Typ: Zimmer Besitzer: Midas Hands Beschreibung: Dieser Raum ist einer der größeren Zimmer des Gildenhauses von Midas Hands und nimmt etwa ein Drittel der Etage ein. Er ist eine großen Bibliothek der jungen Gilde. Diese ist sehr modern eingerichtet. Hohe Holzregale sind aneinander hintereinander gereiht. Zwischen den einzelnen Reihen ist in etwa Platz für zwei durchschnittlich große Personen wenn diese direkt nebeneinander stehen, je eine Schulter an einem der Regale. Die Regale sind ordentlich kategorisiert, alphabetisch nach ihren Themen und dann noch einmal alphabetisch nach Buch. Welches Regal welches Thema bedient lässt sich an einem Schild erkennen, welches am Regal befestigt ist, das am nächsten zum Hauptgang der Bibliothek gerichtet ist. Darunter findet sich ebenso eine Auflistung aller geführten Bücher mitsamt des Autors. In den Gängen finden sich auch immer je eine Leiter, damit man auch an die höher gelegenen Bücher der Bibliothek herankommen kann. Die Bücher sind allesamt in einem guten Zustand. Weiter hinten im Westflügel der Bibliothek finden sich auch einige Regale die noch nicht gefüllt worden sind, da die Büchersammlung der Gilde noch nicht vollständig ausgebaut und stetig am wachsen ist. Einige der Bücher, die sich hier finden, sind sogar von den Mitgliedern der Gilde selber verfasst worden udn beschäftigen sich mit verschiedenen Themeninhalten, wie Anleitungen zum Aufbau eines Unternehmens, Grundlagen zum Handel und Gewerbe und vielem anderen. Alles was im Interesse der Gilde und ihrer Mitglieder ist. Am Eingang der Bibliothek befindet sich auch ein kleines Pult, an dem meist eine Bibliothekarin oder ein Bibliothekar sitzt, der sich um Ordnung, die Ausleihe oder auch Anschaffung neuer Literatur kümmert.
Changelog: Wenn sich im Verlauf des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier aufgeführt.
Größe: 1,86 Meter Gewicht: 64 Kilogram Gildenzeichen: mittig auf ihrer Rückseite, auf dem Steißbein, Farbe ihrer Lippen
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Dünn und rau waren die Seiten, ein leises Rascheln ertönte mit jeder Seite des Papieres, die sie umschlug. Davon ab war nichts weiter zu hören. Wirklich nur in unregelmäßigen Takten des Rascheln des Pergamentes das sie bewegte. Maximal noch ihr Atem, wenn auch sie diesen ruhig und leise hielt. Ihre Iriden wanderten über den Inhalt des Buches, welches sie in ihren Händen hielt. Es war ziemlich neu, der Einband war vollkommen intakt und keine der Seiten die sie bisher betrachtet hatte, hatte auch nur die leichtesten Anzeichen, dass es schon etwas Zeit hinter sich gebracht hatte. Selbst der Duft des Buches verriet, dass es sich um niegelnagelneues Exemplar handelte. Es war ein wenig ungewohnt für die Engeldame etwas so frisches, so junges in der Hand zu halten. Was sie daran erinnerte, dass das letzte Geschenk an ihre Ziehtochter Hel bereits einige Zeit her war. Ob sie ihr wieder eines bereiten sollte? Das war etwas über das sie doch nachdenken musste. Davon ab, konnte man ein Neugeborenes ja nicht einfach aus der Luft saugen. Da musste man erstmal ein Umfeld finden, in dem man es sich ausborgen konnte. Wobei man nicht wahrhaftig von borgen sprechen konnten, war es ein leihen ohne wiederkehr. Wenn man von dem Körper absah... Ja gut, das war ein Thema für einen anderen Tag. Sie schlug eine weitere Seite um und konnte nicht anders als ein amüsiertes, herzliches Kichern auszustoßen. Das konnte ja nicht sein! Amüsiert betrachtete sie die Darstellung die sich vor ihr auf dem Papier wiederfand. Val war ohnehin schon überrascht gewesen in einer Gilde wie Midas Hands ein Buch über Mythologie, Glauben und Götter zu finden. Das auch noch mit Illustrationen! Die Engelfrau konnte sich zwar bei weitem nicht damit Brüsten alle Götter zu kennen, kannte sie nur einen Bruchteil der schieren Menge, die existierten oder in einem Zeitalter existiert hatten. Die, die erst noch existieren würden, die kannte sie erst recht nicht. Jedoch erkannte sie doch ein paar von ihnen wieder und hatte viel zu viel Spaß daran, zu sehen wie falsch die Illustrationen lagen. Auch die Beschreibungen der Gottheiten entlockten ihr den erfreuten, schallenden Ton. Es gab zwar ein paar Passagen denen sie zustimmen konnte, doch andere waren wieder so verkehrt, dass sie nicht anders konnte, als darüber zu lachen oder viel mehr sich darüber lustig zu machen. Dabei war es ihr auch vollkommen egal, dass sie sich innerhalb einer Bibliothek befand. Von dem Verhalten, das man innerhalb einer Bücherei an den Tag legen sollte hielt sie ohnehin nicht sonderlich viel. Warum durfte man nicht laut sein beim Lesen? Die Empfindungen, die Literatur aus einem herauslockte herausschreien und mit Gleichgesinnten darüber reden? Davon ab, wen sollte sie in diesem Moment stören? Sie war alleine, die Bibliothekarin hatte gerade zur Pause abgedankt und ihr Ersatz würde erst in ein paar Minuten kommen. Valkyrie hatte keine Kenntnis darüber, ob sich noch jemand mit ihr in diesem großen Saal aufhielt. Doch sicherlich würde eine andere Person die Ausstrahlung bemerken, die von ihr ausging. Die, die Wahrhaftig nur einem Engel gebührte und ihren hohen Stand, als übermächtiges Wesen kennzeichnete.
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Genutzte Zauber xyz
Zuletzt von Val am So 4 Feb 2024 - 20:54 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Die Bibliothek von Midas Hands war nicht nur sehr, sehr voll, sondern auch wirklich schick. So schick, dass Kenning sich fast schlecht fühlte, einen Schritt hinein zu setzen. Jedes Mal, wenn sich ihr rechter Stiefel hob, blieb ein kleiner, roter Fleck auf dem spiegelnd sauberen Boden zurück, das Überbleibsel einer Lache ihres eigenen Blutes, in die sie getreten war. Der Rest ihrer Kleidung war nur begrenzt besser. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Alles, was sie berührte, zumindest leicht anschmieren würde war ziemlich hoch, deshalb war die Norne hier auch weniger willkommen. Sie hatte aber Glück; erleichternd aufatmend erkannte sie, dass die Bibliothekarin gerade nicht an ihrem Platz wartete, um sie zu tadeln, und huschte hinein zwischen die großen Regale und die unendlichen Welten, von denen all die Bücher hier erzählten. Als kleine Leseratte war ein Ort wie dieser für den dunklen Engel ein richtiges Paradies, und ihre schwarzen, zerzausten Flügel spreizten sich, während sie sich aus großen Augen umsah. Es war ruhig in der Bibliothek, so, wie es sich gehörte. Ein weiterer Grund, warum man die Noé hier lieber nicht empfing; sie tat sich schwer damit, still zu sein. In dieser Atmosphäre, in der man selbst eine Stecknadel fallen hören konnte, waren ihre Schritte geradezu trampelhaft und das eigentlich leise Flattern ihrer Federn schwer zu überhören. Aber Ken war nicht die einzige Person hier, die Geräusche machte. Das altbekannte Geräusch blätternder Seiten war nahezu still in diesem Vakuum der Klänge wahrzunehmen, ein klares Zeichen dafür, dass sich noch ein weiterer Enthusiast der Bücher hierher verirrt hatte. Kurz blieb die Schwarzhaarige stehen, lauschte mit verdutztem Gesichtsausdruck, ehe ihre Augen hinüber glitten zu der Reihe, aus der das Blättern zu kommen schien. Ein Lachen kam ihr entgegen, noch ehe sie den Ort erreicht hatte, und als sie vorsichtig um das Regal herum blickte, offenbarte sich der Norne ein unerwarteter Anblick.
