Typ: Dorf, Markt Besitzer: - Beschreibung: Vinternatt, oder auch Winternacht, ist ein kleines, überschaubares Dorf ein kleines Stück nördlich von Crystalline. Die Einwohner sind hauptsächlich Jäger und Fischer und leben ein eher einfaches Leben.
Es gibt allerdings eine Örtlichkeit, die den Ort regional und zumindest ein bisschen auch überregional bekannt macht. Der Vintermarkt, auf dem nicht nur die gesamten Produkte und Waren der Region gehandelt werden können, sondern auch Handwerker, Köche und Künstler ihre Waren präsentieren können. Die behagliche Atmosphäre zieht durchaus auch Gäste an. Es hat sich sogar zu einer Art Geheimtipp bei Pärchen entwickelt, die mit einem behaglichen, halb geschlossenen Schlitten, welcher aus Crystalline Town abfährt, direkt zum Markt transportiert werden.
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when the night is dark you know I'll light the path
Zuletzt von Arkos am So 4 Feb 2024 - 21:51 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Endlich waren sie auf dem Weg. Arkos war recht zufrieden damit, wie die Situation letztlich doch noch gut ausgegangen war. Er stand im Abteil des Zuges und ignorierte die Blicke der mitfahrenden Passagiere beflissen und ohne überhaupt so zu wirken, als würde er sie mitbekommen. Es war ja nicht nur die Tatsache, dass sie hätten warten müssen - sondern auch, dass sie voraussichtlich sowieso schon erst gegen Abend ankommen würden. Wenn überhaupt. So ganz sicher war er sich nicht, wie sie von Crystalline nach Vinternatt kommen würden - aber sie waren auf dem Weg, und das zählte.
Es war für ihn völlig unverständlich, wieso Esmée ihn dermaßen entgeistert anschaute. Der Rotschopf erwiderte ihren Blick mit einer unschuldigen Naivität, die zwar nur halb echt war, aber... naja... halt schon auch ein wenig echt. "Na klar. Was hätten wir denn tun sollen, warten?" Es schien für den jungen Mann überhautp nicht in Frage zu kommen, sich überhaupt Gedanken darüber zu machen. Ein Kopfschütteln folgte, und schmunzelte leicht. Es war erleichternd, dass sie nicht den Aufstand wagte. Er ging davon aus, dass die Leute hier eh einiges von Magiern gewohnt waren, also machte er sich nicht wirklich Gedanken darum, ob hier jemand sie ein wenig schief anschaute. "Wichtig ist nur, dass wir auf dem Weg sind. Ich stehe doch nicht eine oder zwei Stunden am Bahnhof herum, wenn der Zug direkt vor mir ist." Arkos schien zufrieden mit dem Ausgang der 'Akrobatik' zu sein. Und als sie sich schließich einen Viererplatz gesucht hatten, auf dem sowohl die beiden Hintern der Magier als auch die Taschen bequem Platz fanden, schien er in Gedanken für einen Moment schon bei der bevorstehenden Quest zu sein. Sein Blick ging nach draußen, wo auf den frisch verlegten Schienen der Zug entlangglitt - und Maldina sich bereits nur noch in Ausläufern bemerkbar machte. Eigentlich hatte er auch erwartet, die Fahrt in Schweigen zu verbringen. Esmée hatte trotz allem nie wirklich wert darauf gelegt, Smalltalk zu betreiben, oder? Er versuchte sich zu erinnern wie das bisher gewesen war, aber es war auch immer jemand anderes dabei gewesen. Erial, Álvaro, Mary und Nico... die Zusammensetzung so war zumindest neu. Also war er auch ein wenig überrascht, als sie ihn noch einmal ansprach.
Und bevor er antwortete, fiel ihm jetzt erst auf, was sie - wie - vorhin gesagt hatte. Es war ihm schon wieder schwer gefallen, alle die Fragen zu beantworten, während er so konzentriert darauf gewesen war, in Richtung Zug zu kommen. Jetzt aber, wo er Zeit hatte, erinnerte er sich an ihr... Angebot? War es eines gewesen? Etwas perplex über diesen Gedanken starrte er die Boscostämmige für einen Moment an. Zwar war es für ihn nichts neues, dass die Leute ihn seltsam anschauten, wenn seine Hobbylosigkeit zur Sprache kam, aber es war dann doch das erste Mal gewesen, dass jemand ihm mehr oder weniger angeboten hatte, Dinge mit ihm auszuprobieren. Wie seltsam. Seltsam ungewohnt. Aber irgendwie auch... nett.
Aber irgendwie ärgerte sich Arkos, dass Mimir seinen Willen bekam. Das hatte er doch alles geplant, die alte Echse. Was ihn genau daran ärgerte? Dass er, der er doch eigentlich immer sehr sicher in seiner Sache gewesen war, offenbar doch recht leicht zu manipulieren war. Schick ihn in die Gilde, lass ihn neue Leute kennenlernen, dann kommt er schon raus - so oder so ähnlich waren sicher die Gedanken seines Ziehvaters gewesen. Und es hatte auch noch geklappt. Allerdings musste Arkos zugeben, dass es für seine Schmiedekunst bislang... kein Nachteil gewesen war.
"Ähm", machte der Schmied und überlegte kurz, wie der Titel des Buches noch einmal genau gewesen war. 'Du, ich und der Sternenhimmel', oder? Der Rotschopf schien für einen Moment ernsthaft nachzudenken und zuckte dann kopfschüttelnd mit den Schultern. "Keine Ahnung. Ich schätze, es wird wohl irgendeine Art Roman sein, der fiktiv die Beziehung zweier Menschen behandelt, die so in der echten Welt nie passieren würde?" Wie ironisch, oder? "Aber ich lese nicht wirklich, also kenne ich mich nicht gut aus. Oder ist es ein Sachbuch über Sterne?" Glaubte er zwar nicht, und wenn doch, dann wäre er irgendwie beeindruckt. "Worum geht's denn in dem Buch?", fragte er schließlich dann nach, doch halbwegs neugierig. Sie hatten einige Stunden, in denen sie jetzt nur im Zug sitzen würden. Es würde wohl nicht schaden, ein wenig zu reden, bevor sie sich Gedanken darüber machten, wie die Quest wohl genau aussehen würde. Es gefiel Arkos nicht, dass sie mal wieder so wenig Ahnung davon hatten, was sie tatsächlich tun sollten. "Ich habe übrigens nichts dagegen, 'ein paar Sachen' auszuprobieren, aber..." Er kratzte sich an der Wange. "Die Auswahl der paar Sachen würde wohl dir obliegen. Ich habe keine Ahnung, was man so machen könnte. Außer Essen gehen, das war mal eine nette Abwechslung. Mimir sitzt oft einfach in der Sonne herum, aber ich schätze nicht, dass du das mit 'Hobbies' meinst." Wenngleich immer sichergestellt werden musste, dass seine Arbeit nicht vernachlässigt werden würde. Einer der Gründe, warum er ein schlechter Gestalter von Freizeit war war, dass er seine Arbeit mochte. Aber auch, dass Mimir langsam älter wurde. Er verfiel für einen Moment in Schweigen und sah aus dem Fenster, wo die Umwelt noch recht grün und lebhaft aussah - aber er wusste, dass in Fiore sich die klimatischen Bedingungen schnell ändern konnten. "Du spielst also mehr als ein Instrument?", fragte er also. "Ich habe in deiner Wohnung gar keine gesehen. Sind die noch in deiner Heimat?"
Fürs Protokoll: Das war in jedem Fall ein Punkt, in dem Esmée und Arkos sich deutlich voneinander unterschieden. Er würde nicht ein oder zwei Stunden auf den nächsten Zug warten, wenn eine entsprechende Anbindung direkt vor seiner Nase war? Die de Bosco unterdrückte ein Schnauben, denn man konnte kaum davon sprechen, dass der Zug vor seiner Nase war, wenn er bereits losgefahren war. Im Leben wäre ihr nicht eingefallen, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen – sie gehörte nicht einmal zum Typus Mensch, der auch nur lief, um ein Transportmittel in letzter Minute noch zu erreichen. Warum auch? Der nächste Zug würde genauso fahren und man konnte die Zwischenzeit problemlos anderweitig überbrücken: Ein gutes Buch lesen war da nur eine von vielen Möglichkeiten. Wo wir wieder beim Thema wären: Arkos hatte keine Hobbys. „Warten wäre in jedem Fall eine Option gewesen“, antwortete sie mit einem kurzen Schulterzucken, beließ es ansonsten allerdings dabei. Nun saßen sie im Zug, auf direktem Wege nach Crystalline Town, daher war es unnötig, hier eine größere Diskussion zu beginnen. Interessanter war dann doch das Thema mit dem Buch. Der Schmied schien nicht sofort zu verstehen, was die Prinzessin wollte… doch dann wurde er tätig und suchte in seiner Tasche nach dem Roman, um den Esmée gebeten hatte. Das Urteil des Rothaarigen überraschte die Explosionsmagierin jedoch sehr. „Die Beziehung zweier Menschen, die so in der echten Welt nie passieren würde? Wie kommst du darauf, dass so etwas in der echten Welt nicht passieren könnte?“ Esmée runzelte die Stirn. Die hellblauen Äuglein wanderten vom Buch, das der Rothaarige ihr entgegenhielt, den Arm hinauf bis in das Gesicht von Arkos und musterten ihn prüfend. Schlussendlich seufzte die 20-Jährige. „Ach, was frage ich auch. Romantik ist vermutlich nicht gerade dein Steckenpferd.“ Ein Mann, der nur für seine Arbeit lebte, konnte sich vermutlich wirklich nicht vorstellen, dass es abseits vom Handwerk noch andere Dinge gab. Zwischenmenschliche Beziehungen, die das eigene Herz höherschlagen ließen. Natürlich wusste Esmée, dass ihre Romane fiktive Geschehnisse beschrieben, doch sie war überzeugt davon, dass die Dinge, die in Büchern standen, auch in der Realität genauso geschehen konnten. Geschehen mussten. Irgendwann würde auch die Prinzessin jemanden finden, wie die Figuren in ihren Romanen. Jemand, der ihr die Hand entgegenhielt, sie zum Essen ausführte, der ihr in schwierigen Situationen ein offenes Ohr schenkte und ihr die Sterne vom Himmel holte… Ein leises Seufzen der Dunkelhaarigen, Arkos war einfach nur ein Banause. „In dem Buch geht es um die Astrophysikerin Emily“, begann Esmée sachlich mit ihrer Erklärung, drehte den Roman herum und las von der Rückseite vor: „Als die ehrgeizige Astrophysikerin Emily und der charismatische Barkeeper Alex aufeinandertreffen, scheinen ihre Welten unvereinbar zu sein. Doch während sie gemeinsam die Sterne betrachten und sich in die Geheimnisse des Universums vertiefen, entdecken sie eine Verbindung, die stärker ist als ihre Unterschiede. Doch als ihre Liebe auf die Probe gestellt wird und die Herausforderungen des Lebens sie zu trennen drohen, müssen Emily und Alex entscheiden, ob sie bereit sind, alles zu riskieren, um ihre beiden Welten miteinander zu vereinen.“ Als die de Bosco geendet hatte, stoppte sie, atmete tief durch und sah herausfordernd in die goldenen Iriden des Schmiedes. War dieser Text schnulziger als jeder Liebessong aus den 90ern? In jedem Fall. Interessierte Esmée das? Nicht wirklich. „Zwei vollkommen unterschiedliche Welten, die aufeinandertreffen und die Liebe, die gerade durch ihre Unterschiede entsteht“, äußerte sie mit viel zu viel Inbrunst und man konnte förmlich sehen, wie gerne sie die Hände zu Fäusten ballen wollte. Was hatte Arkos gesagt? Er hatte nichts dagegen, ein paar Sachen auszuprobieren und die Auswahl würde der Prinzessin obliegen? Esmée schmunzelte und ließ sich sogar zu einem Zwinkern hinreißen, als sie äußerte: „Wie wäre es mit Lesen? Du kannst dir das Buch auch gerne mal ausleihen.“ Ein Vorschlag, der nur halb ernst gemeint war. So, wie der Schmied reagiert hatte, konnte er sich vermutlich diverse Dinge vorstellen, die ihn mehr interessierten, als die Liebesgeschichte von Emily und Alex. Wobei die de Bosco sicher war, dass Arkos so Einiges vom charismatischen Alex lernen könnte... Okay, jetzt aber wieder ernsthaft: „Ansonsten… wie wäre es mit Klettern? Wandern? Schwimmen? Das können wir gerne zusammen ausprobieren.“ Esmée dachte weiter nach, ließ den Blick zwischenzeitlich aus dem Fenster schweifen und beobachtete die Natur, die an dem Zugfenster vorbeiraste. „Wo du Instrumente ansprichst: Das könnten wir auch ausprobieren. Satyrs Cornucopia stellt einige Instrumente zur allgemeinen Verfügung. Vielleicht werden wir da ja fündig.“ Je mehr Esmée darüber nachdachte, desto euphorischer wurde sie. Irgendwie gefiel ihr der Gedanke, mit Arkos ein paar Hobbys auszuprobieren. Es klang spaßig… ein Wort, das die 20-Jährige bis vor wenigen Wochen vermutlich nie in Zusammenhang mit dem rothaarigen Kollegen hätte bringen können. Tja, so änderten sich die Zeiten. Der Blick wanderte wieder zurück ins Zuginnere, direkt zu Arkos. „Hast du jemals irgendeine Form von Musik gemacht? Blockflöte vielleicht? Ach und was deine Frage angeht…“ Die Dunkelhaarige seufzte leise und schloss die Augen. „Ich konnte die Instrumente tatsächlich nicht mitnehmen. Gelegentlich musiziere ich in der Gildenhalle, aber es ist nicht das Gleiche wie mit den eigenen Instrumenten.“ Vielleicht könnte Arkos das ja sogar verstehen? Es war vergleichbar mit einem Schmied, der nicht das eigene Werkzeug nutzen konnte. Machbar, aber eben doch nicht optimal. Natürlich hätte Esmée sich auch neue Instrumente besorgen können, aber dafür hatte zuletzt das Geld gefehlt. Sämtliche Jewels, die Esmée (oder Erial) eingenommen hatten, waren in Miete und neue Kleidung gewandert. Die Prioritätensetzung war zuletzt eventuell… verbesserungswürdig gewesen.
