Ortsname: Crimson Sphynx Gildenpalast - Ostturm Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Der östlichste Turm des Gildenhauses ist das Wohnquartier für alle Magier, die sich keine Wohnung in der Stadt suchen wollen oder können. Die Räume sind orientalisch gestaltet und bieten Platz für zwei bis sechs Magier, je nach Größe des Raums. Die Kosten für ein Bett betragen immer 10.000 Jewel im Monat, was deutlich unter der normalen Miete in Aloe Town liegt, weswegen besonders die unerfahrenen Magier der Gilde hier Unterschlupf finden.
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Rin Blood Hound
Anmeldedatum : 26.12.20 Anzahl der Beiträge : 819 Alter : 21 Ort : Aloe
Zum Glück war Rin alles andere als nachtragend und somit war der kleine Vorfall, dass sie sich komplett unterschätzt vorkam, schnell vergessen. Eine Sache hatte sich jedoch in ihr Gedächtnis gebrannt und sie stutzig gemacht: Der Ausdruck, der für den Bruchteil einer Sekunde über das Gesicht des Dargin gehuscht war. Gepaart mit dem komischen Gefühl, dass sich daraufhin in ihrer Magengegend breit machte, konnte sie diesen Augenblick einfach nicht ganz loslassen. Was war denn sein Problem? Hatte sie nicht das Recht, zu verdeutlichen, dass sie mehr als nur ein Püppchen war? Zumindest Lian schien sie zu verstehen, was ihr sofort ein kleines Lächeln auf die Lippen gezaubert hatte. Hoffentlich hatte er es wirklich nicht so gemeint! Charon hingegen schien weiterhin unzufrieden. "Ich habe mir noch nie darüber Gedanken gemacht, dass jemand für das Aushängen der Quests zuständig sein muss..." gestand Rin schließlich kleinlaut. Es war dumm, jetzt wo man sie darauf hinwies. Doch bisher war ihr nie in den Sinn gekommen, dass irgendwer diese Aufgabe übernehmen musste. Für sie war es irgendwie selbstverständlich gewesen, dass die neuen Aufträge pünktlich morgens einfach erschienen. Entschuldigend zuckte sie mit den Schultern. Vielleicht verstand er ja jetzt, wie es war, nicht für seine Taten gewertschätzt zu werden? "Nächstes Mal, wenn ich eine Quest annehme, werde ich an dich denken." Ein aufrichtiges Lächeln lag auf ihren Lippen - auch wenn der Hellhaarige ihr nun bereits zwei Mal mit seinem merkwürdigen Verhalten vor den Kopf gestoßen war, sie hatte keinerlei Intention, es ihm heimzuzahlen. Wieso auch? Es half ihr schließlich nicht weiter. Außerdem handelte es sich bei ihm um Lians Freund, weshalb sie unbedingt eine gute Beziehung zu ihm pflegen wollte. Nichtsdestotrotz, die Blutmagierin war sich immer noch unsicher, ob ihre Kollegen sie überhaupt bei Quest, um die es gerade ging, dabei haben wollten. Aus diesem Grund folgte auch nichts, außer ein Nicken, als sie verkündeten, dass auf keinen Fall weitere Menschen zu Schaden kommen sollten. Dem stimmte sie wirklich voll und ganz zu. Ob sie wohl dabei mithelfen durfte? Einen kleinen Trick später und sie hatte endlich auch die Zustimmung des Lockenkopfes. War es gemein, ihn mit einem niedlichen Blick zu manipulieren? Vielleicht. Freute sie sich trotzdem? Definitiv! Freudestrahlend sprang die Inuyama auf und hüpfte zu ihm herüber, um ihm eine dicke Umarmung zu verpassen. "Danke!" quietschte sie aufgeregt "Du wirst deine Entscheidung nicht bereuen, ganz ganz sicher!" Die Nacht war gerettet? All die Sorgen und Verwirrung, die sich im Laufe ihres Besuchs aufgestaut hatten, fielen mit einem Male ab und sie war einfach nur noch glücklich, einen guten Freund auf einer weiteren Quest begleiten zu dürfen. Ein aufregendes Abenteuer stand bevor, da war sie sich sicher. "Ja, es ist beschlossen!" Ein kräftiges Nicken unterstrich ihre Aussage. "Schlafanzug...? Oh!" Sie hatte vollkommen vergessen, dass sie noch immer ihren Pyjama trug. Doch glücklicherweise hatte es das Umziehen ja nicht eilig. "Dann können wir ja einfach alle zusammen hier übernachten, oder?" Wie richtige Freunde! Zu dritt war es auch deutlich angenehmer, denn es kamen keine komische Gedanken bei Außenstehenden auf. Die Rute der jungen Dame zuckte aufgeregt. "Nimm dir ruhig so viel du willst." Sie war noch immer stolz darauf, dass ihr Kuchen bei den Magiern so gut ankam. Es machte sie glücklich, deutlich erkennbar an ihren funkelnden Äuglein. Diese wurden aber erst einmal für ein ausgiebiges Gähnen zusammengekniffen. Konnte es sein? Sie wurde tatsächlich langsam müde? Inzwischen war es wirklich spät geworden, es war also kaum verwunderlich, dass die Müdigkeit sie langsam überkam. Es war ein langer Tag gewesen. Sie konnte noch immer am Morgen ihre Tasche packen und sich umziehen. Sie blickte sich kurz um und schnappte sich letztendlich ein Kissen und die Decke, die auf dem Bett gelegen hatte. Schwungvoll breitete sie diese auf einem freien Fleckchen Boden aus und ließ sich darauf fallen. Mit seiner Aussage hatte der Dargin eindeutig das Bett beansprucht. Doch selbst wenn er dies nicht getan hätte - Rin hatte genug Anstand, Lian nicht in seiner eigenen Wohnung den Schlafplatz streitig zu machen. Als sie es sich schließlich erfolgreich eingekuschelt hatte, fiel ihr Blick noch einmal zu dem Falls. Bisher hatte sie ihm immer vor dem Einschlafen versichert, dass sie ihn lieb hatte - mal mehr, mal weniger bewusst. Auch jetzt lagen ihr die Worte auf der Zunge, doch mit einer weiteren Person im Raum traute sie sich einfach nicht. Was, wenn der Dargin sie falsch verstand? Somit ließ sie das Gesicht schließlich in das weiche, geborgte Kissen fallen. Sie brauchte nicht einmal durch die Nase einzuatmen um festzustellen, dass es eindeutig dem Lockenkopf gehörte. Es roch ganz eindeutig nach ihm. Sie rollte sich auf die Seite, umklammerte das Kissen und schloss schließlich die Augen. "Gute Nacht Lian! Gute Nacht Charon!" Besonders gemütlich war es zwar nicht, doch es reichte aus, um sie innerhalb weniger Minuten in das Reich der Träume zu katapultieren. Die ungewöhnliche Situation sorgte jedoch dafür, dass ihr Schlaf alles andere als ruhig war. Leise schnarchend rollte sie sich immer wieder von einer Seite auf die Andere, streckte alle Viere von sich, nur, um sich dann wieder fest zusammenzurollen. All das tat sie natürlich vollkommen unbewusst. Sie fand erst dann Ruhe, als ihre Hände etwas warmes, weiches zu greifen bekamen. Bestimmt ein Kissen, so glaubte sie im Halbschlaf. Was auch sonst?
Ohhh, war da etwa jemand angefressen, weil man seine Tätigkeit als Questverantwortlicher nicht genügend zu schätzen wusste? Lian konnte sich das amüsierte Grinsen nicht verkneifen, als er den zuckenden Mundwinkel des Dargin in Kombination mit dem harten Gesichtsausdruck sah. Die Frage hatte der Falls nicht gestellt, um den Hellhaarigen zu kränken und er war sich ziemlich sicher, dass Charon schnell darüber hinwegkommen würde, weshalb sich sein Mitleid in Grenzen hielt. Abgesehen davon, dass Charon ungefragt in seine Wohnung eingedrungen und es sich jetzt auch noch auf seinem Bett gemütlich gemacht hatte! Es war daher nur eine kleine Genugtuung, dass die perfekte Fassade des Finsternismagiers ein paar kleinere Risse bekam. Und damit stand die Entscheidung fest: Sie würden zu dritt in das geheimnisvolle Knochental reisen. Das aufgeregte Quietschen der Inuyama ließ Lian aufhorchen und noch ehe er zurück zu der Kollegin blickten konnte, war diese bereits aufgesprungen und fiel ihm so stürmisch um den Hals, dass der Falls sich doch glatt an dem kleinen Beistelltisch im Zimmer festhalten musste, um nicht zusammen mit Rin rücklings mit dem Stuhl, auf dem er saß, umzukippen. Die hellgrünen Augen blinzelten perplex, hatte er mit diesem spontanen Körperkontakt zu der Inuyama immerhin nicht gerechnet. Und selbst wenn er damals in Stillsnow die Umarmung der jungen Frau erwidert hatte, war die Situation jetzt doch eine ganz andere – weniger emotional aufgeladen und insbesondere in Anwesenheit einer dritten Person – weshalb er nicht so schnell reagierte, dass er die Umarmung wirklich erwiderte. Rin schien darauf aber auch nicht zu warten, sondern löste sich wieder von dem Braunhaarigen und strahlte ihm freudig entgegen. Er würde es nicht bereuen? Lian wünschte sich, er wäre sich genauso sicher wie Rin bei diesen Worten… „Nein, bestimmt nicht“, murmelte er kleinlaut und verscheuchte die leichte Röte um seine Nase, die unweigerlich durch die stürmische Umarmung in seinem Gesicht erschienen war. Sofort stellte die Inuyama gekonnt unter Beweis, dass der Falls seine Entscheidung durchaus bereuen sollte: „Ü-übernachten? Hier?“, stotterte er entsetzt. Es war die eine Sache, dass Charon und Rin ungefragt in sein Privatgemach eingedrungen und sich hier breitgemacht hatten. Aber jetzt wollten sie hier auch noch schlafen?! Warum fragte eigentlich niemand Lian nach seiner Meinung? Hatte er da nicht auch ein Wörtchen mitzureden?... Nein, offensichtlich nicht. Die Hundedame schnappte die Decken und Kissen vom Bett und bastelte sich akribisch eine Schlafstätte auf dem hölzernen Untergrund der kleinen Wohnung, ohne den Falls dabei auch nur groß anzusehen. Und Charon? Die hellgrünen Augen huschten zu dem Älteren hinüber, der es sich auf dem Bett bequem gemacht hatte, Kuchen schnabulierte und keine Anstalten machte, dieses bequeme Plätzchen zu verlassen. Und als sich die Blicke der beiden Männer trafen, schien der andere sich auch überhaupt keiner Schuld bewusst zu sein – oder er überspielte es wie ein wahrer Profi, um den Illusionsmagier noch ein bisschen mehr zu ärgern. Rin hatte sich in der Zwischenzeit bereits auf dem Boden zusammengerollt und umklammerte eines von Lians Kissen, die Augen geschlossen. Sie sah… echt süß aus. Und unschuldig. Wie sollte er sie denn jetzt noch aus der Wohnung werfen?! Als sie den beiden Männern schließlich verschlafen eine gute Nacht wünschte, wusste der Falls, dass er den Kampf verloren hatte. Er strich sich das Haar nach hinten, seufzte und stand von seinem Sitzplatz auf. „Gute Nacht, Rin“, antwortete er der jungen Frau, überbrückte dann die geringe Distanz zu seinem Bett und schnappte sich noch eines der übriggebliebenen Kissen. Er suchte ganz gezielt den Blick des Dargin, der noch immer am Kopfende des Bettes lehnte. „Ich geb mich geschlagen. Für heute. Aber das bekommst du zurück“, prophezeite Lian deutlich sicherer, als er sich eigentlich fühlte und wirkte eher wie ein eingeschnapptes Kind als wie eine ernstzunehmende Bedrohung. Wenn man es genau nahm, war Rin mindestens genauso schuld an der Situation wie Charon… aber bei ihr war der Falls immer noch überzeugt, dass sie einfach unendlich naiv war. Ganz egal, was sie von sich selbst behaupten mochte. Charon dagegen tat alles mit einem ganz genauen Plan im Hinterkopf. Ein leises Schnauben folgte. „Gute Nacht, Charon“, schob er noch hinterher, wandte sich vom Bett ab und suchte sich einen eigenen Schlafplatz. In der eigenen Wohnung verbannt auf den Boden – das war eine Leistung, die auch nur Lian hinbekam.
Goldgelbes Licht der aufgehenden Wüstensonne, das gegen zugezogene Vorhänge fiel, erhellte einige Stunden später die kleine Kammer, die Lian sein Zuhause nannte. Die Dunkelheit wurde verdrängt und ermöglichte schon bald wieder den Blick auf die Dinge, die in dem Zimmer zu finden waren. Das geleerte Kuchenblech auf dem Beistelltisch, der Stuhl, auf dem Lian gestern noch gesessen hatte, der Schreibtisch, auf dem einsam und verloren das Horoskopmagazin lag, über das sich Rin und Charon lustig gemacht hatten. Und nicht zuletzt erreichte das Licht auch ein ungleiches Pärchen, das auf dem hölzernen Boden lag und schlummerte. Obwohl… schlummerte das Pärchen tatsächlich? Wenn man genau hinsah, war es nur ein Teil, der schlief und dieser Teil hatte helles Haar und Hundeohren. Der andere Teil – an dem sich die Hundedame angeschmiegt hatte – starrte mit tiefen Augenringen gen Zimmerdecke und zuckte unkontrolliert mit der rechten Augenbraue. Der Körper Lians war bis ins Letzte angespannt und nicht einmal sein dunkler Teint konnte verhindern, dass man die Röte um seine Nase herum erkannte. Der Falls hatte in dieser Nacht kein Auge zubekommen können. Nicht nur, dass er aus seinem eigenen Bett verbannt worden war, nein, mitten in der Nacht hatten sich zwei Arme um ihn gelegt und ein Körper hatte sich eng an seinen Rücken gekuschelt. Das weiche Gefühl, das sich gegen den Rücken des 19-Jährigen presste, machte mehr als deutlich, dass es sich dabei nicht um Charon handelte. Lian hatte überhaupt nicht gewusst, wohin mit seinen Händen! Und als wäre das nicht schon ausreichend genug gewesen, um ihn um den Schlaf zu bringen, hatte er auch noch bis tief in die Nacht und trotz bestehender Dunkelheit das beharrliche Kratzen einer Kuchengabel über Porzellanteller hören und sich bildlich vorstellen können, wie Charon ungeniert Kuchen in sich hineinschaufelte und dabei sein Bett auch noch schön vollkrümelte. Ob und wann genau das Besteckkratzen geendet hatte, konnte der Illusionsmagier nicht sagen, denn erst das morgendliche Sonnenlicht ließ ihn aus seiner Starre langsam zu den Lebenden zurückkehren. Leider nicht schnell genug, um zu verhindern, dass Charon einen Blick auf ihn und Rin erhaschen könnte, der vermutlich vollkommen falsch gedeutet werden würde!
„Klingt nach einem Plan“, lachte Charon, als Rin eine gemeinsame Übernachtung vorschlug. Jetzt waren sie wieder auf Augenhöhe! Schlussendlich war er hierher gekommen, um sich bei seinem guten Freund Lian ein wenig durchzufuttern, und solange noch so viel Kuchen da war, machte es keinen Sinn, sich ins eigene Zimmer schicken zu lassen. Insofern behielt er seinen gemütlichen Platz auf Lians Bett bei, um weiter seinen leeren Magen mit süßem Gebäck zu füllen. Dass Rin sich nicht mit ihm und dem Schützen ins Bett legen wollte machte Sinn, aber da sie von sich aus entschied, auf dem Boden zu schlafen, sah er keinen Grund, seinen Platz zu räumen. Hätte sie gefragt, wäre das natürlich etwas Anderes gewesen. Ein Gentleman würde eine Frau nicht zwischen Gesellschaft und dem Boden wählen lassen. „Hm? Niemand hat gesagt, dass du nicht mit hier oben bleiben kannst“, grinste der Dargin, als sich auch Lian verziehen wollte. Er würde doch niemals erwarten, dass sein Gastgeber sein Bett aufgab, auch wenn das Weißhaar selbst nicht plante, seinen Platz frei zu machen. Aber hey, die Matratze war groß genug! Anscheinend gefiel das Argument dem Brünetten nicht. „Was, keine Lust auf kuscheln?“, lachte Charon in dem Wissen, dass er das Bett gewonnen hatte. An diesem Punkt gab es keinen Grund für ihn, seinen Preis nicht auch zu genießen.
