Ortsname: Verzweigte Straßen von Aloe Art: Freiraum Spezielles: --- Beschreibung: Wer abseits der verhältnismäßig vollen Hauptstraße der Stadt, fernab des Verkehrs und der Massen durch Aloe kommen will, nutzt die verzweigteren Nebenstraßen. Ein Vorteil dieser Wege ist, dass die verwinkelten Häuser dort auch mehr Schatten werfen. Dafür geht man natürlich die längeren Wege und nimmt Umwege in Kauf.
01 Voller Motivation hatte Helena die Reise nach West Fiore angetreten. Was streichelte das Ego einer Person so sehr, wie wenn ihr ausdrücklich vermittelt wird, dass genau sie gefragt sei? Aloe Town hatte ein Problem mit der Wasserversorgung. In den zentralen Oasen der Stadt hatte sich irgendeine giftige Alge angesiedelt, die sich nun aufgrund der günstigen, klimatischen Bedingungen rasant ausbreitete und so die Trinkwasserversorgung akut gefährdete. Glücklicherweise gab es bei den Rune Knights diese eine Wassermagierin, die obendrein zufällig die Tochter eines Meeresgottes war, auch wenn das so gut wie niemand wusste. Diese Frau vermochte es mit ihrer Magie Wasser zu reinigen! Es war also nur logisch, dass die Rune Knights Helena nach Aloe schickten, um den Menschen dort vor Ort zu helfen. Ganz davon abgesehen, dass man diese Story medial natürlich auch ausschlachten konnte. Doch das war der Magierin gleich. Sie sah nur den Aspekt der Geschichte, in dem sie wieder einmal zeigen konnte was für eine Heroin sie doch war. Als die Marinakis vom Bahnhof aus in die Stadt hineinlief, fielen ihr bereits die vielen Planwagen am Rande der Straßen auf. Unzählige Wasserbehälter wurden hergebracht und abgeladen, um Aloe humanitäre Unterstützung zu leisten. Irgendwie musste der Zufluss frischen Wassers ja gewährleistet werden, bis die plagenden Algen weggeschafft wurden. Viele Helfer hatten sich gesammelt, die mit feinmaschigen Netzen und Keschern in den Oasen herumwerkelten, um die Pflanzen herauszuziehen, doch das war nur vergebene Liebesmüh. So wie sich das Zeug ausbreitete, würde das nie ein Ende nehmen. Nein, die Leute hatten Recht! Es lag an Helena, dieser Plage ein Ende zu bereiten. Mit stolz geschwellter Brust marschierte sie also durch die Straßen der Stadt. Schnell zog es sie jedoch von der belebten Hauptstraße herunter. All die Leute, die dort schufteten. All die Leute, die dort hin eilten, um sich Wasser zum Kochen oder Trinken abzuzapfen, weil aus ihren Wasserhähnen nur grüner Schmock herauskam. Auf diesem Wege würde die Halbgöttin ja eine Ewigkeit zur nächsten Oase brauchen. Fernab der Hauptstraße war es viel angenehmer zu laufen. Nicht, dass sich die Magierin an Menschenmassen groß stören würde. Doch wenn diese gar nicht da waren um sie zu bejubeln, sondern sie alle ihren eigenen Dingen nachgingen, dann genoss Helena doch lieber die Ruhe. Auf den Nebenstraßen hatte sie nur damit zu kämpfen den richtigen Weg zu finden. Die Marinakis war nie zuvor in Aloe. Durchs Zentrum der Stadt zu gehen wäre für sie vielleicht einfacher gewesen, wie sie schnell feststellte. Von dort aus erreichte man alle wichtigen Orte der Stadt viel leichter und viel intuitiver. Die Straßenschilder der Nebenstraßen waren da schon etwas verwirrender. Aber immerhin spendeten die Häuser dort viel mehr Schatten, was das Gehen an sich doch erheblich angenehmer machte. Bei all der Wärme und der brennenden Sonne, die Helena schon aushalten musste, wäre eine kühle Erfrischung bevor es ans Werk ging aber trotzdem nicht verkehrt. Doch wie sollte sie an Wasser kommen? Sich in die Schlangen vor den Behältern einreihen? Zudem waren diese ja von der Sonne ebenfalls aufgeheizt und vermutlich nicht für den direkten Verzehr geeignet.
Wie man es auch drehte und wendete, es war eine Katastrophe. In den letzten Monaten hatte Charon mit allerlei Gefahren zu tun gehabt, die sich auszubreiten drohten, doch bisher keine, die so dicht am Herz von Aloe, seiner geliebten und gewählten Heimatstadt, ansetzte. Die Algen, die sich in ihrem Wasservorrat absetzten, waren für dieses Klima recht ungewöhnlich und für die Versorgung einer Stadt, die durch ihre Wüstenlage mehr als abhängig von ihrem Wasser war, verheerend. Nach einer Analyse der Alge war man sich allgemein einig, wo das Problem lag: Dieser Typus war hier im Westen Fiores eine Seltenheit, konnte in der Hitze aber prächtig gedeihen, solange er genügend Wasser hatte. Im Vergleich zu anderen Erregern, die die Hitze mochten, überstand er auch die kalten Nächte, da weder im fließenden Wasser, noch am Boden der Oasen die volle Kälte durchkam. Der Gedanke, die Wasserversorgung der Stadt einmal komplett einzufrieren, um die Alge abzutöten, aber das hatte sich schnell als unausführbar herausgestellt. Es schwirrten allerlei andere Ideen in der Luft herum, die begrenzte Erfolgsaussichten versprachen. Vorne an den Hauptstraßen wurden so viele Algen wie möglich aus dem Wasser gezerrt, um die Ausbreitung zu verlangsamen, aber dafür war es bereits zu spät. Die wohl beste Idee war eine umfassende, magische Wasserreinigung, aber auch hier war die Frage, wie realistisch man das über die ganze Versorgung hinweg umsetzen konnte. Charon für seinen Teil hatte seine Zweifel. Probleme wie dieses packte man am Besten an der Wurzel an – der Schlange den Kopf abschneiden, wenn man so wollte. Seiner Meinung nach gab es einen klaren Weg, eine Lösung für diese Herausforderung zu finden: Herausfinden, wo die Alge herkam; die Quelle isolieren; die Stellen ausmachen, an denen sich die Pflanze ballte; und dann diese vom Zentrum aus zerstören, sodass die bisher ausgebreitete Alge zunehmend ausgedünnt wurde, bis kaum noch etwas übrig war. Dann konnte man mit eine paar Filtern, gezieltem Einsatz von Kälte und vielleicht etwas Magie den Rest weg reinigen. Natürlich stand noch nicht fest, wie jeder einzelne dieser Schritte funktionieren sollte, aber dazu kam Charon, wenn es soweit war. Für den Moment war er beschäftigt damit, die verschiedenen Kanalgitter der Stadt abzuklappern.
„Hm... hier ist die Konzentration noch ganz schön hoch...“, stellte er fest, verzog unzufrieden das Gesicht. Theoretisch müsste die Alge an den Quellen, aus denen das Wasser frisch kam, weniger dicht wachsen. Er zog den Stab wieder heraus, den er durch das Gitter gesteckt hatte, und säuberte ihn sorgfältig mit einem Lappen, den er dabei hatte. „Dann probieren wir es einmal in einer anderen Himmelsrichtung...“ Aufgrund der aktuellen Hektik waren die Hauptstraßen ziemlich voll, vor Allem mit Menschen, die wenig Nerven für ihre Umgebung übrig hatten. Insofern bewegte sich der Dargin heute primär in den Seitengassen der Stadt. Das war kein Problem, er kannte sich hier schließlich gut aus ganz besonders, seit er hier in der Gegend regelmäßig Parcours übte. Dennoch erwartete ihn eine mächtige Überraschung.
„Oh... Helena?“
Verdattert blieb Charon stehen, als sein Weg plötzlich von einer Person gekreuzt wurde, die ihm doch sehr bekannt vorkam. Grundsätzlich war das kein Problem, im Gegenteil, er freute sich, wenn ihm seine Kontakte über den Weg liefen, doch das letzte Treffen mit Helena... nun, es hatte wirklich nicht geendet, wie es ihm gefallen hätte. Diese Frau, die ihn auf eine ungewohnte Weise berührt hatte, quasi jemand, mit dem er sich auf Augenhöhe gefühlt hatte, hatte ihm ziemlich klar gesagt, dass er keine Person war, die sie weiter an ihrer Seite wissen wollte. Wie reagierte er nun? Es dauerte einen Moment, bis ihm Worte entkamen, und selbst dann startete er nur mit einem schwächlichen „Ich...“, ehe er auch schon wieder stockte. Eine leichte Röte legte sich auf die hellen Wangen des Dargin. Helena Marinakis war jemand, über die er trotz der so entschiedenen Ablehnung immer wieder nachgedacht hatte. Nicht mit Absicht, nicht aus freien Stücken heraus. Nicht einmal besonders lange. Sie schlich sich einfach gerne wieder zurück in seinen Kopf, obwohl er doch eigentlich mit Dingen abschließen wollte, die er nicht haben konnte. Er hatte sogar einem Freund gesagt, dass er sich Gedanken ihretwegen machte... Wie viel peinlicher konnte es nur werden? Glücklicherweise konnte die hübsche Runenritterin all das nicht wissen.
„Ich freue mich, dich zu sehen“, lächelte der Dargin schlussendlich nach ein paar Sekunden unangenehmen Schweigens. Er hatte einen Moment gebraucht, hatte sich aber inzwischen wieder gefasst. Den dünnen Stab in seiner Hand auf den Boden stützend betrachte er sein Gegenüber. Ja, sie war wirklich kein Stück weniger schön als bei ihren letzten Treffen. „Wie amüsant, dass wir uns ausgerechnet hier begegnen. Normalerweise meiden Besucher die verzweigten Gassen abseits der Hauptwege. Hat es einen Grund, dass du hier bist?“ Nicht nur in den Seitenstraßen, sondern auch hier in Aloe Town. Charon schluckte leicht, merkte kaum, sie seine freie Hand leicht mit einer seiner langen Haarsträhnen zu spielen begann. Konnte es sein...?
„Du... bist nicht zufällig hier, um mir einen Besuch abzustatten...?“
02 Helena war voll und ganz auf ihre Arbeit fokussiert. Sie hatte sich kaum Gedanken darum gemacht, wer an diesem Problem noch arbeitete und was für Lösungswege diskutiert waren. Es war damit zu rechnen, dass auch Crimson Sphynx sich der Sache annahm, immerhin ging es um die Heimatstadt der Gilde. Allerdings wusste sie auch nicht was für Wassermagier dort arbeiteten und was diese so konnten. Schließlich konnte Helena auf diesem Gebiet niemand das Wasser reichen. Sie war die Tochter Poseidons und Godslayerin des Wassers. Ihre Kräfte waren dazu in der Lage das Trinkwasser zu reinigen und die Algen daraus zu entfernen. Es war eine göttliche Säuberung! Sollten die anderen doch nach den Pflanzen fischen oder sie einfrieren. Die Marinakis würde sie einfach auslöschen. Erst als die Magierin durch die Straßen der Stadt wanderte, wurde ihr so richtig das Ausmaß der Probleme bewusst. Wirklich gesamt Aloe war davon betroffen. Ein riesiges Gebiet. Vielleicht war sie ja doch darauf angewiesen, dass man Wassergebiete voneinander abschnitt, sodass einmal gesäuberte Stellen nicht gleich wieder verseucht waren? Noch jedenfalls war die Ritterin nicht fertig. Sie hatte sich noch kein vollständiges Bild von der Situation gemacht. Dafür musste sie noch so viel abgrasen… Es war ein einziges Wort, welches dazu in der Lage war, die Marinakis aus ihren Gedanken zu reißen und vollkommen aus der Bahn zu werfen. Es war ihr Name. Eher gesagt war es die Stimme, die ebendiesen aussprach. Helena brauchte sich nicht umsehen um festzustellen, wer sie da erkannte und ansprach, soweit abseits von Crocus. Das war die Stimme von Charon, die ihr nur allzu gut bekannt war. Ein eiskalter Schauer jagte der Magierin inmitten dieser Wüstenhitze über den Nacken. Sie war vollkommen unvorbereitet! Natürlich wandte sie sich dennoch der Quelle der besagten Stimme zu. Ihr Blick streifte umher, bis er das Gesicht des Weißhaarigen erfasste. “Charon…“, entwich es ihr gespiegelt zu seiner Feststellung mit einem Hauch Melancholie. Der Magier erklärte verzögert, nach einer Pause peinlicher Ruhe, dass er sich darüber freute sie zu sehen. Sicher, ob dies auch für sie galt, war sie nicht. Grundsätzlich traf sie ihn ja sehr gerne, doch dann kam es zum Bruch zwischen ihnen und zu einem erneuten, seltsamen Abschied. Der Magier hatte scheinbar ein Talent dafür, ihr dann unter die Augen zu treten, wenn sie eigentlich dachte mit ihm abgeschlossen zu haben. Nun, da sie sich erneut trafen, wurde ihr einmal mehr klar, dass sie sich darin getäuscht hatte. Es schmerzte ihn zu sehen. Sie mochte ihn, aber es hatte den Schein, als seien sie zwei Puzzlestücke, die einfach nicht ineinandergreifen konnten. “Ich freue mich auch.“, erwiderte die Marinakis flunkernd. Wobei, war es gelogen, wenn sie sich einfach nicht sicher war, wie sie mit der Situation umgehen sollte? “Ein merkwürdiger Zufall, ja… Also, dass du hier bist ist vermutlich gar nicht so ungewöhnlich… So als hiesiger Gildenmagier…“ was faselte sie da? Kurz schaute Helena sich um. Er sprach von den Nebengassen! Außerdem fragte er sich, ob sie ihn… besuchen wolle? “Ah, ehm. Nein, ich… Also die Hauptstraße hier ist so überfüllt und ich hab‘ einiges zu tun. Ich…“ Oh man. Helena forderte sich in Gedanken selbst auf, sich zusammenzureißen. “d-das Wasser… Ich bin hier um zu helfen und das Trinkwasser zu reinigen.“ Ja, das war der Grund für ihr Erscheinen, war gar nicht so schwierig, oder? “Ich muss dann auch weiter, das ist echt wichtig. Das verstehst du ja sicher.“ Es ging schließlich um die Bewohner seiner Stadt. Damit war die Halbgöttin auch schon im Inbegriff sich zu verabschieden. Sie ahnte ja nicht, dass Charon grade selbst an eben dieser Problematik arbeitete und dass er seine ganz eigenen Lösungsansätze hatte.