Arkos war natürlich kein sonderlicher Experte, was Beziehungen anging - das war ihm ja völlig bewusst. Trotzdem war er sich gleichsam sicher, dass in solchen Büchern nicht zwingend echte, nachvollziehbare und sinnvolle Beziehungen dargestellt wurden. Er vermutete vielmehr (und das war in dem Sinne nicht einmal negativ gemeint), dass Esmée sich einer Fantasie hingab, die so einfach nicht eintreten würde. Es würde kein Prinz auf einem weißen Ross kommen, sie auf den Arm nehmen und dem Sonnenuntergang entgegenreiten. So funktionierte die Welt nicht... glaubte er zumindest nicht. Er nahm es ihr nicht einmal übel, sich diesen Gedanken hinzugeben. Schließlich war die echte Welt oft ziemlich unschön, da machte es doch nichts, wenn man sich mal woanders hinbegab. Nicht sein Stil, aber...
Moment mal. Wie bitte, Romantik war nicht sein Steckenpferd? Frechheit. Er sah Romantik einfach in anderen Dingen. In den kleinen Dingen des Lebens. Wenn man sich für eine kleine Sache begeistern konnte, gemeinsam, oder gemeinsam an einem Ziel arbeitete. So etwas fand er gut.
"Astro...?", murmelte Arkos ein wenig verwirrt, aber beließ es dabei. Der Rotschopf schlussfolgerte, dass die sogenannte Emily wahrscheinlich bildungsnah war, während der Barkeeper 'Alex' eher der bodenständige Teil der Beziehung sein sollte? Er legte den Kopf ein wenig auf die Seite. Der Klappentext klang furchtbar. Naja... zumindest furchtbar nichtssagend. Was sollte das denn heißen - Geheimnisse des Universums, und wovon wurde ihre Liebe denn bitte überhaupt auf die Probe gestellt? Klang doch alles höchst ominös. "Gerade durch ihre Unterschiede, hm?", brummte der Schmied. Ein wenig amüsant fand er ja schon, wie leidenschaftlich Esmée dabei wurde - aber auch sympathisch. Er hatte die junge Frau tendentiell als eher emotional kennengelernt, wenngleich sie sich in einigen Situationen plötzlich Mühe gab, genau das nicht zu sein. Er fragte sich, woher das kam. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf und schüttelte den Kopf. "Danke, aber Lesen ist wirklich nicht so mein Ding. Ich mag es nicht, herumzusitzen und nichts zu tun. Es macht mich wahnsinnig." Er schien trotzdem ernsthaft über den Klappentext nachzudenken. Und über das Gespräch drum herum. "Ich glaube, dass eine normale Beziehung in der Regel über eine gemeinsame Arbeit, ein gleiches Interesse oder meinetwegen auch Hobby entsteht. Warum sollte man sich in jemanden verlieben, mit dem man absolut nichts gemein hat? Man hat ja gar nichts, worüber man reden kann. Ich kann mir kaum vorstellen, dass man langfristig aneinander Gefallen findet, wenn man nicht miteinander über etwas spricht." Er schien wirklich ein wenig verwundert zu sein. Nun, in seinem Falle wäre es wahrscheinlich einfacher, wenn man mit ihm arbeiten würde, aber so etwas konnte er sich kaum vorstellen. Es war nicht so, dass Arkos dem Thema generell abgeneigt war. Es genoss nur einfach nicht sonderlich große Priorität. Zugegeben würde das nicht besser werden, wenn er immer nur Arbeitete, und...
Verdutzt merkte er, dass er auch hierbei wieder Mimir ins Netz gegangen war. Deshalb hatte er ihn so einfach losziehen lassen. Weil es Esmée gewesen war. Ein leiser Seufzer entwich ihm, schielte aus dem Augenwinkel zu der Dunkelhaarigen, die fröhlich weiterplapperte. Sie? Mimir hatte wirklich schon einmal bessere Kenntnis ob seines Ziehsohnes bewiesen. Esmée war vielleicht hübsch, aber dass sie beide absolut nicht kompatibel waren, das war doch sonnenklar, oder? Oder? "Ähm, was? Instrumente? Nein, nur meinen Hammer auf Metall. Macht auch Geräusche. Eine Oni stand einmal wegen einer Quest vor der Schmiede und hat mitgetrommelt. Ihr Name erinnerte mich an Nudeln." Er grübelte kurz. "Raviolinutella? Oder so." Arkos war nicht gut mit Namen. "Aber ich weiß, was du meinst, glaube ich." Er warf einen Blick zu dem Hammer, der aktuell auf seiner Reisetasche lag. "Wenn ich mit anderen Werkzeugen als meinen eigenen arbeite, fühlt sich das auch immer seltsam an. Ich glaube jedenfalls nicht, dass aus mir etwas musikalisches herauszuholen ist", versuchte er ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das klang alles so dermaßen nach Zeitverschwendung, aber er konnte ihr auch irgendwie nicht so recht 'Nein' sagen, wenn sie sich offensichtlich irgendwie Mühe gab. Arkos wusste noch nicht einmal so recht wieso. Was ging seine Freizeitgestaltung die Frau an, die ihm vorgeworfen hatte, er würde sie ja gar nicht kennen und wie er es wagen könne, sich Urteile zu erlauben? Hm. Naja, sie hatten sich ja vertragen, sozusagen - insofern konnte er ihr das wohl nicht mehr richtig vorwerfen.
Dabei fiel ihm etwas ein - beim Thema Vorwerfen - was dann doch seine Neugierde wieder ein wenig weckte. "Sag mal... bei dem Thema vorhin ist mir ein Gedanke gekommen." Er kratzte sich am Kopf. "Keine Ahnung, wie man so etwas fragt, aber... hat dir jemand das Herz gebrochen oder so, in letzter Zeit?" Der junge Mann legte den Kopf ein wenig schief. Es war eine ziemlich plötzliche Frage, hatte aber wohl einen Hintergrund. Dieser war Ava, die ihn auf ihrer Quest fälschlicherweise bezichtigt hatte, Esmées Exfreund zu sein. "... lass mich raten, so etwas fragt man nicht?", seufzte er ein wenig ergeben und sah aus dem Fenster. Es war noch eine lange Zugfahrt. Arkos hasste es, lange herumsitzen zu müssen. Wenn die Zeit doch nur schneller vergehen könnte. "Aber eine Sache darf ich bestimmt fragen", ergänzte der Rotschopf und deutete auf ihre Haare. "Die Strähne. Sie ist weg. Du hast sie - wieder? - schwarz gefärbt?"
„Der unruhige Typ also. Stimmt, das hätte ich mir bereits denken können.“ Damit war die Idee des Lesens als Hobby tatsächlich vom Tisch. Wie wäre es stattdessen mit einem Hörbuch? Da hatte Arkos zumindest die Hände frei und konnte gleichzeitig einer anderen Beschäftigung nachgehen, damit er – wie er es ausdrückte – 'seine Zeit nicht vergeudete'. Die Vorstellung, wie der Rothaarige einer fiktiven Liebesgeschichte lauschte, während er seiner Schmiedekunst nachging, ließ Esmée irgendwie schmunzeln. Wie Mimir das wohl finden würde? Oder Kunden, die in den Laden kamen? Die Gesichter würde sie gerne sehen. Das Schmunzeln verschwand, als der Ältere weiter ausführte, dass er nicht daran glaubte, dass Liebe durch Unterschiede entstand. Er war wirklich ein Banause! Unruhig tippelten die kleinen Fingerspitzen der Prinzessin über das aufgeklappte Buch, dann schüttelte sie den Kopf und konnte sich eine Erwiderung zum Schutze ihrer geliebten Romane beim besten Willen nicht verkneifen: „Du hast offensichtlich nicht richtig zugehört: Der Sternenhimmel ist doch ihre Gemeinsamkeit, nur dass sie ihn aus vollkommen verschiedenen Blickwinkeln betrachtet haben. Sie helfen sich gegenseitig, über den eigenen Horizont hinauszuwachsen und eine Welt kennenzulernen, die ihnen bisher vollkommen unbekannt war. Und das können sie nur, indem sie bewusst ihre Unterschiede einbringen.“ Man konnte mitnichten behaupten, dieses Paar hätte keine Gesprächsthemen! In Esmées Vorstellung war es ganz klar: Wenn man die richtige Person gefunden hatte, konnte man einfach nicht genug davon bekommen, mehr über sie und ihre Interessen, ihre Vergangenheit und ihre Eigenschaften herauszufinden. Je unterschiedlicher sie waren, desto mehr gab es zu ergründen, je mehr gab es, worüber gesprochen werden konnte! Klar, irgendein gemeinsamer Nenner musste schon gefunden werden, da stimmte auch die de Bosco ihrem rothaarigen Kollegen zu. Aber danach war es etwas anderes, alles andere wäre doch mehr als langweilig! Dass die Realität nicht immer so verlief, wie die fiktiven Romane es einem vermittelten, das wollte Esmée nicht akzeptieren. Ob sie damit einem Hirngespinst nacheiferte? Oder lag die Wahrheit wohlmöglich irgendwo in der Mitte verborgen? Nicht ahnend, worüber der Schmied noch so nachdachte, wurde die 20-Jährige erst wieder hellhörig, als sie einen Namen hörte, den sie tatsächlich kannte. Raviolinutella? „Ravinuthala.“ Eine schnelle Korrektur des Namens in sachlichem Tonfall. „Ich kenne sie. Mit ihr und Knox habe ich meine erste Quest für Satyrs Cornucopia erledigt.“ Es war sogar eine Quest, die in Sun Village stattgefunden hatte, wie Esmée kurz darauf einfiel. Sun Village – jener Ort, an dem Mimir vor vielen Jahren Arkos als Säugling aufgesammelt hatte. Hm. Damals hatte die Explosionsmagierin natürlich keine Ahnung davon gehabt, was im Dorf der Riesen schon so alles geschehen war und welche Einzelschicksale mit dem Ort verknüpft waren. „Dann kannst du ja froh sein, dass sie eure Einrichtung nicht zerstört hat. Wenn ich eines damals festgestellt habe, dann, dass Ravinuthala mehr Kraft besitzt, als ihr selbst immer bewusst zu sein scheint.“ Obwohl es eine sehr anstrengende Quest mit vielen, unvorhergesehenen Zwischenfällen gewesen war (nicht zuletzt der ungeplanten Flucht vor einem Kutschfahrer), verband Esmée allem voran positive Erinnerungen mit dem damaligen Tag. Es war ein guter Start als Magierin gewesen. Beinahe schade, dass sie sowohl Knox als auch die Oni nach dieser Quest nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Zumindest Ravi schien es gut zu gehen, wenn sie zwischendurch auch bei Arkos gewesen war. Was wohl aus Knox geworden war?
Wieder so eine Sache, über die die Prinzessin sich lange Gedanken hätte machen können, wenn Arkos sich nicht entschieden hätte, die nächste Bombe platzen zu lassen. Warte. WAS?! „H-herz gebrochen? Wie, was…“ Ungläubig starrte die Dunkelhaarige zu dem Kollegen, der Mund leicht geöffnet, die Augen riesig. Tatsächlich gab es jemanden, den die Prinzessin sehr vermisste und vielleicht konnte man sogar sagen, dass ihr in gewisser Weise das Herz gebrochen worden war. Ava Finch, die erste Freundin der Prinzessin - aber meinte Arkos wirklich das? Ein bisschen rot wurde Esmée schon, ehe sie seufzte. „Nein, das… das fragt man so nicht. Nicht aus heiterem Himmel.“ Denn das war es für die Explosionsmagierin. Sie konnte ja nicht ahnen, woher der Schmied diese Schlüsse zog. Ob er mitbekommen hatte, wie deprimiert sie zuletzt gewesen war? Mary schien ebenso etwas davon gespürt zu haben. Alle anderen in der Gilde etwa auch? Esmée hatte sich angestrengt, weiterhin selbstbewusst zu wirken, aber vielleicht war ihre traurige Stimmung unübersehbar gewesen. Wie unangenehm. „Hm. Aber… ja, so etwas in der Art ist wohl passiert.“ Wieder drifteten die Gedanken von Esmée zu der Felinen, zu dem Verlust, den sie erlitten hatte, weil sie sich nicht weiter in das Leben der Finch hatte drängen wollen. Sie hatte mit Seohl eine bessere Freundin gefunden… so schmerzlich dieser Gedanke auch war. Es war eine Traurigkeit, die man dem Blick der de Bosco sicherlich ansehen konnte. Gedankenverloren strich sie sich eine der dunklen Haarsträhnen hinters Ohr, die einst mal blau gewesen war. „Meine Haare… weißt du, ich hatte keine Lust mehr darauf.“ Die halbe Wahrheit. Eigentlich hatte es noch viele andere Gründe gegeben, die zu dem Stilwechsel geführt hatten. Die Prinzessin hatte einen Schlussstrich ziehen wollen von ihrem unbesorgten Leben in Fiore, in dem sie einfach ihren Launen nachgekommen war. Sie wollte erwachsen werden, Verantwortung übernehmen, sich daran erinnern, wohin sie eigentlich irgendwann zurückkehren müsste. Das Entfernen ihrer hellblauen Strähnen war da der erste Schritt gewesen. „Du, Arkos. Ich würde jetzt gerne ein wenig lesen.“ Da war sie wieder: Die Mauer. Aber tatsächlich brauchte Esmée jetzt gerade Zeit für sich, um ihre eigenen Gedanken zu beruhigen. Ob der Rothaarige hierfür Verständnis aufbringen konnte, lag ganz bei ihm. Aber Empathie war bisher nicht so seine Stärke gewesen, was?
Umso spannender, wie ihre Kommunikation nach der Zugfahrt weiterging.
Na, das klang doch schon wieder viel eher nach der Esmée, die er kannte. Er hatte also offensichtlich nicht richtig zugehört. Den Kopf nur minimal auf die Seite gelegt hörte der Schmied zu, wie die junge Frau noch ein wenig weiter über das Buch schwärmte, was sie gerade las. Der Sternenhimmel war ihre Gemeinsamkeit? Das konnte sich Arkos zwar nicht so richtig vorstellen, was das überhaupt bedeutete - aber am Ende des Tages zählte wohl nur, was man in diese Dinge hineininterpretierte. Sie halfen sich gegenseitig, über den eigenen Horizont hinauszuwachsen? Tja, Esmée brauchte auf jeden Fall auch mal jemanden, der ihr über den eigenen Horizont hinaushalf. Zwar konnte der Rotschopf nicht so recht vorstellen, wer das auf sich nehmen würde, aber es gab ja auch viele Leute auf dieser Welt. Erial würde es wohl nicht werden, schätzte er. Er ignorierte beflissen weg, dass er zumindest einen gewissen Input in dieser Hinsicht gegeben hatte und seine permanente, nervige Neugierde bezüglich Esmée vergaß er genauso entspannt. Es würde doch nur Probleme machen, sich zu viele Gedanken zu machen.
