Ortsname: Idylia Art: Ortschaft Spezielles: --- Beschreibung: Idylia ist ein kleines Dorf, nicht mehr als eine kurze Zugfahrt oder einen langen Spaziergang von Maldina Town entfernt. Bekannt ist dieses Dorf vor Allem für die gute, frische Luft, die großen, wunderschönen Blumenfelder, die es umgeben, und die fruchtbaren Acker, auf denen von Morgens bis Abends Bauern arbeiten. In letzter Zeit hat es aber noch ein weiteres, herausstechendes Merkmal... Nach einem bisher ungeklärten Vorfall sind die Bäume, Blumen und Gräser von Idylia außer Kontrolle gewachsen, sodass das Dorf nun von riesigen Bäumen, übergroßen Blüten und vielen grünen Ranken durchwachsen ist. Die Infrastruktur hat sich dem angepasst, sodass einige Wege über die großen Äste führen und einzelne Personen sich sogar entschieden haben, ihre Häuser in die Baumkronen zu setzen. Mit einer einzigartigen Symbiose zwischen Mensch und Natur ist dieser Ort definitiv eine Sehenswürdigkeit.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Zuletzt von Untiefe am Do 6 Jul 2023 - 21:46 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Thana Desert Queen
Anmeldedatum : 15.05.20 Anzahl der Beiträge : 1851 Alter : 32
# 1 Thana könnte sich Haare ausreißen. Schon wieder wurde sie losgeschickt, um irgendein magisches Wesen zu suchen. War sie etwa so etwas wie die Kammerjägerin Royal Crusades? Hatte sie etwa so viel Talent in jenen Aufgaben? Wie schon mit Alexios in den Bergen nördlich der Gilde, musste sie nun weiter im Süden nach einem magischen Tier Ausschau halten. Diesmal jedoch mit Eohl, der Magierin mit der sie sich angefreundet hatte. Das machte diesen Auftrag vielleicht etwas angenehmer als den Vergleichbaren aus der Vergangenheit. Kurz fragte sich Thana, ob die Gildenleitung von der Beziehung zwischen den beiden Damen wusste und sie deswegen gemeinsam losschickte. Je mehr die Mahaf darüber nachdachte, desto sicherer war sie sich, dass man definitiv über nahezu alle Machenschaften innerhalb der Gilde wusste. Nur der zweite Teil der Überlegung wollte und konnte ihr einfach nicht klar werden. Jedenfalls waren auch die Umstände nun wesentlich interessanter. Dieses Dorf, zu dem die Zwei geschickt wurden, war nun vollkommen verrückt. Auch im wörtlichen Sinne, also in Form verschiedener Gebäude, die verschoben wurden. Das Örtchen glich dem eines Märchens. Häuser auf Bäumen, Ranken, die Brücken und Wege querfeldein schlugen, mannshohes Gras und noch größere Blumen und Blüten. Ein unglaublicher Anblick, der sich den beiden Damen da bot. Thana blieb einige Meter außerhalb des Dorfes stehen, um sich die Szenerie anzuschauen und sie auf sich wirken zu lassen. Wortlos fuhr ihr Blick von links nach rechts über Häuser, Riesenpflanzen und Menschen, die über jene spazierten, als sei dies ganz normal. „Sachen gibt’s. Hättest du dir mal vorgestellt so etwas zu sehen?“ Die Magierin schaute zur Seite, hin zu Eohl, ihrer Begleiterin. Dieser Ort kam ihr irgendwie irreal vor. „Und das alles nur, weil dort ein kleines Vieh rum hüpft, welches sich dort nicht hingehört.“, fügte sie mit nachdenklicher Stimme hinzu, während ihr Augenmerk sich wieder auf Idylia legte. Eigentlich gab es ja nichts, worauf sie warten mussten. Thana brach die von ihr eingeleitete Pause also ab, indem sie wieder einen Fuß vor den anderen setzte, um das Dorf zu betreten. Ihr Haar wehte im ländlichen Wind dieser Region.Wo würden sie das magische Tier, dieses Zyaena wohl finden? Ob es sich einen Bau gegraben hat? Vielleicht futterte es sich auch durch die Vorräte einer Taverne. Vielleicht sollten sie bei den Bewohnern mal nachhorchen, ob es irgendwelche Probleme mit Ungeziefer gab. Sie brauchten halt einen Ansatz.