Nur einmal stand er noch auf, eine kurze Weile später, als er fertig mit dem Kuchen war. Mit leisen Schritten, darauf achtend, die anderen beiden nicht zu wecken, ging er zurück zu dem kleinen Tisch und stellte den benutzten Tellern zurück zu den anderen. Hoffentlich brauchten sie für die Quest nicht zu lange, Lian hatte offensichtlich noch eine ganze Menge Abwasch vor sich, wenn sie zurückkehrten. „Heh...“ Amüsiert über seine eigenen Gedanken wandte sich der Dargin wieder um, ging zurück, ohne auf die Decken, Kissen oder die Personen darin zu treten. Fast war er schon wieder im Bett, als er einen seltsamen Zug an einem seiner weiten Hosenbeine spürte. Verwirrt blinzelnd blickte er hinab, sah eine kleine, zarte Hand, die sich in den dunklen Stoff seiner Hose grub. Er wusste ja, dass sie weich und bequem war, aber das war noch lange kein Grund, ihn festzuhalten... Mit seiner rechten Hand zog Charon leicht an dem Stoff, um ihn aus dem Griff des Hundemädchens zu befreien, aber sie hielt verdammt fest, dafür, dass sie schlief. Es war vermutlich möglich, sich mit einem kräftigen Ruck zu befreien. Das würde sie zwar mit Sicherheit wecken, aber warum sollte ihn das stören? Nachdenklich folgte sein Blick dem Arm, der an seiner Hose festhing, bis hinauf zur Schulter, ehe seine Augen das Gesicht des Mädchens fixierten. Ihre Haltung und Atmung waren sehr entspannt, er konnte sogar ein wenig Sabber am Rande ihres offenen Mundes sehen, aber ihr Gesichtsausdruck war seltsam intensiv. „Hah... du willst wirklich nicht loslassen, was?“, wisperte er und schüttelte den Kopf. Lustiges Mädchen. Sollte er sich einfach befreien, sie kurz aus ihrem Schlaf reißen und das war es dann? Das war vermutlich das Vernünftigste... Nachdem er es fast eine Minute lang nicht übers Herz gebracht hatte, sich loszureißen, seufzte Charon. Das sorglose Lächeln auf ihrem Gesicht, die Art, wie ihre großen Öhrchen zuckten... Was für ein Monster wäre denn in der Lage, den friedlichen Schlaf so eines Wesens zu stören? „Es ist wirklich ungerecht, wie liebenswert manche Menschen sind...“, murrte er halbherzig, auch wenn er nicht anders konnte, als einen warmen Gesichtsausdruck zu tragen, während er sich auf den Boden hockte und seinen Rücken gegen das Bettgestell lehnte. „Wie konnte ich nur glauben, ich hätte gewonnen...?“
Was genau passierte zwischen dem Moment, an dem der Dargin die Augen schloss und dem, an dem er sie wieder öffnete, war schwer zu sagen. Irgendwo zwischendrin hatte das Mädchen offenbar sein Bein freigelassen und sich an etwas anderes geklammert. Das war einerseits daran zu erkennen, dass das Ziehen weg war, andererseits aber auch daran, dass Charon nicht mehr saß, sondern lag. Wie die anderen beiden auch hatte er es sich im Schlaf wohl auf dem Boden gemütlich gemacht... und wie gemütlich es war. Direkt neben sich spürte er eine Wärmequelle, an die sein Körper gelehnt war, kuschelig wie ein Kissen. Als er erwachte und blinzelte, blickte Charon direkt in die Augen von Lian. Sie waren leicht zu erkennen, grün, klar und nervös, wie der Dargin sie immer wieder sah. Nah waren sie auch, ihre kaum bedeckten Oberkörper dicht an dicht. Der rechte Arm des Finsternismagiers hatte sich wohl im Schlaf über Lians Torso drapiert und blieb da aktuell auch, während ein Blick zu dessen Taille zeigte, dass sich die Arme der kleinen Rin ebenfalls um ihn geschlungen hatten. Charon konnte nicht anders als zu grinsen. „Wow, Lian. Du gehst ja echt ran“, gähnte er, ehe er wieder die Augen schloss und sich ankuschelte. Offensichtlich störte es den Jüngeren ja nicht allzu sehr. „Schönes Zimmer hast du... wenn die Bücher erst hier sind, komm ich öfter vorbei...“
Tief und fest hatte die Hundedame geschlafen - wie ein Baby. Nicht einmal war sie aufgewacht. Ob das wohl an dem kuschelig warmen Kissen gelegen hatte, dass sie irgendwann gefunden hatte? Oder vielleicht die weiche Decke, die zwar erst Widerstand geleistet hatte, aber letztendlich doch nachgegeben hatte? Genau konnte das wohl Keiner wissen. Erst als zarte, warme Sonnenstrahlen ihr halb verdecktes Näschen kitzelten, kehrte sie langsam zurück in die Welt der Wachen. Hinzu kam noch Charons leises Gemurmel, welches sie jedoch nur ganz beiläufig wahrnahm. Blinzelnd schlug sie die Augen auf, doch die Müdigkeit sorgte dafür, dass alles noch immer verschwommen war. Es hatte keinen Sinn, also schloss sie sie einfach wieder und zog das 'Kissen', um welches sie ihre Arme gewickelt hatte, näher zu sich. Die kleinen Händchen gruben sich tief - aber sanft- in den schwarzen Stoff, von der anderen Seite schob sie ihr Gesicht hinein. Ein leises, kaum verständliches Murmeln durchbrach die Totenstille im Raum: "...sooo kuschelig..." Das sachte Wedeln ihrer Rute war ebenfalls zu hören, als deren Spitze immer wieder gegen den Untergrund klopfte. In kleinen Kreisen ließ sie ihren Daumen über den zarten Stoff wandern und stieß dabei letztendlich gegen irgendetwas anderes. Hätte sie die Lider wieder aufgeschlagen, hätte sie festgestellt, dass es sich dabei um Charons Arm handelte. Dies tat sie jedoch nicht, tastete stattdessen das fremde Objekt nur kurz ab und kam zu dem Entschluss, dass es nicht so kuschelig war wie Lians T-Shirt, "ab...gelehnt...." Leises Schnarchen erfüllte ein weiteres Mal den Raum, als sie ein weiteres Mal in ihre Traumwelt abdriftete. Erst als das Sonnenlicht von draußen noch intensiver wurde und inzwischen - trotz Vorhängen - den Raum komplett erhellte, wachte die Inuyama vollständig auf. Ihr Gesicht hatte sie noch immer fest gegen das 'Kissen' gedrückt. Erst jetzt, wo ihre Sinne nicht mehr vom (Halb)Schlaf vernebelt waren, schlich sich langsam die Erkenntnis ein, dass irgendetwas nicht ganz stimmte. Sie konnte nicht ganz deuten, was es war. Erst, als ihre verschlafenen Äuglein ein Stück nach oben wanderten, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Braune lockige Haare waren da und wenn sie genau darauf achtete, dann hob und senkte sich ihr Kissen in regelmäßigen Abständen. Das ... Das ... Das war überhaupt kein Kissen! Ein schriller, entsetzter Schrei hallte durch die Stube - vermutlich durch den ganzen Ostturm. Spätestens jetzt war auf jeden Fall jeder wach! "Lian!!!" Innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde verdoppelte sich der Herzschlag der Hellhaarigen, mit einem Schlag wurde ihr so heiß, dass sie beinahe glaubte, in Flammen aufzugehen. Anstatt möglichst schnell Distanz zwischen sich und den Strubbelkopf zu bringen, klammerte sich das Mädchen vor Schock nur noch fester an ihn. "Owehowehoweh...!" Ihre panische Stimme war mindestens drei Oktaven höher. Was tat sie da? Wieso wachte sie so dicht an ihren besten Freund gekuschelt auf? Was war passiert, nachdem sie die Äuglein geschlossen hatte? Erst jetzt konnte sie langsam ihre Hände aus dem Klammergriff lösen. Als sie dazu auch ihren feuerroten Kopf hob, erkannte sie, dass da nicht nur der Falls war. Nein, das wäre ja noch zu schön gewesen. Keinen halben Meter entfernt schlummerte auch noch Charon. Moment. Nein. Selbstverständlich schlief dieser nicht mehr. Seine violetten Seelenspiegel blickten direkt in ihre Richtung, sorgten dafür, dass ihre Wangen von Rettungsbojenrot auf frisches, sonnengereiftes Tomatenrot wechselten. Einerseits war es gut, dass auch er an der kleinen Kuschelpartie teilgenommen hatte - andererseits war es trotzdem bloß Lian gewesen, an den sie sich geklammert hatte wie ein Affenbaby. "E-e-es ist n-nicht so wie es aus-s-sieht...." ihre Stimme versagte beinahe, war kaum noch mehr als ein heiseres Fiepsen. War der Falls ebenfalls wach? Spätestens nach ihrem Geschrei musste er es sein... Sie war so nervös, dass sie glaubte, jeden Moment das Bewusstsein zu verlieren. Wieso ... und wann hatte sie sich bloß so an den Illusionsmagier geschmiegt? Und wieso hatte er es zugelassen? Und warum war auch der Dargin mit dabei? So viele Fragen und keine einzige Antwort! Wie in Zeitlupe brachte sie immer und immer mehr Distanz zwischen sich und die zwei jungen Männer, bis sie schließlich mit einem Rumms mit dem Hinterkopf gegen den Rand der Tischplatte knallte. Ein leises Fiepsen ertönte und sie rutschte reflexartig wieder ein Stück nach vorne. Nie wieder, sie konnte nie wieder einem von Beiden jemals wieder in die Augen blicken. Hatte sie in ihrem Schlaf noch irgendetwas getan? Vielleicht etwas gesagt? Womöglich war es besser, das gar nicht zu wissen. Ihre zittrigen Finger zogen den Kragen ihres Schlafanzuges vor das Gesicht, doch es musste bereits jeder gesehen haben, wie beschämt die junge Frau war. "Es tut mir so Leid, so Leid!" Sie wusste überhaupt nicht, was sie sagen sollte, es war ihr einfach so schrecklich peinlich! Doch das Schlimmste an dieser Situation war: Kaum hatte sie Distanz aufgebaut, hatte sie das Gefühl gepackt, dass etwas fehlte. Sie wollte zurück, sich wieder dicht an den Magier kuscheln und weiter schlafen. Ein wenig erinnerte sie das Gefühl an die innige Umarmung, die sie damals in Stillsnow geteilt hatten. Die Nähe und Wärme war so angenehm gewesen, sie wollte nie wieder etwas Anderes spüren. Was war es bloß, dass sie immer wieder so nah an diesem Kerl endete? Vor Allem wenn sie müde war und nicht geradeaus denken konnte, fand sie sich immer wieder viel zu nah bei ihm wieder. Seine Nähe fühlte sich einfach so vertraut an, spendete ihr eine Sicherheit, die sie so lange nicht mehr gespürt hatte. War das verwerflich? Sie war eindeutig zu weit gegangen, oder? Würde er sie dafür nun hassen? Oh Gott, es war ihr alles so peinlich! Ach und Charon konnte natürlich auch da bleiben ... aber das war eher nebensächlich. Mit einem gewissen Misstrauen ihm gegenüber war sie vorhin eingeschlafen, doch jetzt, wo er, so wie auch Lian, nicht weit entfernt von ihr lag, den Schlaf immer noch ein wenig in seinen Augen, wirkte er wieder so menschlich, so vertrauenswürdig und harmlos. Was auch immer ihr am Vorabend ein flaues Gefühl gegeben hatte, sie musste sich getäuscht haben. Er wirkte nicht mehr, als könnte er irgendwem etwas zuleide tun. Da war nur ein gewaltiges Problem: Er hatte auf jeden Fall gesehen, wie sie sich an den Falls gekuschelt hatte. Bereits mehrfach hatte er die Beziehung zwischen den Beiden infrage gestellt, vermutete da garantiert, dass da mehr war! Wie sollte sie ihm jetzt noch weiß machen, dass dem nicht so war?! Zumindest von ihrer Seite! Ihre kugelrunden, blauen Äuglein starrten hilflos in die Richtung der beiden Männer. Gestern Abend hatte sie noch gefleht und gebettelt, mit auf die geplante Quest zu kommen, aber jetzt wollte sie sich einfach nur noch unter der nächstbesten Decke verkriechen und das Geschehene irgendwie vergessen.
Sonnenstrahlen erhellten den Raum und Lian kam allmählich zurück aus seinem tranceähnlichen Zustand in das Reich der Lebenden. Der junge Mann hatte bestmöglich verdrängt, was am vorigen Abend alles geschehen war… und ahnte noch nicht, dass das nicht die Spitze des Eisbergs gewesen war. Je mehr die Lebensgeister in den Falls zurückkehrten, desto mehr spürte er auch von seiner Umgebung. Zuerst war es sein Rücken, der sich schmerzhaft bemerkbar machte: Nein, der harte Holzboden seiner kleinen Wohnung im Gildenpalast war alles andere als gemütlich. Auch das Kissen, das er sich vom Bett hatte mitnehmen können, änderte an dieser Tatsache nichts. Dann jedoch rührte sich etwas an ihm, ein Arm streifte über seinen Körper. Verdammt – Rin. Der junge Mann erinnerte sich daran, dass die Hundedame irgendwann in der Nacht an ihn gerutscht war, sich an ihn geklammert hatte und er sich dadurch keinen Millimeter mehr hatte bewegen können. Die Röte auf seinen Wangen intensivierte sich bei dem Gedanken, dass die Inuyama die gesamte Nacht über eng an ihn gekuschelt gelegen hatte… entsprechend zaghaft drehte er den Kopf, um einen Blick auf die Person zu erhaschen, die den Arm um ihn gelegt hatte. Und was ihn da erwartete, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
„Wow, Lian. Du gehst ja echt ran.“
Nein. Neeeeeeeein. Absolutes nein. Nein… Ja? Die hellgrünen Augen starrten nicht wie erwartet in die eisblauen Seelenspiegel der naiven Inuyama, sondern in ein eindeutig männliches Gesicht, das ihn auch noch keck angrinste. Charon. Das war Charon. C.H.A.R.O.N. Perplex wanderte der Blick des Falls von der Schulter des anderen Mannes herab, seinen Arm entlang, um festzustellen, dass nicht Rin ihn die Nacht über umschlungen hatte, sondern dass es der Arm des Dargin war, der sich um seine Taille gelegt hatte. Das ohnehin schon rote Gesicht des Illusionsmagiers intensivierte sich und eine gewisse Schnappatmung setzte ein, als Charon ohne mit der Wimper zu zucken wieder näher an ihn heranrutschte und einfach eine zweite Kuschelpartie anfing.
Genau in diesem Augenblick ertönte ein ohrenbetäubender Schrei direkt hinter dem Falls und raubte ihm die Sinne. Vielleicht war das in der aktuellen Situation auch ganz gut so… Sekunden nach dem schrillen Schrei ertönte ein weiterer Ausruf – Lian. Sein Name. Der junge Mann drehte den Kopf und stellte mit Erschrecken fest, dass er mit seiner Vermutung, Rin hätte sich an ihn gekuschelt, doch nicht falsch lag. Rin UND Charon hatten an ihm gelegen. Und er in der Mitte. Er… in der Mitte. Seine Augen weiteten sich bei der Erkenntnis und sein Mund klappte auf, als die hellhaarige Kollegin ihn nochmal besonders fest umklammerte, anstatt endlich von ihm loszulassen. „RIN!“, ertönte endlich die Stimme des Falls, mindestens genauso schrill wie die der jungen Dame. Die hellgrünen Augen sahen wieder nach links. „CHARON!“ dann wieder nach recht. „RIN!“ … Okay, damit kam er gerade sowas von nicht weiter. Das Herz schlug dem jungen Mann bis in die Kehle und die Röte in seinem Gesicht konnte locker mit jener der Blutmagierin mithalten. Verdammt, wie hatte das hier passieren können?! Sie lagen in einem Knäuel auf dem Boden seiner Wohnung und das musste für jeden Außenstehenden aussehen, als hätten sie ganz andere Dinge getan, als einfach nur zu schlafen! Einerseits war Lian ziemlich froh, als die junge Frau sich endlich doch dazu entschloss, ihn loszulassen und auf allen Vieren davonzukriechen. Andererseits stellte der 19-Jährige fest, dass er damit nur noch mit dem Dargin zusammengekuschelt lag, was die Situation jetzt auch nicht unbedingt besser machte. Während Charon seelenruhig war, rang der Braunhaarige sichtlich nach Luft. „Charon, verdammt! Was machst du hier?! Du… das Bett…“ Moment. Das hörte sich so an, als hätte er bewusst mit der Inuyama auf dem Boden kuscheln wollen. Und als wäre er nur über die Anwesenheit des Finsternismagiers verwundert. Nein! Argh. Wie sollte er diese Situation denn bitte noch retten?! Der junge Mann presste die Lippen aufeinander, bevor er sich mit seinen Worten nur noch weiter in diese vertrackte Situation hineinritt und schluckte diverse Kommentare, die er vielleicht noch gehabt hätte, gewaltsam herunter. Die gehaspelte Entschuldigung von Rin brachte auch nicht mehr Kontrolle in diesen vollkommen eskalierten Morgen, sondern machte nur nochmal deutlich, dass hier Dinge geschehen waren, die eindeutig nicht hätten geschehen sollen! Lian hatte doch nur seine Ruhe haben wollen… warum hatte das alles damit geendet, dass er mit Charon und Rin gekuschelt auf dem Boden seiner Wohnung lag?
Und da wurde ihm bewusst, dass er sich immer noch nicht von dem hellhaarigen Kollegen wegbewegt hatte!
Erschrocken fuhr Lian zusammen, kraxelte endlich von dem Dargin davon und kam schwerfällig auf die Beine. „Stopp!“, rief er zwischen all das Chaos und blickte auf beide Kollegen hinab, die immer noch auf dem Boden verweilten. Weder seine Gesichtszüge noch seine beschämte Röte hatte der 19-Jährige bisher wieder unter Kontrolle bringen können, dennoch entschied er schnell, als er sowohl Charon als auch Rin am Handgelenk packte und bestimmt hinter sich herzog. Er riss die Tür seiner kleinen Wohnung auf, schob die Kollegen ohne zu zögern über die Türschwelle, bis sie im Flur standen…. Vor der sich bereits einige andere Gildenmitglieder versammelt hatten und neugierig dreinschauten?! Lian vernahm ein paar gemurmelte Worte und wollte sich gar nicht vorstellen, was diese Leute von zwei nur leicht bekleideten Männern und einer jungen Frau im Schlafanzug dachten, die gerade in einem eindeutig verschlafenen Zustand aus seiner Wohnung kamen. Lian erschauderte. „Verschwindet! Hier gibt’s nichts zu sehen!“, keifte er angefressen wie ein alter Mann die Schaulustigen vor seiner Wohnung an, sodass eigentlich nur noch der Krückstock fehlte, mit dem er wild in der Luft herumschwenkte. Nur zögerlich wandten sich die Leute ab und doch konnte er das schiefe Grinsen in dem einen oder anderen Gesicht viel zu gut erkennen. Die hellgrünen Augen sahen nochmal zu den beiden Kollegen. „In einer Stunde. Vor dem Gildenpalast!“ Mehr bekam er einfach nicht mehr heraus, da schlug die Tür seiner Wohnung vor Rins und Charons Nase einfach zu. Und Lian? Der lehnte noch immer erschrocken mit dem Rücken gegen die Tür und rutschte langsam herunter, bis er auf dem Boden landete, die Augen zusammenkniff und laut stöhnte. „Wenn es das ist, was bei Meditation rauskommt, werde ich nie wieder meditieren…“, jammerte er im Selbstgespräch und legte den Kopf in den Nacken.
„Uff... seid ihr beiden immer so laut, wenn ihr gerade aufwacht?“, meinte Charon und grinste amüsiert, als sich Lian endlich von ihm zurückzog. Der hatte die Nähe ja noch ganz schön lange genossen. „Ich hoffe, das ist das erste Mal, dass du neben jemandem aufwachst, Lian. Ansonsten ist dieses Geschrei echt peinlich.“ Der Dargin selbst hatte keine Eile damit, sich zu erheben. Gelassen wie immer stützte er sich auf einen Arm, setzte sich auf, während er mit der freien Hand durch seine lange, weiße Mähne fuhr. Selbst nach einer langen Nacht sah er noch großartig aus. Er wehrte sich auch nicht dagegen, als der Besitzer des Zimmer sich entschied, seine beiden Gäste aus der Tür zu befördern. Stattdessen konnte Charon nicht wirklich anders, als herzhaft zu lachen. „Ahaha... da haben wir es wohl einen Schritt zu weit getrieben, was?“, meinte er fröhlich grinsend zu Rin, ehe ihm auffiel, dass die irgendwie deutlich weniger glücklich wirkte. Er blinzelte unsicher, während der fröhliche Ausdruck auf seinem Gesicht verpuffte. Er tat sich immer schwierig damit, mit emotionalen Menschen umzugehen. Einerseits, weil er nicht wusste, was er sagen sollte, und andererseits, weil er selbst merkte, wie sie in ihm etwas Auslösten, was er eigentlich nicht spüren wollte. Hoffentlich begann sie nicht zu weinen! Das musste er auf alle Fälle verhindern! „Äh... Rin? Ist alles in Ordnung?“, fragte er leicht besorgt, sein sonst so gefasster Ausdruck unsicher und zögerlich. Er wusste nicht, was der nächste Schritt war. „Hey... es gibt keinen Grund, sich schlecht zu fühlen. Lian ist nicht sauer, ihm ist die Situation nur ein bisschen peinlich. Der kriegt sich gleich wieder ein.“ Das war am knallroten Gesicht des jungen Magiers mehr als deutlich zu sehen gewesen. „Er hat doch selbst gesagt, dass er die Quest noch mit uns durchziehen will, richtig? Wenn er etwas gegen einen von uns hätte, würde er einfach absagen, er ist da ziemlich direkt. Das merkt man, wenn man ihn eine Weile kennt.“ Das war eine glatte Lüge. So viel hatten Charon und Lian noch gar nicht miteinander zu tun gehabt, was kein Wunder war, da sie beide nicht zu den geselligsten Mitgliedern der Gilde zählten. Selbst nach dieser kurzen Zeit war sich der Dargin aber absolut sicher, dass sein toller neuer Freund in absolut keiner Lebenslage ein besonders direkter Mensch war. Es war nicht einmal eine gute Lüge. Das passierte wohl, wenn sich Charon unter Druck gesetzt fühlte. Er musste irgendwie aus dieser Situation raus... „Also... ich versichere dir, Lian nimmt es dir nicht übel“, meinte er also und fuhr sich durch die Haare. „Ich übrigens auch nicht. Alles in Ordnung. Es war sogar irgendwie niedlich, wie du dich an meiner Hose festgekrallt hast.“ Das stimmte sogar! Dennoch deutete er in die Richtung, in der sein Zimmer lag. Glücklicherweise mussten er und Rin unterschiedliche Gänge nehmen, das hatten sie ja gesehen, als sie sich hier getroffen hatten. „Also, ich mach mich soweit fertig. Solltest du auch. Ich fände es echt schade, wenn du doch nicht an der Quest teilnimmt. Und Lian bestimmt auch, haha...“
Wie unangenehm... Während Charon vor seinem Spiegel stand, musste er sich wirklich darauf konzentrieren, nicht an diese Situation zurück zu denken. Außerdem musste er sich beeilen. Eine Stunde war nicht genug Zeit, um nach dem Aufwachen seine Haare, seine Haut, seine Nägel und sein Make-Up ordentlich zu pflegen. Abgesehen davon fiel ihm auf, dass er sein Oberteil bei Lian vergessen hatte, das musste er sich bei Gelegenheit zurückholen. Am Besten bald, denn es wirkte nicht so, als ob der Schütze allzu sehr auf die Sauberkeit seiner Räumlichkeiten achtete. Für den Moment kümmerte er sich aber einfach um sich selbst, ehe er ein paar ordentlich gefaltete Klamotten, zwei Bücher, deren Inhalt er für diese Quest für potentiell nützlich hielt und eine Menge Wasser in seinem gut gepflegten Seemansbeutel verstaute, den er sich über die Schulter hing. Gerne hätte er auch etwas zu Essen mitgenommen, aber naja... das war ja leider keine Option. Auf dem Weg nach draußen schnappte er sich noch schnell den Questzettel und füllte das Questbuch aus. Wenn er selbst teilnahm, dann wäre es ziemlich unehrenhaft von ihm, das den anderen Questverantwortlichen zu überlassen... Kaum war das geschehen, ging er auch schon zur Tür und verließ den Palast. Pünktlich war er, aber dadurch, dass es so viel zu tun gab, war es ziemlich knapp geworden... Die anderen beiden warteten vermutlich schon draußen.
