Ortsname: Interkulturelles Wissenszentrum Aloe Towns Art: Gebäude Spezielles: Ja Beschreibung: Das Museum bildet das Fundament für viele Ausstellungen von Kulturimporten aus aller Welt. Im Zentrum der Wüstenstadt finden sich hier viele Interessierte und manchmal auch gezwungen weniger Interessierte ein, die sich die Exponate anschauen und die überaus gebildeten Angestelten um jegliche Informationen fragen können.
Manchmal sitzt man hier aber auch nur rum, weil es hier vergleichsweise kalt und ruhig ist.
Álvaro atmete schwer, während er sich durch die Menschenmenge Richtung Osteingang zwängte. Mach jetzt keinen Quatsch, Körper. Zwar traten seine Anfälle inzwischen seltener auf, jedoch hatte er durch das viele Training vor allem ein besseres Gefühl dafür, was an seinem Körper normal war und was nicht. Zwar war es nicht ungewöhnlich, dass sein Puls stieg, wenn er sich zu Höchstleistungen antrieb, jedoch beunruhigte es ihn doch ein wenig, in welcher Geschwindigkeit das gerade geschah. Reiß dich zusammen. Er konzentrierte sich und versuchte seinen Puls ein wenig zu beruhigen, ohne die Verfolgung aufzugeben. Er merkte jedoch schnell, dass er deutlich schneller als der Dieb war, was bedeutete, dass er nur darauf achten musste die Spur nicht zu verlieren, bis er freie Bahn hatte… Doch dann schoss sein Puls in die Höhe.
Vor ihm erhob sich eine Gestalt aus purem Licht und breitete ihre gewaltigen Flügel aus. Sie hob ihr Schwert und Álvaro war sich sicher: Jetzt war es so weit und irgendeine höhere Entität hatte beschlossen sein Leben zu beenden und einen Familienzweig von der Erde zu tilgen, der schon viel zu lange lebte. Eine Verbindung zu dem von Athena erwähnten „Engel“ machte er dabei nicht, denn die Vorstellungen von irgendwelchen göttlichen Gestalten waren für ihn bisher nicht mehr als Märchen gewesen. Entsprechend sorgte die Erscheinung dafür, dass ein Zusammenbruch unvermeidbar war, denn eine Gotteserscheinung war zu viel für seinen zerpflückten Körper. „Argh.“, ächzte er, während er weiter nach vorne preschte und es sich anfühlte, als würde sein Herz jeden Moment aus seiner Brust brechen. Mit letzter Kraft riss er einer Besucherin der Ausstellung die Handtasche aus der Hand, die lautstark protestierte, jedoch schnell einsah, dass sie wohl nicht über die Ressourcen verfügte, die Tasche von Álvaro zurückzuerobern. Wenn er hier schon zu Grunde gehen würde, würde er zumindest seinen Auftrag nach erfüllen und diesen Mistkerl von einem Dieb niederstrecken. Da ihm kein Ziegelstein vergönnt war, musste er sich eben mit dem nächstbesseren Gegenstand zufriedengeben. Meine Kraft sollte ausreichen, um dem Mistkerl auch damit die Beine zu brechen…
Offensichtlich wurde auch der Dieb von der imposanten Lichtgestalt aufgehalten, sondern auch der Dieb, was hieß, dass sie wohl nicht exklusiv für Álvaro die Erdkugel betreten hatte. Für diese Erkenntnis war es allerdings zu spät, denn er merkte, wie sein Körper kapitulierte und seine Beine nachgaben. Mit letzter Kraft holte er aus und zielte durch eine Lücke zwischen den Besuchern, wo er das erste Mal den Übeltäter zu Gesicht bekam. Ein Kind?! Er hatte nicht viel Zeit sein Vorgehen zu ändern, aber auch wenn er ein Mistkerl war, konnte er einem Kind nicht den halben Körper zerschmettern. Das hieß allerdings nicht, dass er ganz darauf verzichten würde das Kind zu verletzen, denn eine Lektion würde dem Jungen guttun damit er in Zukunft nicht erneut solche Dummheiten versuchen würde und außerdem war es seine Pflicht ihn aufzuhalten. Statt also direkt auf die Beine des Jungen zu zielen, feuerte er die Handtasche auf den Boden direkt vor ihm. Das Ergebnis bekam Álvaro zwar nicht mit, aber die Kraft sollte bei weitem ausreichen, um dem Jungen den Boden unter den Füßen wegzuziehen, sodass Álvaro nicht der Einzige war, der Bekanntschaft mit dem außerordentlich gründlichen gewischten Boden des Wissenszentrums machte.
Ungebremst raste Álvaros Gesicht auf den Boden zu, doch scheinbar schien heute sein Glückstag zu sein. Weder war dieser Engel da, um ihn in die Hölle zu begleiten, noch machte er wirklich Bekanntschaft mit dem Boden, denn ein Besucher griff ihm tatsächlich unter die Arme, bevor er aufschlug, was ihn wahrscheinlich vor der endgültigen Ohnmacht bewahrte. Zwar hatte dieser merkliche Probleme den massigen Mann zu halten, jedoch kehrte nach kurzer Zeit zumindest ein wenig Gefühl in Álvaros Beine zurück, sodass er sich auf den Beinen halten konnte auch wenn er sich noch abstützen musste. „Danke.“, brachte er noch hervor ohne, dass er für die nächsten Momente wirklich mitkriegte, was um ihn herum passierte. Es war wirklich wundersam, wie anders die Menschen auf ihn reagierten, wenn er ein wenig zurecht gemacht war. Nach und nach schaffte er es seinen Puls zu beruhigen und die Kontrolle über seinen Körper zurück zu gewinnen. Erst jetzt konnte er sich einen Überblick verschaffen was passiert war. Wo war Athena? Hatte Álvaro den Jungen erwischt? Oder war er ihnen entkommen? Wenn ja, müsste Álvaro das wohl auf seine Kappe nehmen.
