Ortsname: Satyrs Cornucopia Gildenhaus - Halle der Sammlung Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Die Halle der Sammlung ist die Eingangshalle des Gildenhauses und damit der erste Raum, den man beim Eintreten sieht. Sie ist aus Kostengründen eher spärlich gestaltet: Nahe des Eingangs befindet sich ein Tresen, hinter dem eigentlich nie jemand steht, an den Wänden steht hier und da eine Bank zum Setzen und am Ende der Halle steht ein schwarzes Brett, an dem Aufträge für die Gilde zu finden sind. Was der Halle ein wenig Leben einhaucht sind die selbstgemachten Früchte ihrer Hobbys, die Gildenmitglieder gerne hier ausstellen oder an die Wände hängen. Das reicht von Gemälden und Statuen bis hin zu Medaillen und selbstgezüchtetem Gemüse. Drei Türen führen aus diesem Raum heraus: Eine links zu den Schlafgemächern und Bädern, eine geradeaus zu den Hobbyräumen und eine rechts zur Lagerhalle der Gilde. Außerdem führt eine Treppe ins zweite Stockwerk, wo außer dem Zimmer des Gildenmeisters nicht viel zu finden ist.
Es war ein so wunderschöner Morgen, als Callum durch die Straßen Maldinas auf das Gildenhaus zulief, vielleicht etwas frostig, der Schneegriesel der letzten Tage hatte hier sicherlich mit reingespielt, aber auf keinen Fall unangenehm. Das Fell des Exceed schützte den jungen Kater ganz gut vor niedrigen Temperaturen und daher hatte er sich eher luftig angezogen, ein simples, beiges T Shirt und eine fast schwarze, vielleicht eher anthrazitfarbene Hose. Der heutige Tag war aber besonders schön, der Schneegriesel hatte aufgehört und nur noch wenige Wolken waren am Himmel. Nur einzelne Flecken waren noch wirklich von Schnee bedeckt. Diese Häufchen leuchteten in den frühen Sonnenstrahlen und blendeten Callum beinahe sogar. Die Sonne war also auch guter Dinge, das war doch schön. Mit einem fröhlichen Pfeifen hopste der junge Exceed durch die Straßen und erreichte auch bald darauf das Gildenhaus von Satyrs Cornucopia. Irgendwer hatte sich wohl den Spaß gemacht das Dach in bunten Farben anzumalen, statt eines langweiligen einfarbigen Daches erstrahlte das der Gilde in allen Farben des Regenbogens. Hier änderte sich ständig etwas, irgendwer scheint sein Hobby immer etwas weiter treiben zu wollen, als die anderen. Solange nichts kaputt gemacht wurde, war ja auch alles in Ordnung. Hatte nicht vor ein paar Wochen jemand jeden Türknauf und Fenstergriff eingestrickt? Das war schon ein lustiger Haufen hier. Mit einem kräftigen Satz hopste Callum nach oben und hängte sich an den Türgriff, um die erste Herausforderung des Tages zu schaffen. Manchmal war es nicht ganz so leicht klein zu sein, aber gleichzeitig machte es auch irgendwie Spaß durch die Welt zu navigieren, wenn sie nicht zu einem selbst passte. Langsam schwang die Tür auf, mit dem Exceed noch am Türgriff hängend. Beinahe war Callum versucht sich nochmal mit Schwung ein oder zweimal vor und zurück zu bewegen, aber mit der Tür zu schaukeln war heute nicht der Plan, auch wenn es verlockend klang, daher ließ der Exceed den Knauf los und landete mit einem eher dumpfen Geräusch in der Eingangshalle. Viel gab es hier nicht zu sehen, wenigstens dieser Raum war relativ spartanisch und abgesehen von Werken verschiedener Mitglieder gab es kaum etwas zu sehen. Gab es heute wieder etwas Neues? Sofort fiel dem Exceed eine hölzerne Figur auf, die in der Mitte des Raumes stand, die war neu, ein ziemlich detailreicher Adler, der scheinbar per Hand aus einem Baumstamm gefeilt worden ist, da hatte jemand wirklich den Kuss der Muse erhalten und eine Menge Zeit investiert. Irgendwie war Callum da ein wenig versucht seine Krallen in das Holz zu stecken und ein paar Mal daran zu schärfen. Doch bevor er dem Drang nachgeben konnte, drehte er sich lieber um und sah sich weiter um. Sonst schien kein neues Werk ausgestellt worden zu sein. Zu gerne hätte Callum hier auch mal einen Platz, um etwas von seinem Hobby zu zeigen, aber wie sollte man Outdoor Survival gut darstellen? Ein Zelt mitten im Gildenhaus? Hätte etwas, aber wirklich, darum konnte er sich auch später kommen. Eigentlich wollte Callum ja arbeiten und sich eine Quest aussuchen. Doch bevor er seinen Blick zum Questbrett wenden konnte, blieb er an einem Bild über der Eingangstür hängen. Er hatte es schon ein paar Mal hier hängen gesehen, wusste aber gar nicht, wer es gemalt hatte. Es war ein Bild von Ihm, Callum. Manche würden das als gruselig wahrnehmen, wenn irgendjemand ohne Erlaubnis ein Bild einem anfertigen würde, aber Callums ah nur das Positive und war eher geschmeichelt, dass sich jemand die Mühe gemacht hatte. Ich würde gerne mal wissen, wer das Bild gemalt hat. Die Signatur sagt mir leider gar nichts. Wie gerne würde der Exceed mal mit dem Künstler sprechen, vielleicht auch Modell stehen. Doch das war etwas für einen anderen Tag.
Ein weitere Flèche ausführend, lenkte Rownan seinen Degen und sich in die Grundposition zurück, indem er seine Fersen entlang der imaginären Linie im rechten Winkel aufstellte und die Spitze seiner Waffe etwas tiefer als seine eigenen Schultern zur Ruhe kam. Mit einer höflichen Verbeugung beendete er sein Training, während einige Tropfen Schweiß von den Spitzen seines Gesichtsfelles tropften. Dies war meistens der Punkt bei welchem er sein Training als beendet betrachtete. Obwohl er zwar überwiegend über die Hände und Füßen sowie seine Zunge Wärme abgab, schwitze er auch ganz konventionell, wenn die Umstände anstrengend genug waren. Die Sonne war im Atrium seines Wohnhauskomplexes nicht mehr zu sehen, nur der rötliche Schimmer erhellte den Himmel, und so wusste er, dass es an der Zeit war, sich für den nächsten Tag vorzubereiten. Vor wenigen Tagen war er hier in sein neues Heim eingekehrt. Es war nicht viel mehr als ein Schlafzimmer, welches auch gleichzeitig Wohn- und Arbeitszimmer war, sowie einer kleinen Kochnische und einem abgetrennten Sanitärbereich, der immerhin eine Wanne zur Verfügung stellte. Damit war es nicht deutlich schlechter als das, was er bis dato gewohnt war. Zudem schienen viele Arbeiter in den benachbarten Wohnungen zu leben, die sich nach kurzer Zeit nur wenig um sein Aussehen scherrten, weshalb er seine Trainingstermine in den Innenhof verlegen konnte. Da bis jetzt noch keine Schaulustigen aufgetaucht waren, führte er dieses, trotz der für viele eher eisigeren Temperaturen, Oberkörperfrei durch. Der Brunnen, der relativ zentral im Hof positioniert war, diente auch heute seiner Abkühlung. Einen weiteren Eimer des frisch abgepumpten Wassers über sich ergießend, schüttelte er sein dichtes Fell aus, um so ein Volltropfen seiner Behausung zu verhindern. Ausgiebig waschen würde er sich nun im Inneren, denn am darauffolgenden Tag galt es die ersten Einnahmen zu generieren sowie seinen Aushang zu positionieren. Monetären Reserven waren noch ausreichend vorhanden, allerdings hatte er noch ein Schuld zu begleichen und ewig würde er hier nicht wohnen wollen. Bis der Unterricht Geld abwerfen würde, müssten sich auch erst Interessenten finden. So würde er, auch um seiner Stellung in der Gilde willen, eine Quest annehmen. Zudem könnte sich dort eine erste Chance bieten, seine Kräfte zu schulen, die zurzeit bestenfalls in den Kinderschuhen steckten. Zufrieden kämmte er am Fenstersims die letzten Fellknäule heraus, die sich nach dem Abtrocknen gebildet hatten, während der Mond die einzige Lichtquelle war, die seine Umgebung beleuchtete. Wenn er sich am nächsten Tag in das Gebäude der Gilde begeben würde, hatte er gut auszusehen.
Die Sonnenstrahlen kitzelten seine Schnauze, während Rownan am Spiegel stand und seine Krawatte richtete. Er wollte nicht all zu spät starten, wenn sich die Chance bot, einen Auftrag annehmen zu können, den er im Alleingang würde ausführen können. Natürlich wusste er, dass dies unüblich war, zumal einige Missionen nicht zu unterschätzen waren, und seine Fähigkeiten zurzeit primär der Selbstverteidigung dienten, aber so könnte er sich wenigsten etwas in Ruhe akklimatisieren, ohne sich die Blöße vor anderen geben zu müssen. Das inkonsistente Wetter der letzten Zeit ließ seine Haare wortwörtlich zu Berge stehen und so war er froh, dass dieses sich fürs erste gelegt hatte. Die für ihn milden Temperaturen nahm er allerdings dankend an. Rownan wusste, dass die südlichen Gefilde eher von wärmeren Graden gesegnet waren, dennoch war dieser Ort die beste Alternative in seiner jetzigen Position und im Notfall würde er sein Fell kürzen müssen. Zurzeit war er sowie so noch pelziger als sonst, da aufgrund seines Aufenthalts im Norden, er die meiste Zeit ein Winterfell trug. Mit den wärmeren Tagen dünnte er sich hoffentlich so weit aus, dass es angenehm werde würde. Dennoch hatte sich die Pflege des Vorabends ausgezahlt, denn das Grau wirkte durch die Sonne umso intensiver und setzte sich charmant von seinem cremefarbenen Gesicht ab. Den Degen um die Hüfte gespannt bewegte er sich schnellen Schrittes zum Gildenhaus. Erneut hatte sich dieses seit seinem letzten Besuches verändert, was der Wolf jedoch eher zur Kenntnis nahm als wirklich schätzte. Mit Kunst war er vertraut, doch einige Projekte wirkten eher willkürlich als geplant. Vielleicht hätte diese Leute noch mehr üben sollen, ehe sie in die Dienste der Gilde traten. Die Tür öffnend überkam ihn, anders als an der frischen Luft, eine Fülle an Düften. Instinktiv hob er den Kopf, um die Gerüche besser aufnehmen zu können, eher sich beschämend an die Nase griff und diese senkte. Er hasste es, wenn er das tat, doch hatte er noch keinen Weg gefunden es sich abzugewöhnen. Abgelenkt dadurch stoppte er nur wenige Zentimeter vor dem katzenähnlichen Wesen. Einer der Gerüche hatte in ihm ein unangenehmes wenn auch nicht ungewohntes Gefühl ausgelöst. Jetzt wo er den Exceed vor sich sah, beschlich ihn eine Ahnung, was oder viel eher wer es ausgelöst hatte. Trotzdem hatte er den Armen beinahe niedergetrampelt, weshalb er sich zwangsweise entschuldigen musste. Mit einem tiefen, kehligen Räuspern schaute Rownan zum schwarzfelligen Wesen herab. „Entschuldigt bitte. Es war nicht meine Absicht euch zu übersehen“. Etwas merkwürdig und zeitlich versetzte streckte er ihm die Hand entgegen, die sich bei weitem noch nicht auf adäquater Höhe befand, während er merkte, wie sich seine Armhaare aufstellten und sein Körper ihm krampfhaft signalisierte Abstand zu nehmen. „Meine Name ist Rownan, ich bin neu in der Gilde. Und ihr seid“?
Die ganze Nacht lag Kyrios auf der Werkbank und hatte sich ausgeruht, während sein Erbauer, Exia, an ihm herum gebastelt hatte. Das Lacrima musste ausgetauscht werden und auch sonstiger Verschleiß wurde ausgewechselt, die Systeme etwas optimiert und allmählich wollte sich der Techniker auch an verbesserte Systeme setzen, um die Lebensfähigkeit des Machias zu erhöhen. Als Exia ihn gefunden und gerettet hatte, musste vieles so unheimlich schnell gehen, weswegen er viele Konstruktionen mehr schlecht als recht umgesetzt hatte. Aber nun wo Kyrios im Grunde ewig leben konnte, hatte Exia natürlich genug Zeit, sich darum zu kümmern. Allerdings kosteten Ersatz- und Betriebsteile sowie spezielle Werkzeuge ein Haufen Geld, also wurde der düstere Kyrios wieder dazu bewegt, sich um eine Quest zu kümmern. Der große Machias hatte sich also von der Werkbank erhoben und sich von Exia verabschiedet, um in die Haupthalle der Gilde zu betreten, die allgemein als Halle der Sammlung bekannt war. Man konnte Kyrios bereits von weitem hören, denn sein metallenes und schweres Auftreten erzeugte verstärkte Schallwellen, die sich natürlich aufgrund der sonoren Frequenz etwas weiter ausdehnen konnten, als Schall es auf normalen Frequenzen für gewöhnlich tat.
Dann trat der Gravitationsmagier auch schon in die Halle der Sammlung ein und ließ seinen, durch den Helm rötlich gefilterten, Blick durch jene streifen. Als ein Hybrid ohne große Passionen, war es für ihn immer schwierig nachzuvollziehen, was diese Magier in Satyrs Cornucopia so antreiben konnte, aber hier war nun einmal sein neues Zuhause. Kyrios arrangierte sich mit den sonderbaren Mitgliedern dieser Gilde und äußerte sich nicht weiter dazu. Mit lauten Schritten lief er tiefer in die Halle hinein, wobei nunmehr auch sein mechanisch rauschendes Atmen zu hören war, schließlich mussten die Luftfilter ja auch ihre Arbeit verrichten. Irgendwann, wenn Kyrios vernünftige Lungen besaß, konnte er mithilfe vereinfachter Systeme wieder besser atmen aber aktuell musste er eben in dieser Lebenserhaltungsrüstung stecken, die ihn unheimlich schwer und groß machte. Aus der Ferne konnte er bereits zwei sonderbare Wesen ausmachen, die beide nicht unbedingt an die menschliche Rasse erinnerten. Im Grunde waren es ein übergroßer Hund und eine kleine, fancy Katze und beide befanden sich in einer seltsamen Situation, denn dieser beabsichtigte Händedruck wirkte sehr schrullig aufgrund des Größenunterschieds. Mussten die zwei sich ausgerechnet vor den Quests beschnuppern? Ohne groß darauf zu achten, stolzierte der dunkle Lord auf die Tafel mit den Jobangeboten zu und ließ seinen Blick über die einzelnen Angebote wandern, doch keine Quest war für eine Ein-Mann-Arbeit geeignet. Kurz drehte er seinen Oberkörper und betrachte die beiden Tierwesen, ehe er einen tiefen, mechanischen Atemstoß ausführte.