Für einen kurzen Moment lag ein Funkeln in den Augen des Dargin, als Helena meinte, dass sie sich freute, ihn zu sehen… ehe er seinen Blick kurz abwandte und sich wieder zur Vernunft rief. Sie war nur höflich, nicht wahr? Helena war immer sehr nett gewesen, bei jedem Treffen wieder. So war sie auch heute. Die Enttäuschung, die sie ihm gegenüber empfunden hatte, war sicher nicht so einfach erloschen. Dennoch… “Das ist schön zu hören”, lächelte er hinein in das unangenehme Schweigen, das sich zwischen Sätzen so gerne einschlich. Als sie dann meinte, dass es doch ganz normal war, ihn als Wüstenbewohner hier zu treffen, musste er auflachen. “Da hast du wohl Recht. So seltsam ist es gar nicht, hehe.” Oh, und wie seltsam es war. Nicht unbedingt die Tatsache, dass sich die beiden Magier getroffen hatten, aber die Stimmung zwischen ihnen. Es war offensichtlich, dass sich sowohl Charon, der sonst so viel eloquenter war und eigentlich nie aufhörte zu sprechen, als auch die normalerweise so fröhliche und selbstbewusste Helena emotional auf die eine oder andere Weise noch immer aneinander aufhingen. Was für eine frustrierende Situation…
“Ah, die Wasserreinigung! Daran arbeite ich auch gerade”, entkam es dem Dargin unbedacht, als er hörte, warum die Marinakis tatsächlich hier in Aloe Town war. Ja, das ergab durchaus Sinn. “Oh, wow. Wenn uns eine mächtige Wassermagierin wie du unterstützt, wird das eine große Hilfe sein. Ich hatte ja schon ein paar Mal das Glück, deine schwarze Magie in Aktion zu betrachten.” Die Freude, die Charon bei dieser Nachricht zeigte, war ehrlich. Wie viel davon daher kam, dass Helena tatsächlich eine Hilfe sein würde, und wie viel einfach daher, dass sie wieder etwas zusammen angehen konnten, das war schwer zu sagen. Vielleicht… konnte er sie ja so wieder etwas feuriger erleben. So, wie er sie kennen gelernt hatte. Auch wenn ihr Element das Wasser war, hatte Charon Helenas Hitzkopf immer sehr genossen, wenn er zum Vorschein gekommen war. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als er sich entschied, für den Moment nicht darüber nachzudenken, was gewesen war oder was hätte sein können. Stattdessen deutete er hinüber zu dem Kanalgitter, das er eben untersucht hatte.
“Du bist tatsächlich an einer sehr guten Stelle. Ich habe gerade geschaut, und in dem Kanal hier tummeln sich wirklich viele Algen. Das ist vermutlich eine der schmutzigsten Wasserstellen im Moment”, erklärte er und trat heran an das Gitter, um es mit der rechten Hand zu packen. Eigentlich sollte es nur mit dem richtigen Werkzeug entnommen werden, aber mit einem geschickten Handgriff und einem kräftigen Zug konnte Charon den Weg zum rauschenden Wasser unter ihnen öffnen, ohne das Gitter zu beschädigen. “Du meinst, du kannst mit deiner Magie allein das Wasser hier in Aloe sauber bekommen? Bist du sicher, dass die Algen nicht hartnäckiger sind, als du denkst? Hier wäre ein guter Ort, um es auszuprobieren…” Ob das wohl funktionierte? Die Schwarzhaarige leicht in Frage stellend, hoffte Charon, ihre protzerische Seite anzuheizen. Wenn sie überheblich und selbstsicher ein Hindernis anging und anderen zeigte, wieso man sich mit ihr nicht anlegte, war sie am Schönsten… und vielleicht konnte diese Version von ihr sich ein bisschen weniger auf das fixieren, was zwischen ihnen passiert war. Was Charon sich in diesem Moment am Meisten wünschte, war es, mit ihr umzugehen wie bei ihrem ersten Treffen. Zwei starke Magier, die sich respektierten, aber sich auch nicht in den Schatten stellen ließen. Vielleicht war sie dann ja sogar in der Lage, Klartext mit ihm zu sprechen? Ihm selbstbewusst gegenüber zu treten und klar ins Gesicht zu sagen, was sie an ihm störte? Der Dargin konnte es nur hoffen. “Was meinst du? Du bist doch sonst niemand, der vor einer Herausforderung kneift…”
03 Vielleicht war es die Höflichkeit, die aus Helena heraussprach, vielleicht auch nicht? So wirklich sicher konnte sie es vermutlich selbst nicht sagen. Ein Teil von ihr freute sich bestimmt darüber Charon zu sehen und vor allem Zeit mit ihm zu verbringen, doch der dominantere Teil versuchte endgültig mit dem Thema abzuschließen und sich mit der Meinung durchzusetzen, dass seine Gegenwart ihr nicht guttat. Es war schon fast zum fremdschämen, wie die Beiden herumdrucksten und versuchten diese peinliche Situation zu überspielen. So ging Charon auch gleich auf das komische Gerede der Ritterin ein und das sogar sehr amüsiert. Ihm entwich ein Lachen, welches ihr zumindest ein Schmunzeln abrang. Nichtsdestotrotz versuchte Helena sich gleich aus der Affäre zu ziehen und zu verabschieden, immerhin hatte sie wichtige Dinge zu erledigen. Sollte sich herausstellen, dass der Weißhaarige an denselben Dingen arbeitete, wie sie. “Oh…“, stieß die Wassermagierin daraufhin überrascht aus. Es war nicht die positive Art von Überraschung oder Reaktion auf ebenjene. Charon ging damit aber sehr geschickt um. Sogleich war er voll des Lobes über ihr Können, auch wenn er ihr Talent „schwarze Magie“ nannte. Natürlich sprach er dabei nicht auf Hexenwerk an, sondern auf die dunkle Farbe des Wassers, welches sie beherrschte. “Danke dir. Ich will mein bestes Geben diese Plage zu bekämpfen, damit die Bewohner dieser Stadt wieder vernünftig versorgt werden können.“, druckste sie weiter rum. Auch wenn hinter dieser Aussage ein wahrer Kern steckte, so fühlte sie sich in ihren eigenen Ohren wie eine Ansammlung leerer Worthülsen an. Die Magierin wusste noch nicht so recht, wie sie nun mit der Situation umgehen sollte, ob sie ihm nun eine Zusammenarbeit anbieten oder doch ihrer eigenen Wege gehen sollte. Zumal sie sich ja eigentlich auch schon verabschiedet hatte. Dieser Abschied wurde aber verschoben und das sogar noch weiter nach hinten, als der Dargin plötzlich an ein Gitter im Boden herantrat. Er meinte, dass diese Stelle, die an der sie grade verweilten, unterirdisch besonders von diesen Algen betroffen war. Charon bezeichnete diese Stelle sogar als eine der „schmutzigsten Wasserstellen“ der Stadt. Das hätte die Marinakis gar nicht erwartet. Die dementsprechende Überraschung war ihrem Blick auch deutlich anzusehen. “Ach, echt? Ich wäre jetzt zur nächsten großen Wasserstelle oder Quelle gegangen.“, offenbarte sie. Dass solch ein Kanal so stark betroffen war, hätte sie nicht gedacht, beziehungsweise sie hätte sich nicht unbedingt gleich darum gekümmert. Jedenfalls schickte Charon sich nicht sich herabzubeugen und das Gitter mit seinen Händen anzuheben und zur Seite zu räumen, um Helena einen Blick nach unten in den Kanal zu gewähren. Neugierig wie sie war, trat sie gleich an die Öffnung heran um sich die Sache mal anzusehen. Nicht, dass sie eine Lüge erwartet hätte, aber tatsächlich erkannte sie dort unten einen dichten Algenteppich, der das Wasser verunreinigte. “Hm…“, summte sie bei diesem Anblick nachdenklich. Als der Weißhaarige plötzlich hinterfragte, ob sie sich in der Lage sah die Algen aus der Stadt zu verbannen und ob diese Pflanzen nicht „hartnäckiger seien als sie (dachte)“, konnte Helena nicht anders als empört zu reagieren. “Klar kann ich das!“, entgegnete sie wie aus der Pistole geschossen. Dabei senkten sich ihre Augenbrauen verärgert über ihre Augen. Wenn jemand in dieser Situation helfen konnte, dann ja wohl sie. Das stand vollkommen außer Frage! Dass dies ein bewusst gesetzter Stich der Sphynx war, ahnte sie dabei nicht. Ein geschicktes Manöver, welches soweit erstmal funktionieren sollte. Das Ego der Halbgöttin war angekratzt und sie konnte gar nicht anders, als Charon zu beweisen, was sie auf dem Kasten hatte. Grade Charon, der schließlich noch ein wenig stichelte. “Pass auf… Das hier ist eine Kleinigkeit.“ Helena platzierte sich breitbeinig vor dem Schacht, den Charon geöffnet hatte. Sie streckte einen Arm hinunter und öffnete die Handfläche. Nachdem sie einen Manaimpuls durch ihren Arm gesendet hatte, begann sich der Algenteppich auch schon aufzulösen. Binnen weniger Sekunden war er ganz verschwunden und das Wasser war wieder genießbar. Zumindest für eine Weile. Dass es nicht wieder infiziert wurde, dafür konnte der Zauber nicht sorgen. Deswegen ging es darum den gesamten Bestand der Algen zu vernichten, damit sie sich nicht erneut ausbreiten konnten. “Siehst du? Ganz einfach.“ Helena stemmte die Hände in die Hüften und grinste Charon selbstsicher entgegen. Was sagte er nun?
Zauber:
Water God’s Purge TYP: Lost Magic ELEMENT: Wasser KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 50 (40) (35) MAX. REICHWEITE: 25m SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5 BESCHREIBUNG: Der Magier durchflutet seinen Körper mit Mana, welches schließlich jedwedes Wasser in einem Umkreis von 25m reinigt und trinkbar macht. Der Salzgehalt des Wassers wird dabei nicht verändert. Süßwasser bleibt Süßwasser, Salzwasser bleibt Salzwasser.
Dass Helena nicht gerade freudig darüber war, dass sie und Charon das gleiche Ziel verfolgten, war ziemlich offensichtlich und versetzte dem Weißhaar einen schmerzhaften Stich ins Herz. Dabei war er doch normalerweise jemand, an dem Schmerz einfach vorbei ging… Nein, nein, darauf sollte er sich nicht fokussieren. Darauf durfte er sich nicht fokussieren. Einmal ordentlich durchgeatmet, kehrte er zurück zu wichtigeren Themen; dazu, wie beeindruckend Helenas Magie doch war und dass er sich über ihre Hilfe freute, aber auch ein Hauch von Zweifel. Vorgespielt, natürlich. Wieso sollten ein paar Algen die Magie einer Magierin überleben, die einen Engel schwer hatte verletzen können? Vielleicht war es ein bisschen fies, dass Charon sie so aufzog, aber es funktionierte! Schnell wurde die Unsicherheit der Marinakis überlagert von einem Hauch von Ärger, was für viele Leute vielleicht kein gutes Zeichen gewesen wäre, aber Charon sah das gerne. Da war es. Das Feuer kehrte zurück. „Wenn du das sagst“, antwortete er ruhig und zuckte schmunzelnd mit den Schultern. „Wir sehen das Ergebnis ja gleich.“ Reden konnte jeder. Wenn Helena bei der Ausrottung der Algen helfen wollte, dann musste sie Taten zeigen... und das tat sie. Über ihre Schulter beobachtete der Dargin, wie das Wasser unter ihnen wieder klarer würde und wie sich das rote und grüne Schimmern des endlos wirkenden Algenteppiches aufzulösen begann. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis das ganze Wasser, soweit Charon es einsehen konnte, wieder sauber wirkte. „Beeindruckend“, gestand er mit einem Nicken, ehe er seinen dünnen Stab wieder anhob und hinab in die Kanalisation gleiten ließ. Es war gut, einen eindeutigen Maßstab – im wahrsten Sinne des Wortes – dabei zu haben.
„Hm, hm... ja, das sieht gut aus. Bis unten zum Boden“, lächelte Charon, während er das Ende des Stabes betrachtete. Ja, der war sauber... oder etwa nicht? Die Augen des Dargin weiteten sich leicht, als er entlang der Länge ein kleines Stück Alge an dem Metall kleben sah. „Nanu? Hast du eine Stelle übersehen?“ Das wirkte dann doch recht unwahrscheinlich. Warum sollte ihr Zauber eine zufällige, kleine Alge verschonen? Nein, es gab eine andere Erklärung, die deutlich einleuchtender war. Noch einmal steckte der Dargin den Stab hinab in die Kanalisation, zog ihn wieder heraus. Dieses mal zeigte sich schon wieder ein gutes Stück mehr Alge daran, wenn auch nicht annähernd so viel wie vor Helenas Grundreinigung. „Hm... das wird schneller wieder dreckig, als ich gedacht hätte“, stellte er nachdenklich fest, während er den Stab wieder mit einem Tuch reinigte. „Also ist dein Zauber ziemlich effektiv... aber nicht gerade eine langanhaltende Lösung.“ Das war mehr oder minder eine Selbstverständlichkeit, sie sprachen hier immerhin von fließendem Wasser. Natürlich wurden Algen wieder zurückgetrieben. Die Menge war allerdings wirklich besorgniserregend. Kurz blickte Charon nochmal auf den Strom unten in der Kanalisation, ehe er wieder aufsah. „Das Wasser kommt aus der Richtung... die Algen hier also auch“, stellte er fest und wandte sich wieder der Runenritterin zu. „Meinst du, wenn wir die Stelle finden, von der die ganzen Algen kommen, kannst du diesen Teil des Stroms säubern?“, hakte der Dargin nach, legte eine Hand an sein Kinn. „Ich schätze, wenn es mit dir nicht geht, muss ich zu meinem ursprünglichen Plan zurückkehren...“
04 Wirklich ein geschickter Schachzug des Weißhaarigen, Helena so anzustacheln. Er wusste genau wie groß ihr Ego war und dass sie es eigentlich nicht schaffte Herausforderungen einfach so aus dem Weg zu gehen. Da sich ihr Fokus auf eben jene legte, blendete sie auch ihre Gefühlslage dem Dargin gegenüber aus. Die Magierin konzentrierte sich einzig und alleine auf die Situation und ihren Zauber, mit dem sie den Algenteppich einfach auflöste, so wie sie es ja auch erwartet hatte. Stolz präsentierte sie Charon das Ergebnis ihres Einsatzes. Sprach der Magier zuvor mit spitzer Zunge, so zeigte er sich nun von ihrem Werk beeindruckt, so wie es sich ja auch gehörte! Mit diesem einfachen Blick gab er sich aber dann nicht zufrieden. Helena verschränkte demonstrativ abwartend die Arme unter der Brust, während er seinen Stab erneut ins Wasser hinabdrückte, um das Gewässer noch einmal zu kontrollieren. Erst lobte er noch einmal ihr Tun, dann zeigte er sich verwundert. “Übersehen? Wie meinst du das, übersehen?“ Irritierte beugte sich die junge Frau kurz über den Schacht, um selbst noch einmal einen genaueren Blick hineinzuwerfen. Natürlich hatte sie nichts übersehen! Immerhin musste sie mit ihrem Zauber ja nicht einmal wirklich zielen. Er wirkte in einem gewissen Umkreis um sie herum, den sie in diesem Fall auf das Gebiet unter sich begrenzt hatte. Nein, das konnte auf gar keinen Fall sein. Aber tatsächlich waren an dem Stab Ablagerungen zu sehen. Sogar noch mehr, als er ihn erneut ins Wasser schob und wieder herausholte. Das konnte die Marinakis auch ohne ihr göttliches Auge mit Leichtigkeit sehen. Ein Umstand, der sie zunächst sehr störte, jedoch einen einfachen und leicht nachvollziehbaren Hintergrund hatte. “Die Stelle selbst war komplett frei, darauf gebe ich dir Brief und Siegel.“, fügte die Magierin der Befürchtung Charons, die Verschmutzung breite sich scheinbar schneller aus als befürchtet, mit Nachdruck hinzu. An ihr kann es auf gar keinen Fall gelegen haben. “Die Strömung muss die Algen gleich wieder mitbringen.“, erklärte sie dann weiter. Der Weißhaarige bewertete ihren Zauber als effektiv, zweifelte aber seine langfristige Wirkung an. Dass er sich ein solches Urteil anmaßte, war ja schon irgendwie eine Frechheit! Helena plusterte bereits ihre Wangen auf und überlegte, was sie daraufhin erwidern sollte, doch die weiteren Worte des Magiers boten ihr zum Glück einen weiteren Punkt auf den sie eingehen konnte. Das bewahrte sie davor vielleicht ausfallend zu werden. “Ich denke, dass meine Magie sehr wohl eine langanhaltende Lösung sein kann.“, stellte sie zuerst mal deutlich klar. Dabei betonte sie die Worte Charons, die sie dabei zitierte, deutlich. “Wir müssen das Problem nur systematisch angehen. Diese Algen werden sich bestimmt nicht gegen die Strömung ausbreiten. Das eben war ja nur eine Kostprobe, weil du es sehen wolltest. Wenn wir an der Quelle anfangen und uns die Wasserwege entlang vorarbeiten, sollte das kein Problem sein!“ Ihre Worte begleitend, löste sich einer ihrer Arme aus der Verschränkung, um passend dazu zu gestikulieren. Eine gesamte, verschmutzte Stadt kein Problem? Da sprach wohl das göttliche Ego aus der Marinakis heraus. Aber mit einer Aussage hatte Charon ihre Neugier auf sich gezogen. “Was war denn dein ursprünglicher Plan?“, fragte sie überrascht. “Wie, glaubst du, bekämpfst du einen Feind in meinem Element besser als ich es tue?“, wollte die Magierin wissen. Das interessierte sie wirklich brennend. Da musste sie gar aufpassen sich nicht aus Versehen aus der Laune heraus als Tochter Poseidons zu outen. Zunächst wirkte das Ganze viel mehr wie ein erneuter Wettbewerb, statt wie eine gemeinsame Zusammenarbeit.