Ohne Hast ließ die rosa-glühende Gestalt Chamuels erst Schwert, dann die Hand sinken. Die jadegrünen Schlitze an jener Stelle, wo eigentlich Augen sein sollten, flackerten einmal auf. Vielleicht das chamuelsche Äquivalent eines Blinzeln. Während der kleine Dieb sich seine von den Schmerzensausrufen der Gäste begleitete Bahn durch die Menge bahnte, faltete der Engel sorgsam die Flügel hinter dem Rücken. Mit einem Mal wirkte die Gestalt nicht mehr im Geringsten bedrohlich. Das Schwert wurde von seinem Besitzer als Gehstock missbraucht, tockte ab und an mal auf den Boden. Im Gegensatz zu seiner Beschwörerin verlangte alleine die Gestalt des Engels den Besuchern wohl auch eine gewisse Menge Respekt ab, denn sie machten der leuchtenden Gestalt Platz, als diese sich Álvaro näherte. Jemand nahm reflexartig das Schwert des Engels entgegen, als dieser auffordernd die Hand ausstreckte. Statt um eine Waffe, legten sich die warmen Hände der Kreatur ausgesprochen sanft nach Álvaro, um den Mann noch ein wenig mehr zu stützen. "Fürchtet Euch nicht", erklang eine ätherisch nachhallende Stimme. Ein Mund war bei Chamuel zwar nicht zu erkennen, aber mitteilen konnte er sich wohl trotzdem. "Benötigt Ihr einen Heiler, Sterblicher? Ich helfe Euch gerne, bis Ihr wieder bei Kräften seid." Die Wirkung, die die geflügelte Gestalt auf die langsam eine Traube um das Geschehen an diesem Ende des Ausstellungsraum machende Menschenschar hatte, schien an dem Wesen völlig vorbei zu gehen. Stumm, wohl eine Antwort abwartend, kniete Chamuel vor Álvaro. Der Mann, dem das Engelsschwert in die Hand gedrückt worden war, sah jedoch immer verstörter aus, was vermutlich an der Waffe lag.
Und auf der anderen Seite des Kernstücks der Ausstellung, kämpfte sich eine recht kleine Nymphe durch die Menschenmenge. Irgendwas schien die ganzen Kurzlebigen abgelenkt zu haben, denn es war immer erst ein sanfter Knuff mit dem Ellenbogen oder wiederholte "Entschuldigung"en notwendig, bevor man der Rune Knight endlich Platz machte. Schultern, Rücken und manchmal auch Fronten von Menschen wurden beiseite geschoben. Wo war Álvaro? Nicht zu sehen. Aber bestimmt machte er seine Arbeit. Er hatte ja doch ziemlich professionell gewirkt. Athena schulterte einen weiteren Besucher davon, der mit offenen Mund auf die andere Seite des Raums starrte. Was glotzten die denn alle so doof? Da! Die See an Leibern lichtete sich! Wie ein Korken aus der Sektflasche ploppte Athena aus der Menschenmenge heraus, sah grade noch wie ein kleiner Junge mit dem gewaltigen Herz des Höllenfeuers sich anschickte auf gradem Weg aus dem Ausstellungsraum zu verschwinden. Die Leute hatten sich in die Halle gedrängt und es stand dem kleinen Dieb kaum mehr etwas auf der Flucht entgegen. "IM NAMEN DER RUNE KNIGHTS, HALT!", donnerte Athena raus, so laut es eben ging. Der Junge interessierte sich nicht im Geringsten dafür und nahm lieber die Beine in die Hand. Wenn er erst einmal draußen war, konnte er in der nächsten Menge untertauchen. Und dann hatte er freie Bahn bis nach draußen. Und ab da bestand nicht mehr die geringste Chance ihn zu erwischen. Und dann war Athena am Arsch. Das Kommando würde ihr völlig zurecht eine Standpauke halten.