Kyrios räusperte sich mechanisch und zog damit hoffentlich die Aufmerksamkeit der beiden Tierwesen auf sich und deutete dann auf einen Auftrag, bei dem es um Tortensaboteure ging. Die anderen Angebote waren gegenwärtig einfach zu schlecht vergütet. „Interessiert?“, fragte er und betrachtete die beiden Geschöpfe durch seinen Helm. Die beiden Magier konnten hingegen keinen Augenkontakt aufbauen, da die die Augen der Maske geschwärzt und verspiegelt waren. Kyrios war kein Mann vieler Worte, weswegen er auf große Vorstellungsrunden und Schmeichelein verzichtete. Wenn die zwei keine Lust hatten, dann würde er das schon allein bewerkstelligen. Aber manchmal war Partnerarbeit eben auch nicht verkehrt, schließlich konnte man auch da seine Benefits generieren. Hauptsache Alistair Lynch wird eines Tages gelyncht.
Es wäre eine Lüge gewesen, wenn man sagen würde, dass Callum nicht erschrocken war, als plötzlich ein zwei Meter großer Wolf vor ihm stand und ihn sogar beinahe umrannte, aber der Schreck war kein sonderlich negativer. Zwar besaß Callum so ein oder zwei katzenhafte Instinkte, aber eine negative Einstellung zu Hunden und ähnlichem gehörte definitiv nicht dazu, da war der Exceed eher freudig überrascht und sah hier nur einen neuen Freund vor sich stehen. Wieder jemand, der so groß war, nach Ren war dies die zweite Person, die so enorme Ausnahme hatte, die der Exceed traf, seit er Magier geworden war. Sind Menschen etwa doch alle so groß? Aber was ist mit Mareo und Rhewi? Die sind bestimmt Ausnahmen. Moment, ist er nicht ein Wolf, zählt er dann überhaupt als Mensch? Wie schön, dass Callum bereits wieder geistig abgeschweift war, während der Wolfsmensch vor ihm noch dazu ansetzte sich vorzustellen. Er hielt dem jungen Kater sogar die Hand entgegen, auch wenn der Exceed sicherlich nicht groß genug war, um diese ordentlich zu ergreifen. Zwei kurze Hopser, um dies zu versuchen später, ließ Callum es bleiben und nahm die nächst beste Variante. Mit aller Kraft, die er besaß sprang er nach oben und gab dem Wolf ein HighFive, bevor er seine Flügel materialisierte und sich sanft zu Boden gleiten ließ. Hallo, ich heiße Callum. Freut mich. Mehr war doch eigentlich nicht nötig. Als der Exceed landete blickte er nochmal auf seine Pfote herunter und begann die Stirn unter der Maske in Falten zu legen. 1 … 2 … 3 … 4. Oh nein. War es noch ein HighFive, wenn er nur vier Finger hatte? Seine Pfote besaß nicht genügend Gliedmaße, wie konnte er es dann HighFive nennen? War es ein HighFour? Noch vollkommen von dieser existentiellen Krise vereinnahmt, bekam Callum kaum mit, das sich noch eine Gestalt dazugesellte. Erst, als ein blechernen Räuspern ihn aus seinen Gedanken riss, sah der Exceed, dass ein weiterer großer Mann bei den beiden tierischen Kumpels aufgetaucht war. Ja, die sind alle so groß, Rhewi und Mareo sind die komischen, kleinen Menschen. Der große Mann deutete auf einen der Aufträge und fragte nur knapp, ob Rownan und Callum interessiert wären, was sofort ein freudiges Lächeln auf das Gesicht des Exceed zauberte, er war doch genau deswegen hier. Aber sicher. Ich bin Callum und das ist Row … Weiter kam der junge Exceed nicht, denn er verstand jetzt erst, was da vor ihm stand. Das Räuspern alleine hatte nicht ausgereicht, aber die Statur, die Geräusche, einfach alles. Wenn sie es gekonnt hätten, die Augen des Exceed hätten als Scheinwerfer fungieren können, so sehr strahlten sie. Ein. Waschechter. Roboter. Wie cool war das denn? Was bist du denn für einer? Bist du ein Roboter? Kannst du Dinge fühlen? Hast du Emotionen? Magst du Katzen? Bist du auch ein Magier? Hast du Hunger? Callum war regelrecht entfesselt, immer mehr und mehr seiner Fragen schossen auf den schwarzgewandeten Mann ein. Gleichzeitig begutachtete Callum ihn auch auf die unfreundlichste Weise, die man sich vorstellen konnte, denn der Exceed hatte damit begonnen den Anzug des Mannes als Kletterbaum zu missbrauchen und bei jeder seiner Fragen ploppte der Kopf des Exceed an einer anderen Stele auf. Einmal blickte er ihm über die Schulter, dann war er wieder am Schenkel des Mannes und dann wieder hing er plötzlich am Arm des Neuankömmlings. Der Exceed war einfach hellauf begeistert von dem neuen Gesicht, das er noch nicht einmal gesehen hatte. Zum Abschluss seiner Fragerunde kletterte Callum den ganzen Weg nach oben und stellte sich auf die Schultern des Mannes, so, dass er seinen Kopf auf dem Kopf des schwarzgewandeten betten konnte. Ich würde gerne mitkommen, klingt lustig. Und wow bist du groß, ich habe richtig guten Ausblick. Schon cool, dass du immer soweit gucken kannst. Ich muss dafür fliegen. Wie würden eigentlich die anderen beiden Magier auf Callums Eskapaden reagieren? Sie wussten noch gar nicht auf was sie sich da eingelassen hatten.
Beinahe interessiert betrachtete er die Kreatur, die sich wenig später als Callum vorstellen sollte. Normalerweise hatte er sich bei kleineren Menschen oder Kindern in die Hocke begeben, um sein Gegenüber adäquat zu begrüßen. Seine körperliche Reaktion allerdings hatte ihm verraten, dass er sich bereits mehr als überwunden hatte, überhaupt diese Art der Begrüßung zu wählen. Fast schon verzweifelt hopste der Exceed seiner Pfote entgegen. Bevor er diese jedoch zurückziehen konnte, um sich vermutlich erneut Entschuldigen zu müssen, sprang jener diesmal unerwartet hoch und gab ihm ein… wie nannten es die Kinder immer, High-Five? Statt jedoch zu Boden zu stürzen, materialisierten auf dem Rücken der Katze Flügel, die ihn sanft gen Boden gleiten ließen. Obwohl den Wolf die Geste mehr als verwirrte, war die darauffolgende Showeinlage tatsächlich ein Grund für Erstaunen. Rownan hatte bestenfalls von dieser Katzenartig gehört, dass sie allerdings Flügel besaßen oder viel eher beschwören konnten, war ihm neu. Ob er auch richtig fliegen konnte fragte er sich im Stillen. Während die beiden miteinander beschäftigt waren, hatte ihm seine Nase bereits signalisiert, dass eine weitere, ungewöhnliche Person den Raum betreten hatte. Wenig später folgten auch entsprechende Gebräuche, doch der Magier wollte sich nicht die Blöße geben, den Augenkontakt mit seinem Gesprächspartner zu unterbrechen, wo ihm bereits der Fauxpas der beinnahen Zerquetschung passiert war. Jetzt, wo Callum in seinen eigenen Gedanken zu sein schien, denn dieser schaute nach seiner coolen Geste auf seine eigene Pfote statt zu ihm, schaute Rownan auf und sah, wie sich etwas noch merkwürdigeres auf das ungleiche Duo zubewegte. Kurz kam ihm der Gedanke, ob er selbst überhaupt so etwas denken noch allein aussprechen durfte. Immerhin war er einem Wolf ähnlicher als einem Menschen und bis dato hatte er noch nichts Vergleichbares kennen gelernt. Scheinbar war Satyrs Cornucopia nicht nur die Anlaufstelle für Freigeister, sondern auch eine Zuflucht für den verschiedensten Geschöpfe Fiores. Der Exceed hatte dafür gesorgt, dass seine Armhaare sich aufgestellt hatte. Die Maschine schaffte es darüber hinaus seine Nackenhaare zu stimulieren, weshalb der Grauhaarige instinktiv seine linke Hand an den Rapier bewegte. Natürlich war dieser Gedanke irrational. Immerhin waren sie Mitglieder der gleichen Gilde und auch das Zeichen des Neuen war gut auf seiner Brustplatte zu sehen. Aber Instinkte waren Instinkte und so konnte er sich nicht helfen. Als der Unbekannte bei ihnen ankam räusperte er sich, was sich selbst für den Tiermenschen noch tiefer, rauer und unnatürlicher anhörte, als wenn er es tat und fragte schlichtweg, ob die beiden an einer Quest interessiert waren. Von weiten konnte er nicht alles erkennen, einzig, dass es um die Sabotage von Torten ging. Oder das Verhindern dieser? Weder durch den Geruch noch durch seine Mimik oder Gestik, gab die Maschine irgendwelche Hinweise, was sie in diesem Moment dachte oder wie es der Person im Inneren erging. Zwei Fremde, zwei Masken seufzte er innerlich. Aber er war aus dem gleichen Grund hier wie viele an diesem Tag: Sie suchten nach Arbeit und musste sich gruppieren. Und da es hier nicht hierbei nicht um einen Undercover Auftrag handelte, bei welchem sie alles andere als unauffällig wären, waren die drei ungleichen Magier sicher mehr als geeignet. Bevor er jedoch das Wort ergreifen konnte, war Callum bereits Feuer und Flamme. Zu seiner Überraschung wollte das kleine Geschöpf ihn sogar vorstellen, schien darin aber fast zeitgleich das Interesse verloren zu haben, als er sich zum Dritten im Bunde umgedreht hatte. Natürlich wollte Rownan diese stümperhafte Vorstellung korrigieren, doch das Verhalten seines Gegenübers war so hypnotisierend, dass er nur mit leicht geöffneten Maul und ungläubiger Mine zuschauen konnte. Zusammen mit einem Schwall an Fragen, die Aufgrund der Art und Dauer der Bekanntschaft mehr als unangebracht waren, bestieg jener den Hünen, der durch seine schiere Größe sogar den Wolf dazu zwang aufzuschauen, und begutachtete diesen. W-w-w…was? Zu viel mehr waren auch die Gedanken des Pelzigen nicht mehr in der Lage, da die Situation vor seinen Augen so surreal erschien, dass er beinahe glaubte zu träumen. Einzig die Tatsache, dass er von dieser Tortur verschont geblieben war, erleichterte ihn. Erst als das Flügelwesen auf den Schulter des schwarzen Riesen ankam und die Quest bejahte, kehrte auch er langsam wieder in die Realität zurück. „Gerne können wir die Rownan machen… ich bin Quest“ stammelte der Lupine, noch immer mit offenen Mund und gänzlich unterschiedlich von seiner sonst so eleganten Fassade, immer noch völlig perplex von den Ereignissen, die sich vor seinen Augen abgespielt hatten und vermutlich so verwirrt, wie zu Beginn seiner ersten Erinnerungen.
Wenn Satyrs Cornucopia eines war, dann eine Sammelstelle für die wohl unterschiedlichsten Geschöpfe Fiores. Diverse Völker waren auch in anderen Gilden vertreten, aber Satyrs Cornucopia war dahingehend dann doch eine etwas andere Nummer. Der gänzlich in schwarz gestaltete Machias hatte sich an das Questboard begeben und einen Auftrag abgezogen, der interessant und machbar klang. Früher hatte Arcadius bahnbrechend gefährliche Aufträge durchgeführt und viele Feinde des Königreiches niedergestreckt, zählte er doch zu den mächtigsten Rune Knights, die seiner Zeit im Nachwuchs vorhanden waren. Doch sein Leben wurde völlig auf den Kopf gestellt und nun begann er im Grunde wieder bei null. Er hatte einen überwiegend künstlichen Körper, verfügte nicht mehr über die seine einstige Macht und war auch nicht mehr dazu in der Lage, seine Magic Swords zu verwenden. Stattdessen hatte ihm die Unterwelt der Magie ein völlig neues Geschenk beschert, welches aus purer Verzweiflung, vermischt mit Hass und Ambitionen erschaffen wurde. Die reine Kraft seiner tiefdunklen Gefühle hatte ihm den Pfad zur Gravitationsmagie eröffnet. Doch trotz aller Dunkelheit in seinem Herzen, wandelte Arcadius unlängst wieder auf der Seite des Lichts, wenn auch geblendet von Rache.
Kurz und knapp hatte der Machias die beiden anwesenden Gestalten gefragt, ob sie ebenfalls Interesse hatten, den Tortendieb-Auftrag auszuführen. Die Katze war sofort begeistert und bestätigte diesen Umstand, stellte sich selbst als Callum vor und war auch im Begriff den Wolf namentlich zu benennen, stoppte aber, nachdem er offenbar realisierte, vor wem er hier eigentlich stand. Unter dem Helm zog Kyrios die Augenbrauen zusammen und atmete tief durch, was außen durch den Filter eine starke Resonanz erzeugte. Plötzlich wurde der Machias von Fragen bombardiert, die teilweise nicht einmal einen Zusammenhang hatten, aber das war noch gar nicht das schlimmste. Der Kater kletterte an ihm empor und tauchte bei jeder gestellten Frage wo anders auf, bis der Exceed letztlich auf seiner Schulter zum stehen kam. Doch der Machias wehrte sich nicht gegen diesen Missbrauch als Kletterbaum und drehte leicht den Kopf, um Richtung der Katze blicken zu können. „Ich heiße Kyrios“, stellte er sich mit seiner metallenen Stimme vor und ging im Geiste die übrigen Fragen durch. „Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Nein“, war also die pragmatische, sehr maschinell gegebene Antwortfolge auf die Fragen ob er ein Roboter war, Dinge fühlen konnte, Emotionen hatte, Katzen mochte, ein Magier war und ob er Hunger hatte. Auf jeden Fall war Kyrios positiv gestimmt, dass der Exceed mitkommen wollte und lobte sogar seine Körpergröße, weil er einen unheimlich guten Ausblick hatte. Wenn die Katze doch nur wüsste, dass sein Blick in tiefes Rot getaucht war und er vielerlei Farbspektren nur sehr vage und verzerrt wahrnehmen konnte. „Dann bleibe auf meiner Schulter, dann musst du nicht fliegen“, entgegnete der Machias auf die Worte des Exceed und gab ihm damit die Erlaubnis, auf seiner Schulter zu verweilen.
Die undurchsichtigen Augenpartien des Helmes wandten sich dem Wolfsmenschen zu, der wie angewurzelt an Ort und Stelle verblieb und aufgrund seines offen stehenden Mundes wohl gerade einen Augenblick absoluter Verwunderung ertragen musste. Dieses seltsame Geschöpf hatte noch kein Wort gesprochen und diese Szenerie mehr als überrascht betrachtet, also war Kyrios drauf und dran nach zu haken, ob bei ihm alles in Ordnung war. Doch dazu kam es gar nicht erst, denn Rownan schien seine Fassung halbwegs wieder zu erlangen und der Quest ebenfalls zustimmte. Wortlos nickte der Machias und stapfte gen Ausgang der Halle zu, ehe er auf halben Wege über die Schulter zurück zu Rownan blickte. „Komm schon, Quest. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit“, mahnte der dunkle Lord den Lupine an und lief dann auch schon weiter. Er hieß Quest? Genauso wie die Aufgaben, die Magier erfüllten? Ein seltsamer Name, aber Arcadius hatte noch nie jemanden verurteilt, der einen seltsamen Namen trug. „Reisen wir nach Crocus!“, konstatierte der Machias, der es innerlich aber mit gemischten Gefühlen betrachtete. Seit seines Verrats an den Rune Knights und seinem beinahe Tod durch Alistair, war er nie wieder in der Hauptstadt gewesen. Und ob man einen Machias wie ihn dort überhaupt dulden würde? Schwierige Situation.
