckten amüsiert. So war es doch, oder nicht? Was war schlimm daran, die Dinge beim Namen zu nennen? Für den Ashworth war es schwer verständlich, wieso sein Gegenüber sich so zierte, er selbst konnte allerdings auch über so gut wie alles sprechen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Es gab kaum ein Thema, das ihn zum Stottern oder gar zum Schweigen brachte. Zumindest bis jetzt. "Ach, nur so." Es passte ... naja, es passte, weil er seinen alten Kumpel vielleicht ein wenig ... attraktiver fand als er sollte. Und er selbst war nunmal ein Kerl. Das behielt er selbstverständlich für sich. "Keine was? Man, Nate, du kannst nicht ständig mitten im Satz aufhö-- Oha! Als ob. Echt jetzt?!" Noch während er sprach, machte es in seinem Schädel 'klick'. Eigentlich konnte das Blondchen ja nur eine Sache gemeint haben, richtig? Neugierige, stechend gelbe Seelenspiegel klammerten sich regelrecht an dem Felton fest. "Also hattest du schon einen Freund? Und ihr habt es echt gemacht?! Du musst mir irgendwann alles erzählen." Ja, Luce konnte wirklich über alles reden. Außerdem waren sie beste Freunde, da unterhielt man sich über solche Dinge! Sie hatten eine Menge Aufholbedarf, es gab so viele wichtige Momente in beider Leben, die sie nicht hatten unter einander teilen können! "An dir stört mich sowieso nichts", erwiderte der Schwarzhaarige, nun wieder halbwegs gelassen. Zumindest konnte er sich keinen Grund vorstellen. Vor ihm saß schließlich kein anderer als Nate, der Nate, und nicht irgendein dahergelaufener Kerl. Ihm war vollkommen egal, zu wem oder was sein alter Freund geworden war, hauptsache er hatte ihn wieder. Das kleine, süße 'oh' entlockte ihm ein herzhaftes Lachen, die Reaktion war einfach zu putzig. Als wäre es so überraschend, dass er das hübsche, blonde Kerlchen interessant fand. Natürlich wusste er, dass sie nichts weiter als Freunde waren und bleiben würden. Das waren sie schließlich schon immer gewesen ... Dementsprechend schadete es auch nicht, wenn er ein paar kleine Witzchen machte. Dass der Felton plötzlich todernst auf seine Frage antwortete, brachte Lucien aus dem Konzept. Der Blick, der bisher ganz gelassen auf den grünen Seelenspiegeln geruht hatte, veränderte sich auch jetzt nicht. Das lag daran, dass er es gewohnt war, seine Expressionen zu kontrollieren. Worüber er jedoch keine Entscheidungsgewalt besaß, war die Reaktion seines Körpers. Bis auf eine leichte Wärme in seinem Gesicht bemerkte er nicht einmal, dass sich eine leichte Röte auf seine Wangen schlich. "Oh." Dass man ihn ansprechend fand, war für den Ashworth nun wirklich nichts Neues. Genau genommen hatte er es erst vor Kurzem von einer anderen Gildenkollegin gehört und es hatte ihn nicht im geringsten interessiert. Wieso stellte er sich nun so an? "... das freut mich." Die Hand, auf der er bisher sein Kinn geruht hatte, rutschte ihm ein Stück weiter ins Gesicht. Wo waren die souveränen, selbstbewussten Reaktionen, die er sonst immer parat hatte? Wieso war alles so anders, wenn er mit Nate sprach? Es war definitiv Zeit für einen Themenwechsel. "Selbstverständlich! Ich kann ja nicht dabei zuschauen, wie du verhungerst, jetzt, wo ich dich wieder habe." Der Größere schoss regelrecht vom Sofa hinüber zur Küche. Jetzt, wo er vor ihr stand, realisierte er langsam, dass er vor einer vollkommen fremden Welt stand. Töpfe und Pfannen erkannte er noch, aber danach wurde es problematisch. Und wo sich diese befanden, wusste er genauso wenig wie sein Besuch. Irgendwann hatte er das Zeug mal gekauft, da war er sich ziemlich sicher. Danach war es jedoch direkt in irgendein Regal gewandert und hatte nie wieder das Licht erblickt. Die Arme verschränkten sich vor seiner Brust, der Blick war starr auf die geschlossenen Schränke fixiert. "Also..." Fuck. Er konnte nicht zugeben, dass er nicht die geringste Ahnung hatte. Stattdessen riss er einfach eine Tür nach der anderen auf, bis schließlich alle offen standen. "Nimm dir einfach, was du brauchst! So ist das doch am einfachsten!"
verwendete Zauber:
Pistol TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Fernkampf MANAVERBRAUCH: 10 pro Schuss MAX. REICHWEITE: 20 Meter SPEZIELLES: Magazingröße: 6 Schuss VORAUSSETZUNGEN: Geschicklichkeit Level 2, Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Diese kleinkalibrige, jedoch äußerst kompatible Waffe ist eine der einfachsten Beschwörungen dieses Magieauslegers. Mit ihr lassen sich einzelne Schüsse auf Ziele abgeben, jedoch muss man recht schnell nachladen. Kraft und Geschwindigkeit der Schüsse mit dieser Waffe entsprechen der Willenskraft des Anwenders minus 1, kann jedoch Level 4 nicht überschreiten.
Bild:
Requip: Firearms TYP:Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: Nichtmagisch bzw Klasse I: 5 / Klasse II: 20 / Klasse III: 50 / Klasse IV: 100 / Klasse V: 250 MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: Dieser Zauber kann nur Schusswaffen beschwören. VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Mit Hilfe dieses Zaubers kann der Magier auf seine Taschendimension zugreifen und eine Waffe daraus beschwören. Dabei kann der Anwender auch eine aktuell beschworene Schusswaffe durch die Gewählte ersetzen. Das Beschwören einer Waffe dauert 10 Sekunden minus 1 Sekunde pro Level der Willenskraft.
Ungläubig starrte Nate auf die glänzende Pistole, die in der Hand seines besten Freundes ruhte. Der metallische Koloss, der eine bedrohliche Aura der Macht ausstrahlte, gab ihm ein Gefühl von Faszination und Unbehagen gleichermaßen. Noch nie zuvor hatte er eine Schusswaffe in unmittelbarer Nähe gesehen. Er dachte an die Verantwortung, die mit einer solchen Waffe einherging: Die potenzielle Fähigkeit, Leben zu nehmen oder zu schützen, lag buchstäblich in diesen wenigen Zentimetern aus Stahl und Kunststoff. Was sagte man zu sowas? “Voll krass.”, meinte er dann nur, sobald Luce das Teil gleich wieder verschwinden ließ. Der Blonde wusste nicht so wirklich, was er davon halten sollte, beließ es also erstmal dabei. Vielleicht gab es irgendwann mal einen besseren Zeitpunkt, um darüber ausführlicher zu reden, doch heute sollte so etwas Gruseliges kein großes Thema werden. Aber kein Wunder, dass er weniger Spaß in diesem Job hatte. “Ah, nein … bitte tu das nicht.” Schließlich war Nate selbst Schuld, wenn er so mit sich umgehen lässt. Außerdem hatten die anderen recht, er sollte dringend an seinem Verhalten arbeiten, wenn er weiterhin in der Gilde bleiben wollte. Von Wollen konnte man jedoch echt nicht sprechen, es war ein notwendiges Übel. "Das würde die Sache wahrscheinlich nur noch schlimmer machen." Vor allem sollte der Ruf von dem kampflustigen Ashworth nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, nur weil dieser sich für einen unfähigen Kollegen einsetzte. Das würde er sich niemals verzeihen. Zwar wusste er nicht, ob der Langhaarige überhaupt bekannt war, aber trotzdem. Man musste den Mist nicht auf die Probe stellen. “Sei dir da mal nicht so sicher …”, murmelte er mit geröteten Wangen und nestelte verlegen an seinen Ärmeln, während der Satz: Ich will keinen anderen Partner in seinem leergefegten Kopf widerhallte. Es war eine komische Vorstellung, dass man ausgerechnet ihn an erste Stelle setzen wollte, obwohl er doch in nahezu jeder Lebenslage so verflucht unsicher war. Auch Nate zuckte wage mit den Schultern. Am liebsten gar nicht? Es reichte doch vollkommen aus, wie er das Outing vorbrachte. Schwul war irgendwie ein seltsam absolutes Wort. Er selbst hatte noch nicht so genau darüber nachgedacht, weshalb ihm der Stempel auf eine Art drastisch vorkam, aber dieser Gedanke war in Ordnung. Luce nannte Tatsachen eben beim Namen und das war gut so. “... o- okay.” Vielleicht sollte sich der Blondschopf die falsche Farbe wieder herauswachsen lassen, wenn man ihm die sexuelle Orientierung augenscheinlich ansehen konnte, auffallen wollte er nämlich gar nicht. Sowas war ja doch immer wieder verpönt. Aber Mann, wieso musste er noch unbedingt etwas anderes anschneiden, nun hatte er den Salat. War doch klar, dass der Größere prompt nachfragte - der Felton sollte sich wohl in seiner Gegenwart fester auf die Zunge beißen. “Nein, nur …” Wildes Gestikulieren. “... du weißt schon.” gemacht. Uff, nein, auch in diesem Augenblick konnte Nate der Sache keinen Namen geben, aber sogar der Selbstbewusste nutzte diesmal eine Umschreibung. Er würde schon wissen, was er meinte. Tatsächlich war keine Liebe im Spiel, gewisse Bedürfnisse hatte er trotzdem hin und wieder, denen er nachging. Seit einer Weile jedoch nicht mehr, da die stumpfe Hingabe irgendwie nicht länger ausreichte und ihn eher frustriert zurückließ. Es fehlte etwas. “Uhm, das … beruht auf Gegenseitigkeit.” Natürlich glaubte er kaum, dass er dem Ashworth nicht auf die Nerven ging, aber er wollte nicht weiter über den Rand des Abgrunds rutschen und sich womöglich noch eine Standpauke anhören, die beinhaltete sich mal Eier wachsen zu lassen oder Ähnliches. Das Gelaber äußerte man zu genüge und brachte rein gar nichts. Nate lernte bereits sein Lachen lieben, welches der Schwarzhaarige auch diesmal offen zeigte. Er lächelte. Und dann kehrte plötzlich Ruhe ein, das aneinander Ansehen intensivierte sich. Huh? Oh? Was war das denn für eine Reaktion? Gut oder schlecht? Erneut massiv verunsichert sah er weg und knetete abermals an den Ärmeln, bekam die körperliche Wirkung seines besten Freundes leider nicht mit. Klar, der spielte überhaupt nicht in seiner Liga, natürlich fand er das lächerlich. Oder? Halt, stopp, er freute sich!? “W-wirklich? Das … freutmich,dassesdichfreut.”, blubberte und nuschelte die rote Tomate schwer verständlich in den hochgezogenen Kragen und schluckte hart. Höchstwahrscheinlich wollte er ihn bloß nicht verletzen, aber die Lüge war okay. Mann, was waren das bitte die ganze Zeit über für intime Themen? Gerade erst wiedergefunden und es ging um sowas. Gut, dass der Magen Radau machte und nach Nahrung brüllte, so konnten diese heiklen Themen vorerst beendet werden. Nach der Frage, wo denn die Küchenutensilien waren, sprang der Gastgeber wie von einer Tarantel gestochen von der Couch, um schnurstracks in die Küche zu eilen und hä? … war der etwa ratlos? Verwirrt? Aber das war doch seine Wohnung! War es doch, oder? Oder hatte er ein Gildenmitglied rausgeworfen, weil er das Zimmer unbedingt haben wollte? Gab es hier solche Machtkämpfe? Oh, bitte nicht, das wäre eine Katastrophe! Und dann riss Luce einfach alle Schränke und Schubladen auf, Nate blinzelte irritiert. “Ähm, okay, danke.” Er drückte sich ebenfalls vom Sofa, zog erstmal die Trainingsjacke aus und legte sie ordentlich zusammengefaltet auf das Polster. Das zwei Nummern zu große weiße T-Shirt zupfte er an ein paar Stellen von der warmen Haut zurecht und ging in die makellose Küche. Zunächst wusch sich der Blonde ausgiebig die Hände und betrachtete die Ablagen, die sehr unbenutzt aussahen. “Sag mal, gehst du oft Essen?” Keine verwerfliche Frage, was anderes konnte er sich bei der nigelnagelneu wirkenden Küche eben nicht vorstellen. Nachdem er kurz jeden Stauraum inspiziert hatte, räumte er die volle Einkaufstüte aus, legte alles geordnet und gruppiert hin. “Du hast so viel Platz hier, da macht die Zubereitung echt Spaß!", flötete der Hobbykoch begeistert und begann geschickt die Zutaten klein zuschneiden, ehe ein großes Brett und verschiedene Messer dazugelegt wurden. Als die ersten Sachen bereit waren, schmiss er sie in eine Pfanne und in einen Topf. Schon bald sollte der Geruch von Zwiebeln und Rind in der Luft hängen. Ohne es zu bemerken, pfiff Nate irgendeine fröhliche Melodie.