Mit dem Fwuup eines plötzlich entstehenden Vakuums teleportiere sich Pluma aus seiner Scheide direkt in Athenas Hand, als die Nymphe sich in Bewegung setzte. Ein paar tanzende, fedrige Funken blieben an Ort und Stelle zurück, senkten sich langsam dem Erdboden entgegen. Mit lautem Klacken trafen die Absätze der bescheuerten Stiefel der Nymphe den Boden. Und trotzdem wäre sie deutlich zu langsam gewesen, um mit dem flinken Dieb mitzuhalten, wäre da nicht plötzlich eine Handtasche aus der Menge an Gaffern heran gesegelt gekommen. Das behelfsmäßige Wurfgeschoss traf den diebischen Jungen direkt in die Beine. Mit einem Aufschrei wurden ihm im vollen Laufen eben diese weggezogen, sodass er eine schmerzhafte aussehende Vollbremsung auf den eigenen Armen hinlegte. Athena konnte nicht anders als beeindruckt zu sein. Der Wurf war exzellent gezielt gewesen. Besonders, da er zwischen den Beinen der Kunden hindurch erfolgt war und trotzdem genug Wucht gehabt hatte, um der Flucht des Diebs ein unfreiwilliges Ende zu bereiten. Mit einem finalen Klicken der Absätze postierte sich die Nymphe über dem Dieb und reckte diesem die Klinge ihrer Waffe entgegen. "Im Namen der Rune Knights seid Ihr hiermit aufgefordert Euch zu ergeben. Alles, was Sie sagen kann gegen Sie verwendet werden!", wurde dem Kind entgegen geschmettert. Der Junge sah auf, umklammerte das Juwel in seinen Händen und...fing an zu heulen. Es war als hätte man ein Schleusentor geöffnet, das einen See an Tränen und Schnodder zurückgehalten hatte. "Uh", machte Athena ritterlich. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass nicht nur die Augen der Leute im eigentlichen Ausstellungsraum auf ihr lagen, sondern auch die der Leute in der Eingangshalle. Mit metallischem Kratzen wurde Pluma zurück in die Scheide gerammt, bevor sie umständlich vor dem kleinen Dieb auf die Knie ging. Einer nach dem anderen wurden die Gesichtsmuskeln an jene Positionen gezwungen, die "beruhigendes Lächeln" ergaben. "Ok, schau. Gib' mir den Edelstein zurück und ich lege ein gutes Wort für dich ein." Die gepanzerte Hand Athenas streckte sich auffordend gen des Juwels aus. Der Junge klammerte sich noch mehr an eben dieses und weinte nun herzzerreißend und laut weiter. Der Tonlage nach hatte Athena grade alle seine Lollis geklaut. Hohe Himmel, was machte man da? Die Ausbildung bei den Runensoldaten hatte sie nicht darauf vorbereitet, wie man mit so jungen Dieben umging. Normalerweise gab es ein paar fiese Worte oder erfreulicherweise mal einen Faustkampf. Aber der Junge machte nichts außer Schniefen und Plärren. "Álvaro? Chamuel?", ließ Athena lauter hören, auch wenn sie den Kopf nicht von dem Jungen und dem Juwel abwandte. Noch einmal würde es ihr nicht passieren, dass hier eines der Ausstellungsstücke abhanden kam!
Als Álvaro versuchte sich zu orientieren, teilte sich die Menschenmenge vor ihm und Chamuel – oder der Fährmann ins Jenseits, wie Álvaro ihn wahrnahm – baute sich vor ihm auf. Ist es doch so weit? Ich dachte ich wäre für heute über den Berg. Jetzt, wo der Tod so nah schien, schien es ihm doch ein unpassender Zeitpunkt, denn gerade erst hatte er die Möglichkeit erhalten, den Namen seiner Familie reinzuwaschen und seinem Reich zu dienen. Komisch, denn seit Ewigkeiten war er auf seinen Tod vorbereitet und auch, wenn er jetzt alles andere als Angst hatte, stimmte es ihn ein wenig traurig. Der Engel streckte seine Hand nach ihm aus und… Zu Álvaros Verwunderung nahm er ihn nicht mit sich, sondern bot ihm Hilfe an. „D-Danke.“, entgegnete Álvaro und strahlte dabei eine Mischung aus Verunsicherung und Verwirrung aus. Wie ging man mit einem Engel um? Er hatte ohnehin gedacht, dass es eher irgendein Teufel sein würde, der ihn unsanft in die Tiefe ziehen würde. Doch dann dämmerte es Álvaro langsam. Engel… Das ist der Wachmann?! Langsam löste er sich von der Person, die ihn stützte, stand einen Moment etwas wackelig und fing sich dann wieder. „Du gehörst zu Athena, richtig?“ Der Engel richtete sich wieder auf und nickte anmutig während er eine Hand ausstreckte, ohne seinen Blick von Álvaro abzuwenden. Erneut wurde die Geste wortlos von dem Mann verstanden, der aktuell das leuchtende Schwert des Engels trug und dieser schien mehr als erleichtert als er Chamuel die beeindruckende Waffe in die Hand drückte, der sie erneut als Gehstock missbrauchte. „Es ist keine Schande Hilfe anzunehmen, aber ich respektiere eure Entscheidung, Sterblicher.“ Verdammt. Er hatte in dieser ganzen Situation wie ein Vollidiot gehandelt. Hätte er sich vorher genug Zeit genommen die Fähigkeiten seiner Partnerin zu verstehen, hätte ihn seine Magie nicht so geschockt und er hätte den kleinen Jungen vielleicht zu fassen bekommen. Jetzt hatte er in seiner Verwirrung noch mehr Zeit verschwendet. Wenn Athena den Jungen nicht geschnappt hatte, war er nun wahrscheinlich über alle Berge.
Ohne dem Engel weitere Aufmerksamkeit zu schenken, schritt er bestimmt – so gut er das jedenfalls wieder konnte – Richtung Osteingang. Nun machten die Menschen auch ihm Platz, was entweder daran lag, dass die Situation sich beruhigt hatte oder daran, dass die anmutige Aura des Engels nun auf ihn übergegangen war. Wahrscheinlich eher ersteres. „Athena.“ Im ersten Moment atmete er erleichtert aus als er sowohl Athena als auch den kleinen Jungen erblickte. Dann merkte er jedoch schnell, dass die Situation noch nicht gemeistert war, denn Athena schien ähnlich einfühlsam zu sein wie Álvaro. Immerhin hatte er der Runenritterin voraus, dass er sich sehr gut in Kriminelle hineinversetzen konnte und daher wohl ganz gut wusste, dass der Junge wohl nicht der Kern dieses Raubs war. Langsam näherte auch er sich der Situation und kniete sich mit etwas Abstand zu Athena. „Hör mal zu, Kleiner. Wenn du uns den Stein gibst und erzählst, wer dich hierhin geschickt hat, wird dir nichts passieren.“ Der Junge schniefte und heulte weiter. Auch wenn Álvaro versucht war ihn zu beruhigen, hatte er immer noch im Hinterkopf, dass das alles auch eine Masche sein konnte, die der Junge jeden Moment nutzen würde, um mit dem Stein zu fliehen. Das spiegelte sich auch in seinem Blick wider, der entgegen seinen Worten wenig beruhigend war. „Drohen sie dir? Wir werden dich vor ihnen Beschützen.“ Wieder veränderte sich das Verhalten des Jungen genauso wenig, wie der einschüchternde Blick des Boxers. So kamen sie hier nicht weiter und Álvaro verlor langsam die Geduld. „Ich kann mir den Stein auch einfach nehmen, wenn du das willst. Glaub mir.“ Der Junge heulte unverändert weiter, also hatte die Drohung die Situation wohl auch nicht verschlechtert. Warum eigentlich nicht? Er musterte die Umstehenden Leute und entschied sich sogleich dagegen. Sie musterten die Situation aufmerksam und tuschelten hinter vorgehaltener Hand. Wenn sie den Jungen berührten, würden die Gäste sich wohlmöglich noch auf sie stürzen und dem Jungen bei der Flucht helfen.