Einer Gilde beizutreten war ein guter Weg, um neue Erfahrungen zu machen, die unterschiedlichsten Leute kennen zu lernen und gemeinsam größere Aufgaben zu bewältigen, hieß es. Was die Nymphe deshalb gleich als Erstes getan hatte, war sich in der örtlichen Gilde einzuschreiben. Dieser Ort schien bekannt dafür zu sein, dass man seinem liebsten Zeitvertrieb nachgehen konnte - und das wurde auch noch gefördert? So oder so ähnlich. Bisher klang das alles äußerst vielversprechend, aber dann hatte sie sich von ihrem Häuserbau nahe Maldina ablenken lassen. Wenn sie ein eigenes Haus in der Nähe der Gilde besaß, musste sie nicht weit laufen. Das war ihr Grund genug, ihr Projekt umzusetzen und nebenbei ein wenig zu üben. Inzwischen besaß sie ein hübsches, unterirdisches Domizil, in der Architektur angelehnt an den Stil einer gewissen uralten Ruinenstadt. Natürlich hatte sie es auch gleich nach dem besten Tag des Jahres eingerichtet. Heute dagegen wollte sie sich etwas Zeit nehmen und die Gilde genauer unter die Lupe nehmen. Sonderlich kompliziert war die Anmeldung zum Glück nicht gewesen und schwupp, schon gehörte sie dazu! Der Beweis dafür prangte als goldenes Zeichen knapp über ihrem Fußgelenk. Die Nymphe, die optisch im Grunde viel Ähnlichkeit mit den mysteriösen Elben besaß, trug auch an diesem Tag mehr Schmuck als Stoff und tappste mit nackten Füßen über den Boden. Hier und da blieb sie stehen und schaute sich scheinbar völlig banale Dinge interessiert an, als sähe sie sie zum ersten Mal. Mal klopfte sie prüfend gegen eine Wand, mal strich sie mit einer Hand über den Flur und lehnte ihre Wange daran, als müsste sie eins mit ihrer Umgebung werden. Zufrieden mit ihren scheinbar neuen Erkenntnissen sah sie sich neugierig die ausgestellten Werke an und blieb vor einer Obstschale stehen. Jemand hatte offenbar diverse Obstsorten täuschend echt in Stein gehauen. Ein Auge fachkundig geschlossen, hob die Nymphe mit dem ellenlangen grünen Haar einen steinernen Apfel hoch - und biss schließlich herzhaft hinein, sodass es nur krachte. Nachdenklich kaute sie auf dem Stein herum und schlenderte weiter. Ein wenig zu weich für ihren Geschmack...Aber nicht übel! Aus ihrem Beutel, den sie an der Hüfte trug, förderte sie einen grauen Spekulatius zu Tage, auf dem eine Windmühle eingraviert war. Vorsichtig legte sie es gut sichtbar zum Steinobst. Menschen tauschten gerne, so viel wusste sie inzwischen. Ob Goldmünzen, ominöse Säcke mit einem seltsamen Pulver oder sogar Tierteile, alles schien einen Wert zu besitzen. Gold mochte sie ebenfalls - und das zeigte sie auch. Sie war von Kopf bis Fuß mit Schmuckstücken verziert, die es nicht beim Juwelier um die Ecke gab. Die meisten Menschen hüllten sich dagegen in unterschiedlichste Stoffe. Damit konnte sie dank einer freundlichen Schneiderin aus der Gilde nun ebenfalls dienen! Die hatte ihr an ihrem ersten Tag gleich eines ihrer Kleider geschenkt. Zuvor hatte sie nur alte, halb verrottete Überreste getragen, die sie bei ihren Ausflügen gefunden hatte. Hier sammelten sich wirklich viele beeindruckende Talente. Womit konnte sie wohl anfangen? Schmieden, töpfern, meißeln, züchten, bauen, formen, malen...Die Auswahl schien grenzenlos.
Woran erkannte man, dass es ein guter Morgen war? Na, das war doch klar! In dem Moment, in dem man die Augen öffnete, hatte ein neuer, spannender Tag begonnen! Jedes Mal! Müdigkeit? Nicht für Ravinuthala Tsumiho! Wenn sie müde war, schlief sie! Wenn sie aufwachte, war sie wach! Man konnte es sich eben doch so simpel machen! Ausgiebig hatte sie ihren großen, muskulösen Körper gestreckt, kaum dass sie aufgewacht war. Sie konnte nicht so recht sagen, warum sie im Park unter einem Baum geschlafen hatte, aber das hatte ihr Haar auch nur ein wenig durcheinander gebracht und daran störte sie sich nicht. Anstatt Gedanken daran zu verschwenden, machte sie sich lieber daran, ihr Leben zu genießen! Nach ein paar Runden Schattenboxen und ein paar Sit ups – natürlich nicht am Boden, sondern kopfüber mit den Beinen um einen Ast geschlungen – fühlte sie sich richtig fit und voller Energie. Jetzt stellte sich die Frage, was sie damit machen sollte.
Unterwegs schnappte sich die Oni eine ordentliche Hähnchenkeule, um sich wenigstens einen kleinen Happen zwischen die Zähne zu schieben, ehe sie an ihrem Ziel angekommen war: Das Gildenhaus! Hier gab es immer etwas zu tun! Vor Allem hatte ein Gildenkollege, der handwerklich ziemlich geschickt war, ihr einen großen Gefallen getan. Menschen hatten eine grundlegend andere Weise, Dinge zu bauen als Oni, was sicher an verschiedenen Faktoren lag – Körperbau, Kultur, zur Verfügung stehendes Material, all so etwas eben. Das hatte leider dazu geführt, dass die Tsumiho in ihrer Zeit hier schon zwei Taikos komplett in Grund und Boden gespielt hatte. Die Dinger waren komplett auseinandergefallen unter der Wucht ihrer Trommelstöcke, was oben in den Bergen einfach nie vorstellbar gewesen wäre. Da hielt sich doch keiner zurück! Da hämmerte man drauf, dass es donnerte, und dann passte das schon! Das funktionierte hier unter Menschen allerdings weniger gut... bisher. Jetzt hatte ein Kumpel ihr mit ein paar anderen Handwerkern der Gilde zusammen eine schicke neue Trommel zusammengebaut, die sie unbedingt ausprobieren musste. „Das hier isse, ja?“, grinste die Oni zufrieden, während sie die Trommelstöcke aus ihrem Gürtel zog, in ihren Händen herumwirbeln ließ, ehe sie einen davon mit voller Kraft auf das Musikinstrument hinab krachen ließ. Ein dröhnender Donnerschlag hallte durch die gesamte Gilde, schwer zu überhören, wenn man nicht gerade in einem der schallisolierten Räume hockte. Die Haupthalle, in der die Tsumiho ihr neues Instrument ausprobierte, wurde auf jeden Fall ziemlich erschüttert. „Ahaha! Das ist voll super!“, rief sie mit leuchtenden Augen und stellte sich breitbeinig vor die Trommel, während sie sich in Position brachte. Die musste sie einfach richtig testen. „OOORAAAA!“ DUN-DUN! DUN-DUN! Einer nach dem anderen schlug erst ihr rechter, dann ihr linker Stock auf die Trommel ein, wieder und wieder, ließ einen kontrollierten, kraftvollen Beat durch das Gebäude hallen. Die Begeisterung war in den Augen der Musikerin zu lesen. Schwer vorstellbar, dass diese Vorstellung nicht die Aufmerksamkeit anderer auf sie ziehen würde...
Ein Erdbeben? Verwundert hielt die Nymphe inne. Unter ihren bloßen Füßen spürte sie weniger sanfte Erschütterungen. Ein rythmisches Donnern erklang durch die Gilde. Der Verursacher musste ganz in der Nähe sein! Es erinnerte sie an ihren Drachenpapa, wenn er wegen etwas mit dem Schweif wedelte. Ob hier ein Verwandter von ihm lebte? Dann konnte sie ihm gleich hallo sagen! Sie wusste ja, dass er nicht der Einzige seiner Art war. Ein Unikat war er natürlich trotzdem. In diesem Moment musste er tief und fest in den tiefsten Tiefen seiner Höhle vor sich hinschnarchen. Bevor sie aufgebrochen war, hatte er sich noch den Magen mit leckeren Riesenwurzeln vollgeschlagen. Sie wusste selbst nicht, wann sie zurückkehren würde. Ein Jahr, zehn, hundert. Das entschied sie ganz spontan, wenn ihr danach war. Allein mit den vielen Möglichkeiten der Gilde konnte sie sich viele Monde über beschäftigt, ohne dass es zu langweilig wurde! Und ihr Haus musste sie auch nach und nach zu einem Palast ausbauen. Und die Stadt erkunden und den Schlüssel für ein gewisses Tor finden. Da blieb noch genug zu tun! Die wuchtigen Drachenschweifschläge erinnerten sie an etwas. War das...Musik? Eine kontrollierte Anordnung von Schallereignissen, um Empfindungen hervorzurufen. So oder so ähnlich war das! Wichtiger für sie war, dass Musik Spaß machte. Die passte auch besonders gut zu festlichen Anlässen. Ob es etwas zu Feiern gab? Das Donnern kam mit jedem Schritt näher und in der Haupthalle fand sie schließlich...keinen Drachen, sondern eine riesige Menschenfrau! Frauen erkannte man dadurch, dass sie Hügel auf der Brust besaßen. Einen Bart trug die Riesenfrau auch nicht, was ein weiteres Indiz dafür war. Kein Drache also...Schade, aber weniger spannend war es dadurch auch nicht. Sie hämmerte auf etwas herum, dass ein Instrument sein musste. Was für eine Kraft! Wenn sie ruhig stehen blieb, wurde sie von der schieren Kraft förmlich davongetragen. Selbst ihr Herz sprang wie wild hin und her! Badum, Badum! Während sich im Hintergrund ein paar Gildenmitglieder heimlich in Sicherheit brachten, blieb die Grünhaarige fasziniert vor dem Spektakel stehen. Selbst die Lautstärke störte sie nicht. Immerhin war sie Drachenschnarchen gewohnt und es gab förmlich nichts, das ihren eigenen Schlaf stören konnte. Mit großen Augen sah die locker zwei Köpfe kleinere Nymphe den Trommelschlägen zu und bewegte schließlich probehalbe über ihre Füße über den bebenden Steinboden. Der Takt des Gewitters war einfach, aber still zu halten war schwer! Wumm-Wumm-Wumm! Teri stampfte nacheinander mit den Füßen auf und versuchte sich nach etwas Einfindung mitzuhalten. Für etwas, dass aussah wie eine grazile Elfe aus den Geschichten war sie nicht sonderlich grazil. Ihre Bewegungen besaßen etwas Schwerfälliges, als wäre sie gerade erst aus dem Bett gefallen. Oder schwer betrunken, aber den Eindruck erweckte sie nicht. Entsprechend schnell war sie aus dem Takt und machte trotzdem ungestört weiter. Sie hätte nicht gedacht, dass die Leute auf der Oberfläche Drachengeräusche als Musik mochten! Da es gerade zu laut für eine Begrüßung war, hob sie mittendrin einfach ungelenk die Hand und lächelte vergnügt.
Hach ja, es machte einfach echt Laune, mal ordentlich auf den Putz zu hauen! Der Putz war in diesem Fall kein Trainingspartner, sondern Ravis coole neue riesige Taiko-Trommel, die das Gildenhaus mit ihrem tiefen Bass erbeben ließ. Man sollte meinen, dass jemand versäumt hatte, eine Unwetterwarnung herauszugeben, aber nein, die Donnerschläge kamen aus dem Inneren des Gebäudes und folgten in perfektem Takt jeder einzelnen Bewegung, die die Oni vollführte. Es war ein Wunder, dass nicht jeder zu tanzen begann – aber zumindest ein Gildenmitglied nahm die Einladung offenbar an!
Ein kleines Mädel tauchte in der Halle der Sammlung auf und begann, amüsiert herum zu hüpfen, während ihr langes, grünes Haar um ihren Körper wirbelte. Das gleiche Gefühl für den Takt wie die Oni hatte das Kind nicht, doch das störte Ravi herzlich wenig. Es war schön zu sehen, dass jemand ihre Musik genoss, zauberte ihr ein breites Grinsen aufs Gesicht und mit einem nochmal stärker motivierten „HYAAAH!“ legte sie noch zwei mächtige Schläge drauf, um wirklich den Knall durch die Gilde hallen zu lassen, ehe sie erschöpft durchatmete, sich den Schweiß von der Stirn wischte und ruhig durchatmete.
„Das. War. Voll. SUPER!“
Triumphal stieß Ravi die Fäuste in die Luft und lachte. Ihre neue Taiko war auf jeden Fall die ganze Arbeit wert, die ihr Kollege da reingesteckt hatte. Mit stampfendem Schritt trat sie hinüber zu der Kleinen, die sich zu ihr gesellt hatte, und grinste auf sie hinab. „Hey, HEY! Wer bist du denn? Hab dich hier noch nich gesehen!“, lachte sie auf und legte eine Hand auf den Kopf der Tänzerin, um ihr durch die wilden Haare zu wuscheln. Niedlich war sie ja schon. „Mein Name ist Ravinuthala Tsumiho, stärkste Kriegerin des Stamms der roten Sonne! Freut mich, dich kennen zu lernen! Bist ja ne richtig aufgeweckte Tänzerin!“ Ravi war bei so etwas ja nicht besonders koordiniert. In ihrem Stamm war sie Trommlerin gewesen, nicht Tänzerin. Außerdem Jägerin und Kriegerin, aber das war gerade nebensächlich. Oni wussten, wie man feierte, und sie konnten gute, knallige Musik immer genießen, aber die meisten von ihnen tanzten nicht – zumindest nicht so, wie Menschen es taten. Das nicht allzu fokussierte Stampfen der kleinen Menschin mit den langen Ohren war deutlich näher an dem, was die Tsumiho kannte, als die traditionelleren Tänze, die ein paar andere Mitglieder der Gilde gerne übten und die nicht wirklich zum Beat ihrer Trommeln passten. Insofern hatte Ravi sofort dass Gefühl, dass das hier gut passte – auch wenn sie das Gefühl fast immer hatte. „Magst wohl meine Trommel, hm? Kennst du solche? Das is ne waschechte Taiko!“ Mit einem lauten Lachen tätschelte die Tsumiho das Holz ihres Instrumentes. Es kam nur selten vor, dass Menschen so gut auf ihre Musik oder allgemein auf ihre Lautstärke reagierten – wobei ihre Stimme jetzt gerade, direkt nach dem kleinen Konzert, sicher nicht mehr ganz so laut wahrgenommen wurde wie sonst...