Da herrschte wohl ein kleines Missverständnis zwischen Nate und Lucien. Das, was der Schwarzhaarige gesagt hatte, war keine Frage, keine Bitte und erst recht kein Angebot, das man ablehnen konnte. Es war eine Tatsache, man konnte seine Aussage schwarz auf weiß auf Papier bringen und er würde ohne zu zögern seine Unterschrift darunter setzen. "Wieso? Glaubst du, dass sie dich dann umso mehr im Visier haben?" Leicht hob er den Kopf, um seinen Kumpel von unten anschielen zu können. "Das werden sie sich nicht mehr trauen." Dafür würde er sorgen. Vollkommen egal, ob es sich bei ihnen um höherrangige Magier handelte oder nicht. Früher hatte er die Kinder, die seinen besten Freund ungerecht behandelt hatten, gnadenlos gebissen. Heutzutage standen ihm deutlich gefährlichere Waffen als seine Fänge zur Verfügung. "Ich bin mir aber sicher." Die Entscheidung, den Felton an seiner Seite zu wollen, hatte er bereits getroffen und würde sie nicht mehr zurückziehen. Es mochte sein, dass er nicht den Hauch einer Ahnung hatte, wer sein alter Kumpel heutzutage war, doch darauf legte er keinen Wert, denn trotz allem war es noch immer Nate. Natürlich war dieser inzwischen zu einem Mann herangewachsen, war schon lange nicht mehr das kleine, niedliche Kindergartenkind, das der Ashworth kennengelernt hatte. Trotzdem war er erstaunt über die Dinge, die er von ihm erfuhr. "Nein...!? Ohaaaa, Nate!" Es lag kein Vorwurf oder gar Ablehnung in seiner Stimme, es war nur Überraschung. Das, was er sich gerade durch ein zurückhaltendes 'du weißt schon' zusammenreimen musste, passte einfach nicht zu dem schüchternen Kerlchen, das da auf seinem Sofa hockte. "Du Aufreißer!" Seine Schultern zuckten, das Kichern in seiner Kehle ließ sich einfach nicht zurückhalten. Putzig, einfach putzig. Es lag ihm bereits auf der Zunge, nachzuhaken, ob er sich Hoffnungen machen durfte, doch er hielt seine Worte zurück. Gewisse Implikationen ziemten sich unter Freunden einfach nicht und das Risiko, irgendetwas kaputt zu machen war einfach zu groß. Das ging selbst ihm zu weit, auch, wenn es verlockend war. Was, wenn sich doch etwas zwischen ihnen änderte? Was, wenn er den Blonden dadurch direkt wieder verlor? Nein, das war einfach zu riskant. "Besser so, du hast mich nämlich jetzt wieder dauerhaft an der Backe." Was sollte es überhaupt an Lucien Ashworth geben, das irgendjemanden störte? Seine Großkotzigkeit? Sein massives Ego? Nein, niemals. Er war doch total bescheiden. Kurze Zeit später machte der Felton endlich die bisher ungenutzte Küche unsicher. Der Schwarzhaarige hatte sich einen Stuhl vom Esstisch herbeigezogen und ruhte nun seinen Kopf auf der Lehne, während er seinem Gast zusah. Sollte er vielleicht fragen, ob er helfen konnte? Nate schien vollkommen in seinem Element zu sein, vermutlich würde er mit seiner Planlosigkeit nur im Weg herumstehen. Außerdem wollte er wirklich nicht zugeben, dass er nicht einmal wusste, wie man Gemüse ordentlich schnitt. "... ja, wieso? ... Das geht halt schneller." Zumindest nach anfänglichen Schwierigkeiten. Es war eine große Herausforderung gewesen, von den umliegenden Restaurants die Zutatenlisten ihrer Gerichte anzufordern um den ungefähren Kaloriengehalt zu errechnen, damit er wusste, wovon er wie viel zu sich nehmen konnte. Nach Nates Zutaten zu urteilen passte dessen Curry gerade noch so in sein tägliches Kalorienmaximum. Ein Glück hatte er auf sämtliche Kuchen und Torten auf dem Geburtstag seiner Schwester verzichtet. Eigentlich war die Zeit aber nur eine schnell herbeigezogene Ausrede für seine Unfähigkeit, selbst zu kochen. "Dir macht sowas Spaß?" Überrascht zog er die Brauen hoch, die Worte purzelten einfach aus seinem Mund. Er hatte sich das immer lästig und unangenehm vorgestellt. Halt, hatte er das gerade ausgesprochen? "Ich meine natürlich- ... da hast du vollkommen recht. Der Platz, ja, der ist herrlich, nicht wahr?" Das war natürlich vollkommen glaubwürdig. Echt super gerettet! "Und wenn es dir hier gefällt, kannst du gerne immer zum Kochen kommen." Dieses Angebot stellte er selbstverständlich aus vollkommen selbstlosen Gründen! Seine Finger tippten unruhig auf dem kalten Kunststoff des Stuhls herum, entspannten sich jedoch schnell wieder, als Nates lockeres Pfeiffen und das Brutzeln von irgendwelchen Zutaten durch den Raum drang. Seine halb geschlossenen Seelenspiegel folgtem dem blonden Hinterkopf von Topf zu Pfanne zum Schneidebrett und wieder zurück. Es schien, als wäre er beim Kochen voll in seinem Element, seine Bewegungen schienen so locker und gelassen. Der schüchterne, zurückhaltende Nate war niedlich, doch der hier machte den Ashworth irgendwie glücklicher. Still und heimlich schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. "Früher wolltest du auch oft mit dem Küchenzeug spielen, weißt du noch? Ich aber nicht." Nachdenklich ließ er die Augen zufallen und legte den Kopf leicht schief. Er selbst hatte eigentlich immer raufen wollen. "Dann haben wir uns gestritten. Ich hab dich gebissen, du hast geweint und dann haben wir uns wieder vertragen." Der Schwarzhaarige hatte als Kind ständig gebissen, wenn er unzufrieden gewesen war - bis ihm seine Eltern diese Flausen endlich ausgetrieben hatten.
Hah, scheinbar hatte Lucien in seinem Leben noch nie Demütigung oder Ablehnung ertragen. Kein Wunder, dass er glaubte, seine Worte und Taten wären unerschütterlich und von jedem bedingungslos zu akzeptieren. Das war wohl einer der Gründe, warum er so selbstsicher wirkte. Aber niemand bleibt von solchen Erfahrungen auf ewig verschont. Früher oder später traf die Keule der Schmach jeden. Und vielleicht war es gerade dieses mangelnde Erlebnis, das ihn dazu brachte, überheblich zu reagieren. Nate seufzte schwer. “Ja … das glaube ich tatsächlich. Du kannst nicht für meine Sicherheit garantieren, Luce.” Schließlich konnte er nicht wie sein Schatten dauerhaft an ihm kleben, er hatte eigene Verpflichtungen zu erfüllen und ein eigenes Leben zu leben. Ein Fingerschnippen, um alles zu regeln, reichte niemals aus. “I-Ich schaffe das schon.” Gut, dass er den Kredithai nicht erwähnte, wahrscheinlich würde der Schwarzhaarige dann völlig austicken. Das große Staunen über Nates Liebesleben war nicht sonderlich überraschend, schüchternen und unsicheren Menschen traute man sowas generell kaum zu. Natürlich war es nicht so, dass er sich jemandem gedankenlos und ohne Zögern hingab, den Typen kannte er schon eine Weile und sie haben sich gut verstanden. Aber aus der gewissen Anziehung entwickelte sich weder Liebe noch reine Freundschaft. Für beide war der Akt einfach ein netter Zeitvertreib, bis der Kontakt schmerzfrei im Sande verlief. “Bin kein Aufreißer …”, nuschelte er verlegen in seinen Kragen und zog den Kopf ein. “Es ist einfach … passiert.” Vermutlich konnte man gerade Spiegeleier auf seinem Kopf machen, so glühend heiß war ihm. Er wollte gar nicht erst wissen, ob Luce ausging und … Kopfkino mit ihm als Hauptdarsteller war irgendwie, uhm … Die große Küche war seine Rettung. Das rhythmische Schneiden von Gemüse und Kartoffeln sowie das Zischen der Pfanne und das Blubbern des kochenden Wassers füllten die Luft und schufen eine angenehme Atmosphäre. Während er sich fröhlich pfeifend auf die Aromen und die Textur der Lebensmittel konzentrierte, begannen die peinlichen Gedanken an das unbequeme Gespräch zu verblassen. Beinahe vergaß Nate sogar, dass er gar nicht allein war, zuckte vor Schreck zusammen, als er die Stimme des Ashworth vernahm und rutschte mit dem Messer weg. “Ah, fuck!” Wenig Blut quoll aus einem kleinen Schnitt am Zeigefinger hervor, den er sofort unter dem kalten Wasserstrahl des Wasserhahns hielt. Für den Ausdruck kassierten seine Wangen und Ohren abermals eine deutliche Röte. “W-weil alles so unbenutzt wirkt.”, ignorierte er sein Missgeschick und beantwortete lieber die Fragen des Langhaarigen. Als die Blutung stoppte, fischte er ein pinkes Pflaster mit Katzenpfötchen-Muster aus der Hosentasche und klebte es mit geübten Bewegungen schützend um den Schnitt. Dann legte er den Topfdeckel schräg und wendete das Fleisch in der Pfanne. “Ja, schon. Kochen entspannt mich auch irgendwie.” Wenn der Felton in der Küche stand, waren die Sorgen und Anforderungen des täglichen Lebens erstmal unwichtig. Er kicherte, als Luce sich sehr glaubwürdig korrigierte. “Dir muss das ja nicht gefallen.” Bisher traf er keinen Mann, der diese Leidenschaft teilte. Aber auch viele Frauen fanden keinen Spaß daran. Schade, aber es war nichts Verwerfliches. Auf die nächsten Worte drehte Nate erstaunt herum. “Meinst du das ernst?” Ohne es zu bemerken, schlich sich ein begeistertes Grinsen auf seine Lippen. Kochen machte Spaß, ja, aber in Gesellschaft und mit anschließendem gemeinsamen Essen noch viel mehr! Aber … wie sollte er dauerhaft eine weitere Person sättigen? Ihm fehlte das Geld dafür. Langsam sanken die Mundwinkel wieder und er kümmerte sich weiter um das Gericht. Unbehaglich stocherte der Blonde in der Pfanne und überlegte sich eine Ausrede. Das war doch Scheiße. “Ähm, das geht nicht, weil …” Er wollte nicht ablehnen, aber es ging nicht anders. Tränen stiegen auf, wie gut, dass der andere sie nicht sehen konnte. Ihm fiel nichts ein, großartig. Besser gesagt, er wollte nicht lügen. “Das wird auf Dauer teuer.” Energisch kippte er Reis in den Reiskocher und stellte den Timer an. Manchmal verzichtete er tagelang auf das Kochen und schob morgens und abends eine trockene Scheibe Toast zwischen die Zähne. Schnell wischte er über die feuchten Augen. Nachdem der Reiskocher piepste, schöpfte Nate die Pampe auf zwei vorbereitete Teller. Den Rest fügte er als eine Art Eintopf zusammen, würzte, probierte, würzte und probierte nochmal und nickte dann zufrieden. Die dickflüssige Currysauce mit Fleisch und Kartoffeln kippte er vorsichtig und richtete es neben jeweils beiden Reishaufen an. “Klar weiß ich das noch." Das Lächeln kehrte bei dieser passenden Erinnerung zurück. Bevor der Blonde mit dem Unterrücken gegen die Ablage lehnte und die Hände in die Hosentaschen schob, drehte er den Herd aus und stellte die Töpfe von den heißen Herdplatten. “Heh, ja, das Beißen tat dir immer unglaublich leid.” Verlegen kratzte er sich am Kinn. Wieso zum Teufel war er denn jetzt wieder so? Er war schließlich nicht der Beißer. “Zumindest … wenn du das bei mir getan hast.” Das musste Nate unbedingt extra erwähnen, ja, auch wenn er nun ein bisschen mehr starb - wieso auch immer! Streiten … wann war er eigentlich das letzte Mal für sich selbst eingestanden? War er das überhaupt schon mal? “Uhm, das Essen ist fertig. Wo sitzen wir?” Mit den vollen Tellern samt Löffel in den Händen wartete er auf Anweisung.