"Oh, richtig. Ravinuthala. Stimmt." Es war ihm ein wenig unangenehm, dass Esmée sie sogar kannte. Denn jetzt hatte er nur offenbart, dass er sich nicht einmal einen Namen besonders gut merken konnte. Die Vorstellung von ihm als Bauer war wohl gewissermaßen angemessener, als er ihr absprechen konnte. "Ich kenen allerdings keinen Knox", ergänzte er. Wer sollte das sein? War der irgendwie wichtig in der Gilde? Es war jetzt schon häufiger vorgekommen, dass irgendjemand, den er hätte kennen können oder sollen, ihm absolut unbekannt war. Aber es war schon interessant, dass sie mit Ravinuthala ihre erste Quest erledigt hatte. "Naja, sie saß draußen. Hat wohl gehört, wie ich geschmiedet habe, und hat mitgetrommelt." Er zuckte leicht mit den Schultern. "Ich habe es nicht wirklich mitbekommen. Aber ja, sie war recht stark." Allerdings schätzte er, dass er ähnliche Kraft besaß wie sie. Nur, naja, er hatte keinen derart gestählten Körper. Das war nun einmal nicht gegeben, wenn man kein Oni war. Die Stammeskriegerin der, äh, oh man. Er wusste nicht mehr, was sie ihm damals alles über ihren Stamm und ihre Herkunft erzählt hatte. Wohl wusste er noch, wie begeisterungsfähig sie gewesen war. Und wie unkompliziert. Was allerdings nur bedingt geholfen hatte, als sie durch die Wüste hatten gehen müssen.
Arkos blinzelte ein wenig. Die Reaktion von Esmée überraschte ihn. Sie starrte ihn derart entgeistert an, dass der Rotschopf seine Frage fast schon bereute. Aber jetzt war er erst recht neugierig gewesen. "Hm", brummte er auf ihre Antwort. Warum eigentlich nicht? An sich war die Frage ja erst einmal nicht anstößig. Die aufgerissenen Augen, die leichte Röte auf ihren Wangen - und dann die Bestätigung. Etwas verblüfft verschränkte Arkos die Arme vor der Brust, während der Blick seiner goldenen Augen sich in den seines Gegenübers bohrte. Keine Lust mehr auf ihre Strähne, und dann die plötzlich Ankündigung, lesen zu wollen - vieles sprach dafür, dass es hier Dinge gab, die sie ihm nicht erzählen wollte. Das war prinzipiell ja überhaupt kein Problem, aber Arkos war immer noch kein sonderlicher Freund davon, wenn Leute das nicht einfach sagten, vor allen Dingen nicht, wenn er doch ein gewisses Interesse...
In dem Moment traf es ihn ein wenig schwerer als erwartet. Dem Rotschopf wurde bewusst, dass er gerade wieder mittendrin war, sich sehr, sehr tief in andere Angelegenheiten zu mischen, und sehr viel penetranter war, als er es eigentlich sein wollte und sollte. Zwar hatte er Esmée angeboten, dass er ihr helfen würde, wenn sie seine Hilfe brauchte - aber wahrscheinlich interpretierte er zu viel herum. Zumindest hieß es nicht, dass er sie deshalb ausfragen musste, was? Er legte den Kopf schief, sein Blick huschte zur Seite, nachdenklich und ein wenig grübelig. Er würde sich selbst nicht als unbeholfen in sozialer Interaktion bezeichnen, wohl aber manchmal als ein wenig... direkt. Er redete um keinen heißen Brei herum und scherte sich dabei auch relativ wenig darum, ob etwas nun gerade passte oder nicht. Dass das manchmal ein wenig falsch ankam, konnte er sich schon denken. Ihm dämmerte, dass er Esmée wahrscheinlich gerade auf die Füße getreten war, und dass das Thema wohl ein sensibleres war als gedacht. Weder hätte er gedacht, dass Esmée überhaupt solcherlei Beziehungen pflegte, noch hätte der Schmied geschätzt, dass sie sich sonderlich viel davon runterziehen ließ. Was war also die logische Konsequenz? Er war kurz davor gewesen, ihr einfach zu sagen, was mit Ava passiert war, aber wollte nicht in dieser Wunde bohren, die es offenbar gab. Naja, dann musste das wohl so sein? "In Ordnung", murmelte er. Ein wenig irritiert davon, wie schnell das Gespräch dann doch vorbeigewesen war, und noch ein wenig genervter davon, dass es wohl seine Schuld gewesen war. Andererseits... tja... war Smalltalk ja sowieso nicht so seine Stärke. Und Esmée hatte dieses Buch dort wohl auch mitgenommen, um es zu lesen. "Ich werde mal durch den Zug gehen", ließ er sie also wissen, stand auf und ließ die Schultern kurz kreisen. Dann machte er sich auf den Weg, den Zug zu erkunden und zu schauen, ob jemand Hilfe brauchte.
- Crystalline Town -
Es hatten sich nicht wirklich viele Dinge ergeben. Der Zugführer und die Crew hatte nicht wirklich Hilfe benötigt, nur ein paar Gäste waren dankbar gewesen, als er ihnen mit den Koffern geholfen hatte. Arkos tat alles dafür, um sich ein wenig abzulenken, aber die Gedanken an das Gespräch vorhin ließen ihn nicht so ganz los, was allerdings auch einfach daran lag, dass ihn die Zugfahrt ziemlich langweilte. Nichts zu tun zu haben war nun einmal nicht so sein Ding. Was allerdings passiert war: Er hatte eine der Zugbegleiterinnen darauf angesprochen, wie sie von Crystalline nach Vinternatt kommen konnten. Er hatte die benötigten Informationen geliefert - sie waren zu zweit, und wollten bis zum Abend in Vinternatt sein, wenn möglich - und bekommen hatte er ein amüsiertes Kichern und ein Zwinkern. Dann hatte ihm die Frau erklärt, dass es eine Möglichkeit gab, sich mit einem Schlitten nach Vinternatt bringen zu lassen - quasi wie eine Art Shuttleservicec. Es gab wohl keine bessere und bequemere Variante. "... allerdings habe ich nicht ganz verstanden, wieso sie mir dabei zugezwinkert hat", erklärte Arkos Esmée und schloss damit auch seine Erzählung ab, als sie aus dem Zug stiegen und ihnen kalte Luft entgegenschlug. Der Rotschopf spürte, wie seine Lunge kurz protestierte, und ein Schauer lief ihm über den Rücken. "Gefühlt kälter als letztes Mal", brummelte er und warf sich die Tasche über die Schulter. "Wir sollten diesen Schlittenservice suchen. Ich schätze, er wird direkt aus der Stadt fahren, da haben sie die meisten Kunden. Hast du dein Buch fertiggelesen?" Eines war klar: Lange musste das ungleiche Team nicht suchen. Ein Schild wies sogar auf die Schlitten hin. Eine Lichterkette und ein Herz ergänzten das Schild und gaben ihm ein etwas ungutes Gefühl. Was ihm noch ein ungutes Gefühl gab: die Kälte. Er hatte ganz vergessen, wie kalt es hier war. Wenn es so weiterging, würde er sich wohl noch in Vinternatt besser ausstatten müssen. Und das, obwohl er Esmée erst eine Predigt gehalten hatte, dass sie weniger mitnehmen musste...
Esmée wollte es nicht direkt zugeben, aber sie war ganz froh, als Arkos aufstand und sie für den Moment alleine ließ. Ob er spürte, dass die junge Frau ein wenig Abstand von allem brauchte? Nein, vermutlich nicht. Der Rothaarige war nicht gerade ein Experte darin, die Gefühle seines Gegenübers zu lesen, noch weniger, Rücksicht darauf zu nehmen. Ob ihm einfach nur langweilig geworden war, jetzt, wo Esmée den Smalltalk nicht weiterführen wollte? Ja, das war deutlich wahrscheinlicher. Im Endeffekt war es der Dunkelhaarigen auch egal, welche Gründe dafür sorgten, dass der Schmied in einen anderen Wagon entschwand. Wichtiger war: Sie bekam Zeit, um ihre Emotionen und Gedanken zu sortieren. Dass der Gedanke an Ava alleine sie immer noch so sehr aufwühlte, damit hatte die Prinzessin nicht gerechnet. Würde es irgendwann wieder besser werden? Mal ehrlich: So gute Freunde waren sie vermutlich nie gewesen, das alles war mehr der Fantasie der Prinzessin entsprungen, es hatte nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Wie sollte auch eine echte Freundschaft entstehen, wenn sie Ava immer über ihre wahre Herkunft anlügen musste? Esmée seufzte tief, schloss kurzzeitig die Augen und konzentrierte sich dann wieder auf das Buch in ihren Händen. Wenn es etwas gab, das der de Bosco früher wie auch heute stets Ablenkung und Trost gewesen war, dann waren es die Romane und Geschichte gewesen, in die sie dank Bücher abtauchen konnte. Sicherlich würde es auch dieses Mal helfen: Alex und Emily warteten nur darauf, in ihrer Geschichte weiterzukommen. Es war eine Geschichte, die so viel herzerwärmender war, als alles, was Esmée in ihrem echten Leben vorzuweisen hatte…
Am Ende der Zugfahrt bewahrheitete sich mal wieder das Sprichwort, dass die Zeit alle Wunden heilte. Die Prinzessin war noch nicht am Ende ihres Romanes angekommen, als die Durchsage ertönte, dass sie alsbald Crystalline Town erreichen würden, doch die Stimmung hatte sich deutlich gebessert. Alle negativen Gefühle, die zwischenzeitlich aufgewühlt worden waren, versteckten sich nun wieder in einem Winkel ganz hinten im Köpfchen der jungen Frau. Sie sah wieder aus wie immer, als sie an der Seite von Arkos aus dem Zug stieg (abgesehen davon, dass sie aufgrund der allgemein herrschenden Kälte doch eine weiße Wintermütze aufgezogen hatte). Auch der Schmied ließ sich nicht anmerken, dass es irgendetwas gab, das ihn besonders beschäftigen würde. Naja, abgesehen vielleicht von den Dingen, die ihm bezüglich des Shuttle Service nach Vinternatt mitgeteilt worden waren. „Gezwinkert?“ Esmée blinzelte und versuchte, sich die Situation bildlich vorzustellen. Ein junger Mann, der nachfragte, wie er mit seiner Begleitung nach Vinternatt kommen könnte. Die Tatsache, dass es ein Schlitten war, der Reisende zu diesem entlegenen Örtchen brachte. Dazu wohlmöglich ein leichtes Schneegestöber in der einsetzenden Dämmerung. Die Prinzessin, die nicht ansatzweise so blind für romantische Szenerien war wie ihre Begleitung, hatte eine ganz böse Ahnung. Eine Ahnung, die sich nochmal verfestigte, als auch sie das Schild sah, das ihnen den richtigen Weg wies und mit Lichterketten und kleinen Herzchen zusätzlich in Szene gesetzt wurde. „So langsam erahne ich, warum sie gezwinkert hat…“ Jetzt mal ehrlich: Das war eine Szene, wie sie in ihren Romanen vorkommen könnte. So romantisch! Perfekt, um zwei liebende Herzen höher schlagen zu lassen. Doch dann sah Esmée zur Seite, musterte den empathielosen Schmied, mit dem sie hier war und seufzte stumm. Eine einmalige Gelegenheit und ausgerechnet Arkos war es, mit dem sie hier war… Wie falsch diese Zugbegleiterin doch mit all ihren Annahmen und der Zwinkerei gelegen hatte. Romantische Szenerien waren an diesen Mann absolut verloren. „Nein, habe ich noch nicht“, offerierte Esmée dem Rothaarigen stattdessen und trat vorbei an dem mit Herzchen dekorierten Schild, das den Weg zu den Schlitten wies. Mit einer kurzen Handbewegung korrigierte sie den Sitz ihrer Mütze und kramte dann zwei dunkle Handschuhe aus ihrem Rucksack, die sie sich über die von der Kälte leicht geröteten Hände zog. Dass Arkos ebenso fror, bekam sie noch gar nicht richtig mit. „Aber Alex hat Emily gerade auf das Dach seiner Wohnung mitgenommen, von dem man einen wunderbaren Blick auf den Sternenhimmel haben kann. Ich denke also, dass es nicht mehr lange dauern wird bis zu ihrem ersten Kuss.“ Die Mundwinkel der jungen Frau zuckten amüsiert, als Arkos plötzlich mit angewurzelt stehen blieb. Natürlich wusste sie, dass es ihn überhaupt nicht interessierte, an welcher konkreten Stelle im Roman sie war, genauso wenig, wie er sich allgemein für die Liebesgeschichte von Alex und Emily erwärmen konnte. Hatte ihn dieser Detailgrad also gerade sprachlos gemacht? Zu viel Romanze für ein nüchternes Hirn, wie der Schmied es besaß? Als der Kollege sich nach fünf weiteren Sekunden immer noch nicht regte, sondern unentwegt nach vorne starrte, wurde Esmée allerdings doch skeptisch. „Keine Sorge, ich…“
Der Satz wurde nicht beendet.
Die junge Frau war dem Blick von Arkos gefolgt und sah nun ebenso entgeistert drein, wie er es tat. Warum? Nun… dahinten stand der Schlitten, der die Magier nach Vinternatt bringen sollte. Aber es war nicht irgendein Schlitten, sondern… Oh Gott. Das ist zu viel Esmée wusste gar nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Der Schlitten bestand aus einem hölzernen Gestell in geschwungenen Linien und verziert mit kunstvollen Schnitzereien, die allesamt die Form von Herzchen hatten. An den Seiten des Gefährts hingen Laternen, die ein warmes, einladendes Licht verbreiteten und die Umgebung in ein magisches Leuchten tauchten. Die Flammen flackerten sanft im Wind und warfen Schatten auf den glitzernden Schnee der Umgebung. Vor dem Schlitten standen zwei weiße Pferde, gehüllt in warme Decken und mit goldenen Glöckchen geschmückt, die friedlich schnaubten, während sie auf ihren Einsatz warteten und deren Atem kleine Wölkchen in der beginnenden Abendluft bildeten. Weitere Lichterketten hingen am Rande des Platzes und dann war da auch noch der Kutscher, der just in dem Augenblick, als er die nähertretenden Magier erkannte, von seinem Gefährt herunterkam und warm lächelnd auf sie zusteuerte. Genauso wie die Sitzbänke des Schlittens mit warmen Pelz bedeckt waren, trug auch dieser Mann einen schweren Pelzmantel, der ihm bis zu den Knien reichte und ihn vermutlich sorgfältig von der Kälte abschirmte. Dazu ein warmer Filzhut, der den allgemein gemütlichen Flair unterstrich. Die dunklen Augen des älteren Herren strahlten Fürsorge aus, als er vor dem scheinbaren Pärchen anhielt und auf die Kutsche deutete. “Eine Kutschfahrt für Zwei?“, fragte er, doch Esmée blieb noch einen Augenblick sprachlos. Es fehlte nur noch das leichte Schneegestöber, um die Atmosphäre zu vervollständigen… Das war ja noch viel schlimmer als erwartet!