Während sich die Nymphe bewegte, hüpfte ihr Schmuck klimpernd mit. Die Grünhaarige trug fast mehr Gold und Dekoration als gewöhnlichen Stoff. Und das war noch nicht einmal ihre finale Form! Die Riesin musste sie erst sehen, wenn es etwas Großes zu Feiern gab. Feiertage gab es aus irgend einem Grund nicht jeden Tag, sondern sparsam über das Jahr verteilt. Wie ein ohrenbetäubener Drachenrülpser hallten die letzten beiden Trommelschläge durch die Hallen und das Beben unter ihren Füßen legte sich zur Ruhe. Auch mit ihrem ungelenken und nicht besonders schnellen Tanzstil war der halbe Meter bereits außer Atem. Ihr langes Haar stand zu allen Seiten ab. Überraschenderweise schien sie augenscheinlich nicht zu schwitzen. Trotzdem fuhr sie sich mit dem Arm über die Stirn. Das gehörte sich schließlich so, nachdem man sich ausgelastet hatte. Die Andere hatte sich mindestens ebenso ins Zeug gelegt, das sah man! Kein Wunder, dass sie so stark aussah. So kräftig zu trommeln war sicher ein gutes Training! "Puh...Das war lustig! Nostalgisch, aber...um einiges melodischer als das, was ich gewohnt bin!" Stellte sie munter fest und stemmte die Hände in die Hüften. Wie ein Berg baute sich die Riesin vor ihr auf. Noch etwas größer und sie konnte bald nach den Wolken greifen! Stattdessen griff sie in das grüne, äußerst flauschige Haare der Nymphe, die daraufhin nur ein breites Lächeln zeigte. "Das kannst du auch gar nicht! Ich bin erst seit Kurzem hier. Ich würde deinen Brauch des Haarwuschelns gerne erwidern, aber ich befürchte, meine Beine sind zu kurz! Ahem, jedenfalls...Sehr erfreut, Ravinutella! Mein Papa hat mir den Namen Teryani Glamyr gegeben. Aber du kannst mich Teri nennen! Eine Kriegerin also...Und eine Virtose des Trommelns noch dazu. Ich wusste, ich würde in dieser Einrichtung interessante Persönlichkeiten treffen. Bist du vom Trommeln so groß und stark geworden? Ich dachte erst, ich hätte einen Drachen gehört!" Wenn sie bedachte, dass sie viele Jahre mit Graben zugebracht hatte, hätte sie eigentlich inzwischen ähnlich muskulös aussehen. Jedenfalls schien das bei den Riesen der Fall gewesen zu sein, die ihr Papa vor vielen Jahrzehnten kennen gelernt hatte. Mit prüfender Miene rieb sie sich ihr Kinn und betrachtete die Taiko-Trommel näher. Ohne Scheu strich sie mit der Hand über die Oberfläche der Seite. Es schien leider nicht aus Stein, sondern aus Holz zu sein. Aber von dem was sie erkennen konnte, schien es von geschickten Händen gemacht worden zu sein. Und robust war es offensichtlich auch. Guter Dinge drehte sie sich mit leuchtenden Augen um. "So ein Instrument habe ich zum ersten Mal gehört. Mir gefällt es! Es erinnert mich an meinen Papa. Der kann auch so schön laut sein! Aber am Liebsten schläft er. Ich wollte mich heute einmal genauer umsehen und herausfinden, was ich zuerst mache. Bei einer Gilde mitzumachen klang lustig, aber ich habe noch keine Ahnung, was man genau macht. Es gibt viele Künste, die ich noch ausprobieren muss. Und viele Ecken, die ich draußen noch nicht gesehen habe. Du bist sicher schon weit herumgekommen?" Teri war neu, so viel ließ sich offensichtlich durchscheinen. Sie hatte einen ganzen Sack dabei. Nicht mit Geschenken, die kamen später. Dafür umso mehr Fragen, für die sich die vermeintliche Riesin gerade hervorragend anbot!
Da hatten sich ja zwei gefunden! Die Nymphe und die Oni wirkten gleichermaßen weltfremd und ähnlich leicht zu begeistern. So, wie sich Ravi nicht um das fehlende Geschick der Kleineren kümmerte, schien diese zu den wenigen Lebewesen hier unten zu gehören, die ihre Lautstärke nicht als unangenehm oder einschüchternd abtaten. Eine gute Sache, schließlich war die herzallerliebste Ravi niemand, der andere zurückschrecken lassen wollte – wenn sie es nicht gerade darauf anlegte zumindest. „Hm? Willst auch wuscheln, ja?“, grinste die Oni und ließ sich auf ein Knie herab sinken, um ihre feurig rote und feurig weiße Haarpracht zu präsentieren. Das war ein Brauch, den sie hier in Menschenbüchern kennen gelernt hatte, in denen mit den Bildern drin. Ein Zeichen von Zuneigung und Freundschaft, wenn sie das recht einschätzte, und insofern absolut angemessen für ein erstes Treffen wie dieses. Sie würde der Grünhaarigen sicher nicht die Gelegenheit nehmen, die Geste zu erwidern! „Teri, hm? Merk ich mir! Kannst mich Ravi nennen, wenne magst!“ In der ein oder anderen Hinsicht waren sich die beiden ähnlich, in wieder anderen unterschieden sie sich wie Tag und Nacht. Optisch waren sie absolute Gegensätze in Größe, Farbgebung, Kleidung und Körperbau. Ihre Stimmen und ihre Art zu sprechen, selbst ihre Gesichtsausdrücke könnten nicht weiter voneinander entfernt sein. Und doch schienen diese zwei so unterschiedlich wirkenden Wesen in gewisser Hinsicht genau auf der gleichen Wellenlänge zu liegen. „Hah! Findst mich stark, ja?“, grinste Thala, offensichtlich mehr als Glücklich mit dem Kompliment, das sie erhielt, und hob ihre Arme, spannte sie an, damit ihre Muskeln so richtig schön hervortraten. „Nur vom Trommeln kommt's nich, auch wenns hilft! Sag doch, ich binne Kriegerin! Gehört ne Menge Training zu, und kämpfn, und Jagd! Bin quasi mein ganzes Leben lang jedn Tag durch die Gegend gerannt, bisses Zeit war zu futtern oder zu schlafen!“ Kein großer Unterschied zu jetzt, wenn sie ehrlich war. Wollte sie ja auch gar nicht. Wenn man Energie hatte, musste die verwendet werden! Wenn man Hunger hatte, musste der gestillt werden! Wenn man erschöpft war, musste man schlafen! Die einfachen Wahrheiten des Lebens hatte Ravinuthala gemeistert, sodass sie sich uneingeschränkt darauf fokussieren konnte, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Ihren Armen und ihrer allgemeinen Koordination hatte das Trommeln sicherlich geholfen, aber das allein hätte sie nicht zu der Kämpferin gemacht, die sie heute war.
„Taikos sind das Grollen des Donners. Sie kündigen den Sturm an, deshalb sind sie auch das Zeichen von uns Oni! Weil wir unsere Feinde verwüsten wie ein Sturm!“, lachte Ravi mit ihrer mächtigen Stimme, erfreut darüber, Teri etwas Neues gezeigt zu haben, vor Allem etwas, das so tief mit der Kultur ihres Stammes verwoben war. „Mein Papa ist immer dann laut, wenn er schläft! Der is leiser, wenn er wach ist!“ Der alte Schamane war im Vergleich zu seiner Frau und seinen Töchtern immer etwas zahmer gewesen, auch wenn das nicht bedeutete, dass er nicht auch aufbrausend werden und seine Macht demonstrieren konnte, wenn es nötig war. Aber sein Schnarchen, das konnte einem die Ohren platzen lassen, wenn man nicht resistent genug war! Zum Glück war seine Familie die stärkste, die man sich nur vorstellen konnte! „Hey, hey, ich bin selber noch nich soo lange hier. Hab ein paar Orte gesehen, die sind ganz cool, aber es gibt noch viel, viel mehr zu entdecken!“ Wie auch Teri war Ravi immer gespannt darauf, mehr von der Zivilisation der Menschen kennen zu lernen. Inzwischen war sie auf verschiedenen Missionen unterwegs gewesen, aber sagen, dass sie groß gereist wäre, konnte sie nicht. „Vielleicht könnwer ja zusamm noch nen guten Teil der Welt entdecken!“, grinste sie, während sie dem Mädchen kraftvoll auf die Schulter klopfte. Dann hielt sie ihr mit ihrer freien linken Hand ihre beiden Trommelstöcke hin. „Magste auch ma probiern? Sagst doch, du willst ne Menge Zeug machen, nich? Dann fang doch gleich mit meiner Taiko an!“
Wie praktisch, die Große konnte ja förmlich Gedanken lesen! Teri lächelte liebenswürdig und hob beide Hände, die sie zu angedeuteten Katzenkrallen anspannte. Kaum hatte sich ihr Gegenüber auf eine geeignete Höhe begeben, da tatsächlichte sie ihr auch gleich ungeniert über den Kopf und ließ ihre Finger durch das Haar gleiten. Interessanterweise war es vorne weiß und hinten...rot? Es schien echt zu sein und nicht einfach nur Farbe. Sie beherrschte also einen ähnlichen Trick! "Ich bin dann mal so frei...Oh, flauschig...und kräftig! Du kannst deine Farbe also auch anpassen? Nach meinen bisherigen Beobachtungen sind zwei Farben schon etwas Besonderes! " Nachdem sie ihre Hand zurückgenommen hatte, nahm sie eine Haarsträhne zwischen die Finger. Wie durch Zauberhand wurden die Spitzen auf einmal schneeweiß. Stolz warf sie ihre nicht ganz so alltagstaugliche Mähne wieder zurück. "Ravi. Ravi und Teri! Das ist leicht zu merken." Sie mochte leicht. Außer bei Architektur, da waren auch komplizierte Entwürfe spannend. Staunend betrachtete sie die Arme der Rotweißhaarigen, die so ganz anders waren als bei ihr. Wie viele Felsen konnte sie damit wohl hochheben? Mit schweren Gewichten hatte sie immer Probleme, dafür war Magie ganz praktisch. Und wenn man so groß war, kam man bestimmt auch viel besser an normale Regale dran. Ihr eigenes Haus hatte sie natürlich ihren persönlichen Bedürfnissen angepasst. Derzeit war es noch mehr eine improvisorische Höhle, aber mit der Zeit wollte sie es zu einem Palast ausbauen, angelehnt an den architektonischen Stil aus einer gewissen Ruine. Was Ravi da aufzählte, klang nach einer ganz schön anstrengenden Routine. Krieger...Waren Leute, die irgendetwas bekämpften. Und Jäger kannte sie bereits von ihren Streifzügen durch die weiten Felder.
"Das ist ja eine Menge! Ich habe viel geschlafen, gegraben, gelernt. Und sonst bin ich überall herumgeklettert, wenn mein Papa sein Nickerchen gehalten hat. Das kann schon mal ein paar Tage andauern. " In den Tiefen der Höhlen hatte man alle Zeit der Welt. Es war weitläufig, mit vielen gemütlichen Plätzchen und interessanten Ecken. Mal hatte sie Edelsteine gefunden oder einen kleinen See, weiter oben einmal sogar zurückgelassene Kleidung. Langweilig wurde es selten. Und trotzdem war es eine gute Erfahrung, wieder einmal an der Oberfläche zu sein! Andere Völker besaßen ihre ganz eigenen Weisen, um Dinge herzustellen.
"Sturm, Donner! In diesen Taikos steckt also einiges drin. Und du bist eine Oni...Mein Papa hat mir immer nur von den Riesen erzählt. Kennst du einen Riesen? Sind sie noch größer als du? Hm...Ich stelle mir vor, dass du einen Tunnel auch ganz ohne Magie ausheben könntest! Nur mit der Magie deiner Muskeln. Muskelmagie! Ich habe schon angefangen, an meinem Haus zu bauen. Wenn es etwas weiter ist, zeige es ich es dir. Festlich ist es jetzt schon." Laute Schnarcher waren sie offenbar beide gewöhnt. Das war schon ein lustiger Zufall. Anfangs war es gewöhnungsbedürftig gewesen, später sie über das widerhallende Geschnarche sehr leicht zurückgefunden. Inzwischen fand sie es sogar recht beruhigend. Die Oni war überraschenderweise selbst noch neu bei der Gilde! War das nicht sogar der perfekte Ort, um sich zusammen zu tun? Die Nymphe nickte erfreut. Coole Orte hatte sie bereits gesehen, aber es klang so, als hätte sie noch viel vor sich. Bei ihrem Schulterklopfer knickte sie zunächst ein wie ein weiches Polster. Sie brauchte daraufhin doch glatt einen Moment, um sich wieder zu fangen. "Uff! Puh! Wir ergänzen uns bestimmt gut, du und ich! Also ich war auch schon hier und dort, angeblich gibt es sogar noch andere Gegenden. Gegenden mit Schnee und viel Sand und...dergleichen! Wäre es nicht spannend, die hiesigen Gesteinsproben zu untersuchen und herauszufinden, wie dort der Boden schmeckt? Einfach mal vor sich hingraben und nachsehen, was sich unter der Erde alles verbirgt. Ich habe dabei schon einige interessante Dinge gefunden. Eine Stadt zum Beispiel...oh?"
Die Nymphe atmete leise auf und holte tief Luft. Das vergaß sie schon mal, wenn sie in Fahrt geriet. Ihre Augen wanderten zu den Taiko-Stöcken, die Ravi ihr hinhielt. "Wirklich? Kann ich?" Mit leuchenden Augen dachte sie nicht lange nach, sondern nahm sie gleich entgegen und schwang sie herum. Langsam zwar, aber halbwegs gekonnt. Sie hatte das mit einer alten Spitzhacke geübt und war später zu einem goldenen Zepter übergewechselt, das nun in ihrem persönlichen Hort herumlag. Da waren die Stöcke gar nicht so anders. Die Nymphe tappste um die Taiko herum und stellte sich dort auf, wo die Oni zuvor losgetrommelt hatte.
"Na dann...Es folgt eine Ode an Satyrs...Corn...Corntopia!" Selbst wenn Ravi nicht wusste, was eine Ode war, konnte man sich sicher sein, dass die Grünhaarige das Wort gerade zufällig benutzt hatte weil es cool klang. Ohne Scheu ließ sie die Stöcke auf die Taiko niederfahren. Zurückhalten musste sie sich ja nicht. Die Andere war schließlich viel viel stärker! Ka-Bumm! Teri war zwar nicht übermäßig fix, aber sie war immerhin ein wenig stärker, als ihre kindliche Erscheinung vermuten ließ. Sie stimmte das Land an, was ihr am besten bekannt war: Das Schnarchen ihres Drachenpapas. Boom...Boom...Boom...Boom-Boom-Boom-Boom! Der Takt der Grünhaarigen war langsam und gemächlich, aber für ihre Möglichkeiten einigermaßen kraftvoll. Sie stellte sich den satten und zufriedenen Drachen vor, der gemütlich in seiner Kuhle lag, umgeben von seinem glitzernden Hort. Das regelmäßige und langsame und doch mächtige Atmen, das die Decke erzittern und gelegentlich wackelige Stalaktiten auf seine stahlharten Schuppen regnen ließ. "Huff...Das geht in die Arme!" Stellte sie schon bald fest und legte ihr Solo ein - einen leidlich schnelleren Takt, der seinen Drachenschweif immitieren sollte, wenn er freudig auf den Steinboden schlug. Zum Abschluss klatschte sie beide Stöcke mit aller bescheidenen Kraft gleichzeitig auf die Trommel und fuhr sich über die trockene Stirn. Auch diese für sie sportliche Einlage hatte sie nicht zum Schwitzen gebracht - wohl aber angestrengt. "Puh...Und, was sagt die Meisterin?" Wollte sie neugierig wissen und reichte ihr die Stöcke zurück. "Ob wir als Nächstes etwas schmieden sollten? Oh! Oder wir bauen etwas. Einen Stall vielleicht, für einen Streichelzoo?" Die Gilde war schon ein toller Ort! So schnell wurde es einem nicht langweilig. Die Oni hatte da einen guten Vorschlag gemacht. Aber der Tag war noch lang. Was sollten sie als Nächstes anstellen?