So weit, so gut. Charon hatte erst einmal Erfolg damit gehabt, Helena ein wenig Feuer zu geben und so die Stimmung aufzulockern... und jetzt? Auch wenn Charon gerne mal so wirken konnte, als habe er einen großen Plan, war er schlussendlich doch eher ein spontaner Mensch, der tat, was sich im Moment gerade anbot. Jetzt, wo er die Dame, die seine Gedanken nicht verlassen wollte, etwas entspannt hatte, stellte sich die Frage, was er damit anfangen sollte. Das Thema wieder auf ernstere Themen lenken? War es dafür nicht zu früh? Wenn er sie jetzt plötzlich mit irgendwelchen Gefühlen konfrontierte, wurde es sicher sofort wieder unangenehm... aber zu sehr anheizen sollte er sie auch nicht. Irgendwann war es kein süßes, freundschaftliches Anstacheln mehr, sondern konnte ernsthaft verletzend werden. Außerdem fühlte es sich nicht gut an, wenn es nicht ehrlich gemeint war. Also... erst einmal professionell bleiben? Aber nicht zu professionell, nicht, dass sie dachte, er wäre komplett über sie hinweg und hätte gar kein Interesse mehr... „Uff, ist das schwierig“, fuhr es dem Dargin durch den Kopf, während er eine Hand an seine Schläfe legte. Normalerweise war es immer leicht gewesen. Entweder eine Frau mochte ihn oder eben nicht. Er hatte nie gedrängt, nie nachgebohrt, nie groß darüber nachgedacht, was der emotional richtige Weg war. Er wollte auch nicht zu viel darüber nachdenken! Er wollte einfach nur authentisch sein, er selbst, und wenn er so gefiel, dann war das doch gut. Und wenn nicht, dann wusste er, dass es nicht passte. Helena Marinakis war die erste Person, bei der er so verzweifelt darüber nachdenken musste, was das richtige Verhalten war... dabei sollte er doch einfach nur authentisch bleiben...
„... ja, du hast vermutlich Recht. Ich bezweifle, dass irgendwelche einfachen Algen deiner Magie widerstehen könnten.“ Die Strömung brachte die schädlichen Pflanzen also gleich wieder zurück... was bedeutete, dass sie noch nicht an der Quelle waren. So viel war wohl beiden klar. Die Frage war, wie sie das Problem dann lösen wollten. „Dein Ansatz sollte funktionieren... du hast größtenteils Recht“, nickte Charon, während er nachdenklich eine seiner Strähnen mit seinem Zeigefinger aufwickelte. „Da die Algen sich in allen Kanälen ausgebreitet haben, können sie das sehr wohl auch gegen den Strom tun... Wahrscheinlich über Ablagerungen an Boden und Wänden der Kanäle, von denen aus sie weiter wachsen. Das wird aber deutlich mehr Zeit verlangen. Ich denke, wenn wir alle Kanäle am gleichen Tag gereinigt bekommen, sollte das Problem gelöst sein. So viele sind es ja zum Glück nicht.“ Mit einem Lächeln nickte er der Runenritterin zu und machte sich an ihrer Seite auf den Weg, der Strömung bis hinauf zur Quelle zu folgen. Gleichzeitig fragte sie ihn, was denn sein Plan war – nein, mehr als das: Sie fragte, wieso er einem Feind in ihrem Element überlegen zu sein glaubte. Die Schwarzhaarige aus den Augenwinkeln betrachtend konnte Charon nicht anders, als zu grinsen. Jetzt war sie es, die ihn herausforderte... und als hätte er eben nicht genau das Gleiche getan, fiel er auf voller Linie darauf herein. Der authentische Charon Dargin war immer noch ziemlich stolz, wie sich herausstellte.
„Weil ich ihre Schwachstelle herausgefunden habe.“ Mit einem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen hob Charon belehrend seinen Zeigefinger. „Diese spezifische Gattung Algen zeigt sich schwach gegenüber Kälte. Bei Temperaturen unter fünf Grad vermehren sie sich nicht; unter null Grad sterben sie. Natürlich habe ich nicht die Mittel, den gesamten Wasserfluss in Aloe Town auf einmal einzufrieren, aber das Wissen lässt sich dennoch nutzen.“ Kurz kramte das Weißhaar in einer seiner Tasche, ehe er eine kleine Karte der Stadt hervorzog, um sie Helena zu zeigen. Die Wasserwege hatte er von Hand darauf eingetragen. „Ohne einen mächtigen Zauber wie deinen wäre ich auf übliche Filtermethoden angewiesen, deshalb habe ich entsprechend geplant. In Zusammenarbeit mit den Leuten, die gerade so kopflos alles filtern, was ihnen vor die Nase kommt, kann man sie ordentlich koordinieren, um die Schwerpunkte zuerst zu säubern und dann mithilfe von Eis- oder Frostmagie Blockaden zu schaffen, an denen die übrigen Algen nicht vorbei kommen. So hält man bereits gesäuberte Gebiete wieder sauber und kann sicher Reste entfernen. Mit ordentlicher Planung sollten die paar Eismagier, die wir in Crimson Sphynx haben, dazu in der Lage sein. Deswegen bin ich gerade hier. Ich stelle fest, an welchen Stellen besonders viele Algen unterwegs sind und um welche Quellen wir uns dringend kümmern müssen, wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen.“ In den Augen der Wassermagierin war das vermutlich ein sehr aufwändiger Plan. Was sie im Alleingang konnte, schaffte Charon nur mithilfe eines ganzen Haufens Stadtbewohner und einiger ausgewählter Magier. Er war stolz auf seinen Plan, aber ihre natürlichen Fähigkeiten waren in diesem Fall deutlich überlegen. Dennoch... verlor der Dargin sein Lächeln nicht. „Ich denke, es ist wichtig, Probleme auch dann angehen zu können, wenn man nicht genau den richtigen Zauber hat... Keiner von uns wird für jede Herausforderung den einen Zauber haben, der sie einfach umgeht oder auflöst“, meinte der Dargin, ohne damit Helenas Fähigkeiten abwerten zu wollen. Er wollte damit nur ausdrücken, dass er nicht hilflos war, wenn seine Finsternis nicht ausreichte... und es auch nicht sein wollte. Selbst, wenn es um Dinge ging, auf die er nicht vorbereitet war, wollte Charon seine eigene Lösung finden und sich nicht nur auf Andere verlassen. So hatte er schon immer gelebt. „Aber trotzdem...“ Für einen Moment stehen bleibend blickte er Helena in die Augen, legte dankbar ein Hand auf sein Herz, während er ihr sein wärmstes Lächeln schenkte. „Ich bin wirklich froh, dass du hier bist, Helena. Ich denke, deine Hilfe wird einen großen Unterschied machen.“
05 Gut, dass Charon das einsah. Es hätte wenig gebracht mit ihr darüber zu diskutieren, ob ihr Zauber nun richtig gewirkt hatte oder nicht. Das wollte man nicht. Nicht, wenn Helena so verbissen und absolut sicher, beziehungsweise überzeugt war. Aber Moment mal? Was hieß denn da, sie habe „größtenteils“ Recht? Wie Charon erklärte, mussten diese Algen sich wohl doch auch gegen die Strömung ausbreiten können. Er hob jedoch hervor, dass sie das sicher nicht so schnell tun konnten wie mit der Strömung. Dementsprechend könne es reichen, wenn sie die Wasserversorgung der Stadt an einem Tage komplett säubern würden. Helena presste die Lippen zusammen. Sie überließ Charon diesen „Sieg“, ohne selbst einen Kommentar darüber zu verlieren. Nun gut, dann wuchsen sie halt auch unabhängig von der Strömung. Das Wichtigste war doch auch, dass sie sie beseitigt bekamen. Das jedenfalls konnte Helena in den Vordergrund rücken. Ach und war ihr etwa ein „wir“ herausgerutscht? War die Zusammenarbeit nun etwa schon beschlossene Sache? Schien fast so. Die Zwei sprachen darüber, schauten sich das Wasser gemeinsam an und nun marschierten sie auch zusammen den Kanal entlang, hin zu dessen Ursprung. Dass die Zwei den Weg gemeinsam gingen lag allerdings auch daran, dass sie in ein Gespräch eingetaucht waren, dessen Fortgang die Marinakis brennend interessierte. Was konnte er ihr in ihrem eigenen Element entgegenbringen? Was schenkte ihm die Zuversicht besser zu wissen was es dort zu tun galt? Wie Charon erklärte, habe er die Schwachstelle der Algen herausgefunden. Er erzählte, dass sie niedrige Temperaturen nicht vertrugen. Unter einem gewissen Wert war ihre Fortpflanzung blockiert, unter einer anderen Schwelle waren sie gar zum Tode verurteilt. Helenas Augenbrauen zuckten hoch, was ihre Verwunderung offenlegte. Er erklärte noch, dass er nicht in der Lage war das gesamte Wasser Aloes mit einem Schlag einzufrieren, doch das Wissen wäre trotzdem nützlich. “Hast du denn Eiskräfte… absorbiert?“, fragte Helena, während ihr Gefährte eine Karte hervorzog. Sie erinnerte sich an den Kampf mit dem Engel und daran, wie er dessen Magie aufgesogen und dann gegen ihn verwendet hatte. Ob er das auch mit einem Eiswesen getan hatte? Der Magier entgegnete jedenfalls, dass er das Wasser hätte filtern müssen, wäre er nicht zufällig auf seine alte Bekannte getroffen. Wie sich herausstellte, versuchte Charon die Eismagier seiner Gilde anzuleiten und mit deren Hilfe so etwas wie Blockaden für die Algen zu erschaffen. “Ah! Wenn wir Eismagier zur Verfügung haben, sollte das wirklich kein Problem werden.“ Dass mit Helena eine Halbgöttin nach Aloe kam, die die mühsame Filterarbeit mit einem Fingerschnippen erledigen konnte, spielte Charon da wirklich in die Karten. Er konnte sich durchaus glücklich schätzen. Wie wertvoll ihre Fähigkeiten in diesem Moment waren, war der Halbgöttin definitiv bewusst. So sehr, dass sie die Markierungen auf der Karte nur sporadisch betrachtete. Es wirkte fast schon so, als weiche der Weißhaarige einem Konflikt oder Vergleich aus, als er plötzlich davon sprach, wie wichtig es sei Probleme auch ohne den perfekt passenden Zauber lösen zu können. Damit meinte er vermutlich seine akribische Planung an dem Wassernetzwerk, welche nun zumindest ein Stück weit überflüssig geworden war. Als er dann aber stehenblieb, um ihr seinen aufrichtigen Dank auszudrücken, irritierte es die Marinakis. Trotzdem entwuchs der Verwirrung ein ehrliches Lächeln. “Freut mich euch helfen zu können.“, erklärte sie, nachdem sie sich auch ihm zugewandt hatte. “Sag mal…“ Dann begann ihr Kopf wieder zu arbeiten. “Warum hast du mich nicht einfach gefragt?“ Soweit sie wusste war es nicht Charon gewesen, der sich gemeldet und nach ihr gefragt hatte. Zögerte er etwa Kontakt mit ihr aufzunehmen? Selbst wenn es um die Arbeit ging? Es war nicht schön, wie sie zuletzt auseinandergegangen waren. Aber wenn es um das Wohlergehen der Bürger Aloes ging, hätte er ihr doch ruhig eine Nachricht zukommen lassen können… Hatte er darüber nachgedacht und sich dagegen entschieden? Oder hatte er ihre Kräfte vielleicht gar nicht so nützlich eingeschätzt?
Stolz erzählte Charon von dem Plan, den er ausgearbeitet hatte – ganz ohne irgendeine magische Fähigkeit, die einfach ohne Mühe alle Algen auslöschte, ohne dem Rest der Umgebung zu schaden. Im Gegensatz zu seinen eigenen eigneten sich Helenas Fähigkeiten perfekt zur Reinigung des Wassers. Gerne hätte er auch selbst Hand angelegt, aber nein, er hatte nicht zufällig genau die Fähigkeiten rauben können, die er nun spontan gebraucht hätte. „Leider nicht, nein. Dafür muss ich mich auf Unterstützung verlassen“, gab er mit einem Seufzen zu und schüttelte den Kopf, ehe er nachdenklich eine Hand an sein Kinn legte. „Wobei so etwas sicher auch in Zukunft nützlich wäre... Fällt dir zufällig ein Gott ein, der eine hohe Verbindung zum Eis hat...?“ Das wäre natürlich ein großer Gewinn... und es war davon auszugehen, dass es in den Erzählungen einen, vermutlich sogar mehrere solcher Götter gab. Hier und jetzt fiel dem Dargin nur keiner ein – vielleicht, weil es schwer genug war, seine Gedanken zu fokussieren, wenn er Seite an Seite mit Helena stand. Oder vielleicht auch einfach, weil selbst sein Gedächtnis seine Grenzen hatte. So gerne Charon sich auch als perfekt ansehen würde... In der Realität war er es einfach nicht. Es fühlte sich gut an, so offen mit der Marinakis zu sprechen, nachdem Charon sie viel zu lange nicht gesehen hatte. Fröhlich sprach er über seine Gedanken und Ideen, darüber, wie er gerne Situationen wie diese handhabte. Schlussendlich schaffte er es sogar trotz ihrer schwierigen Vergangenheit, ihr ehrlichen, warmen Dank auszusprechen, den die Slayerin mit einem Lächeln anzunehmen bereit war. „Du hast immer noch dein gutes Herz, hm?“, freute er sich und nickte zufrieden. „Deine Hilfe wird hoch geschätzt werden, das kann ich dir versichern.“ Ja, so, wie das Gespräch verlief, konnte eigentlich nicht mehr viel schief gehen... richtig?