Die Frau, die dort stand, war atemberaubend. Es war nicht nur ihre kurvige, geradezu sündhafte Figur, die Kenning den Atem raubte, nicht einmal ihr wunderschönes, blondes Haar oder ihre perfekte Haut. Eher war es die Ausstrahlung dieser Figur, die nicht von dieser Welt wirkte. Erhaben, majestätisch, auf eine Weise, die Kenning seit langer Zeit nicht gefühlt hatte. Es war... wie die Ausstrahlung von Hel. Oder Loki. Oder die, die ihre beiden großen Schwestern gehabt haben. Und natürlich... „... Valkyrie?“ Ja, doch... Es hatte einen Moment gebraucht, war es doch Jahre her, dass sie sich zuletzt gesehen hatten. Außerdem... war das hier nicht die Form, an die Ken zuerst dachte, wenn sie versuchte, sich ihre ehemalige Aufpasserin in den Kopf rief. Sie erinnerte sich noch immer an die Originale Form, damals, bevor sie diese Identität ihr Eigen gemacht hatte... obwohl sie inzwischen wohl den Großteil von Kennings Leben diese falsche Haut trug. Ein kurzes Leben, verglich man die beiden. Außerdem eines, das seinen Wert sicherlich verloren hatte. Warum sollte die Tochter Lokis einen gefallenen Engel wie Kenning immer noch schätzen, nachdem selbst ihre eigene Schöpferin sie aufgegeben hatte? Valkyrie war schließlich schon immer ein voller Erfolg gewesen, ein nahezu perfektes Beispiel für einen Engel, der seine Aufgabe ernst nahm und andere, Jüngere, harsch beurteilte. Die Norne würde vermutlich gleich Ärger bekommen... aber sie spürte trotzdem das Glück in ihrem Herzen, als diese Frau, die sie wie eine zweite Mutter liebte, vor ihr stand. „Va-Valkyrie! Was machst du denn hier?“, stieß sie aus, nicht so leise, wie man in einer Bibliothek wohl sein sollte. Gut, dass sie gerade allein waren. Mit schnellen Schritten schloss die Schützin die Distanz zu diesem Familienmitglied, das wiederzusehen sie sich nicht einmal erhofft hatte. „Bist du... Bist du nur wegen den Büchern hier?“, hakte sie nach, schließlich schien sich die Ältere sehr aufmerksam mit einem davon zu befassen. Ihre Stimme senkend lehnte sie sich näher heran: „Oder... bist du hier wegen einem Auftrag von Loki...?“
Größe: 1,86 Meter Gewicht: 64 Kilogram Gildenzeichen: mittig auf ihrer Rückseite, auf dem Steißbein, Farbe ihrer Lippen
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Val fiel es schwer sich am Riemen zu reißen. Zu sehr amüsierte sie das, was sie vor ihren eigenen Augen sah. Sie hatte es schon immer für spannend und amüsant befunden, zu sehen, was diese mikrigen, wertlosen Earthlinge so über die Götter und ihr Gefolge schrieben. Aber das war ja wirklich über alle Maßen lächerlich. Selten hatte sie ein Buch gesehen, das so sehr daneben lag. Dann auch noch ausgerechnet in der Bibliothek einer Gilde, von der man meinen müsste, dass sie eher wissenschaftlich und forscherisch unterwegs war. Das hier klang für sie eher wie ein schlechter Scherz als eine ersthafte Lektüre. Ein schallendes Lachen entfuhr ihr, das vermutlich den Großteil der Bibliothek erfüllte. Es tat fast schon weh, so sehr lachte sie. Seite um Seite schlug sie um und mit jeder Seite die sie erreichte, wurde es stärker. Das war die beste Komödie, die sie je gesehen hatte. Zumal das Buch nicht nur Skizzen über das Aussehen, die bevorzugten Waffen der Götter und ihren Charakter, sondern auch Auflistungen von Sagen enthielt. Sämtliche Mythen und Legenden zu jeder Gottheit waren aufgeführt. Manche Geschichten waren für die Engeldame zu viel. Sie war so von dem Buch in den Bann gerissen, dass sie gar nicht mitbekam, wie jemand anderes den Westflügel und somit die Bibliothek betrat. Erst als man sie ansprach, fiel ihr dies auf. Sie verharrte in ihrer Bewegung, als würde sie zu Eis erstarren. Ihre Stimme war verstummt und keiner ihrer Muskel rührte sich. Hatte man sie gerade... Val..kyrie genannt? Die Frau hatte nicht besonders vielen ihren wahren Namen anvertraut, zumindest in Kombination mit ihrer neuesten Illusion. Man brachte eher ihre wahre Gestalt, oder die andere Illusion, der Dunkelhaarigen mit diesem Namen in Verbindung. Die Nonne hatte sie vollkommen von diesen Namen unbefleckt gelassen... Mit Ausnahme ihres Erschaffers Loki, ihrer Ziehtochter Hel und.. Ihren Engeln. Langsam hob sie ihren Blick und sah sich selbst einer Gestalt gegenüber, mit der sie an einem Ort wie diesem sicherlich nicht gerechnet hatte. Langes, schwarzes Haar, kreidebleiche Haut, blutrote Augen und einen tropfenden Heiligenschein über dem Kopf thronend, ein paar schwarzer Flügel an ihrem Rücken. Für einen Moment blickte sie dem Mädchen nur in die Augen, sagte nichts, tat nichts. Sie reagierte auch nicht direkt auf die weiteren Worte ihres ehemaligen Schützlings. Erst eine Weile später, nachdem sie ihren prüfenden Blick über sie hatte wandern lassen, schlug sie das Buch in ihrer Hand mit einem lauten Knall zu. "Wenn das Mal nicht die kleine Norne Kenning, der Einherjar ist.", sprach sie. Ihre Stimme nahm automatisch die Farbe an, welche sie immer gezeigt hatte, wann immer Valkyrie die Kinder Hels besucht hatte. Auch in ihrem Blick lag etwas hartes, strenges, während sie auf Ken hinabblickte. "Du musst dich genauer ausdrücken, Liebes. 'Hier' in der Bibliothek? 'Hier' in dem Gildenturm von Midas Hands? 'Hier' in Fiore? 'Hier' auf Isgard?", sprach sie und ging auf die Jüngere zu und schlug ihr sacht das geschlossene Buch auf den Kopf, ein kleiner Tadel für ihre mangelhafte Ausdrucksweise. "Ich bin hier in der Bibliothek, weil mir nach lesen war. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit die Buchsammlung der Gilde zu betrachten, also habe ich mir die Zeit genommen.", fuhr sie fort. "Immerhin lernt man in der Bücherei doch so einiges... Nicht immer erfreuliches, aber sei es drum. Es kann mir für meine Zwecke nutzen oder mich vor Schaden bewahren.", kam sie zum Ende und begann um Kenning im Kreis herumzulaufen. Ihre Schritte waren ruhig und selbstsicher, man konnte klar das Klackern ihrer Absätze auf dem Holzboden hören. "Davon ab, natürlich bin ich im Auftrag von Loki 'hier'. Ich bin nie, nicht in seinem Auftrag 'hier'. Ein guter Engel hat nie Freizeit und widmet jede Minute seines minderwertigen Lebens um seinem Erschaffer zu dienen, ihn zu huldigen und zu gefallen." Sie ging weiter und verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken. "Etwas, was man von dir ja nicht behaupten kann. Soweit ich weiß hat man seinen Blick von dir abgewandt und dir all deine Macht, die Liebe deines Gottes entrissen. Verdient, soll man meinen.", sprach sie weiter und blieb nun direkt vor Kenning stehen. Sie reckte die Hand die noch das Buch hielt vor, führte es unter das Kinn des Mädchens und drückte es leicht nach oben. "Ich will schwer hoffen, dass du hier bist, um einen Weg zu finden, dein abnormes Scheitern wieder gut zu machen." Sie hob fragend eine Augenbraue und wartete einen Moment ab, ehe sie wieder zurücktrat. "Ich für meinen Teil habe etwas sehr spannendes herausgefunden.", erhob sie wieder das Wort und deutete auf das Buch in ihrer Hand. Ihr Gesicht wurde wieder etwas wärmer und weicher, zeigte sogar ein Schmunzeln. "Es handelt sich tatsächlich um ein Exemplar über Götter, Mythen und Legenden, dass bisher noch nicht seinen Weg in meine Hände gefunden hat.", erklärte sie es der Jüngeren. "Dort stehen auch Dinge über Odin, Loki oder Hel. Die Walküren, die Einherjer... Ein paar Seiten habe ich schon gesehen. Wenn du magst können wir ein paar Seiten durchblättern und du zeigst mir, wie gut dein Gedächtnis in diesen Tagen noch ist... Und wie gut du dich selbst, als auch deine Mutter und Schöpferin.", fuhr sie fort. Anschließend deutete sie zu einem freien Tisch in der Bibliothek, ging auf diesen zu und setzte sich dran, das Buch auf dem Tisch platzierend. Auch wenn Val sehr enttäuscht über Kens Versagen gewesen war, konnte sie sich nicht vorstellen, dass das Mädchen ihrem Leben und ihrem Volk vollkommen abgesagt hatte.