„Farbe anpassen? Ne, sowas krieg ich nicht hin!“, antwortete Ravinuthala auf Teris Frage. Es mochte schwer zu glauben sein, aber soweit die Oni wusste, war sie mit ihren wilden Haaren auf die Welt gekommen. So eine verrückte Fähigkeit hatte Ravi nicht – die beiden Damen mochten ein paar Gemeinsamkeiten haben, aber das war dann doch eine etwas hohe Erwartung. Ihre beste Fähigkeit war, kräftig auf Dinge drauf zu hauen, was sie gut und gerne tat. Klang aber so, als hätten sowohl sie, als auch Teri noch ein paar andere Hobbys gemein. „Jap, schlafen ist super! Klettern auch, konnten wir zuhause ganz viel machen. Oben im Gebirge gibt’s nen Haufen Steilwände und so“, nickte die Oni und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie ein wenig in Erinnerungen schwelgte. „Lernen ist nich so meins und Graben... Graben hab ich nich groß gemacht, glaub ich. Klingt aber nach Spaß.“ Vielleicht konnten sie das ja mal zusammen machen? Das war so ne Sache, die die Tsumiho sehr gerne mit einer Expertin erleben musste! Vielleicht war sie ja unerwartet gut darin?
„Jap, jap! War vor ner Weile drüben inner Riesenstadt!“, lachte Ravi. Was für ein Zufall, dass Teri sie gerade auf dieses Volk ansprach, wo es doch gar nicht so lange her war, dass sie ihren ersten Riesen gesehen hatte. „Hab mit'n paar annern Magiern auf die Tochter von denen aufgepasst. Mann, die war groß! Sooo groß!“ Demonstrativ streckte Thala ihre Arme nach oben, aber selbst, wenn sie sich voll streckte und auf die Zehenspitzen stellte, kam sie nicht wirklich an die Größe des Mädchens heran. Sie hüpfte ein paar Mal auf und ab, doch selbst das kam nicht wirklich hin. „Größer als das!“, meinte sie aufgeregt und grinste. „Wenn ich noch viel stärker bin, will ich ma einen von denen zu Boden ringen! Dann gibt’s Essen für alle, hahaa!“ Riesen gehörten ja zu den Wesen, die sie unbedingt noch probieren wollte, wenn auch nicht die Kinder, sondern die richtig, richtig großen! Ob sie das mit ihrer Muskelmagie hinbekommen würde? Die Grünhaarige war echt lustig mit den Sachen, die sie so sagte, auch wenn Ravis körperliche Kraft vermutlich an Magie grenzte! Schließlich war sie die stärkste Kriegerin, die ihr Stamm zu bieten hatte! „Klar, klar, KLAR! Wenne meine Muckis brauchst, sag Bescheid! Helf dir gern mit deinem Häuschen!“, nickte die Tsumiho und grinste, während sie ihre Knöchel knacken ließ. „Oh, von Schnee hab ich schon gehört! Selber noch nich viel von gesehn, aber trotzdem. Nen Ort mit viel Sand kenn ich aber, das is die Gegend, von wo ich her komme. Meine Heimat liegt wohl mitten inner Wüste“, erklärte sie mit einem Nicken, ehe Teri etwas sagte, das sie eine Augenbraue heben ließ. „Steine? Nee, nee, lass mal“, meinte sie und wedelte abweisend mit ihrer Hand ein wenig hin und her. „Die Dinger sind gar nicht lecker. Hab's schon probiert.“ Und nein, zu untersuchen, woraus die Erdschichten bestanden, klang auch nicht allzu interessant für sie. Wenn sie etwas kennen lernen wollte, dann war es die Kultur der Menschen, und das auch nur weil es für sie eine Art Abenteuerurlaub war. Wenn sie etwas machen musste, was an Buchlernen grenzte, dann hatte man sie schnell verloren, auch wenn sie sich die Menschenbücher gelegentlich anschaute. Da ging es dann aber auch um coole Geschichten wie Kämpfe gegen Drachen oder die mächtigen Metallmaschinen, mit denen man in kürzester Zeit das ganze Land durchqueren konnte. Nicht um... den Boden. Ne, dann ging sie doch lieber raus und prügelte sich mit wem.
Natürlich durfte Teri nicht nur zuhören, sondern auch selber mal Ravinuthalas beeindruckende neue Trommel ausprobieren. Es war spannend, einmal dabei zuzugucken, wie jemand anders die gleiche Taiko verwendete. Der Unterschied in Klang war erheblich, aus verschiedenen Gründen. Zuerst einmal traf Teri aufgrund ihrer Größe andere Stellen, als die Oni es getan hatte, und ihre geringere Kraft resultierte in etwas dumpferen, weniger halligen Klängen. Die Technik, mit der sie ihre Arme bewegte, war auch ein Stück anders. Es fiel den Meisten vielleicht nicht oft, aber Ravi, die über Jahre mit anderen Oni zusammen gespielt hatte, sah die Zeichen eines Amateurs sofort. Kurzentschlossen stellte sie sich neben das Mädchen. „Hier, versuch mal, deine Arme stärker abzuknicken... so“, brüllte sie über das Donnern der Trommel und demonstrierte, was sie meinte. „Stand muss bisschen fester, Oberkörper bisschen nach vorne. Verlierst sonst ne Menge Kraft aufm Weg!“ Auch wenn sie nicht das schlauste Wesen war, das auf dieser Erde wandelte, war doch auch Thala eine Person, deren Passion mit den anderen Mitgliedern dieser Gilde mithalten konnte. Für eine so gedankenlose junge Frau hatte sie doch Ahnung von dem, was sie tat, und einen tiefen Stolz darin verankert. Sie zögerte auch nur damit, Teri anzufassen, solange diese noch in ihrem Rhythmus drin war. In dem Moment, als sich ihre Arme wieder beruhigten, legten sich auch schon Ravis Finger an ihren linken Ober- und Unterarm und positionierten ihn ein wenig, ehe sie das gleiche mit ihrem rechten Arm tat, ihren Hüften, ihren Beinen. Ein wenig gesunder Druck sollte genügen, um das Mädchen in die richtige Form zu bewegen. „So!“, meinte sie zufrieden nach getaner Arbeit und schlug mit ihrer geballten Faust in ihre offene Handfläche. „Probier's jetz nochma! Wirst'n großen Unterschied fühln un hörn, ich sags dir!“ Nicht, dass es vorher unbedingt schlecht geklungen hatte, nur etwas holprig. Außerdem hatte Teri bei Weitem nicht alles an Donner aus sich geholt, was in ihr steckte, da war sich Ravi sehr sicher! Jetzt war sie lauter, knallender, wie ein kleiner Sturm über einem Segelboot! Immer noch nicht ganz das dröhnende Gewitter, das die Oni heraufbeschworen hatte, aber hey, sie machte das ja auch schon ein paar Jahre. „Hey, hey, HEY! Klingt doch super!“, lachte die Tsumiho. Auch wenn sie keine Tanzeinlage einlegte wie ihre kleine Freundin, etwas zu sehr darauf fokussiert, die Musik einzuschätzen, die sie spielte, hüpfte sie doch ein wenig herum, weil ihre Muskeln sich bewegen wollten. Das war ein gutes Zeichen! „Ist ein interessanter Beat, den du da hast! Isser von was inspiriert?“ Es klang so. Da lag eine Menge Erinnerung und Bedeutung mit drin, das spürte man richtig! Glaubte sie zumindest. Vielleicht war sie auch einfach nur zu aufgeregt.
„Hmm... Wenn du was Anderes probiern willst, können wir das gern mal machen. Gibt ja noch einen Haufen andere Leute hier“, meinte Ravi und hob eine Hand über ihre Augen, um sich umzugucken. Sie hatte nur ein paar wenige Leute mit ihrer lauten Vorstellung tatsächlich verscheucht, der Rest versuchte tatsächlich, sich zu konzentrieren. In die schalldichten Räume konnten sie sich wohl nicht mehr zurückziehen, die waren aus unerfindlichen Gründen alle bereits voll. Kurzentschlossen zuckte die Oni mit den Schultern und hob ihren Arm, um in die Menge zu winken. „Hey, hey, HEY! Is bei euch vielleicht ein Schmied dabei, oder ein Bauer, oder ein Stallmensch? Meine Freundin hier braucht ma einen von euch, HEY!“
Oni kamen also aus den Bergen. Genau wie sie! Dann konnten sie bei Gelegenheit einmal zusammen klettern. Anfangs hatte sich die Nymphe damit gar nicht so leicht getan, aber in den letzten zwanzig-irgendwas Jahren hatte sie sehr viel Gelegenheit gehabt, um ausgiebig zu üben. Nach einer Kletter- oder Buddeltour war ein umfangreiches Nickerchen umso erfüllender. Beim Graben konnte man unzählige interessante Dinge finden. Tierknochen, Rußsteine, manchmal sogar einen neuen unentdeckten Zugang, der oft ganz natürlich entstanden war. Staunend hörte sie von den Riesen, mit denen die Oni bereits zu tun gehabt hatte. Sogar noch größer als sie selbst. Dann fehlte wirklich nicht mehr viel und sie konnten bald die Wolken berühren! Auch wenn sie verrückterweise ihre Leidenschaft für Steine und Erdschichten nicht zu teilen schien, konnten sie schon eine richtige Liste mit Gemeinsamkeiten zustande bringen. Wenn die anderen Gildenmitglieder ähnlich interessant waren wie die Rotweißhaarige, dann hatte sie die nächsten Jahrzehnte wirklich noch viel zu tun!
...Moment, hatte sie das richtig verstanden? Sie wollte einen Riesen nicht nur umringen, sondern auch essen? Vorsichtshalber fragte sie nicht nach. Zum Glück war sie von Natur aus so schlank und rank wie ein Stalaktit. An ihr war zu wenig dran, um als Weihnachtsbraten zu enden!
Beim Trommeln verausgabte sie sich doch noch schneller, als gedacht. Ravis Tipps allerdings versuchte sie natürlich trotzdem umzusetzen. Sie war kein sonderlich körperliches Wesen. Für bestimmte Aktivitäten benutzte sie nach wie vor lieber Magie. Anstrengung war es nur wert, wenn sie ein direktes Ziel vor Augen hatte. Und in diesem Fall wollte sie musikalisch überzeugen! Nachdem die Oni ihre Form freundlich aber bestimmt angepasst hatte, versuchte sie es noch einmal. Wenn es darum ging, bei einer Sache weniger Energie zu verwenden, war sie durchaus sehr lernwillig. Und tatsächlich, es ging ein klein wenig einfacher von der Hand. Mit dem richtigen Stand konnte sie regelrecht spüren, wie ihre Töne besser wurden! Zumindest ging ihr Trommeln weniger in ihre zugegeben dünnen Arme. Vielleicht musste sie einmal trainieren. Ob man das machen konnte, während man ein Nickerchen hielt? Es hieß doch, manche könnten gewisse Dinge im Schlaf beherrschen. Das musste sie bei Gelegenheit ausprobieren! Ihre kritische Lehrerin schien für den Moment jedenfalls zufrieden! Und als echte Kennerin hatte sie wie erwartet ebenso bemerkt, dass sie da ein besonderes Stück zusammengetrommelt hatte.
"Beat? Heißt das so? Ich habe an meinen Papa gedacht! Wenn er aufgeregt ist oder vor sich hinschnarcht, bebt alles vor sich hin. Manchmal so fest, dass man regelrecht mitbebt und davongetragen wird! Das hat mich an die Trommel erinnert. Also habe ich ihn sozusagen als Musik verewigt!" Die Trommelei war spaßig, aber wenn sie in dem Tempo weitermachte, musste sie eine verfrühte Schlafenszeit einlegen. Mit der Energie der Anderen konnte sie noch nicht ganz mithalten. Sie spürte die Vibration in ihren Armen immer noch! Und langsam wurden sie etwas schwer. Da kam es gerade ganz recht, dass sie noch etwas anderes machten. Ravi war bereits schneller und sprach ein paar Gildenmitglieder ein. Auf ihren Ruf zeigte sich schließlich ein freundlich aussehender junger Mann, der vielleicht gerade erwachsen geworden sein mochte. Eine Strähne seiner braunen Haare schaute aus der umgedrehten Capy hervor, die zusammen mit seinem Blaumann und dem roten Halstuch wie ein Markenzeichen für den angehenden Farmer waren. Er war praktisch nie außerhalb seiner Arbeitskleidung zu sehen. Mit einem etwas leidigen Lächeln betastete er sein rechtes Ohr, als müsste er prüfen, ob er überhaupt noch etwas hören konnte. Unter dem Arm hielt er sein Notizbuch, in dem er gerade noch gelesen - oder es wenigstens versucht hatte. "Das Konzert hat bestimmt halb Maldina gehört, haha...Ihr braucht also Hilfe? Was habt ihr vor?" Er nickte den beiden grüßend zu und sah dann zu Teri, die ihm auch gleich eine gestenreiche Antwort lieferte. "Ravi und ich dachten an einen Streichelzoo! Also...ich vor allem. Ein ausreichend großer Zaun mit Hühner, Häschen, Hamstern...Hausschweinen...Heupferden, Herdschafen und...H-Milch-Kühen!" Zählte sie die erstbesten Tiere auf, die ihr in den Sinn kamen - und aus einem selbst für sie unerfindlichen Grund mit H beginnen mussten. Pete kratzte sich an der Schläfe und dachte nach. An sich schien das keine schlechte Idee zu sein. So viele unterschiedliche Tiere allerdings hatten ganz eigene Bedürfnisse. So enthusiastisch ihre Idee auch war, sie wirkte auf ihn ein klein wenig sprunghaft. Ein wenig anpassen sollten sie das Ganze, sonst kümmerte sich am Ende keiner darum. Tiere knuddeln war das eine, sie versorgen das andere. Solche Dinge nahm er doch ein wenig ernster. "Ich verstehe...hm...Warum fangen wir dann nicht mit einem Hasenstall an? Das ist leicht gebaut." Brachte er einen Gegenvorschlag und die Grünhaarige verschränkte die Arme. "Wenn es so leicht ist, dann vielleicht nicht. Im besten Fall lerne ich etwas dabei. Ich bin handwerklich ganz gut! Vor allem mit Stein! Welche Tiere brauchen Steinzäune?" Der junge Bauer schaute irritiert. Zäune aus Stein? Sie musste aus einer seltsamen Gegend kommen. Was riet er ihr da am besten? Ravi war ja auch noch da. Sie hätte er nicht für den Typ gehalten, der einen Streichelzoo will. Einen Imbissstand dann schon eher. "Gute Frage! Welche Tiere hättest du gern?" Fragte er die Oni einfach mal. Wenn er beide Seiten gehört hatte, ließ sich schon irgendetwas improvisieren.