"Dann bist du schon einmal deutlich weiter als ich", erklärte Arkos relativ ungerührt, während sie sich in Bewegung setzten. Am Ende des Tages war es ja auch egal, wie sie nach Vinternatt kamen - hauptsache, der Weg war nicht allzu zeitaufwendig. Wenn das hier die beste Möglichkeit war, dorthin zu kommen (und dann auch noch in einer einigermaßen bequemen Art und Weise), dann würde er sich nicht beschweren. Es war nicht so, als würde es irgendwelche Probleme damit geben, oder nicht? Kurz hatte er noch einen Blick zur Seite geworden, als Esmée sich ihre Handschuhe anzog, und war fast ein wenig neidisch darauf. Also, nicht prinzipiell der Handschuhe wegen - er hatte ja auch welche an, wie so oft. Nur waren ihre definitiv noch mehr auf das Warmhalten ausgelegt, weniger auf das robust sein. Wer waren nochmal Alex und Emily... achja, der Sternenhimmel und so. Über die Fahrt hatte er schon beinahe wieder vergessen, dass Esmée es schaffte über fiktive Personen so zu sprechen, als wären sie real. So richtig schaffte er sich nicht dazu aufzuraffen, etwas darauf zu antworten. Es konnte also nicht mehr lange dauern bis zu dem ersten Kuss? Na, wenn man damit schon plante, dann konnte ja nichts mehr schiefgehen, oder?
Eigentlich hatte er nur kurz nach vorne schauen wollen, aber der Anblick zog dann doch seine komplette Aufmerksamkeit auf sich. Es war nicht einmal das Gesamtpaket, was ihn so schockte, wie es vielleicht bei Esmée der Fall war. Nein, es war eher... das letzte Mal, dass er eine Schlittenfahrt gemacht hatte, war einiges schief gegangen. Der Schmied fühlte sich unangenehm daran erinnert, dass er mindestens zweimal fast gestorben war, und wie Lian ihn mit seiner Magie auch noch halbwegs unter Drogen gesetzt hatte. Es war eine Erinnerung, wenngleich auch nicht die schönste. Der Schlitten hier sah deutlich bequemer aus. Der Rotschopf kratzte sich am Kopf, während er die hölzerne Handwerkskunst begutachtete und sah dann zu dem älteren Mann, der sich offenbar von ihren Blicken hatte anziehen lassen. Sympathisch wirkte er ja, und war auch sonst nicht prinzipiell aufdringlich. Arkos war nur ein wenig skeptisch ob des Preises. "Wir möchten nach Vinternatt. Das hier ist die beworbene Schlittenfahrt dorthin?" Arkos Ton war geschäftsmäßig genug, um dem Mann ein kleines Stirnrunzeln zu entlocken, aber dann nickte er lächelnd. "Ganz recht, der Herr. Ich bringe meine Kunden innerhalb von etwa ein bis zwei Stunden bis zum Vintermarkt in Vinternatt. Es ist gerade sogar die beste Zeit dafür - Ihr habt Glück, wenn ich das so sagen darf." Arkos machte den Rücken ein wenig gerade. "Nun, mich würde der Preis interessieren... und außerdem, ob es Lawinengefahr auf dem Weg gibt, oder Eiszapfen, die einem auf den Kopf fallen können, oder Abgründe, die man überwinden muss."
Der ältere Mann sah ein wenig verwirrt aus, öffnete kurz den Mund und sah zu Esmée, fast ein wenig fragend. Dann sah er wieder zu dem Fragen stellenden Rothaarigen. "Der Weg ist vollkommen sicher und auch genügend befestigt. Es gibt auf dem Weg keine Berge, die hoch genug sind um Lawinen auszulösen. Außerdem ist der Schlitten halb geschlossen, sodass Sie Beide vollkommen unbekümmert den Ausblick genießen können. Gemeinsam, selbstverständlich." Er lachte. "Ho ho ho. Nun. Der Preis beläuft sich auf..." Die Zahl die er nannte war - wenn Arkos das richtig verstand - ungefähr so hoch wie die Kutschfahrt zur Pension 'Hexentanz'. Kurz spielte er mit dem Gedanken, einfach zu Fuß zu gehen, aber er schätzte den Weg dann doch als zu beschwerlich ein, vor allen Dingen ohne Ortskenntnis. "Nun gut, guter Mann. Wir fahren mit. Esmée, dein Anteil?" Er holte seinen Teil aus einem Geldbeutel, der wie von selbst aus dem Inneren seines Mantels hervorkam, und sah seine Begleiterin erwartungsvoll an. Der Kutscher hingegen sah Arkos ein wenig entgeistert an, aber das merkte der überhaupt nicht. Offenbar fragte sich der Mann, wieso die Frau ihren eigenen Anteil zahlen sollte - aber selbst wenn Arkos das gewusst hätte, hätte er darauf bestanden. Esmée war in der Vergangenheit zu oft um das Bezahlen herumgekommen; er würde sich nicht prinzipiell oder gar ungefragt darauf einlassen, ihr etwas auszulegen. "Ach, guter Mann, es wäre schön, wenn diese wundervollen Pferde einen Schritt zulegen könnten. Es ist..." Arkos schauderte ein wenig. "... ziemlich kalt, oder?" Das Kompliment für die Pferde war übrigens irgendwie ernst gemeint, aber ohne Wissen ausgesprochen. Arkos hatte keinen Schimmer von Pferden, aber diese hier wirkten ganz nett. Vielleicht ein wenig behäbig.
Lawinengefahr? Eiszapfen? Abgründe, die es zu überwinden galt? Der Gesichtsausdruck von Esmée war vergleichbar mit jenem des Kutschfahrers, als Arkos all diese höchst merkwürdigen Fragen stellte. Sie standen vor einer Kutsche, die von zwei behäbigen Pferden gezogen wurde, geschmückt mit Lichterketten, Glöckchen und Herzchen. Erwartete der Schmied hier wirklich eine Achterbahnfahrt mit einem Haufen Action? Die hellblauen Äuglein sahen sich geschwind um, aber absolut nichts deutete darauf hin, dass es Gefahren gab, die es zu bewältigen galt. Der Prinzessin wurde wie so oft klar, dass sie mit einem Mann unterwegs war, der die Zeichen seiner Umgebung nicht richtig deuten konnte – anders hätte sie sich diese Fragen nicht erklären können. Entsprechend wenig überrascht war sie, als der ältere Magier dann auch noch ohne mit der Wimper zu zucken die Rechte offenhielt und nach dem Anteil der de Bosco für die Kutschfahrt verlangte. Natürlich kannte er auch die Knigge-Regeln nicht. Esmée wechselte einen kurzen Blick mit dem Kutschfahrer, der sichtlich irritiert war und sie spielte mit dem Gedanken, die ganze Sache noch ein bisschen länger auszukosten und auszureizen. Am Ende entschied die Prinzessin sich allerdings dagegen: Arkos hätte den Witz sowieso nicht verstanden. „Natürlich“, antwortete sie dem Kollegen also mindestens in genauso fachlichem Tonfall, griff in den eigenen Rucksack und holte ein kleines, hellblaues Portmonee heraus. Die Jewel, die kurze Zeit später in die Hände des verwirrten Kutschfahrers wanderten, schmerzten die Dunkelhaarige nicht wirklich: Wenn sie eines mittlerweile gelernt hatte, dann jenes, dass man sich solche Kosten mit Leichtigkeit von der Gilde Satyrs Cornucopia zurückholen konnte. Es war also Geld, dass Esmée schon bald wieder in ihrem Besitz wissen würde. Ob Arkos auch soweit dachte? Vermutlich nicht. Dem Kutschfahrer jedenfalls war die eher kühle Stimmung zwischen Mann und Frau nicht entgangen und er warf dem Schmied einen vielsagenden Blick zu – so als wolle er ihm non-verbal irgendeinen Hinweis geben. Das war so amüsant, dass Esmée sich wirklich zusammenreißen musste, um nicht zu lachen.
Spätestens in dem Moment, als der Aurelius und und die de Bosco vor dem Schlitten Stellung bezogen und sich mehr irritierte, als romantische Blicke zuwarfen, hätte auch dem motivierten Kutschfahrer klarwerden können, dass es sich bei den Magiern um kein Pärchen handelte, dem es weniger um die romantische Schlittenfahrt und mehr um die Zielerreichung ging. Leider hatte der Mann hierfür allerdings überhaupt keine Aufmerksamkeit übrig: Entweder, weil er wirklich voll im Geschäftsmodus war oder weil er etwas anderes als das, was ihn in seiner Vermutung bestätigte, überhaupt nicht sehen wollte. Esmée ging irgendwie mehr von der zweiten Option aus. Die Explosionsmagierin war die erste Person, die auf der gut gepolsterten Bank des Schlittens Platz nahm, direkt gefolgt von Arkos und es war… eng. So eng, dass es sich überhaupt nicht verhindern ließ, dass die Körper beider Magier sich berührten. Die hellblauen Äuglein sahen nur kurz zum Schmied, ehe sie sich geschwind wieder abwandten und der Kutscher geschickt an den Zügeln zog. Die Pferde schnaubten aufgeregt, als sie und der Schlitten in Bewegung kamen und das leise Knirschen des Schnees unter dem Schlitten war zu hören. Während die verzauberte Landschaft an den Magierin vorbeiglitt, war es die Stimme des Kutschers, die von vorne ertönte: „Lasst mich euch die Geschichte von Isabelle und Edward erzählen, die diesen Kutschservice ins Leben gerufen haben. Isabelle, eine junge Frau von unbestreitbarer Schönheit, die aus einer wohlhabenden Familie stammte und Edward, ein einfacher Arbeiter, der in Vinternatt arbeitete. Auf einer Kutschfahrt zwischen Crystalline und Vinternatt sollen die beiden sich trotz unterschiedlicher Lebensumstände und gesellschaftlicher Stellungen ineinander verliebt haben. Die Schlittenfahrt war der Beginn ihrer Liebesgeschichte und daher entschieden sie sich dazu, dass sie diese wunderbare Erfahrung auch mit anderen Menschen teilen wollten und riefen diesen Kutschservice ins Leben.“ Der Mann lachte leise und zog erneut an den Zügeln, wodurch ein Schnauben der Pferde und ein Klingeln der Glöckchen folgte. „Also genießt die Fahrt, meine Lieben. Neben der Dame liegt auch noch eine Decke gegen die kühle Luft bereit.“ Esmée runzelte die Stirn und schnaubte leise (ein bisschen wie die Pferde...), ehe sie dem Schmied an ihrer Seite einen Blick zuwarf, unsicher, ob er die Signale wohlmöglich jetzt verstand. Das Missverständnis, das es hier gab. Sie selbst nahm die Geschichte kommentarlos hin, denn es hätte sowieso nichts gebracht, diesbezüglich ins Gespräch mit dem Kutscher einzusteigen, sondern suchte stattdessen nach der Decke, die angesprochen worden war. „Hier“, sprach sie aus und hob das Stück Stoff an – es war wirklich nur eine einzige. „Ist dir noch kalt? Du kannst sie haben.“ Erwartungsvoll hielt sie Arkos die Decke hin, während sie durch die Winterlandschaft glitten, begleitet von den Klängen der Pferdehufe und dem leisen Knirschen des Schnees unter dem Schlitten. Wann würden sie Vinternatt erreichen?
Arkos war vielleicht ein wenig fokussiert und mit recht eng eingeklappten Scheuklappen versehen, aber dumm war er nicht. Er merkte durchaus, dass der Kutscher ihn ein wenig seltsam ansah und auch, dass Esmée irgendwie mit irgendwelchen Gedanken spielte, konnte er durchaus sehen. Welche das aber waren, lagen ihm fern. Ehrlich gesagt wäre ihm das prinzipiell egal gewesen, wenn ihm nicht irgendwie etwas daran gelegen hätte, dass diese Mission glatt lief. Esmée hatte um seine Hilfe gebeten, also wollte er schon versuchen, seinen Teil beizutragen. Das aber würde ziemlich schwer sein, wenn man nur irgendwelche Blicke wechselte. Schweigend. Arkos war ein wenig genervt davon, weil er das Gefühl hatte, es wurde sich unterschwellig wegen irgendetwas über ihn lustig gemacht - vergaß diesen Ärger aber recht schnell wieder, als er das Geld von Esmées Portemonnaie in die Hände des Schlittenführers wandern sah. Jetzt wieder eher zufrieden begab er sich in den Schlitten und machte es sich bequem. Dass das die beste Art war hier zu reisen, konnte er sich vielleicht vorstellen, aber... etwas, was noch ein wenig schneller gewesen wäre, hätte er durchaus bevorzugt.
Man konnte wohl sagen, dass das Platzangebot im Schlitten eher mangelhaft war. Arkos beschwerte sich nicht. Erstens war er bereits zweimal mit Esmée in einer engen Kutsche eingesperrt gewesen, und zweitens - dieser zweite Teil würde übrigens hundertprozentig nicht ausgesprochen werden - fand er es gar nicht so schlimm, sie ein wenig näher bei sich zu haben. Der Wärme wegen, selbstverständlich. Während ihm zwar schon immer gesagt worden war, er würde eine gewisse Wärme ausstrahlen, fühlte er sich selbst eher weniger so. Diese Kälte machte ihm tatsächlich ein wenig zu schaffen. Seine goldfarbenen Augen blickten missmutig nach vorne, wo das dunkler werdende Himmelblau sich in Richtung dunkelviolett veränderte. Es wurde schnell dunkel hier im Norden, das war wohl so. Aber das war vermutlich etwas, das Esmée ohnehin wusste.