Alles geschah so schnell, dass die junge Magierin überhaupt nicht wusste, wie ihr geschah, bevor es zu spät war. Grob wurde sie am Handgelenk gepackt, rausgezerrt und erst, als die Tür schwungvoll vor ihrer Nase zuknallte, konnte sie überhaupt reagieren. Leises, überraschtes Murmeln kam von den paar Menschen, die sich vor dem Zimmer versammelt hatten. Als sie jedoch bemerkten, dass nichts besonderes geschah, begannen sie, langsam fortzugehen. Jedoch nicht, ohne noch einmal verwirrte und neugierige Blicke auf die zwei Hellhaarigen zu werfen. Die Öhrchen des Hundemädchens fielen leblos nach unten ab und auch die Rute, die sonst so ausdrucksvoll und hoch erhoben getragen wurde, hing herab wie ein nasser Sack. "L-l-lian...?" schniefte sie, ihre Stimme war kaum mehr als ein leises Fiepsen. Ihre wässrigen Äuglein starrten auf das Handgelenk, an dem sie gerade noch gepackt worden war. "Wieso will er mich nicht da haben?"Langsam hob sich jedoch ihr Blick und richtete sich mitten in Charons Gesicht. Im selben Moment kullerten auch schon die ersten, dicken Tränen ihre Wangen herab. Eilig versuchte sie, diese mit ihren Ärmeln fortzuwischen, bevor man sie sah. Erfolglos. Sie fühlte sich wie damals in Stillsnow, bevor sie sich ausgesprochen hatten. Erneut hatte er sie ohne jegliche Erklärung fortgestoßen. Erneut fühlte sie sich, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen fortgezogen. "Zu mir ist Lian nie direkt!" ihre Ton wurde noch verzweifelter. Ganz ohne Vorwarnung drückte sich die Inuyama plötzlich an den Finsternismagier und wickelte ihre Arme fest um ihn. "Ich versteh' das nicht..." Ein erfolgloser Versuch, etwas Sicherheit zu erlangen. Eine Umarmung von Charon war einfach nicht das Selbe wie eine von Lian. "Meinst du wirklich er nimmt es mir nicht übel?" Langsam ließ sie wieder los. "Ich glaube Lian fand es nicht niedlich..." Zumindest waren ihr nicht Beide böse. Das war ja schon einmal ein kleiner Pluspunkt. Trotzdem bereute sie ihr Verhalten. "Ja, wir sehen uns später..." Es stimmte, der Falls hatte (noch) nicht behauptet, die Quest nun abbrechen zu wollen. Vielleicht war er wirklich nur ein wenig überfordert gewesen? Charons Worte hatten ihr zumindest ein wenig Zuversicht gegeben. Mit noch immer hängenden Ohren tappte sie zurück zu ihrer Wohnung. Noch viel schlimmer konnte es zumindest nicht werden. Langsam machte sich der mangelnde Schlaf bemerkbar. Rin fühlte sich träge, die Arme und Beine waren schwerer als Steine. Somit war der erste Schritt klar: Eine eiskalte Dusche. Da der Auftrag sie unweigerlich in die gnadenlose Hitze der Wüste führen würde, war es sicherlich gut, sich vorher noch einmal ordentlich abzukühlen. Danach kam der schwierigste Teil der Vorbereitung: Entscheiden, was sie anziehen würde. Zuerst zog sie einen losen, beigen Umhang aus ihrem Kleiderschrank. Der leichte Stoff würde sie gut vor der Sonne schützen, gleichzeitig aber genug Luft durchlassen. Doch was sollte sie darunter tragen? Ihre Finger glitten an all den verschiedenen Stücken entlang, doch an Keinem blieb er letztendlich hängen. Sie wollte unbedingt gut aussehen. Selbstverständlich nicht für Lian, nein! Charon hatte sie bisher nur im Schlafanzug gesehen und sie wollte nicht, dass ausgerechnet dieses Bild auf Dauer hängen blieb. Bestimmt zehn Minuten stand sie dort, grübelte und grübelte. Letztendlich fiel die Wahl auf ein luftiges, weißes Rüschenkleid. Zur Sicherheit packte sie sich jedoch noch ein paar lange Hosen, einen Pulli und eine dicke Jacke ein. Wer wusste, wie lange sie unterwegs sein würden? Die Nächte konnten eisig kalt werden. Zu ihrer warmen Kleidung gesellte sich letztendlich noch das zweite Kuchenblech (in Stücke geschnitten und in einer Dose verstaut selbstverständlich), ihre Doppelschwerter und einige flaschen Wasser. Viel mehr brauchte sie nicht, oder? Zurück im Bad föhnte sie noch ihre Haare, flechtete sie zu einem losen Fischgrätenzopf und schmiss sich die ausgewählten Klamotten über. Jetzt konnte es losgehen! Die Vorfreude war jedoch nicht mehr so groß wie zuvor, sie war sich noch immer unsicher. Konnte sie Lian einfach so wieder unter die Augen treten? Was dachte er wohl nun von ihr? Nervös verkreuzte sie die Hände vor der Brust. Sie konnte nichts weiter tun, als den Worten des Dargin glauben zu schenken. Vielleicht war es ihm wirklich nur peinlich gewesen und er hatte überreagiert. Oh, hoffentlich stimmte das! Als sie schließlich den Palast verließ und in das warme Morgenlicht trat, stellte sie fest, dass sie die Erste war. Oder war sie etwa zu spät? Nein. Die Beiden waren bestimmt nicht einfach ohne sie los gegangen, oder? Charon hatte doch behauptet, dass er es schade finden würde, wenn sie nicht mitkam. Er würde sie doch nicht einfach anlügen, oder? Und Lian erst recht nicht! Sie würden bestimmt gleich kommen. Nervös wippte sie auf ihren Füßen auf und ab. Der abrupte Rausschmiss hatte sie sichtlich verunsichert. Dann ging jedoch endlich die gewaltige Eingangstüre ein weiteres Mal auf und ein bekanntes Gesicht erschien. Der Hundedame fiel ein Stein vom Herzen. "Ah, hallo!" Ihre Gruppe hatte sie nicht zurück gelassen, wie schön! Ein zartes, aber zurückhaltendes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab.
„Ansonsten ist dieses Geschrei echt peinlich“, äffte Lian genervt die Stimme von Charon nach und verdrehte die Augen. Er bückte sich und hob die Kissen vom Boden der kleinen Wohnung auf, um sie schnurstracks zurück auf das Bett zu werfen. Als er die dünne Decke aufhob, mit der Rin geschlafen hatte, hielt er einen Augenblick inne. Die Inuyama hatte ziemlich geschockt ausgesehen, als er die Tür vor der Nase der beiden Magier zugeschlagen hatte, oder? Jetzt, wo er darüber nachdachte – und der erste Schock überwunden war – erschien das Bild der verunsicherten Hundedame nochmal genauer vor dem inneren Auge des Illusionsmagiers. Hatte er zu rabiat gehandelt? Lian dachte kurz darüber nach… und schnaubte schließlich, als er zur Erkenntnis kam, dass der Rauswurf aus seiner Wohnung alles andere als ungerechtfertigt gewesen war. Auch die Decke fand seinen Weg zurück auf das Bett, dann schritt Lian zum Schreibtisch und holte die Briefe wieder hervor, die er am Abend zuvor panisch in die hölzerne Schublade geschoben hatte, damit Rin und Charon sie nicht zu Gesicht bekamen. Nein, sie konnten ihm nun wirklich keinen Vorwurf für sein Verhalten machen. Sie waren es immerhin gewesen, die in seine Wohnung eingedrungen waren. Sie waren es gewesen, die ungefragt bei ihm übernachtet hatten. Und nicht zuletzt waren sie es gewesen, die sich in der Nacht klammheimlich an ihn angekuschelt hatten… oder? Der Falls seufzte und rieb sich über den wuscheligen Hinterkopf, denn die Erinnerungen an die letzte Nacht waren alles andere als klar. Eigentlich wusste er überhaupt nicht mehr, wie genau das Knäuel, das die drei Magier an diesem Morgen gebildet hatten, zustande gekommen war. Und trotzdem! Das war alles eindeutig nicht seine Schuld! Als Lian zu Crimson Sphynx gekommen war, war für ihn klargewesen, dass er anderen Magiern dieser Gilde aus dem Weg gehen wollte. Und er war auch eigentlich der Meinung, bisher alles getan zu haben, um dieses Vorhaben zu erfüllen. Nur Rin und Charon… die beiden hatten sich davon in keiner Weise beeindrucken lassen. Warum eigentlich nicht? Sie waren beides Persönlichkeiten, die für den Falls so schwer zu greifen waren, dass er oft gar nicht verstand, mit welcher Leichtigkeit sie es immer wieder mitten in sein Leben schafften. So wie letzte Nacht. Und eigentlich hätte er alles Recht dazu, ausschließlich genervt zu sein und den beiden Vorwürfe zu machen… warum musste er dann trotzdem über die Geschehnisse lächeln?! Als würde er die beiden mögen. Als wäre es lustig gewesen. Argh! Der 19-Jährige stöhnte und drehte sich auf dem Absatz um, um sich mit einer Dusche von diesen verwirrenden Gedanken zu lösen. Und in der Aufregung übersah er ganz das helle Oberteil des Dargin, das einsam auf einer der Stuhllehnen zurückgelassen wurde. Und auch das Kuchenblech stand noch auf dem Tisch am Fenster. Normalerweise hätte der Illusionsmagier den beiden Kollegen Shirt und Kuchenblech sofort zurückgebracht, um zu verhindern, dass beide wieder bei ihm vor der Tür auftauchten. So allerdings übersah der Braunhaarige beide Details, als er sich ins Badezimmer aufmachte und auch gleich eine Tasche schnappte, um die notwendigen Dinge für die Reise einzupacken. Die Grundlage für einen erneuten Besuch bei dem Braunhaarigen in naher Zukunft?
Lian war ziemlich spät dran, als er auf den Hauptausgang des Gildenpalastes zuging. Er trug ein braunes Cape mit großer Kapuze, die er sich im Bedarfsfall über den wuscheligen Kopf ziehen konnte, um sich vor der heißen Wüstensonne zu schützen. Unter dem Cape konnte man noch ein weißes, recht enganliegendes Shirt sowie die dunkle Hose erkennen, die in festes Schuhwerk überging und so verhindern sollte, dass der Sand unter seine Kleidung kroch. Über die Schulter hatte er eine helle Tasche geworfen, die allerdings nur mit den absolut notwendigsten Dingen gefüllt worden war. Ein wenig Proviant, Wasser und dickere Kleidung, um in den kühlen Wüstennächten nicht zu erfrieren. Den restlichen Platz würde in der Tasche würde er mit den Schätzen füllen, die er sich erhoffte, bei der Quest zu finden… Als geborener Einwohner Aloes war es natürlich nicht das erste Mal, dass Lian sich längere Zeit in der Wüste aufhalten würde, weshalb er sich gut vorbereitet fühlte, als er aus dem Ausgang schritt und draußen angekommen sogleich genau die zwei Gesichter erkannte, die er erwartet hatte: Charon und Rin. Beide waren bereits vor ihm dagewesen und schienen nur noch auf ihn gewartet zu haben. Die beiden anderen trugen dünne Mäntel, ebenso als Schutz vor der Sonne, sodass der Falls wenig von ihrer Kleidung erkennen konnte. Obwohl bereits eine Stunde vergangen war, erinnerte er sich beim Blick in die Gesichter von Rin und Charon allzu deutlich wieder daran, wie sie am Morgen in seiner Wohnung aufgewacht waren. Und selbst wenn die beiden es bereits verarbeitet hatten, war es dem Falls doch immer noch unangenehm, sodass er stehenblieb und kurz nach den richtigen Worten suchte. So richtig etwas einfallen tat ihm allerdings nicht und auch die anderen beiden Magier schienen nicht so recht etwas zu sagen zu haben, weshalb Lian seufzte und mit den Schultern zuckte. Egal. Wenn sie es ausschwiegen, war das auch in Ordnung. „Dann lasst uns losgehen. Haben schon genug Zeit vertrödelt“, warf er ihnen kurz angebunden als Erklärung zu und schritt an ihnen vorbei. Die Quest konnte beginnen?
Es war kurz vor Sonnenuntergang, als die Inuyama sich noch einmal fertig machte, um das Zimmer zu verlassen. 'Fertig machen' war vielleicht übertrieben - alles, was sie tat, war einen viel zu großen (aber gemütlichen) Pulli über ihren Schlafanzug zu ziehen. Der hellgrüne Stoff mit dem auffällig niedlichem Dinosaurierprint passte nur bedingt zu der rosa Einhornmuster-Hose, aber das war schon okay. Es würde sie kaum jemand sehen. Und Lian kümmerte sich ja eh nicht darum, was sie trug, oder? Sie hatte sich immer so viel Mühe gegeben, hübsche Outfits zu wählen, wenn sie Zeit mit ihm verbrachte, aber noch nie, nicht ein einziges Mal, hatte sie einen Kommentar oder gar ein Kompliment dazu bekommen. Also musste es ihm ja egal sein! Hoffentlich stimmte ihre Theorie, sonst würde sie sich in Grund und Boden schämen. Zum Glück stattete sie ihm keinen Besuch ab um nur gut auszusehen! Ganz im Gegenteil. Sie wollte dafür sorgen, das etwas anderes gut aussah: Seine Wohnung! Die leeren Wände und die lieblose Einrichtung brachen ihr einfach das Herz. So konnte sich doch niemand richtig wohl fühlen. Das war einfach nur ein Zimmer und kein Zuhause! Genau aus diesem Grund hatte sie eine kleine Stofftasche gepackt, deren Nähte beinahe schon platzten. Einige Gegenstände darin waren neu, andere hingegen schon länger im Besitz der Canine. Aber allesamt waren sie hübsch, zumindest in ihren Augen. Ob sie dem Falls ebenfalls gefallen würden? Das würde sich gleich zeigen. Sie flechtete noch eilig ihr Haar zu zwei losen Zöpfen, die locker über ihre Schulter fielen, ehe sie die Tür hinter sich zuzog und ihr Gepäck über die Schulter warf. Ihre schuhlosen Schritte hallten leise, als sie mit dem letzten, blutroten Sonnenlicht durch die Flure schlich. Ein Glück war es nur ein Katzensprung bis zu Lians Reich! Doch trotz der geringen Distanz hatte sie ihn seit dem Ende ihrer letzten Quest nicht mehr gesehen. Sie war sich nicht sicher, ob es reiner Zufall gewesen war, oder ob er ihr bewusst aus dem Weg ging. Letzteres wollte sie schlichtweg nicht wahr haben, doch ein wenig Zweifel trug sie immer in sich. Manchmal war es schwer zu glauben, dass jemand cooles und gelassenes wie er etwas mit einer hibbeligen und lauten Hybridin wie ihr zutun haben wollte. Ihr Blick fiel einen Moment lang auf den goldenen Ring, der an ihrem Finger schimmerte. Der tiefblaue Aquamarin schimmerte im warmen Abendlicht schon beinahe violett. Er war ein Zeichen ihrer Freundschaft, er verband sie mit Charon und Lian. Ob die jungen Männer ihren wohl ebenfalls trugen und es so ernst nahmen, wie sie selbst? Auch bei dem Dargin musste sie dringend einmal vorbei schauen. Vorher musste sie jedoch noch bei der Verwaltung nachfragen, wo genau sich sein Zimmer befand, denn das hatte er ihr nie verraten. Falls der Wuschelkopf nicht zuhause war, würde sie genau das tun. Genau genommen konnte sie es auch tun, wenn er zuhause war. Dann würden sie einfach gemeinsam einen Überraschungsbesuch starten! Aber eins nach dem Anderen. Sie hatte inzwischen das richtige Zimmer erreicht, zögerte jedoch. Für gewöhnlich liebte sie es, unangekündigt aufzutauchen und die Überraschung im Gesicht ihres Gegenübers zu sehen, doch heute war es anders. Sie erinnerte sich noch zu gut daran, wie der Illusionsmagier sie das letzte Mal hochkant rausgeschmissen hatte. War sie deswegen so nervös? Hatte sie Angst, dass er es wieder tun würde? Die Chance bestand, doch ebenfalls bestand die Möglichkeit, dass er sich freute. Sie schluckte. Das war doch überhaupt nicht typisch für sie! Schwungvoll schüttelte sie all die Zweifel ab und hob die Hand, um zaghaft, aber in einem rythmischen Muster ein paar mal anzuklopfen. "Huhuuu, ch bin's, Rin!" rief sie durch die geschlossene Tür, um sich anzukündigen, ehe sie die Öhrchen spitzte und nach Lebenszeichen lauschte. "Ich dachte, ich schau' mal vorbei, ich hoffe das ist okay! Machst du mir bitte auf?" Regte sich da etwas? Oder kamen gar Schritte in ihre Richtung? Ganz sicher war sie sich nicht, dafür war ihr eigener Herzschlag zu laut. Hoffentlich war er nicht unterwegs!
B-Rang-Quest: 1001 Überfall ausgeführt von Rin Inuyama, Charon Dargin & Lian Falls
„Keine Ahnung. Noch nie gesehen.“
Lian wusste, dass es nicht die Antwort war, die sein Gegenüber hatte hören wollen, ändern konnte er daran allerdings nichts. So recht verstehen, wie es zu dieser abstrusen Situation gekommen war, konnte der Braunhaarige ohnehin nicht. Er war in seiner Wohnung im Gildenpalast, so wie an vielen Abenden zuvor auch schon. Allerdings… war er heute nicht alleine. Die Tatsache, dass er Gesellschaft hatte, war schon besonders, wahrhaft außergewöhnlich war allerdings der Gast an sich, der breitbeinig auf dem Stuhl ihm gegenüber saß. Ein anderer Magier, mit dem der Falls bisher nur wenig zu tun gehabt hatte – und die wenigen Male, die er mit dieser Person zusammengekommen war, waren bisher alles andere als angenehm für Lian gewesen. Rotbraunes Haar, ein dichter Bart, markante Gesichtszüge und tiefliegende Augen, die den Illusionsmagier prüfend und einen Hauch bedrohlich anblickten. Es war ein guter Freund seines Onkels, sein alter Rivale und ein hochrangiger Magier von Crimson Sphynx. Vor Lian saß niemand geringeres als der Frostmagier Koren Zur, der allein durch seine Freundschaft zu Aram über die bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse Bescheid wusste. Genauso wie Koren wusste, welche Gründe dafür gesorgt hatten, dass Lian überhaupt als Mitglied in der Wüstengilde gelandet war. Vor ein paar Monaten hatte der Braunhaarige Koren das letzte Mal gesehen, damals in der Eingangshalle… Koren hatte ihm damals unmissverständlich klargemacht, was er von dem 19-Jährigen hielt und das war nicht sonderlich viel. Wie waren seine Worte gewesen? Lian taugte weder zum Magier, noch zum Kriminellen. Und er hatte Lian damals eine Kostprobe davon gegeben, was ihn erwartete, sollte er sich bei einem seiner Raubzüge erwischen lassen und dies auf die Gilde Crimson Sphynx zurückgeführt werden können. Die Begegnung war dem Bogenschützen sehr gut in Erinnerung geblieben, weshalb er versucht hatte, Koren aus dem Weg zu gehen. Dass er heute plötzlich vor seiner Wohnungstür aufgetaucht und mit mehr oder minder höflichen Worten um Zutritt gebeten hatte, war überraschend gewesen. Und dem 19-Jährigen war auf die Schnelle keine wirkliche Erwiderung eingefallen, um Koren loszuwerden – und deshalb saßen sie nun hier. Lian hoffte, dass er die Begegnung ohne erneute Kostprobe der Frostmagie überstehen würde. Wie lange es wohl dauern würde, bis man seine erfrorene Leiche in dieser Wohnung finden würde?...
Mehrere Sekunden verstrichen, ohne dass einer der beiden etwas sagte. Schließlich war es der Zur, der das Schweigen beendete und die Zeichnung, die er Lian bis eben vor die Nase gehalten hatte, wieder zusammenfaltete und verschwinden ließ. Es war ein Emblem gewesen – ein Sechseck, das fünf kleinere Sterne umschloss. Der Braunhaarige hatte nicht gelogen: Er kannte dieses Symbol wirklich nicht. Mit gerunzelter Stirn brachte der ältere Magier sein Missfallen zum Ausdruck. “Enttäuschend“, brummte Koren und schloss einen Moment die Augen. Der Lockenkopf kam nicht umhin, gallig zu lachen. „Als hättest du mit einer Enttäuschung nicht rechnen können, als du zu mir gekommen bist, Koren“, gab er ihm sarkastisch zur Antwort, verschluckte sich allerdings keine Sekunde später fast an der eigenen Spucke, als er den tödlichen Blick auffing, den Koren Zur ihm zuwarf. Widerworte oder Gehässigkeiten von Rangniederen waren nichts, was dieser Magier dudelte. Erst schien es, als wolle der Rothaarige Lian auch verbal in die Schranken weisen, im letzten Moment entschied er sich allerdings anders. “In den letzten Monaten häufen sich die Festnahmen von Banditen und Dieben, die dieses Emblem am Körper tragen“, begann er zu erklären. „Es verbreitet sich wie ein verdammtes Virus und ist neuerdings auch in Aloe Town angekommen.“ Ein geheimer Verbund also? Es war ungewöhnlich, dass Diebe sich zusammentaten, insbesondere in so großem Stil, waren sie doch für gewöhnlich Einzelkämpfer, die sich selbst am nächsten standen. Er konnte verstehen, dass man diesem Geheimnis auf die Schliche kommen wollte. Aber dass Koren Zur deshalb persönlich bei ihm, Lian Falls, vorbeischaute? Der Illusionist hätte gerne erneut gelacht. „Und da dachtest du, dass ich doch sicherlich weiß, was es mit diesem kriminellen Zusammenschluss auf sich hat? Willst du vielleicht meinen Körper untersuchen, ob auch ich dieses Emblem irgendwo trage?“, fragte Lian übertrieben fassungslos nach und hob die Augenbraue an. Er erntete dafür ein Schnauben von Koren. “Als jemand, der sich regelmäßig in den Tunnelsystemen unterhalb Aloe Towns herumtreibt, solltest du dich mit deiner Fassungslosigkeit zurückhalten. Vielleicht komme ich sonst noch auf die Idee, dich auf frischer Tat zu stellen.“ Moment. Woher… wusste Koren davon? War er selbst dort gewesen? Oder hatte er Kontakte dorthin? Und wie hatte er Lian dort überhaupt ausmachen können? Es stimmte, in letzter Zeit war Lian des Öfteren dort gewesen. Nicht, um Diebesware zu verkaufen, sondern um Informationen für eine persönliche Angelegenheit zu sammeln. Die Überraschung war dem 19-Jährigen aus dem Gesicht abzulesen, er öffnete den Mund, doch nicht seine eigene Stimme war es, die just in diesem Augenblick ertönte.
"Huhuuu, ich bin's, Rin!"