„Jap, jap. Der Beat is die Mischung aus Takt und Melodie, mit der du auf die Trommel einhämmerst. Wenn wer'n gutn Beat hat, spürste das im ganzen Körper“, nickte Thala stolz, als sie realisierte, dass Teri wohl zum ersten Mal hörte, was ein Beat eigentlich war. Soweit sie wusste, gab es das Konzept bei den Menschen auch, aber die waren natürlich nicht halb so gut darin wie die Oni, in deren Kultur gerade die Trommel so tief verankert war. Einen Beat ohne Trommel gab es nicht, er war wie der Herzschlag des Trägers, der sich ausbreitete und alle, die ihn hörten, dazu brachte, ihre Herzen im gleichen Takt schlagen zu lassen. Die Grünhaarige machte das schon richtig. „Hah! Ein echtes Beben, ja? Klingt gut! Ne Taiko muss ordentlich beben!“ Sehr zufrieden mit ihrer kleinen Schülerin tätschelte Ravi ihr noch einmal den weichen Haarschopf, ehe sie sich von dem Thema abwandten. Die Glamyr war ambitioniert und wollte noch einen ganzen Haufen andere Sachen machen, also sollten sie mal schauen, ob sie nicht schon etwas von ihrer Liste abhaken konnten.
Wie in Satyrs Cornucopia üblich war schnell jemand gefunden, der Ahnung von der Sache hatte und sich auch hilfsbereit zeigte. Andere Mitglieder im Bereich seiner Expertise zu unterstützen gehörte schließlich zu den Grundwerten der Gilde. Pete wirkte schnell wie ein netter und aufgeweckter Kerl, was für die beiden Frauen nur gut sein konnte – auch wenn sie nicht unbedingt so gut für ihn waren. Vermutlich merkte keine der beiden, dass Teris Anforderungen ihn ein wenig überforderten. Erhoffte er sich wirklich Besserung, als er sich an Ravinuthala wandte? „Was für Tiere wärn gut, hm, hmm?“, fragte sich die Oni und streckte sich ein wenig, indem sie ihre Hände in die Hüfte stemmte und ihren Oberkörper weit zurücklehnte. Das war nicht die Art Entscheidung, die sie häufig treffen musste, aber es breitete sich schnell ein Grinsen in ihrem Gesicht aus, als sie wusste, was sie wollte. „Na, is doch offensichtlich! Wölfe natürlich! Oooh, Teri, stell dir mal vor, wir könnten jeden Tag Wolf essen!“, lachte sie fröhlich. Wolf gehörte zu den Arten Fleisch, die Menschen aus unerfindlichen Gründen nur sehr selten servierten, dabei war es oben in den Bergen der Oni ganz oft an der Tagesordnung gewesen. Sie hatten nicht unendlich viele Tierarten dort, also wurde alles gegessen, was sich auf den Bergen herum trieb, und neben Hirschen, Vögeln und Wildschweinen waren das eben meist Wölfe gewesen. Andererseits gab es auch ein paar exotischere Tierarten, die sie gern mal probieren würde. „Oh, oder was hältst du von Tigern? Tiger wären super! Oder Drachen! Echte, lebende Drachen!“ Die Könige der Bestien, Drachen, waren einer der größten Snacks, die man sich vorstellen konnte. Ravi konnte den Tag kaum erwarten, an dem sie es schaffte, einen von denen zu erlegen und zu verspeisen! Und so, wie es aussah, kam der Tag schneller als gedacht! Oder etwa doch nicht? Pete wirkte skeptisch. „Also, Ravi... Wölfe, Tiger und Drachen hält man nicht in einem Stall“, meinte er diplomatisch und mit einem entschuldigenden Lächeln. Darüber, ob Drachen überhaupt existierten, mussten sie ja jetzt nicht streiten. „Ich denke, Teri hatte da schon ein ganz gutes Bild. Besonders Hühner, Schweine, Pferde, Schafe oder Kühe könnten wir sicher hier aufziehen. Such dir doch eins davon aus, ja?“ „Oh, na dann... Schafe natürlich, oder?“ Die Tsumiho blinzelte leicht verdutzt, während sie sich am Kopf kratzte. War das überhaupt eine Frage. Ein fast schon verliebtes Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht, während sie ihre Hände vor der Brust ineinander legte und darüber nachdachte, wie es wohl wäre, Schafe zu haben. „Schafe sind ja wohl mal voll süß! Sie sind fluffig und knuddlig und superlecker! Stell dir ma vor, wie's wäre, wenne schläfst inner warmen Wolle von nem süßen Schaf gekuschelt zu sein! Nen erholsameren Schlaf gibt’s ja wohl nicht, ne?“ Sie lachte dröhnend, verstummte dann aber, als in ihren Augen eine Erkenntnis aufleuchtete. Man konnte richtig sehen, wie ihr Hirn ein paar Sekunden lang arbeitete, ehe sie begeistert die Hände zu Fäusten ballte. „RRROOOOH! Hey, hey, hey, hey! Teri, Peety! Es gibt doch Wolfmenschen und Katzenmenschen und sowas, ne? Denkt ihr, es gibt auch Schafmenschen? Könnt ihr euch was Cooleres vorstellen als nen Schafmenschen?“ Ihr Grinsen wurde breiter. „Hey, hey, HEY! Können wir nen Stall für Schafmenschen bauen? Ich will Schafmenschen halten!“
Und genau für solche Dinge war die Nymphe einer Gilde beigetreten. Wie könnte sie später auch durch die Welt gehen, wenn sie nicht wusste, was ein Beat war? Ihr Papa war zwar unheimlich weise, aber er war die letzten Jahrzehnte auch nicht mehr viel ausgegangen. Solange es bebte, schien sie jedenfalls auf einem guten Weg zu sein! Gespannt sah sie Pete an, der mit einem nervösen Lächeln Ravis Meinung einholte. Ein wenig stolz war sie auf sich ja schon. Ein Bauer hatte sie mal darüber aufgeklärt, welche Tiere sich gut als Haustiere eigneten. Die Wahl der Oni fiel auch gleich auf...Wölfe! "Ohh...Einen Wolf habe ich noch nie gesehen, aber ich habe davon gehört. Fluffiges Fell haben sie auch, nicht wahr?" Wenn sie sich richtig erinnerte, waren Wölfe soetwas wie große Hunde. Hunde kannte sie schon von den Höfen abseits der Stadt. Es verwirrte sie ein wenig, wie unterschiedlich sie aussehen konnten. Selbst ihre Laute waren ganz unterschiedlich. Aber ein Fell und eine nasse Nase hatten sie alle. Ravi wollte die Streichelzoo-Wölfe allerdings weniger streicheln als...essen? Und Tiger ebenso? Moment, Drachen?! Sie bekam den Eindruck, dass Oni gerne feierten und viel aßen. Menschen futterten Tiere, das war merkwürdig genug. Aber Drachen ging dann doch zu weit. Die Welt brauchte Drachen! Kopfschüttelnd wedelte sie vehement mit dem Finger.
"Drachen sind doch nicht zum essen! Die sind nett. Isst man den Streichelzoo etwa, nachdem man fertig mit Streicheln ist? Anstatt sie zu essen könnte man sie doch füttern. Mit...Gras und sowas." Wenig überzeugt stemmte sie eine Hand in die Hüfte und sah zu Pete, der bereits so wirkte, als hätte er sich innerlich auf Schadensbegrenzung eingestellt. Der lenkte die Oni glücklicherweise von ihren Drachenfutterplänen ab. Zufrieden nickte sie. Schafe? Die waren tatsächlich flauschig! Aus ihrer Wolle ließ sich sogar Kleidung machen, wie die, die sie gerade anhatte. Wenn sie erst einmal ein paar Schafe hielten, musste sie sich erst einmal dafür bedanken. Ihre Kleidung wäre ohne deren Hilfe ja gar nicht möglich gewesen! Vom Aufessen abgesehen, was irgendwie für Ravi dazu gehörte, konnte sie sich einen Schafsstall gut vorstellen. "Süß sind sie, zu ihrem Geschmack kann ich nichts sagen. Hmhm...Dann will ich ein paar grüne und rote Schafe. Das sind beides festliche Farben. Vielleicht kann man aus weißen Schafen künstlichen Schnee basteln? Oh, dann auch ein paar davon! Ich brauche einen flauschig-weißen Fluffschneeteppich in meiner Wohnung." Warf die Grünhaarige lächelnd ein und war davon überzeugt, dass bunte Stoffe auch von bunten Tieren stammten mussten. Pete überlegte augenscheinlich, ob er sie aufklären sollte. Stattdessen hörte er sich geduldig Ravis Geistesblitz an und wurde ein klein wenig blass. Auch Teri horchte auf. "Schafsmenschen? Also ein Schaf und ein Mensch, die ein Kind haben?" Teri kratzte sich grübelnd an der Nase. Sie selbst war auf diese merkwürdige Art nicht entstanden. Das Land hatte ihr förmlich Leben eingehaucht, so hatte es zumindest ihr Papa erklärt. Wenn man so wollte, war das Land also ihre Mama. Es gab ja Vaterländer und Mutterländer. "Ah...Nicht ganz! Sie besitzen tierische Merkmale, sind aber vielmehr Mensch als Tier. Ein...uh...echtes Tier gehört nicht zum Familienstammbaum. Ich glaube nicht, dass sich jemand bereit erklären würde, Teil eines Streichelzoos zu werden."Die Nymphe legte ein wenig den Kopf schief. Wie jetzt, Tiermenschen stammten von Bäumen ab? Mussten es dann nicht Baummenschen sein? Pete wirkte, als hätte er Ahnung. Aber das wollte ihr noch nicht einleuchten. "Ein..Familienstamm? Stammst du auch von einem Stamm ab?" Wandte sie sich an Ravi, die wohl noch auf ihre Schafsmenschen fixiert war. Eigentlich hatte sie mehr an niedliche Tiere gedacht, ganz ohne Essen und ohne Mensch. Ob Schafsmenschen mit einem einfachen Stall zufrieden waren? Vielleicht waren sie ja bescheiden. Der Farmersohn kratzte sich ein wenig unschlüssig am Kopf. "Was Tiermenschen angeht - die sollten wir wirklich nicht halten, ansonsten handelt sich unsere Gilde Ärger ein. Das wäre in etwa so, als würden wir deine Stammesfreunde halten. Bleiben wir doch bei Schafen, die sind gern an der frischen Luft. Dafür müssen wir uns noch Baumaterial beschaffen. Vielleicht zeigst du Teri, wo wir mit solchen Dingen fündig werden? Ich vermesse in der Zwischenzeit den Platz." Bot der junge Mann an, damit die beiden vorläufig beschäftigt blieben und hoffentlich auf andere Gedanken als Schafsmenschen kamen. Diese Oni waren schon ein seltsames Volk!
Gerne würde Ravi später ausgiebig mit Teri über Wölfe sprechen, die gehörten schließlich zu ihren Leibspeisen, aber für den Moment hielt Pete sie davon ab, indem er das Thema in vermutlich zielführendere Bahnen lenkte. Der Oni fiel kaum auf, dass ihre Ideen größtenteils abgeschmettert wurden. Stattdessen freute sie sich auf die Aussicht, die ihr noch gelassen wurde. „Nicht essen, sagste? Also nur knuddeln und spieln und sowas? Ich mein, das ist auch gut“, lachte sie, nicht traurig darum, die Tiere nicht auffuttern zu dürfen. Für Thala war das halt immer die erste Assoziation. Ob etwas wohl schmeckte, wie essbar es war, wie zeitnah sie es essen konnte... Das waren alles wichtige Faktoren! Aber natürlich kümmerte sie sich auch um andere wichtige Punkte wie Niedlichkeit und Spaß, und da konnten Schafe und die zugehörige Menschsorte definitiv punkten. „Drachen sind nett? Klingt in den Büchern voll anders“, meinte die Tsumiho überrascht auf Teris Worte hin, hinterfragte das Thema aber nicht weiter. Das Mädel würde schon ihre Gründe haben, das zu denken. Essen wollte sie eines dieser Wesen trotzdem. „Oh, es gibt grüne und rote Schafe? Dachte immer, die wären alle weiß!“ Wow, Teri hörte nicht auf, überraschende Fakten fallen zu lassen. Aber stimmt, jetzt, wo Ravi darüber nachdachte, hatte sie auch schon von andersfarbigen Schafen gehört. „Ach ne, schwarze gibt es ja auch. Dann macht das wohl Sinn, dass es die ganzen anderen Farben auch gibt. Hätt ich mir denken können, ne?“ Mit einem tiefen, schallenden Lachen legte sich die Oni eine Hand auf ihre Bauchmuskeln. Immerhin, bei den Schafmenschen wusste sie mehr als die Nymphe, wie es aussah. Auch Stammbäume und ganz besonders Stämme waren Konzepte, mit denen sie vertraut war. „Aber klar doch!“, beantwortete sie Teris Rückfrage mit einem lauten Ausruf und hob die Hand von ihrem Magen an ihre Brust, um sie sich stolz aufs Herz zu legen. „Ich hab's dir doch gesagt, nich? Ich bin Ravinuthala Tsumiho, stärkste Kriegerin aus dem Stamm der roten Sonne! Mein Stamm ist meine Familie und meine Herkunft und mein Stolz, wie es sich gehört! HAA!“
Mit den Aufgaben verteilt machten sich die beiden weltfremden Nichtmenschen auf den Weg in die Stadt. „Hey, hey, keine Sorge. Ich weiß, wo wir das ganze Bauzeug herkriegen!“, meinte die Oni mit einem breiten Grinsen und schaute sich das Stück Papier an, das sie von Pete erhalten hatte. Er war so gut gewesen, ihnen aufzuschreiben, was genau und wie viel davon sie benötigten, weil die beiden jüngeren Damen das wohl eher nicht so gut einschätzen konnten. Sie machten es schließlich zum ersten Mal! Schwungvoll deutete sie in Richtung des Ladens, dem sie sich gerade näherten. „Das da! Das ist ein Baumarkt! Da kriegt man Zeug fürs Bauen!“ Ziemlich klar soweit, nicht wahr? „Warst du schon einkaufen, Teri? Ist irgendwie voll kompliziert, aber ich komm langsam klar damit. Unter Oni machen wir's uns einfacher, aber Menschen lieben kompliziertes Zeug, nich?“ Wieder lachte sie. Es würde sich der Tsumiho nie erschließen, warum Menschen unbedingt auf diese Geld-Sache als Ersatz von Tauschhandel – einem ohnehin schon unnötigen Konzept – bestehen mussten, anstatt sich einfach zu nehmen, was sie brauchten. „Hahaa! Seht aus, als wär ne Menge schweres Zeug dabei! Ist ne gute Übung für die Muckis! Du wolltest doch eh mal bisschen zusammen trainieren, nicht, Teri?“ Hatte sie das gesagt? Irgendwie hatte Ravi das Gefühl, sie hatte das gesagt. So oder so war es bestimmt ein Heidenspaß, zu zweit einen Haufen Zeug rumzuschleppen!