„Ah!“ Ken zuckte zusammen, als sie das Knallen des Buches hörte und mit ihrem vollen Titel angesprochen wurde. Das Wort 'Einherjar' hatte sie seit vielen Jahren nicht mehr gehört, selbst Hel hatte es nur selten verwendet. Natürlich hatte sie nicht vergessen, was sie war – einerseits eine Norne, die in Hels Namen Schicksal zu den Menschen brachte, einem Einherjer nachempfunden, einem Krieger, der das Leben mutig auf dem Schlachtfeld aufgegeben hatte. Es war Teil ihres Titels, ihrer wahren Bezeichnung, aber diese Bezeichnung fiel in Gänze eigentlich nur, wenn man wirklich streng mit ihr umgehen wollte. In der Hinsicht passte es besser zu der Valkyrie, die in ihrer Rolle als Erzieherin so aufgegangen war, als zu der emotional distanzierteren, weniger involvierten Hel, die sich größtenteils darauf verließ, dass ihre Engel schon funktionierten, wie sie sollten; so hatte sie sie schließlich geschaffen. Zu hören, wie die ältere Engelsdame sie so ansprach, brachte Kenning direkt zurück zu den Zeiten, in denen sie häufig belehrt und verbessert wurde, und zwang ihr eine gewisse Anspannung auf, die ihren krummen Rücken gerade werden ließ. „Ah, ähm... ja. Das meine ich. A-alles davon“, gab sie nervös zurück, als Val ihre Frage hinterfragte, und wimmerte leicht, als sie das Buch auf den Kopf gehauen bekam. „V-Vorsicht... wenn Blut auf das Buch kommt, k-krieg ich Ärger...“ Das Thema hatte sie schon durchkauen müssen. Anders als sie, die eher auf der Suche nach Geschichten war, versuchte Lokis Engel es stattdessen mit Büchern, die ihr Wissen erweiterten und ihr für die Zukunft von Nutzen sein konnten. Beeindruckend! Da fühlte sich Kenning im Vergleich direkt schlechter – umso mehr, als Val hervorhob, dass man als Engel ja nie etwas Anderes tat, als sich um den Willen seines Gottes zu kommen. „Ah... r-richtig...“ Unsicher kratzte sich die Schwarzhaarige am Kopf. Konnte sie das von sich selbst noch behaupten? Natürlich lag in ihrem Herzen stetig der Wunsch, sich den Segen der Herrin der Unterwelt wieder zurück zu gewinnen, aber sie war auch so oft mit ihren eigenen Themen beschäftigt. Damit, Geld zu verdienen und sich irgendwie über Wasser zu halten, indem sie ihrer Gilde diente. Und natürlich mit den Büchern, die sie liebte, oder den wenigen Leuten, die ihr Zuneigung schenkten. In der Welt der Menschen zu leben, ohne jemanden zu haben, dem man direkt diente und der irgendwelche Ergebnisse erwartete, neigte dazu, die Prioritäten ein wenig zu verschieben. Mit düsteren Augen ließ die Norne kraftlos den Kopf hängen, als sie daran erinnert wurde, dass sie eine wertlose Ausgestoßene war, aber sie zuckte wieder zusammen, als Val davon sprach, dass sie hoffentlich noch dabei war, ihr Scheitern zu korrigieren.
„J-ja! Natürlich!“, rief Ken aufgeregt aus mit ihrer kratzigen Stimme. Ihr Kopf hob sich wieder, blickte ihr Gegenüber entschlossen an. „Ich... ich denke jeden Tag darüber nach, w-wie ich mich bessern kann! Ich... ich glaube, ich ha-habe verstanden, was Hel von mir wollte... u-und auch, wenn sie sich nie wieder für mich interessiert, w-will ich genau das sein, was sie sich ge-gewünscht hat!“ Hinter dieser Aussage steckte Feuer, denn sie war von Grund auf wahr. Die Gunst der Hel zurückzugewinnen war Kennings größtes Ziel, dicht dahinter war es, zumindest das zu sein, was sie hätte sein sollen. Auch, wenn sie bis jetzt auf ganzer Linie versagte, hatte sie noch nicht aufgegeben! Anscheinend war das keine schlechte Antwort, denn Valkyrie entspannte sich wieder, lächelte sogar. Den Worten der Älteren folgend blickte Ken auf das Buch in ihrer Hand, bei dem es sich wohl um ein Buch über Götter handelte. Auch ein paar altbekannte Namen: Odin, Loki, Hel. Kenning hatte deutlich weniger mit Loki zu tun hatte als im Vergleich Val mit Hel, würde sich nicht als dessen Familie oder auch nur seine Bekannte bezeichnen, doch natürlich wusste sie noch Bescheid über ihn und Odin. Es wäre eine Schande für einen Engel ihrer Abstammung, nicht die Verwandten ihrer Herrin einschätzen zu können. Sie schluckte. „Du meinst, wie... ein Quiz?“, fragte sie nervös. Sollte sie getestet, ihre Verbindung zu den Göttern, die eigentlich gekappt worden war, auf die Probe gestellt werden? Es passte zu der Blonden, kurz nach ihrem Treffen so etwas von Ken zu verlangen, aber sie nickte. Sie war nicht in der Position, sich einem Text zu verweigern. „W-wenn du willst... ja. Ich... ich beweise dir m-meine Erinnerung.“
Größe: 1,86 Meter Gewicht: 64 Kilogram Gildenzeichen: mittig auf ihrer Rückseite, auf dem Steißbein, Farbe ihrer Lippen
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Womöglich konnte man Valkyrie als etwas hart und zu streng beschreiben. Vor allem, wenn man bedachte, wie Ken auf sie reagierte. Der bedrückte Blick, der gesenkte Kopf und die Anspannung die sich durch ihren gesamten, drahtigen Körper zog. Als hätte man einen Blitz in ihren Körper gejagt. Außenstehende vermochten es sicherlich zu erkennen, dass die beiden einander schon bekannt waren und eine Beziehung führten, die wohl am ehesten in die Richtung einer Lehrerin und einer Schülerin glich. Val korrigierte Kens Fehler, wie eine Lehrerin es bei ihren Schülern tat. Wenn sie im Unterricht etwas Falsches sagten oder in der Klausur eine falsche Lösung auf das Blatt schrieben. Die Engelsdame war ehrlich gesagt noch nie jemand gewesen, der andere mit Samthandschuhen anfasste. Zumindest keinen anderen Engel. Sie hatte hohe Ansprüche, die auf ihren eigenen Erfahrungen und Belehrungen durch ihren Meister, Schöpfer und Herrscher basierten. Diese projizierte sie automatisch auf die Jüngeren, gab sie an jene weiter. Für sie war es vollkommen natürlich, normal und keineswegs etwas Falsches oder verwerfliches. Sich selbst einen Fehler einzugestehen war ohnehin keine besondere Stärke von Val. Denn ihr Empfinden von Richtig und Falsch orientierte sich vollständig an Loki. Wenn er ihr sagte, dass sie etwas falsch gemacht hatte, dann war das so. Solange er sie nicht korrigierte, sah sie sich nicht im Unrecht, sondern war in der Annahme, dass sie alles so machte, wie es sich gehörte. Der Gott hatte sie in der Vergangenheit nicht besonders häufig korrigiert, vor allem in den letzten Jahrhunderten. Das hatte ihr Selbstbewusstsein was sich selbst, ihre Aufgaben und Funktion immens stärkten. Es bedeutete, dass Loki mit ihr zufrieden war. Was anderes sollte sie sich auch wünschen? Wenn er zufrieden war, hatte sie alles erreicht, was es ihrer Meinung in ihrem kümmerlichen, wertlosen Leben zu erreichen galt. Sie hatte das Gefühl, dass sie dadurch ein sehr gutes, genaues Gefühl und Gespür dafür hatte, wie man seinen Herrscher zufriedenstellen konnte. Das sie durch ihre eigene Unfehlbarkeit, die sie durch harte Arbeit erlangt hatte, mehr als nur in der Position war, andere, unerfahrenere Engel in ihrem Handeln, ihren Worten und Denken zu korrigieren und zu verbessern. So war es auch bei Ken der Fall. Sie wollte das Ken besser wurde, als sie es jetzt war. Auch wenn ihre Herangehensweise dabei womöglich etwas harsch und zu direkt, zu ehrlich war.