"Aber ich w-" Der Schwarzhaarige biss sich auf die Zunge, bevor er Worte aussprach, die genauso gut aus dem Mund eines Kleinkindes hätten stammen können. Natürlich konnte er nicht 24 Stunden, sieben Tage die Woche den Bodyguard für seinen besten Freund spielen. Auch wollte er nicht den Eindruck erwecken, dass er ihm nicht zutraute, für sich selbst einzustehen. Frustriert presste er die Kiefer aufeinander. "Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich einfach dabei zusehe, wie dich jemand schlecht behandelt." Alleine der Gedanke daran erfüllte ihn mit einer Menge an Frust, die kaum auszuhalten war. Unruhig fuhr er sich mit den Händen durch die Haare, brachte diese vollkommen durcheinander. Diese Angelegenheit machte ihn wirklich verrückter, als sie sollte. Wenn Nate darauf bestand, dieses Problem alleine unter Kontrolle zu bringen, dann sollte er ihn das tun lassen, doch er konnte einfach nicht. Genauso wenig konnte er das Thema um die Liebespartner seines Freundes einfach ruhen lassen. Dafür war es doch ein wenig zu spannend. "Aha, aha", machte er, nickte langsam, "So ist das also." Kein Aufreißer war er? Das war Lucien bereits klar gewesen, bevor er diese Behauptung überhaupt aufgestellt hatte, eigentlich hatte er sie sogar als Witz gemeint, doch der schien nicht ganz angekommen zu sein. Mit einem amüsierten Seufzen streckte er die Hand aus, tätschelte kurz das blonde Haar. "Mach dich doch nicht so verrückt, selbst wenn, wäre das doch deine Sache nicht? Solange es dich glücklich macht, brauchst du dich doch nicht zu schämen." Und solange Nate glücklich war, sollte auch der Ashworth zufrieden sein. "Ah fuck!" Das Fluchen des Felton ließ Lucien sofort von seinem Stuhl aufspringen, der dadurch polternd umfiel. "Was ist los?!" Hatte er sich etwa verletzt? Ja, ja das hatte er! "Soll ich einen Arzt rufen?! Meine Familie ha-" Ja, seine Familie hatte einen grandiosen Doktor, doch diesen konnte er unter keinen Umständen um Rat fragen, ohne zu verraten, was er wirklich in Marokkasu tat. Davon abgesehen war es natürlich vollkommen übertrieben, solch einen Elefanten aus einem kleinen Schnitt zu machen. Komplett überfordert packte er die verletzte Hand, hielt sie zwischen den eigenen und starrte auf die Verletzung hinab, als würde diese sich durch einen bösen Blick einschüchtern lassen und direkt wieder zuheilen. Natürlich tat sie das nicht. Planlos ließ er wieder los. Ah, was sollte Lucien nur tun?! Nun, Nate wusste das ganz genau. Seelenruhig zauberte er ein kleines Pflaster hervor und verarztete sich damit selbst. Weiterhin überfordert blinzelte der Ashworth auf den nun mit süßen Katzenpfötchen verzierten Zeigefinger hinab. Süß. Als wäre nichts passiert machte sich der Hobbykoch zurück an die Arbeit. Dessen Kommentar, dass die gesamte Küche unbenutzt aussah, war zufälligerweise komplett untergegangen. So ein Pech aber auch! Was jedoch noch immer im Raum hing wie ein unangenehmer Geruch war seine komplett souveräne Reaktion auf Nates Begeisterung für das Kochen. Es war also entspannend? Und Lucien musste es nicht unbedingt mögen? Ja, das war zwar wahr, doch seine Abneigung war gar nicht das Problem. Dieses bestand darin, dass er nicht wusste, ob es ihm Spaß machte. Vorstellen konnte er es sich nicht, aber ... wenn es dem Felton gefiel, dann war es vielleicht gar nicht so übel? Um nicht ziellos im Raum herumzustehen, wanderte er wieder zurück zu seinem Stuhl, stellte diesen wieder auf und ließ sich darauf fallen. Vielleicht sollte er es doch mal ausprobieren ... aber natürlich alleine, sodass niemand die Katastrophe, die dieser Versuch potentiell werden könnte, mitbekam. Und schon gar nicht Nate! Zum Glück musste der Ashworth gar nicht auf die peinliche Situation reagieren, denn etwas Anderes schien den Wuschelkopf deutlich mehr zu interessieren. Ein ansteckendes Grinsen gepaart mit großen, begeisterten Äuglein sprangen Lucien entgegen, zwangen diesen dazu, sich einen Moment abzuwenden und sich zu sammeln. "Natürlich." Wieso sollte er lügen? Er würde gerne jede Chance nutzen, um Zeit mit seinem besten Freund zu verbringen. Irgendetwas schien diesen jedoch daran zu hindern, das Angebot anzunehmen. Die bisherige Begeisterung schien plötzlich wie weggefegt, Stille breitete sich im Raum aus - abgesehen von dem Brutzeln und Zischen der Küche. "...weil?" Die Enttäuschung ins einer Stimme ließ sich nur schwer verbergen. Er wollte wirklich wissen, wo das Problem lag. Wenn Nate nicht wollte, dann würde er das akzeptieren, doch wenn es etwas anderes war, das ihn hinderte, dann musste Lucien das wissen! Die unerwartete Antwort ließ ihn das Kinn von der Stuhllehne heben. Finanzielle Engpässe kannte der Schwarzhaarige schlichtweg nicht, noch nie in seinem Leben hatte er sich Sorgen darüber machen müssen, wie er etwas Essbares auf den Tisch brachte. Dementsprechend überrascht war er auch, dass ausgerechnet soetwas Nate davon abhielt, öfter hier vorbeizuschauen. "Teuer ist für mich kein Problem." Eigentlich war 'Geiz' der zweite Vorname des Ashworth, wenn es darum ging, Andere mitzufinanzieren, doch wenn er seinen besten Freund dadurch etwas länger und öfter bei sich behalten konnte, ließ er sich nicht von ein paar zusätzlichen Ausgaben abschrecken. Hätte er gewusst, was Nates Definition von 'teuer' war, hätte er sowieso nur leise gelacht. "Ich bezahle das, das ist es mir wert." Kein Zweifel, kein Zögern. Vermutlich war das mal eine der sinnvolleren Investitionen, die er tätigte. "Wenn du mir sagst, wie viel du für das Essen hier bezahlt hast, dann kann ich dir das auch geben." Dieses war inzwischen beinahe fertig, anscheinend fehlten nurnoch die Feinheiten (nicht, dass Lucien das erkennen würde). Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Gunners, als sein Gegenüber ihm die gemeinsame Erinnerung bestätigte. "Oh ja, ich habe mich dann immer total schlecht gefühlt." Zumindest, wenn er Nate gebissen hatte. Die anderen Opfer hatten kein Mitleid abbekommen. Dass der Blonde genau das nun hervorheben musste, sorgte dafür, dass Luciens Gesicht ein Stück hinter der Stuhllehne verschwand, um die aufsteigende Röte zu verbergen. Tränen in den Augen seines Freundes hatte er noch nie ertragen können. Andere weinende Kinder hatten ihn stets kalt gelassen, doch Nate? Nates Wohl hatte ihn schon immer interessiert ... Selbst heute tat ihm sein Verhalten noch ein wenig Leid. "Bei dir war das etwas Anderes ... Äh, sag mal, das hat keine bleibenden Abdrücke hinterlassen, oder?" Das wäre wirklich unangenehm. Zwar bezweifelte er, dass er dafür fest genug gebissen hatte, aber ... Sorgen machte er sich trotzdem irgendwie. Was sollte das bloß? Bei der Erwähnung der fertigen Mahlzeit sprang der Größere sofort auf, der Hunger war wirklich kaum noch erträglich! Außerdem wollte er unbedingt wissen, was Nate da kreiert hatte. Sein Blick hüpfte kurz zum Esstisch. Da aß er ja eh nie ... wieso jetzt damit anfangen? Er zuckte mit den Schultern, ehe er einen Teller aus den Händen seines Gegenübers pflückte und vorausmarschierte. Die angelehnte Tür zu seinem Schlafzimmer wurde aufgetreten und danach auch wieder zugetreten, ehe er sich im Schneidersitz auf sein Bett fallen ließ, den Teller zwischen den Beinen. Auffordernd klopfte er auf die Matratze, selbstverständlich war Nate ebenfalls willkommen. Er verstand bis heute nicht, wieso Leute bevorzugt an kalten, harten Tischen aßen, wenn man es sich auch deutlich gemütlicher machen konnte. Alles nur, um irgendein dummes Konzept von 'Anstand' zu erfüllen? "Guten Appetit." Der Löffel landete sowohl in der Soße, als auch im Reis, ehe er sich schon auf den Weg zu seinem Mund machte. Zuerst ein wenig zögerlich, dann aber mit deutlich mehr Begeisterung kaute er ein Weilchen darauf herum. "Oha, das ist ja mindestens genauso gut wie das von den Köchen meiner Eltern! Du bist ja mal voll der Sternekoch, Alter!" Mit vollem Mund sprach man eigentlich nicht, außer man war so gierig wie Lucien, der gerne jeglichen Anstand aus dem Fenster warf, wenn ihn etwas begeisterte. "Oh Mist-" Kauen, Schlucken, einen weiteren Löffel nachschieben. "Hab total vergessen, zu fragen, ob du was trinken willst. Ich hab ... mmmmhh ... Energy, Kaffee und Wein." Normale Getränke konnte man in seinem Kühlschrank vergeblich suchen, denn er lebte fast ausschließlich von pechschwarzem Kaffee.