Oh...Ravi ließ sich also überzeugen? Noch besser! Sie würde nicht enttäuscht werden, wenn sie erst einmal ein paar flauschige Schafe streicheln konnte. Die waren doch viel zu schade, um sie zu essen. Die Nymphe seufzte erleichtert aus. Inzwischen fragte sie sich zwar auch, wie Schafe und Wölfe schmeckten - aber dafür musste man sie töten und dann waren sie einfach weg. Dann konnte man doch besser leblose Dinge essen. Sandkuchen oder Wurzelsuppe mit Steinklößen zum Beispiel! Etwas ungläubig schaute sie die Oni an. Es gab böse Bücher über Drachen? Ihr Papa hatte ihr selten von seiner Verwandtschaft erzählt. Selbst für Drachenverhältnisse kam er nur selten zu Besuch oder lud andere Drachen in seine Höhle ein. In den gut zwanzig Jahren, in denen sie dort gelebt hatte, war es jedenfalls noch nicht passiert. Er war auch nicht besonders ordentlich und ließ seine Schätze überall herumliegen. "Sowas! Die Bücher kennen eben keinen persönlich." Erklärte sie selbstsicher mit erhobenem Kinn und war überzeugt, dass die Schreiber anders denken würden, wenn ein echter Drache vor ihnen stünde. Ravi hatte anscheinend auch noch keine bunten Schafe gesehen. Das war doch ein weiterer guter Grund, um die Länder zu bereisen. Wie viele verschiedene Schafe man dann sehen könnte! Mit einem wissenden Lächeln nahm sie ihren Rocksaum und hob ihn ein Stück weit hoch. Ravi hatte also selbst schon schwarze Schafe gesehen. Na, dann lag es doch auf der Hand!
"Es gibt schwarze Schafe, weiße Schafe...und alles dazwischen, ja. Schau her, mein Stoff ist blau und seidig. Gute Seidenschafe sollen besonders edel sein, habe ich gehört." So oder so ähnlich hatte es ihr die nette Gildenfrau erklärt, als sie ihr das Kleid geschenkt hatte. Das war schon deutlich besser als die uralten Reste, die sie in den Höhlen gefunden hatte. Die Nymphe nickte mit großen Augen und tat einfach mal so, als würde sie das verstehen. Ravi war ein Oni, mit einer roten Sonne verwandt und gleichzeitig ein Stamm. Oder ein Teil eines Stammes. Wie ein Ast sozusagen. War das wieder ein Wort, das nicht das meinte, was es sagte? Ihr Gegenüber fühlte sich zumindest ganz menschlich an. "Oh, dann stamme ich wohl...vom Drachenstamm ab, aber auch vom Vaterland. Wo die Mutter ist, weiß ich auch nicht so genau..." Was Ravi sagte, klang sehr beeindruckend. Aber jetzt war sie doch ein wenig verirrt. Zurück zu den Schafen! Teri stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute auf das Papier. Eine Reihe von Sachen war dort aufgelistet. Das sollte es wirklich einfacher machen. Neugierig marschierte sie neben der ungleich größeren Oni her und stiefelte auf ein größeres Gebäude zu, das nicht wie ein Wohnhaus aussah. Menschen bauten Häuser mit unterschiedlichem Nutzen. Wohnhäuser, Esshäuser (die aber nicht zum Essen sind) und Ställe kannte sie bisher. Und das Gildenhaus, das war auch etwas Besonderes. Das hier war also ein Laden, der Bauzeugs führte. Teri musterte die Fassade, als würde diese eine Antwort auf Ravis Frage liefern. Ihr Papa saß immer auf einem Haufen Schätze, Menschen machten einen Wirbel um Schätze...Damit war der Fall für sie klar. "Einkaufen ist etwas Neues für mich, aber ich rate einfach! Wir tauschen Schätze gegen andere Sachen. Und die Baumarktleute nehmen die Schätze, um in anderen Läden einzukaufen. Ein Kreislauf aus Läden, bis jeder etwas hat, das er braucht. Wie machen Oni das? Hortet ihr keine Schätze? " Sie hatte einfach damit angefangen, weil ihr Papa es auch so gemacht hatte. Und seltene Steine waren auch hübsch anzusehen! Sie dekorierte damit ihr Heim. Wenn sie Schmuck trug, dann sollte ihr Zuhause auch welchen haben. Staunend spazierte sie durch den Eingang. Ihre Augen wanderten über die zahllosen Regale mit irgendwelchen Kisten. Da waren unter anderem Werkzeuge für Leute ohne Magie, kleine Metallgegenstände, die seltsam eingeritzt waren...Töpfe mit verschiedensten Farben, Pflanzen, Tierfutter...
"Menschen bauen Sachen wirklich mit den interesstesten Dingen. Hast du schon einmal ein Hundefutterhaus gesehen? Ein Pflanzenhaus kann ich mir dagegen gut vorstellen." Fasziniert blieb sie hier und dort stehen, nahm eine Handvoll Schrauben in die Hand und musterte sie im Licht wie einen spannenden Fund. Testweise ließ sie sie wieder in ihre Box fallen, bei dem sie dumpf herumklimperten. "Diese Dinger habe ich schon einmal gesehen. Man verziert Holzhäuser damit. Ich bevorzuge ja Stein. Nehmen wir von jeder Sorte eine? Ich mag die mit dem Sternmuster!" Hier fanden sich eine ganze Reihe von verschiedenen Metallspitzen. Sie zeigte Ravi eine besonders große Schraube mit einem Sternkopf, der entfernt an eine Blume erinnerte und sogar matt goldig aussah. Es war leider kein echtes Gold, das erkannte sie gleich. Aber für einen einfachen Stall reichte das bestimmt noch. Außer für die edlen Seidenschafe..."Ob sie die auch in Gold haben? Nicht, dass die feinen Seidenschafe unzufrieden werden." Nachdenklich kniff sie die Augen leicht zusammen. Schweres Zeug? Achso, der Stall selbst! Den mussten sie dann zusammenbauen. Dafür brauchten sie Holzbretter - und viele davon, wie sie auf der Liste gesehen hatte. Während eines hochhob, stellte sie beiläufig fest, dass es doch überraschend schwer war. Vor allem, wenn man davon jede Menge brauchte. Die Grünhaarige hob das Brett mit beiden Händen versuchsweise in die Luft wie ein Gewicht aus der Mukkibude. "Wollte ich? Ah...ich kann mich nicht erinnern, aber wenn du es sagst! Ich trage das schwere Metall und du das luftig-leichte Holz?" Damit meinte sie natürlich die Schrauben. Wenn sie die in einen Sack steckte, mussten sie auf dem Rückweg nur auf Räuber achten.
„Dachte immer, dass man Stoff einfach färbt. Mein Papa hat das oft gemacht“, meinte Ravinuthala, auch wenn sie gar nicht mehr versuchte, bunte Schafe zu verleugnen. Teri hatte zur Genüge bewiesen, dass es die gab, sie glaubte nur nicht, dass sie nötig waren, um die richtige Farbe zu bekommen. „Ich mein, Klamotten die nicht aus Wolle sind haben doch auch verschiedene Farben. Is klar, dass man die auch färben muss. Und ich glaub auch, ganz viele Bauern haben nur einfarbige Schafe.“ Hier im Süden Fiores stolperte man ja öfter mal über den ein oder anderen Bauernhof, und bisher hatte Ravi fast nur weiße Schafe gesehen. Entweder waren die leichter zu halten oder weiße Wolle ließ sich gut färben, sodass sie praktischer war. Oder konnte es sein, dass das Klima von Südfiore für andere Farben von Schafen einfach nicht gut war? Es gab so viele Möglichkeiten... Lieber nicht drüber nachdenken, wenn man keine Ahnung hatte. Damit war Ravi bisher immer gut gefahren. „Richtig. Menschen machen aus Allem einen Laden“, nickte die Oni und schüttelte den Kopf. Was für komplizierte Lebewesen das doch waren. „Bei den Oni kauft keiner was, da braucht man keine Schätze zum Tauschen. Oni brauchen nur, was sie brauchen! Wenn du was brauchst oder ham willst, dann nimmst du dir das halt. Und wenn wer anders das Gleiche will, dann prügelt man sich drum. Und dann gibt der Verlierer was zu Essen aus.“ Laut lachend stemmte Thala die Hände in die Hüften. Ja, die Oni machten das schon alles richtig! Man musste sich keine Sorgen ums Tauschen machen und man musste nicht irgendwelche Währungen oder Wertgegenstände sammeln, die nicht wirklich einen Nutzen hatten. Was machten Menschen schon mit ihren Papierscheinen und ihren Geldstücken? Essen konnte man sie nicht, Waffen waren es auch nicht. Münzwürfe waren ganz lustig, aber zumindest die Scheine waren absolut wertlos. „So hat man immer, was man braucht, und alle haben immer gute Laune. Gibt schließlich nix, was dich mehr über ne Niederlage wegtröstet als'n guter Kampf und was gutes zu Futtern!“
Im Baumarkt war Ravi selbst noch nicht oft gewesen. Wenn, dann hatte sie ihre Gildenmitglieder unterstützt, so wie heute. Sie selbst war niemand, der groß baute, eher die Art Person, die Sachen wieder einriss. Deshalb wusste sie auch nicht allzu viel darüber, woraus Menschen ihre Häuser so machten. „Ich glaube, Häuser aus Lebkuchen gibt es auch. Die kann man dann essen“, meinte sie, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um auf das oberste Regal zu blicken. Irgendwie waren die höher gebaut als die meisten Menschen. „Wir Oni machen unsere Häuser ja aus Stoff und Holzstöcken. Manchmal auch aus Lehm und Steinen, wenn es was Besonderes sein soll.“ Gut, zugegeben, oben in den Bergen hatten sie auch nicht so unendlich viel Holz und Sachen wie Zement und Teer hatte sie auch erst kennen gelernt, nachdem sie hier zu den Menschen gekommen war. Aber nötig waren die sicher nicht. Ihr Stamm war doch der perfekte Beweis dafür, dass man auch ohne das ganze Zeug super klarkommen konnte. „Hmm... Schrauben brauchen wir auf jeden Fall, ja. Steht nicht dabei, welche Art, also nimm ruhig die mit, die du hübsch findest“, nickte Thala, sicher dass Pete aufgeschrieben hätte, wenn er eine bestimmte Art Kopf oder Länge wollte. „Nägel nehmen wir auch gleich mit, am Besten einen ganzen Haufen. Oh, und ich denke, noch mehr Werkzeug, wir wollen ja zusammen daran arbeiten. Die Sachen aus Metall nimmst du, ja?“ Das bedeutete dann wohl, dass die Nymphe sich mit einem schweren Werkzeugkasten abschleppen durfte, aber das war wohl nur fair. Ravi für ihren Teil trug, wie von der Kleineren gewünscht, gleich einen ganzen Haufen Bretter auf ihrer Schulter, als die beiden den Laden verließen. So richtig nachgezählt, ob das die exakte Menge war, die Pete brauchte, hatte sie jetzt nicht, aber es war wirklich ein Haufen. Das konnte gar nicht nicht genug sein, eher noch war es zu viel. Da konnte sich ja wohl niemand beschweren...
Stoff...einfärben? Die Oni hatte ja lustige Ideen. Aber wenn ihr Papa solche Dinge konnte, musste er ein mächtiger Mann sein. Vielleicht gab es Alternativen. Nur dann fehlten ja die Schafe. Ob man das wirklich wollte? Woher Nicht-Wolle kam, wusste sie abgesehen von den Seidenschafen noch nicht genau. Da gab es wahrscheinlich andere Tiere. Andere Arten von Schafen. Tatsächlich hatte sie auch schon das eine oder andere andersfarbige Schaf gesehen. Schwarz und...braun! Oder es war leicht schmutzig, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es braune Wolle gab. Oni-Kultur klang schon spannend. Man prügelte sich also, wenn man etwas haben wollte? Und dann musste man auch noch für Essen sorgen, wenn man verlor. Nachdenklich hielt die Grünhaarige ihr Kinn. "Hum, hum...Aber was ist, wenn man schwach ist und immer verliert? Dann würde ich ja meine Nägel und Schrauben niemals bekommen." Vielleicht waren alle Oni etwa gleich stark? Aber Ravi hatte schon gesagt, dass sie nicht die Stärkste war. Konnten die Krieger sie dann nicht jedes Mal umhauen? Vielleicht entging ihr da noch ein wichtiges Detail. Am besten ging sie die Oni mal besuchen und sah sich das selbst an!
Im Baumarkt stellte sie fest, dass Ravi vorteilhaft für Menschengeschäfte gebaut war. Die kam ja überall dran! Ihresgleichen hatte es da viel schwerer, selbst wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte. Vielleicht sollte sie doch irgendwann lernen, wie man flog. Oder wenigstens schwebte. Ansonsten bekam sie ohne umständliche Kletterhilfen auch irgendwann Probleme beim Ausbau ihres Palastes. "Lebkuchen, sagst du? Ich glaube, so etwas findet man in einer Packerei....hm...Backerei! Oder so ähnlich hieß das. Häuser können also auch gebacken werden...Bisher habe ich nur Kekse in meinem Steinofen gebacken. Diesen Lebkuchen muss ich mir auch noch ansehen." Bestimmt gab es doch Experten in der Gilde! Wie klug von ihr, dass sie Teil dieser Sache geworden ist. Auf diese Weise musste sie gar nicht lange suchen. Und eine Menschenstadt hatte ansonsten auch alles in der Nähe, was man so brauchte und nicht brauchte. Oni-Häuser waren also...aus Holzstöcken. Die stellten sicher das Fundament da. Wie eine Art Skelett. So würde sie das machen. Und dann mit Stoff verkleiden. Nicht übel, aber auch nicht sonderlich robust wenn es mal Steine hagelte oder der Blitz einschlug. Lehm und Steine dagegen waren immer eine solide Wahl. "Ohne Geschäfte nehmt ihr, was ihr findet, ja? Damit lässt sich schon etwas anfangen. Holz ist nicht gerade mein Gebiet, da kommt das Zaunprojekt gerade richtig. Mit Steinen dagegen kenne ich mich aus. Mein Papa hat sich wie eine Raupe durch die Erde gefuttert und seine Schlafplätze recht simpel gehalten. Nur Schätze mussten natürlich herumliegen. Das ist so eine Eigenheit von ihm." Erklärte die Nymphe mit einer wegwerfenden Geste, die selbst mit Gold behangen war wie ein fürstlich dekorierter Weihnachtsbaum. "Richtig, Nägel brauchen wir! Da sehe ich auch schon welche!" Gut, dass die Oni mitdachte. Auch Nägel gab es in allen Formen und fast allen Farben. Goldig, Kupferig und metallisch. Teri nahm von allen ein bisschen und füllte den Kasten mit Werkzeugen, die eine interessante Form hatten. Einen Hammer brauchten sie bestimmt - Es gab Harte, Weiche, Große, Kleine...Probehalber nahm sie einen Vorschlaghammer in beide Hände und wuchtete ihn auf die Schulter. "Das ist dann wohl für einen sehr großen Zaun gemacht...oh, upps..." Und prompt kippte sie mit dem Hammerkopf voran zur Seite und fing sich gerade noch so. Der geräuschvolle Schlag auf dem Boden ließ einige Kunden in ihre Richtung sehen. Nichts passiert! Das große Werkzeug ließ sie erst einmal zurück. Nachdem die Verhandlung abgeschlossen war, griff sie den Henkel ihres Kastens mit beiden dünnen Armen und schleppte ihn hinter Ravi her. Die hatte sich gleich eine ganze Drachenhort-Ladung an Brettern geschnappt. Beeindruckend! Die Oni gab eine gute Bauarbeiterin ab! Mit einem Haufen Bretter, ungleicher Nägel, Schrauben und einiges an überflüssigem Werkzeug ging es wieder auf den Weg zurück zu Pete. Unterwegs kam es zum Glück zu keinen Vorfällen, obwohl sie durchaus hübsche Schrauben dabei hatten. "Da seid ihr ja! Habt ihr alles bekommen?" Der junge Farmer winkte ihnen freundlich zu und bedeutete Ravi die Bretter erst einmal draußen abzuladen. Dann kam er Teri entgegen und trug den Werkzeugkasten zur Baustelle. Die beiden konnten erkennen, dass er in der Zwischenzeit den Bereich für den Streichelzoo bereits abgesteckt hatte. Etwas kleiner als die Nymphe es sich vorgestellt hatte, aber es sollte funktionieren!