“Bitte sprich deutlich Ken, du weißt, dass ich es hasse, wenn du so brabbelst. Ganze, klare Worte. Nicht dieses vor sich Hergestammel.“, erwiderte sie, als die Jüngere wiederholt ein wenig zu Stottern begann. Was womöglich ihrer Anspannung und Nervosität geschuldet war. Doch das war Val egal. Wie sollte Hel sie wieder akzeptieren, wenn sie sich schon in Gegenwart von Valkyrie, die nur ein Engel war, so in die Hose machte? Hel würde sie so sicherlich nicht wieder in ihren Reihen aufnehmen. Ihre Ziehtochter wollte keine Angsthasen – sie brauchte funktionierende Maschinen, die ihre Aufgaben bis zur Präzision ausführten. Unsicherheit führte zu Fehlern. Fehler zu Versagen und Scheitern. Val lächelte zufrieden, als Ken äußerte, dass sie selbstverständlich darum bemüht war, die Gunst ihrer Schöpferin wiederzugewinnen und daran feilte, einen Weg zu finden, wie sie sich bessern konnte und zu verstehen, wo und wie sie gescheitert war. Das war zumindest ein Anfang, fand Valkyrie. Zufrieden nickte sie, gut gut. Daraufhin lud sie das Mädchen ein, ihr Gesellschaft dabei zu leisten, während sie weiter durch dieses Buch über Göttergestalten zu stöbern. “Ein Quiz… Ja, so könnte man es ausdrücken, mein Kind.“, erwiderte sie und klopfte neben sich auf den Platz. Eine weitere Anforderung an das schwarzhaarige Mädchen, sich neben sie zu setzen. Val legte das Buch so hin, dass sie beide gleichzeitig in dieses hineinschauen und es lesen könnten. “Es sollte nicht allzu schwer sein. Es geht schlichtweg darum zu erkennen, was von dem was in diesem Buch steht richtig und was falsch ist. Als jemand der von Hel erschaffen worden ist und die Position einer Einherjar innehatte erwarte ich, dass sie Wahrheit von Lüge, Mythos von Fakt unterscheiden kann. Solange du keine Amnesie hast, denke ich, dass es ein leichtes für dich sein sollte.“, fuhr sie fort und schlug das Buch auf, begann hindurch zu blättern. Sie ließ das Buch auf der Seite offen, die sich mit den Einherjar beschäftigte. Die Seiten beschrieben wie sie aussahen, zeigten dies in einer Skizze, welche Aufgaben sie hatten und welche Bedeutung sie hatten. Natürlich auch, welchem Gott sie angehörten. Val war sich tatsächlich sicher, dass es Ken leicht fallen würde. Auch wenn ihre Worte es womöglich streng und prüfend klingen ließen, freute sie sich darauf, mit einer anderen Person diese Komödie durchzugehen und sich zu amüsieren. Das war nun einmal etwas, das nur mit jemanden ging, der einen ansatzweise vergleichbaren Wissensstand wie die Engelsdame selber hatte. Ken war da eine vergleichsweise gute Adresse die ihr recht gelegen kam.
Die Anspannung und Aufregung von Kenning konnte man ihr deutlich ansehen. Das war nicht ungewöhnlich, aber nahm gerade doch ein größeres Ausmaß an als normalerweise. Vals Gegenwart versetzte die Norne zurück in eine andere Zeit, stellte sie vor eine Person, die ihr schon immer etwas zu sagen hatte. Sie startete auch direkt mit einer Lektion, also so, wie Ken es erwartet, und eventuell sogar verdient, hatte. „Äh... ah! J-ja! Ich wer-... werde deut-t-tlicher sprechen!“, stotterte sie schlimmer als zuvor, jetzt, wo sie tatsächlich unter Druck stand. „Das... Da-... Das krieg i-ich hin!“ Ganz offensichtlich bekam sie es nicht hin, aber sie versuchte es tatsächlich. Nur... aktiv darauf zu achten, wie sie sprach, halt nicht. Im Gegenteil, es brachte die Schwarzhaarige nur noch mehr durcheinander. Auch Bücher stellten sich nicht etwa als Quelle der Entspannung heraus wie sonst, sondern als überraschender, hochgradig stressiger Test! Ein leichtes Fiepsen entkam dem Engel, denn eine Prüfung seines Wissens fiel selten positiv aus, aber er hielt sich zurück damit, etwas in der Richtung zu sagen. Damit würde Val ihn niemals durchkommen lassen, im Gegenteil. Also lieber nicken und ein zittriges, unsicheres Lächeln auf die Lippen zwingen. „Ah... Sa-Sachen unterscheiden k-kann ich gut!“ Hoffte sie zumindest...