Dann teilte sich die Menge erneut und vom rhythmischen Klacken seines Schwertes begleitet, stolzierte nun auch Chamuel ins Zentrum des Geschehens. „Gewalt ist hier keine Lösung.“, verkündete er und ob es nun sein Anblick oder seine Worte waren: Das heulen des Jungen ebbte ein wenig ab. „Dann löse die Sache anders. Bitte.“, merkte Álvaro etwas ungehalten an. Mit heulenden Kindern hatte er seit Jahren nicht mehr zu tun gehabt und nach dem heutigen Tage würde er wahrscheinlich dafür sorgen, dass das auch für die nächsten Jahre so blieb.
Mit steigender Verwirrung im Blick sah sich Athena um. Der kleine Junge heulte wie ein ganzes Rudel Schlosshunde vor sich hin. Dabei hatten sich seine kleinen Patscher fest wie ein Schraubstock um das Juwel geschlossen. Und die herumstehenden Zivilisten beobachteten das Geschehen. Sicherlich, es wäre ausgesprochen einfach dem Kleinen den Edelstein einfach abzuringen. Aber sie vertrat hier die Rune Knights! Sie konnte - und wollte - nicht einfach kleine Kinder verprügeln, selbst wenn sie diebische Langfinger waren. Wobei seine Finger eigentlich gar nicht unnormal lang aussahen...egal. Konzentration auf die Situation, Athena! "Álvaro!", erklang es freudig, als ihr Kollege mit Chamuel im Schlepptau wieder auftauchte. Die beiden Gestalten bahnten sich ihren Weg durch die Menge. Und jetzt war der Boxer an der Reihe es mit Diplomatie zu versuchen, während Athena hinter ihm stand wie bestellt und nicht abgeholt. Plumas Spitze senkte sich gen Boden. Ganz offensichtlich war die Nymphe ebenso ratlos wie Álvaro, wie man sich hier zu verhalten hatte. Es klackte nur leise, als sie ihre Position so verschob, dass der Junge nicht durch die ungeschützte Türe brechen konnte um zu entkommen. Metall kratzte auf Metall, als Pluma wieder gescheidet wurde. Das Geräusch sorgte scheinbar für ein paar mehr Schniefer bei dem kleinen Jungen. Vorsichtig hob Athena hinter Álvaro die Hände an, um klar zu machen, dass von ihr keine Aggression ausging.
Aber auch die Versuche ihres Kollegen den Jungen zu beruhigen schlugen fehl. Athena tauschte einen Blick mit ihrem Kollegen. Das hier war kein Problem, was einer von ihnen beiden lösen konnte, wie es schien. Er hatte da schon einen weitaus besseren Job gemacht als sie das jemals hätte tun können. Immerhin hatte sie keine Kindheit gehabt und wusste nicht einmal, wie sich menschliche Kinder fühlten. Ein Seufzen schien sich Chamuel zu entringen. Die jadegrünen Augen richteten sich auf Athena, die mit flehentlichem Blick nickte. Das Schwert des Engels wurde der Nymphe überlassen, bevor die leuchtende Gestalt vor dem Jungen in die Knie ging und sanft die Hände nach ihm ausstreckte. Aus Erfahrung wusste Athena, dass sich Chamuel vage warm anfühlte. Der Körper des Engels lud gradezu dazu ein, dass man sich bei ihm geborgen fühlen konnte. Als säße man mit einer warmen Decke und dem Heißgetränk der Wahl in einem bequemen Stuhl. "Fürchte dich nicht", bat Chamuel mit einer für die Himmelsgestalt erstaunlich warmen Stimme. Der Junge wurde von den Händen und Schwingen umfangen und geschützt. Einzig sein Haarschopf war zwischen den grünen Federn sichtbar. "Du möchtest nicht stehlen. Du bist keine schlechte Person. Manchmal muss man etwas tun, auch wenn man das nicht möchte. Das verstehe ich. Das verstehen alle hier." Der Haarschopf bewegte sich zwischen den Federn. Scheinbar nickte der Junge. Bei Athena furchten sich die Brauen. Die Nymphe begann schwerer zu atmen, die Brustplatte hob und senkte sich in schnellerer Folge. Scheinbar völlig unberührt davon wuschelte Chamuel dem Jungen durch die Haare. "Dir wird nichts geschehen. Aber du kannst dein Leid nicht verringern, indem du neues schaffst. Bitte gib den Stein zurück. Wir reichen dir die Hand, du musst sie nur ergreifen." Ein leises Keuchen ertönte. Athena beugte sich vornüber. Das Engelsschwert begann auseinander zu fasern. Kleine, leuchtende Funken segelten gen Boden, sanken dort ein. Metall krachte auf Stein, als die Nymphe in die Knie ging. Die leuchtende Gestalt Chamuels flackerte auf, wurde durchsichtig. Noch immer den Jungen umarmend, schrumpelte der Engel zusammen, bis nur noch eine leuchtende Feder übrig war, die tanzend in unfühlbarem Wind zu Athena zurück kehrte.