"Sie sollen sich innerhalb einer Schlittenfahrt ineinander verliebt haben?" Arkos hoffte inständig, dass sie in Vinternatt ankommen würden, bevor das hier in diesem Schlitten auch passierte. So viel Zeit hatten sie nämlich definitiv nicht. "Hatten wohl zu viel Zeit, die beiden", brummelte er ein wenig in seinen nicht vorhandenen Bart, während er sich ein wenig tiefer in den halb geschlossenen Schlitten drückte. Überrascht sah er zu Esmée, als sie die Decke anbot, und zögerte für einen Moment. Weiterhin hatte er sich weniger Gedanken um die Situation gemacht als darum, dass ihm kalt war und das noch eine ganze Zeit würde aushalten müssen. "Oh. Danke." Er griff ein wenig zu hastig nach der Decke und breitete sie über sich aus, merkte aber schnell, dass das feste Material mehr als genug Platz für zwei Menschen bot. "Hier. Scheint für zwei gedacht", merkte er an und warf die übrige Decke auch noch über die Beine von Esmée. Es war schon irgendwie seltsam, unter einer Decke zu stecken (wortwörtlich). Arkos schüttelte leicht den Kopf. "Schätze, Vinternatt macht wohl ein ganz gutes Geschäft mit derartigen Touristen. Mich wundert nicht mehr, dass wir dort etwas erledigen sollen. Aber... muss es wirklich derart kalt hier sein?" Ein Seufzen entfloh ihm. "Ich werde mir im Dorf wohl noch eine Mütze besorgen müssen", gab er widerwillig zu und lehnte sich zurück. Sein Blick schweifte trotzdem wachsam um. "Das letzte Mal, dass ich in etwas ähnlichem gefahren bin, war ich mehrfach in Lebensgefahr", erklärte er dann nachdenklich. "Ich war mit einem Magier aus dieser Wüstengilde unterwegs. Wir sind einer Lawine entkommen und einigen weiteren Problemen. Und er manipulierte meinen Gefühlszustand. Kein sonderlich schönes Gefühl." Es schien wirklich nichts zu geben, worüber man sich hier Sorgen machen musste. Also entspannte sich der Körper der Rothaarigen ein wenig, als er in der Ferne nur noch die Reste des Sonnenuntergangs wahrnahm, eine kleine Explosion aus Lila und Orange, die für einen Moment über den Horizont blitzte. Über ihnen glitzerten bereits Sterne. "Ist Schlitten fahren in Bosco auch etwas alltägliches? Das ist doch bestimmt nichts besonderes für dich, oder?", fragte er Esmée, sah sie allerdings nicht direkt an. Unter der Decke wurde es zwischen ihnen allmählig warm, was Arkos willig genoss. Auch wenn er es vermutlich nicht ausgesprochen hätte. Vinternatt kam vermutlich näher, aber die paar Minuten die sie bisher unterwegs waren, reichten nicht, um es bereits in Sicht kommen zu lassen. Der Kutscher hatte von etwa einer Stunde gesprochen?
Esmée konnte nicht genau sagen, woran es lag, aber sie musste einfach schmunzeln. Arkos hinterfragte die Liebesgeschichte und sprach diese Bedenken auch noch vollkommen offen an? Natürlich, das war absehbar gewesen. Anderen Leuten wären die Logiklücken aufgefallen, sie hätten es allerdings zuliebe des Kutschfahrers in ihren Gedanken belassen. Der rothaarige Schmied hingegen? Der hatte absolut kein Feingefühl für solche Dinge und sprach aus, was ihm in den Sinn kam. Zu Beginn ihrer Bekanntschaft war das eine Eigenschaft gewesen, die Esmée zur Weißglut getrieben hatte. Just in diesem Augenblick merkte die Dunkelhaarige allerdings, dass sie sich an die Art und Weise des älteren Magiers gewöhnt hatte und sie in seiner eigenen Form irgendwie sogar charmant fand. Wie die Zeiten sich doch änderten. „Gern“, antwortete sie Arkos, als dieser die angebotene Decke ziemlich hastig entgegennahm. Na, war da jemandem wirklich kalt gewesen? Ein kurzes Blinzeln folgte, als der Aurelius ihr ungefragt einen Teil der Decke abgab und über die schmalen Beine warf. Oh? Wie überaus freundlich. Aber… jetzt teilten sie sich eine Decke. Auf einer romantischen Schlittenfahrt. Das war… war das überhaupt okay? So als Freunde? Esmée schob den Gedanken hastig beiseite, bevor sie mehr hineininterpretierte, als angemessen wäre. Lieber lauschte sie aufmerksam den Erzählungen von Arkos und die Augenbrauen wanderten überrascht nach oben. Er hatte sich bei seiner letzten Schlittenfahrt mehrfach in Lebensgefahr befunden? Schlittenfahrten waren nun nicht unbedingt dafür bekannt, einen besonderen Adrenalinkick bereitzuhalten… das sanfte Klingeln der Glöckchen und das leise Knirschen des Schnees unter den Kufen unterstützten diesen Gedankengang von Esmée. „Falls es dich beruhigt: Ich denke nicht, dass uns heute eine Lawine heimsuchen wird“, erwiderte sie und neigte den Kopf leicht zur Seite, ein sanftes Lächeln auf den Lippen tragend. „Und ich würde dir zu Grüntönen raten“, sprach sie weiter und als sie merkte, dass Arkos nicht sofort verstand, folgte als Ergänzung: „Wegen der Mütze. Olive würde ziemlich gut zu deinen roten Haaren passen. Wenn du möchtest, helfe ich dir bei der Auswahl.“ Interessierte sich der Schmied für die Optik seines neuen Kleidungsstücks? Nein, vermutlich nicht. Aber wenn man sich schon eine Mütze besorgte, konnte man doch darauf achten, dass sie auch gut aussah, oder? Ehe die Magierin weiter darauf hätte eingehen können, zog etwas anderes die Aufmerksamkeit auf sich: Der Sonnenuntergang. Ganz gleich, was man von dieser Schlittenfahrt halten mochte und dass es eher das Ziel war, worum es hier gerade ging: Der Ausblick, der sich den beiden Magiern bot, war wirklich atemberaubend. So wunderschön, dass die Prinzessin kurze Zeit vergaß, wo sie sich eigentlich befand und warum sie überhaupt hier war. Erst als sie in einen weiteren Abschnitt des Tannenwaldes abtauchten und der Blick auf den atemberaubenden Sonnenuntergang verschwand, drehte sich Esmée wieder zu Arkos. Die Faszination war dem Gesicht der jungen Frau immer noch deutlich anzusehen. Ob Schlittenfahrten in Bosco alltäglich waren? „Solche Schlittenfahrten ganz gewiss nicht.“ Die Male, in denen Esmée überhaupt in solch einem Gefährt unterwegs gewesen war, konnte sie an einer Hand abzählen. Sie war abgeschirmt von der Außenwelt großgeworden und eine Schlittenfahrt in der Öffentlichkeit in einem unruhigen Land wie Bosco einfach zu unsicher. „Früher bin ich manchmal mit meiner Mutter in einem Schlitten gefahren. Aber… ehrlichgesagt noch nie in anderer Begleitung.“ Die hellblauen Äuglein legten sich auf Arkos und… war das ein bisschen Röte, die sich auf ihren Wangen zeigte? Wenn, dann lag das ganz bestimmt nur an der kalten Umgebung! Der Wind war aber auch wirklich schneidend. Esmée sah lieber wieder woanders hin.
Die weitere Fahrt verbrachten Esmée und Arkos in überraschend geselligem Beisammensein. Gelegentlich schwiegen sie und betrachteten gemeinsam die Umgebung, lauschten den Geräuschen des Waldes oder musterten die bunten Farben, in denen der Himmel gerade zur jetzigen Zeit erleuchtet war. Aber sie plauderten auch über dies und jenes und Esmée musste gestehen, dass sie es ziemlich genoss. So sehr, dass sie die körperliche Nähe zu dem Schmied unter der Decke sogar ein wenig vergaß und schlicht die Wärme genießen konnte, die sich unterhalb der geteilten Decke zunehmend ausgebreitet hatte. Doch dann, eher unerwartet, runzelte die Prinzessin die Stirn. „… Feuer?“ Es war ihrer eigenen Geschichte geschuldet, dass sich der Körper der jungen Frau sofort verkrampfte und sie die Luft anhielt. Es war der Kutscher, der schnell Licht ins Dunkel brachte. Seine Stimme, die ruhig und fröhlich klang, sorgte automatisch dafür, dass die de Bosco sich wieder entspannte. „Ah. Dahinten ist schon Vinternatt.“ Und jetzt, wo er es sagte, fiel der jungen Frau auf, dass noch mehr Gerüche in der Luft lagen: Irgendetwas Würziges und auch süße Gerüche. Gebrannte Mandeln? „Die Fahrt ging wirklich schnell…“ Die hellblauen Äuglein wanderten prüfend zur Seite, als wolle Esmée herausfinden, wie Arkos es empfand. War er erleichtert? Oder wäre er gerne noch länger gemeinsam in diesem Schlitten gefahren? Seit wann mache ich mir über so etwas überhaupt Gedanken?, fragte sich die Prinzessin schlussendlich und schüttelte leicht den Kopf. Ein bisschen mehr Professionalität war angesagt! „Also, zuerst eine Mütze besorgen und dann nach dem Bekannten von Shika suchen?“ Konzentration auf die Quest – ja, das war der richtige Weg.
Die Wärme, die sich unter der Decke langsam sammelte, war ein Segen für den rothaarigen Schmied, dessen Empfindlichkeit gegenüber der Kälte ihm jetzt erst mal wieder bewusst wurde. Es war, als wäre er selbst ein Reptilia, aber er schätzte, das es nicht nur eine mitgenommene Eigenschaft seines Ziehvaters war. Arkos war ungewöhnlich anfällig gegenüber dieser Witterung und er hatte bisher nicht wirklich herausfinden können, wieso. Es war halt nur auffällig. "Es beruhigt mich so halb", erwiderte der Rotschopf, sein Blick weiterhin in die Ferne gerichtet. "Aber es war bisher in jeder Mission so, dass irgendetwas schief gegangen ist oder etwas unvorhergesehenes passiert ist. Ich habe mich daran gewöhnt, eher aufzupassen, was passiert, nicht ob." Es klang vielleicht ein wenig pessimistisch, aber Arkos konnte wirklich nicht sagen, dass selbst seine niedrigrangigen Aufgaben alle glatt gelaufen waren. Ob es nun an dem Questpartner lag oder an der Quest an sich, konnte er nicht sagen - wohl aber wusste er, dass diese Schlittenfahrt noch nicht die unvorhergesehene Sache an dieser Quest war. "Olive?", fragte er platt und blinzelte seine Begleiterin ein wenig fragend an. Fast, als wolle er fragen, wieso er sich eine Frucht auf den Kopf setzen sollte. Ehrlich gesagt hätte er das auch fast gefragt, hielt sich dann aber doch zurück - unter anderem, weil er sich gerade bei Esmée relativ sicher war, dass sie bei Mode eher weniger Spaß verstand. Er schätzte nicht, dass sie ihn auf den Arm nehmen wollte. "Schauen wir mal", murmelte er noch ein wenig leiser und drückte sich ein wenig tiefer in den Schlitten. Es fühlte sich wirklich mehr wie ein Ausflug an in diesem Moment und Arkos musste sich ernsthaft daran erinnern, dass sie hier auf einem Auftrag waren. Die Umgebung war (trotz der Kälte) faszinierend und er erwischte sich beinahe dabei, wie er starrte. Esmée machte es irgendwie nicht sonderlich viel einfacher, als sie ihn ansah und dabei ein gewisses Funkeln in den Augen zu haben schien. Arkos konnte es nicht zuordnen, wohl aber war ihm klar, dass es kein schlechtes Zeichen war. Es gefiel ihm, unter anderem weil sie dann sicherlich motivierter war, den Auftrag dann auch zu erledigen.
Und natürlich nur deshalb. Arkos konnte ein Blinzeln nicht unterdrücken, als sie ihm doch recht bereitwillig eine Antwort auf seine Frage gab. "Mh", brummte er ein wenig nachdenklich. Diese verdammte Schlittenfahrt schien tatsächlich irgendwie Auswirkungen auf die Insassen zu haben. Er bildete sich schon ein, dass Esmée ihn mit geröteten Wangen ansah, als wäre sie verlegen. Das konnte nicht sein, er musste es sich eingebildet haben - und es war auch schnell wieder vorbei, dieser kurze Moment. Ebenso kurz gestockt hatte Arkos allerdings trotzdem, und wenn nur vor Verblüffung.
Das nächste, an das er sich wirklich bewusst erinnerte war nicht das eher weniger wichtige Geplaudere, sondern der Gesichtsausdruck von Esmée in dem Moment, als auch ihm der Geruch von Rauch in die Nase stieg. Sie sah sich achtsam um, fast ängstlich. Es weckte auch in ihm eine gewisse Unruhe. Der Kutscher nahm ihnen diese Unruhe, und so nahm sich Arkos die Zeit, das herannahende Vinternatt zu betrachten, während er den Blick von der dunkelhaarigen Frau an seiner Seite spürte. "Schnell, naja", murmelte Arkos und zuckte ein wenig mit den Schultern. "Aber nicht unangenehm, zugegeben." Soviel Ehrlichkeit musste wohl sein. Noch ehrlicher wäre gewesen, zu sagen, dass er gar nicht von unter der warmen Decke hervorkriegen wollte, aber das gönnte er sich dann doch nicht. "Trotzdem vermute ich, dass Hunde ein wenig schneller wären." "Aber nur halb so elegant", warf der Kutscher ein und lachte gutmütig. "Gerne nehme ich euch wieder mit zurück, wenn ihr mit eurer... ähm... Aufgabe abgeschlossen habt. Lasst mich trotzdem ein paar Empfehlungen aussprechen: Auf dem Vinternatter Wintermarkt gibt es viele Leckereien, lasst euch auf keinen Fall die Spezialitäten entgehen. Aber auch die Handwerker, die sich hier niedergelassen haben, sind in der Gegend für ihre Qualität bekannt. Es gibt außerdem stehts ein großes Feuer, an dem man sich auch sogenanntes Stockbrot 'backen' kann. Beliebt bei Paaren ist außerdem das Sternenschauernest, in dem..." Arkos zog eine Augenbraue hoch. Der Kutscher räusperte sich. "Ah, ich vergaß, ähm... nun, ich wünsche jedenfalls viel Spaß in Vinternatt. Die Dame, der Herr, ich danke für die Kundschaft. Ihr seid hier weit weg von der Welt, genießt diese Zeit also gern." Er schnalzte mit der Zunge, neigte den Kopf und zockelte dann mit seinen Pferden langsam hinfort, wohl, um ein paar andere Leute wieder mit zurückzunehmen. Arkos und Esmée standen jetzt gemeinsam am Rande dieses kleinen... tja... Fischerdorfes, oder das, was es mal gewesen war. Der Vintermarkt nahm eine nicht kleine Fläche ein, und überall waren Marktstände zu sehen, kleine Feuerstellen, Wärmelacrima, kleine Girlanden mit gelborangenen Lichtlacrima. Es hing ein Duft nach süßen, heißen Getränken in der Luft, nach gebrannten Mandeln, nach Ofenäpfeln, nach Zimt und nach Orangen. Und nach Rauch, nach deftigen Würsten und Brot an anderen Ecken. "... es ist viel geschäftiger, als ich dachte", gab Arkos verblüfft zu und kratzte nachdenklich seinen Hals. "Ich habe noch nie hiervon gehört, aber... es scheint ja für die lokale Wirtschaft ein Segen zu sein." So viele Leute, wie hier herumstromerten... sie mussten die Einwohner bei weitem von der Anzahl her übertrumpfen. Ein wenig zögerlich sah er dann zu Esmée und sah ein wenig zerknirscht aus. "Nun gut, gehen wir eine Mütze suchen", murmelte er ein wenig ergeben und tapste los. Es sah unwillig aus, aber er würde sich die Ohren abfrieren, wenn es so weiterging. "Ich schätze, du hast vorhin von einer Farbe gesprochen, aber... grün? Ich habe noch nie etwas grünes getragen", merkte er an und sah die Boscostämmige zweifelnd an. "Rot, und schwarz, manchmal ein wenig weiß, aber... grün? Wie kommst du darauf?"