Es sollte also direkt um Einherjar gehen? Kenning schluckte. Richtig, ihr Körper war geformt nach dem Ebenbild einer dieser Kreaturen... oder aus dessen Körper? So sehr ins Detail war Hel da nie gegangen. Auf jeden Fall sollten sie und ihre Schwestern mindestens so aussehen wie diese Krieger. „Einherjar sind... e-edle Krieger, die auf dem Schlachtfeld gefa-fallen sind“, fasste sie zusammen in der Hoffnung, damit Pluspunkte in diesem Quiz zu sammeln. Bei dieser Antwort war sie sich nämlich sehr sicher! „Sie werden... von Val-Walküren nach Val-Valhalla gebracht und... gefeiert.“ Valhalla... Ein Ort, den Hel nicht allzu sehr geschätzt hatte. Es war Teil der Welt der Toten, über die sie herrschte, aber gleichzeitig ein Teil, den sie nicht so beherrschen konnte wie den Rest. Wenn sie ehrlich war, hatte Kenning das nie so recht verstanden. Die Eigenheiten von Helheim waren immer arg komplex gewesen für den neugierigen Engel, der immer lieber mehr von der Welt um ihn herum gesehen hatte, als über sie zu hören. Wofür sonst waren die perfekten Augen da gewesen? Mit der gleichen Neugier spähte sie nun auf die Seiten des Buches, versuchte neben den Zeichnungen auch Worte wahrzunehmen. Schlussendlich wurde ihr Blick aber doch noch auf die Bilder gelenkt. „Hmm... d-da ist keiner, der wie m-meine Schwestern aussieht“, stellte sie fest, schüttelte leicht den Kopf. Zu schade, dabei wäre es ein ganz schöner Zufall gewesen, wenn ausgerechnet eine von diesen fünf zu sehen war. Primär waren auf der Seite Männer abgebildet. Das passte eigentlich auch ganz gut, denn in jungen Jahren hatte Ken ihre Falkenaugen, diesen Segen, den Hel ihr vor Jahren entzogen hatte, gern genutzt, um auch einmal einen Blick hinüber in Valhalla zu werfen und nicht zuletzt die Herren der Schöpfung zu beobachten, die dort ihres ungewöhnlich angenehmen Leben nach dem Tod fristen konnten. Eine gewisse Enttäuschung legte sich in ihren Blick. „Keiner... keiner von denen sieht wie die Einherjar aus, die... die ich kenne...“, murmelte sie vor sich hin, ehe sich ihre Augen leicht weiteten. Ihr langer Finger deutete auf einen der Herren mit kurzem, dunklen Haar und auffälligen Schulterplatten, die sie wiedererkannte. „Moment! Der da! Der da!“, rief sie aufgeregt, ehe sie fragend den Kopf schief legte. „Aber... der ist doch kein Einherjar...?“ Nein, dieser Mann hatte es nicht nach Valhalla geschafft. Das Buch erzählte davon, dass er mutig im Kampf gestorben war, aber die Norne schüttelte den Kopf. Er war einer der gewöhnlichen Einwohner Helheims gewesen, die Tag und Nacht ihre Qualen zu erleiden hatten. Er war ein besonders erbärmliches Exemplar, wenn sie sich recht erinnerte. „Di-Dieser Mann... ist kein g-großer Krieger“, stellte sie erschüttert fest und ballte eine Hand zur faust. „E-Er... Der ist doch...! Der ist vo-vor seinem großen Kampf e-einfach weggelaufen! U-und wurde dann vo-von einem Feind in s-seinem Versteck erwischt, nachd-dem seine Ka-Kam-mm... Kameraden alle ge-gestorben sind!“ Das, was da im Buch über ihn stand, war doch völlig falsch! Was hatte Valkyrie denn da für einen Schund ausgesucht?
Größe: 1,86 Meter Gewicht: 64 Kilogram Gildenzeichen: mittig auf ihrer Rückseite, auf dem Steißbein, Farbe ihrer Lippen
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Manchmal war Ken schon ein hoffnungsloser Fall. Man sagte ihr, dass sie etwas nicht tun sollte und sie tat genau dasgleiche direkt danach noch einmal. Da lag nicht einmal eine Minute zwischen und sie wiederholte ihre Fehler. Vielleicht war es etwas viel verlangt, zu erwarten, dass sich ihr Verhalten und ihre Haltung auf Anhieb änderten. Womöglich war dies nicht fair. Doch Val war bei den Personen denen sie nahe stand, die sie kannten, alles andere als bekannt dafür, dass sie fair war. Sie spielte nicht fair, verhielt sich anderen gegenüber nicht fair und machte sich ihre eigenen Spielregeln. Da wirklich mit zu kommen, war für die meisten wohl eher schwer, erkannte nicht jeder das Muster was dahinter steckte. Das sich insgeheim immer wieder und wieder wiederholte. Vor allem jemand wie Ken, war niemand der wirklich helle war und Val schätzte sie auch nicht wirklich so ein, als würde sie es auch nur wagen, das Verhalten der Älteren, Erfahreneren in Frage zu stellen. Dafür krümmte sich ihre Selbstsicherheit gerade zu sehr am Boden, wie ein Regenwurm, der sich krümmte nachdem man ihn in zwei geteilt hatte. Mickrig und erbärmlich. Auch wenn die Engelsdame den Respekt, oder vielleicht auch die Furcht, welche man ihr zollte sehr wertschätzte. Sie mochte es, wenn andere sich ihrer Position, ihrer Rolle bewusst waren. Wenn sie wussten, dass sie unter ihr standen. Auch wenn sie selbst nur eine Schachfigur im Schachspiel ihres Meisters, ihres Herrn war. Enttäuscht stieß Valkyrie ein Seufzen aus und schüttelte den Kopf, als sich Kens Stottern noch weiter steigerte, sehr viel schlimmer wurde. Immerhin suchte sie keine Ausrede um sich Vals Test, der eigentlich kein richtiger Test sein würde oder sein sollte, zu entziehen und diesem zu entkommen. Das war schon mal etwas. Die Engeldame hatte schon öfter erlebt, dass sich andere Engel dessen entzogen oder auch Menschen schnell die Biege machten, wenn es in eine vergleichbare, ähnlich unangenehme Situation ging.
Zu Beginn schlug sie eine Seite zu den Einherjar auf. Etwas, was sie einst auch gewesen war, ehe man ihr jegliche Relevanz, jegliche Verantwortung und Bedeutsamkeit und Macht genommen hatte. Bevor man sie in ein nichts ohne Daseinsberechtigung verwandelt und sie verstoßen hatte. “Gut beobachtet. Auch keiner, der so aussieht wie du. Auch wenn du keine richtige Einherjar mehr bist.“, erwiderte sie auf die Feststellung der Jüngeren und musterte sie. “Schon faszinierend, dass die Menschen Krieger automatisch mit Männern in Verbindung bringen. Als wären Frauen nicht in der Lage schlachten zu schlagen. Ziemlich dumm, wenn du mich fragst.“, fuhr sie fort und stieß ein leises, herablassendes Lachen aus. Das sie nicht besonders viel von Menschen und allem Lebewesen mit einem komplexen Denkvermögen hatte, war nie etwas gewesen, dass sie vor anderen verborgen hatte. Vor allem nicht vor anderen Engeln oder göttlichen Wesen. Wenn auch sie sich in Anwesenheit von Loki immer etwas zurückhielt. Kenning erkannte eine der abgebildeten Personen wieder und kaum das sie zu Ende gesprochen hatte, verfiel Valkyrie in schallendes Gelächter. “Verrückt nicht wahr? Und das Beste daran ist, es gibt Leute die wirklich das glauben was hier drinnen steht.“, erklärte sie dem Mädchen. “Lass uns weiter gucken, es wird noch besser.“, fuhr sie fort und schlug die nächste Seite auf, die sich mit Hel höchstselbst beschäftigte. “Wer auch immer dieses Buch geschrieben hat, schien nicht besonders gute Quellen zu haben. Schau dir das Mal an.“, fuhr sie fort, deutete auf eine Stelle im Text über Hel, der ganz offensichtlich nicht stimmte. Das wusste Ken, aber auch Val. Ob Kenning den Wink verstehen würde, dass die Ältere sich nur über die ganzen Lügen und falschen Informationen lustig machen wollte? Das es sie amüsierte, den Schund zu lesen, der in dem Buch geschrieben stand, mit dem Bewusstsein und Wissen darüber, dass es falsch und in Wahrheit ganz anders war?