„... hm?“
Charons Augen weiteten sich bei der sehr direkt gestellten Frage, die ihn dann doch kalt erwischte. Warum er sie nicht um Hilfe gefragt hatte? Ein paar Momente lag sah er die Schwarzhaarige nur ertappt an, ehe er seinen Blick wieder nach vorne richtete. „Ah... ich meine, es ist nicht so, dass jeder Wassermagier dieses Problem einfach so lösen könnte. Ich habe noch nie einen getroffen, der Wasser so reinigen kann, wie du es gerade getan hast“, meinte er und hob seine linke Hand, fuhr sich durch die hellen Haare. „Deine Magie ist wirklich etwas Besonderes, Helena. Mehr als dir vielleicht bewusst ist.“ Aus der Perspektive war es also nicht besonders zielführend, jemanden zu rufen, nur weil man wusste, dass es sich um einen Wassermagier handelte... aber war das wirklich der ganze Grund dafür, dass Charon sich nicht bei der Ritterin gemeldet hatte? Er würde lügen, wenn er behauptete, nicht daran gedacht zu haben. Seinen Blick zur Seite wendend, weg von seiner Begleiterin, röteten sich die hellen Wangen des Magiers leicht. „Wobei... mir ja durchaus bewusst ist, dass du mehr kannst als der übliche Wassermagier... Insofern wäre es wohl sinnvoll gewesen, zumindest zu fragen“, gestand Charon seinen Fehler ein. Er hatte ja sogar vor dem Ausbruch der Algen regelmäßig an sie gedacht, da wäre das doch der perfekte Vorwand gewesen, um sich zu melden. Warum also hatte er es nicht getan? „... ich hatte nicht das Gefühl, dass du mich noch einmal sehen möchtest... Ich habe mich schon vorher zurückhalten müssen, dich nicht noch einmal besuchen zu kommen. Jetzt auf dich zuzugehen, wo ich etwas von dir brauche, wäre mir falsch vorgekommen“, meinte er, war damit aber noch nicht ganz bei der Wahrheit angelangt. Erst jetzt, wo er sich, wie es so selten vorkam, mit seinen Gefühlen auseinander setzte, realisierte, wovor er eigentlich Angst hatte.
„Ich weiß ehrlich gesagt nicht... ob ich damit klar gekommen wäre, wenn ich zu dir komme und du gesagt hättest, dass du nie wieder mit mir reden willst...“
06 Mit den Gedanken darüber, ob es nicht zufällig einen Gott des Eises gab, an dessen Kräften sich Charon bedienen konnte, schlich sich noch ein wenig mehr Unbeschwertheit in die Konversation der beiden Magier. Es erinnerte Helena sofort an ihren Ausflug, bei dem sie auf den Engel trafen, dem sie sich gemeinsam gestellt hatten. Und an den Abend, der diesem Ausflug voranging… Dieser war auch unbeschwert gewesen. Sie hatten sich einfach gehen lassen, vielleicht aber mit unterschiedlichen Motiven oder Vorstellungen. Dass Charon ihr großes Herz lobte, schmeichelte Helena. Als er davon sprach, dass ihre Hilfe „hoch geschätzt“ werden würde, winkte sie mit einem “Ach, iwo. Das ist doch unsere Aufgabe als Gildenmagier.“ ab. Das bedeutete aber nicht, dass sie sich aber insgeheim doch sehr über diese Worte freute, die ihr Ego streichelten. Wobei der Wortteil „geheim“ vielleicht fehl am Platz war, denn das breite Grinsen auf den Lippen der Halbgöttin verriet sie sicher. Doch jenes schwand, als sie im Inbegriff war eine Frage zu stellen, von dessen Antwort sie sich gewissermaßen Aufschluss versprach. Das Zögern des Dargin und der Ausdruck in seinem Gesicht und seinen Augen verrieten unterbewusst vielleicht schon alles, auch wenn seine verbale Antwort noch folgen sollte. Charons Worte drohten Helena zu verwirren, denn sie sagten zunächst etwas anderes als seine Körpersprache. Er führte quasi als Entschuldigung vor, dass man ja nicht davon ausgehen könne, dass ein Magier so leicht das Wasser reinigen könne, auch wenn er Wassermagie beherrschte. Das war auch richtig, doch Helena war ja auch keine herkömmliche Wassermagierin. Weder war ihre Magie vergleichbar, noch sie selbst als Magierin. Sie beobachtete wie er sich durchs Haar fuhr, ehe er noch eine Anmerkung über ihr Talent verlor. Eine Anmerkung, die ihr zu Denken gab. Ob er etwas wusste? Ihre Magie, besonders? Das war sie definitiv und das wusste sie auch, aber gab sie es auch preis? “Sie ist sehr nützlich, wie man sieht.“, merkte Helena lieber nichtssagend an, als zu verdeutlichen wie klar ihr die Besonderheit ihrer Fähigkeiten war, oder nachzubohren wie er darauf kam. Glücklicherweise lenkte Charon den Fokus dann auf etwas, was sie viel lieber hörte. Zumindest dachte sie zuerst, dass es angenehmer wäre. Er gestand ein, dass es sinnvoll gewesen wäre sich bei ihr wegen der Algenproblematik zu melden. Weiter erklärte er, dass er befürchtete in ihrer Nähe nicht mehr gewünscht zu sein und dass ihn das vorher schon beschäftigt habe. Während Helena noch darüber nachdachte, ob es sie freuen sollte, dass er noch an sie dachte, öffnete sich der Magier sogar soweit, dass er seine Verletzlichkeit in dieser Situation offenbarte. Charon sprach von seiner Unsicherheit und der Furcht davor, von ihr abgelehnt zu werden. Wie gebannt lag der Blick der Marinakis auf dem Gesicht ihres Gefährten. Sie hatte ihn komplett falsch eingeschätzt. Helena ging davon aus, dass er in ihr ein schönes Abenteuer erlebte, eines von vielen. Nun sprach er offen mit ihr über den Schmerz, den ihre letzte Begegnung in ihm auslöste. Schmerz, den sie ebenso fühlte, vermutlich in Maßen noch immer. Die Magierin zeigte sich überfordert. Ihr Mund öffnete sich, doch es kamen keine Worte heraus. Nicht direkt. “Ich…“ Selbst der erste Anlauf einer Antwort sollte nicht gelingen. “Ich weiß gar nicht…“ was ich sagen soll? Sie hätte niemals damit gerechnet, dass Charon selbst so verletzlich oder gar verletzt war. “Der Galaabend nahm wirklich einen unschönen Verlauf.“, rekapitulierte Helena erst einmal. “Ich muss mich wohl auch dafür entschuldigen, denn ich bin dort vielleicht mit falschen Erwartungen aufgetaucht. Aber unabhängig davon wie es um uns beide steht, würde ich niemals den stellvertretenden Hilfegesuch der Bewohner Aloes ignorieren.“ Das ließ sich jedenfalls leicht sagen, nun da sie durch die Stadt liefen und gemeinsam daran arbeiteten sich der Algen zu entledigen. Wie Helena wirklich reagiert hätte, wäre Charon einfach auf ihrer Matte gestanden, konnte sie selbst gar nicht sagen. Hätte sie nie wieder mit ihm reden wollen? An dem besagten Abend hatte sie dieses Gefühl bestimmt, nein garantiert. Sie hatte eine Abwehrreaktion gezeigt, bei der sie am liebsten jeden einzelnen Faden, der Charons Leben mit dem ihren verband durchtrennt hätte. Doch mit genug zeitlichem Abstand und einer anderen Perspektive auf das Geschehene? Vielleicht war es das Beste gewesen, ihn zufällig zu treffen, dort draußen auf den Straßen Aloes, welches ein relativ neutraler Ort für ein Wiedersehen war.
Es war tatsächlich ziemlich schwierig für Charon, so offen über die Sorgen zu sprechen, die ihn davon abgehalten hatten, Kontakt mit Helena aufzunehmen. Dass er die Marinakis mochte, hatte er nie in Frage gestellt, aber wie wichtig ihm ihre Gesellschaft tatsächlich war, hatte er erst nachträglich bemerkt. Das Gefühl, eine andere Person zu brauchen war ziemlich ungewohnt… auch wenn ein Teil des Dargin sich noch immer dagegen sträubte, das Verlangen in seinem Inneren mit einer Abhängigkeit gleichzusetzen. Offenbar überforderten seine Worte aber nicht nur ihn selbst, sondern auch die Schönheit, die überhaupt erst danach gefragt hatte. Und was sie sagte, ließ sein nervöses Herz sinken. “Ah, richtig… Natürlich würdest du einen Stellvertreter von Aloe Town nicht einfach wegschicken.” Sie hatte es schon zuvor erwähnt, nicht? Das, was sie hier tat, war ihre Aufgabe als Gildenmagierin. Sie war nicht für Charon hier. Sie sprach in erster Linie nicht mit ihm als Person, sondern mit einer Person, die hier lebte, mit jemandem, der genau wie sie an der Reinigung teilnahm. Wäre er nicht auch Gildenmagier, würde sie nicht mit ihm sprechen. Wäre ein Anderer zuerst erschienen, stünde der nun an ihrer Seite. Selbst ihre Frage danach, warum er nicht auf sie zugekommen war, klang bei genauerer Betrachtung rein geschäftlich. Er allein war es, der persönliche Themen hier eingebracht hatte… Eine ziemlich unprofessionelle Entscheidung seinerseits. Ein paar Momente lang konnte man wohl die Resignation in seinem müden Gesicht erkennen, ehe er wieder sein übliches, ruhiges Lächeln auflegte.
“Nun gut. Dann wollen wir uns einmal an die Arbeit machen. Dafür sind wir schließlich hier.”
Seinen Fehler bereinigend führte Charon die Marinakis weiter, bis sie an einem weiteren Kanaleingang angekommen waren. Ein kurzer Blick auf die Karte zeigte ihm auch gut, dass es von hier aus nicht viel weiter ging. “Hier muss eine Wasserquelle sein… vermutlich unterirdisch”, stellte der Dargin nachdenklich fest, ehe er, wie zuvor, den Deckel mit seiner Kraft aus der sandigen Erde zog. Er warf einen Blick hinein, konnte selbst in der Dunkelheit dort unten gut ausmachen, wie es im Inneren des Kanals aussah, ehe er noch einmal seinen Stab hinab in die Flüssigkeit senkte, um zu prüfen, wie viele Ablagerungen er hier fand. Interessanterweise schienen sich hier weniger Algen abgesetzt zu haben als weiter flussabwärts, ein Zeichen dafür, dass das hier nicht zwingend der eigentliche Ursprung dieser Pflanzen war. “Ich denke, wenn wir von hier aus das Wasser bis hierhin reinigen…”, stellte er fest und deutete auf seiner Karte an die Stelle, an der sich die Kanäle kreuzten; unter der großen Hauptstraße, dort, wo die ganzen Amateure am Filtern waren. “... dann sollte zumindest dieser Teil des Kanalsystems erst einmal sauber sein. Das würde aber bedeuten, dass wir da runter und direkt durchs Wasser müssen… ist das okay für dich?” Dem Dargin selbst missfiel es, auch wenn er dazu bereit war. Seine Kleidung musste nicht unbedingt nass werden und Algen brauchte er daran auch keine. Immerhin war es Trink- und kein Abwasser, also abgesehen von den Pflanzen ordentlich sauber, aber das machte es für ihn nur begrenzt besser. Leise seufzte er. “Sag mal…”, sprach das Weißhaar leise an, während es die weiten Hosenbeine hoch über seine muskulösen Waden aufrollte. “Du hast vorhin gesagt, du bist mit… falschen Erwartungen aufgetaucht? Zur Gala, meine ich…” Vermutlich wollte Helena nicht weiter darüber reden. Vermutlich war das schon wieder unprofessionell von Charon. Wenn er weiter als er selbst mit ihr sprach und nicht als Repräsentant seiner Gilde oder seiner Heimatstadt, war es sicher nur eine Frage der Zeit, bis sie das nicht mehr über sich ergehen ließ… aber er wollte sie trotzdem mit ihren Worten konfrontieren. Es nagte an ihm, nicht zu wissen, was sie meinte.
07 Helena trennte nicht wirklich zwischen Privatem und Beruflichem. Nicht an diesem Tage, nicht weil oder obwohl es um Charon ging, nicht bewusst jedenfalls. Natürlich versuchte sie sich hier und da auf die Aufgabe zu konzentrieren, wegen der sie überhaupt erst nach Aloe gekommen war. Dafür war definitiv nicht Charon verantwortlich. Ihn auf der Straße zu treffen war reiner Zufall. Sich auf die Algen zu fokussieren half der Magierin, sich von der komplizierten Beziehung der Beiden abzulenken. Den Weißhaarigen zu treffen ließ Helena schließlich nicht grade kalt. Sie war es zwar, die einen Schlussstrich gezogen hatte, wenn auch fehlgeleitet, doch bedeutete das nicht, dass sie schon mit der Sache abgeschlossen hatte. Wie distanziert sie doch auf Charon wirkte, bemerkte sie selbst nicht einmal, auch wenn es ihr vermutlich unbeabsichtigt in die Karten spielte. Immerhin wollte sie irgendwie Abstand gewinnen und über die Sache hinwegkommen. Wenn sie Charon unbewusst abblockte, würde ihn das auch davon abhalten sie wieder in Versuchung zu führen. So wanderten die Zwei von Kanaldeckel zu Kanaldeckel und die Sphynx vollzog seinen Stab-Test, bei dem er seinen Stab in das Wasser tauchte, um anhand der Ablagerungen den Grad der Verschmutzung ausmachen zu können. Schließlich hatte Charon eine Idee, wie sie weiter vorgehen sollten. Er zeigte seiner Kameradin etwas auf seiner Karte und erklärte seine Idee. Dazu merkte er aber auch an, dass sie sich durch das Wasser bewegen müssten, damit sein Plan funktionieren konnte. Ob das in Ordnung für sie war? Das war ein Witz, oder? Helena fühlte sich im Wasser fast wohler als an Land. “Ja, natürlich. Gar kein Problem.“, entgegnete sie schmunzelnd, als der Magier sie fragte. Dabei wanderte ihr Blick von der Karte zu seinem Gesicht hinauf. “Das Wasser ist mein Element.“ Außerdem stimmte es ja. Es ging nicht um Abwasser, das wäre wirklich etwas anderes gewesen. Aber Abwasser von Algen zu befreien war sicher auch nicht so wichtig wie Trinkwasser. Vielleicht wäre daraus dann gar keine so große Sache geworden. Während der Dargin seine Kleidung vor dem Abstieg in den Kanal präparierte, band sich Helena nur ihre Haare zusammen. Es war egal ob ihre Kleidung nass wurde, da sie sie mit nur einem Zauber gleich wieder trocken hatte. Ihre Frisur veränderte sie in erster Linie eigentlich auch nur, damit die Haare sie nicht störten, also um ein möglichst freies Sichtfeld zu ermöglichen, sobald sie dort unten waren. Wenn es dort überhaupt hell genug war um vernünftig zu sehen. Während Charon seine Hosenbeine umkrempelte, kam er nebenbei auch noch auf etwas zu sprechen. Auf etwas, dass sie zuvor erst gesagt hatte. Es ging um die Gala, die Helena am liebsten komplett aus ihrem Kopf gebannt hätte. Genauer gesagt sprach er über die Erwartungen, die sie erwähnt hatte. “Die… Die Erwartungen?“, fragte sie um sich intuitiv Zeit zu verschaffen. Natürlich wusste sie eigentlich was er meinte. Außerdem begann Helena plötzlich damit mit den Händen über ihre Handschuhe zu fahren, so als stelle sie sie enger oder so als justiere sie sie. “Also… ich habe erwartet, dass es zwischen uns besser läuft. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt…“, erklärte sie schließlich. Unsicher wie sie mit der Situation weiter umgehen sollte, schenkte die Magierin Charon noch ein gezwungenes Lächeln und ein Schulterzucken. Dass sie sich überhaupt dazu brachte so offen über das Thema zu sprechen. Ein richtiges Gespräch wollte sie mit ihren Worten dann aber auch nicht vom Zaun brechen. Lieber nahm sie den Ausweg nach unten, in den Kanal. Geschickt machte sie einen Satz in das Loch hinein, ehe sie mit beiden Beinen stabil im Wasser landete. Begleitet von einem „Platsch“ ging sie in die Hocke um den Fall so neben der Wirkung des Wassers weiter abzufedern. “Kannst du uns Licht machen?“, sprach Helena dann schließlich weiter, das Thema natürlich wieder gewechselt. Der Hall in dem relativ engen Schacht verzerrte die Akustik auf eine seltsame Art und Weise. Die Magierin machte dann auch gleich ein paar Schritte zur Seite, um Charon Platz zu machen.