Der Junge schniefte noch einmal, sah dann auf. Ein kurzer Blick ging Richtung Álvaro, dann in Richtung der knienden Athena, die deutlich weniger aussah als könnte sie ihm noch im Wege sein. Vorsichtig, beinahe scheu, streckte er den Edelstein in Richtung des Mannes aus.
Beeindruckt beobachtete Álvaro, wie der Engel sich mit einer selbstverständlichen Vertrautheit an den Jungen wandte und ein Nest bereitete, welches eine wärme ausstrahlte, die sogar das tote Herz des alten Boxers erreichte. So war es jedenfalls aus Álvaros Perspektive, denn er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal eine solche Herzlichkeit gesehen oder gar selbst ausgestrahlt hatte. Chamuels Worte erreichten dabei so sanft seine Ohren, als handle es sich um einen Poeten, der gerade sein Magnum Opus vortrug. Wortgewandtheit und Herzlichkeit. Das waren nicht gerade Attribute, die Álvaro in seiner Persönlichkeit vereinte. Umso besser, dass Athena jemanden an ihrer Seite hatte, der genau damit das Herz des kleinen Jungen erwärmen und ihm seine Sorgen nehmen konnte. Jetzt waren sie nur noch wenige Augenblicke davon entfernt, dass der Junge Chamuel den Stein- Swoosh. Verdammt. Chamuel ging, wie er gekommen war. Plötzlich und ohne Vorwarnung. Es war so, als hätte er jegliche Töne mit sich genommen, denn für einen Augenblick war es totenstill und niemand traute sich etwas zu sagen. Der Junge blickte in die kleine Runde und Álvaro sammelte die Energie, die von Chamuel noch im Raum verblieben war, um ein ehrliches Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern und damit dem Jungen zu signalisieren, dass er auch ohne Chamuel hier in Sicherheit war. Athena hingegen sah er so aus, wie Álvaro vor zwanzig Jahren, als er nach irgendeiner durchzechten Nacht völlig verkatert in irgendeiner dunklen Absteige aufwachte.
Als der Junge dann seine Hand ausstreckte, fiel Álvaro ein riesiger Stein vom Herzen. Er war sich nicht sicher, ob sein Körper eine weitere Verfolgung überlebt hätte. Vorsichtig streckte auch er seine Hand aus und nahm den Edelstein behutsam an sich, während er ihn noch einmal musterte. Er war groß. Wahrscheinlich beeindruckend groß, wenn man sich mit Edelsteinen auskannte. Álvaro war sich aber sicher, dass man für wenige Jewel ganz einfach ein Replika herstellen konnte, was nur sehr wenige Personen vom Original unterscheiden könnten. So viel Stress wegen einem exklusiven Stein… Inzwischen waren auch einige der anderen Wachleute eingetroffen und standen am Rand der Menge die gespannt beobachtete, was geschah. Álvaro fixierte also erneut den Jungen und streckte seine leere Hand nach ihm aus, denn er war niemand, der nicht zu seinem Wort stand. „Komm mit. Wir sorgen dafür, dass dir nichts passiert.“ Erneut streckte der Junge etwas zögerlich seine Hand aus und griff nach Álvaros Handfläche, der behutsam seine Hand schloss. Im Gegensatz zu seinen großen, rauen Pranken, wirkten die Hände des jungen babyweich und Álvaro gab sich größte Mühe einen sanften, schützenden Druck beizubehalten. Wann hatte er das letzte Mal mit einem Kind interagiert? Es war wahrscheinlich ewig her. Langsam erhob er sich mit dem Jungen und drehte sich zu Athena, die immer noch erschöpft auf dem Boden kniete. Sie hatte wohl alles gegeben, was sie hatte, um diese Mission zu einem Erfolg zu führen. Bemerkenswert. Ohne seinen Blick von ihr abzuwenden, streckte er seine linke Hand aus in der fest Umschlossen das Herz des Höllenfeuers ruhte. „Bringt es wieder in Sicherheit. Wir kümmern uns um den Jungen.“, wies er einen anderen Wachmann an, der nicht protestierte und den Stein sofort mit einigen anderen Wachen zu seiner Vitrine eskortierte. Dann griff er Athena unter die Arme und half ihr auf die Beine. „Gute Arbeit, Athena. Du bist eine beeindruckende Magierin.“ Als sie standen, stützte er sie weiter, da er nicht einschätzen konnte, wie erschöpft sie war. „Ich glaube, dass wir hier erstmal genug getan haben. Lass uns erstmal den Jungen in Sicherheit bringen und diesen Trubel hinter uns lassen.“ Langsam machte Álvaro sich auf den Weg, der sich schon wieder etwas regeneriert hatte. Zu seiner rechten tapste der kleine Junge neben ihm her, der langsam ein wenig seiner Angst hinter sich lassen konnte. Zu seiner linken stützte er Athena, die immer noch sehr erschöpft schien. Wenn man nicht mitbekommen hatte, was gerade passiert war, konnte man fast denken, dass es sich um eine kleine Familie bei einem Museumsbesuch handelte.