Wie ein Regenwurm, den man in zwei Hälften geteilt hatte, fühlte sich Kenning wirklich. Nicht nur jetzt gerade, wo sie sich vor Valkyrie rechtfertigen musste, sondern eigentlich recht häufig in ihrem Leben. Zerteilte Würmer waren so etwas wie ihr Seelentier. Mickrig und erbärmlich, wie Val es formuliert hätte. Dementsprechend, trotz all ihrer Furcht, versuchte sie gar nicht, dem Test zu entkommen. Angespannt studierte sie das Buch, das der deutlich ältere Engel ihr zeigte. “A-ah… nach einem, der wie ich aussieht, ha-... hab ich gar nicht g-geguckt”, gab sie zu und fuhr sich nervös durch die Haare, ein unsicheres Lächeln auf ihren Lippen. “S-so wichtig, dass ich in einem Bu-Buch stehen sollte, b-bin ich doch nicht…” Ihre Schwestern, sicher. Die erfolgreichen Engel. Die, die taten, was sie zu tun hatten. Aber doch nicht die Versagerin. Sie hatte in ihrem Leben nichts erreicht. Was für Taten sollten von ihr denn festgehalten werden? Die Frau, von der ihr Aussehen genommen worden war, konnte da nicht viel besser sein… “Dumm… ja.” Sie seufzte. “K-keiner von den Kriegern, die hi-hier drinstehen, konnte s-so kämpfen wie meine Schwestern.” Besonders Bryn würde sie vermutlich alle zusammen auseinandernehmen. Wobei ihr auch niemand auffiel, der Alda oder Íss übertölpeln könnte. “Mit… mit dem hier hätte Hjorleikr aber ein P-Problem…”, stellte sie fest und deutete auf einen anderen Mann. Einen Krieger, der es nicht nach Valhalla geschafft hatte, bei dem sie es fast ein wenig schade fand. Er war für sich gesehen nicht so beeindruckend, auch wenn er einen respektablen Geist hatte. Eine Eigenheit, die ihn hervorhob, hatte er aber. “Er war… sehr gut darin, s-seine Feinde zu entwaffnen.” Zweimal. Zweimal nur hatte Kenning gesehen, mit ihren Adleraugen aus sicherer entfernung, wie Hjor im Kampf entwaffnet wurde. Einmal hatte sie es knapp noch herausreißen können. Das andere Mal hatte Alda Born sie retten müssen. Ohne eine Waffe sank Hjors Fähigkeit zu kämpfen massiv, und anders als ihre großen Schwestern war ihr Kampfstil darauf ausgelegt, nah am Gegner zu bleiben, sodass das Risiko einer Entwaffnung für sie deutlich größer war als für den Rest. Dieser Mensch war gestorben, bevor sie entstanden waren, doch er wäre für Hjor wahrscheinlich ein ernstes Problem gewesen, wenn sie den Auftrag gehabt hätte, ihn in die Welt der Toten zu führen.
Es war wirklich verrückt, wie weit sich die Erzählungen der Menschen von der Realität unterschieden. Wobei Kenning, die jetzt seit einigen Jahren unter ihnen lebte, durchaus Verständnis dafür hatte. Anders als Götter wussten Menschen nur sehr, sehr wenig. Über ihre Welt, aber erst recht über alles, was darüber hinaus ging. Deswegen gaben sie sich sehr viel Mühe, über die Dinge zu lernen, die sie erreichen konnten. Und alles, was sie nicht erreichen konnten, mussten sie mit Geschichten auffüllen. “Ja… a-aber sie können es ja nicht besser wissen. Sie s-sind nicht mit allwissenden Wesen aufgewachsen wie… wie wir”, meinte die Norne mit sanfter Stimme und einem ungewohnt ruhigen Lächeln. Anders als ordentliche Engel waren Menschen eben nicht perfekt. “Sie… sie wissen nur, was sie selber sehen, und… und was sie von anderen hören. Und Geschichten ä-ändern sich mit der Zeit g-ganz oft…” Ein wenig nervös war die Schwarzhaarige ja, während sie das sagte. Sie wollte Val nicht widersprechen, hoffte, dass der erfahrene Engel das auch nicht so aufnahm. Das hier war lediglich ihre Ansicht der Sache, nachdem sie so viel Zeit selbst in den Schuhen eines Menschen verbracht hatte. Die nächste Seite des Buches konnte aber selbst Ken nicht verteidigen. “I-ist das auch noch… Teil vom Test?”, fragte sie aufgeregt und ihr Finger zuckte über die Seite. “So… so sieht Hel gar nicht aus, und… das hier, das würde sie gar nicht sagen, und…” Sie biss sich kurz auf die Unterlippe. Was für ein fieser Test war das denn? Sie konnte gar nicht alle Fehler auf diesen Seiten hervorheben, denn… “Ni-nichts davon ist richtig! Das… das stimmt alles ü-überhaupt nicht!”
Größe: 1,86 Meter Gewicht: 64 Kilogram Gildenzeichen: mittig auf ihrer Rückseite, auf dem Steißbein, Farbe ihrer Lippen
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“Das stimmt. Wichtig bist du nicht. Doch ist es kein Geheimnis, dass deine Schwestern und du alle einander sehr ähnlich seht. Oder ist dir das noch nie aufgefallen? Alle lange schwarze Haare, rote Augen… Schwarze Flügel. Wobei das auch das einzige zu sein scheint, in dem ihr euch ähnelt.“, erklärte sie Ken und musterte sie prüfend. Sie konnte sich nicht vorstellen, das ihr nicht bewusst war, das sie optisch einander sehr glichen. Das Aussehen war immer noch das erste, was man an einem anderen wahrnahm. Somit auch der Grund, warum nur die wenigsten die wahre Gestalt der Engelsdame kannten. Der Grund, warum sie sich hinter ihren Illusionen verborgen hielt. Die wenigsten würden wohl mit dem Anblick eines echten Engels aus den antiken Zeiten zurecht kommen. Sie hatte bei den frühen Sprossen der Menschheit die Erfahrung gemacht, dass sie sich vor ihr fürchteten. Also hatte sie sich weiterentwickelt und ein Aussehen angenommen, dass es ihr erleichtern würde unter ihnen zu wandeln und ihre Aufgabe, die ihr Loki aufgetragen hatte, zu erfüllen. Etwas, was Ken nicht konnte. Sie war von Anfang an eine ziemliche Enttäuschung gewesen und hatte nicht wirklich mit ihren Schwestern mithalten können. Trotz aller Bemühungen und Hoffnungen von Hel, war sie nie über sich hinausgewachsen und auf ewig die kleine hässliche Raupe geblieben, die sie heute immer noch war. Die Raupe, die es nie geschafft hatte, sich zu verpuppen und zu etwas anmutigen, mächtigen und starken zu werden. Sie war das Küken, das der Muttervogel aus dem Nest geschubst hatte und im Gegensatz zu seinen Geschwistern es nicht geschafft hatte die Flügel auszubreiten und stattdessen auf der Nase gelandet war. Auf ihre Erklärung hin, wie gut ihre Schwestern waren und mit wem eine ihrer Schwester Schwierigkeiten gehabt hätte, nickte sie zustimmend. Es war schön zu sehen, dass sie sich dem Können ihrer Schwestern bewusst war. Das würde ihr vor Augen führen, was sie nicht konnte und das sie noch einen weiten Weg hatte, wenn sie Hels Gunst je wieder gewinnen wollte. Einsicht war der erste Weg zur Besserung, hieß es.