Fragend sah Ravinuthala Teri an, als die fragte, was man tat, wenn man schwach war. Was war das denn für eine seltsame Frage? „Will doch keiner schwach sein! Wenne zu schwach bist, wirst du stärker!“, erklärte die Oni und stampfte demonstrativ auf dem Boden auf, dass die Regale um sie herum erzitterten. „Bist du'n Oni, lernst du schon, wie man kämpft! Sind nicht so wie die Menschen, wo's reicht, wenn ein paar von vielen stark sind. Der Stamm verlässt sich auf jeden einzelnen, und jeder muss sich auf sich selbst verlassen können. Da is kein Platz, um schwach zu sein!“ Das war etwas, das die Tsumiho an der menschlichen Kultur wirklich nicht verstehen konnte. Das Gildensystem basierte darauf, dass ein kleiner Teil der Menschheit stark genug wurde, um die Probleme von allen Anderen zu lösen. Warum machten die das nicht selber? Savanna hatte ein paar mal versucht, ihr das zu erklären, aber es ergab einfach keinen Sinn. Ravi zuckte mit den Schultern. „Ich mein, wenn du's echt nich schaffst, irgendwen zu besiegen, musste dir halt die Sachen nehmen, die die annern nicht so brauchen. Ist ja genug für alle da. Aber wer hat schon Bock darauf, immer zu verlieren?“
Was das Einkaufen anging waren die beiden doch ziemlich unterschiedlichen Völkerrepräsentanten dann doch ein richtig gutes Team. Sie hatten ein ungefähres Bild davon, was sie brauchten, und teilten den Job, Sachen zu tragen, mehr oder minder fair untereinander auf, während sie sich über Eigenheiten ihrer gewohnten Umgebung und der Menschen unterhielten. „Klingt, als hätteste viel unter der Erde gelebt“, meinte Ravi erstaunt, während sie in den Regalen stöberte. „Wie war's da so? Klingt ziemlich cool.“ Mit einem dröhnenden Lachen stellte sie dann fest, dass Teri einen verdammt großen Hammer hatte fallen lassen, und hob den mit ihrer einen freien Hand wieder auf, um ihn ins Regal zurück zu schieben – etwas, das sich aufgrund der langen Planken auf ihrer Schulter schwieriger darstellte als erwartet. Mehrfach schlug das Holz gegen die Wände und Strukturen, die die beiden Magierinnen umgaben, bis der Hammer endlich da liegen blieb, wo er hingehörte. Nur Teri war dank ihrer vergleichsweise geringen Größe sicher vor den wild umherwirbelnden Balken. Das passte erst einmal so! Stolz auf ihr Ergebnis trug Ravinuthala ein breites Grinsen im Gesicht, als sie endlich wieder bei Pete ankamen. „Sieht doch aus als hättet ihr... fast alles“, stellte der Bauer mit einem Lächeln fest, nachdem er erst einmal über die ganzen Sachen geschaut hatte, und fuhr sich dann durch die Haare, während er den Kopf schief legte. „Und von den Sachen, die ihr habt, habt ihr ganz schön viel... Ich weiß nicht, ob wir wirklich Schrauben und Nägel gebraucht haben. Und Werkzeuge standen doch gar nicht auf der Liste, davon haben wir genug hier...“ Er kratzte sich am Kopf, wieder einmal realisierend, was für Personen er sich da angelacht hatte. Naja, unter Gildenkollegen half und unterstützte man sich, das gehörte mit dazu. Außerdem müsste er lügen, wenn er sagte, dass er nicht zumindest ein bisschen Spaß daran hatte, diesen beiden weltfremden Damen zuzusehen. Ob sie am Ende des Tages ein funktionales Ergebnis hatten war eine andere Frage, aber zumindest vom Unterhaltungsfaktor her war diese Aktion ziemlich vielversprechend. „Gut, ich hole noch schnell ein paar Kleinigkeiten aus dem Lager, dann können wir loslegen. Ich bin sehr gespannt, wie es wohl aussieht, wenn ihr beiden Bretter zusammenzimmert...“
Oni-Kultur war also wie eine Art Kreislauf! Wer etwas haben wollte, muss stärker werden. Und wenn man jemanden umhaute, musste der wiederrum stärker werden. Ob es ein Limit für Oni-Stärke gab? Sie konnte ja sogar richtige Erdbeben auslösen! Jetzt fragte sie sich, wie wohl die ersten Oni ausgesehen haben mochten. Waren sie vielleicht auch so ein Zweig wie ihre Wenigkeit? Zum Glück hatte Ravi nicht spezifiziert, was stark sein genau bedeutete. Das konnte jetzt Kraft bedeuten oder besonders starke Zauber! Richtig, ihr Papa hatte sie daran erinnert hin und wieder zu üben. Nichts überstürzen und hin und wieder ein paar Monate oder Jahre Pause machen - so hatte das wohl für ihn funktioniert. Sie hatte sich bisher noch gar keine Gedanken um stark oder schwach sein gemacht. Wenn es um körperliche Kraft ging, war ihr die Oni augenscheinlich weit voraus! Aber wie sah es mit Magie aus? Das sollte sie beizeiten herausfinden. Schließlich wollte sie sich bei den Oni auch nicht blamieren, wenn sie zu Besuch kam. Ravis Feststellung nahm die Nymphe als Kompliment. Mit stolzgeschwellter Brust erzählte sie von den Vorzügen unter Tage. Die Temperaturen blieben verhältnismäßig gleich, es gab immer neue Wege zu sehen und irgendetwas zu erklettern. Tatsächlich hatte sie auch schon angefangen, sich eine eigene Kellerwohnung zu graben. Da musste noch viel gemacht werden, aber das war ein weiterer Vorteil - wenn sie mehr Räume wollte, musste sie einfach nur nach unten buddeln! Nachdem Pete den Werkzeugkasten freundlicherweise für sie getragen hatte, öffnete sie ihn wie eine fahrende Händlerin und präsentierte stolz ihre gelieferte Ware.
"Natürlich brauchen wir beides. Nägel zum Nageln und Schrauben zum...Schrauben. Sieh nur, wie hübsch diese Blumenschraube ist. Welches Schaf freut sich nicht über ein paar nette Muster?" Selbstsicher pflückte sie eine entfernt blumenförmige Schraube aus dem Kasten und hielt sie ins Sonnenlicht. "Und Werkzeug kann man nie genug haben! Außer man weiß sich magisch zu helfen. Hmm...Das wäre vielleicht eine Idee..." Nachdenklich nickte sie langsam und winkte ihm noch, als er weitere Sachen besorgen wollte. Aha! Also hatten sie nicht zu viel gekauft, sondern sogar zu wenig! Der war ja lustig! Er konnte doch ruhig zugeben, dass sie die neuen Experten für Einkäufe waren. Mit einem siegessicheren Lächeln ließ sie ihn von dannen ziehen und wandte sich an Ravi. "Hehe, er wollte es nicht zugeben, aber jetzt muss er doch auf andere Reserven aus seinem Drachenhort zurückgreifen. Beim nächsten Mal müssen wir noch viel, viel mehr aus dem Laden holen!" Während Pete unterwegs war, legte sie schon mal die Werkzeuge der Größe sortiert ins Gras. Die kleinen Schraubenzieher mussten neben den großen Schraubenziehern sein und so weiter. Das kam ihr nur richtig vor! Wie eine kleine Werkzeugfamilie, die gleich dabei mithelfen würde einen tollen Streichelzoo zu bauen. Sonderlich kompliziert wirkte so ein Zaun erst einmal nicht. Da waren so große Pfahldinger, die Ravi bestimmt auch so hineindrücken konnte. Und dann...kamen die Bretter, damit die Schafe nicht ausbüxten und sich in der Stadt verirrten. Die Häschenställe waren auch noch da, dafür musste man wahrscheinlich ein Haus bauen, nur in Hasengröße. Mit Fußböden, Kamin, Esszimmer und so weiter! Der Farmer ließ auch nicht lange auf sich warten. Ob er sichergehen wollte, dass sie nichts anstellten? Nach kurzer Anweisung ging es als Erstes an die Zäune. Das schien ihm als erste Aufgabe weniger kompliziert und anfällig für etwaige Ausrutscher zu sein. "Teri, du bist für Hammer und Nägel zuständig. Eine sehr schöne Reihe hast du da gemacht, aber ich denke, so viel Werkzeug brauchen wir gar nicht." Erklärte er geduldig und wandte sich an Ravi. "In die farblich markierten Kreuze müssen diese Pfähle hier. Schön gerade und tief...ah...ungefähr so." Sicherheitshalber gab er mit den Händen eine Länge vor, damit die bärenstarke Oni die Pfähle nicht gleich im Erdboden verschwinden ließ. Er fuhr sich über den Nacken, atmete leise aus und nickte. "Sobald die ersten zwei Pfähle stehen, nägeln wir ordentlich vier Reihen von Brettern an." "Und was ist mit besonders kleinen Minischafen?" Der Farmer hielt inne und musste kurz raten, was die Nymphe meinte. "Oh, Lämmer? Keine Sorge, der Abstand sollte genügen. Wenn wir fertig sind, decken wir den unteren Bereich noch mit Draht ab, dann sind wir auf der sicheren Seite. Auf der anderen Seite ist das Gras grüner, besonders für Jungtiere. Gut mitgedacht!" Demonstrativ hob er eine Rolle Draht hoch und legte sie erst einmal beiseite. Teri hatte das nicht erwartet, aber wenn er als Experte das sagte...War es nicht traurig, wenn das Gras außerhalb immer grüner sein würde als innerhalb? Dann sollten sie hin und wieder das Außerhalb-Gras anbieten, damit es nicht eintönig wurde. Vorsorglich bewaffnete sie sich schon einmal mit ihrem Hammer und stopfte den in den Untiefen ihres Kleids. Dann hob sie einen wuchtigen, deutlich größeren Hammer auf und reichte ihn der Oni. "Huff...Hier, bitte! Hau rein, wie man unter den Bauern sagt!" Pete hob einen Finger, beschloss aber nichts zu sagen und lächelte nur.
„Hau rein!“, bestätigte Ravi mit einem Grinsen Teris Forderung, während sie deren Vorschlaghammer entgegen nahm. Ja, der lag gut in der Hand, fühlte sich ordentlich kraftvoll an. Schwer, aber nicht so schwer, dass die Oni damit Schwierigkeiten haben würde. Im Gegenteil, ein Testschwung durch die Luft, der dazu führte, dass Pete einen Schritt weiter weg trat, gab ihr ein gutes, sicheres Gefühl. Fehlten also nur noch die Pfähle. Den Hammer über ihre Schulter legend ging die Tsumiho kurz in die Knie, um einen davon aufzuheben, warf ihn einmal in die Luft, um ihn geschickt wieder aufzufangen und mit einem Grinsen zu nicken. „Jap, fühlt sich gut an. Solide, stabil. Damit wird’s ne gute Sache, bin ich sicher.“ Zufrieden schritt Ravi hinüber zu einem der Kreuze auf dem Boden, um den Pfahl zu heben und an der Stelle geradewegs hinein zu rammen, sodass er gerade stand. Dann trat sie einen Schritt zurück und packte den Hammer wieder mit beiden Händen. „Wie tief solls nochmal rein?“, fragte sie Pete und wartete sein Signal, ehe sie ausholte und den Hammer in einem großen Halbkreis durch die Luft schwang, auf den Kopf des Pfahles treffen ließ, um diesen mehr oder minder die richtige Tiefe in die Erde zu pressen, sodass er fest stand und nicht mehr groß an sich rütteln ließ. Pete legte kurz die Hand auf das Holz, drückte kurz dagegen, zog kurz daran, und zeigte ihr dann seinen nach oben erhobenen Daumen. Sah aus, als hätte Ravi eine gute Leistung gezeigt. Dann musste sie das nur noch mit den anderen drei wiederholen...
Damit standen erst einmal die Grenzen des Zaunes. Als nächstes kamen die Zaunbretter, die sie unter Petes genauer Führung mit ziemlich akkuraten Abständen aufstellen konnten, ehe Ravi auch diese in den Boden klopfen. „Schön festhalten, Teri!“, rief die Oni ihrer kleinen Partnerin zu, die die Aufgabe hatte, das nach unten angespitzte Brett festzuhalten, um sicher zu gehen, dass es auch ja gerade blieb, wenn Ravi draufhaute. „Ich pass schon auf, dass ich deine Finger nich erwische, also mach dir kein Kopf, kay? Kay?“ Präzision war zwar nicht Ravis Stärke Nummer Eins, aber ein Stück Holz, das sich nicht bewegte, konnte sie schon ordentlich treffen. Als geübte Jägerin und Kämpferin hatte sie den Fokus dafür, vor Allem, da der Kopf des Hammers nicht viel dicker war als die Keulen, mit denen sie normalerweise zuschlug. Im Kampf wäre das Ding vermutlich irritierend gewesen, aber ein bisschen damit basteln bekam sie gut hin. Allgemein hatte Pete wohl ein ganz gutes Bild davon entwickeln, wo die Stärken und Schwächen der beiden Magierinnen lagen, die er gerade beim Bau unterstützte. Er musste selbst nicht groß mit Anpacken, griff zwar mal ein, wenn es nicht anders ging oder eine fünfte Hand hilfreich war, achtete aber im Allgemeinen darauf, dass das Projekt der zwei Mädels ihr Projekt blieb – ohne dass dabei etwas kaputt ging. Nur das Vermessen und Zuschneiden des Holzes übernahm er komplett selbst. Die ganzen Zaunbretter aufzustellen ging relativ schnell, dann war es an der Zeit, die Querbalken festzumachen, die aus den einzelnen Holzstücken einen verbundenen Zaun machen würden. Dieses Mal war Ravi dran damit, das Holz an der richtigen Stelle zu halten – vernünftig, wenn man bedachte, dass es diesmal nirgendwo abgestützt werden konnte, was schnell auf den Bizeps ging – und Teri durfte endlich die Nägel benutzen, auf die sie sich schon so gefreut hatte. „Oder die Schrauben... Wie du möchtest“, beendete Pete seine Anweisungen mit einem Schulterzucken. „Das macht hier nicht wirklich einen Unterschied...“
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