Esmée hörte den Erzählungen des Kutschers mit einem Ohr zu, doch gleichzeitig schweifte ihre Aufmerksamkeit hinüber zu dem Markt von Vinternatt. Er sah… groß aus. Sehr groß sogar und die Menschen, die sich dort aufhielten, konnte die Prinzessin beim besten Willen nicht zählen, denn es waren zu viele. Als es hieß, sie müssten für diese Quest in den hohen Norden des Landes reisen – zu einem Ort, von dem die de Bosco noch nie zuvor gehört hatte – hatte sie damit gerechnet, ein kleines, beschauliches Dorf vorzufinden. Aber das hier? Es wirkte wie ein Touristenhotspot, nicht wie ein Geheimtipp unter Einheimischen. Aber vielleicht sah das alles auch nur geschäftiger und trubeliger aus der Ferne aus, als es sich beim Näherkommen herausstellen würde (Spoiler: Nein, tat es nicht.). Esmée wandte sich wieder an Arkos und nickte, als er aussprach, worüber auch sie selbst eben nachgedacht hatte. Wer hätte geahnt, dass in ihren Köpfen das Gleiche vorgehen konnte? Sonst schienen sie ja eher über ihre Unterschiede zu diskutieren und keine Gemeinsamkeiten festzustellen. Eine interessante Erkenntnis. Als der Schmied losging, folgte die Prinzessin. Sie richtete ihre eigene Mütze, die Handschuhe und die Jacke, um sicherzustellen, dass kein kühler Luftzug hindurchdrang und sie frösteln ließ. Dann musterte sie ihren Kollegen mit einem Seitenblick und lächelte. Er hatte noch nie etwas Grünes getragen? Stimmt, jetzt, wo er es sagte, fiel auch Esmée auf, dass sie diese Farbe nie in der Kleiderauswahl von Arkos zu Gesicht bekommen hatte. Und ja: Sie konnte sich überraschend gut daran erinnern, was der Rothaarige in der Vergangenheit so getragen hatte. Das lag natürlich nur daran, dass sie sich allgemein für Mode interessierte und sicherlich nicht daran, dass der junge Mann es ziemlich schnell geschafft hatte, einen gehörigen Teil ihrer Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wann auch immer sie sich begegnet waren… „Grün und Rot sind Komplementärfarben“, begann sie fachmännisch ihre Erklärung. Es war eine Sache, in der sich die Prinzessin sehr sicher fühlte, nicht zuletzt, weil die Farbenlehre ein Hobby gewesen war, dem sie bereits zu Zeiten im Königspalast mit Begeisterung nachgegangen war. Wenn man sich ordentlich kleiden wollte, musste man auch wissen, welche Wirkung Farben haben konnten. „Rot, schwarz und weiß passen zwar sehr gut zusammen, aber du kannst keine Kontraste damit erzeugen. Die Farbe geht in deinen Haaren unter - wenn man schwarz und weiß denn überhaupt als Farbe bezeichnen möchte. Ein Grün hingegen sticht hervor… jetzt, wo ich darüber nachdenke, würde ein besonders schöner Kontrast entstehen, wenn wir eine Mütze mit Muster aussuchen.“ Als sie den irritierten – und vermutlich auch höchst skeptischen – Blick des Aurelius erkannte, schmunzelte Esmée. „Ich verstehe schon, nicht zu viel auf einmal. Aber es wäre wirklich eine Verschwendung, wenn du Grün nicht ausprobierst. Versuch es zumindest, ja?“ Die hellblauen Äuglein verfingen sich in dem Blick der goldenen Iriden von Arkos und vielleicht hielt sie diesen Blickkontakt wenige Sekunden länger, als es unbedingt notwendig gewesen wäre. Erst als die Menschenmenge des Vintermarktes näherkam und die Prinzessin sich darauf konzentrieren musste, niemanden über den Haufen zu laufen, wandte sie sich wieder nach vorne. Es schien zumindest nicht so, als würde der Schmied Widerworte gegen den Plan erheben wollen. War er vielleicht sprachlos?
Inmitten dieses Marktes konnte man den eigentlichen Grund, warum Arkos und Esmée hergekommen waren, durchaus vergessen. Immer wieder blieb die Prinzessin stehen, sah sich interessiert um und blieb an einem der Stände hängen, die Augen groß und rund wie die eines Kindes, das zum ersten Mal einen solch belebten Platz besuchte. Und irgendwie… naja, war das gar nicht mal so weit von der Realität entfernt. Was Arkos nicht wissen konnte, aber dennoch der Wahrheit entsprach: Esmée war in der Vergangenheit von solchen Orten stets ferngehalten wollen. Der Besuch eines Marktes voller Menschen, wo an jeder Ecke eine Gefahr hätte lauern können, war absolut undenkbar gewesen für eine Angehörige der Königsfamilie. Ganz davon ab, dass es in Bosco mit den Jahren immer weniger Grund zum Feiern gegeben und daher solche Events sehr selten stattgefunden hatten. Tatsächlich war es also das erste Mal in ihrem Leben, dass die Prinzessin nicht nur von diesen Feierlichkeiten und Märkten las, sondern sie selbst erleben konnte. Esmée war vollkommen begeistert! „Die schmecken wirklich hervorragend. Möchtest du probieren?“, fragte die Dunkelhaarige euphorisch nach und stopfte sich ein weiteres Stück mit Puderzucker überstreutes Hefegebäck in den Mund. Wie hatte die Verkäuferin es genannt? Schmalzgebeck? Bevor Arkos eine Antwort gab, deutete Esmée schon wieder in eine andere Richtung. Die Energie, die von der Dunkelhaarigen ausging, war förmlich greifbar. „Oh. Schau, dahinten. Da finden wir bestimmt eine Mütze für dich.“ Und schwupps, machte sich die junge Frau bereits mitten durch das Getümmel hindurch auf den Weg. Dem Schmied blieb kaum eine andere Möglichkeit, als der Kollegin zu folgen, wenn er sie nicht zwischen den Menschen aus den Augen verlieren wollte. Ob sich der Rothaarige die Quest so vorgestellt hatte?
Komplementärfarben? Arkos sah Esmée an als hätte sie ihm gerade erzählt, sie wäre eigentlich ein Typ. "Aha", antwortete er nur ein wenig, tja, zurückhaltend und zweifelnd. Er hatte von so etwas schon einmal gehört, aber so richtig beschäftigt hatte er sich damit nicht. Waren nach der Logik schwarz und weiß nicht irgendwie auch komplementär? Na, da würde es wohl irgendetwas geben, was dagegen sprach... tja... also sie wollte mit einer grünen Mütze quasi eine Art Signalfarbe in seinem Outfit unterbringen, verstand er das gerade richtig? Der Rotschopf, der zwar nicht ganz unbewandert in Mode war, wohl aber noch einiges zu lernen hatte, legte den Kopf ein wenig auf die Seite und versuchte herauszufinden, ob Esmée ihn verschaukelte oder ob sie es ernst meinte. "Mütze mit Muster", wiederholte der Schmied ein wenig schwach und kratzte sich am Kopf. Es war einfach nur kalt. und er wollte eigentlich einfach nur eine schwarze Mütze haben. War das wirklich ein Problem?
Er folgte der jungen Frau, die wie ein junges Fohlen durch die Gänge stakste und alles begaffte, was es zu begaffen gab, und fragte sich, worauf er sich hier eingelassen hatte. Aber er würde auch diese ganze Quest nicht überleben, wenn er sich hier keine Mütze kaufte, soviel war sicher. Arkos war einfach nicht besonders immun gegen Kälte, und seine Finger waren so schon kalt. Brr. Er nutzte jede Wärmequelle die er finden konnte: Den Stand mit den Würstchen, von dem sie nichts kauften, aber ein ganz vernünftiger Duft ausging und noch mehr Wärme. Das kleine Lagerfeuer, neben dem Kinder saßen und an einem Stock Brot backten. Der Stand mit dem süßlichen Weingetränk, vor dem ein paar Fackeln aufgebaut waren. "Äh", machte Arkos und wollte gerade daran erinnern, dass er kein großer Fan von Süßkram war, da ignorierte ihn die Schwarzhaarige direkt wieder. Sie schien so sehr in den ganzen Eindrücken aufzugehen, dass sie kurzzeitig immer mal wieder vergas, dass sie mit ihm unterwegs war. Mit Arkos, dem Kerl, der nicht stillsitzen konnte und die Questerledigung über alles stellte. Der Rotschopf kratzte sich (erneut) an der Seite seines Kopfes. Es war ja irgendwie ganz sympathisch mit anzusehen, wie sehr sie sich über jede Kleinigkeit freute, aber sie hatten tatsächlich noch einen Job zu erledigen. "Das ist gut...", fing er an, aber da war sie auch schon wieder weg. Ein Seufzen entfloh ihm zwar kurz, aber es war nicht schwer, ihr zu folgen. Esmée war für eine Frau recht groß, und überragte auch einige Männer problemlos. Er selbst schaffte sich mit seiner Statur schon genug Respekt und Platz, dass niemand einfach in seinem Weg stehen bleiben würde. Wenn sie doch nur einen Moment stehenbleiben würde...
- Später, nicht viel, aber so viel später, dass Arkos es als zu spät bezeichnen würde -
"... warum muss es auch so kalt sein", brummte der Rotschopf, dessen Haare jetzt größtenteils unter einer unpudeligen Mütze verschwanden. Es war keine grüne Mütze geworden (zumindest keine komplett grüne), denn erstens war ihm knallgrün einfach zu krass, und zweitens hatten sie eh keine komplett grüne Mütze gehabt. Wohl aber gab es einige grüne Muster auf der Kapuze, die ansonsten eher gedämpfte Farben aufwies. Naja. Esmée konnte sich glücklich schätzen, dass er nicht einfach die nächstbeste und -billigste schwarze Mütze genommen hatte, schließlich hatte er zuhause noch gute Austattung. Die er natürlich einfach nur vergessen hatte. Schnauf. "So gern ich auch weiterstöbern würde, was es hier alles so gibt", log er offensichtlich weiter und versteckte das nur halb. "... lass uns mal nach dem Auftraggeber Ausschau halten. Sollte er nicht irgendwo hier sein?" Er meinte zumindest sich daran zu erinnern, dass sie kurz darüber gesprochen hatten. Ein leises Seufzen entfloh ihm. Zugegeben: Er hätte nichts dagegen gehabt, wenn das hier einfach nur ein ungewöhnlicher Ausflug gewesen wäre. Hier jetzt noch länger zu verweilen würde wenig Spaß machen - und auch wenn Esmée im Moment noch pudelglücklich aussah, schätzte er, sie würde spätestens bei der Erwähnung von Arbeit wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. "Du hast ein wenig Puderzucker am Schal", stellte der Rotschopf fest und klopfte ihr vorsichtig ein wenig des süßen Pulvers von der Kleidung. "Garret hieß der Mann, oder?" Er steuerte den nächsten Stand an und stellte einfach freiheraus die Frage, die jetzt allen auf der Zunge lag: "Ist ein gewisser Hobbykoch namens Garret hier bekannt? Wisst ihr, wo er sich aufhält?" Die beiden Mädels am Stand sahen sich etwas verwirrt an, zuckten dann aber mit den Schultern. "Garret? Ja, das ist dieser Koch, der immer wieder neue Zutaten und Rezepte ausprobiert. Ihr findet ihn dort hinten, er hat einen eigenen Stand mit Grill und kleinem Innenbereich." "Wir machen aber bessere Würstchen", versprach die zweite junge Frau und grinste Arkos an, der schüttelte aber den Kopf. "Danke, aber wir sind geschäftlich hier. Die Würstchen müssen warten." "Oh. Na gut", meinte die gekorbte Verkäuferin und sah Arkos hinterher, der schnurstracks los- und Esmée dabei mitzog, und fing wieder an, ihre Würstchen zu wenden. Wer nicht wollte, hatte schon, oder?
"Currywurst mit Chili und Kandiszucker statt mit Curry", rief ein Mann, sehr groß, sehr breit, sehr freundlich wirkend. "Süße Pfannkuchen mit Schinken! Nudeln mit Schokosoße!" Er erblickte Arkos, der direkt auf ihn zukam, und lachte. "Na, junger Mann, die Nudeln scheinen dich angelockt zu haben, stimmts?" "Falsch", antwortete Arkos wahrheitsgemäß und wie immer recht direkt. "Ich bin dienstlich hier. Arkos Aurelius, Magier von Satyrs Cornucopia. Das hier ist...", fing er an und überließ Esmée das Ruder, zumindest solange sie nicht anfing Zeit zu schinden. Sein Blick huschte zu der jungen Frau neben ihm, die - so bewaffnet mit Mütze, Schal, geröteten Wangen durch die Aufregung - irgendwie ein wenig anders wirkte als sonst. Fast so als würde sie nicht regelmäßig auf einem Stock sitzen (worin Arkos natürlich besser war).