“Deine Anwesenheit ist wahrscheinlich imposant genug, um die Leute zum Flüchten zu bringen.", witzelte Nate, versuchte, Luce den Wind aus den Segeln zu nehmen und das Thema damit zu beenden. Wenn Bitten und Flehen nichts brachte, dann spielte er die Sache eben herunter und schmierte seinem Kumpel Honig um das hübsche Mäulchen. Normalerweise war das eine gute Taktik, aber wenn man einen Job mit Arschkriechern hatte, war die vielleicht gar nicht so effektiv wie erhofft. Mal sehen. Den Mist würde er sowieso nicht mitbekommen, die machen das nur, wenn sonst keine Kollegen in der Nähe waren, an Dummheit litten die hier leider nicht. Da war ihm das Gespräch über das Liebesleben lieber, auch wenn es anders unangenehm war. Luce schien sich wirklich brennend dafür zu interessieren, Nate hingegen blieb bis auf den Status besser ahnungslos. Was aha? War doch offensichtlich, dass er mit all den Unsicherheiten nicht imstande war, irgendwelche Kerle aufzureißen. Wie funktioniert das überhaupt? Er selbst wurde auch noch nie für eine Nacht abgeschleppt. Sobald die Hand seinen Kopf tätschelte, kniff er die Augen zusammen und brummte. “Ich mache mich nicht verrückt, du machst mich verrück …” Natürlich meinte der Blondschopf die unverblümte Art des Ashworths, an die er sich hoffentlich bald gewöhnte und irgendwann das Tomaten-Dasein ablegen konnte. Vor Schreck wirbelte der Körper herum, als etwas - ein Stuhl, wie die grünen, aufgerissenen Augen nun gleich feststellten, polternd umfiel. Auch Nate fragte entsetzt, was los sei, während er seinen unter Strom stehenden Kumpel vor sich eilig musterte. “Arzt? Wa-” Und ehe er weiter nachhaken oder anders reagieren konnte, lag seine verletzte Hand zwischen den Fingern des Größeren. Der besorgte Blick, der den kleinen Schnitt fixierte, zauberte dem Blonden dann ein amüsiertes Grinsen auf die Lippen und erzeugte gleichzeitig wohlige Wärme in der Brust. “Hey, du machst aus einer Mücke einen Elefanten!”, neckte er seinen Kumpel, als er den Finger wieder zu sich nahm und ihn notdürftig aus Hygienegründen verarztete. Wäre der Hobbykoch alleine, würde der Klebestreifen gar nicht erst zum Einsatz kommen. So schlimm war die Wunde echt nicht. “Ich habe mich nur erschrocken, keine Sorge! Siehst du? Finger ist noch dran und völlig intakt!” Zur Demonstration knickte er ihn ein paar Mal hoch und runter, wackelte hin und her und lächelte breit. Niedlich, wie Luce um seine Gesundheit fürchtete. Ein schönes Gefühl, das lange in der hintersten Ecke kauerte und endlich wieder Beachtung erfuhr. Jene Geborgenheit wurde jedoch gleich wieder im Keim erstickt, als das leidige Thema Geld aufkam. Allerdings hatte Nate das selbst angeschnitten, weshalb er Luce eine genauere Erklärung schuldig war. Das Geheimnis seiner Armut würde früher oder später wahrscheinlich sowieso ans Tageslicht kommen, warum also nicht jetzt reinen Tisch machen? Bevor er antwortete, stellte er sicher, dass nichts anbrannte oder überkochte und drehte dann zum Schwarzhaarigen um, der irgendwie geknickt wirkte. Dieser Anblick ließ den Kloß im Hals noch ein bisschen größer werden und schwieriger herunterschlucken, weshalb der Grund kurz und knapp ausfiel. Nicht weinen, nicht weinen, nicht weinen, wage es ja nicht! “Meinst du das ernst?” Die Finger wanderten nervös zum Saum des T-Shirts und fuhren unruhig darüber, während das feuchte Grün auf das Gegenüber ruhte. Im Grunde war das ein sehr tolles Angebot und es war auch kein Aber nötig, es war nur … ungewohnt entgegenkommend und so unglaublich nett. “Okay … dann machen wir das so.” Ein zaghaftes Lächeln zupfte am Mundwinkel, das aus Freude nur noch mehr wuchs. “Aber das hier möchte ich dir ausgeben, ja?” Schließlich war das gemeinsame Essen nicht geplant und er wollte das Wiedersehen nicht mit blödem Geld besiegeln. Während Nate das fertige Essen auf den Tellern anrichtete, hörte er weiterhin mit einem Lächeln auf den Lippen den Erinnerungen zu, die ungelogen die schönste Zeit in seinem bisherigen Leben war. Dass das Kind, welches er jahrelang so sehr vermisste, nun als Mann den gleichen Raum mit ihm teilte, war noch so unwirklich. Obwohl die beiden ewig keinen Kontakt hatten, schienen sie sich immer noch sehr gut miteinander zu verstehen, so, als wären sie niemals getrennt gewesen. Die Frage durch das Beißen entstandene Narben entlockte dem Blonden ein amüsiertes, leises Lachen. “Jetzt wo du's erwähnst, sind tatsächlich Abdrücke geblieben.” Er ließ den Satz für einen kurzen Moment mit der Stille verschmelzen, ehe das Lächeln in ein freches Grinsen hüpfte. “Nein, Spaß, da sind keine!” Und selbst wenn, würden sie ihn ehrlich gesagt nicht stören. Die wären eher ein Andenken gewesen … komisch? Ihm doch egal, sie stammten immerhin von Luce. Dann schnappte sich der Gastgeber einen vollen Teller und lief damit merkwürdigerweise in ein anderes Zimmer, dabei stand doch hier ein großer Tisch. Irritiert kräuselten sich die Brauen, wie bestellt und nicht abgeholt, blieb der Felton an Ort und Stelle. Vielleicht wollte er noch irgendwas holen? Da er jedoch nicht zurückkam, schlich er hinterher und schielte durch die offene Tür. Das riesige Bett brachte ihn zum Staunen, aber … “D-du willst hier essen?” Vorsichtig betrat er das Schlafzimmer und setzte sich unsicher auf die Bettkante, nachdem er dazu aufgefordert wurde. “Ich kleckere gerne mal, ich benutze lieber deinen Nachttisch als Unterlage.” Er schob zuerst Kissen zur Seite, dann die Lampe weiter zurück und stellte den Teller hin, ehe die Knie zu einem Schneidersitz verknotet wurden. “Guten Appetit!” Bevor er jedoch zu Essen begann, beobachtete er Luces Reaktion, schließlich musste er wissen, ob ihm das Gericht schmeckte! Nate strahlte nach kurzem Abwarten triumphierend, als er ein unerwartet gutes Kompliment erhielt. “W-wow, danke! Da habe ich den Test wohl bestanden, hehe.” Ein bisschen übertrieben vielleicht, aber er wollte nicht meckern. Dass seine Eltern eigene Köche hatten, war schon ein krasser Fakt. Diese Familie musste wirklich viel Geld besitzen, die Glückliche. “Uhm, Leitungswasser reicht mir völlig.” Keine Lüge. Was anderes war er einfach nicht gewohnt. Das einheitliche Schweigen und Klirren der Löffel, warf ihn erneut in die Vergangenheit. “Ich habe noch das Stück von meiner zerrissenen Kuscheldecke. Findest du das komisch?”, meinte er wie aus heiterem Himmel, als der leere Teller vor ihm stand. Uff, am liebsten würde er sich zurückfallen lassen, aber das hier war nicht sein Bett.
Überrascht blinzelte der Schwarzhaarige. Ja, Nate hatte es zweifelsohne geschafft, ihm mit seiner Aussage den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein wenig cool war es schon, als imposant angesehen zu werden, doch was für Lucien im Mittelpunkt stand, war der zweite Teil des Kommentars. "... findest du wirklich, ich sehe angsteinflößend aus?" Seine Stimme war fast schon untypisch leise. Der Gedanke, dass sein Auftreten dafür sorgte, dass sein bester Freund sich nicht wohl in seiner Gegenwart fühlte, sogar dafür sorgen könnte, dass er flüchtete, machte ihn nervös. Er sah an sich hinab. Wo das Problem wohl lag? Sollte er sein Hemd doch lieber wieder zuknöpfen und die Krawatte festziehen? Die Ärmel ein wenig hochkrempeln? Oder war es die dunkle Anzughose? Oder ... lag es vielleicht gar nicht an seinen Klamotten? Was, wenn es seine Haare oder sein Gesicht waren, die Nate unbehagen bereiteten?! Daran konnte er nichts ändern!! "Ich will, dass du dich bei mir wohl fühlst ... so wie früher." Das war ihm äußerst wichtig. So sehr, dass es ihn sogar selbst überraschte. Das Wohl des Felton stand an hoher Stelle, auch, wenn sie sich seit über einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen hatten. "Mache ich gar nicht!", motzte er zurück wie ein bockiges Kind. Das hier war definitiv ein Elefant und so behandelte er die Situation auch ... Naja, na gut. Es blutete nicht stark. Und abzufallen schien der Finger ebenfalls nicht. "Ich- ...." Er versuchte sich zu rechtfertigen, doch das konnte er nicht, wenn er nicht im gleichen Satz zugeben wollte, wie sehr er sich sorgte. Etwas, das er einfach nicht tun konnte. Der Blick flüchtete hinauf zur Decke. So oft wie heute hatte er diese noch nie angesehen. "... ein Glück ist es nichts Schlimmeres." Über Geld zu sprechen fiel zumindest dem Ashworth deutlich leichter. "Natürlich", erwiderte er, ohne auch nur einen Moment lang zu zögern. Wieso sollte er etwas anbieten und es nicht so meinen? "Alles klar, dann haben wir einen Deal!" Mit einem Schlag kehrte ein breites Grinsen zurück in sein Gesicht, er lehnte sich so schwungvoll über die Lehne, um Nate die Hand entgegen zu strecken, dass der gesamte Stuhl sich so weit nach vorne neigte, dass sowohl dieser, als auch der junge Mann, der darauf saß, das Gleichgewicht verlor. Ein weiteres Mal polterte die Sitzmöglichkeit zu Boden, während Lucien gerade noch so auf den Beinen landete, jedoch einige Schritte lang strauchelte. "Nichts passiert!", versicherte er instinktiv, schob sich mit einer Hand die Strähnen, die sich vor seinen Augen verirrt hatten beiseite, die andere wartete weiterhin darauf, dass der Blonde einschlug. Mündliche Vereinbarungen vermied er für gewöhnlich, doch bei seinem besten Freund fühlte er sich sicher genug, eine Ausnahme zu machen. Er wollte schließlich, dass die Dinge möglichst schnell wieder so wurden wie früher. Na gut, einige Dinge gab es, die sie vermutlich nicht fortführen sollten. Dazu zählte zum Beispiel Luciens alte Angewohnheit, stets und ständig seine Zähne in Kontakt mit der Haut des Feltons zu bringen. "Was? Wirklich? Oh Gott, es tut mir wirklich Leid!" Entsetzen zeichnete sich in seinen Zügen ab, als er bereits die Hände nach dem Kragen seines Gegenübers ausstreckte. Die Arme schienen unversehrt geblieben zu sein, doch das war nicht die einzige Stelle, die er auserkoren hatte. Bevor seine Finger sich den weißen Stoff jedoch schnappen und beiseite ziehen konnten, löste Nate seinen kleinen Scherz auf. Ein nervöses, aber auch erleichtertes Lachen kam von Lucien. "Oh man, du hast mich vielleicht erschreckt." Eine Hand ruhte über seinem kräftig schlagenden Herzen. Vielleicht hätte es das Blondchen nicht gestört, doch er selbst hätte sich das niemals verziehen. Natürlich konnte er diesen fiesen Scherz nicht einfach so stehen lassen! "Dafür hättest du einen Biss wirklich verdient." Wie ein wildes Tier, das Eindruck schinden wollte, riss er das Maul auf und schnappte in die Luft. Nate hatte wirklich Glück, dass er sich inzwischen so gut unter Kontrolle hatte! Nur mühselig entspannte sich sein Herzschlag wieder. Es war nicht nur er, der es ständig schaffte, emotionale Reaktionen aus seinem Gegenüber herauszukitzeln, auch umgekehrt war es der Fall.