R-Rin? Koren und Lian wechselten einen Blick, gleichermaßen überrascht. Dann blickten sie zur Tür, wo die Stimme ein weiteres Mal erklang: "Ich dachte, ich schau' mal vorbei, ich hoffe das ist okay! Machst du mir bitte auf?" Eindeutig. Es war wirklich Rin. Was machte die Hundedame hier? Ausgerechnet heute? Ausgerechnet jetzt? Ehe der Bogenschütze etwas sagen konnte, war es Koren, der von seinem Platz aufstand und schließlich auf Lian hinabblickte. „Wir unterhalten uns ein andermal weiter“, kündigte er ungehalten an und es war ihm offenbar gleichgültig, dass der Falls auf eine erneute Konversation mit ihm gerne verzichtet hätte. “Und versteh mich nicht falsch. Mein Schweigen hält nur solange, wie ich mir einen Nutzen von deinen kleinen Nebentätigkeiten erhoffe. Sollte sich das allerdings ändern, wirst du schneller in irgendeinem Loch versauern, als dir lieb ist.“ Die strengen, dunkelblauen Iriden fokussierten den Bogenschützen, der die Zähne zusammenbiss und jede Erwiderung herunterschluckte, bevor seine lose Zunge ihn in weitere Probleme beförderte. Koren wandte sich zur Tür. “Solltest du doch Informationen zu diesem Symbol herausbekommen, weißt du ja, wo du mich findest“, ließ er Lian noch wissen, bevor er die Klinke der Wohnungstür herunterdrückte, die Tür öffnete und breit, wie er war, den kompletten Türspalt einnahm. Koren Zur, S-Rang Magier der Gilde Crimson Sphynx, baute sich direkt vor Rin auf und sah mit der ihm typischen Strenge auf die kleine Hundedame herab. Das war sicherlich nicht die Person, die die Hellhaarige erwartet hatte. Wenn ihn das Outfit, mit dem die Inuyama vor Lians Wohnung auftauchte, überraschte, dann ließ der ältere Magier es sich zumindest nicht anmerken. “Ihr entschuldigt mich.“ Ungeachtet dessen, ob die Canine ihm freiwillig Platz machte oder nicht, drängte sich Koren an der Jüngeren vorbei und entfernte sich stolzen Schrittes von der Wohnung. Erst jetzt folge der Falls und kam nun seinerseits an der Wohnungstür zum Stehen. Er ignorierte den sich entfernenden Koren, sondern sah direkt zu der Inuyama. Lian trug eine lockere, dunkle Hose, ein weißes Shirt und – wie Rin sicherlich sofort auffallen würde – keinen Ring an seinem Finger. Ob sie das Thema ansprechen würde? „Rin“, begrüßte er kurz angebunden und man konnte ihm ansehen, dass er – was auch immer er mit Koren besprochen hatte – noch nicht ganz verdaut hatte. Daher fiel Lian auch erst mit Verzögerung das Outfit auf, mit dem die Hellhaarige an seiner Wohnungstür aufgetaucht war. Ein hellgrüner Pullover mit Dinosaurier-Print, dazu eine rosa Hose mit Einhörnern, zwei süße Zöpfchen rechts und links des Kopfes und kein Schuhwerk. Der junge Mann blinzelte verdutzt und betrachtet die junge Frau vielleicht ein paar Sekunden zu lange, bevor er den Kopf schüttelte, um seine Gedanken zu klären. „Sorry. Ich glaube, so habe ich dich noch nie gesehen.“ Er rieb sich über den Hinterkopf und lächelte sie schief an, kam allerdings nicht auf die Idee, zu erklären, was genau er mit dieser Aussage zum Ausdruck bringen wollte. Das konnte man auf vielfältige Weise interpretieren, jedoch wurde dadurch ebenso deutlich, dass Lian durchaus einen Blick für hübsche Damenoutfits hatte. Der junge Mann verpasste es in der Eile leider auch, ein kurzes Schön, dich zu sehen mit in die Begrüßung einzubauen. Zusammenfassend: Das Treffen hätte eindeutig besser starten können. Wohin waren seine guten Fähigkeiten in Gesprächsführung verschwunden? Gerade waren sie eindeutig nicht zugegen. „Wie kommt es zu dem Besuch? Möchtest du dein Kuchenblech abholen?“ Nein, deshalb war die Hellhaarige nicht hier… aber das würde Lian noch früh genug bemerken.
Irgendwie fühlte sich Charon unwohl mit dem Gedanken, noch einmal bei Lian aufzuschlagen. Eigentlich sollte er das nicht, das wusste er. Sie hatten gesprochen, sie hatten Zeit miteinander verbracht. Ihre Unstimmigkeiten lagen hinter ihnen... zumindest für den Moment. Wenn auch nicht alles gelöst sein mochte, waren sich die beiden Herren einig genug gewesen, dass sie keine größeren Schwierigkeiten miteinander hatten, die sie davon abhalten würden, zumindest auf einer geschäftlichen und halbprivaten Ebene miteinander zu interagieren. Also... totschweigen? Ja, totschweigen klang gut. Einfach so tun, als hätte es nie Probleme gegeben, dann dürften beide zufrieden sein. Abgesehen davon hatte Charon dem Schützen etwas versprochen. Er hatte ihm angeboten, sein Zimmer ein wenig aufleben zu lassen, in dem er ihm ein paar Bücher borgte. Das hatte natürlich in keinster Weise damit zu tun, dass sein eigener Raum bereits drohte, aus allen Nähten zu platzen, und ihm der Stauraum für weitere Bücher fehlte, wenn er seine eigene Beweglichkeit nicht einschränken wollte. Nein, es war eine Geste reiner, purer Freundschaft und eines altruistischen Herzen, dass der Dargin nun mit einem ganzen Stapel an Büchern in den Armen über die Gänge des Ostturmes schritt. Darunter, weil Rin es sich gewünscht hatte, gleich zwei dicke Märchenbücher. Er hatte genügend davon, da schadete es nicht, die Jüngere glücklich zu machen. Auch den Ring, den sie ihm geschenkt hatte, hatte Charon noch immer an seinem Finger. Er war hübsch, und auf eine seltsame Weise fühlte es sich sehr angenehm an, ein solches Zeichen der Fürsorge und Zuneigung zu erhalten. Davon abgesehen passte derlei Schmuck durchaus zu seinem Image, warum also sollte er ihn nicht tragen? „Einen schönen guten Abend“, grüßte der Magier mit einem leichten Nicken, als ihm eines der Gründungsmitglieder, Koren Zur, auf dem Gang entgegen kam. Nicht unbedingt eine seltene Ehre, man kreuzte durchaus gelegentlich Wege, aber dennoch erfreulich, auch wenn der ältere Herr ihm nur wenig mehr als ein Grummeln und ein Nicken entgegen brachte. Zumindest eine Hand hätte er wohl heben können, schließlich trug er, anders als der Dargin, nicht allzu viel mit sich herum. Aber nun ja, was sollte man machen? Schlussendlich war er nur hier für Lian, nicht um jemand anderen zu sehen.
„Rin? Du hier?“ Überrascht hob Charon eine Augenbraue, als er das Hundemädchen entdeckte, konnte aber nicht anders, als sie sanft anzulächeln. Es war durchaus eine erfreuliche Überraschung, mit ihr zusammen hier zu sein. Ihr näher tretend ging der Dargin ein Stück weit in die Knie, sodass sie einen Blick auf den Einband des oberen Buches werfen konnte – eine Sammlung an Märchen, geschrieben von zwei Brüdern, die vor längerer Zeit für ihre bewegenden Geschichten bekannt gewesen waren, auch wenn sie inzwischen nicht mehr lebten. „Sieh mal, was ich dir mitgebracht habe.“ Das Mädchen bekam als Erstes etwas von seiner Aufmerksamkeit ab, aber Lian wurde nicht vergessen – zumindest nicht allzu lange. Bald wandte sich der Dargin seinem ach so guten Freund zu. „Hier, bitte. Ich hatte dir ja versprechen, dir ein paar Bücher auszuleihen. Achte darauf, dass sie gut behandelt werden, ja?“, nickte er mit einem strahlenden, unschuldigen Lächeln. Lian freute sich sicher. Besonders, da Charon heute deutlich besser waren als zu Beginn ihres letzten Treffens. Seine Kleidung, Haare, sein Make-up, seine Haltung... Sie alle waren zurück zu seinem fehlerfreien Aussehen, waren glänzend rein, zeigten Wert und Adel und ein angenehmer, blumiger Duft umgab ihn auch. Wenn sich der Schütze Sorgen gemacht hatte, dass der Dargin nicht zu seinem alten Selbst zurückfinden würden, war dieser Gedanke wohl offensichtlich unbegründet gewesen...
Die Öhrchen der jungen Frau zuckten überrascht, als sich in der Wohnung hinter der Tür etwas regte und schwerer Schritt erklang. Die Sohlen auf dem Fußboden klangen laut, viel zu kräftig für das Fliegengewicht, das Lian war. Hatte er etwa Besuch? Wenn das der Fall war, warum kam dann dieser, um sie herein zu lassen? Mit einem leichten Lächeln schüttelte sie den Kopf. Vermutlich hatte sie sich einfach verhört und machte sich zu viele Gedanken, wie so oft. Als das Klicken einer Türklinke erklang, begann die Rute der Canine schlagartig, zu wedeln und auch die Äuglein und das Lächeln wurden groß. "Ich freu mich so, di-" Sie war bereits dabei gewesen, ihre Arme auszubreiten und sich auf das nichtsahnende Opfer hinter der Tür zu stürzen, doch im letzten Moment hielt sie Inne. Sie hatte sich nicht geirrt, die Schritte gehörten tatsächlich nicht zu ihrem wuschelköpfigen Freund. Die Freude in ihrem Gesicht wandelte sich in Überraschung und einen Hauch Schock um. Sie hatte keine Ahnung, wer der Typ war, doch er wirkte wichtig. "Ah, äh, Abend der Herr...!" Ihre Hände verharrten immer noch ausgestreckt und planlos in der Luft als der Riese sich an ihr vorbei schob und davon stapfte. Verwirrt blickte sie ihm hinterher. Was war das denn gewesen? Zu ihrer Erleichterung tauchte direkt danach auch schon die richtige Person auf. "Lian! Da bist du ja!" Erleichterung machte sich in ihr breit, als sie in die bekannten, grünen Seelenspiegel blickte. Noch so eine gruselige Begegnung hätte sie nicht ausgehalten! Bevor sie irgendwelche Fragen stellte, tat sie erst einmal das, was sie bereits bei Koren beinahe getan hätte: Die Arme herzhaft um den Braunhaarigen schlingen. Auf den Zehenspitzen stehend drückte sie den Braunhaarigen fest an sich. "Wie schön, dass du da bist!" Erst, als sie wieder zurücktrat und ihn genauer betrachtete, stellte sie fest, dass seine Gesichtszüge keinerlei Freude zeigten. Ganz im Gegenteil, er wirkte irgendwie ... schockiert? Oweh, lag es an dem komischen Mann, der eben gegangen war? Besorgt legte sie den Kopf schief. "Alles okay? War das dein Vater oder so? Hat er dir eine Standpauke gehalten? Wenn er gemein zu dir war, weise ich ihn gerne für dich in die Schranken!" Oder war sie selbst der Auslöser? War sie zu aufdringlich gewesen? Oder hatte sie mal wieder einen schlechten Zeitpunkt gewählt? Bevor sie diesem Problem jedoch weiter auf den Zahn fühlen konnte, meldete sich der Strubbelkopf zu Wort. Die Kinnlade der Hellhaarigen klappte nach unten und ihre Wangen nahmen beinahe den selben Rosaton an wie ihre Hose. "Mich? Was? Oh, äh, wenn es dich stört ziehe ich mich um... Ich, naja, bin nur spontan vorbei gekommen und äääh..." Versuchte sie gerade, sich für ihr lächerliches Outfit zu rechtfertigen? Gab es dafür überhaupt eine Rechtfertigung? Wieso musste er ausgerechnet hier und jetzt das erste Mal ihre Kleidung bemerken? Er hatte bereits mehrere Möglichkeiten gehabt und er wählte ausgerechnet heute! Beschämt zupfte Rin am Saum ihres Dinosaurierpullovers, der plötzlich gar nicht mehr so gemütlich und niedlich schien, wie zuvor. Ihre Rettung kam in der Form eines weiteren, bekannten Gesichtes. Als sie ihren Namen hörte, drehte sie sich automatisch in Richtung der Stimme. Vollbepackt mit Büchern schritt Charon auf sie zu. "Oh, hallo!" So schnell war die peinliche Situation von eben auch schon wieder vergessen. "Mir mitgebracht?" wiederholte sie überrascht und reckte den Hals um zu sehen, was der unerwartete Besuch für sie dabei hatte. "Oh!" Die blauen Äuglein begannen zu funkeln wie kleine Kristalle. "Ein Märchenbuch! Du hast dich daran erinnert! Das ist so süß von dir!" Wäre er nicht bis obenhin vollbepackt, hätte auch er nun eine dicke Umarmung bekommen. So musste er sich mit einem "Danke, danke, danke! Ich freu mich total!" zufrieden geben. Doch auch so ließ sie keine Zweifel daran, dass sie sich von ganzem Herzen über die Geste freute. "Komm, lass uns erst einmal rein gehen, ich habe auch ein paar Sachen dabei. Die Bücher sind doch bestimmt schwer." Dass sie gerade sich selbst und eine weitere Person in eine Wohnung einlud, die nicht ihre Eigene war, ließ sie vollkommen außer Betracht. Sie schob sich an dem noch immer sichtlich überraschten Falls vorbei und legte ihren Beutel auf seinem Bett ab. "Ach, das Blech! Das habe ich ganz vergessen!" erwiderte sie auf seine Frage. Sie hatte so viele verschiedene Backbleche, da fiel es nicht auf, wenn mal eins fehlte. "Deswegen bin ich natürlich nicht hier. Ich hab was mitgebracht, weil es hier doch so trostlos aussieht. So wie Charon auch!" verkündete sie mit wedelnder Rute und glücklichen Lächeln. "Hopp, kommt her! Wir zeigen uns gegenseitig, was wir mitgebracht haben!" Sie packte Lian am Handgelenk, um ihn zu sich zu ziehen und winkte natürlich auch den Finsternismagier herbei. Als sie jedoch die Hand ihres besten Freundes genauer betrachtete fiel ihr etwas auf. Schlagartig verschwand das breite Grinsen, die Ohren kippten zur Seite. "Oh ..." gab sie kaum hörbar von sich. Die Enttäuschung war ihr mitten in das runde Gesicht geschrieben. Ihr Blick wanderte ungewollt zu Charons Händen. Er trug den Ring. Die Erleichterung wurde jedoch deutlich überschattet. Wieso trug Lian seinen denn nicht?
„Mein Vater? Himmel, nein!“ Das hätte ihm ja gerade noch gefehlt. Lian wusste nicht, wer sein Vater war und hatte natürlich so manch einen Abend wachgelegen und über diese Frage nachgedacht. Aber er war sich absolut sicher, dass Koren Zur nicht zu den möglichen Kandidaten zählte. Das wollte er zumindest inständig hoffen, denn der Frostmagier war – passend zu seiner Magie – nicht gerade für seine Herzlichkeit und Nächstenliebe bekannt. Insbesondere gegenüber ihm nicht, es schien fast so, als hätte er gerade für den jungen Falls stets eine besonders große Portion Verachtung und Antipathie übrig. Der Braunhaarige schauderte. Das Angebot der Inuyama, dem Zur eine Standpauke zu halten, brachte dennoch ein sanftes Lächeln zurück auf die Lippen des Bogenschützen. Er bezweifelte, dass sich der dienstältere Magier von der wütenden Caninen einschüchtern lassen würde, aber allein das Angebot war irgendwie schon ziemlich… süß. „Du kannst es gerne versuchen, aber sag mir dann bitte Bescheid. Das möchte ich nicht verpassen“, äußerte amüsiert und blinzelte dann verwundert, als Rin plötzlich den Blick abwandte und verschämt an ihrem Oberteil zupfte. Ihre gestotterten Worte brachten ein wenig Klarheit und plötzlich wurde auch dem Falls bewusst, was er eigentlich zum Ausdruck gebracht hatte. Er hob beide Hände an und winkte rasch ab, wurde nun seinerseits ein bisschen roter um die Nase. Warum hatte Koren ihn eigentlich so aus dem Konzept gebracht, dass er so eine dämliche Wortwahl benutzt hatte?! Ob sie sich umziehen sollte? „Nein, das meinte ich doch gar nicht!“, wehrte er ab, doch ehe er weitersprechen konnte, gesellte sich noch eine Person zu ihnen.
Die hellgrünen Seelenspiegel lösten sich von Rin und sahen auf, direkt in ein dunkles Violett, das ihm nur allzu gut bekannt war. Charon? Aber… was machte der Dargin hier? Beide Magier hatten nach ihrer letzten Quest Zeit miteinander verbracht und hatten vielleicht nicht alle Meinungsverschiedenheiten klären, aber ihre Arbeitsbasis zumindest wieder herstellen können. Ähnlich wie der Finsternismagier präferierte auch Lian ab diesem Punkt das Totschweigen der weiteren Probleme, sodass es keine negativen Gefühle waren, die er beim Anblick von Charon hatte. Er war einfach nur verwundert, denn was für ein unglaublicher Zufall war es, dass Charon und Rin mal wieder zeitgleich vor seiner Wohnungstür aufgetaucht waren. Erst der Besuch von Koren, jetzt das hier. Lian beschlich das Gefühl, dass dieser Abend tatsächlich nicht so werden würde wie die anderen Abende. Und dass er noch die eine oder andere Überraschung bereithalten würde… nur fürs Protokoll: Der 19-Jährige war kein Fan von Überraschungen. „Bücher?“ Das Gesicht des Falls sprach sicherlich Bände, als Rin sich auch schon an ihm vorbeidrängte, um in die Wohnung zu gelangen. Moment! Er hatte sie nicht eingeladen! Aber natürlich kümmerten sich weder der Dargin noch die Inuyama darum, was Lian in dieser Situation beizutragen hatte. Als wäre es das Gewöhnlichste der Welt, spürte der Braunhaarige plötzlich den schweren Stapel Bücher, die ihm in die Hände gedrückt wurden und schon ging auch Charon, sein süffisantes Lächeln in Perfektion tragend, am verdutzten Illusionisten vorbei. Wieder einmal blieb der Falls ein, zwei Sekunden auf der Stelle stehen, bis er die Stimme von Rin aus der Wohnung hörte. Lian hätte kämpfen können. Aber auch er wusste: Dieser Kampf war vollkommen aussichtlos.
Nur mit einem Ohr hörte er den Worten der Hellhaarigen zu, während er die Tür mit dem Fuß schloss und den Bücherstapel durch die Wohnung balancierte. Erst als er am kleinen Holztisch angekommen war, legte er die Bücher darauf ab und atmete kurz tief durch – was waren das bitte für Wälzer? Und warum zum Henker sollten die Dinger in seiner Wohnung verbleiben?! Lian nahm zwei der Bücher in die Hand und las die Titel ‘Odyssee‘ und ‘Alkestis‘, konnte auf Anhieb aber weder mit dem einen, noch mit dem anderen Begriff etwas anfangen. Nach dem Gespräch, das er mit Charon vor einiger Zeit geführt hatte, war er allerdings sicher, dass es sich auch hierbei um irgendwelche Gottesschmöker handelte. Schmöker, für die der Dargin vermutlich einfach keinen Platz mehr gehabt hatte. Im letzten Moment ließ er die beiden Bücher zurück auf den Stapel fallen, als er den Griff von Rin um sein Handgelenk spürte und von ihr in die Mitte des Raumes gezogen wurde. Unkoordiniert stolperte der 19-Jährige der Bewegung hinterher, die schneller endete, als er erwartet hatte. Zuerst verstand der Falls nicht, was nun wieder geschehen war, warum Rin ihn plötzlich so enttäuscht ansah. Dann folgte er ihrem Blick, der zuerst auf seine Hand gerichtet gewesen war und dann umschwenkte zu Charon und ihr. Und da verstand er es: Es waren die Ringe. Lian schloss den Mund, das Gesicht wurde undurchsichtig und er entzog sein Handgelenk langsam dem Griff der Inuyama. Er wusste, worum es ihr ging. Und er spürte, dass es sie… verletzte. Und doch wollte der Falls das Thema nicht einfach so ansprechen, solange er nicht explizit darauf angesprochen wurde und er nicht drum herumkam. Er hatte darüber nachgedacht, seinen Ring aus dem Trio für alle Welt sichtbar zu tragen… und es dann doch nicht getan. Unmerklich strich er über sein Shirt, schwieg das Thema allerdings ansonsten tot. Wieder einmal totschweigen? Ja, offensichtlich war das eine Taktik, die Lian gerade gerne verfolgte. Zumindest für eine Sache war die Situation gut: Der Lockenkopf wollte das Thema wechseln und griff daher das Naheliegendste auf: „Was habt ihr mitgebracht?“, fragte er interessiert nach, anstatt sich – wie sonst – vehement zu wehren. Ob das reichen würde, um die angespannte Situation zu überwinden? Er sah herüber zu Charon und atmete hörbar aus, bevor sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen schlich. „Und wie ich sehe, geht’s dir wieder besser. Ich hätte ja nicht gedacht, dass es mich mal freuen würde, dass Charon Dargin mir mit seinem typisch unschuldigen Lächeln einen Stapel Bücher in die Hand drückt, als würde er mir und nicht sich selbst einen Gefallen tun.“ Die Worte hörten sich vielleicht sarkastisch an, beinhalteten allerdings einen sehr wahren Kern, wie – vielleicht – auch der Finsternismagier bemerken würde. Als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, war Charon nicht er selbst gewesen. Lian war froh, dass der Dargin seinen Zustand von damals überwunden hatte. Zumindest sah es danach aus.