„Heh.“ Amüsiert schmunzelte Charon, als Helena hervorhob, dass sie ja wohl kein Problem mit Wasser haben könne! Sicher war ihr klar, dass er die Frage spezifisch stellte, weil es in einen Kanal ging, aber sie war jemand, der gern stolz und frech seine Stärken in den Vordergrund rückte... So wie der Dargin auch. Selbst das selbstsichere, leicht amüsierte Lächeln auf ihren Lippen ähnelte dem Blick, den er ihr gerade zuwarf. Vielleicht war das einer der Gründe dafür, dass sie so unvergesslich war. Eine menschliche Verbindung mit jemandem, in dem Charon viele seiner freieren Eigenschaften gespiegelt sah. Nicht perfekt sein zu müssen, weil man wusste, dass man ähnliche Fehler teilte, war der Grund dafür, dass er auch mit Lian so gut auskam. Obwohl er sie deutlich seltener gesehen hatte, fühlte Charon eine ähnliche Freiheit mit Helena – dabei sollte die Situation zwischen ihnen doch eigentlich viel angespannter sein. Der Versuch des Dargin, vor dem Eintauchen ein bisschen mehr darüber zu erfahren, was die Marinakis von ihm erwartet hatte, führte zu... gemischten Ergebnissen. Sie antwortete, aber ihre Antwort war kurz und sagte wenig aus. „Besser, hm?“ Ja, er hatte eigentlich auch gedacht, dass es besser lief. Wie diese anderen Vorstellungen bei ihr ausgesehen hatten... das war es, was er nicht wusste. Aber das war auch, worüber sie nicht sprechen wollte, so viel war deutlich. Dann würde er ihr den Wunsch erfüllen. Sie hatte wohl wirklich mit der romantischen Seite ihrer Beziehung abgeschlossen, also sollte Charon das auch tun. Es tat vielleicht weh und ihm war bewusst, dass er sie so schnell nicht aus dem Kopf bekommen würde, aber... wenigstens konnte er jetzt klar sagen, wohin der Weg führte. Oder zumindest, wohin er nicht führte. Und so offen, wie sie über andere Themen sprach, konnte Helena sicher ein gute Freundin werden. Der Gedanke zauberte ihm tatsächlich ein Lächeln ins Gesicht. Die Ritterin längerfristig in seinem Leben zu haben klang ziemlich angenehm.
Der eifrigen Helena hinterher hüpfte Charon hinab in die Kanalisation, die, wenn sie sich vom Eingang entfernten, recht düster wurde. Ein gutes Stück entfernt konnte Charon schwach den Schein erkennen, wo die Wüstensonne durch das andere Gitter schien – das, an dem sie zuvor gewesen waren –, aber bis dorthin lag ein gutes Stück des Weges im Dunkeln. Seine violetten Iriden füllten sich mit Dunkelheit, wurden selbst schwarz wie die Nacht, sodass Charon hier sehen konnte wie am hellsten Tage, aber die Marinakis hatte nicht das gleiche Glück. „Ich bin Finsternismagier, Helena“, tadelte er mit einem Grinsen und einem leichten Kopfschütteln. „Licht zu machen ist nun wirklich nicht in meinem Interesse. Aber keine Sorge... Ich kriege hier schon alles mit. Es gibt auf jeden Fall in Sichtweite keine bemerkenswerten Hindernisse, um die du dich sorgen müsstest.“ Er selbst hatte allerdings eine kleine Sorge. Nach nur zwei Schritten weiter in das Wasser hinein leckte dieses bereits am unteren Ende seiner aufgerollten Hosenbeine. Leicht unzufrieden verzog Charon das Gesicht, beließ es aber erst einmal dabei. „Kümmerst du dich hier um die Algen?“, fragte er kurz, wobei er natürlich davon ausging, dass sie das tun würde. Er wollte nur nicht klingen, als würde er Befehle geben. „Dann können wir Stück für Stück weiter und sollten bald genug am Hauptplatz sein. Dann ist der Kanal hier sauber.“ Lange würden sie dafür sicher nicht brauchen. Während er der Marinakis die Säuberung überließ, trat er weiter nach vorne und stellte fest, dass der Wasserstand eher höher wurde als zu sinken. „Ab hier wird es ganz schön tief... Kann sein, dass wir gleich schwimmen müssen.“ Das konnte sie sicher. Er natürlich auch. Das bedeutete aber auch, dass die hochgekrempelten Ärmel und Beine nicht viel dazu beitragen würden, seine Kleidung zu säubern. Mit einem Seufzen schloss der Dargin kurz die Augen und kanalisierte einen Teil seines göttlichen Manas, verteilte es in seinem Körper, während er es auf eine bestimmte Gottheit ausrichtete. Eigentlich wollte er vermeiden, vor einer hübschen Dame in Form eines älteren Mannes aufzutreten... aber sie waren ohnehin nur Freunde, und Helena wusste Bescheid über seine Transformationen. Außerdem konnte er so seine echten Klamotten trocken halten und sich allgemein freier im Wasser bewegen. Blau glitzernde Schuppen legten sich in Form einer langen Robe um seinen Körper, die gut genug anlag, um seinen muskulösen Körperbau hervorzuheben und beim Schwimmen nicht zu behindern. Er wurde ein kleines bisschen größer, seine Schultern etwas breiter, seine ohnehin kräftigen Oberarme nahmen noch einmal an Volumen zu, während sein Haar etwas kürzer wurde. Lang war es trotzdem noch, reichte ihm aber nur noch etwa über die Hälfte des Rückens.
In der Form des Gottes Poseidon sollte der Aufenthalt hier in den nassen Kanälen für Charon eine angenehmere Erfahrung werden...
Eyes of Darkness TYP: Elementarmagie ELEMENT: Finsternis KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 35 pro Minute MAX.REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5, Manaregenration Level 3 BESCHREIBUNG: Mit Hilfe dieses Zaubers ist der Magier in der Lage selbst in tiefster Nacht zu sehen, als wäre es helllichter Tag. Dies geschieht, indem der Anwender Mana in seine Augen leitet, was zur Folge hat, dass sich die Augäpfel völlig schwarz verfärben.
Lord of the Seas: Poseidon Soul TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: III ART: Support MANAVERBRAUCH: 125 pro 5 Minuten MAX. REICHWEITE: Selbst SPEZIELLES: Full-Body Take Over VORAUSSETZUNGEN: Manaregeneration Level 6, Geschicklichkeit Level 3, Willenskraft Level 3 BESCHREIBUNG: Mit diesem Zauber verwandelt sich der Nutzer in ein Abbild des Gottes Poseidon – ein älterer, starker Mann mit schlohweißem, langen Haar und einem passenden Bart, gehüllt in Kleidung aus blau glitzernden Schuppen. In dieser Form ist der Anwender in der Lage, unter Wasser zu atmen, und kann dem Wasserdruck in den tiefsten Tiefen des Meeres standhalten. Außerdem werden selbst Menschen, die nicht schwimmen können, in dieser Form zu perfekten Schwimmern.
Wenn die Götter eine so schöne Welt erschaffen konnten... Welches Potenzial liegt dann in mir?
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Helena
Anmeldedatum : 19.08.20 Anzahl der Beiträge : 911 Alter : 32
08 Die Reaktion Charons, das Wiederholen des Wortes „Besser“, mit angeschlossenem, fragenden Summen, deutete die Halbgöttin als simplen Kommentar. Ob es dieser wirklich war oder ob es eigentlich eine zurückgehaltene Folgefrage war, wusste sie nicht so recht zu sagen. Allerdings sah sie sich in ihrer Vermutung bestätigt, nachdem Charon keine weiteren Worte hatte folgen lassen. Es war für sie einfach schwierig darüber zu sprechen und sie würde sich vermutlich Stück für Stück weiter öffnen, je länger dieses kleine Abenteuer, die Schnitzeljagd durch Aloe andauern würde. Als Charon seiner Kameradin in die Kanalisation gefolgt war, erkundigte sie sich bei ihm danach, ob er irgendwie in der Lage sei Licht zu spenden. Dass er daraufhin betonte Finsternismagier zu sein, deutete bereits an, dass dem nicht so war. Dennoch wies er darauf noch nachdrücklich hin. Er offenbarte ihr allerdings, dass sich in absehbarer Distanz kein Hindernis befände, über das sie sich Sorgen machen brauche. “Hätte ja sein können… Verleibst du dir nicht auch die Kräfte anderer Wesen ein?“, hinterfragte die Halbgöttin, die doch einst mit ihm gegen einen Engel gekämpft hatte, dessen Kräfte er aufgenommen hatte. War es da so abwegig, dass er sich mal Kräfte angeeignet hatte, durch die er Licht machen konnte? Intuitiv ließ sich die Marinakis jedenfalls ein wenig zurückfallen, bis an die Seite Charons. Sie trat an enger an seine Seite und legte ihre Hand auf seine Schulter. Er war in der Lage zu sehen, sie würde sich also von ihm leiten lassen. So gab er ihr auch Bescheid, dass sie sich erneut darum kümmern musste das Wasser zu reinigen. “Klar, sofort.“, erklärte sie freudig. Es war für sie ja nicht einmal ein Aufwand, abgesehen von der magischen Energie, die sich allerdings ebenfalls in Grenzen hielt. Es dauerte keinen Wimpernschlag, da gab Helena einen Manaimpuls ab, der das Wasser mit Magie erfüllte und es so von den Algen und anderen Verunreinigungen befreite. Helena wartete noch einen Moment, um Charon, der ihr das weitere Vorgehen erklären wollte, nicht ins Wort zu fallen. Sie nickte bestätigend, kam sich kurz blöd vor, da es ja dunkel war, realisierte dann aber, dass er ja im Dunkeln sehen konnte und kam sich deswegen gleich doppelt blöd vor. “Wasser ist sauber.“, gab sie dann peinlich berührt lächelnd von sich. Damit konnte es also gleich weitergehen. Kurz darauf wies Charon auf etwas hin, was Helena auch ohne zu sehen, nämlich am Wasserstand an ihren Beinen ausmachen konnte. Es wurde tiefer und die Kanäle waren auf dem weiteren Wege eventuell weit genug gefüllt, dass sie besser vorankamen, wenn sie schwammen. “Kein Problem für mich.“, entgegnete die Marinakis verschmitzt grinsend. Welche Hürde auf sie dort unter der Erde auch immer wartete, solange sie mit Wasser zutun hatte, würde sie sie definitiv meistern. Auch wenn dies kein Wettbewerb war, so fühlte sich Helena ihrem Gefährten in diesem Moment überlegen. Ein gutes Gefühl, welches sie nur allzu gerne genoss, welches allerdings nicht lange andauerte. Charon hatte nämlich schon eine Idee, wie er mit den veränderten Verhältnissen umgehen wollte und wie er das tat, überraschte Helena nicht nur, es schockierte sie sogar. Die Halbgöttin stutzte, als sich Charon plötzlich transformierte. Die magische Energie, die dabei freigesetzt wurde, glomm und erhellte das Dunkel der Kanalisation zumindest einen Augenblick. Dazu noch das Schimmern der erzeugten Schuppen. Die Konturen einer Gestalt, die Helena nur allzu bekannt vorkam, waren an ihrer Seite zu erkennen. Unbewusst, ohne darüber nachzudenken, stieß die Magierin aus was ihr grade durch den Kopf ging. Vater?! “Poseidon?!“ Sie konnte sich grade noch zurückhalten, bevor sie ihn mit ihrem Verwandtschaftsgrad ansprach. Entsetzt war sie einen Schritt nach hinten getreten, ihre Hand hatte sie sofort von Charons wachsender, zunehmend muskulöser Schulter genommen. Die Marinakis verstand die Welt nicht mehr. Die Tatsache, dass die Sphynx sich in ihren Vater verwandelt hatte war verwirrend und seltsam genug. Doch wenn sie sich daran zurückerinnerte, wie Charon an die Kräfte des Engels gekommen war… wurde ihr ganz flau im Magen. Da gab es definitiv noch etwas zu klären und das hatte nichts mit dem Gala-Abend zu tun!
Zauber:
Water God’s Purge TYP: Lost Magic ELEMENT: Wasser KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 50 (40) (35) MAX. REICHWEITE: 25m SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5 BESCHREIBUNG: Der Magier durchflutet seinen Körper mit Mana, welches schließlich jedwedes Wasser in einem Umkreis von 25m reinigt und trinkbar macht. Der Salzgehalt des Wassers wird dabei nicht verändert. Süßwasser bleibt Süßwasser, Salzwasser bleibt Salzwasser.
“Das stimmt, das tue ich.” Charon nickte. Ja, er verleibte sich auch gern die Fähigkeiten von Allem Göttlichen ein, das ihm über den Weg lief. Da war es nicht abwegig, anzunehmen, dass er vielleicht auch Licht erzeugen konnte. “Bisher habe ich allerdings noch keinen Gott gefunden, der als Lichtlacrima missbraucht werden wollte… und ehrlich gesagt komme ich auch gut ohne klar. Nur einer von uns mangelt es hier an Sicht, Helena.” Selbstzufrieden schmunzelte Charon in ihre Richtung. Ja, da war die stolze Runenritterin wohl doch nicht ganz so überlegen. Das Wasser der Kanalisation mochte ihr Element sein, doch die Dunkelheit, die sich hier über den Großteil des Weges legte, war seines. Tatsächlich war es, irritierenderweise, gar kein schlechter Ort für die beiden als Duo. Natürlich unterstützte Charon Helena gerne beim Sehen - so gut er konnte eben. Wenn sie sich dafür an seiner Schulter stützen wollte, passte ihm das gut. Den Rest meisterte die Marinakis ja mit Leichtigkeit. Die Reinigung des Wassers ging fix wie zuvor und ja, sie hatte Recht: Mit dem Schwimmen würde sie auch kein Problem haben. “Das… glaube ich dir sofort”, grinste Charon zurück, dem es zwar selbst auch nicht an der Fähigkeit zu schwimmen mangelte, der aber trotzdem damit zögerte, tiefer ins Wasser zu treten. Warum sollte er seine teuren Klamotten ruinieren, wenn er auch eine Alternative hatte? Ohne zu Zögern verwandelte er sich in Poseidon, den Gott des Meeres.
Wie sehr das Helena schockierte, konnte er ja nicht ahnen.