Für einen Moment hielt sie in der Bewegung inne und man konnte ihr anmerken, wie sie sich verspannte. Langsam, auf eine fast schon gruselige Art und Weise drehte sie den Kopf vom Buch zu Ken, ihr Blick starr auf sie gerichtet. “Ist das so?“, sprach sie, ihre Stimme klang dunkel und bedrohlich, als würde sie jegliches Lebewesen alleine mit ihren Worten zum Ersticken bringen. Sie erhob sich von ihrem Platz und stellte sich hinter Ken, über ihre Schulter blickend. Für einen Moment stand sie nur da, blickte auf sie hinab, ehe sie sich zu ihr herunterbeugte. “Mir scheint es… Als würdest du so etwas wie Empathie für diese „Kreaturen“ empfinden.“, sprach sie. Das Wort „Kreaturen“ sprach sie mit voller Inbrunst ihrer Abneigung ihnen gegenüber und spiegelte wieder, wie wenig sie von ihnen hielt. Ihre Hand legte sich auf den Kopf der Jüngeren, strich über ihren Kopf. Es war keine Geste der Zärtlichkeit, so viel war klar. Ihre Bewegung war ruhig, wenn auch nichts in ihrer Haltung oder Ausstrahlung ein Gefühl von Wärme oder Liebe zeigte. Doch bevor sie noch etwas dazu sagen konnte, war Ken schon auf die Seite zu sprechen gekommen, die Valkyrie aufgeschlagen hatte, bevor sie aufgestanden war. Die Tatsache, das sie erkannte, das nichts was dort geschrieben stand, über ihre Schöpferin, ihre Göttin, besänftigte die Blonde wieder. Ihre Anspannung ließ etwas nach und Wärme schlich wieder in ihre Haltung, ihren Blick und ein Lächeln benetzte die rosanen Lippen. “Richtig.“, stimmte sie ihr zu. “Es freut mich zu sehen, dass du scheinbar noch etwas über deine Wurzeln weißt und diesen nicht vollkommen abgeschworen hast.“, fuhr sie fort, schnappte sich das Buch und schlug es mit einem weiteren, lauten Knall zusammen. Danach ging sie in einen Gang, natürlich nicht den, wo es hingehörte und packte es irgendwo hin wo Platz war. “Ich hatte schon die Befürchtung, dass du schon zu lange alleine hier bist… Verloren bist.“, fuhr sie fort, das Knarzen des Holzes erfüllte den Raum, als ihre Füße sie wieder in den offenen Raum zwischen den Regalen mit den Tischen und Bänken führte. “Was hältst du davon, wenn wir beide einen Auftrag übernehmen. Dann kannst du mir zeigen, ob du in deiner Zeit hier etwas gelernt hast. Etwas vernünftiges versteht sich.“, sprach sie, während ihre Tonlage zum Ende des Satzes hin wieder schärfer wurde und klar deutete, dass sie ihre Empathie und ihr Verständnis gegenüber den Leuten die Earthland belebten als Humbuck abtat.
„Nein... das w-weiß ich.“ Kenning schüttelte den Kopf. Natürlich war ihr klar, inwiefern sie und ihre Schwestern sich ähnlich sahen. Man musste kein Genie sein, um die schwarzen Haffe und Flügel sowie die roten Augen zu erkennen. Auch, wenn man an ihren Größen – sowohl der Körperhöhe als auch den übrigen Merkmalen des Körpers – deutlich erkennen konnte, in welcher Reihenfolge sie einst standen, wenn man sie nebeneinander aufstellte. „Aber... ich bin auch a-anders als die Anderen.“ Sie schluckte. Eigentlich wollte sie Val nicht widersprechen, aber wenn man die optischen Ähnlichkeiten hervorhob, dann musste man auch zugeben, dass Kenning aus dem Rahmen fiel. „Meine Flügel... sind nicht hübsch und mein... mein Heiligenschein ist... Blut.“ Sie deutete auf den tropfenden Kreis über ihrem Kopf, den sie sich kaum erklären konnte. Hel hatte sehr offensichtlich etwas an ihrem Design anders gewählt als bei ihren Schwestern. Den Grund dafür würde wohl niemand außer ihr selbst je kennen. Ken kannte ihn auf jeden Fall nicht. „Und... k-keiner in dem Buch sieht so aus.“ Aber ja, wie ihre Schwestern sahen die Leute auch nicht aus. Selbst wenn man die Flügel nicht mitzählte, war keine Kriegerin zu sehen, die in Körperbau, Gesichtsform und Farbwahl wirklich an eine von ihnen herankam. Das Buch war wahrscheinlich nur so gut informiert, wie ein Mensch es eben sein sollte. Auch wenn das etwas war, was die Norne wohl nicht hätte hervorheben sollen.
Kenning zuckte zusammen, schluckte, als sie die düstere Stimme Valkyries hörte, die ihren Blick auf sie richtete. Die Norne selbst wandte ihren Blick mehr oder minder unauffällig beiseite, dem Blick ausweichend. Damit kam sie aber nicht weit. Val blieb sehr bereitwillig außerhalb von Kens Blickfeld, bewegte sich sogar hinter sie, um ihr über den Kopf zu streichen und dabei zu ihr zu sprechen. „A-ach ja?“, fiepte der dunkle Engel angespannt, tippte die Spitzen ihrer Zeigefinger aneinander. „Das, ähm... I-ich habe doch keine E-Empathie bekommen, d-die hat nur Alda. Ich... ich bin die Neugier, richtig?“ So war es am Anfang vorgesehen worden. Sie und jede ihrer Schwestern hatten nur eine Emotion bekommen, mit Ausnahme der Anführerin, deren wohl größtes Geschenk es war, das gesamte Spektrum menschlicher Gefühle verstehen zu dürfen... damit sie es manipulieren konnte. Natürlich war sich Ken bewusst, dass sie schon lange nicht mehr nur Neugier empfand. Ihr großes Interesse an der Welt um sie herum hatte sie dazu gebracht, mehr zu entdecken und von Menschen zu lernen. Sie hatte kein Talent für Manipulation, aber dennoch fühlte sich vermutlich noch deutlich intensiver, als es Alda Born tat. Das durfte sie aber wohl kaum zugeben. Mit trockenem Mund sprach sie: „W-wegen meiner Neugier... ha-aah... habe ich gelernt... wie Menschen f-funktionieren. Das i-ist Alles.“
Kens Herz klopfte heftig, während sie darauf wartete, ob ihre ehemalige Aufpasserin – die sich gerade wie eine sehr aktuelle Aufpasserin anfühlte – ihr das abkaufen würde. Diese ganze Quizsituation war schwierig. So oder so merkte man deutlich, dass sie durchaus Gefühle hatte, die ihren anderen Schwestern fehlten. Weder Bryn, noch Hjor, noch Íss verspürten, beispielsweise, Furcht – eine Emotion, die auch nicht unter Kens Neugier zu fallen hatte. Und doch war sie sichtlich ängstlich. Nervös. Ein Gefühl, das sie nicht haben sollte. Man bemerkte es selbst, als sie versuchte, zu erklären, was an der Darstellung von Hel nicht stimmte. Nichts stimmte! Überhaupt nichts stimmte! Wie könnte sie das verpassen? „Na-natürlich hab ich n-nicht abgeschworen!“, murrte sie, bäumte sich ein wenig auf. Es reichte nicht, um gegenüber Val beeindruckend zu wirken, aber man merkte, dass Passion hinter diesen Worten steckte. „Ich... ich wollte d-doch nie gehen! I-ich wurde verbannt!“ Wenn Kenning die Wahl hätte, dann würde sie jederzeit, bei jeder Gelegenheit, an die Seite ihrer Göttin zurückkehren. Es war egal, ob sie dort gemocht oder geschätzt wurde oder ob Hel ihr nicht einmal ein einziges Wort schenkte, doch sie wollte bei ihr sein und in ihrem Namen handeln! Sie durfte es nur nicht. Sie hatte versagt, und jetzt gab es keinen Wunsch ihrer Göttin mehr, den sie erfüllen konnte. Sie hatte keinen Auftrag mehr. Sie war entlassen, beiseite geworfen. Nie würde sie auch nur daran denken, ihrer Vergangenheit, ihrer Familie abzuschwören. Sie war nur komplett ungewollt dort. „... ich... ich würde mich freuen, wenn wir zusammen einen Auftrag machen.“ Ruhe kehrte in Kennings Körper ein bei diesen Worten. Sie nickte, lächelte leicht. Ja, das klang sehr schön. „Ich durfte schon... schon sehr lange nichts mehr machen mit... m-meiner Familie“, gestand sie und senkte ihren Kopf. Gerne hätte sie die Blonde umarmt in diesem Moment, um ihr zu zeigen, dass sie für sie dazu zählte. Es waren nicht nur Hel und ihre Schwestern. Auch Valkyrie und Loki waren Teil von Kennings Familie. Umarmt werden wollte die Ältere aber sicher nicht, also sparte sie sich das. „Also ja. B-bitte. Lass uns... zusammen arbeiten.“