Also doch keine grüne Mütze. Na schön. Auch wenn Esmée es versucht hatte, war ihr doch sehr schnell bewusst geworden, dass sie bei dem Rothaarigen trotz ihrer vorhandenen Expertise gegen eine Wand sprach. Zumindest zu ein paar hellgrüne Mustern auf der Mütze hatte sie den Schmied überreden können. Vielleicht würde er mit der Zeit noch Gefallen daran finden? Manche Menschen brauchten eben länger, um sich an Veränderungen zu gewöhnen und Arkos gehörte definitiv zu dieser Sorte Mensch. Die Schwarzhaarige wurde erst bei der Erwähnung ihrer Quest wieder aus ihren vielfältigen Gedankengängen gerissen. Es war nicht so, dass sie die Aufgabe im hohen Norden gänzlich vergessen hatte, sie hatte es höchstens nach hinten geschoben, um zuerst all die Eindrücke auf dem Vintermarkt zu verarbeiten. Die Prinzessin wollte alles, was sie in den vergangenen Jahren – gefangen hinter den Mauern des Königspalastes – verpasst hatte, auf einmal nachholen und das hatte sie zwischenzeitlich ein bisschen vom Kurs abkommen lassen. Jetzt schüttelte die de Bosco den Kopf und sah Arkos hinterher, der sich nach dem Hobbykoch Garret erkundigte. Okay, genug Albereien! Jetzt war wieder ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit notwendig! Esmée holte tief Luft und folgte dem älteren Kollegen.
Es dauerte nicht lange, bis die Satyrs Magier ihren Auftraggeber im allgemeinen Gewusel des Marktes fanden. Garret war so groß, dass er die meisten anderen Leute überragte und so breit, dass er sich hinter niemandem verstecken konnte. Trotz der imposanten Erscheinung war sein freundliches Lächeln sogar auf Distanz ansteckend, sodass Esmée sich dabei ertappte, wie ihre Mundwinkel ein bisschen nach oben wanderten, je näher sie dem Verkaufsstand des Mannes kamen. Moment – hatte er da gerade von Nudeln mit Schokosoße gesprochen? Das Lächeln auf den Lippen der Prinzessin bekam einen kleinen Knacks. „Er probiert sich wirklich aus“, kommentierte die Explosionsmagierin blinzelnd und folgte dem Aurelius, der den Erstkontakt mit dem Hobbykoch übernahm. Sie mochte Nudeln und sie mochte auch Schokolade. Aber beides zusammen? Esmée sah vor ihrem inneren Auge, wie sämtliche Köche im Königspalast entsetzt die Hände über den Kopf zusammenschlugen. Als Arkos seinen durchdringenden Blick auf sie legte, verdrängte die Schwarzhaarige das Bild und kam zurück in die Gegenwart. Die Vorstellung, natürlich. „Esmée Arnault. Sehr erfreut.“ Die hellblauen Augen wanderten zu dem hochgewachsenen Garret, dessen Lächeln schlagartig noch breiter wurde. Freute er sich darüber, die beiden Magier zu sehen? “Endlich!“, rief er aus mit einer Stimme, die tief aus seiner Brust vibrierte und sicherlich noch weit über den Verkaufsstand hinweggetragen wurde. „Ihr seid meine Rettung! Endlich werde ich mein neuestes Rezept verwirklichen können!“ Zumindest war ihm sofort klar, warum zwei Magier von Satyrs Cornucopia den weiten Weg hierher auf sich genommen hatten. Bevor jemand reagieren konnte, schlug Garret auf den Tresen seines Standes und es knackte so laut, dass Esmée befürchtete, das Holzgestell würde nachgeben. Moment – das Ding war eindeutig bereits an mehreren Stellen mit Metall verstärkt worden. Es gab wohl diverse Lebensbereiche, in denen Garret dazu tendierte, Grenzen falsch einzuschützen… Der Auftraggeber lachte derweil unbekümmert und wandte sich dann nach rechts, um einen Kunden zu bedienen, der nähergetreten war und sich tatsächlich an der Currywurst mit Kandiszucker versuchen wollte. Zuerst fragte sich die Prinzessin, was in diesen Mann gefahren war, doch dann erkannte sie im Hintergrund eine Männergruppe, die verstohlene Blicke zu ihnen herüberwarf und miteinander tuschelte. Hatte ihr Kumpane etwa eine Wette verloren und musste deshalb jetzt eine der sehr ungewöhnlichen Gerichte von Garret probieren? Es wäre zumindest eine Erkläriung. Nachdem der Kunde versorgt war und dieser mit seiner zweifelhaften Errungenschaft abzog, wandte der Koch sich wieder den Magiern zu. “Ich brauche Bärenfleisch und Chilis. Und nein, kein gewöhnliches Bärenfleisch und keine gewöhnlichen Chilis, die könnte ich mir auch selbst besorgen.“ Garret winkte ab und ergänzte im Verschwörerton: “Ich benötige das Fleisch eines schwarzen Frostbären.“ Ein Frostbär? Das war eine Gattung, die Esmée tatsächlich kannte, denn in Bosco waren sie keine Seltenheit. Die Explosionsmagierin erinnerte sich allem voran an Erzählungen darüber, dass diese Tiere gefährlich waren und man lieber einen großen Bogen um sie machte, sollte man ihnen begegnen. Es war allerdings nicht dieses Detail, das die Prinzessin die Stirn runzeln ließ, sondern ein anderes: „Ein schwarzer Frostbär? Sind Frostbären nicht hellblau?“ Oder war das nur in Bosco der Fall? Es schien das Stichwort zu sein, auf das Garret gewartet hatte, denn das Grinsen zog sich nun über das gesamte, breite Gesicht. Das war kein gutes Zeichen, oder? „Oh, die Meisten sind hellblau, das stimmt. Aber gelegentlich gibt es auch ein schwarzes Exemplar unter ihnen und der Geschmack soll noch viel intensiver sein und einen solch starken Kältereiz verursachen, dass man innerlich förmlich schockgefrostet wird! Genau das, was ich zu meinen Frostchilis noch benötige!“ … Frostchilis? Esmées Mund öffnete sich einen Spalt breit, aber die richtigen Worte fand sie nicht. Wollte Garret seine Kundschaft mit seinem neuen Gericht umbringen?! Die junge Frau wechselte einen unsicheren Blick mit Arkos, um herauszufinden, was er von dieser Angelegenheit hielt. Wäre es Beihilfe zum Mord, wenn sie diese Quest erledigten?
Arkos hatte irgendwie das Gefühl, vor einem Handwerker zu stehen, nicht vor einem Koch. Im Prinzip machte das zwar nicht so einen gewaltigen Unterschied, aber doch wohl einen kleinen: Ein feiner Koch war das hier jedenfalls nicht. Garret aber schien auch nicht wirklich erpicht darauf zu sein, so rüberzukommen, und Arkos konnte es durchaus respektieren, wenn jemand neue Dinge ausprobierte und seiner Leidenschaft nachging. Irgendwie machte Satyrs Cornucopia diese Einstellung ja auch aus, und wenngleich Arkos nicht unbedingt ein kreatives Ass oder ein Künstler war, so konnte er doch damit sympathisieren.
Das würde ihn allerdings trotzdem nicht dazu bringen, den Kram von ihm zu probieren.
Chilis und Bärenfleisch? Das klang erst einmal gar nicht so ungewöhnlich. Zwar kannte sich der Rotschopf nicht mit so speziellen Gerichten aus, aber er konnte sich durchaus vorstellen, dass in diesen Gefilden durchaus auch mal Bär auf dem Speiseplan stand, wenn es sein musste. Der Schmied legte den Kopf ein wenig schief und sah - ein wenig fragend - in Richtung des Mannes. Schwarzer Frostbär? Naja, waren Bären nicht relativ oft dunkel gefärbt?
Anscheinend nicht, wie Esmée aufklärte. Wie nett, dass sie sofort einwarf, was die eigentliche Farbe dieser Bärenart war. Was Arkos verwunderte... blau? Blaue Bären? Beeren, okay, aber von blauen Bären hatte er noch nie gehört. "Hellblaue Bären?", fragte er murmelnd für sich selbst und schüttelte leicht den Kopf. Okay, was war also nun der Haken? "Also du willst... ein Bärenfleischgericht erschaffen, was einen extrem unterkühlt, und das in diesem Wetter?" Er sah ein wenig verständnislos aus, fing Esmées Blick auf und sah ebenso ein wenig ratlos aus. "Warum sollte man sich das antun?" Diese Frage war allerdings auch seiner ganz persönlichen Abneigung gegenüber Kälte entsprungen und trotzdem war sie nicht unangemessen. Fand er. Schließlich lag hier überall Schnee rum. "Manchmal, mein Junge, sollte man sich nicht fragen 'Warum', sondern nur 'Geht das?'. Sei ein wenig kreativ, dann wirst du auch so erfolgreich wie ich. HAHA." Er lachte herzlich und klopfte Arkos auf die Schulter. War es nicht normalerweise anders herum? Sagte man nicht, man sollte manchmal lieber erst einmal fragen ob man etwas tun sollte, bevor man überhaupt klärte, ob es möglich war? Übrigens klang 'Frostchili' auch ziemlich unschön. Der Rotschopf kratzte sich am Kopf.
"Gut, die Gilde wird ihren Auftrag natürlich erfüllen, aber... wo finden wir diese Bären? Und die Chilischoten?" Arkos hatte das ungute Gefühl, dass das nicht einfach werden würde. Bären waren generell keine Tierart, die sich gerne jagen ließ (vermutete er), aber dann noch ein spezielles Exemplar... in dieser Witterung... "Setzt mit dem Boot über auf die unbewohnte Seite des Flusses, dann in den Wald hinein, in Richtung der Berge. Es sollte nicht allzu weit sein, vielleicht einen einen Tagesmarsch... und einen halben. Dort oben werdet ihr eine Hütte finden, wenn ihr dem Trampelpfad folgt, die Jäger gehen dort öfter mal hin. Das Problem wird eher, den Bären wieder hierhin zu bringen..." Garret schien zu überlegen. "Ihr nehmt am besten einen Schlitten mit, um ihn zu transportieren. Ich vertrau auf euch!" Er lachte erneut, schob dann einen Schlitten auf die Straße, der... nun, Arkos hätte wahrscheinlich viermal nebeneinander darauf gepasst. Wie groß sollte dieser Bär bitte sein? "Ach, und die Chilis sind die Leibspeise der Frostbären. Findet ihr also Chilis, findet ihr Bären. Sie sehen aus wie normale Chilischoten, nur in Blau. Wer hätt's gedacht! HAHA!" "Ja, wer... hätt's gedacht", antwortete Arkos ein wenig schwach und seufzte leise. Eine Quest zu erledigen, die richtig nützlich war, war anscheinend einfach nicht in Mode. Gut, aber er machte das hier ja auch nur, um Esmée zu helfen, oder?
Esmée und Arkos gingen schließlich nebeneinander in Richtung des Flusses, nachdem alles mit Garret ausgetauscht war, was ihm und Esmée noch eingefallen war. Der Rotschopf sah ein wenig nachdenklich aus. "Das einzige, was mich ehrlich stutzig macht ist... er schien keinerlei Sorge zu haben, dass wir diesen Bären überhaupt finden. Es kann also sehr gut sein, dass... der Bär uns findet", merkte er ein wenig unzufrieden an.
Manchmal sollte man sich nicht fragen, warum man etwas tat, sondern nur, ob es überhaupt ginge? Esmée lagen diverse Erwiderungen auf der Zunge, die absolut gegen diese Lebensphilosophie von Garrett sprachen! Nur weil man einen Hamster mit einem Staubsauger aufsaugen konnte, hieß das nicht, dass man das auch machen sollte. Oder ein technisches Gerät auseinanderbauen, solange man nicht wusste, ob man die Einzelteile am Ende auch wieder zusammenführen konnte. Oder seine Haare selbst schneiden, weil man ja eine Schere besaß, obwohl das Ergebnis eine katastrophale Frisur war… Nein, die Explosionsmagierin war sich ziemlich sicher, dass man sich immer auch über das Warum seiner Handlungen Gedanken machen sollte, um sicher zu sein, dass es das Risiko wert war. Leider traf sie mit diesen Bedenken beim Auftraggeber auf taube Ohren. Esmée seufzte leise und überließ Arkos das restliche Gespräch. Sie mussten also mit einem Boot über den See, dann durch einen Wald in Richtung der Berge. Eineinhalb Tagesmärsche klang ziemlich anstrengend, gerade bei dieser Witterung… Die Prinzessin bezweifelte, dass sie sich die Pferde des Kutschers ausleihen könnten, der sie nach Vinternatt gebracht hatte. So dauerte es gar nicht allzu lange, bis Esmée und Arkos Seite an Seite in Richtung Fluss gingen und einen Schlitten hinter sich herzogen, auf dem sie später den gefangenen Frostbären transportieren sollten. Die Magier hatten sich entschieden, dass sie sich mit dem Ziehen des Gefährtes abwechselten. Die de Bosco übernahm den Start der Reise. „Frostbären sind ziemlich aggressive Tiere“, erklärte die Dunkelhaarige ihrem Kollegen und sah wehmütig über die Schulter zurück. Die warmen Lichter und süßen Gerüche des Vintermarktes rückten in immer weitere Ferne… Esmée wäre gerne länger geblieben. Dort gab es zumindest Krapfen. „Soweit mir bekannt, haben sie auch eine natürlich Immunität gegen Magie… zumindest wurde mir das als Kind immer erzählt. Die Bären sind in den Wäldern von Bosco relativ verbreitet und einem wird sehr schnell beigebracht, die Beine in die Hand zu nehmen, sollte man einem der Tiere in freier Wildbahn begegnen.“ Die Aussichten für die beiden Magier wurden wirklich nicht besser. Andererseits: Es könnte die Suche beschleunigen. Die hellblauen Äuglein der Prinzessin musterten den Schmied und sie zuckte mit den Schultern. „Das war mir nicht bewusst, als wir uns auf den Weg hierher gemacht haben, aber jetzt bin ich tatsächlich umso glücklicher darüber, dich um Hilfe gebeten zu haben. Ich meine, deine körperliche Kraft können wir bei einer Auseinandersetzung mit einem dieser Bären sicherlich gut gebrauchen.“ Vielsagend blickte Esmée auf die ziemlich breiten Oberarme des Schmiedes, stellte sich vor, wie er sich in direkter Konfrontation mit einem Frostbären befand. Moment – diese Vorstellung war viel zu anziehend. Die Prinzessin blinzelte, schüttelte dann den Kopf und deutete nach vorne. „Dahinten ist der See“, sagte sie und wollte sich auch selbst dadurch neu fokussieren. Das war bestimmt nur diese Kälte. Ganz sicher.