Die Brauen überrascht zusammengezogen, beobachtete der Ashworth, wie sein Besuch vorsichtig, als würde er die Höhle des Löwen betreten, in sein Zimmer gewackelt kam und sich dann zaghaft an die Bettkante hockte. Bevor er Einspruch erheben konnte, wurde sein Nachttisch umfunktioniert. "Was? Das ist doch vollkommen egal. Dann kaufe ich eben neue Bettwäsche." Mal ganz davon abgesehen, dass er sowieso einige Ersatzdecken und Laken besaß, da er selbst häufig kleckerte und mindestens genauso häufig hier aß. Doch Nate schien darauf zu bestehen, die Angelegenheit unnötig kompliziert zu machen. Lucien ließ sich davon nicht länger abhalten, die gesamte Mahlzeit innerhalb kürzester Zeit in sich hineinzuschaufeln. "Hmff? Welcher Test?" War doch keine große Überraschung, dass sein bester Freund ein fantastischer Koch war! Der letzte viel zu große Bissen wurde heruntergeschluckt, bevor er weitersprach. "Du willst Wasser aus der ... Leitung?" Vollkommen irritiert sah er sein Gegenüber an, als hätte dieser gerade vorgeschlagen, zum Mond zu fliegen. War das etwas, das andere Leute taten? Davon hatte er noch nie gehört. Er sollte einfach den Hahn aufdrehen ... und ein Glas darunter halten ... und das als Getränk anbieten? Unmöglich. Kopfschüttelnd erhob er sich von der weichen Matratze, den eigenen Teller entführte er bereits mit in die Küche. Dort stand er eine Weile, der Blick lag zweifelnd auf dem Waschbecken. Nein, das konnte er einfach nicht tun. Stattdessen kehrte er mit zwei Dosen Popstar-Energy in den Hosentaschen, sowie zwei Gläsern und einem Chardonnay, dessen Namen er nicht einmal korrekt aussprechen könnte, wenn er die gesamte Flasche alleine getrunken hätte. Alles landete mit ein paar gezielten Würfen auf dem Bett bevor er sich daneben schmiss. Die Federn quietschten leise unter dem plötzlichen, schwungvollen Gewicht. "Leitungswasser war leer", scherzte er, "Außerdem rundet man eine gute Mahlzeit immer mit einem guten Getränk ab." Seine Zähne legten sich um den Korken, der die Weinflasche verschloss, zogen ihn mit einem kleinen Ruck und einem lauten 'Plopp' heraus. Er war beim besten Willen niemand, der sich ziellos vollaufen ließ, doch hin und wieder erlaubte ihm sein Ernährungsplan durchaus ein Gläschen. Das gehörte einfach dazu. "Was? Wirklich?" Die plötzliche Frage des Felton erwischte ihn eiskalt. "Du hast sie noch?" Sein Herz hüpfte, trug die Wärme mit jedem übergroßen Satz ein wenig weiter durch seinen Körper. Er wusste überhaupt nicht, was er darauf antworten sollte. Oder wollte. Sollte er...? Das war doch peinlich. Aber wenn Nate es zugab, dann konnte er es auch, oder? "Ich habe sie ebenfalls noch." Gelbe Seelenspiegel, untermalt von zarten, rosa Wangen musterten ausführlich die schlichte, weiße Zimmerdecke. "... meistens in der Innentasche von meinen Anzügen." Oder wenn er schlief auch in seinem Bett. Aber das konnte er beim besten Willen nicht aussprechen. Das war wirklich komisch. "Es ist nicht komisch sondern ... süß ..."
“Angsteinflößend? Nein, so meine ich das gar nicht … du wirkst einfach so unglaublich selbstbewusst, finde ich. Man will gar nicht erst versuchen, dich auf irgendeine Art und Weise zu kränken. Uhm …” Irgendwie klang der Inhalt, der aus seinem Mund fiel, total bescheuert. Machte der Satz überhaupt Sinn? Unsicher kratzte Nate über die Nasenspitze und dachte weiterhin fieberhaft nach. Er wollte Luce, der plötzlich etwas an sich zu suchen schien, die Sorge nehmen, nicht verstärken. Nervös fuhren die Finger erneut zum Saum des T-Shirts, er hatte das Gefühl, kostbare Zeit zu verlieren. “Deshalb würden die Leute vermutlich nichts in deiner Gegenwart über mich sagen, wenn sie wüssten, dass wir uns kennen und gut verstehen." Worauf wollte er nochmal hinaus? “Man hat Respekt vor dir, also ich zumindest.” Kurz und schmerzlos, wieso nicht gleich so? “Ich fühle mich bestimmt bald viel wohler, wenn wir uns regelmäßig sehen und ich … mich an dich gewöhnt habe.” Dann lächelte er, beinahe triumphierend. “I-ich stottere immerhin nicht mehr so doll.” Ja, die verführerische Gewohnheit würde dem Blondschopf sicherlich zur Hilfe eilen. Es tat ihm leid, dass er seinen Kumpel nicht sofort und ohne Bedenken mit offenen Armen empfangen konnte, obwohl die beiden niemals ein ernsthaftes Problem miteinander hatten. Verfluchte Unsicherheit. “Machst du ja wohl!”, kicherte Nate, streckte ohne Zögern eine Hand aus und tätschelte sanft den schwarzen Schopf des Größeren. “W-wow, voll weich.”, meinte er verblüfft und näherte sich, um die Haarstruktur genauer zu begutachten. Seine Finger glitten langsam durch eine dünne Strähne, bis zu den Spitzen hinab. Erst dann wurde ihm klar, was er da gerade tat und wie seltsam das wirken musste. Als hätte er sich verbrannt, zuckte er zurück und rieb über die Haut, die eben noch das unglaublich weiche Gefühl genoss. “Ah, sorry, ich wollte nicht …” Stumm gestikulierend, trat er noch einen Schritt rückwärts und kümmerte sich lieber wieder um die Küche. Mann, er sollte wirklich nachdenken, bevor er handelte. Als Kind war so eine Geste noch völlig in Ordnung, doch jetzt könnte man dies und jenes hineininterpretieren. Zur Feier des Tages wollte der Ashworth den zukünftigen Deal mit einem Handschlag besiegeln, steckte allerdings so viel Begeisterung in seine Bewegung, dass der Stuhl bedrohlich nach vorn kippte. Instinktiv machte Nate einen Satz nach vorn, um ihn aufzufangen oder die Lehne samt dem Mann auf dem Sitz aufrecht zu drücken, doch es war bereits zu spät. Zum Glück konnte der andere noch rechtzeitig reagieren und auf den wackeligen Beinen landen. “Luce!” Der Atem stockte. Die grünen Augen huschten besorgt über den Körper des Gegenübers, Erleichterung machte sich gleich darauf breit, als er keine Verletzung entdeckte. “Pass bitte auf dich auf, ja?” Der Felton umschloss die immer noch ausgestreckte Hand mit beiden Händen und drückte sanft. Nein, seine Milchzähne hatten damals keine bleibenden Narben hinterlassen. War das überhaupt möglich? Wenn er ihn tatsächlich so extrem gebissen hätte, wäre die innige Freundschaft vermutlich gar nicht erst entstanden. Wer wollte schon jemanden zum Freund, der bei jedem Streit erstmal ein Stück Fleisch riss? Nate zeigte seine nackten Arme, als der Größere stumm danach verlangte. Gut, dass die blauen Flecken durch die Schlägertypen aktuell woanders lagen und nicht so sehr schmerzen, dass man ihm die Qual ansah. Würde Luce davon erfahren, würde er zur personifizierten Hölle werden, das hatte er bereits mehr als deutlich gemacht. “Hehe!” Es machte Spaß, mal auf der anderen Seite des Lebens zu stehen und einen harmlosen Witz zu machen. Sowas lockerte und entknotete unnötige Gedankengänge. “Tut mir leid, das wollte ich nicht.”, schob er dennoch hinterher, weil der Schock scheinbar tiefer saß als gewollt. Als er schließlich die Fangzähne präsentierte, staunte Nate nicht schlecht. “Woah, du hast sie ja immer noch!” Und sie waren bedrohlicher als je zuvor! Früher hatten alle Kinder komisch aussehende oder teilweise gar keine Zähne, weshalb der Blondschopf gar nicht auf die Idee kam, dass er die Eigenart behalten würde. Aber irgendwie waren die total cool!