Die Maserungen im Parkett des Bodens verschwammen vor Athenas Augen. Die feinen, dunklen Linien im Holz überlagerten sich, tanzten umeinander wie fröhliche Feenkinder. Stumpfe, graue Augen richteten sich auf die in hellem, freundlichen Rosa strahlende Feder, die vor ihr auf den Boden segelte. Nur langsam versiegte das Glühen, ließ eine Feder zurück, deren Spitze grünlich schillerte. Mit zittrigen Fingern und protestierenden Muskeln streckte die Nymphe eine Hand aus, die sich sanft, fast schon zärtlich - trotz der Panzerhandschuhe - um das daunige Dingchen schloss. "Ich danke dir", wurde kraftlos in Richtung der Feder gehaucht. Der Versuch sich in die Höhe zu stemmen sah nicht besser aus als sie klang. Irgendwie schaffte es Athena zwar den rechten Fuß nach vorne zu bringen, aber so recht in die Höhe schieben wollte die Gliedmaße ihren Körper nicht. Álvaros Hilfe kam grade richtig. Die kräftigen Hände schoben sich unter ihre Arme, als Athena zu rudern begann und gleich wieder umzufallen drohte. So ganz hatte sie nicht mitbekommen, was exakt hier vor sich gefallen war, aber Álvaro drückte das Juwel einem anderen Wachmann in die Hand. Das Herz des Höllenfeuers war also in Sicherheit. Athena entließ einen erleichtert klingenden Seufzer, während sie mit dem geballten Elan einer besonders durchweichten Papierserviette an Álvaros Arm hing. Die Anstrengung einen Engel minutenlang in dieser Welt zu verankern, forderte ihren Tribut. Aber es hatte sich gelohnt. Hoffte sie wenigstens.
"Beeindruckender wäre es, wenn ich danach noch stehen könnte", murmelte Athena als Antwort auf das Lob. Die stumpfen Augen der Nymphe richteten sich leicht nach oben, damit sie Álvaro anschauen konnte. "Außerdem hätte das alles ohne den Wurf nicht geklappt. Also hast du die Mission gerettet." Und er hatte es sogar geschafft das Kind nicht wirklich zu verletzen. Das war gut. Sonst hätte Athena Gewissensbisse gehabt. Dämonen, Untote und deren Beschwörer/Erschaffer konnte sie ohne Probleme niederstrecken, aber doch nicht kleine Kinder. Das ungleiche Trio trottete langsam, was vor allem an Athenas Erschöpfung und den kurzen Beinen des Jungen lag, in Richtung des Büros, in dem vorher schon die Besprechung stattgefunden hatte. Von dem bulligen Kerl mit den Hörnern, der die beiden Magier in Empfang genommen hatte, war nichts zu sehen. Vermutlich war er irgendwo im Gebäude und koordinierte die Wachleute. Noch immer kraftlos klappte Athena schlicht auf einem der Stühle zusammen, schaffte es aber wenigstens mit dem Fuß einen zweiten heran zu ziehen und auf dessen Fläche zu klopfen. Die Beine zusammengezogen, den Rücken gerundet wie ein Schneckenhaus, bot sie wirklich keinen bedrohlichen Anblick mehr. "Danke, Álvaro. Gibt es hier etwas zu trinken? Vielleicht einen Saft für den Kleinen?" Der Blick kehrte zurück zu dem kleinen Schnoddermonster im Raum. Eine einladende Geste ging in Richtung des zweiten Stuhls. "Wie heißt du, Kleiner?" "Akim." "Freut mich, Akim. Er hier ist Álvaro und ich bin Athena. Hast du Familie oder Freunde hier in Aloe?" Es gab ein merkliches Zögern, bevor Akim den Kopf schüttelte. Scheinbar hatte er über diese Antwort erst einmal nachdenken müssen. Eine Tatsache, die Athena nicht weiter aufzufallen schien, reckte sie doch den Kopf in Richtung Álvaro. "Wenn du Bekannte hast, die ihn aufnehmen würden, wäre das gut. Sonst kann ich nur anbieten ihn nach Crocus mitzunehmen und dort unter zu bringen. Die Rune Knights haben auch Leute, die sich auf den Umgang mit Kindern verstehen."
„Der Wurf war kaum mehr als Glück.“, brummte Álvaro und das nicht nur, weil er ungern Lob annahm. In seinem Zustand war es ein Wunder, dass er den Jungen überhaupt erwischt hatte und ein noch größeres Wunder, dass ihm dabei nicht irgendwelche Körperteile zertrümmert hatte. Das er selbst noch am Leben war, konnte er auch nicht ganz fassen. „Es war wohl ein gemeinsamer Erfolg.“, schob er dann noch hinterher, denn er wollte nicht den Eindruck erwecken, dass er nun daran interessiert war, sich darüber zu streiten, wer weniger zum Erfolg der Mission beigetragen hatte.