Rin hatte schon etwas sehr Liebenswertes an sich. Man sah es deutlich, wenn sie sich wie jetzt über eine Kleinigkeit wie ein Märchenbuch freute. Auch wenn Lian es vermutlich nicht glauben würde, waren die positiven Gefühle, die sich in den Zügen des Dargin zeigte, gerade sehr real. „Zwei Märchenbücher, um genau zu sein“, korrigierte er das Mädchen, wenn auch mehr um ihr zu sagen, dass es mehr gab, worauf sie sich freuen konnte. Überschwänglich wie immer entschied sie auch gleich, dass sie, wie beim letzten Mal, herzlich willkommen waren im Zimmer des jungen Schützen, was Charon sehr amüsierte. Im Vorübergehen drückte er Lian die Bücher in die Hände, während er ihr durch die Tür ins Innere folgte. „Vielen Dank für die freundliche Einladung.“
Das Drama zwischen den beiden Anderen, als Rin Lians Finger inspizierte, bekam Charon nicht mit. Seine Aufmerksamkeit, nun, da er vom Gewicht der Bücher erlöst war, lag im Rest des Raumes. Ordentlicher war Lians Zimmer nicht geworden, das war schon einmal sicher. Irgendwie zweifelte das Weißhaar daran, dass sein guter Freund sich ordentlich um die Besitztümer Anderer kümmern konnte – das hatte er ja bereits bewiesen –, aber er hatte in weiser Voraussicht keine allzu seltenen Bände mitgebracht. Wenn der Brünette da etwas schmutzig machte, war es nicht ganz so schlimm... auch wenn er das hoffentlich sein ließ. Darum ging es ihm allerdings überhaupt nicht. Die düsteren Augen des Magiers durchsuchten die Wohnung nach einem Zeichen von Alkohol. Schnaps, Wein, Vodka... Was auch immer sich der Schütze leisten wollte. Er hatte beim letzten Mal ein gewisses Alkoholproblem impliziert, aber so, wie es aussah, hatte er sich inzwischen wieder im Griff. Entweder das, oder er räumte seine Getränke immer sorgsam weg... und der Gedanke wirkte nicht allzu glaubwürdig. „Hm?“ Durch die Aufforderung, in die Mitte des Raumes zu kommen, zog Rin den Blick des Dargin wieder zurück zur Gruppe. „Ihr habt doch schon gesehen, was ich mitgebracht habe? Oder wollt ihr die Bücher im Detail durchgehen?“ Wenn sich Lian mehr Geschenke erhoffte, dann war er ziemlich gierig – schon allein, weil die Schriftstücke Leihgaben waren, nicht geschenkt. Zugegeben, ein paar weitere Beiträge zum guten Aussehen seiner kleinen Bude würden nicht schaden, aber eines nach dem Anderen. Charon war schon jetzt ziemlich großzügig mit ihm. „Aber ich bin gespannt, was du dabei hast, Rin.“ Eigentlich hatte der Dargin nicht erwartet, dass Lian nach seinem Befinden fragen würde. Zugegeben, es war nicht unbedingt eine Frage, aber so, wie die wahren Gedanken des Dargin oft verborgen waren, neigte auch Lian dazu, nicht allzu direkt zu sein. Für seine Verhältnisse war er geradezu mitfühlend. Den gleichen Gefallen würde auch Charon ihm tun – auch wenn er nicht unbedingt wollte, dass Rin wusste, was genau mit ihm los gewesen war. Diese Art Durchhänger war mehr als ungewöhnlich für ihn, das ging nur Charon selbst etwas an... und Lian, anscheinend. „Ich glaube, du weißt meine Gefallen nicht zu schätzen“, lachte er, während er näher an den Schützen herantrat und ihm freundschaftlich auf den Rücken klopfte. „Aber ja, ich fühle mich deutlich besser. Kaum zu glauben, dass selbst ich mal krank werde...“ Er seufzte, schüttelte den Kopf. Ja, als eine Art Krankheit konnte man wohl beschreiben, was ihn überfallen hatte. Dennoch, seine Arbeit hatte Früchte getragen. Trotz aller negativen Seiten hatte sich der Einsatz gelohnt. „Oder dass du mein einziger Krankenbesuch warst. Man sollte meinen, mich vermissen ein paar Leute mehr... Aber gut. Ich bin froh genug, dass du gekommen bist, Lian.“ Erneut huschte der Blick des Dargin über die Oberflächen, auf denen Gläser hätten stehen können. Auch auf den zweiten Blick zeigte sich kein alkoholisches Getränk.
„Ich sehe gar nichts zu Trinken“, nickte der Finsternismagier also mit einem freundlichen Lächeln. In seinen Augen konnte man wohl lesen, dass er sich darüber zumindest ein wenig freute – auch wenn man genauso gut denken konnte, man hätte sich das eingebildet. „Dabei wäre ein frisches Glas Wasser gerade sehr angenehm. Vor Allem, wenn es hier so staubig ist. Lian, mein Freund, sei ein guter Gastgeber und bring uns etwas zu trinken, ja?“ Sein Lächeln wurde etwas breiter, während er in die Augen seines Gegenübers sah. Okay, er hatte wohl etwas zu viel Gefühl gezeigt, jetzt hatte er wieder den Punkt erreichen, an dem er den Illusionisten etwas auf die Schippe nahm. Sie wollten ja nicht allzu ernst werden – nicht, wenn sie zu zweit waren, und erst recht nicht, wenn eine dritte Person dabei war. Der Blick des Weißhaares glitt hinüber zu Rin. „Was meinst du, Rin? Du hast doch sicher auch Durst?“
Woah, sogar zwei Märchenbücher?! Die Äuglein der jungen Hundedame funkelten voller Vorfreude, sie konnte es kaum erwarten, sich in der Welt der fantasievollen Erzählungen zu verlieren. Hoffentlich störte es Lian nicht, wenn sie in nächster Zeit öfter hier war, um die dicken Wälzer zu lesen. Falls Charon nun öfter solche Bücher vorbei brachte, würde Rin einfach direkt bei dem Falls einziehen! Sie brauchte ja nicht viel Platz und konnte auch auf dem Boden schlafen, das hatte sie letztes Mal ja bereits bewiesen. Als sie jedoch gerade dabei war, es sich innerhalb der vier Wände gemütlich zu machen und die beiden jungen Männer bei sich zu versammeln, wurde der Inuyama ein ordentlicher Dämpfer versetzt. Sie war sich so sicher gewesen, dass der Ring ihm gefallen hatte. Hatte sie sich getäuscht? Oder hatte er vielleicht so dringend Geld benötigt, dass er gezwungen war, das Schmuckstück zu verkaufen? Ihr enttäuschter Blick wanderte zu seinem Gesicht, doch er ließ nichts erkennen. Auch eine Erklärung gab er nicht, dabei musste er doch wissen, worum es ihr ging, oder? Ihre Äuglein spiegelten doch so deutlich wieder, was sie dachte: 'Wieso trägst du ihn nicht?' Anstatt ehrlich zu sein brachte er Distanz zwischen sich und die Canine, wechselte einfach das Thema. Enttäuscht wendete sie sich ab. Es war immer wieder das Selbe. Doch was sollte sie schon dagegen machen? Sie konnte und wollte ihn nicht dazu zwingen, den Ring zu tragen. Das würde den Sinn und die Bedeutung vollkommen ruinieren. In einer einzigen, unauffälligen Bewegung zog sie ihren Eigenen vom Finger und ließ ihn in einer Hosentasche verschwinden. Eine merkwürdige Leere entstand um die Stelle, wo das Schmuckstück gerade noch gesessen hatte. Sie hatte die Situation und die Bindung, die die drei teilten, wohl falsch eingeschätzt. Leise seufzend hockte sie sich neben ihren Beutel und zog diesen auf ihren Schoß. Dabei quellte der Inhalt bereits beinahe heraus. "Naja, du hast uns noch nicht gesagt, was das alles für Bücher sind. Außer, dass zwei davon Märchenbücher sind." beantwortete sie Charons Frage "Um was geht es in den Anderen?" Waren es Geschichtsbücher? Oder Fantasygeschichten? Oder etwa Romanzen? Es gab sehr viele Möglichkeiten! "Du bist gespannt...? Naja..." Irgendwie kam sie sich nun blöd vor, bezweifelte, dass es eine gute Idee war, all die Sachen mitzubringen. Sie hatte gedacht, da sie ja gute Freunde waren, dass sie gemeinsam ein wenig in den nächsten Tag feiern konnten ... schließlich war morgen der letzte Tag des Oktobers. Es war ein Fest, welches der Hellhaarigen schon immer besonders gefallen hatte. Auch wenn sie inzwischen wohl ein wenig zu alt war, um von Tür zu Tür zu ziehen und nach Süßigkeiten zu fragen, sich zu verkleiden und Gruselgeschichten zu erzählen ging doch immer ... oder? Unsicher zwirbelte sie einen Henkel der Tasche zwischen ihren Fingern. "Oh, du warst krank, Charon? Hätte ich das gewusst, wäre ich auch mal vorbei gekommen ... auch wenn ich nicht einmal weiß, wo du wohnst..." Obwohl sie doch jetzt Freunde waren (oder nicht?) hatte sie noch nicht einmal Ahnung, ob der Dargin überhaupt hier im Gildenpalast wohnte! Es war naheliegend, doch er konnte genauso gut auch nur in der Nähe leben. "Wenn es dir mal wieder nicht gut geht, backe ich dir was Leckeres, versprochen!" Eigentlich kochte man Suppen für kranke Leute, doch die Inuyama war sich sicher, dass eine Suppe von ihr den Finsternismagier wohl eher vergiften würde. Ein paar Brezen oder etwas Zwieback würden doch bestimmt auch gut tun. "Stimmt, Charon! Hier steht gar nichts zu Trinken ..." Auch, wenn sie es bisher vermieden hatte, nun fiel ihr Blick doch wieder auf den Wuschelkopf. Die Brauen leicht zusammengezogen spiegelte sich Besorgnis in ihren Äuglein wieder. Er trank doch nicht etwa ausschließlich Leitungswasser oder? In ihrer eigenen Wohnung flogen ständig (halb)leere Limonaden- oder Saftflaschen herum. Dass der Dargin bei seiner Aussage gezielt auf alkoholische Getränke hinauswollte, konnte sie nicht wissen. Wenn der Falls Hilfe benötigte - auch wenn es um Finanzielles ging - konnte er stehts auf sie zukommen, das wusste er doch inzwischen, oder? Vielleicht sollte sie ihn noch einmal darauf hinweisen. Das musste jedoch warten, bis sie allein mit ihm war, schließlich wollte sie ihn nicht in Verlegenheit bringen. "Nein, nein. Ich brauche nichts. Schon gut." sachte schüttelte sie den Kopf auf die Frage, ob sie auch etwas wollte. Auf keinen Fall wollte sie dem Braunhaarigen noch weiter zur Last fallen, auch wenn es nur um ein Glas Wasser ging. Ihre Aufmerksamkeit wanderrte langsam zurück zu dem Beutel auf ihrem Schoß. Sie hatte bereits groß angekündigt, dass sie einige Sachen für den Falls dabei hatte, früher oder später musste sie also mit der Sprache rausrücken, auch wenn ihr Selbstbewusstsein über all die Sachen, die sie mitgebracht hatte, inzwischen deutlich geschrumpft war. "Also..." erhob sie die Stimme "Was ich mitgebracht habe, naja. Ich weiß nicht, ob ihr das überhaupt mögt.... vor allem du, Lian." Sie drehte die Tasche herum, packte sie an den Zipfeln und schüttelte, sodass sich der gesamte Inhalt vor ihr verteilte. "Es ist doch Halloween und bei dir ist doch so leer." Nicht alles, was sie mitgebracht hatte, passte zu diesem gruseligen Fest. Schließlich sollte er auch ein paar Sachen haben, die das ganze Jahr über passten. Ein paar Lichterketten, Kerzen und ein niedlicher, kleiner Plüschhusky zum Beispiel. Daneben kullerten aber auch einige Plastikspinnen, ein Fläschchen Fake-Blut, verschiedenste Dekoknochen (die wirklich zum darauf herumkauen einluden!), Pappgeister, Fledermäuse zum aufhängen und und und! Auf die geschnitzten Kürbisse hatte sie bewusst verzichtet, da sie nicht wusste, ob ihr Kollege rechtzeitig daran denken würde, diese wegzuschmeißen. Neben all den Dekorationen hatte sie sogar noch ein paar Verkleidungsstücke mitgebracht: einige gruselige (!) Kopfbedeckungen, düstere Umhänge und ein paar Schleifchen mit Kürbis- und Geisterverzierungen. Das Wichtigste waren aber natürlich die bunten Schminkstifte. Mit einem leichten, unsicheren Lächeln blickte sie auf all die Sachen herab, ihre Schwanzspitze wedelte leicht. "Vielleicht können wir ja dein Zimmer ein bisschen dekorieren und dann ... in Halloween hinein feiern?" Es waren bereits einige Jahre vergangen, seit sie das letzte Mal ein wirklich Fest gefeiert hatte, schließlich fehlte ihr die Familie dazu und alleine machte es einfach keinen Spaß. Die Frage war nur, ob ihre Freunde überhaupt mit von der Partie sein würden.
Okay, der Themenwechsel war ein bisschen zäher, als Lian es sich erhofft hatte. Er wich dem Blickkontakt mit der Inuyama aus, um die Enttäuschung in ihren hellblauen Augen nicht sehen zu müssen. Als sie sich leise seufzend auf den Boden setzte und ihren Beutel an sich zog, wog der Falls sich zumindest wieder ein klein wenig in Sicherheit. Als es dann um die Bücher ging, die Charon mitgebracht hatte, wurde es sogar noch ein gutes Stück besser. Ja, sie waren dabei, sich von der Thematik der Ringe zu entfernen. Das war gut. Das war es, was Lian hatte erreichen wollen. Was ihm in diesem Moment nicht bewusst war: Es würde nur noch wenige Minuten dauern, bis er sich die Thematik der Freundschaftsringe sehnlichst zurückwünschen würde. Aber das… würde sich noch ergeben. So huschten die grünen Augen hinüber zum Dargin und die rechte Augenbraue hob sich an. Rin wollte wissen, worum es in den anderen Büchern ging, die der Finsternismagier mitgebracht hatte. Lian hatte da so eine Vermutung, auch anhand der Titel, die er auf die Schnelle zu Gesicht bekommen hatte… aber die Antwort überließ er dann doch lieber seinem Freund. Außerdem interessierte es ihn, wie genau Charon auf die Frage antworten würde. Ob er sich in der Anwesenheit von Rin mehr unter Kontrolle hatte? Oder würde er sich wieder in die Erzählungen von Gottheiten und ihren Mächten hineinsteigern, gar davon erzählen, selbst ein Gott werden zu wollen? Ganz ausschließen konnte der Bogenschütze das nicht. Doch noch ehe der Dargin Gelegenheit hatte, auf die Frage der Caninen zu antworten, trat er näher an Lian heran und klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. Er war überrascht, dass ausgerechnet Lian Falls sein Krankenbesuch gewesen war? Der Lockenkopf konnte das schiefe Grinsen, das sich auf seine Lippen schlich, bei diesen Worten einfach nicht aufhalten. „Oh, glaub mir, mich hat es mindestens im gleichen Maße überrascht.“ Und tatsächlich stand der Illusionist zu sehr auf dem Schlauch, um die zweite Anspielung des Hellhaarigen richtig zu deuten. Er sah nichts zu trinken? Da schimpfte sich Lian eine aufmerksame Person, aber das ging tatsächlich voll an ihm vorbei. Naja, ihm war auch nicht bewusst, dass Charon ihm tatsächlich ein ernsthaftes Alkoholproblem zutraute. Das war doch das letzte Mal nur in einem Nebensatz, als kleiner Witz, von dem Älteren geäußert worden, oder? Ein Alkohlproblem! Lian! Also bitte!...
Und so blieb er genauso ahnungslos wie Rin, die ihn in diesem Augenblick endlich wieder ansah. Noch immer wirkte sie ziemlich unsicher… Er sah wieder zum übertrieben freundlich lächelnden Charon, aber stellte im selben Atemzug fest, dass das eine Aussicht war, die ihm auch nicht wirklich besser gefiel. „Hm. Na gut“, stimmte er zu, größtenteils aus dem Antrieb heraus, den Blicken der anderen beiden Magier dadurch für einen kleinen Augenblick entkommen zu können. Und damit sollte das ganze Unglück seinen Lauf nehmen: Lian trat hinter die Küchenzeile und griff, ohne größer darüber nachzudenken, nach einem der Schränke, in dem die Gläser aufbewahrt wurden, öffnete diesen und … stutzte. Natürlich… Erst jetzt, bei diesem Anblick, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Dem Braunhaarigen wurde schlagartig bewusst, worauf die Frage von Charon in Wirklichkeit abgezielt hatte und er hatte dem Finsternismagier auch noch voll in die Karten gespielt! Ja, in dem Schrank standen saubere Gläser, die auch für die Getränke von Gästen genutzt werden konnten. Aber in dem Schrank standen ebenso vier komplett geleerte Weinflaschen sowie ein leerer Brandy. Und in der Etage darüber warteten noch acht ungeöffnete Weinflaschen, Branntwein gleich daneben. Lian konnte nur ahnen, was für einen Eindruck das machte… wenn man nicht wusste, woher dieser ganze Alkohol stammte. Und ehrlich? Das wollte der Falls genauso wenig erzählen. Erst jetzt fielen ihm die tiefen Einkerbungen ein, die Rownan am Kopfende seines Bettes hinterlassen hatte und von denen er nur hoffen konnte, dass Charon und Rin sie übersahen. Oder zumindest keine Fragen stellen. Vielleicht war die Geschichte mit dem Alokoholproblem doch die bessere Variante… „Ihr wollt nicht zufälligerweise Wein oder Brandy?“, fragte der 19-Jährige und lachte leise, in dem Versuch, sich nichts von den unangenehmen Gedanken anmerken zu lassen. Noch jemand, der lachte? Nein? Verdammt. Anstatt weiter auf die Thematik einzugehen, fischte Lian nach drei Gläsern, schloss den Schrank schnell wieder und füllte eines nach dem anderen mit Leitungswasser, als wäre nichts gewesen. In der Eile hatte er ganz vergessen, dass Rin gar nichts hatte trinken wollen. Als er seinen Namen hörte, horchte er auf. Sie war sich nicht sicher, ob er mögen würde, was sie mitgebracht hatte? Hm. Um ehrlich zu sein: Der Falls war sich da auch absolut nicht sicher, aber nach dem holprigen Start, den dieses Zusammentreffen bereits gehabt hatte, hütete er sich, das offensiv zu äußern. Das, was die junge Frau dann allerdings auf dem Boden seiner Wohnung verteilte, überraschte ihn doch sichtlich. „Halloween?“, fragte er nach und musterte von seiner erhöhten Position hinter der Küchenzeile aus die Lichterketten, Kerzen und Kuscheltiere, die er nur bedingt mit dem gruseligen Fest in Verbindung bringen konnte. Anders verhielt es sich mit den künstlichen Spinnen, Knochen, Geistern und Fledermäuse, die ebenso den hölzernen Boden seiner kleinen Wohnung säumten. „In Halloween hineinfeiern…“, wiederholte er ziemlich gedankenverloren, anstatt direkt auf den Vorschlag der Caninen einzugehen. Wenn sie davon sprach, dass man in Halloween hineinfeiern konnte, dann hieß das… Moment. War dieses Datum wirklich so an ihm vorbeigegangen?! Es musste ein Wink des Schicksals sein, dass genau in diesem Moment die Briefklappe seiner Wohnungstür quietschte und eine einzelne Karte im Eingangsbereich zu Boden segelte. Lian konnte von seiner Position aus nicht sehen, was eingeworfen worden war, aber Charon oder Rin hätten vielleicht einen besseren Blick darauf. Quietschbunt sah die Seite der Karte aus, die gen Decke zeigte und man musste nicht sehr nahe herantreten, um die Worte ‘Happy Birthday‘ zu erkennen. Auf der Rückseite würde sich ein äußerst kurzer Text finden – ‘Alles Gute wünschen dir Awira, Sirvan und Naza‘, wobei zumindest hinter dem letzten Namen ein kleines Herzchen gezeichnet worden war. Aber das wäre ein Detail, das man nur zu Gesicht bekam, wenn man die Karte aufhob und die Rückseite durchlas. Und natürlich waren Rin und Charon beides Magier, die das Briefgeheimnis ehrten und niemals ohne Erlaubnis eine persönliche Grenze des Falls überschreiten würden… Ja, der Witz war gut.