Eineinhalb Tagesmärsche waren… lang. Ziemlich lang. Obwohl die Überwindung des Sees ganz gut funktionierte und es sogar einen mehr oder minder guten Trampelpfad gab, der durch den Wald hindurchführte, spürte die Explosionsmagierin doch, wie sie mit jeder Stunde mehr und mehr auskühlte. Da brachte es auch nichts, die Mütze neu zu richten, den Schal enger um den Hals zu legen oder den Sitz der Handschuhe zu prüfen. Am Ende gab sich die junge Frau geschlagen und rückte ein bisschen näher an Arkos heran, der nicht nur Feuermagie beherrschte, sondern allgemein stets eine gewisse Wärme auszustrahlen schien. Eine vorteilhafte Eigenschaft in den kühlen Gefilden Nord-Fiores. „Wie lange sich dieser Wald wohl noch zieht?“, fragte die junge Frau irgendwann und ließ den Blick umherwandern. Die später werdende Stunde machte es nicht gerade heller in diesem Wald… Moment. Da fiel Esmée auf: Gab es überhaupt irgendeinen Unterschlupf, in dem sie übernachten könnten? Ein Gasthaus? Ein Zelt hatte die Dunkelhaarige in jedem Fall nicht dabei. Arkos hatte ja drauf bestanden, dass sie mit leichtem Gepäck reisten! Panik machte sich in der 20-Jährigen breit.
Gelinde gesagt: Arkos war ein wenig erstaunt gewesen, dass Esmée relativ schnell eingewilligt hatte, sich mit dem Ziehen des Schlittens abzuwechseln. Er war fast ohne Zweifel davon ausgegangen, dass ihm diese 'Ehre' überlassen worden wäre, aber nein, die junge Frau machte sogar den Start. Gut, das war vielleicht nicht ganz uneigennützig von ihr gedacht, aber trotzdem war das mehr, als der Rotschopf erwartet hatte. Esmée hatte sich schon ein wenig verändert. Was wohl der Anlass gewesen war?
"Aggressive Tiere", murmelte der Rothaarige ein wenig nachdenklich. Mittlerweile machte er sich bei den meisten Tieren nicht mehr allzu sehr Gedanken darüber, ob sie wirklich gefährlich für ihn waren, aber... Bären waren nun einmal so etwas wie ein Apex-Jäger der Tundra. Man sollte sich jedenfalls nicht ohne Grund mit einem anlegen, wenn man nicht musste. Und Was Frostbären sonst so ausmachte, konnte er auch nicht sagen, insofern würde er wohl erst einmal ein wenig vorsichtig bleiben müssen. "Immunität gegen Magie? Das klingt spannender als gedacht. Wenn das irgendwie mit ihrer Physis zusammenhängt, schätze ich, dass ihr Fell begehrt ist. Sie werden wahrscheinlich gar nicht so einfach zu jagen sein, wenn nicht jeder hochklassige Magier mit einem Bärenfell herumrennt." Oder aber die Resistenz gab sich mit dem Tod. Oder aber sie hatten gar keine tatsächlich Immunität gegen Magie. "Allerdings vermute ich, dass Immunität nicht wirklich gegen Magie im Allgemeinen bestehen kann, oder?" Er überlegte. Die Hitze seiner Flammen war echt, ebenso wie die Flammen an sich. Nur die Entstehung war magisch. Tja, ehrlich gesagt war Arkos nicht bewandert genug was Magie an sich anging, um diese Fragen sich selbst beantworten zu können. "Das heißt, du hast ein wenig Erfahrung mit solchen Bären. Gut." Er nickte, unwissentlich, ob das tatsächlich der Fall war, zufrieden. Die folgenden Worte irritierten ihn ein wenig und er sah zu Esmée - konnte ihren Blick aber absolut nicht so richtig deuten. Eher sah er ein wenig entsetzt aus. "Du willst, dass ich gegen einen Bären in den Ring steige? Ich hatte eigentlich nicht vor, mich mit einem Frostbären zu raufen." Er verzog ein wenig die Miene. Was sollte er tun? Dem Bären die Fresse polieren, oder was? "Schätze, wenn, dann müsste ich ihn überraschen und ihm das Genick brechen, oder so...", murmelte er nachdenklich, während sie auf den See zugingen. Ja, das wäre vielleicht möglich. Aber dafür musste er wohl eine Ablenkung haben, um sich von hinten oder oben an den Bären anschleichen zu können. Ob Esmée wohl gerne der Köder war?
Wahrscheinlich weniger.
"Ich dachte, du wüsstest das wahrscheinlich besser als ich", brummelte Arkos, der mittlerweile schon lange den Schlitten zog. "Sind diese Berge nicht einfach voll mit Wäldern? Er sagte, wir müssten dem Pfad folgen, bis wir eine Hütte finden. Bis dahin sollten wir wohl nicht stehenbleiben." Er hatte gar nicht so gute Laune. Das lag unter anderem daran, dass die Kälte ihm wirklich zusetzte - er mochte es überhaupt nicht so auszukühlen, und hatte - ehrlich gesagt - ein wenig unterschätzt, wie widerlich es hier draußen war, den Elementen ausgesetzt. Es erinnerte ihn unangenehm an seinen Ausflug mit Lian, nur dass... hier kein Führer mit Schlittenhunden dabei war. Sie hatten einen Schlitten, aber eindeutig zu wenig Hunde, um ihn ziehen zu lassen. Esmée war deutlich näher an ihm dran als noch am Anfang des Weges und er fragte sich, ob sie sich dadurch sicherer fühlte oder so? "Aber ich denke, wie gehen einfach erst einmal weiter. Wenn sie einen Unterschlupf haben, wo wir ankommen, dann sicher auch einen, um nicht auf dem Weg dorthin zelten zu müssen. Aber..." Er seufzte leise und atmete bewusst langsam und kontrolliert aus. Dampfwolken zeigten an, dass es in ihm wohl noch warm genug war. "Warum muss es auch so kalt sein?" Kopfschüttelnd sah er sich um, während das Licht rapide abnahm und Dunkelheit sich in dem Wald auszubreiten schien. Er machte eine Handbewegung und eine kleine Lichtquelle erschien auf seiner freien Hand, die auch ein wenig Wärme ausstrahlte.
Sie gingen noch ein Stück weiter, der Trampelpfad wurde schwerer und schwerer sichtbar - aber schließlich kamen sie in die Sichtweite einer wirklich kleinen Hütte. Es wirkte mehr wie eine Art Baumhaus, nicht wie eine solide Jagdhütte. Das war wohl nicht unbedingt die angekündigte Hütte. Würden sie also wirklich erst einmal hier bleiben müssen? "Lass uns mal schauen, ob wir uns hier ausruhen könnne." Es hatte mittlerweile angefangen zu schneien, und der leichte Wind schnitt förmlich in die Haut. Arkos spürte ein Schauer durch seinen Körper laufen. Bislang hatte er die Kälte so gut es ging wegignoriert, aber... es war eigentlich kaum auszuhalten. Durch eine kleine Tür, die von innen oder außen mit einem schweren Riegel verschlossen werden konnte, kamen sie in das winzige Häuschen, welches aus einem Raum bestand und nur sehr rustikal 'eingerichtet' war. Es gab einen kleinen Ofen aus Eisen, zwei Bänke, einen Tisch, und einen Schrank, dessen Inhalt sich - zumindest vermutete Arkos das - auf Kochutensilien beschränken würde. Fast wie zuhause also. "Schön. Das reicht für eine Nacht, denke ich." Er klang erleichtert. Erleichterter als er zugeben wollte. "Lass uns ein Feuer machen. Es gibt hier sicher Brennholz. Und... vielleicht kannst du mir ja noch ein wenig mehr darüber erzählen, was man in Bosco so von den Bären erzählt hat?"
Die Lichtquelle, die Arkos auf dem Weg erzeugte, gab Esmée gleich in mehrfacher Hinsicht eine gewisse Sicherheit. Zum einen, weil sie den Weg vor sich trotz einsetzender Dunkelheit erkennen und dadurch eventuellen Stolperfallen (und davon gab es einige!) gezielt ausweichen konnte. Zum anderen, weil die Flamme Wärme spendete, und das war inmitten eiskalter Abendluft irgendwo im Nirgendwo ein nicht zu unterschätzendes Gut. Je mehr das Tageslicht schwand, desto mehr schwand auch die Hoffnung der Prinzessin, alsbald einen Unterschlupf für die Nacht zu finden. Umso erfreuter war die junge Frau, als sich eine kleine Holzhütte aus der sonst eher weißen Umgebung schälte und den Alptraum, als Eis am Stiel zu enden, gerade eben noch abwendete.
Erleichtert atmete Esmée aus, als sie direkt hinter Arkos in das kleine Häuschen schlüpfte und dadurch dem beginnenden Schneegestöber der Außenwelt entkam. Fröstelnd rieb sich die junge Frau über die Oberarme, während sie in die Mitte des Raumes trat und sich neugierig umsah. Kleiner Ofen, zwei Bänke, ein Tisch und Schrank… alles da, wenngleich Esmée sofort eine Sache auffiel, die leider fehlte: „Wir werden die Nacht über wohl ohne Bett auskommen müssen.“ Es war lange, sehr lange her, dass die de Bosco unter solch widrigen Umständen hatte nächtigen müssen. Genauer gesagt: Zuletzt während der Flucht aus ihrem Heimatland. Es hatte Abende gegeben, in denen sie gemeinsam mit Erial in irgendwelchen Höhlen, unter provisorischen Zweigdächern oder auch gänzlich unter freiem Himmel hatte schlafen müssen. Erfahrungen in dieser Hinsicht hatte Esmée schon sammeln können, besonders begeistert war sie über die unbequemen Aussichten dennoch nicht. Sie bezweifelte auch, dass Arkos sein letztes Hemd hergeben würde, um der Prinzessin einen Hauch Gemütlichkeit zu ermöglichen. Da war Erial einfach anders gepolt gewesen. „Aber besser ohne Bett, als tiefgefroren“, schlussfolgerte sie, bevor der Aurelius ihr zuvorkam (jetzt mal ernsthaft, das hätte er doch niemals unkommentiert gelassen) und drehte sich dann auf dem Absatz herum, um nach dem Brennholz Ausschau zu halten. Es dauerte nicht lange, bis sie einen gusseisernen, großen Eimer mit einigen frisch geschlagenen Hölzern direkt neben dem eher altmodisch wirkenden Ofen gefunden hatte. Ohne ein Wort zu sagen, schnappte sich Esmée das Holz, trat auf den Ofen zu und begann, vollkommen unkoordiniert das Holz hineinzulegen. Arkos konnte das Trauerspiel der ziemlich überforderten Prinzessin (nie im Leben hätte sie so ein Feuer in Gang gebracht) nicht allzu lange tatenlos betrachten. Er scheuchte Esmée förmlich davon, um die Sache mit dem Feuer im Ofen lieber selbst zu übernehmen. Die Dunkelhaarige wehrte sich nicht mit sonderlich großem Elan – vielleicht hatte sie sogar darauf gehofft, dass der Rothaarige die Arbeit an dieser Stelle übernehmen würde. Immerhin: Sie hatte Willen gezeigt. Was wollte der Schmied mehr? Esmée setzte sich auf eine der Bänke und beobachtete den Kollegen schweigend bei seinem Tun, ehe sie sich daran erinnerte, dass er ja noch eine Frage gestellt hatte. Was man sich in Bosco von den Frostbären erzählte? „Hm. Nicht viel mehr als das, was ich dir vorhin bereits erzählt habe. Frostbären haben ein hellblaues Fell und verschmelzen dadurch ziemlich gut mit ihrer Umgebung. Manche seltenen Exemplare sind allerdings schwarz und man munkelt, dass die schwarzen Exemplare noch gefährlicher sein sollen als die hellblauen Verwandten. Warum das so ist, weiß ich allerdings auch nicht. Vielleicht ist ihre Magieresistenz stärker ausgeprägt?“ Aber das war nur eine Vermutung. Ob das hieß, dass diese Bären auch eine Explosion aushalten könnten? Oder bezog sich Magieresistenz nur auf die reine Form des Mana? Hm. Im Zweifel würde ihnen nicht vielmehr übrigbleiben, als es auszutesten. Natürlich nachdem Arkos in den Zweikampf mit diesem Bären gegangen war… die Vorstellung war immer noch verlockender, als die Prinzessin es offen hätte zugeben wollen. Naja, egal! Zurück zum Wesentlichen: „Ich denke nicht, dass es schwierig wird, die Bären zu finden. Insbesondere, wenn wir nach einem schwarzen Exemplar suchen, denn die fallen inmitten der sonst weißen Umgebung sicherlich schnell auf. Sollte uns die Aussicht von einem der Berge aus nicht reichen, kann ich auch anbieten, bei Tageslicht die Umgebung abzufliegen.“ Wusste Arkos überhaupt über diese Form ihrer Magie Bescheid? Sicher war sich die Prinzessin nicht, jetzt, wo sie genauer darüber nachdachte. Just in dem Augenblick, als sie näher auf ihren Zauber und die damit verbundenen Flugfähigkeiten eingehen wollte, flammte das Feuer im Ofen richtig auf und die Äuglein der de Bosco wurden größer. Wärme! Licht! Leben! Urplötzlich sprang sie von der Bank auf und hockte sich direkt neben Arkos, hielt die geöffneten Handflächen dem geschlossenen Ofen entgegen. Esmées Augen schlossen sich genießerisch und sie seufzte selig. Sie hatte gewusst, dass ihr kalt war, wie sehr ihr Körper allerdings durchgefroren war, merkte die Dunkelhaarige erst jetzt. Die Satyrs Magierin ließ den Moment (und die Wärme) auf sich wirken, bevor sie die Lider wieder anhob und mit einem Seitenblick den Rothaarigen musterte. Er musste doch genauso gefroren haben wie sie, oder? Natürlich entschied sich der Magen der de Bosco genau jetzt, ein leises Knurren zum Besten zu geben… Wie konnte Esmée eigentlich schon wieder Hunger haben, nachdem sie sich auf dem Vintermarkt den Magen mit diversen Speisen vollgeschlagen hatte? „Ich habe ein paar Cracker und gebrannte Mandeln vom Vintermarkt im Angebot. Wie sieht es bei dir aus?“ Tja, auch das ausgiebige Reiseproviant war Arkos vehementem Drängen nach kleinerem Gepäck zum Opfer gefallen. Dieses eher magere Angebot hatte also der Schmied zu verschulden.
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