“Du kaufst dir einfach neue Bettwäsche, wenn sie schmutzig wird? Wow.” Viele Wows heute. Okay, wie reich war die Familie Ashworth wirklich? Nein, das wollte er lieber nicht wissen. Unterschiedlicher konnte das Leben echt nicht sein, die Kluft zwischen den beiden war scheinbar enorm, welch Ironie. Vielleicht sollte Nate ihn darum bitten, ihm die Bettwäsche zu überlassen, wenn er sie nicht mehr haben wollte. Essensflecke konnte man schließlich ganz leicht herauswaschen. Aber nein … er musste nicht wissen, wie arm er tatsächlich war. Noch nicht. Erstmal essen! “Uhm, ich muss doch wissen, ob du meine Gerichte magst oder nicht, wenn ich für dich mitkochen soll … sonst wäre das doch gar kein guter Deal für dich.” Und machte absolut keinen Sinn, wenn er jedes Mal kostbare Nahrung wegwerfen musste, weil der feine Herr etwas nicht mochte. Zwar könnte man einige Sachen konservieren, aber das war eben auch nicht der Plan. Er freute sich darauf, den Gaumen des Dunkelhaarigen glücklich zu machen. “…Ja?” Wasser aus der Leitung zu trinken, war doch nichts ungewöhnliches, ganz im Gegenteil. “Hast du etwa noch nie Leitungswasser getrunken??” Beim plötzlichen Herumdrehen stieß sein Knie hart gegen den Nachtisch, doch der Schmerz wurde von der Fassungslosigkeit betäubt. Reichtum hin oder her, irgendwann musste es doch den Zeitpunkt gegeben haben! Ein Stich im Herzen folgte, als Luce kopfschüttelnd aufstand und das Zimmer verließ. Die Verständnislosigkeit meinte er völlig ernst! Verrückt. Statt mit dem gewünschten Wasser kehrte er schließlich mit zwei Dosen und einer teuer aussehenden Flasche zurück. Nate seufzte. Ja, klar, Leitungswasser war leer. Ein Grinsen huschte über seine Lippen, der Satz klang so dermaßen absurd. Bevor er jedoch protestieren konnte, entkorkte der Gastgeber die Flasche bereits. “Ja, wirklich …” Um von seiner peinlichen Beichte zwischendurch nicht erdrückt zu werden, setzte sich der Felton gemütlicher hin, beugte kurz vor, schnappte sich eine Dose und überflog sie flüchtig. Energy, urgh. Der Verschluss blieb unberührt, dafür legte er das kühle Metall abwechselnd auf die glühenden Wangen, die er gar nicht erst zu verstecken versuchte. “D-du hast sie ebenfalls noch …”, wiederholte der Blonde wie ein Idiot und starrte Luce an, der die Zimmerdecke abermals interessanter zu finden schien. Diesmal fiel ihm das zarte Rosa auf, weshalb sein Herz Purzelbäume schlug. “Innentasche von …” Die grünen Äuglein wanderten vom Gesicht zum Hals, zur Brust. Hemd, Krawatte, Anzugjacke. Innentasche. Wie in Trance streckte Nate erneut eine Hand nach dem Mann aus, der mit jeder weiteren Stunde mehr und mehr wie ein Magnet auf ihn wirkte. So viel zum Nachdenken. Das kleine Wort süß ließ das Vorhaben stoppen. Er blinzelte. Atmete er auch noch? “S- uhm, s- uh.” Exe has stopped working. “DU BIST SELBST SÜSS!”, quietschte Nate laut, dessen Mund anschließend mit dem Flaschenhals gestopft wurde, nachdem er Luce die Flasche entriss und mit drei großen Schlucken die Flüssigkeit aufnahm. Eh, war das Alkohol? …
Erleichtert atmete der Schwarzhaarige auf. Er war also nicht angst-, sondern respekteinflößend? Das klang deutlich besser. Das war ein Gefühl, dass er bei anderen gerne auslöste - mit Ausnahme von Nate natürlich. Dem wollte er eigentlich auf Augenhöhe begegnen. "Dann schaue ich auf jeden Fall so oft ich kann bei dir vorbei", nickte er entschlossen. Es stimmte, je mehr Zeit verstrich, desto ruhiger wurde auch die Stimme des Blondchens, desto mutiger wurde er. Zwischen ihren ersten Momenten, in denen er es nicht einmal geschafft hatte, den Größeren richtig anzusehen, und jetzt lagen bereits Welten. "Ja, du machst das super. Ich bin stolz auf dich." Es brachte niemandem etwas, wenn Lucien ungeduldig wurde und versuchte, seinen alten Freund dazu zu drängen, jemand zu sein, der er noch nicht sein konnte. Geduld war etwas, mit dem er sich äußerst schwer tat, das konnte er nicht verneinen, doch manche Dinge waren es wert, auzuharren. Große, goldgelbe Seelenspiegel blinzelten überrascht, als eine Hand auf dem Kopf des Ashworths ruhte. Das ... das war das erste Mal, dass Nate ihn von sich aus berührte! Ein Lächeln schlich sich still und heimlich auf seine Lippen, wurde breiter, je weiter die zarten Hände wanderten. "Danke, das richtige Shampoo bewirkt Wunder." Seinetwegen hätte der Kleinere ruhig weitermachen dürfen, schließlich war es nicht nur eine fantastische Bestätigung, dass sich seine aufwändige und teure Haarpflege lohnte, es war auch schlichtweg ein schönes Gefühl. "Schon okay", versicherte er sofort, behielt das Ausmaß seiner Gedanken jedoch für sich. Er war schließlich nicht dumm, er wusste, das solche Gesten eigentlich romantisches Interesse implizieren konnten. Das war gerade selbstverständlich nicht der Fall, der Felton hatte ihn einfach nur trösten wollen und er selbst wollte die Situation nicht in ein falsches Licht rücken, indem er egoistisch war und um mehr bat. Eine freundschaftliche Beziehung aufrecht zu halten war wirklich schwieriger als gedacht. Gerade weil sein bester Freund so unfassbar niedlich und süß war, dass man ihn am liebsten die ganze Zeit kuscheln und drücken wollte wie einen Lieblingsteddybären. Dieses Bedürfnis wurde nicht geringer - im Gegenteil - als er den Langhaarigen so voller Sorge anblickte, seine dargebotene Hand mit allen zehn Fingern umklammerte. So ein kleiner Stolperer war doch wirklich keine große Sache. Außerdem durfte Nate da wirklich nichts sagen, er war doch der, der aufpassen sollte. Verlegen kratzte sich der Gunner am Hinterkopf. "Ich halte viel aus, keine Sorge." Zumindest, wenn es um Verletzungen und Schmerzen ging. Anders verhielt es sich mit Niedlichkeit - da brauchte es nicht viel, um ihn zum Schwanken zu bringen und sein Gegenüber füllte das kleine Fässchen stets und ständig mehr und mehr. Vor allem das Kichern, und die darauffolgende Entschuldigung und Begeisterung, als Lucien seine Zähne zeigte, brachten es besorgniserregend nah an das Überlaufen heran. "Natürlich habe ich die noch", bestätigte er, reckte das Kinn und grinste, "Sie sind typisch für meine Familie. Vater hat mir mal erzählt, dass wir wohl vor vielen, vielen Generationen Tiermenschen im Stammbaum hatten." Das erklärte womöglich einige Dinge. Während der Sohn dieses Merkmal mit großem Stolz trug, verbarg der ältere Ashworth es jedoch gezielt. Auf den wenigen Bildern, die von ihm existierten, sah man ihn nie Lachen und auch im Alltag passierte es eigentlich nie, selbst, wenn er nur von seiner Familie umgeben war. Es gab einige Dinge, die in der Ashworth-Familie anders liefen. Dazu gehörte auch die Tatsache, dass es ein Unding war, seine Wäsche selbst zu waschen. Aktuell besaß Lucien jedoch keine Putzfrau, sodass der verschmutzte Stoffe stets zur Wäscherei tragen musste. Platzraubende Bettwäsche war die Mühe einfach nicht wert, weshalb er sich einfach von ihr trennte und neue kaufte. Für ihn war das naheliegend, für sein Gegenüber wohl nicht. "Ja, natürlich." Woher sollte der verwöhnte Sohn auch wissen, das nicht jeder eigenes Reinigungspersonal oder genug Geld für regelmäßige Wäscherei-Besuche besaß? Sein Kontakt zu armen Leuten hielt sich in Grenzen. "Natürlich schmeckt mir, was du kochst", entgegnete er mit prall gefüllten Backen als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Sein bester Freund wusste ganz offensichtlich, was er tat! Der Teller war schnell geleert, sodass Getränke auf den Plan rückten. "Nein??" Ungläubig starrte er sein Gegenüber an. Wieso zur Hölle sollte er Wasser aus dem Hahn trinken? Er wusste doch überhaupt nicht, woher dieses kam. Der Knall, als das Knie des Blonden gegen den Nachttisch knallte, ließ ihn zusammenzucken und sofort in Sorge ausrufen: "Alles okay?!" Wie konnte man bloß so viel Talent darin besitzen, sich zu verletzen? Kein Wunder, dass Nate sich so dick anzog, er musste eine Menge an blauen Flecken haben. Man sollte ihn lieber extradick in Watte packen. Kurze Zeit später kehrte Lucien mit einigen Getränken zurück. Während er sich darum kümmerte, den Korken aus der Weinflasche loszuwerden, schnitt Nate ein Thema an, das in Windeseile dafür sorgte, dass Beide sich vor Scham am liebsten in Luft auflösen würden. Zwar hatte der Ältere immer gehofft, seinen alten Freund irgendwann wiederzutreffen, doch wirklich daran geglaubt hatte er nicht. Hätte er gewusst, dass es doch passierte, hätte er sich niemals so peinlich sentimental verhalten. Jetzt blieb ihm nichts Anderes übrig, als die Wahrheit zu gestehen. "Mh-hm...", bestätigte er zögerlich, ließ das Kinn wieder hinabsinken um angespannt die Hand zu beobachten, die sich ihm näherte. Es bedurfte keinen Worten, um ihn verstehen zu lassen, was das Ziel war. Schließlich trug er auch gerade eben einen Anzug, dessen Jackett im Inneren sein kleines Geheimnis verbarg. Bevor die Finger sich auf die Suche begeben konnten, hielten sie auch schon wieder Inne. Hatte er das gerade wirklich ausgesprochen? Wieso? Er hatte dem Wuschelkopf die Sorge nehmen wollen, gleichzeitig hatte er sich selbst verraten. Verdammt, sowas sagte man doch nicht zu seinem besten Freund! Er öffnete bereits den Mund, um zurückzurudern, doch da flogen ihm bereits die Worte des Felton entgegen. Wie eine Ohrfeige klatschten sie ihm ins Gesicht, ließen seine Züge entgleisen. "Wa-? Hör auf sowas zu sagen!", plärrte er, hilfloser als je zuvor. Nein, eigentlich nahm er gerne all die netten Worte, die Nate ihm geben wollte. Doch gleichzeitig wollte er sie eben nicht, denn er konnte nicht souverän darauf reagieren. Wie auch, wenn man an seinen Herzsträngen zupfte, als wären sie ein lustiges Instrument? Hinzu kam, dass man ihm eiskalt die Weinflasche aus den Händen pflückte und ihn somit vollkommen haltlos zurücklies. In großen, gierigen Schlücken wurde der teure Tropfen einfach so heruntergekippt. "Eh, so trinkt man den nicht!" Ungläubig und schockiert sah er dabei zu, wie sich die wertvolle Flasche deutlich schneller leerte, als geplant. So viel zu 'nicht sinnlos besaufen'. Vielleicht war es gar keine so schlechte Idee, Alkohol zu nutzen, um diese qualvoll herzerweichende Situation erträglich zu machen. Kaum hatte der Felton abgesetzt, wurde die Flasche auch schon zurückgeklaut. Ohne Rücksicht auf den jahrelang ausgereiften Geschmack schwappte der Wein seine Kehle hinab, hinterließ ein zartes Brennen. Keine gute Idee. Es hatte seinen Grund gehabt, warum seine Eltern dem Schwarzhaarigen, nachdem er das entsprechende Alter erreicht hatte, maximal ein halbes Glas zur Verfügung gestellt hatten, während sie sich selbst das doppelte eingeschenkt hatten. Sein Körper konnte mit Alkohol absolut nicht umgehen. Als er aufstand, um Nates Teller ebenfalls in die Küche zu entführen - absolut nicht, um sich einen Moment zum Durchatmen zu ermöglichen - spürte er noch nichts. Krachend landete das Geschirr in der Spüle, auf welche er sich daraufhin auch schon abstützte. Trotz der Distanz und dem ruhigen Prasseln des Regens gegen seine Fensterscheiben tanzte sein Herz beinahe schon Salsa. Nur almählich wurden die wilden Tanzschritte langsamer. Er hatte absolut keinen Plan, was hier gerade passierte. Im Gegensatz zu Nate war er es nicht gewohnt, dass sein Körper so auf Geschehnisse reagierte. Für gewöhnlich prallten Worte stets an ihm ab, nur selten sickerten sie durch seine Haut und erreichten seine Emotionen. Die des Felton hingegen bekamen das Tor zu seinem Herzen geöffnet und hüpften fröhlich hinein. Vor so vielen Jahren hatte er es für ihn aufgesperrt und nun hatte er den Schlüssel verloren, um wieder zuzuschließen. Mit der flachen Hand fuhr er sich über das Gesicht. Scheiße, fühlte er sich wegen dem Überfluss an Gefühlen so schwummrig, oder weil der Wein jetzt schon seine Wirkung entfaltete? Definitiv Letzteres, denn jeder, der sich mit dem 'Traubensaft' ein wenig auskannte, der wusste, dass Chardonnay nicht gerade für seinen geringen Alkoholgehalt bekannt war. Länger konnte und wollte er nicht hier in der Küche herumlungern. Die Zeit, die er mit seinem besten Freund verbringen konnte, musste genutzt werden. Schließlich waren es keine negativen Gefühle, die das Blondchen auslöste, im Gegenteil. Überzeugt, sich wieder gefangen zu haben, marschierte er zurück in sein Zimmer, doch als er Nate da auf seinem Bett hocken sah, musste er einfach wieder grinsen. Mit einem ordentlichen Satz landete er neben ihm auf der Matratze, den schweren Dickschädel ließ er distanzlos in den Schoß des nur um eineinhalb Monate Jüngeren fallen., der restliche Körper floppte wie eine zu weich gekochte Nudel kreuz und quer über das Bett. Das war natürlich voll akzeptabel, das bestätigte ihm auch der Alkohol! "Wo waren wir stehengeblieben?" Hmmm ... Nachdenklich blickten die goldgelben Seelenspiegel hinauf zum Gesicht seines besten Freundes. Oh! Kuscheldecke! "Ach ja, du wolltest nachsehen. Hier." Er zog sein Jackett auf, sodass Nate problemlos an die Innentasche kommen konnte, um sich selbst von der Wahrheit zu überzeugen!