Irgendwie sprach die Gruppe im Moment ganz schön aneinander vorbei. So synchron, wie sie es beim letzten Mal automatisch gewesen waren, liefen sie aktuell nicht – man konnte wohl spüren, dass es ein paar Themen gab, die jedem einzelnen Mitglied aufs Gemüt schlugen. Sie standen auch auf unterschiedlichen Ebenen – die emotionale Rin, Lian, der sich bewusst nichts anmerken ließ, und Charon, der bei dem emotionalen Konflikt ahnungslos außen vor stand. Er war sogar etwas überrascht, dass sie sich dafür interessierte, was genau er an Büchern mitgebracht hatte. „Nun... ein paar davon sind reine Faktensammlungen“, meinte der Dargin und zuckte mit den Schultern. „Im Spezifischen zu Religion, Geographie oder Kultur. Internationale Thematiken eben.“ Ob das das Hundemädchen wirklich so spannend finden würde? Er bezweifelte es. Glücklicherweise gab es da noch eine Alternative. „Der Rest ist Fiktion. Novellen, Romane. Allesamt interessante Geschichten, natürlich. Ich will ja nicht, dass Lians Gäste sich langweilen.“ Mit einem amüsierten Lächeln nickte der Magier dem Mädchen zu. Auf Anhieb konnte er nicht auswendig sagen, welche Werke genau er mitgebracht hatte, aber sie standen frei zugänglich da – ein Blick auf den Einband kostete nichts, und lesen konnte man sie auch. Seine Erklärungsschuld hatte er also vermutlich beglichen. Dafür fühlte sie sich jetzt wohl ein wenig schuldig dafür, nicht für ihn da gewesen zu sein, als es ihm schlecht ging. Nun, darüber war er eigentlich ganz glücklich. Es genügte, dass eine Person ihn so hatte erleben müssen. „Ich bezweifle, dass ich allzu schnell wieder krank werde. Ich neige nicht wirklich dazu“, meinte er mit einem leisen Lachen und schüttelte den Kopf. „Besuchen darfst du mich natürlich dennoch. Ich wohne ein Stockwerk weiter oben. Dritte Tür links von der Treppe aus. Apropos...“ Der Blick des Dargin fiel hinüber zu Lian. „Wer hat dir eigentlich verraten, welche Tür meine ist?“
Mit einem Seufzen schüttelte Charon den Kopf, als Lian Brandy und Wein anbot. Auch wenn er in den letzten höchstens beiläufig gefühlt hatte, dass sie nicht alle auf einer Wellenlänge waren, wurde es ihm in diesem Moment ziemlich klar. „Wasser genügt, danke“, meinte er also, während er selbst einen Schritt aus der Mitte des Raumes heraustrat, stand mit dem Rücken zur Tür gewandt unweit davor, um Rin ein wenig Platz zu machen. Sie wollte offenbar etwas auspacken... „Oh? Ist es wirklich schon Halloween?“, fragte Charon überrascht, während die Finger seiner linken Hand mit einer seiner langen, weißen Haarsträhnen spielten. Es kam ihm vor, als wäre kaum Zeit vergangen, seit Lian in seinem Zimmer erschienen war, um ihn an das Questbord zu erinnern. „Im Moment scheint die Zeit schockierend schnell zu vergehen... und so unbemerkt.“ Für einen Moment versank der Dargin in seinen Gedanken, ehe er wieder ein strahlendes Lächeln für die Inuyama aufsetzte. „Aber immerhin, ein Mitglied des Teams hat daran gedacht! Was für eine schöne Überraschung, Rin! Du hast ja wirklich alles Erdenkliche mitgebracht.“ Und nicht nur das, was man für Halloween erwarten würde. Gründlich war die Jüngere allemal, das konnte man nicht von der Hand weisen. Vielleicht etwas übereifrig, aber das war zu einem gewissen Grad charmant. Wieder einmal musste Charon feststellen, dass sie sein Lächeln... ehrlicher machte als die meisten Personen, mit denen er zu tun hatte. „Nanu?“ Noch in diesem Gedankengang gefangen hörte das Weißhaar, wie sich hinter ihm eine Klappe öffnete und etwas leichtes – Papier? – zu Boden fiel. Was war denn das nun? Verwundert drehte er sich herum und betrachtete das kleine Rechteck, das dort lag. War das etwa ein Postkarte? Nein, als er sich vor den Zettel hockte, ihn mit einer Hand aufhob und betrachtete realisierte Charon, dass es mehr war als das. „Lian... du hast eine Geburtstagskarte bekommen.“ Eine Augenbraue hebend wandte sich der Magier wieder um, sah seinen Gastgeber an. Was für eine interessante Erkenntnis das doch war. „Sehr frisch datiert. Kann nicht mehr als ein, zwei Tage her sein. Wenn wir mit zwei Tagen Postweg rechnen, würde ich fast annehmen, dass du heute Geburtstag haben müsstest.“ Über ein paar lange Momente hinweg blickte Charon den Schützen direkt an, ein kritischer, ernster Blick... ehe er diesen amüsiert gegen ein deutlich lockereres Lächeln austauschte. „Warum sagst du mir denn nichts! Wir sind doch Freunde“, lachte er und breitete die Arme wie zur Umarmung aus, während er auf den Brünetten zutrat. „Herzliche Glückwunsch, Lian! Umso mehr Grund zum Feiern, nicht wahr?“
Neugierig und mit aufmerksam aufgestellten Ohren lauschte die Hundedame den Worten ihres hellhaarigen Gegenübers. Die Spitzen der weichen Dreiecke sanken ein wenig zur Seite, als das Wort 'Faktensammlung viel', richteten sich jedoch wieder auf, als Charon erklärte, dass auch Fiktion unter den Büchern war. Das gefiel ihr deutlich besser! Auch wenn sie wärend ihrer Schulzeit ein Vorzeigeschüler gewesen war, Lernen hatte sie nie groß begeistert. Sich hinzusetzen und Dinge wieder und wieder zu lesen, bis man sie sich eingeprägt hatte war einfach langweilig. Zum Glück waren diese Zeiten nun vorbei und sie konnte Faktenbücher einfach links liegen lassen. "Oh, dann wohnst du ja gleich um die Ecke!" stellte sie schwanzwedelnd fest "Auch wenn du nicht krank bist komme ich dich mal besuchen!" Was sie jedoch nicht links liegen lassen konnte waren die Gefühle, die der Falls wie so oft in ihr auslöste. Auch, wenn Charons Worte sie zumindest kurz hatten ablenken können, letztendlich kehrte sie gedanklich doch wieder zu dem Wuschelkopf zurück. Sie war schließlich in seiner Wohnung! Sie mochte ihn, wirklich. Doch manchmal wünschte sie sich, er würde es ihr nicht so unendlich schwer machen. Er konnte offen und ehrlich mit seinen Gefühlen umgehen, das hatte er damals in Stillsnow deutlich gezeigt. Obwohl er im Alltags bereits weicher und nachsichtiger geworden war (wofür sie selbstverständlich sehr dankbar war!), manchmal wünschte sie sich diesen einen Tag in dem verschneiten Dorf hoch im Norden zurück, so gruselig er letztendlich auch gewesen sein mochte. Leise seufzte sie in sich hinein. Sie musste ihm einfach Zeit geben. Sie waren nunmal zwei verschiedene Welten, das war doch schließlich das, was sie so sehr an ihm mochte. Er gab sich so oft Mühe, ihre Gefühle zu verstehen und zu akzeptieren, vielleicht sollte sie endlich mal das Selbe tun? Schon beinahe automatisch wanderte ihre Hand zurück in ihre Hosentasche, drehte den Ring darin zwischen ihren Fingern hin und her. Er war anders. Vielleicht zeigte er auch seine Zuneigung anders? Sie blinzelte sich die Resignation aus den Äuglein, ehe sie den Kopf hob und ihm entgegen blickte. "Ich wusste gar nicht, dass du trinkst!" Zugegeben, umgekehrt war es genauso. Es war nie ein Thema gewesen, doch trotzdem. Die Reihen an vollen (und leeren) Schnapsflaschen überraschte sie. Ob es an der Menge lag? Bevor die Blutmagierin jedoch erneut darauf hinweisen konnte, dass sie nichts wollte, hatte er ihr auch schon ein Glas Wasser in die Hand gedrückt. Sie nahm einen kleinen Schluck, ehe sie es mit einem leisen "Danke." neben sich stellte. "Ja, morgen ist ganz sicher Halloween! Verrückt oder?" Der Dargin hatte wirklich recht. Die Zeit verging so schnell. Sie rannte regelrecht. Es waren so viele aufregende Dinge in den vergangenen Monaten geschehen. "Wie könnte ich den besten Feiertag im ganzen Jahr denn bitte vergessen?" Sie legte den Kopf schief und lächelte. Ihre Rute wackelte von Seite zu Seite, fegte dabei beinahe das Glas neben ihr um. "Also, ich hoffe das ist okay für dich, Lian?" bemühte sie sich, eine Bestätigung einzuholen, hatte sich aber dann doch bereits ohne eine Antwort auf die Beine geschwungen. In ihren Händen hielt sie einen schwarzen Haarreif, verziert mit zwei großen, auffällig roten Hörnern. Ein fieses, beinahe schon heimtückisches Grinsen huschte über ihre Lippen, als sie auf den Falls zuschritt und sich vor ihm auf die Zehenspitzen stellte. "Ich finde das hier passt am besten zu dir. Meinst du nicht auch, Charon?" Ob er sich wehrte oder nicht, es gab kein Entkommen. Die Inuyama setzte ihm den Reif auf und fuhr ihm daraufhin durch das flauschige Haar, sodass der schwarze Teil komplett zwischen seinen Locken verschwand und nur noch die Hörner zu sehen waren. Sie trat einige schritte zurück und betrachtete kurz zufrieden ihr Werk, ehe sie sich dem Dargin zuwendete. Auch er sollte natürlich nicht zu kurz kommen! Sie wählte einen simplen, pechschwarzen Hexenhut und im selben Atemzug hatte er diesen auch schon auf. "Weil du ja so ein super Finsternismagier bist. Finsternis und schwarz und Hexen sind ja eigentlich auch nur Zauberer, also du weißt schon." Kaum hatte sie ihre Worte ausgesprochen erklang das altbekannte Knarzen und Klappern eines Postschlitzes. Es war unverkennbar, schließlich besaß ihre Tür genau den Selben. "Oh, hast du etwa einen Liebesbrief bekommen?" neckte sie ihren Kollegen und lugte neugierig über Charons Schulter um zu sehen, um was es sich tatsächlich handelte. "Eine Geburtstagskarte! Wie süß!" Moooment. Es brauchte einen Moment, doch mit der Hilfe des Briefgeheimnis-Brechers konnte sie die losen Enden schnell verbinden. "Oh mein Gott. Du hast Geburtstag!!" rief sie laut genug, dass es selbst die Nachbarn noch hörten. "Los, los. Charon, lass uns ein Lied singen!" Sie packte den Hellhaarigen am Oberarm um ihn leicht zu schütteln, ehe sie anstimmte: "Heute kann es regnen, stürmen oder schnein'..." Es war wirklich unfassbar, dass der Lockenschopf versucht hatte, diesen äußerst wichtigen Tag vor ihnen zu verbergen, aber ehrlich gesagt war Rin wenig überrascht. Sie war eher überrascht, dass seine Geheimniskrämerei tatsächlich aufgeflogen war! Positiv überrascht natürlich. "Oooh, hätte ich das doch bloß eher gewusst... dann hätte ich dir den besten Geburtstagskuchen gebacken, den du je hattest! Mehrere Schichten, extraviel Frosting, Verzierungen aus Marzipan, einfach alles, was geht! Ah, aber ich kann es ja nachholen, also ist das kein Problem, aber du musst eben ein bisschen warten!" Aufgeregt quatschte sie vor sich hin während sie wartete, dass der Größte des Trios seine Glückwünsche beendete, sodass sie dem Falls eine extradicke Umarmung geben konnte. "Das ist sowas von ein Grund zum Feiern. Dann können wir ja gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen! Und eine extragroße Party schmeißen!" Ein paar Tröten, Luftballons und Konfetti wären jetzt perfekt gewesen. Vermutlich freute sich Rin deutlich mehr als das eigentliche Geburtstagskind. Als sie endlich an der Reihe war, streckte sie die Arme aus, um sie um die Seiten des Brünetten zu wickeln. Fest drückte sie ihr Gesicht gegen seine Brust, ihre Rute wedelte dabei unaufhörlich, beinahe schon wild genug, um als Propeller durchzugehen. "Alles, alles gute, Lian." murmelte sie durch den Stoff seines Shirts. "Ich bin so froh, dass du existierst. Auch wenn du manchmal ein bisschen fies bist. Du bist mir superduperwichtig und deswegen hoffe ich, dass dein neues Jahr echt toll für dich wird. Mit ganz vielen super Überraschungen undso." Ob der Dargin sie wohl verstand? Auch wenn ihre Worte schnulzig waren, sie waren doch die Wahrheit! Durch die Anwesenheit des etwas schrulligen Strubbelkopfes hatte sich viel in ihrem Leben geändert. Ob zum Positiven oder Negativen war auf längere Sicht noch unklar, doch was zählte war das hier und jetzt. Und im hier und jetzt war sie äußerst glücklich!
Wer ihm erzählt hatte, wo Charon wohnte? Oh, das konnte Lian seinem Freund gerne erklären: „Amy Crest wusste auffallend genau, welche Tür deine ist.“ Ein kleines, vielsagendes Grinsen zeigte sich auf den Lippen von Lian – wenngleich er den Dargin damit nur ein wenig aufzog. Bei ihrer letzten Begegnung hatte der Hellhaarige ziemlich deutlich gemacht, dass er Amy Crest nicht gerade zugetan war. Und auch die junge Frau hatte wenig warme Worte für den Finsternismagier übriggehabt. Nein, dass ausgerechnet diese beiden sich irgendwie näher kannten, war absolut ausgeschlossen. Gerade deshalb war es umso amüsanter, es indirekt anzuspielen? Er schüttelte den Kopf, begrub das Thema damit und kümmerte sich lieber um die Getränke. Leider… ging diese Aktion ordentlich nach hinten los. Charon seufzte resigniert, als er den vielen Alkohol im Schrank des Falls erkannte. Rin wiederum sprach ihn auf ihre ganz persönliche, Rin-charmante Art auf sein mögliches Trinkproblem an. Sie hatte nicht davon gewusst, dass er Alkohol konsumierte? „Naja, ist nicht so, dass sich das Thema in unseren bisherigen Gesprächen ergeben hätte“, kommentierte er und rieb sich unschlüssig über den Hinterkopf, nachdem er das Wasserglas bei Rin abgestellt hatte. Weder hatte das Thema gut reingepasst, als sie von der Ermordung ihrer Eltern gesprochen hatte, noch in dem Moment, als sie von einer verrückten Geisterfrau im Knochental attackiert wurden. Es war also nicht so, dass Lian hier irgendetwas hatte verheimlichen wollen, Rin und er waren einfach bisher in anderen Kontexten zusammengekommen. Und irgendwie konnte er sich auch nicht vorstellen, ausgerechnet mit der 19-Jährigen eine Kneipentour zu starten. Dafür war sie zu… süß. Und unschuldig, irgendwie.
Ein Glück, dass das Thema wieder wechselte und der nahende Feiertag in den Fokus geriet. Ja, das war Lian lieber, es brachte ihn weniger in den Mittelpunkt. Ob er… einverstanden war, dass sie hier eine Halloween-Party feierten? Wenn er ehrlich war: Nein, absolut nicht. Er wollte überhaupt keine Party feiern. Er hatte nicht vorgehabt, überhaupt irgendeinen Besuch heute Abend bei sich zu begrüßen. Und dann war Koren gekommen. Danach Rin. Und auch noch Charon. Dieser Abend hatte sich so ziemlich zum Gegenteil von dem entwickelt, was der eigenbrötlerische Lian eigentlich geplant hatte. So in Gedanken versunken bemerkte er erst zu spät, dass die Inuyama auf ihn zugetreten war und sich vor ihm auf die Zehenspitzen stellte. Was… was setzte sie ihm da auf?! Nur auf die Schnelle konnte er noch den schwarzen Reif und die roten Hörner erkennen, als diese auch schon aus seinem Sichtfeld verschwanden und er spürte, wie ihm das Accessoire aufgesetzt wurde. Die zierlichen Hände der Caninen wuschelten mehrfach durch sein lockiges Haar, bis sie einen Schritt zurücktrat und ihn zufrieden anblickte. Der Falls blinzelte und seine Rechte fuhr perplex an seinen Kopf, befühlte die Hörner, die sie ihm aufgesetzt hatte. Waren das… Teufelshörner? Hatte sie ihm gerade wirklich einen Haarreif mit Teufelshörnern aufgesetzt? „Das passt am besten zu mir?“, wiederholte er die Worte, die Rin gesprochen hatte, wenngleich diese sich bereits dem Dargin zugewandt hatte. Was meinte sie damit? Hatte das eine tiefere Bedeutung? Auf der einen Seite wollte er es wissen… auf der anderen Seite auch wieder nicht. Dann fiel ihm ein, dass er noch gar nicht auf die Frage, ob es in Ordnung sei, hier eine Party zu feiern, geantwortet hatte. Lian schloss die Augen, atmete tief aus und öffnete den Mund: „Ich denke…“
Aber weiter kam er nicht.
Das quietschende Geräusch des Türschlitzes besiegelte seinen Untergang. Sozusagen. Seine beiden Kollegen waren deutlich schneller an der Tür, hoben die Karte auf und das einzige, was Lian hörte, war Charons entschiedene Stimme: „Lian... du hast eine Geburtstagskarte bekommen.“ Das konnte ja wohl nur ein Scherz sein! Plötzlich waren alle Augen auf ihn gerichtet, der Dargin und die Inuyama sahen ihn erwartungsvoll an, als sie zu dem Schluss kamen, dass Lian heute Geburtstag hatte. Sollte er es abstreiten? „Ich…“ Es war der euphorische Schrei von Rin, der den Bogenschützen nicht nur sichtlich zusammenzucken ließ, sondern ihm auch dazwischen grätschte, bevor er sich irgendeine solide Ausrede hatte einfallen lassen können. Na wundervoll, jetzt wussten auch noch die Nachbarn Bescheid. Sollte der ganze Gildenpalast informiert werden? Ach was, sie konnten auch gleich Flyer in der Stadt verteilen! Lian war niemand, der Aufmerksamkeit mochte. Er flog lieber unter dem Radar, weshalb er nie auf die Idee gekommen war, seinen Geburtstag mit vielen Menschen zu teilen. Es gab nur eine Handvoll Personen, die wussten, wann Lian Geburtstag hatte… Rin und Charon schienen neuerdings dazuzugehören. Der 19… pardon, der 20-Jährige hob abwehrend die Hände an, als die Inuyama zu einem Liedchen anstimmte. „Ihr müsst nicht…“ Aber auch hier: Was auch immer der Falls sagen wollte, es war vollkommen irrelevant. Die Canine sang los (Charon würde doch nicht ernsthaft mitsingen, oder?) und für die Dauer des Liedes stand der Bogenschütze inmitten seiner Wohnung wie bestellt und nicht abgeholt, unschlüssig, wohin er gucken sollte oder wohin mit seinen Händen. Nur kurzzeitig wurde sein unangenehmes Gefühl unterbrochen, als ihm klarwurde: Wann hat mir das letzte Mal jemand ein Geburtstagslied gesungen? Ja, es musste Ewigkeiten her sein. Eine Erkenntnis, die gemischte Gefühle in ihm auslöste. Natürlich ließen Rin und Charon dem Braunhaarigen keine Zeit, um es zu verarbeiten, vor allem die Inuyama plapperte sofort ohne Punkt und Komma weiter. Sie hätte ihm den besten Geburtstagskuchen gebacken, den er je gesehen hätte. Und sie würde es nachholen, er müsste sich nur noch ein wenig gedulden? Die hellgrünen Augen musterten die junge Frau, die aufgeregt durch seine Wohnung hüpfte. Aber sie musste doch nicht… sie musste ihm doch keinen Geburtstagskuchen backen. So wichtig war dieser Tag nun wirklich nicht. Oder? Lian wandte sich um, denn auch Charon hatte seinen Teil zu der freudigen Stimmung beizutragen: Er breitete die Arme aus und wenngleich er weniger hibbelig als Rin war, so schenkte sogar der Finsternismagier Lian ein paar warme Worte. Sie wären doch Freunde? Der junge Mann wehrte sich tatsächlich nicht, als er von Charon umarmt und beglückwünscht wurde, er hob sogar die Arme an, um die Umarmung zaghaft zu erwidern. „Danke…“, antwortete der 20-Jährige verblüfft und löste sich dann wieder vom Gildenkollegen, sah ihm noch einen Moment in die violetten Augen. Trotz aller Meinungsverschiedenheiten, die sie hatten, sie waren auf eine verquerte Art und Weise wirklich Freunde geworden, oder? Dennoch blieb der Illusionist überzeugt, dass sein Geburtstag kein Grund zum Feiern war, denn das war er nie gewesen. Sofort stürmte Rin heran und riss Lian in eine dicke Umarmung, die dieser so nicht hatte kommen sehen. Der Braunhaarige schnappte überrascht nach Luft und sah hinab auf den hellen Haarschopf, der sich an seine Brust drückte, dazu die Rute, die aufgeregt von rechts nach links und wieder zurück wedelte. Ihre in sein Shirt gemurmelten Glückwünsche gingen fast schon unter, aber mehr als das überraschte sie ihn mit dem zweiten Teil ihrer Aussage. Sie war froh, dass er existierte. Erst dadurch, dass die Canine es so offensiv ansprach, bemerkte Lian, dass es Worte waren, die er selbst als Kind von seiner eigenen Familie so nie zu hören bekommen hatte. Dass es niemanden gegeben hatte, der ihm ernsthaft gesagt hätte, dass seine Existenz für ihn wichtig war. Warum freuten sich Rin und Charon so sehr über seinen Geburtstag? Warum wollten sie ihn feiern? Warum umarmten sie ihn und sagten ihm so freundliche Sachen? Auch die Umarmung von Rin wurde erwidert, doch plötzlich spürte er einen Kloß in seinem Hals. Nein, nicht hier. Nicht jetzt! „J-ja. Feiern klingt gut!“, platzte es aus ihm heraus, als er sich wieder von Rin löste und grinste, um jede andere Emotion, die sich vielleicht in ihm breitgemacht hatte, schnell zu überspielen. Lian Falls stimmte zu, feiern zu wollen? Einfach so? Und das sogar in einem aufgeregten Tonfall? Okay, vielleicht war es ein bisschen auffällig gewesen, aber egal. Um irgendetwas zu haben, worauf er sich konzentrieren konnte, schnappte er die Geburtstagskarte, die Charon zwischendurch auf der Theke abgelegt hatte und sah sich Vorder- und Rückseite genauer an. Allein die Tatsache, dass seine eigene Mutter ihren Vornamen aufschrieb wie eine normale Bekannte, sagte schon so viel über ihr Verhältnis zueinander aus. Und dann sah der Falls wieder zu Charon und Rin, die bereits für Halloween verkleidet waren und ihn erwartungsvoll anblickten. Lian lächelte, als er die Karte wieder auf die Theke fallenließ und stattdessen entschlossen zu den Utensilien ging, die Rin auf dem Boden seiner Wohnung verteilt hatte. „Dann sollten wir wohl mit dem Schmücken anfangen, oder?“, äußerte er und schnappte sich eine Lichterkette, die allerdings total ineinander verworren war und erstmal entknotet werden musste. Natürlich, die kam von Rin, die mehr für Chaos als für Ordnung bekannt war. Es verhagelte allerdings nicht die Laune des Falls, der sich eifrig daran machte, die Knoten zu lösen. „Vielleicht wollt ihr schon einmal mit dem Rest anfangen?“ Dann würde es nicht lange dauern, bis sie die Wohnung hergerichtet hatten. Und irgendwie… freute sich Lian sogar darauf.