“Oh? Du erkennst ihn?” Mit einem stolzen Lächeln wandte sich Charon um zu der Wassermagierin und präsentierte seinen Körper. Der absolute Großteil der Fiorer hatten dieses Antlitz sicher noch nicht erblickt, aber bei Helena war diese Erkenntnis ja fast schon ein Déjà-vu. “Ich weiß ja schon, dass du dich auch mit Mythologie befasst… aber es ist wirklich beeindruckend, wie gut du dich auskennst, Helena. Wo kommt die Faszination her?” In Charons Augen war der überraschte Ausdruck der Marinakis als Bewunderung zu deuten, nicht Entsetzen. Wie sollte er auch wissen, was für eine Beziehung sie zum Gott des Meeres hatte? Ihre Reaktion war ja auch für einen Durchschnittsmenschen vollkommen verständlich. Es war nur natürlich, erschlagen zu sein von dem unerwarteten Anblick eines Gottes, selbst wenn das, was dem vorausging, die makellose Gestalt des Charon Dargin war. Stolz reckte er den Kopf ein wenig. “Du hast ihn ja sofort erkannt. Das heißt dann wohl, ich habe sein Bildnis gut getroffen, hm?”
09 Helena hatte ihre Erfahrungen mit Charon also doch richtig gedeutet. Es wäre potenziell möglich gewesen, dass er irgendwann ein Wesen getroffen hatte, welches über Lichtkräfte verfügte, deren er sich einen Teil hätte abzweigen können. Doch das war nicht der Fall, wie er auch gleich erklärte. Dann konnte man daran natürlich nichts machen und Helena war darauf angewiesen, dass ihr Gefährte sie durch die dunklen Gänge der Kanalisation leitete. Dass Charon sie ihr noch einmal explizit unter die Nase rieb, dass sie mit dem Problem der Dunkelheit alleine zu kämpfen hatte, schmeckte ihr natürlich überhaupt nicht. Wenngleich die Magierin dabei selbstredend keinen ernsthaften Groll dem Weißhaarigen gegenüber verspürte, hatte der Kommentar definitiv gesessen. “Was für ein egoistischer Ansatz.“, murmelte sie daraufhin grummelig, aufgrund der Nähe zu Charon allerdings laut genug, sodass er dies hören konnte. Umso mehr schmeckte es der Halbgöttin natürlich, dass das Wasser immer tiefer wurde und es ganz danach aussah, dass sie schwimmen mussten. Ein süßer Geschmack, der sich sehr schnell und schlagartig in einen äußerst bitteren verwandelte. Parallel zu der Verwandlung, die Charon vollzog. Es war ein Schock, als sie bemerkte, dass die Transformation ihres Gefährten darin mündete, dass er in der Gestalt ihres eigenen Vaters vor ihr stand. Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Der Name seiner Gestalt entwich ihr im Affekt, danach war erst einmal Stille, zumindest von ihrer Seite. Es war kaum verwunderlich, dass Charon ihre Reaktion auffiel. Zunächst aber hängte er sich daran auf, dass sie erkannte in wen sie sich verwandelt hatte. Mehr als ein “Äh…“, brachte sie aber zunächst nicht heraus. Schlagartig verwirrt schüttelte sie erst den Kopf, ehe sie dies mitten in der Bewegung zu einem Nicken korrigierte. Dann schaffte sie es auch ihre Zunge zu koordinieren und ein langgezogenes “Jaaa…“ durch den Kanal schallen zu lassen. Als er ihr daraufhin bewusst seinen „neuen“ Körper präsentierte, trat Helena einen weiteren Schritt zurück, wodurch sie aus Versehen gegen die Kanalmauer stieß. Der (immer noch) Weißhaarige bemerkte ihr Wissen auf dem Gebiet der Mythologie, hielt es allerdings als Folge einer Faszination, dessen Ursprung er nun erfragte. “Nun, also… ich…“, stammelte Helena zusammen. Es war Zeit für Ausflüchte! “Ich… ich war schon als Kind ein riesiger Fan von Mythologien und Göttern!“ Zumindest der Teil, dass sie schon als Kind eine gewisse Verbindung zu Göttern hatte, war nicht gelogen. Das Ringen der Marinakis nach ihrer Fassung, mochte wie Faszination oder Ehrfurcht wirken. Da hatte sie großes Glück, dass sie sich und ihr Geheimnis durch diese Reaktion nicht sofort verriet. Als Charon sich dann noch einmal stolz präsentierte und ihre Meinung erfragte, ob er Poseidon nicht gut getroffen habe, atmete Helena tief durch. Beim Ausatmen plusterte sie ihre Wangen kurz auf. Dann schaffte sie es sich soweit zu beruhigen, dass sie auch mal klare Worte sprechen konnte. “Ich denke ja. Also ich bin natürlich keine Expertin, aber für mein Verständnis schon, ja…“ Viel zu gut sogar. Götter waren in der Lage ihr Äußeres anzupassen und zu verändern. So wandelten sie auch nach Belieben unter den Sterblichen, ohne erkannt zu werden. Doch diese Gestalt ähnelte der, die sie immer wieder in ihren Träumen besuchte, wirklich sehr. Helena räusperte sich. Diese Aktion des Dargin motivierte sie, schleunigst mit der Quest weiterzumachen, damit er die Gestalt ihres Vaters so schnell wie möglich wieder ablegen konnte. “Also gut! Dann mal weiter!“ Ohne abzuwarten, dass Charon sie weiter durch die Finsternis führte, watete sie auf eigene Faust weiter durchs Wasser. “Sag mal…“, leitete sie dann allerdings gleich ein, ohne über die Schulter zu blicken. “Wie bist du daran gekommen, wenn ich fragen darf? Hast du ihn etwa getroffen? Habt ihr gekämpft?“ Fragen, die ihr aufkamen und auf dessen Beantwortung sie wirklich brannte. Das war auch ihrer merkwürdigen, nervös angehauchten Stimmlage zu entnehmen. Die Vorstellung, dass Charon ihrem Vater gegenüberstand und dass er ihn gegen seinen Willen seiner Kräfte beraubte, war… sie wusste nicht einmal wie sie sie beschreiben sollte. Wenn Poseidon wusste, dass seine Tochter mit ihm… Oh je…
Ein egoistischer Ansatz, hm? Nun, das konnte Charon schwerlich abstreiten. Dennoch schmunzelte er. Helena wusste, dass sie beide gerne die Besten waren, und sie wusste auch, dass sie beide einander und andere unterstützten, wenn sie es konnten. Sie würde ihn nicht wirklich für einen Egoisten halten, und sie würde es ihm nicht übel nehmen. Insofern endete er das Thema für seinen Teil mit einem scherzhaften “Du kennst mich doch.” Den Effekt, den seine spontan angenommene Verwandlung auf die Marinakis hatte, hatte Charon nicht vorhergesehen, aber er schmeichelte ihm durchaus. Natürlich war davon auszugehen, dass sie seine wahre Form attraktiver fand, er sah schließlich ziemlich großartig aus, aber ihn noch ein Stück göttlicher zu sehen war sicher auch eindrucksvoll. “Schon als Kind, hm? Wie kam es? Ich habe das Gefühl, die wenigsten Kinder beschäftigen sich mit Mythologie, gerade hier in Fiore”, plauderte er gelassen, ehrlich interessiert an Vergangenheit, Erfahrungen und Persönlichkeit Helenas. Zum Kennenlernen gehörte es schließlich auch dazu, sich ein wenig übereinander auszutauschen, und über Helenas Kindheit wusste der Dargin bisher praktisch nichts. “Bei mir hat es tatsächlich erst deutlich später begonnen… Nachdem ich meinen Geburtsort verlassen hatte, hat sich bei mir viel Interesse an der Welt gebildet, aber mit Göttern befasse ich mich so intensiv noch keine zwei Jahre.” Stolz darauf, dass sein Zauber offenbar auch auf sie sehr akkurat wirkte, führte Charon sehr gerne die Aufgabe an ihrer Seite fort. Er hoffte nur, dass sie bald wieder an eine etwas flachere Stelle kamen. Am Ende fühlte es sich doch besser an, er selbst zu sein.
“Hm?” Etwas überrascht blickte Charon auf. Er hatte nicht erwartet, dass die Ritterin das Thema seines Zaubers so schnell wieder aufgreifen würde. Unzufrieden war er damit aber beim besten Willen nicht. Natürlich war sie fasziniert von seinen herausragenden Fähigkeiten! Mit einem sehr selbstzufriedenen Lächeln nickte Charon. “Ah, eine gute Frage. Nach dem, was du schon gesehen hast, ist es nur logisch, von einem Kampf auszugehen”, nickte der Dargin und hob die Hände, um seine Worte mit Gesten zu begleiten. Durch das Wasser kam er in dieser form auch so mit Leichtigkeit. “Aber der Punkt, an dem ich Ablegern göttlicher Magie nachjagen muss, ist lang überschritten. Ich hatte mehrere Begegnungen mit Wesen wie dem Engel, die Teile göttlicher Kraft in sich trugen, ohne selbst Götter zu sein. Einem tatsächlichen Gott bin ich bisher nur einmal begegnet… aber es hat gereicht. Nun, da ich mehrere Proben göttlichen Manas habe, konnte ich einen Weg finden, mein eigenes Mana in einen gottgleichen Zustand zu versetzen”, erklärte er. Langer Rede, kurzer Sinn: Er war nicht länger daran gebunden, einen Gott zu treffen, um sich an dessen Kräften zu laben. “Das allein reicht allerdings nicht. Göttermana unterscheidet sich tatsächlich in ein paar erheblichen Punkten von dem, was wir normalerweise verwenden, vor Allem in der Anwendung. Einfach gesagt… Göttermana hat so etwas wie eine natürliche Form. Anders als bei uns, die begrenzte Ressourcen in ihrem Inneren tragen, diese aktiv formen und ihre Energie mit dem in der Luft liegenden Ethernano wieder auffüllen müssen, gehört die Magie der Götter inhärent zu ihren Körpern. Das wird auch der Grund sein, warum man mit den meisten Göttern ein bestimmtes Element verbindet. Um Poseidon als Beispiel zu nehmen: Wenn eine attraktive Wassermagierin einen Bereich Wasser sauber zaubert, ist das ein kurzer Manaimpuls mit umgewandelter Energie. Würde Poseidon das Gleiche tun, wäre es einfach eine Funktion seines Körpers - nicht anders, als würde er einfach seine Hand ausstrecken.” Auch hier: Charon hörte sich gern reden. er nutzte viele Worte, um auszudrücken, was auch wenige konnten. Da Götter aus göttlicher Energie bestanden, war diese Energie auch streng an ihre Form gebunden. Deswegen fiel ihnen gerade mächtige Magiewirkung wohl auch deutlich einfacher, als es bei Menschen der Fall war. “Im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn ich göttliches Mana verwenden will, muss es erst die Form eines Gottes einnehmen. Das Mana, das ich mir vom Original angeeignet habe, kehrt automatisch in seine Ursprungsform zurück - so, wie die Flügel von Ἄτη, wenn du dich erinnerst”, meinte er. Das hier war der entscheidende Punkt. “Wenn ich die Energie nachstellen will, dann muss ich es andersrum machen, weil ich nicht die originale Manasignatur einschätzen kann. Also nehme ich gottgleiches Mana ohne Prägung und forme es in die Form eines bestimmten Gottes, bis es dessen Fähigkeiten anzunehmen beginnt. Das erfordert natürlich eine Menge Arbeit. Mein erstes Projekt waren die Brüder des Olymps: Zeus, Hades und natürlich Poseidon. Zeus hast du tatsächlich gesehen, als wir gegen den Engel gekämpft haben!” Eigentlich spannend, dass sie den nicht wiedererkannt hatte. Vielleicht hatte sie an Poseidon ein besonderes Interesse? Zu ihr als Wassermagierin würde es wohl passen… “Hach je… ich habe so viele Bücher gewälzt und hunderte Zeichnungen angefertigt, bis ich Designs hatte, die zu allen Details der Geschichten passten, die ich zur Verfügung hatte”, seufzte Charon, zuckte mit den Schultern. Es war harte Arbeit gewesen, aber es hatte sich gelohnt. “So bin ich an die Macht dieser drei gelangt… meine nächsten Projekte sind bereits in Arbeit, auch wenn ich hier und da bisher nur Teilergebnisse erzielt habe. Aber der Grundprozess funktioniert gut, also… Mach dich gern bereit, bald noch deutlich mehr von mir zu sehen.”
10 Tja, woher kam Helenas Interesse an der Mythologie? Da sie nicht bereit war die große Bombe in diesem Moment platzen zu lassen und Charon ihre Herkunft zu offenbaren, musste sie sich etwas anderes einfallen lassen. So begründete sie ihr Wissen rund um Poseidon damit, bereits in jungen Jahren ein Interesse an der Geschichte der Götter entwickelt zu haben. Scheinbar war das aber gar nicht so üblich. Zumindest nicht für das Verständnis des Weißhaarigen. Ergo war sie dazu gezwungen ihre Erklärung noch ein wenig weiter auszuführen. “Meinst du? Wirklich?“, entgegnete sie erst verwundert auf die Aussage des Dargin, ehe sie weitere Erklärungsversuche folgen ließ. “Also ich… ich stamme ja aus Hargeon. Ich glaube grade bei Fischern wird sich auch gerne mal an höhere Mächte gewandt, um sichere Fahrt oder reiche Erträge gebeten oder dergleichen.“ War das eine treffende Begründung für ihre Verbindung zu den Göttern? Es spräche jedenfalls für ihre Kenntnis speziell was Poseidon betraf, der als einer der Herrscher der Meere galt. Helena hoffte, dass es das damit war und dass sie nicht weiter in Erklärungsnot geriet, denn viel mehr fiel ihr dazu vermutlich nicht mehr ein. Kaum verwunderlich also, dass sie schleunigst mit der Quest weitermachen wollte. Was aber nicht bedeutete, dass sie nicht selbst noch die ein oder andere Frage zu dem Thema hatte.