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Vals Körper nahm etwas an Anspannung zu als sie den Worten der Jüngeren lauschte. Diese würde es auch in der Bewegung von Valkyries Hand über ihren Kopf spüren, nahm die ohnehin schon recht lieblose Geste noch etwas an Härte zu. “Wie naiv du doch bist.“, sprach sie, ihre Stimme immer noch kühl und bedrohlich. “Du müsstest doch am besten Wissen, das Engel nicht immer das sind, was sie sein sollen oder wie es sich ihr Erschaffer gewünscht hat. Wenn du nicht einmal deiner Aufgabe nachkommen kannst ist es alles andere als unwahrscheinlich, das du in der Lage bist auch andere Gefühle und Empfindungen auszubilden als dir zusteht.“, fuhr sie fort und nahm eine von Kens schwarzen Haarsträhnen zwischen den Zeigefinger und Daumen, zwirbelte sie leicht dazwischen ehe sie leicht daran zog, sodass es unangenehm sein würde für die Norne. “Du hast dich noch nie an den Plan gehalten, also bilde dir nicht ein, dass es bei so etwas wie ausgerechnet Gefühlen anders sein sollte.“, wisperte sie, sich nun leicht zu ihr herunter gebeugt sodass ihr Kopf direkt neben dem Ohr der anderen war. “Zumal Gefühle oft in Wechselwirkungen und Korrelationen zueinander stehen. Um ein bestimmtes Gefühl empfinden und ausdrücken zu können bedarf es oft eines anderen.“ Langsam richtete sie sich wieder auf und löste ihre Finger von der Haarsträhne und blickte leicht nach vorne. Den Kommentar von Ken, das sie nie von Zuhause weg wollte und unfreiwillig auf Earthland gelandet war ignorierte sie, brachte das Buch weg. Das es an diesen Platz nicht gehörte, kümmerte sie wenig. Sie hielt nicht viel von Ordnung und warum sollte es sie interessieren, ob sich irgendein bedeutungsloser Earthling darüber ärgerte, das die Bücher nicht da landeten wo sie hingehörten? Warum sollten sie die Gefühle einer unwichtigen Fliege am Herzen liegen? Vor allem wenn sie sich selbst nicht einmal so sicher war, ob sie überhaupt so etwas wie ein Herz besaß. Denn diese menschliche Form die man in diesem Augenblick sah, war nicht ihre natürliche Form. Eine Illusion. Ihre ursprüngliche Gestalt hatte nichts mit irgendeinem der Lebewesen zu tun, die auf diesem lächerlichen Planeten lebten. Ob da überhaupt realistisch betrachtet Platz für so etwas wie ein Herz war? Sie wusste nicht wie ihr Körper von innen betrachtet aussah, ehrlich gesagt interessierte es sie auch herzlich wenig. Es war nicht ihre Aufgabe Dinge zu hinterfragen und sie hatte sich auch nie an ihrem Aussehen gestört. Es war die perfekte Verkörperung von dem Chaos welches ihr Meister anstrebte. Es ergab keinen Sinn, wirkte willkürlich, disruptiv. Sie sollte, wollte nicht verstanden werden. Das würde den Zweck verfehlen. Schnell fand sie den Weg zurück zu Kenning und stellte sich neben sie, blickte prüfend zu ihr herunter, saß die Jüngere immer noch an Ort und Stelle, wo sie diese zurück gelassen hatte. “Gut. Dann steh auf und komm. Wir machen einen kurzen Umweg zur Questvergabe und machen uns dann direkt auf den Weg.“, wies sie den anderen Engel an, ihr Blick spiegelte wieder, das sie sofort los wollte und weitere Verzögerungen nicht dulden würde.
„Ah... d-das... nein! Ich... ich kann ganz bestimmt k-keine anderen Gefühle fühlen!“ In ihrer nervösen Aufregung zeigte Kenning recht deutlich, dass das nicht stimmte. Schweiß rann ihr den Nacken herunter, während sie den Druck von Vals Hand auf ihrem Kopf spürte. Der antike Engel war nicht überzeugt, so viel stand fest. Sie machte sehr klar, dass sie die Norne für einen so großen Fehlschlag hielt, dass sie wohl sogar die Gefühle entwickeln könnte, die sie absolut nicht haben sollte. Ihre Schwestern waren anders. Brynjalfr, Hjorleikr und Íss hatten immer fehlerlos ihre eine Emotion durchlebt und Alda Born hatte trotz ihrem größeren Herzen nie ihren Weg verloren. Kenning war die einzige gewesen. Der einzige Fehlschlag. Sie biss sich auf die Lippe. „Ich...! Ich habe mich n-nie dafür entschieden, g-gegen einen Plan zu gehen! Ich ha-habe mein Bestes getan, Valkyrie!“, stieß sie aus, ihre Flügel aufgeregt flatternd. Ihr Herz schlug schnell, während sie zugleich empörend und flehend zu der Blondine aufsah. Obwohl sie praktisch gleich groß waren, fühlte Ken sich mit ihrem krummen Rücken deutlich kleiner. Wertloser. Sie wollte nicht mehr so viele Vorwürfe hören. Ihr Herz tat weh...
Ken atmete auf, während Val das Buch wieder zurückbrachte. Der Test war vorbei. Es fühlte sich nicht nach einem Sieg an, aber auch nicht nach einer kompletten Niederlage. Eine drei oder vier, wahrscheinlich, oder etwas dazwischen. Diese komischen Plus-Minus-Noten hatte Ken in der Schule immer irritierend gefunden, aber jetzt in diesem Moment hoffte sie sehr auf eine 3 Minus. Es reichte auf jeden Fall, um nicht komplett fallen gelassen zu werden, wie sie es gewohnt war. Das war gut! Val wollte mit ihr arbeiten! Sie hatte noch eine Chance, sich zu beweisen! „Na-...! Natürlich!“, stieß der blutige Engel erfreut aus und sprang auf von ihrem Sitzplatz, um an die Seite der Valkyre zu eilen. Auf gar keinen Fall wollte sie Val warten lassen! „Ich... ich zeige dir, dass ich gu-gut arbeiten kann! Ich... ich habe schon andere Quests gemacht! Mit Erfolg!“ Als einer von Hels Engeln hatte sie versagt, aber hier als Gildenmagierin machte sie sich... akzeptabel. Gespannt darauf, ihrer alten Aufpasserin zu zeigen, wie sehr sie sich entwickelt hatte, auch wenn ihr dafür noch eine Kleinigkeit fehlte. „Me-... mein Gewehr muss ich aber noch schnell holen! Ganz, ganz, ganz fix! Ka-kann ich das machen gehen, während du unsere Quest aussuchst? Ich... ich mache mit, was auch immer du gut findest!“ Ohne ihre Waffe war Ken nicht nur unsicher, sondern auch ziemlich nutzlos. Die musste sie holen. Da sie aber nur ein paar wenige Straßen vom Gildenhaus entfernt wurde, konnte sie die aber auch ganz schnell hören. Valkyrie würde sich sicher freuen, sie zu sehen. Schließlich stammte dieses Gewehr noch immer aus den Händen ihrer Göttin Hel...
Mit dem alten Scharfschützengewehr bewaffnet trat Kenning in die Questvergabe ein und sah schnell ihre Partnerin, eilte zu ihr, um sie nicht länger warten zu lassen. „Hier... hier ist es“, strahlte sie und hielt Hawkeye hoch. So wie auch ihre Schwestern hatte Ken eine Waffe erhalten, die die Göttin des Todes eigenhändig schuf mit den gleichen Kräften, aus denen auch die Engel entstanden waren. Auch wenn sie ihre Falkenaugen verloren hatte und das fehlende Zielfernrohr auf dem Gewehr damit tatsächlich Einfluss auf ihre Zielgenauigkeit hatte, benutzte Ken keine andere Waffe. Sie hing noch immer sehr an diesem Geschenk, das sie so gnädig behalten durfte. „Was, ähm... Was hast du uns für eine Quest ra-... rausgesucht?“
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