„Oh ja, die Hörner passen zu unserem kleinen Teufelchen“, kicherte Charon amüsiert, während Rin Lian mit seinem 'Kostüm' ausstattete. Sie ahnte ja gar nicht, wie richtig sie damit lag. Er selbst war wohl eine Hexe... oder naja, ein Hexer, das traf es wohl eher. Auch wenn Rin sich gerade mit ihren Erklärungen ein wenig um Kopf und Kragen redete. „Eine gute Wahl“, nickte der Dargin beschwichtigend, während er mit zwei Fingern die Krempe des Hutes nahm, um ihn ein wenig zurecht zu rücken. Selbst kostümiert war es ihm wichtig, dass Alles an ihm ordentlich aussah.
Eigentlich war es ja Charons Aufgabe, Lian in Bedrängnis zu bringen wegen seines Geburtstags, und doch war er es, der plötzlich und unerwartet von Rin mit in ein Lied gezogen wurde. Es war selten, dass man einen perplexen Ausdruck auf dem Gesicht des Weißhaares sah, aber das Hundemädchen schaffte es mit ihrer hastigen Energie, ihn kalt zu erwischen. „Ah... Du strahlst ja selber wie der Sonnenschein“, stimmte er leicht verspätet mit seiner tiefen Stimme in ihr Liedchen mit ein und zog es tatsächlich durch. Dieses Lied hatte er seit seiner frühen Kindheit nicht mehr gehört... Es war aber wohl noch ganz gut in seinem Gedächtnis verankert. Auch wenn es nicht so ganz richtig war, dass sie wegen seinem Geburtstag feierten. Charon war eher zufällig hier, wie üblich mit anderen Hintergedanken, und Rin hatte die Party wegen Halloween organisiert. Am Ende stimmten die Worte des Liedes aber wohl doch: „Alle deine Freunde freuen sich mit dir, alle deine Freunde freuen sich mit dir.“ Erleichtert atmete der Dargin durch, als die Inuyama von ihm abließ und über Kuchen zu reden begann. Beeindruckend, wie wenig Scham sie zu empfinden schien. Charon für seinen Teil, so gefasst er auch wirken mochte, könnte nicht so sprechen, ohne im Boden versinken zu wollen. Seine eigenen Glückwünsche untermauerte der Dargin, wie so oft in keinster Weise kontaktscheu, mit einer sanften, warmen Umarmung für Lian, wenn auch ohne allzu tiefe Gefühlsduseleien. Das war einfach nicht der Stil der beiden jungen Herren, sondern eher die Aufgabe des Hundemädchens, der sie auch ungehemmt nachkam. Was sie in das Hemd des Geburtstagskindes murmelte konnte Charon nicht verstehen, was schon in Ordnung war, schließlich war Lauschen ohnehin nicht seine Art - obwohl es natürlich nicht seine Schuld gewesen wäre, wenn ihre Worte laut genug gewesen wären, um sie zu verstehen. Was auch immer sie da sagte, es schien dabei zu helfen, die letzten Hemmungen aus dem Herzen des Schützen zu entfernen. „Da ist ja jemand aufgeregt“, grinste der Dargin, nickte aber, als es darum ging, die Wohnung zu schmücken. Normalerweise räumte er ja außerhalb seiner eigenen vier Wände nicht auf, aber hier konnte er ruhig mal dabei helfen, alles etwas aufzuhübschen. Ein paar der etwas gruseliger gestalteten Verzierungen – Fledermäuse, Kürbisse, ein scheinbar vor längerer Zeit aus Taschentüchern gebastelter Geist –, um diese aufzustellen oder aufzuhängen. „Kerzen hast du nicht zufällig?“, fragte er Lian, während er sich ein wenig reckte, um eine leere Kürbislaterne auf einen höheren Schrank zu stellen. „Die würden der Atmosphäre sicherlich guttun...“
Nach getaner Arbeit hockte Charon wie beim letzten Besuch auf Lians Bett, der Rücken an die Kopflehne gestützt und so im Schneidersitz gefaltet, dass für die beiden anderen genügend Platz war, sich ebenfalls niederzulassen. Eine der Lichterketten, die noch übrig waren, hatte er als schaurige Beleuchtung in die Mitte des Bettes gelegt, sodass es war, als säßen sie um ein kleines Lagerfeuer herum. „Wer hätte gedacht, dass dieses Zimmer so schön werden kann?“ Mit einem Lächeln blickte sich der Dargin um. Sie hatten gut dekoriert, und auch, wenn er es nicht erwartet hatte, lag ein seltsam kindlicher Spaß darin, gemeinsam ein doch eher albernes Fest vorzubereiten. Zugegeben, Charon genoss die Zeit, die er mit Lian und Rin verbrachte. „Was für eine glückliche Fügung. Ich bin froh, dass wir deinen Geburtstag erwischt haben, Lian.“ Sein Tonfall war ruhig und entspannt wie immer, aber er meinte, was er sagte. Dennoch waren ein paar Dekorationen wohl nicht genug, um wirklich in die Stimmung von Halloween zu kommen. Allzu lange würde es nicht mehr dauern, bis die Uhr umschlug und der Tag des Gruselns und Grauens begann. Sie sollten sich darauf vorbereiten. „Nun denn... Hat einer von euch eine schaurige Geschichte anzubieten?“, fragte er mit einem verschmitzten Grinsen, lehnte sich leicht vor, sodass das Licht der Kette sein Gesicht von unten beleuchtete. Gruselig. „Ich muss ja sagen, auf meinen Reisen habe ich so einige Gerüchte gehört... aber ein paar davon wären vermutlich zu viel für euch zwei, hehe.“
Fröhlich trällerte die Inuyama gemeinsam mit Charon ein schönes Geburtstagslied, plante bereits gedanklich Lians legendäre Geburtstagstorte und zog das Geburtstagskind schließlich in eine enge Umarmung. Fest klammerte sie sich an ihren besten Freund, ehe sie merkte, dass sich irgendetwas in seiner Körperhaltung geändert hatte. Es war minimal, kaum bemerkbar, doch ehe sie sich weiter Gedanken darüber machen konnte, löste er sich auch schon von ihr. Seine Worte trafen sie hart, sie waren so unerwartet und überrascht, dass sie tatsächlich einen Moment lang überlegen musste, ob er wirklich mit einer Party einverstanden war, oder ob sie es sich nur eingebildet hatte. Doch es war wahr, denn der Dargin hatte es auch gehört. Nichtsdestotrotz blinzelte sie den Braunhaarigen vollkommen entgeistert an. Sie brauchte noch einen Moment, um das zu verarbeiten. Lian stimmte etwas Spaßigem zu ... ganz ohne Wiederworte und Gemecker. War heute etwa Rins Glückstag? Mit zunehmend sich setzender Realität begann die Rute der Hundedame zunehmend an Schwung zu beginnen. "Ja! Dekorieren!" quietschte sie freudig, die Hände zu entschlossenen Fäusten geballt. "Machen wir Lians Wohnung zur Schaurig-Schönsten im gaaanzen Ostturm!" Während Charon sich mit Deko-Monstern und -gemüse rumschlug und der Falls mit einer Lichterkette kämpfte, hatte sie sich eine Dose Sprüh-Spinnweben geschnappt und begann, sämtliche Zimmerecken damit zu dekorieren. Großzügig sprühte sie das klebrige, weiße Zeug überall hin, wo es passte. Sie musste es ja schließlich nicht wieder wegmachen. Zugegeben, vielleicht übertrieb sie es ein wenig. Aber was sonst erhöhte den Gruselfaktor so extrem? Letztendlich warf sie noch ein paar der Plastikspinnen in die Fake-Netze und dann war es auch schon geschafft. Ihre Arbeit war getan! Der Hellhaarige kümmerte sich noch darum, all die Bereiche zu schmücken, die die kleine Canine sowieso nicht erreichen würde und so wendete sie sich dem Illusionsmagier zu, der eben den letzten Knoten aus seiner Lichterkette gelöst hatte. "Wollen wir die in dein Fenster hängen? Das sieht bestimmt auch von draußen schön aus!" Freudestrahlend zeichnete sie mit dem Zeigefinger ein kleines Muster auf die Fensterscheibe. "So vielleicht?" Um die Vielzahl an kleinen Lichtern aufzuhängen hatte sie doch extra irgendwas mitgebracht, oder? Wo war es denn? ...Ah! Die kleine Tüte war wohl unter das Bett gerutscht. Während sie sich herabbeugte und mit den Händen herumfischte fielen ihr ein paar merkwürdige Einkerbungen im Holz des Gestells auf. Die sahen fast aus wie Kampfspuren! Wie die wohl hierher gekommen waren? Hmm... Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als ihre Fingerspitzen endlich erfühlten, was sie gesucht hatten. "Habs!" Stolz marschierte sie mit ihrer Beute zurück zum Fenster. "Ich mache die Dinger ans Fenster und du befestigst dann die Kette, okay?" Ohne auf eine Antwort zu warten machte sie sich ans Werk. Nebenbei warf sie auch immer wieder einen Blick auf den Finsternismagier, der sich ebenfalls größte Mühe gab. "Ich habe bei mir bestimmt noch welche, falls Lian keine hat. Ich kann sie holen, aber ich weiß nicht ... Wie hoch ist das Risiko, dass Lian damit den ganzen Turm abfackelt?" Er wirkte wie die Sorte von Mensch, die vergaß, die Flammen auch wieder zu löschen. Genau genommen war sie auch einer dieser Leute, aber das musste ja keiner wissen. Zufrieden seufzend ließ sich die Inuyama auf das Bett fallen. Ihre Rute hatte in all der Zeit nicht einmal Ruhe gefunden und auch jetzt klopfte sie in regelmäßigen Abständen auf die Matratze. Auf ihrem Schoß hatte sie den kleinen Plüschhusky platziert, den sie mitgebracht hatte. Gerade war einfach kein Platz für diesen auf dem Bett! Das lag nicht daran, dass sie sich bereits jetzt ein wenig vor den Schauergeschichten gruselte, die sie heute erzählen würden. "Das haben wir echt toll hingekriegt. Wir sind eben ein super Team!" stimmte sie dem Dargin zu. "Da will man dich gleich noch öfter besuchen, Lian." Ihre im Lichterketten-Licht funkelnden Äuglein wanderten noch einmal durch das liebevoll gestaltete Zimmer. Wenn es jetzt nicht wirkte wie ein richtiges Zuhause, wann dann? Eigentlich fehlte jetzt nur noch der Duft von frisch gebackenen Keksen, auch wenn diese nicht besonders Halloween-mäßig waren. Doch auch ohne fühlte sie sich pudelwohl. Sie war umgeben von ihren liebsten Menschen, feierten gleich zwei der besten Tage im Jahr und alles fühlte sich einfach irgendwie richtig an. "Oooh, hmm...! Gute Frage..." Nachdenklich legte sie den Kopf schief und kratzte sich hinter den Ohren. Sie war sich nicht sicher, ob in ihrem Leben jemals etwas richtig Gruseliges passiert war, neben der Sache im Knochental. Aber da waren sie ja alle gemeinsam gewesen. "Ich glaube ich lasse erst einmal euch den Vortritt!" entschloss sie schließlich. Wenn ihr noch etwas einfiel, konnte sie sich immer noch einklinken. Sie hatten schließlich alle Zeit der Welt! "Aber unterschätz mich nicht! Ich bin total mutig!" Mit aufgeblasenen Backen boxte sie Charon sanft gegen den Oberarm. "Stimmt's Lian?" Erwartungsvoll blickte sie den Brünetten an, erhoffte sich Zustimmung. Eigentlich hatte sie inzwischen schon mehrfach bewiesen, dass sie ein großer Angsthase war, wenn es um das Übernatürliche ging, aber würde sie sich das eingestehen? Natürlich nicht. Sie war eine äußerst furchtlose Canine die vor keinem Gespenst oder Kryptid zurückschrecken würde. Dem Mottenmann würde sie ins Gesicht lachen und Big Foot würde sie wie Beute durch die Wälder jagen. Ganz, ganz sicher. Ein paar harmlose Gerüchte würden ihr niemals Angst einjagen! Oder?
Lian konnte kaum glauben, was sie aus seiner kleinen Wohnung gemacht hatten. Erst jetzt, wo er sich die Zeit nahm, das Ergebnis zu bestaunen, wurde ihm bewusst, wie sehr Charon, Rin… und er selbst sich ausgetobt hatten. Seine vier Wände waren kaum wiederzuerkennen! Lichterketten am Fenster und über der Decke tauchten den Raum in ein sanftes, irgendwie malerisches Licht, was mehr an Weihnachten als an Halloween erinnerte. Dazu hatte die Inuyama sämtliche Ecken und auch einige Möbelstücke des Zimmers mit Sprüh-Spinnenweben behandelt und Plastiktierchen hineingeworfen, die Lian vermutlich noch im Verlauf seines gesamten, kommenden Lebensjahres aus den Ecken und Ritzen der Wohnung fischen würde… Auf den (bisher leeren) Wandregalen, auf der Küchentheke und auf dem leergeräumten Schreibtisch hatten die Inuyama und der Dargin verschiedene Kerzen aufgestellt und angezündet, die Rin tatsächlich voller Euphorie noch aus ihrer Wohnung geholt hatte und jetzt saßen sie zu dritt auf seinem Bett, in der Mitte eine letzte Lichterkette, die ihnen ein wenig Licht spendete. Der Falls musterte die Kette und sah dann zu den beiden Hellhaarigen, die sich ebenso das Ergebnis ihrer Arbeit ansahen und zu dem Schluss kamen, dass sie ein tolles Team waren.
Ja, das waren sie wohl, oder?
Lian schmunzelte und erwiderte den Blick von Charon, als dieser äußerte, froh darüber zu sein, dass sie seinen Geburtstag erwischt hätten. Ja, irgendwie war der Falls das auch, denn das hier war ein Geburtstag, wie er ihn noch nie zuvor gehabt hatte. Als Rin allerdings ankündigte, dass sie Lust bekäme, ihn öfter zu besuchen, hob der 20-Jährige grinsend die Hände. „Oh, aber nur, wenn ihr nicht gleich Dekoration für den nächsten Feiertag mitbringt. Bis ich die Kontrolle über diese Spinnenweben zurückerlangt habe, wird es Monate dauern.“ Nein, Lian sagte nicht, dass er keinen Besuch haben wollte und er klang auch keinesfalls vorwurfsvoll, sondern einfach nur belustigt. Irgendwie gelöst und zufrieden. Der Widerstand würde zurückkommen, mit Sicherheit, aber... nicht für den heutigen Abend. Gemächlich neigte Charon sich nach vorne und kam schließlich auf das zu sprechen, was zu so ziemlich jeder guten Halloween-Party gehörte: Gruselgeschichten. Natürlich, da konnte man kaum drum herumkommen. Zuerst huschten die hellgrünen Augen zu Rin, die den Kopf zur Seite legte und sichtlich angestrengt nachdachte, dann allerdings zu dem Schluss kam, dass sie keine Geschichte hatte, die sie präsentieren konnte. Warum verwunderte Lian das nicht? Er hätte sich auch nicht vorstellen können, dass ausgerechnet die süße Inuyama eine wirklich schaurige Geschichte erzählte. Umso mehr musste der Braunhaarige lachen, als sie mit aufgeblasenen Wangen verkündete, total mutig zu sein. „Ich habe noch nie mit einer so mutigen Caninen wie Rin zu tun gehabt.“ Keine Lüge. „Es war beeindruckend, mit welch lautem Schrei du den Geist in Stillsnow damals versucht hast, in die Flucht zu schlagen.“ Er zwinkerte der Hellhaarigen zu und grinste amüsiert, setzte sich dann in den Schneidersitz und stützte die Ellbogen auf den Knien ab. Zuerst sah er aus leicht gesenkten Lidern zu Charon, dann zu Rin und zuckte am Ende gelassen mit den Schultern. „Also wenn ihr nicht möchtet, dann kann ich euch gerne eine kleine Geschichte erzählten.“
Dazu sei gesagt: Die Auswahl an Geschichten war gar nicht so einfach. Normalerweise wären dem Falls einige Dinge eingefallen, aber wie er beim Sortieren seiner Gedanken feststellte, hatten fast alle damit zu tun, dass Familienangehörige auf grausamste Art und Weise verstarben. Man konnte sich jetzt fragen: Was sagte es über Lian aus, dass ihm ausgerechnet diese Geschichten in den Sinn kamen? Unabhängig davon wollte er es aber vermeiden, dieses Thema anzuschneiden, denn er wusste ja von der Vergangenheit der Inuyama. Halloween hin oder her, ihm war es zu schwer einschätzbar, was er mit solchen Geschichten auslöste, weshalb er sich für eine andere Geschichte entschied. Und dazu… sie ein wenig aufzupimpen.
„Es war einmal eine Frau, die einen treuen Hund hatte. Diesen Hund liebte sie sehr. Jeden Abend lag sie in ihrem Bett und streckte ihre Hand unter das Bett, wo ihr Hund lag. Damit wusste sie, wenn der Hund ihre Hand abschleckte, dass er noch da war und konnte beruhigt einschlafen“, begann der 20-Jährige die Geschichte in ruhigem, leisem Ton und nahm sich Zeit, ausreichend Pausen einzubauen. Man wollte ja die Spannung erhalten, nicht? „Genau so war es auch am Abend zu Halloween. Sie streckte wie jeden Tag ihre Hand unter ihr Bett und ihr Hund schleckte ihr die Hand ab. Doch irgendetwas war anders und sie konnte einfach nicht einschlafen.“ Er legte eine Hand ans Kinn, als würde er selbst nachdenken und ergänzte dann: „Sie hörte so ein Geräusch: Tropf, tropf und immer wieder: Tropf, tropf“ Lian zuckte mit den Schultern. „Mit der Zeit begann sie sich zu wundern und sie fragte sich, was das wohl sei. Sie stieg aus ihrem Bett und ging in ihr Badezimmer, denn von dort kam das Geräusch. Sie öffnete die Tür und sah etwas Schreckliches: Ihr Hund wurde kopfüber aufgehängt, mit einer riesengroßen Narbe am Bauch, aus welcher Blut tropfte. Die Frau schrie laut auf und wollte loslaufen, um Hilfe zu holen, doch da legte sich eine Hand von hinten auf ihre Schulter und…“ Unerwartet unterbrach der Magier sich in seiner Erzählung und stutzte, als irgendetwas auf die Lichterkette in der Mitte der Gruppe tropfte. Etwas… rotes? Dazu das Geräusch: Tropf, tropf. Lian öffnete den Mund, sah zu Rin und seine Augen weiteten sich sichtlich. „R-Rin!“ Mit dem Zeigefinger deutete er auf ihre linke Schulter, um die Aufmerksamkeit in besagte Richtung zu lenken. Von unten erschien plötzlich eine eine knochige, blasse Hand, die sich auf die Schulter der jungen Frau ablegte und zupackte. Und in dem Moment, in dem die Blicke zu ihrer Schulter wanderten, ertönte eine dunkle, fremde und verzerrte Stimme: „AuCh MöRdEr KÖnNeN HänDe LeCkEN!“
War es nicht wunderbar, ein Illusionsmagier zu sein? Dinge, die durch Phantom Mirage aus dem Nichts erschienen. Fremde Stimmen, die man mittels Voiceactor gestalten konnte. Rin würde ihn nach dieser Aktion hasse, das wusste er. Aber es war einfach viel zu verlockend, um es nicht durchzuziehen!