Da weder Athena noch Álvaro regelmäßige Gäste im interkulturellen Wissenzentrum von Aloe waren – beide waren heute zum ersten Mal hier – gab es nur ein Ziel, welches für sie in Frage kam. Der Raum, in dem sie vor einiger Zeit ihren Auftrag von dem beeindruckenden Oni erhalten hatten, schien gut geeignet, um ein wenig zur Ruhe zu kommen und dem Kind ein Gefühl der Sicherheit zu geben. So richtig wusste Álvaro nämlich noch nicht, wie sie ihr Versprechen einlösen sollten, seine Sicherheit zu gewährleisten, zumal er auch keine Ahnung hatte, wovor der Junge eigentlich zu beschützen war. Fiese Eltern oder irgendein Syndikat? Es war wohl alles möglich. Jedenfalls fanden sie den Raum leer vor, was wahrscheinlich auch besser war. Denn wenn Akim – wie der Junge sich vorstellte – möglicherweise noch nie einen Oni gesehen hatte, wäre er sicher gleich wieder weggelaufen. „Ich schau mal, was ich tun kann.“, entgegnete der Boxer auf die Frage Athenas und kniete sich vor einen kleinen Kühlschrank, der hinter dem Schreibtisch des Onis stand. Erst durch die kalte Luft, die ihn aus dem Kühlschrank entgegenströmte, merkte er wieder, wie warm es in diesem Anzug eigentlich war. Das Gebäude war zwar klimatisiert, aber für seine Verhältnisse immer noch zu warm. Der Kühlschrank fühlt sich nach Heimat an… Er lockerte seine Krawatte und öffnete einige Knöpfe seines Hemds, während er seinen Blick über die Getränkeauswahl schweifen ließ. „Energydrinks, Bier, Schnaps…“, flüsterte er vor sich hin, während er sich immer tiefer beugte, um auch die hinterste Ecke des Kühlschranks nach einem kindgerechten Getränk zu durchsuchen. Tatsächlich war in der hintersten Ecke des Kühlschranks ein kleines Tetrapack Saft mit einem kleinen Strohhalm versteckt, das Álvaro mit einer kleinen Verrenkung erreichen konnte. Er drehte es kurz in seiner Hand, um sich davon zu überzeugen, dass er den Jungen damit nicht vergiften würde und gesellte sich dann wieder zu Athena und Akim. „Das war das Einzige, was ich finden konnte. Sieht aus wie aus einem anderen Jahrhundert, aber ist noch nicht abgelaufen. Lass es dir schmecken.“ Álvaro steckte den Strohhalm in das Saftpäckchen und reichte es dann an Akim weiter, bevor er sich an Athena wandte.
„Ich habe einen… wohlhabenden Freund in Maldina.“ Das war wohl die treffendste Bezeichnung für Jacques. „Der hat bestimmt passende Kontakte so wie ich ihn kenne.“ Vielleicht besaß er sogar selbst irgendeine Einrichtung, die sich um Waisen kümmerte. Er hatte Jacques inzwischen ein wenig näher kennengelernt und wusste deshalb, dass er sein Geld auch gerne für die Wohltätigkeit einsetzte. Bevor die beiden ihre Aushandlung fortsetzen konnten, wurde jedoch die Tür des Büros aufgestoßen. Der Sicherheitschef Raxas stampfte herein, riss sofort das Wort an sich und versetzte – wie erwartet – Akim einen mächtigen Schrecken. „Da seid ihr ja ihr beiden! Und der kleine Racker, der für Probleme gesorgt hat. Sehr gut. Sehr gut.“ Er machte eine kurze Pause und schaute zwischen den drei Anwesenden hin und her. „Das Auge des Höllenfeuers ist nun in Sicherheit und alles nimmt wieder seinen normalen Lauf. Ihr seid gute Leute. Sehr gut!“ Wieder sauste sein Blick zwischen allen Anwesenden hin und her. „Wie ich sehe kümmert ihr euch schon um den Jungen. Macht weiter so. Übergebt ihn an die Behörden oder so. Ihr macht das schon. Danach seid ihr entlassen. Gute Arbeit.“So schnell wie Raxas gekommen war, war er auch schon wieder weg und dem Blick des Jungen konnte man sehr genau ansehen, dass er den Gedanken nicht mochte, bei den Behörden abgeliefert zu werden. „Kein Sorge, Akim. Wir setzen dich nicht einfach auf irgendeiner Wache ab. Wir stehen zu unserem Wort.“ Je nachdem wer ihn hierzu gezwungen hatte, wäre es ein leichtes irgendjemanden auf einer Wache zu bestechen. Wer es war, konnten sie herausfinden, wenn etwas Ruhe eingekehrt war. Dann konnten sie die Behörden immer noch informieren. „Aber dann haben wir wohl Feierabend, wenn ich das richtig verstanden habe.“ Diesen Umstand nahm er auch direkt zum Anlass seine Krawatte loszuwerden. „Es war sehr angenehm mit dir zusammen zu arbeiten. Wenn du irgendwann mal Verstärkung brauchst, dann melde dich gerne bei mir in Maldina.“ Es konnte nie schaden, sich ein paar gute Kontakte warm zu halten. Gerade bei den Runenrittern.
"Einverstanden. Dann haben wir es gemeinsam geschafft", ließ Athena trotz der Erschöpfung einigermaßen vergnügt hören. Waren nicht genau dafür Questpartner da? Man teilte sich die Niederlagen, aber auch die Erfolge. Und das hier war ein Erfolg gewesen. Wenn Álvaro den Jungen übernahm würde sie noch ein wenig hier bleiben und sich die Ausstellung ansehen. Und das lag keineswegs daran, dass sie nicht die geringste Lust hatte durch den Sandsturm zum Bahnhof zu dackeln, nein Sir.