Besonders wichtig war Helena zu erfahren, ob Charon gegen ihren Vater gekämpft hatte, um an seine Kräfte zu gelangen, beziehungsweise ob er ihn getroffen hatte. Bereits die Einleitung des Dargin klang dann aber fast so, als war zumindest die Annahme eines Konfliktes zwischen der Beiden eine irreführende… Charon erklärte, dass er mittlerweile anders vorging, dass er die Wesen, deren Kräfte er ersehnte nicht mehr suchte oder jagte. Fast schon beiläufig ließ er dabei fallen, in seinem Leben nur einem einzigen Gott begegnet zu sein. Welcher das war, erzählte er aber nicht. Ganz zu Helenas Bedauern. Weiter erzählte der Magier, dass er einen anderen Weg gefunden hatte die Kräfte göttlicher Wesen zu… entwickeln? “Oh, okay?“, schob die Marinakis kurz dazwischen. Zu mehr kam sie allerdings nicht. Eine Nachfrage musste warten, da Charon seinen Monolog sogleich fortsetzte. Sie wusste ja, dass er gerne sprach und normalerweise störte sie das auch gar nicht. Nun aber, da sie gezielte Informationen wollte, die er ihr nicht lieferte, wurmte sie das schon. Sein Verständnis davon, wie sich das Mana der Götter von dem Normalsterblicher unterschied, war tatsächlich interessant und es brachte für sie die Frage auf, wie es sich dann wohl mit ihrem Mana verhielt. Immerhin verfügte Helena nicht nur über eine göttliche Magie, sondern auch über göttliche Mächte. In ihr floss das vermischte Blut eines Gottes und eines Menschen. Ähnlich verhielt es sich bestimmt auch mit ihrem Mana. Aber das war eine Frage, die Charon ihr nicht beantworten konnte. In erster Linie nicht, weil er sich nicht genug mit dem Thema auskannte, sondern weil Helena sie ihm einfach nicht stellen konnte und wollte. Der Weißhaarige sprach über das Wirken von Magie, welches bei einer Gottheit anders funktionierte als bei einem Magier. Wie göttliches Mana funktionierte, erläuterte er ihr anhand des Beispiels der Begegnung mit Ἄτη, welche sie ja selbst miterlebt hatte. Helena nickte zustimmend. “Ja, ich erinnere mich.“, bestätigte sie kurz darauf auch verbal. Auch an die Gestalt des Zeus erinnerte sich die Magierin nur allzu gut. Dass sie ihn nicht erkannte, war eine Falschannahme Charons. Der Unterschied zu damals war lediglich, dass sie der Anblick ihres Onkels weniger aus der Fassung brachte, als der ihres Vaters. Wenn sie das richtig verstand, puzzelte Charon also mit irgendwelchen Manaproben herum, bis die Formen die er bildete nahe genug an jenen der Götter waren, sodass das Mana seine Wirkung entfaltete? Das klang wirklich… verwirrend und auch interessant, aber das allerwichtigste hatte ihr Charon immer noch nicht verraten. “Also… hast du Poseidon gar nicht getroffen?“ Er hatte das vielleicht angedeutet, doch Helena wollte es ganz genau wissen, es aus seinem Mund hören. Eine Möglichkeit bestand schließlich noch. Ein Treffen, welches er nicht näher beschrieben hatte. “Welchen Gott hast du denn gesehen?“ Was die Zeichnungen und das Wälzen der Bücher anging, die für Charon scheinbar dafür nötig waren, mit seiner Arbeit voranzukommen, so kam Helena eine Idee. “Vielleicht kann ich dir bei den Designs ja helfen? Ich habe über die Jahre ja auch schon eine Menge gelesen. Was hältst du davon?“ Ein brillanter Einfall der Halbgöttin! Wenn sie auf diese Art Zugriff auf die Forschungen des Dargin bekam, dann würde sie auch mitbekommen, wenn es irgendwelche Annährungen mit ihrer göttlichen Familie gab. Aber davon abgesehen stellte sich Helena eine weitere Frage… “Was ist eigentlich dein Ziel bei dieser Arbeit? Wonach strebst du?“, fragte sie ehrlich heraus, während sie die ersten Schwimmzüge in das tiefere Wasser hinein machte und sich dabei an der Kanalwand vortastete. “Du gibst Bescheid, wenn ich wieder reinigen soll?“, schob sie dann rhetorisch gefragt nach.
Für Helena schien es geradezu selbstverständlich, sich von klein auf mit den Mythen und Religionen anderer Länder zu befassen... Das lag wohl daran, wie sie aufgewachsen war. Eine These, die sich schnell bestätigte. „Du bist aus Hargeon Town? Ich glaube, das hast du mir noch nicht erzählt“, stellte Charon fest, ein fasziniertes Lächeln auf seinen Lippen. Er freute sich, mehr über die Runenritterin zu erfahren, und sie würde sich wohl freuen, endlich die Fragen nach ihrem Wissen über Götter los zu sein. Für ihn war das, was sie sagte, schlüssig; sie hatte wohl in ihrer Kindheit mit Leuten zu tun gehabt, die ein besonderes Interesse an Gottheiten hatten, gerade im Bezug mit dem Meer, und das hatte sie schon jung geprägt. Mehr gab es da nicht wirklich herauszufinden. „Heißt das, du hattest als Kind häufiger mit Fischern zu tun? Sag bloß, du bist selbst fischen gegangen?“ Fröhlich lachte er auf, wobei er nicht über Helena lachte. Schlussendlich kam auch der Dargin aus einer Familie von Holzfällern, einer einfachen Familie, von der er sich gelöst hatte. Der Gedanke, dass Helena – die hübsche, starke, stolze Helena – genau wie er einen wenig eindrucksvollen Hintergrund hatte, trug irgendwie eine charmante Ironie mit sich.
Charon zögerte nicht damit, Helena von seiner Forschung zu berichten, ganz im Gegenteil. Die Grundlagen kannte sie ohnehin, und sie glaubte ihm. Er erzählte ihr gerne mehr. Sie wirkte auch die ganze Zeit sehr aufmerksam und interessiert. Hach ja... Wie gut es sich doch anfühlte, gehört zu werden. Es wärmte dem Dargin wahrlich das Herz. „Nein, Poseidon ist mir nie begegnet. Ich hoffe, du bist nicht allzu enttäuscht“, schmunzelte er, doch bei ihrer nächsten Frage gefror sein Gesichtsausdruck für einen Moment, ehe sein rechter Mundwinkel aufzuckte. „A-ah... ich denke ehrlich gesagt nur ungern an diese Begegnung zurück...“ Seine erste Begegnung mit einem Gott... Das seltsame Wesen aus der Ruine vor Hargeon nicht mitzählend, war das das Treffen mit Merkur gewesen. Der Diebesgott, der ihm nicht nur sein Geld, sondern auch seine teure Kleidung geraubt hatte... Der Schmerz dieses Tages saß noch immer tief. „Es war der Gott Merkur“, seufzte Charon und schüttelte den Kopf. „Wenn es dich interessiert, erzähle ich dir gern ein Andermal mehr von ihm.“ Nicht jetzt, auf jeden Fall. Das war das Letzte, woran er in der Kanalisation denken wollte. Charon hatte von der vielen, harten Arbeit berichtet, die hinter seinen Verwandlungen steckte, und davon, woran er aktuell noch arbeitete. Es war keine Klage, im Gegenteil. Das Weißhaar war stolz darauf, wie viel es aus eigener Kraft geschafft und geschaffen hatte, und wie weit es noch immer strebte. Der Gedanke, um Hilfe zu bitten, würde ihm nie kommen... aber als er das Angebot bekam, schaute er seine Begleiterin erstaunt an. „Meinst du... das ernst? Du möchtest mir helfen?“ Vielleicht klang er etwas zu ungläubig. Es war wirklich überraschend, diese Worte zu hören. Gleichzeitig zeigte das aber deutlich, dass Helena tatsächlich nichts gegen ihn haben konnte. Solange sie einfach nur Freunde waren, war es wohl okay, mehr Zeit miteinander zu verbringen? „Das ist ein wundervolles Angebot. Ich danke dir, Helena. Natürlich nehme ich es gern an!“ Erleichtert lachte die Sphynx auf. Irgendwie fühlte es sich an, als wäre ihm ein massives Gewicht von den Schultern genommen worden. „Du ahnst nicht, wie sehr mir das helfen würde... Ich bin echt froh, dich heute getroffen zu haben.“ Jede Freude konnte ihn aber nicht auf die nächste Frage vorbereiten. Wieder blickte er ziemlich verdattert aus der Wäsche, als sie ihre Frage stellte. „... Was?“ Wonach er strebte? Was sein Ziel war? Wieso... fiel ihm das gerade nicht ein? Charon ging dieser Götterjagd inzwischen schon so lange und so intensiv nach, dass sie wie ein natürlicher Teil seines Lebens wirkte. Warum genau machte er das noch gleich...? Einige Momente lang legte sich Stille über die beiden, ehe es zu ihm zurückkehrte. „Ah, richtig“, stellte er fest, jetzt, wo die Welt wieder Sinn machte. „Natürlich geht es mir um Wissen. Je mehr ich darüber weiß, desto mehr kann ich für meine Gilde und Fiore als Gesamtes leisten. Sieh es als Teil meines Beitrages für eine bessere Zukunft.“ Wie hatte er das vergessen können? Schon lange vor seiner Begegnung mit den Göttern hatte er geforscht, Magie entwickelt, sich verbessert. Es gehörte zu den Grundzügen seiner Leistungen als Gildenmagier. Was nur hatte ihn an der Götterjagd so geblendet, dass er diesen Grundsatz aus den Augen verloren hatte...?
„Ah... ja, du hast Recht. Wir sind zum Reinigen hier.“ Noch eine Sache, die bei der langen Rede irgendwie in den Hintergrund gerückt war. Kurz blickte er sich um, schaute in das Wasser, das um sie herum wieder ein Stück dreckiger geworden war. „Ein kleines Stück noch... Moment“, meinte er und nahm sanft ihre Hand, um sie etwas mittiger in das kühle Nass zu ziehen. „Hier... wenn du es von hier aus machst, sollten wir ein gutes Stück geschafft haben. Und da vorne ist auch schon das Licht von dem Kanaldeckel, an dem wir vorhin waren.“
11 Dass Charon von ihrer Heimatstadt nicht wusste, überraschte die Magierin selbst. “Ach nein? Nun weißt du es!“, entgegnete sie schmunzelnd. Dass sie sich darüber nie unterhalten hatten! Die folgende Frage beantwortete sie ihm dann natürlich auch mit Freuden. “Nein, selbst war ich nie fischen. Ich war nur gerne im Hafen, direkt am Meer. Dort haben sie immer an- und abgelegt, sich von ihren Frauen verabschiedet und sie wieder begrüßt.“ Helena liebte das Meer, immer schon. Kaum verwunderlich. “Meine Eltern sind keine Fischer, sondern Schneider.“, erklärte sie weiter, unwissend worauf die Frage des Weißhaarigen vielleicht abzielte. Während die Zwei so über die Vergangenheit der Halbgöttin plauderten, wurde ihr im Umkehrschluss schnell klar, dass… “Ich glaube du hast mir auch nie erzählt wo du herkommst, oder? Stammt deine Familie aus Aloe?“, setzte die Marinakis also gleich nach. Wenn sie schon mal dabei waren. Außerdem galt ja wohl gleiches Recht für alle! Dass Charon der Information, Poseidon nie begegnet zu sein, gewissermaßen eine kleine Entschuldigung anhängte, entlockte ihr ein gar nicht wirklich ernst gemeintes “Schade…“ Immerhin freute sich die Marinakis innerlich unglaublich sehr darüber. Es wäre unendlich merkwürdig geworden, wenn er ihren Vater gekannt hätte, ohne es überhaupt zu wissen. Wobei es schwierig war zu übertreffen, wie seltsam seine Verwandlung in Poseidon für Helena war. War die Enttäuschung noch gespielt, so war das Interesse der Halbgöttin an Charons Begegnung hingegen echt. Sie wollte wirklich wissen, welchen Gott er getroffen hatte. Das war aber auch ein Erlebnis, welches nur den wenigsten Menschen zuteilwurde. Helena selbst, die göttliches Blut in sich trug, hatte noch nicht einmal das Vergnügen gehabt. Charon gab zu, dass ihn die Erinnerung an das Treffen schmerzte, aber dennoch teilte er diese Informationen mit seiner Gefährtin. Wie sich herausstellte, war er Merkur begegnet. Ein Name, der ihr nicht wirklich bekannt war. “Oh, mich interessiert es sehr. Wenn du bereit bist davon zu erzählen.“ Drängen wollte sie ihn nicht. Aber dieses Thema verlegte Charon ohnehin auf ein späteres Treffen. Für den Moment wollte er nicht darüber reden, was für Helena natürlich in Ordnung war. Sie verkniff sich sogar Nachfragen darüber, was diese negative Assoziation mit dem Treffen hervorrief, wenngleich ihr diese Fragen definitiv auf der Zunge brannten. Mit einem Lächeln begegnete die Marinakis dem Forscher auf die Frage, ob sie ihm wirklich helfen würde. “Ja, sehr gerne.“ Diese Göttersache war etwas, was die Zwei miteinander verband, abseits ihrer gemeinsamen Erlebnisse. Helena war der Überzeugung, sich von Charon lossagen zu müssen. Doch nun trafen sie sich wieder und es fühlte sich eigentlich gar nicht falsch an. Sie entdeckte nur weitere Verbindungen und Gemeinsamkeiten, wenngleich sie den Drang verspürte, gewisse Gemeinsamkeiten lieber im Auge zu behalten. Die Halbgöttin strahlte förmlich, als Charon sogar aussprach wie froh er war, sie an diesem Tage getroffen zu haben. Sie erinnerte sich an gemeinsame Momente, in denen alles so leicht, so unbeschwert und so schön gewesen war. Eine verbale Antwort gab es von ihr darauf nicht, doch sprach ihr Ausdruck, den er im Gegensatz zu ihr ja sogar sehen konnte, sicher Bände. Die Frage, die Helena einen Moment später dann stellte, schien den Weißhaarigen dann aus dem Konzept zu bringen. Dabei wollte sie doch nur wissen was sein Ziel bei all dieser Götterforschung war. Er musste damit doch irgendetwas erreichen wollen, oder nicht? Es dauerte einen Augenblick, bis ihm dazu passende Worte einfielen. “Entschuldige. War die Frage nicht angemessen?“, stieß Helena eher beiläufig aus. Charon hingegen sprach vom Streben nach Wissen. Außerdem stellte er seine Arbeit als seinen Beitrag für eine bessere Zukunft dar. Hört, hört! Scheinbar sprach da wirklich ein überzeugter Wissenschaftler aus ihm heraus. “Das klingt sehr selbstlos.“, kommentierte die Magierin seine Erklärung. Kurz darauf erinnerte sie jedoch beiläufig an ihre Aufgabe. Etwas unerwartet spürte die Magierin daraufhin plötzlich, wie Charon ihre Hand nahm, um sie ein wenig zu lenken. “Ja, stimmt…“, erwiderte sie halblaut, während ihr Blick auf das gedimmte Tageslicht fiel, welches durch die Decke drang. Sie spürte, wie ihr Herz fester schlug. Die Nähe zu Charon, das Halten seiner Hand machte noch immer etwas mit ihr, was sie nicht kontrollieren konnte. Die Tatsache, dass er noch immer in der Gestalt ihres Vaters war, machte es allerdings immer noch wirklich seltsam. So nutzte Helena ihre Kräfte, um das Wasser zu reinigen. “Dann sind wir hier vorerst fertig?“, fragte die Marinakis wieder lauter, nachdem sie sich kurz geräuspert hatte. Wenn ja, dann konnten sie ja die nächste Leiter nehmen und aus der Kanalisation herausklettern.
Charon war niemand, der gerne darüber sprach, wo er herkam. Dementsprechend neigte er auch nicht dazu, das Thema aufzuwerfen. Der Dargin fragte Leute gerne nach den Eigenschaften an ihnen, die seine Aufmerksamkeit erregten, aber über ihre Hintergründe und Vergangenheit stellte er eigentlich nie fragen. Der Gedanke kam ihm kaum. Dabei waren manche Geschichten doch eigentlich ganz schön, wie Helena gerade bewies. “Das Meer sieht sehr schön aus im Hafen von Hargeon”, erinnerte sich der Magier mit einem Lächeln auf den Lippen. Es musste angenehm sein, mit diesem Anblick aufzuwachsen statt mit dem endlosen Schnee in Nord-Fiore. “Wobei… ich schätze, die Ozeane sind aus jeder Perspektive schön.” Auf jeden Fall klang es, als hätte Helena ihre Kindheit sehr geschätzt. Das Gleiche konnte Charon von sich selbst leider nicht behaupten. Er zog eine leichte Grimasse, als sie den Ball an sie zurückspielte. “Ah… ich hatte fast befürchtet, dass du mich jetzt auch fragst. Nicht mein Lieblingsthema”, gab er zu, stoppte aber nicht an der Stelle. Helena hatte sich ihm geöffnet. Es war nur fair, ihr den gleichen Gefallen zu tun. “Ich komme tatsächlich nicht aus Aloe. Ursprünglich komme ich aus Nord-Fiore… Ein kleines Dorf in der Nähe von Oak Town.” Er seufzte. Dahin war der potenzielle Eindruck eines adeligen Gelehrten Charon Dargin. Nun würde Helena wohl nur noch einen einfältigen Provinzler in ihm sehen können. “Irgendwann habe ich es da oben nicht mehr ausgehalten und bin auf Reisen gegangen, wie mein großer Bruder vor mir. Ich habe erst ganz Fiore erkundet, bevor ich mich entschieden habe, dass Aloe Town der Ort ist, am dem ich leben will. Deshalb kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen, hier wieder weg zu ziehen.” Aber davon, dass er gerne reiste, wusste sie ja schon. Damit eilte der Dargin nur wieder weg von dem Thema, über das er nicht sprechen wollte. Er musste sich echt bemühen, um Helenas Frage ehrlich zu beantworten. “Wir waren ein Haushalt von fünf… meine Eltern und zwei Brüder. Wobei mein großer Bruder immer viel unterwegs war, den hat man nicht so oft gesehen.” Um wen es sich bei diesem Bruder handelte… das wollte Charon ihr nicht auf die Nase binden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Namen erkennen würde, lag ziemlich hoch. “Du hast gesagt, deine Eltern waren Schneider, richtig? Meine Mutter war auch ziemlich gut im Nähen und Allem drum und dran, aber sie hat es nicht zum Beruf gemacht”, lächelte er kurz, auch wenn es ein hohles, leeres Lächeln war. “Sie war eine Handwerkerin, und mein Vater Holzfäller. Es hat sich gut ergänzt. Sie hatte alles Holz, das sie brauchte, und er konnte alles verkaufen, was nicht für ihre Arbeit oder unseren Kamin benötigt wurde.” Ja, die beiden hatten einander gefunden, kein Zweifel. Es war nicht, dass die Familie irgendwie falsch war. Eher war es Charon, der nicht hinein passte. Das war nicht die Welt, in der er sich wohlfühlte, und er war froh, sie hinter sich gelassen zu haben.