„Haha... Ich kann es kaum erwarten, deinen Mut zu bestaunen.“ Amüsiert grinste Charon Rin an, als diese ihn in den Arm boxte. Das war irgendwie sehr niedlich, vor Allem bei ihrem Größenunterschied. Sie versuchte immer hervorzuheben, wie selbstständig und erwachsen sie doch war, nur um sich am Ende doch wieder an Lian zu klammern. Darauf würde es doch bei den Gruselgeschichten auch wieder hinauslaufen. „Oh, ich mag die Initiative“, meinte Charon mit einem Leuchten in seinen düsteren Augen, klatschte in die Hände, als Lian sich als Geschichtenerzähler anbot. Das klang doch gut! Ob der Illusionist wohl glaubte, die beiden Weißhaarigen zu erschrecken? Sicher würde er sich freuen, wenn er Charon dazu bekam, schockiert aufzuschreien. Ob er wohl ein paar Illusionen dafür benutzen würde? Der Dargin ging natürlich nicht davon aus, dass Rin das primäre Ziel des Schützen war. Er wollte bestimmt versuchen, das ältere Weißhaar von seinem hohen Ross zu holen... aber darauf war er vorbereitet!
Eine Geschichte über einen Hund... Wie passend. Oder unpassend? Charons Blick glitt hinüber zu Rin. War sie doch das Ziel? Oder hatte Lian gar keinen Plan und wollte wirklich nur ein wenig Stimmung machen? Erst jetzt fiel Charon auf, dass er sich zu viele Gedanken machte, um die Geschichte zu genießen – zu fixiert war er darauf, sein Gesicht zu wahren und sich nicht kalt erwischen zu lassen, die Absichten seines Gegenübers zu lesen, der vielleicht gar kein Gegner war. Langsam atmete er aus und versuchte, sich auf den Spaß einzulassen, sich bildlich vorzustellen, was Lian so erzählte. Wenn er sich erschrecken ließ, dann sollte das eben so sein... Außer Rin und Lian war niemand hier. Niemand würde ihn verurteilen. Tatsächlich stellte sich heraus, dass Lian seine Geschichte ausgestalten wollte. Tropf, tropf, tropf... Charon hörte das vermeintliche Blut aus der Richtung des Badezimmers und merkte, dass sein Herz ein wenig schneller schlug, obwohl er bereits wusste, dass es nicht mehr war als eine Spielerei. Wenn man sich darauf anließ, konnte selbst eine Geschichte wie diese genug sein für ein bisschen Aufregung und Gänsehaut. Trotzdem zuckte der Dargin nicht zusammen, grinste sogar, als eine untote Hand sich auf Rins Schulter legte. Er warf dem Schützen einen amüsierten Blick zu – das war ja ganz großes Theater. Da hatten die beiden wohl den gleichen Sinn für Humor.
Ein paar Augenblicke gab Charon der Situation, damit Rin auch die Gelegenheit hatte, sich ordentlich zu erschrecken, und Lian seinen potenziellen Sieg genießen konnte. „Wie einfallsreich“, meinte er mit einer überheblichen Erheiterung, musste natürlich zeigen, dass er über solchen Tricks stand. „Du weißt wirklich, wie man eine Geschichte aufpeppt, Lian. Aber du musst schon früher aufstehen, wenn du...“ Noch ehe der Satz gesprochen war, flackerten plötzlich die Kerzen, ehe sie erloschen. Auch die Lichterketten begannen kurz zu blinken, ehe ihr Licht versiegte und sie den Raum in Finsternis tauchten. Jede Lichtquelle des Zimmers hatte sich mit einem Schlag abgeschaltet, hatte einfach aufgehört zu leuchten. Keine Vorwarnung, kein Zusammenhang. „A-... aha. Noch ein Trick“, meinte Charon, während sich eine leichte Unsicherheit in seine Stimme schlich. „Ich... wusste nicht, dass du das kannst, Lian. Kannst du... die Illusion bitte wieder auflösen? Damit wir ordentlich sehen können?“ Momente verstrichen, aber das Licht blieb aus. War das wirklich Lians Werk? Nein, natürlich nicht. Der Illusionist wusste es sicher. Charon tat sein bestes, um zu verbergen, dass er es ebenfalls wusste. Seine an die Finsternis gewöhnten Augen konnten selbst jetzt, in tiefster Nacht und ohne jedes Licht, noch die Schemen seiner Freunde ausmachen. Sie dagegen würden sicher nicht sehen, wie sich aus der gleichen, schwarzen Dunkelheit ein Tentakel neben dem Bett bildete, kontrolliert von dem Magier. Illusionen waren nicht der einzige Weg, andere zu schocken. Die Realität konnte genauso unangenehm sein. „Das... das ist nicht mehr witzig!“, meinte der Dargin, leicht aufgebracht, als würde er sich ernsthaft Sorgen machen. Hoffentlich kaufte Lian ihm das ab. Der würde nämlich gleich die Berührung eines Tentakels in seinem Nacken spüren...
Dark Moment TYP: Elementarmagie ELEMENT: Finsternis KLASSE: III ART: Support MANAVERBRAUCH: 100 MAX.REICHWEITE: 25 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 7 BESCHREIBUNG: Der Magier entsendet mit einem Schlag eine große Welle Finsternismana in alle Richtungen, die sämtliche Lichtquellen in seiner Reichweite abschaltet und dafür sorgt, dass keine neuen entstehen. Zehn Minuten lang hält dieser Zauber, der nicht nur Glühbirnen, Fackeln und leuchtende Lachryma betrifft, sondern auch leuchtende Zauber wie Feuer- oder Lichtmagie verhindert, wobei dem Finsternismagier noch Mana entsprechend dem unterdrückten Zauber abgezogen wird. Natürlich können Sprüche dieser Elemente der Klasse III oder höher dennoch eingesetzt werden. Da sich die Sonne außerhalb der Reichweite befindet, zeigt dieser Spruch nur innerhalb von geschlossenen Räumen Wirkung.
Dark Tentacle TYP: Elementarmagie ELEMENT: Finsternis KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 50 pro Arm pro Minute MAX.REICHWEITE: 20 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 4, Manaregeneration Level 3 BESCHREIBUNG: Bei diesem Zauber erschafft der Magier direkt vor sich ein violettes Siegel mit einem Pentagramm darauf, aus dem er dann eine Art Tentakel entstehen lassen kann, bestehend aus völliger Finsternis. Die Geschwindigkeit und Stärke entsprechen der Willenskraft und erreichen maximal Level 6. Dark Tentacle ist nur zum Greifen, Heben und Ziehen von Gegenständen geeignet, dient also als Armverlängerung für den Magier und eignet sich aufgrund seiner Konsistenz nicht zum Fesseln oder Zuschlagen.
Beherrschung:
Willenskraft Level 6: Nun können auch zwei Tentakel kontrolliert werden. Willenskraft Level 8: Nun können auch drei Tentakel kontrolliert werden.
Wenn die Götter eine so schöne Welt erschaffen konnten... Welches Potenzial liegt dann in mir?
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Rin Blood Hound
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Entsetzt stieß die Canine einen knurrähnlichen Laut aus. Das hatte der Falls jetzt nicht ernsthaft gesagt! "Immerhin habe ich nicht versucht, sie mithilfe eines magischen Schlüpfers abzulenken!" verteidigte sie sich selbst und warf ihm einen Blick zu, der problemlos hätte töten können. Sie hatte sich eben erschreckt! Na und? Das passierte selbst den Besten. "Ich weiß nicht, wieso ich mich überhaupt mit einem Fiesling wie dir herumschlage. Nimm dir mal ein Vorbild an Charon. Der benimmt sich wie ein wahrer Gentleman!" zeterte sie spielerisch weiter. Um ihren Punkt zu unterstreichen rutschte sie sogar noch ein Stück zu dem Weißhaarigen und streckte Lian die Zunge heraus. Sie würde ihm schon beweisen, dass sie kein Weichei war. Seine Geschichte würde sie, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, hinnehmen! So war zumindest der Plan. Die Realität hingegen sah vollkommen anders aus. Aufmerksam lauschte sie den Worten des Wuschelkopfes; den Kopf schief gelegt und die blauen Äuglein direkt auf ihn gerichtet. Der Beginn war überraschend angenehm. Eine Frau und ihr treuer Hund! Diese Thematik brachte ganz automatisch ihre Rute in Bewegung. Sie war ebenfalls (zum Teil) ein Hund und treu war sie auch! Nur Hände schleckte sie nicht ab. Hoffentlich war der Wauzi der Held der Geschichte! Ihre Finger klammerten sich zunehmend fester an das kleine Plüschtier auf ihrem Schoß. Je näher sie dem Höhepunkt der Erzählung kamen, desto nervöser wurde sie. Nein, nein! Angst hatte sie keine. Sie war nur äußerst gespannt auf das Ende! Es war nunmal sehr mitreißend! Die Frau kam also in das Badezimmer und ... fand dort ihren toten Begleiter...! Entsetzt quietschte die Inuyama: "Oh nein! Das arme Ding!" Wer war bloß so herzlos und tat einem liebenswürdigen Wesen so etwas schreckliches an? Doch das Schlimmste schien erst noch zu kommen. Gebannt hielt sie den Atem an als Lian plötzlich mitten im Satz abbrach. Was hatte er denn? Es brauchte einen Moment, ehe sie die rote Flüssigkeit wahrnahm, die langsam und zäh von der Decke herabzutropfen schien. "B-blut!" Das gesamte Fell (und Haar) der Hundedame stand schlagartig zu Berge als der Falls ihren Namen aussprach. Instinktiv folgte sie seinem Finger und konnte somit live beobachten, wie sich eine knochige, alte Hand aus den Schatten manifestierte und nach ihr griff. "Gwwahhh!" schrie sie noch lauter als ihre Geburtstags-Erkenntnis von eben. Wie ein Mädchen, welches verzweifelt mit den Armen herumfuchtelte, weil eine Spinne sich neben ihr abseilte, schlug Rin ziellos nach der körperlosen Erscheinung, um diese loszuwerden ... ihre Fäuste glitten jedoch einfach durch den Grabscher hindurch. "Weg, weg, weg!" All ihr Gezappel brachte das gesamte (vermutlich ziemlich billige) Bettgestell zum Wackeln und ehe sie sich versah, hatte sie auch schon das Gleichgewicht verloren und war nach hinten von der Kante gekippt. Mit einem lauten 'Fwump' landete auf dem Boden, hatte sich jedoch schneller wie der Blitz auf alle Viere erhoben und krabbelte einige Schritte davon. Hauptsache ein wenig Distanz! Während Rin sich mit zitternden Händen und schnellem Atem versuchte, zu beruhigen, hatte sich der Dargin zu Wort gemeldet. Einfallsreich ... was meinte er damit? Verwirrt blickte sie ihm entgegen. Öffnete den Mund um zu fragen, doch ehe sie einen Laut herausbekam hatte sie es selbst erkannt. Das ... das war doch nicht etwa eine Illusion gewesen...? Oh mein Gott. Wie fies! "Lian, wie kannst du nur so ein ultragemeiner Bösewicht sein?!" ihre Stimme war schriller als ein Wecker, der um fünf Uhr morgens klingelte. "Du hättest auch Charon damit terrorisieren können...!" Pfff! Am Ende steckten die Beiden noch unter einer Decke. Das war bestimmt eine Verschwörung. Oooh das würde sie ihnen heimzahlen! Immer noch auf dem Boden sitzend robbte die Hellhaarige wieder näher ans Bett heran. Die Luft war nun schließlich wieder rein und sie war sicher. Gerade wollte sie zurück hinauf klettern, da begannen plötzlich die wenigen verbleibenden Lichtquellen im Zimmer zu flackern und schließlich entgültig zu erlöschen. "Pfff, guter Versuch. Ein zweites Mal falle ich nicht darauf herein." kommentierte sie trocken und schüttelte bloß den Kopf, als der Finsternismagier verzweifelt seinen Kumpel bat, die Illusion aufzulösen. Glaubten die wirklich, dass sie so naiv war? Tja, falsch gedacht! Mit dieser Dunkelheit spielten sie ihr direkt in die Karten! Sie unterdrückte ein freches Grinsen, ehe sie sich unauffällig in den Zeigefinger zwickte und in der gleichen Bewegung über ihren Hinterkopf fuhr. Es schien, als wäre ihre Magie doch einmal nützlich! Was im Schatten der Nacht vielleicht wirkte wie eine Inuyama, die ihren Kopf abtastete, war eigentlich eine Inuyama, die gekonnt mithilfe ihrer Magie ihre Händflächen mit der blutroten Flüssigkeit ummantelte und somit überall Spuren hinterließ. Auch auf ihrer Kleidung, dem Boden um sie herum und am Bett verteilte sie die Handabdrücke so unauffällig wie möglich während Charon damit fortfuhr, Lian zu ärgern. Immerhin war sie dieses Mal nicht das Opfer! Also ... Das, was gerade dafür sorgte, dass der Falls sich zu Tode erschreckte war doch der Hellhaarige, oder...? Es musste so sein. Die Hand war bereits nicht echt und egal wie und was genau da geschah, es war garantiert nur irgendein Zauber. So wie beim ersten Mal! Sie versuchte bestmöglich, ihre nun doch langsam wieder aufkeimende Angst zu unterdrücken. "Urrgghhh... irgendetwas stimmt nicht..." Sie war wirklich nicht die beste Schauspielerin aber sie gab sich größte Mühe! Immerhin konnte sie ihre Angst vor der puren Dunkelheit und der Sorge, dass diese doch kein Teil irgendeines Zaubers war, in ihre Worte stecken. Hoffentlich zählte der Brünette nicht sofort ihre mangelhafte Schauspielerei und ihre Blutmagie zusammen. Und selbst wenn er es tat hoffte sie inständig, dass er zumindest mitspielte und sie gemeinsam Charon in die Pfanne hauen konnten, denn dieser wusste auf jeden Fall nichts von ihren grausigen Zaubern. "Bitte, Licht...! Lasst eure blöden Spielchen...!" seufzte sie theatralisch und streckte ihre blutbeschmierte Hand nach den jungen Männern aus, in der Hoffnung, dass man ihrer flehenden Bitte nachkam.
Okay, Lian musste sich wirklich zusammenreißen, um nicht zu grinsen, noch bevor der richtige Schockmoment tatsächlich eingetreten war. Die Reaktion auf die Täuschung des tropfenden Blutes war bereits grandios, doch der richtige Höhepunkt kam erst noch. Der Blick der hellblauen Augen glitt zur Schulter, genau dorthin, wo der Falls hingedeutet hatte. Und dann – schlagartig – ertönte ein heller Schrei, der seinesgleichen suchte! Es war vielleicht eine Oktave höher, als der 19-Jährige erwartet hatte, sodass er sich doch die Ohren zuhalten musste, um keinen Hörsturz zu erleiden. Was seine Nachbarn wohl dachten? Unmöglich, dass sie diesen Schrei der Inuyama nicht mitbekommen hatten. Weiter ging die Show, als Rin hektisch um sich schlug und mehrfach durch die Illusion der knochigen Hand hindurchglitt, anstatt sie tatsächlich zu beseitigen. Das Bett wackelte und die Krönung war es schließlich, als die Canine schnurstracks von der Kante fiel und mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden landete.
Lian konnte nicht mehr an sich halten!
Er löste die Hände von seinen Ohren und lachte lautstark los, so sehr, dass sich kleine Tränen in seinen Augenwinkeln sammelten und er sich den Bauch halten musste. War das gemein? Und wie. Passte es zum Illusionisten? Naja, irgendwie schon. Außerdem hatte Rin es doch herausgefordert, dass man sie erschreckte und den kleinen Scherz würde sie schon verkraften… oder? Es bereitete ihm wirklich Freude, sie ein bisschen zu ärgern. Da die Konzentration auf die Zauber verflogen war, lösten diese sich auf und erst die Stimme von Charon sorgte dafür, dass der Braunhaarige sich bemühte, wieder zu Atem zu kommen. Es gestaltete sich als gar nicht so einfach, denn trotz aller Anstrengung kam doch immer wieder ein neues, dämliches Kichern zustande, das Lian nicht so richtig gelenkt bekam. Er sah in die violetten Augen des Dargin und grinste breit. „Ach, tu mal nicht so. Du kannst froh sein, dass ich meine Illusionen nicht auf dich losgehetzt habe“, erwiderte er siegessicher und drehte sich dann zu Rin, die ebenso verstanden hatte, dass sie an der Nase herumgeführt worden war. Ihre Empörung schrie sie mindestens genauso schrill heraus wie ihr Kreischen zuvor geklungen hatte, sodass der junge Mann fast versucht war, erneut die Ohren zuzuhalten. Stattdessen hob er allerdings entschuldigend die Hände an, doch sein Kichern und die amüsiert aufblitzenden Augen machten deutlich, dass die Entschuldigung nicht wirklich von Herzen kam. „Sorry, ich konnte mich einfach nicht zurückhalten, Rin“, gab er als halbherzige Erklärung von sich und wollte noch etwas ergänzen…
Da wurde das gesamte Zimmer plötzlich in Dunkelheit getaucht.
Was war denn nun los?! Seiner Sicht vollkommen beraubt, war es nur die zaghafte Stimme von Charon, die Lian hören konnte. Sein Lachen verstummte schlagartig, als die grünen Augen ins Nichts blickten. „Ich hab nicht…“, murmelte er irritiert und wurde dann stutzig. Was war das für ein Gefühl? Er sah in die Richtung, in der sich Rin befunden hatte und er kam nicht umhin, eindeutig eine Art … Vorfreude von dort zu vernehmen? Aber warum spürte er Vorfreude, die aber gar nicht ihm selbst gehörte? Und jetzt, wo er darauf achtete, war es nicht die einzige Vorfreude, die er spürte. Obwohl er nichts sah, vernahm er auch aus der Richtung von Charon ein Gefühl. Es war keine Angst, wie seine zittrige Stimme vermuten ließ, sondern Selbstsicherheit und unterdrücktes Amüsement. Lian war vollkommen perplex und verstand gar nicht mehr, was hier gerade passierte und was sein verdammter Schädel ihm wieder einmal für Streiche spielte… er war so abgelenkt, dass er den Schattententakel, der sich kontinuierlich seinem Nacken näherte, nicht annähernd bemerkte. Und die Berührung – bildete er sich ein, dass sie sich glitschig anfühlte? – ließ ihn instinktiv aufschreien. „FUCK!“, schrie er, vielleicht nicht in einem ganz so hellen Ton wie Rin zuvor, aber doch sehr laut und deutlich. Lian sprang auf seinem Bett auf und drehte sich abrupt herum, eine Art Abwehrposition einnehmend, bereit, jeden weiteren Angriff abzuwehren. Aber es geschah nichts, bis die ängstliche Stimme von Rin aus der Dunkelheit heraus ertönte.
Der Raum erhellte sich wieder und Lian sah noch die schattigen Umrisse des Tentakels (die er auch schon auf dem Friedhof von Aloe in Aktion gesehen hatte) und als auch dieser Zauber sich auflöste, wurde Lian klar, war für ein Spiel mit ihm gespielt worden war. Das Herz des Schützen hämmerte wie wild und man konnte ihm seinen Schock deutlich von der Mimik ablesen, als er zu Charon blickte. Es war aber nicht nur der Schock über den Tentakel, den Lian so aus der Bahn warf, sondern die Erkenntnis, dass dieses Gefühl von Vorfreude seitens Charon tatsächlich vorhanden gewesen war. Weil der Dargin diesen Plan ausgeklügelt hatte. Aber warum hatte er diese Vorfreude spüren können? Noch immer unsicher, was das alles zu bedeuten hatte, wanderte sein Blick zu Rin und er blinzelte. Sie war voller Blut! Es sah fast so aus, als hätte sie sich eine Platzwunde zugezogen, dazu die Blutspuren, die sich über den gesamten Boden und das Bett der Wohnung verteilten. Die junge Frau streckte beiden Männern theatralisch die blutbeschmierte Hand entgegen und Lian stockte der Atem – bis ihm auch hier bewusst wurde, dass irgendetwas nicht stimmte. Er… spürte keine Angst, keine Sorge, wenn er die Hellhaarige anblickte. Fuck, was zum Henker war mit ihm los? Und doch half dieser Gedanke, ihn daran zu erinnern, dass Rin eine Blutmagierin war und er zählte Eins und Eins zusammen. Einen so gemeinen Trick hätte er der jungen Frau gar nicht zugetraut! „Charon, was hast du getan?!“, setzte der Braunhaarige in das Schauspiel ein, bewegte sich aber – scheinbar aus Schock – keinen Millimeter. Rin und Lian hatten beide bereits ihren Schrecken für den Abend kassiert, sodass Charon seinen Teil ruhig auch noch abbekommen konnte. Rin war echt raffiniert, das musste der Bogenschütze gedanklich zugeben.
Sense Souls TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Passiv MANAVERBRAUCH: --- MAX. REICHWEITE: 8 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG:Sense Souls gibt dem Träger die Möglichkeit, in einem Umkreis von einigen Metern stets die ungefähre Gefühlslage der Personen zu spüren, oder zumindest das aktuell stärkste Gefühl. Die Fähigkeit sorgt für ein gesteigertes Feingefühl im Umgang mit Anderen, was sich durch ein verbessertes Empathiegefühl zeigt. Der Magier nimmt Emotionen als stetiges Hintergrundrauschen wahr. Empfindet eine Person besonders stark, merkt man das natürlich deutlicher.
Beherrschung:
Willenskraft Level 3: Die Reichweite liegt bei 12 Meter. Willenskraft Level 4: Die Reichweite liegt bei 16 Meter | Alle Gefühle können, sofern der Betroffene berührt wird, exakt wahrgenommen werden. Willenskraft Level 5: Die Reichweite liegt bei 20 Meter. Willenskraft Level 6: Die Reichweite liegt bei 24 Meter | Alle Gefühle können bestimmt wahrgenommen werden.
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