Während Álvaro sich am Kühlschrank zu schaffen machte, war Athena schlicht damit beschäftigt zu atmen. Der Kopf der Nymphe kippte nach hinten, über die Lehne des Stuhls. Nur eines der stumpf-grau eingefärbten Augen blieb auf Akim gerichtet, der sich inzwischen auf dem anderen Stuhl niedergelassen hatte. Das andere Auge fiel zu. Mit fahrigen Bewegungen begann Athena damit ihre Panzerhandschuhe zu lösen. Einen davon hielt sie sich mit der Metallplatte gegen die Stirn. Die Kühle war eine Wohltat für den sich anschleichenden Kopfschmerz. "Was sagt man?", ließ Athena hören, als Akim sein Saftpäckchen in Händen hielt. Das folgende "'Nke" vonseiten des Jungen war zwar maximal leise, aber Athena lächelte trotzdem zufrieden. Zwischen zwei Fingern des Handschuhs richtete sich der Blick auf Álvaro. Er hatte einen Freund in Maldina? Gut, das machte die Sache einfacher. Kurz wirbelte der Halbdämon hinein, entließ die beiden Magier und wirbelte auch schon wieder davon.
Damit blieb erst einmal nur noch das "Problem" wie mit Akim umgegangen werden sollte. Das einfachste war wohl wirklich ihn schlicht Álvaro zu überlassen. Der Mann wirkte als wäre er es wert, dass man ihm vertraute. Zugegeben war Athena nicht wirklich bewandert darin Leute einzuschätzen, so entging ihr beispielsweise auch wie wenig begeistert Akim bei der Aussicht wirkte den Runensoldaten überantwortet zu werden, aber bislang hatte ihre Vertrauensseligkeit sie noch nicht in den Hintern gebissen. Feierabend klang dagegen ziemlich gut. Auch wenn sich das Mana in ihrem Körper langsam wieder auffüllte, die körperliche Erschöpfung blieb. Sie musste noch weiter daran üben die Engel in dieser Welt zu verankern. Viel Arbeit. Aber keine für heute. "Wenn Akim damit einverstanden ist, lasse ich ihn mit dir gehen. Bitte teil mir nur mit, wo er untergebracht ist. Nur für alle Fälle. Meine Vorgesetzten könnten noch Fragen haben." Akims Gesicht verzog sich bei dieser Aussicht um den Strohhalm in seinem Mund herum. Mit einem leisen Ächzen stemmte sich Athena von ihrem Stuhl hoch, bugsierte den Panzerhandschuh von ihrer Stirn auf die Sitzfläche und streckte Álvaro eine nackte, schwielige Hand entgegen. "Mir hat es auch gefallen, Álvaro. Uh, kannst du mir deine Adresse aufschreiben? In Maldina kenne ich mich nicht gut aus und große Städte sind...verwirrend."
„Bist du einverstanden, Akim? In Ost-Fiore ist es allerdings deutlich kälter.“ Auf diese Frage antwortete Akim nicht sofort. Aloe war seine Heimat und egal wie schlimm es ihm hier ergangen war, würde es immer seine Heimat bleiben. Álvaro kannte das Gefühl nur zu gut. Deshalb kniete er sich vor Akim nieder und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich gebe dir noch ein Versprechen. Wenn es dir dort nicht gefällt, dann bringe ich dich nach Aloe zurück und wir finden hier etwas für dich, okay?“ Daraufhin nickte Akim verhalten und Álvaro richtete sich wieder auf. Er konnte selbst nicht ganz sagen, warum er sich so sehr dafür interessierte, dass der Junge sich wohl fühlte, aber vielleicht sah er ein Stück von sich selbst in ihm. „Damit wäre das geklärt. Ich halte dich auf dem Laufenden. Ich nehme an, dass dich ein Brief erreicht, wenn ich ihn ans Gildenhaus der Runenritter adressiere?“ So wie er die Ritter bisher erlebt hatte, stellte er sich vor, dass ihr Hauptquartier so etwas wie eine Kaserne war und die meisten Mitglieder dort auch lebten. Athena würde dort sicher keine Ausnahme sein.
Als Athena ihm die Hand entgegenstreckte, nahm er diese und verabschiedete sich mit einem kräftigen Händedruck. „Dann sag ich mal: Auf bald.“ Bevor er sich mit Akim auf den Weg machte, schnappte er sich einen Zettel vom Schreibtisch des Sicherheitschefs und notierte die Adresse des Fight Clubs. Auch wenn die Zusammenarbeit angenehm gewesen war, musste er Athena ja nicht direkt unter die Nase reiben, dass er bei Jacques Morel gratis zur Untermiete wohnte. „So groß ist Maldina gar nicht. Fühlt sich oft nicht wie eine Großstadt an.“ Wenn man die Einkaufsstraße mal außen vor lies, fühlte es sich an vielen Stellen wie ein großes Dorf an und das war auch gut so. Wenn Álvaro schon in einer Stadt wohnen musste, dann bitte in einer, die sich nicht so trubelig anfühlte. „Du findest mich eigentlich fast immer im Fight Club ‚Way of Conviction‘.“ Er schämte sich ein wenig für den Namen, aber Jacques war davon überzeugt, dass der Name genau das ausdrückte, was Álvaro ihm in ihrem ersten Training mit Esmée vermittelt hatte.
Da Athena noch ein wenig bleiben wollte – Álvaro war sich sicher, dass das nicht mit ihrer Kunstbegeisterung zu tun hatte – machte Álvaro sich zusammen mit Akim auf den Weg in den Sandsturm. Er hatte bereits schlimmeres erlebt und für Akim schien das ganze gar kein Problem darzustellen. „Bereit, Kleiner?“ Akim nickte und wickelte sich ein Tuch um den Kopf, sodass nur noch ein Schlitz für seine Augen verblieb. Warum sind im Moment alle besser vorbereitet als ich? Álvaro schüttelte den Kopf und dann verschwanden beide gemeinsam in der Wüste.
» Crocus Lotus Mo 18 Nov 2024 - 23:17 von Sirviente
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