Auch seine erste und bisher einzige Begegnung mit einem Gott war ein Thema, das dem Weißhaar eher unangenehm war. Dieses mal schob er es aber tatsächlich weg. Es war weniger persönlich und konnte sicher auch ein andermal besprochen werden, wenn nötig. Die Marinakis bat ohnehin an, ihm bei seiner Götterjagd zu helfen; sie würden schon die Gelegenheit bekommen, das zu vertiefen. Sie war aber auch echt gut darin, ihn auf dem falschen Fuß zu erwischen! Selbst ihre Frage danach, warum er überhaupt so Göttern hinterher forschte, konnte er nicht auf Anhieb beantworten. “Nein… nein, die Frage ist vollkommen in Ordnung”, versicherte er ihr, als sie fragte, ob das unangemessen gewesen sei. Peinlich berührt fuhr er sich durch das luxuriöse Haar. “Es ist nur… Ich mache das jetzt schon ziemlich lange. Weißt du ja auch. Es ist… eine ganze Weile her, dass ich darüber nachdenken musste, warum mir diese Forschung so wichtig ist.” Er grinste leicht. Das war vermutlich eine echt komische Aussage, aber es stimmte. “Ich bin ein sehr… neugieriger Mensch. Wenn ich etwas sehe, was mich interessiert, tue ich mich schwer damit, loszulassen”, gab Charon zu, auch wenn er damit eine seiner Schwächen in den Mittelpunkt stellte. “Aber ja… hier sind wir denke ich erst einmal fertig. Gönnen wir uns etwas frische Luft und gucken dann nach den Anderen Kanälen.”
Kurz lachte Charon, ganz entspannt, ehe er hinauf kletterte zum Kanaldeckel und ihn wie zuvor beiseite schob. Kaum war er draußen, bot er der Marinakis auch schon seine Hand an, um ihr hoch zu helfen. Erst, als sie beide draußen in der Wüstensonne standen, verwandelte er sich wieder zurück und betrachtete seine Kleidung. “Hach ja… Frisch und trocken, wie es sich gehört”, seufzte er zufrieden, ehe er seine Begleiterin von der Seite anblickte. “Schlussendlich steht mir mein wahres Ich am Besten… meinst du nicht auch?”
12 Mit den Kommentaren bezüglich der Meere traf Charon bei seiner Kameradin einen gewissen Punkt. Sogleich brachte sie ihm ein Strahlen entgegen, welches im Zwielicht der Kanalisation allerdings nicht für zusätzliche Helligkeit sorgte. “Oh, da sagst du was. Ich liebe die See… den Geruch der salzigen Luft, das Rauschen der Wellen und der Wind in meinen Haaren…“ Für die Halbgöttin spielten die Ozeane eine elementare Rolle in ihrem Leben. Dies mochte für sie vorhergesehen gewesen sein, doch fühlte es sich keineswegs falsch oder künstlich an. Dass sie in dieser Unterhaltung passende Gegenfragen stellte, war für Helena eigentlich selbstverständlich. Zumal sie zugeben musste, über Charon gar nicht so viel zu wissen. Er erzählte sehr viel und auch spannende Dinge, die sie interessierten, doch wenn die Magierin mal genauer darüber nachdachte, dann gab es große Bereiche in seinem Leben, über die sie überhaupt nichts wusste. Als der Weißhaarige erklärte, dass (auch) das nicht sein Lieblingsthema war, musste Helena schmunzeln. Vielleicht sollte sie eine Liste führen mit Dingen, die sie ihn lieber nicht fragte? Die Sphynx war aber so aufgeschlossen, ihr dennoch von seiner Vergangenheit zu erzählen. Fast so, als fühle er ihr gegenüber nun eine gewisse Schuld, bezogen auf dieses Thema. Nicht, was sie beabsichtigte, doch Helena lauschte dennoch aufmerksam seinen Worten. Charon erzählte von seiner Heimat, einem Dorf im Norden des Königreiches. Er erzählte von seinem Fernweh und davon, dass er das ganze Reich bereist hatte, ehe er sich in Aloe niederließ. Dass er dabei erwähnte, sich einen Umzug weg aus der Stadt nicht vorstellen zu können, erinnerte sie unweigerlich an ihre kurze Unterhaltung darüber, wie eine gemeinsame Beziehung aussehen könnte. Keine schöne Erinnerung, doch das Gespräch fuhr glücklicherweise ohnehin fort und der Fokus wurde auf einen anderen Teilabschnitt des Themas gelenkt. “Fünf?“, fragte die Magierin rhetorisch, ließ auch gar keine Zeit darauf zu antworten. “Ich habe keine Geschwister.“, antwortete Helena ehrlich. Doch noch während sie diese Worte aussprach, fiel ihr auf, dass das eventuell gar nicht der Wahrheit entsprach. Zumindest Halbgeschwister konnten ja noch existieren. Wer konnte schon sagen wo Poseidon sich überall herumtrieb und vor allem mit wem? Kaum merklich schüttelte die Marinakis ihren Kopf, um diese Gedanken von sich zu schütteln. Als Charon auf den Beruf ihrer Eltern kam, nickte die Magierin bestätigend. Seine Eltern waren Handwerker und Holzfäller, was sie tatsächlich nicht erwartet hatte. An ihrem Bild von ihm änderte das allerdings überhaupt gar nichts. Der renommierte Gildenmagier wirkte auf sie dennoch wie ein gebildeter, intelligenter und charmanter Mann. Welchen Beruf seine Eltern ausübten oder an welchem Ort er geboren wurde, spielte dafür ja überhaupt keine Rolle. Charon war das, was er aus sich machte, nicht das, was ihm in die Wiege gelegt wurde. “Manchmal fllt der Apfel nicht weit vom Stamm. Manchmal wird er durch das ganze Königreich getragen.“, schmunzelte die Magierin ihm entgegen. “Aus mir ist auch keine Schneiderin geworden. Ob meine Eltern aber stolz darauf sind, dass ich durch die Kanäle Aloes schwimme um diese zu reinigen?“ Eine weitere rhetorische Frage und natürlich auch ein Scherz. Immerhin war dies nicht ihre Hauptaufgabe und manchmal musste man eben auch Drecksaufgaben erledigen. Nachdem Charon seiner Gefährtin erklärt hatte, was die Motivation für seine Lebensaufgabe war, waren sie dann auch endlich soweit den Kanal vorerst wieder zu verlassen. Dieser Teilabschnitt war vorerst gereinigt. Nun durften sie nur keine Zeit verlieren und mussten verhindern, dass die Algen sich wieder soweit ausbreiteten. Die Hand, die der Dargin ihr beim Aufstieg reichte, nahm Helena dankend an. Sie zog sich das letzte Stück an ihr hoch und während der Magier sich durch seine Rückverwandlung trocknete, nutzte sie natürlich ihre Magie dafür. Helena legte die Hand auf ihre Stirn und zog diese dann elegant und weit geschwungen von sich weg. Kleine Ströme von Wasser wanderten über ihren ganzen Körper, von den Füßen über die Beine nach oben, sowie auch von den Armen und aus ihren Haaren. Die Flüssigkeit bündelte sich und folgte der Bewegung ihres Armes, zog sich wie ein dicker Strang durch die Luft, bis die Halbgöttin ihre Hand gen Gullideckel schwang und das Wasser in jenes hineingleiten ließ. Damit war auch sie wieder trocken, als wäre nie etwas geschehen. “Oh, da gebe ich dir Recht!“, pflichtete sie Charon sogleich bei. Er ahnte ja gar nicht, wie froh sie darüber war, dass der Magier die Gestalt Poseidons wieder abgelegt hatte. “In diese Richtung, oder?“, fragte sie ihn daraufhin, die Straße entlang deutend, ehe es für die Zwei dann weiterging. “Ich verstehe nun, dass du dich mit dieser Stadt so verbunden fühlst.“, sprach Helena unterwegs dann wieder an. Ein seichtes Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie ihren Blick von der Straße abwandte, hin zum Weißhaarigen. “Sie ist deine Wahlheimat, nach der du lange gesucht hast. Kein Wunder also, dass du sie nicht so schnell wieder hinter dir lassen möchtest.“
Zauber:
Water God’s Authority TYP: Lost Magic ELEMENT: Wasser KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 50 (40) (35) pro Minute MAX. REICHWEITE: 10 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5, Manaregeneration Level 4 BESCHREIBUNG: Wasser gehorcht dem Willen der Meeresgötter. Eine Fähigkeit, die auch dem Godslayer des Wassers weitergegeben werden kann. Water God's Authority erlaubt es dem Anwender, Wasser zu befehligen und es so zu bewegen. Mit einer Schnelligkeit und Tragkraft, die der Willenskraft des Anwenders mit einem Maximum von 6 entspricht, kann er es so innerhalb seiner Reichweite auf Oberflächen verschieben oder wie an einer Schnur durch die Luft ziehen. Der Anwender kann eine Wassermenge von 50 Litern kontrollieren, was etwa dem Inhalt eines Wäschekorbes entspricht.
Beherrschung:
Willenskraft Level 7, 60 Mana pro Minute (48): 150 Liter (Badewanne) Willenskraft Level 8, 70 Mana pro Minute (56): 500 Liter (Whirpool) Willenskraft Level 9, 80 Mana pro Minute (64): 1000 Liter (m³) Willenskraft Level 10, 100 Mana pro Minute (80): 10.000 Liter (10 m³)
Die See, die Luft, die Wellen und der Wind… Ja, die See war schon etwas Wundervolles. Verträumt blickte Charon voraus, nickte zu den Worten, die Helena sprach und die ihn innerlich selbst an den Pier eines verlassenen Hafen brachten, wo er dem Ozean, dieser schier endlosen Naturgewalt, entgegen blickte. “Ja… es ist atemberaubend”, stimmte er zu, und man konnte seiner Stimme anhören, dass er es auch so meinte. Es war wohl kein Wunder, dass ein ewig seine Freiheit suchender Reisender dem Meer zugewandt sein würde. Verschmitzt grinste er. “Ich nehme an, wenn ich frage, ob du gern schwimmen gehst, kriege ich wieder ein Ist doch mein Element zu hören?” Schließlich zog ihn die Marinakis genauso gerne auf wie er sie. Eine Eigenschaft, die er durchaus zu genießen wusste, es war sogar ganz niedlich. Harmonie konnte nur da bestehen, wo man bereit war, auch ein wenig zu sticheln und über sich selbst zu lachen; so sah Charon das zumindest. Helena hatte also keine eigenen Geschwister, hm? “Ich kann es auch nicht empfehlen”, gab der Magier mit einem Kopfschütteln zurück - eher als Scherz gemeint, aber dennoch mit einem wahren Kern. Seine Einstellung zu seiner Familie dürfte relativ klar geworden sein. Dementsprechend entlockte ihm Helenas nächster Satz ein warmes Lachen. “Haha, ja, das stimmt wohl. Einmal durch das ganze Königreich.” Das traf auf ihn ja ganz besonders zu. Es war schwer, einen Vergleich zwischen ihm und seinen Eltern zu ziehen… und das Gleiche galt wohl auch für James. Vielleicht davon abgesehen, dass sie beide sehr tüchtig waren und lieber etwas taten, als nur herumzusitzen. Das war etwas, das auch ihren Vater und ganz besonders ihre Mutter ausmachte… und ein Punkt, in dem Charons Zwilling den Ball komplett fallen ließ. Aber an Gerald wollte er nun wirklich nicht denken. “Es ist doch fein, auch mal durch die Kanalisation zu stapfen”, ging der Dargin stattdessen mit einem Schmunzeln auf die neue Aussage Helenas ein. Schließlich war er in der Hinsicht ihr Leidensgenosse. “Du hilfst damit einer Menge Menschen. Da kann man mehr als stolz drauf sein.” Natürlich war ihm bewusst, dass sie nur einen Scherz gemacht hätte. Dennoch… Was die Schwarzhaarige hier tat, hatte Anerkennung verdient. Da konnte Charon gar nicht anders, als es auszusprechen.
Dennoch freute er sich durchaus darüber, wieder oben an der frischen Luft und in der Form seines natürlichen Körpers zu sein - die Form, die wohl auch Helena besser gefiel. Wohl kaum ein Wunder. Selbst Götter konnten nur hoffen, annähernd so gut wie Charon Dargin auszusehen. “Hehe.” Er war ziemlich zufrieden damit, auf diese Weise angesehen zu werden. Das Kompliment konnte er aber auch zurückgehen. “Du weißt aber auch, wie man eine Show hinlegt. Ich habe noch nie gesehen, dass jemand sich so abtrocknet. Respekt.” Und ja, die Richtung, die sie einschlug, war die richtige. Mit einem Nicken bestätigte Charon, während sein Gegenüber darauf einging, wie verbunden er sich Aloe Town wirklich fühlte. Ja, da lag sie nicht falsch. Aber auch nicht ganz richtig. “Ja… das hier ist mein Ort. Ein Stück weit ein Zeichen dafür, wie ich mir hier draußen mein eigenes Leben aufgebaut habe. Es steckt aber noch ein bisschen mehr dahinter”, lächelte er und richtete seine Augen hinauf zum Himmel. “Weißt du… der Ozean ist wirklich schön. Aber es gibt etwas, das noch schöner ist. Noch größer… noch freier.” Wieder hatte er dieses Funkeln in den Augen. Dieses Funkeln, das zeigte, wie weit seine Augen doch eigentlich blickten. Charon sah nicht einfach nur das Hier und Jetzt, nicht nur das, was vor ihm war. Sein Blick war wie so oft auf das Lyrische, das Metaphorische und das wahrlich Ferne gerichtet. “Für mich gibt es nichts Schöneres auf dieser Welt als den Nachthimmel. Er hat etwas an sich, das zu mir spricht. Das mich fasziniert”, gestand der Dargin, ehe er seinen Blick wieder senkte und Helena anlächelte. “Und, naja… der Nachthimmel hier in der Wüste ist der schönste in ganz Fiore. Das habe ich mit eigenen Augen beobachten dürfen.”
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