Puh, er musste wirklich auf die Formulierung achten, damit keine gravierenden Missverständnisse entstanden, die zu unerwünschten Konsequenzen führen könnten. Aber er freute sich sehr darüber, dass auch sein bester Freund das zufällige Wiedersehen zur Gewohnheit werden lassen wollte. Es war, als sei ein verloren geglaubtes Stück von ihm zurückgekehrt. “Ja, bitte, tu das gerne!” Das wohlige Gefühl im Bauch wollte er nicht mehr verlieren. Du machst das super. Ich bin stolz auf dich. Ein amüsiertes Schmunzeln schlich sich auf die Lippen, denn die Anerkennung klang so, als würde Luce ein Kleinkind loben, das gerade Laufen lernte. “Hehe, danke.” Eigentlich konnte man Nates Fortschritt tatsächlich damit vergleichen, weshalb sich aufgrund der ehrlichen Worte doch noch ein bisschen Eigenstolz in seiner Brust bildete. Wenn das Hirn mal wieder überall und nirgends war, statt im Hier und Jetzt, und der Körper dann glaubte, er könnte tun und lassen, was er wollte, führte das oft zu interessanten, manchmal auch chaotischen Situationen. Die Gedanken schienen wild herumzuschwirren, ohne klare Richtung oder Absicht. In solchen Momenten konnte es vorkommen, dass der Körper auf Autopilot umschaltete. Der Dunkelhaarige hatte schon immer etwas an sich, das den Kleineren wie magisch anzog, ob er nun wollte oder nicht. Vielleicht sollte er sich in Zukunft einfach nicht mehr entschuldigen, damit die Stimmung gar nicht erst komisch wurde. Schließlich wollte er bloß die Weichheit seiner Haare bewundern und nichts weiter! “Mhm, sehr gutes Shampoo!”, meinte Nate und lächelte verstohlen in den Kochtopf, nachdem er kurz umdrehte und die Macht über das Hirn wiedererlangte. Allerdings schmiss ihn das laute Poltern und der Rettungsversuch gleich erneut ins eiskalte Wasser und hinterließ eine Gänsehaut. “Trotzdem, sei nicht so leichtsinnig … das kann schnell ins Auge gehen.”, widersprach er und nickte bedächtig. Der kleine Unfall mit dem Stuhl läutete sämtliche Alarmglocken, möglicherweise übertrieb er gerade, aber das war ihm egal. Sein Blick, der auf den klammernden Händen ruhte, verriet Besorgnis, die er kaum zu verbergen vermochte. Ein Daumen strich flüchtig über den Handrücken des anderen, ehe der Felton sie widerwillig freiließ. “Woah, wie cool! Dann sind das ja echte Reißzähne! An Halloween sind die bestimmt voll praktisch! Auf einer Party musst du am Buffet nicht erstmal die falschen Zähne rauspulen!” Die hatten bestimmt auch andere sehr nützliche Vorteile, aber Halloween war gerade der erste Gedanke, der im Kopf des Blonden bei diesen Eckzähnen aufploppte und unaufhaltsam aus dem Mund purzelte. Lucien war also so reich, dass er die Bettwäsche einfach entsorgte, sobald sie dreckig war. Für die meisten Leute war das schwer zu verstehen, denn für sie war das regelmäßige Wechseln eine Selbstverständlichkeit und eine Notwendigkeit, um Sauberkeit und Hygiene zu gewährleisten. Kein Normalsterblicher würde auf die Idee kommen, so leichtfertig mit ihren Besitztümern umzugehen. “Ist das so … ich wäre viel zu faul, mir ständig neue Bettwäsche zu besorgen.” Eigentlich lagen ihm ganz andere Ansichten auf der Zunge, die jedoch wieder auf sein eigenes Leben lenken würden, aber genau das wollte er noch vermeiden. Er konnte sich nicht vorstellen, wie jemand einfach unbeschädigte Dinge wegwarf, schließlich war er in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und hatte gelernt, den kleinsten Wert zu schätzen. "… Danke. Aber falls dir doch mal was nicht schmeckt, sei bitte ehrlich zu mir, okay?” Nur, weil er Nate mochte, war das keine Garantie auf lebenslangen Gaumenschmaus, hmpf. Schön wäre es natürlich, aber das war unmöglich. Jeder Koch hatte vermutlich mal Tage, an denen kein Gericht gelingen wollte. “Verrückt.”, sprach er dann das aus, was sein Gegenüber wahrscheinlich auch dachte, denn der Gesichtsausdruck schrie geradezu danach. Wie konnte jemand kein Leitungswasser trinken? Als ob er immer rechtzeitig daran dachte, neues Trinken zu besorgen! “Ja, alles gut, es klang nur sehr schmerzhaft!”, versicherte er, bevor der Größere aus dem Zimmer verschwand und bald darauf mit durstlöschenden Getränken zurückkam. Okay, durstlöschend war nicht ganz richtig … Luce schleppte flüssigen Zucker an, wie er feststellte, als er nach einer Dose griff. Da die Situation allerdings wieder sehr schnell peinlich wurde, diente das kühle Metall als gutes Mittel im Kampf gegen die Hitze. “D-das … freut mich sehr zu hören …”, stammelte der Blonde, dessen Hirn daraufhin erneut abschaltete und der Körper die Kontrolle übernahm. Die überraschend ruhige Hand erhoben, beugte Nate vor, um die Innentasche seines besten Freundes zu erkunden, auf der Suche nach dem wertvollen Stück, das die beiden jungen Männer bis heute als Andenken an die schönste Zeit im Leben in Ehren hielten. Doch ehe die Finger das Jackett berührten, rutschte dem Dunkelhaarigen ein winziges Wort über die Lippen, das die Innereien des Feltons zum Überkochen brachten. Er wurde vor einer Flut intensiver Emotionen überwältigt und brodelte förmlich vor Aufregung. Das Herz raste wie der Countdown eines Raketenstarts und er explodierte schließlich. “EH?! Du hast damit angefangen!!”, plärrte er zurück und wischte sich hastig über die klebrigen Mundwinkel. Scheiße, das war tatsächlich Alkohol. Nate vertrug nicht viel, weshalb er besonders empfindlich reagierte. Seine Wangen wurden auf der Stelle viel röter, und er konnte das unverkennbare Brennen im Magen spüren. Ein leiser Fluch entwischte ihm, während er erfolglos versuchte, die Reaktion zu verbergen. Er wusste, dass er sich nicht erlauben durfte, jetzt betrunken zu werden, vor allem nicht in dieser heiklen Lage. Wie eingefroren beobachtete er Luce dabei, wie er ebenfalls ordentliche Schlucke aus der Flasche nahm, nachdem er ihm diese wieder wegnahm. Keine gute Idee. “Ah, i-ich-”, würgte er hervor, als der andere abermals vom Bett aufstand und wortlos mit dem benutzten Geschirr verschwand. Ein beklemmendes Schweigen lag in der Luft, als sich der Blonde langsam regte und den Blick hilflos im Raum schweifen ließ. Die Atmosphäre war zum Schneiden gespannt, und er fühlte sich wie auf dünnem Eis. Besser betäuben, erneut schnappte er sich die Flasche, trank zwei, drei große Schlucke, stellte sie neben dem Bett auf den Boden und setzte sich in den Schneidersitz. Das krachende Geschirr ließ seinen gesamten Körper erschrocken zusammenfahren. War der Ashworth etwa wirklich wütend? Hatte er die Freundschaft schon vermasselt? Nein, nein, bitte nicht. Doch dann kehrte er mit einem Grinsen zurück, schmiss sich im wahrsten Sinne des Wortes in den Schoß des Verblüfften und tat so, als wäre es das Normalste der Welt. Und weil das nicht genug war, forderte er den Kleineren dazu auf, das Vorhaben eben fortzuführen und zog sogar sein Jackett auf. Nate seufzte erleichtert. Aber wieso holte er das Stück von der Kuscheldecke nicht selbst heraus? Hmpf. Nicht nur die Fingerspitzen begannen zu kribbeln, als sich das Grün den goldgelben Seelenspiegeln unter sich stellte. Der Alkohol wirkte, und die Sorgen schienen allmählich in den Hintergrund zu treten. Herz und Kopf waren inzwischen deutlich ruhiger, weshalb er ohne Zögern der Forderung nachkam, ohne dem Blick seines besten Freundes auszuweichen. Gemächlich tastete sich eine Hand vor, während die andere auf der Schulter des Liegenden ruhte. Als seine Finger auf weichen Widerstand stießen, hüpften die Augen zum kostbaren Fund und er zog vorsichtig. “Da ist sie.”, hauchte er und lächelte sanft, während gesammelte Tränen an den Wangen runterkullerten. Für einen Moment drückte er den Stoff zärtlich an seine Brust, ehe er Luce wieder ansah. "Du bist hier." Wie gerne Nate diesen Mann in diesem Augenblick küssen wollte … und nicht durfte, brachte ihn nur noch mehr zum Weinen.
Wow, Nate machte sich wohl wirklich Sorgen um das Wohl seines Kumpels, was? Es war wirklich nur ein kleiner Stolperer gewesen, der seiner kurzzeitigen, überlaufenden Freude zuzuschreiben gewesen war. Das war nichts, was regelmäßig passierte. Trotzdem wollte er dem Blonden seine Sorge nehmen: "Ich werde Vorsicht walten lassen." Es war sowieso besser, wenn er sein Herz endlich eine Leine umlegte, diese unkontrollierten Alleingänge waren ihm unangenehm. Sonst folgte es doch auch so brav den Befehlen seines Besitzers, nur heute schien es einen sturen Tag zu haben. Dass es herumstolperte, wie ein Betrunkener, als ein Daumen über seinen Handrücken strich, bestätigte diesen Gedanken nur weiter. Auch die Begeisterung seines Kumpels über die besonderen Zähne ließen ihn Schmunzeln. Das ausgerechnet Halloween sein erster Gedanke war, war putzig. Daran hatte er selbst noch nie gedacht. Es gab einige Punkte, in denen sich die alten Freunde unterschieden. Doch wie sagte man? Gegensätze zogen sich an. "Ich habe einfach mal vorgesorgt vor einer Weile", entgegnete er mit einem Schulterzucken. Er hatte sich mehrere Wäsche-Sets auf einmal gekauft. Und wenn diese sich dem Ende zuneigten, besorgte er erneut einen Schwung. War doch naheliegend, aber vermutlich händelte jeder seine Wäsche-Situation individuell. Das war in der Regel kein Thema, über das er sich mit seinen Mitmenschen unterhielt. "Natürlich werde ich das", versicherte er, auch, wenn er stark bezweifelte, dass dieser Fall eintreten würde. Wieso sollte Nate etwas kochen, das ihm nicht schmeckte? Das war mindestens genauso skurril, wie die Tatsache, dass Leute anscheinend Leitungswasser tranken. Ja, verrückt traf es wirklich gut. So verrückt sogar, dass Lucien, nachdem er sichergestellt hatte, dass sein Freund sich vor lauter Schreck nicht ernsthaft verletzt hatte, gar nicht daran dachte, dieses tatsächlich zur Verfügung zu stellen. Hätte er gewusst, was für Folgen diese so kleine, leichtfertige Entscheidung haben würde, hätte er sie sich mehrfach überlegt. Vielleicht hätte er dann doch lieber Kaffee anstatt Wein mitgebracht. Doch nun war die folgenschwere Flasche da und geköpft und der Felton schnitt das Thema an, das dafür sorgen sollte, dass der Wein deutlich schneller leer war, als er sein sollte. "Ja, weil du gefragt hast!!", blaffte er zurück, wollte die Schuld nicht auf sich sitzen lassen. Wenn man ihn nicht darauf angesprochen hätte, hätte er diese Sache auch nicht verraten. Überfordert von der Situation gönnte er sich eine kurze Auszeit, indem er das restliche Geschirr in die Küche brachte, wo es vermutlich die nächsten Tage keines Blickes gewürdigt werden würde. Kurz darauf kam er auch schon zurückgewackelt, machte es sich auf den Beinen des Jüngeren gemütlich. Ja, so ließ es sich leben. Es war genauso wie früher, da hatten sie auch ständig aufeinander gehockt. Langsam wurde dem Ashworth wieder bewusst, wieso er als Kind so gehandelt hatte. Jetzt, wo der Wein die erwachsenen, vernünftigen Gedanken fortstahl, konnte er die Sache sehen, wie sie war: Es fühlte sich einfach gut an, in der Nähe des Blonden zu sein. Warm und sicher. Man sagte immer, dass Alkohol die Leute ehrlich werden ließ und zumindest bei dem Schwarzhaarigen traf das voll und ganz zu. Er holte ihn aus seinen Gedanken heraus und ließ alles, was er normalerweise hinter seiner üblichen Maske versteckte, über seine Zunge rollen. Dementsprechend war es keine gute Idee, dass er mit einer Hand am Bettrand rumfischte, um das letzte Bisschen, was noch da war, für sich zu beanspruchen, denn es gab einige Wahrheiten, die er lieber vor seinem besten Freund verstecken sollte. Daran dachte er aber schon gar nicht mehr. Während Nate das dunkelblaue Jackett durchstöberte, vernichtete der Ashworth die letzten Schlücke. Mehrere Tropfen des wertvollen Getränks verirrten sich in seinen Mundwinkeln, im Liegen trinken verlangte nunmal etwas Geschick, das er leider nicht mehr besaß. Die leere Flasche ließ er einfach neben sich aufs Bett kullern während der Kleinere endlich fündig wurde. Sofort begannen Tränen dessen Wangen hinabzukullern, tropften am runden Kinn herab und landeten in Luciens Gesicht. Dessen Augen wurden groß, Sorge spiegelte sich in ihnen. Das waren Freudentränen, richtig? "Ja, das bin ich", bestätigte er ruhig, streckte die Arme nach oben, um sie an die feuchten Backen seines Freundes zu legen. Wie konnte man selbst beim Weinen so süß sein? Hah, das konnte einen wirklich aus der Fassung bringen - wenn man die denn noch hätte. Sanft fordernd holte er das hübsche Gesicht seines besten Freundes näher zu sich heran, sodass Nates Stirn auf seiner eigenen ruhte. Jeder Zentimeter Distanz zwischen ihnen war Lucien gerade einer zu viel. Trotz des Alkohols spürte er sein Herz schwer und kräftig schlagen. Vorsichtig strichen seine Finger immer wieder über die Wangen, um den unaufhaltsamen Tränen Einhalt zu bieten. Letztendlich war es jedoch ein Kampf gegen Windmühlen, es ließ sich einfach nicht aufhalten. Stattdessen weinte der junge Mann nur umso mehr, wirkte von Minute zu Minute unglücklicher. Oh, wüsste Lucien doch nur, wo das Problem lag. Was machte seinen Freund so untröstlich? Er konnte nichts tun, außer ihm seine gesamte Aufmerksamkeit und Ehrlichkeit zu schenken und zu hoffen, dass das ausreichte, um ihn aufzumuntern. "Ich habe dich so vermisst." Die goldgelben Seelenspiegel lagen weiterhin auf dem Gesicht seines Kumpels, konnten sich nur schwer lösen. Vorsichtig platzierte er seine Hände neu, eine tätschelte beruhigend den kurzrasierten Hinterkopf. Wow, er hatte gar nicht gewusst, dass kurze Haare sich so weich anfühlen konnten ... Die Andere fand ihren Platz am Kinn. Natürlich war es verlockend. Das Teufelchen auf seiner Schulter feuerte ihn lautstark an, während das Engelchen schon längst in der Weinflasche ersoffen war. Tun oder nicht tun, das war die große Frage, die große Entscheidung, die er treffen musste. Sein Daumen streckte sich, um sich auf die zarte Unterlippe des Feltons zu legen. Agh, er konnte einfach nicht widerstehen. "Du machst es mir so schwer, mich nicht in dich zu verlieben." Bereits als Nate als Fremder vor seiner Tür aufgetaucht war, war da ein gewisses Interesse gewesen. Dann hatte er sich als sein alter Freund entpuppt, an dem er schon damals einen gewaltigen Narren gefressen hatte. Da waren so viele warme Erinnerungen und zarte Gefühle, die mit dem Wuschelkopf schlagartig in sein Leben geschwappt waren. So viel Sicherheit und Vertrauen. 'Was soll schon schiefgehen?', quietschte das Teufelchen auf seiner Schulter. Viele Dinge, sehr viele Dinge, doch das Tor zu seinen Gedanken war weiterhin zugesperrt. Also eigentlich gar nichts! Der Finger zog sich zurück, machte Platz für die Lippen, die stattdessen dort einkehrten. Jedoch nur für den Bruchteil weniger Sekunden, denn sofort machte sich bittere Reue breit. Sanft und vorsichtig fordernd küsste er seinen besten Freund ... seinen besten Freund? Scheiße, da war ja was. Sofort zuckte er zurück. "Ah, Nate- ich ..."
Wie ein Schluck Wasser in der Kurve saß Nate da, den alten Stofffetzen mit allen Fingern fest umklammert, als hinge sein Leben davon ab. Die Sehnsucht nach einem Kuss zerdrückte seine Seele beinahe, aber die Angst vor Abneigung und Ablehnung zwangen ihn zur eisernen Zurückhaltung. In diesem emotionalen Zwiespalt verharrte das Blondchen schluchzend, der von Trauer und dürstend nach Liebe erfüllte Blick gefangen von den goldgelben Augen seines besten Freundes. Jeder Moment schien wie eine Ewigkeit zu dauern, während er sich im inneren Käfig verzweifelt hin und her warf; der vernebelte Verstand versus dem verwirrten Herzen. Das schreckliche Gefühlschaos wäre sicherlich niemals entstanden, wenn der verfluchte Alkohol nicht wäre. Das Gift, das schnell in seinem Körper überhand nahm, war Schuld daran und nichts anderes, ja. Leider half der Hauch von Verdrängung, der über das Schlachtfeld huschte kaum, da er gleich durch die alles zehrende Hitze geschmolzen wurde, sobald Luce mit beiden Händen die feuchte Haut berührte. Der Verstand scheiterte kläglich und überließ das Herz die Führung, das fröhlich auf den nächsten Abgrund zuhüpfte. Nate setzte zur Antwort an, doch ihm blieben die Worte im Hals stecken, so als wollten die Stimmbänder diesen zerbrechlichen Moment nicht zerstören. Überrascht weiteten sich die grünen Augen, als er dem sanften Zug nachgab und schließlich beide Stirne zärtlich aufeinandertrafen. Obwohl er nun viel aufgeregter sein sollte, wirkten die regelmäßigen Streicheleinheiten beruhigend, weshalb er die Lider schloss und das leise Schluchzen langsam nachließ. Das war immerhin besser als nichts, oder? Zuneigung war Zuneigung. Das arme Herzchen, das gerade etwas Linderung erfuhr, sollte allerdings nicht lange außerhalb des Kessels mit dem blubbernden Gefühlsbrei bleiben, denn Luce schien andere Pläne zu haben. “Ich habe dich auch … sehr vermisst.” Autopilot. Wow, wie souverän. Mittlerweile war die Situation zu surreal und vollgestopft mit Empfindungen, die andere Empfindungen überlagerten und eine geballte Einheit aus allem und nichts bildeten. Der Felton wusste längst nicht mehr wo ihm der Kopf stand, wo oben und unten, links und rechts war. Zaghaft öffnete er neugierig die Augen, als die fremden Hände weiter wanderten und er schluckte schwer, als eine am Hinterkopf landete und die andere am Kinn. Das … das war definitiv nichts, was ein bester Freund tun sollte. Er spürte, wie sein Puls in den Ohren hämmerte, als der Verstand in der stillen Ecke noch vergeblich versuchte, die Puzzleteile zusammenzusetzen. Pustekuchen. Das restliche Denkvermögen verabschiedete sich schon bald komplett, als der Daumen nachlegte und die Unterlippe berührte. Eine Mischung aus Angst und aufregende Erwartung ließ den Körper minimal beben, das geliebte Stück Stoff zwischen den Fingern nervös kneten. Warte, hörte Nate gerade richtig oder drehte er nun wirklich durch? Irgendwas mit Verlieben. “Entschuldige, w-was hast du gesagt?”, hauchte er also ungläubig, der Inhalt musste unbedingt klargestellt werden. Er halluzinierte, ja, das musste es sein. Luce war niemals drauf und dran, sich in einen Trottel wie ihn zu verlieben, das war bloß Wunschdenken, das völlig verdreht aus seinem hübschen Mund kam. Wunschdenken? Nein, das war kein Wunsch, bitte Hirn, das war doch nur der Einfluss von Alkohol! Oh Mann, was zur Hölle passierte hier bloß? Kaum hatten sich die beiden wiedergefunden, eskalierte alles von Stunde zu Stunde mehr. Als sich dann der Daumen zurückzog und stattdessen die weichen Lippen des Dunkelhaarigen auf den seinen drückten, kurz nur, schmorten sämtliche Nerven durch. Als er sein Tun scheinbar sofort bereute und die Flucht antrat, blieb Nate an Ort und Stelle, starrte entgeistert vor sich hin. Der Flüchtende unter ihm wirkte beinahe so, als hätte er sich selbst überrumpelt, während die Verblüffung und Verwirrung in den Augen des Blonden widerhallte. Nach einigen Momenten blinzelte er ein, zweimal und atmete stoßweise, so, als wäre er aus einem Traum erwacht, in dem er einen Sprint hinlegte. War das alles? Nein, das durfte nicht alles sein. Luce konnte nicht mit einem Leckerlie locken und diesen einfach wieder zurückziehen, das war gemein. “Mehr.” Ohne Zögern ließ er das Deckenstück los, packte dafür mit beiden Händen den Kragen des Fieslings, schloss die Lider erneut und liebkoste diesmal von sich aus die Lippen des anderen. Erst als er wieder Luft brauchte, unterbrach er den Kuss widerwillig und hob langsam den Kopf an, die Finger glitten zärtlich den Hals entlang, die Wangen hoch und strichen flüchtig darüber, ehe Nate vorsichtig den Schneidersitz auflöste und sich still aufrichtete. Er setzte sich an die Bettkante, beugte vor, seufzte und ließ das Gesicht in den Handflächen verschwinden. “Ich denke, ich sollte lieber …”, nuschelte er und deutete vage in Richtung Tür. Das Herz, das vorher aufgeregt umhersprang, schmerzte plötzlich und der Kloß im Hals, der mit jeder Sekunde größer wurde, schnürte ihm die Kehle zu. Was zum Teufel … es fühlte sich so an, als ob die Antwort direkt vor ihm schwebte, aber er konnte (oder wollte) sie einfach nicht greifen. “Was passiert hier?”, sprach er den Gedanken, den er mindestens hundertmal dachte, endlich aus.
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