„Zü-gah-nah?“ Nein, das war falsch. „Zie-gai-nar?“ Das klang auch nicht ganz richtig. „Züi-aye-yena?“ Okay, das war noch weiter weg als vorher. Resignierend schüttelte Eohl den Kopf und guckte aus großen, traurigen Augen Thana ins Gesicht. „Thanaaa! Wie spricht man das aus?“ Eine Zygaena hatte Eohl noch nie gesehen, und soweit sie sich erinnerte auch vorher nicht davon gehört. Ob es die wirklich gab? Der Rat von Royal Crusade schien davon auszugehen, und die drei hatten normalerweise Recht mit Allem, was sie sagten. Soweit die Yihwa die Aufgabe verstanden hatte, stand aber noch gar nicht so richtig fest, ob dieses Tierchen hier wirklich zu finden war, es war nicht mehr als eine Theorie basierend auf dem – zugegebenermaßen sehr einzigartigen – Zustand dieses kleinen, hübschen Dorfes. „Hmm... nein, ich glaube, so einen hübschen Ort habe ich noch nie gesehen. Nicht mal in meinen Visionen“, antwortete die Yihwa erstaunt, aber mit einem Leuchten in ihren orangen Augen, während sie die Überreste der Gebäude betrachtete. „Risse in den Wänden, Löcher im Boden, Fenster in Scherben, zerstörte Dächer, überall kaputte Sachen, die mal überlebenswichtig für andere Menschen waren... es ist so wunderschön hier!“ Aufgeregt quietschte die Yihwa, legte ihre beiden Hände auf ihre Brust, um sich etwas zu beruhigen. Die Pflanzen? Ja, die waren auch da. Ganz schick, nicht übel. Nicht wirklich das, was sie am meisten interessierte. Es gab etwas unheimlich befriedigendes darin zu sehen, wie Menschen, die nicht sie selbst waren, alles verloren, was ihnen im Leben wichtig war. „Ehehe... das wäre mein Schicksal gewesen, wenn ich nicht in Royal Crusade wäre... Ist es nicht poetisch, wie der Fluss der Zeit mit den Ungläubigen und Unnützen umgeht?“ Fröhlich vor sich hin summend nahm die Grünhaarige den Anblick weiter in sich auf. Dass das alles die Macht einer kleinen, unscheinbaren Kreatur sein sollte war furchtbar interessant. Ob die kleine, unscheinbare Eohl eines Tages auch so viel Unglück über Menschen bringen konnte? Es war ein faszinierender Gedanke. Schlussendlich hatte selbst ein Wurm wie sie die Magie einer Auserwählten und war von der besten Gilde der Welt akzeptiert worden. Ein Kichern kam ihr über die Lippen. „Ehehe... ich freue mich schon darauf, dieses Zugnar kennen zu lernen... Denkst du, es existiert wirklich? Ich hoffe, es existiert wirklich...“ Kurz blinzelte sie, ehe sie auf eine Idee kam. Ohne zu zögern manifestierte sich ein kleines Stück Spiegel in ihrer Hand, das sie schnell anhob, sodass das Bild des zerstörten Dorfes sich darin zeigte. „Thana, gehst du mal mit ins Bild?“, fragte sie aufgeregt. „Ich würde gern eine Erinnerung an diesen Ort mitnehmen... So, wie er jetzt aussieht.“
Die Frage, wie sie jetzt weiter vorgehen sollten, drängte sich aber auch der Yihwa auf. Die Dorfbewohner zu befragen war vermutlich eine gute Idee, aber keine, auf die sie von selbst kam. „Wenn es die Zigan gibt, wie finden wir sie am besten...?“, murmelte sie vor sich hin und blickte auf. In der Mitte des Dorfes stand ein relativ hoher Kirchturm, der von einer dicken Ranke sowohl umschlungen, als auch durchstochen worden war. Sie deutete in die Richtung. „Von da oben hat man bestimmt einen guten Blick, oder?“ Ob man aus der Höhe ein grünes Tier zwischen all den anderen Pflanzen sehen konnte, war allerdings eine andere Frage... Vor Allem, wenn es sich tatsächlich einen Bau gegraben haben sollte.
Reflection Frost TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 20 MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Bei diesem Zauber kann der Anwender entweder ein viereckiges Spiegelfragment erschaffen oder einen bereits bestehenden Spiegel verwenden. Die Reflektion, die der entsprechende Spiegel beim Einsatz des Zaubers zeigt, wird dabei eingefroren und lässt sich von diesem Moment an nie wieder verändern. Somit kann man das aktuell gezeigte Bild für die Ewigkeit festhalten. Die entsprechende Oberfläche zählt nicht länger als Spiegel und kann nicht weiter von Infinity Mirror beeinflusst werden.
Der Fluss der Zeit... brennt alle Hoffnung nieder... That odd woman... | Cracked Mirror, Awaken!
Thana Desert Queen
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# 2 „Zü-a-ena.“, sprach Thana langsam und überdeutlich aus, um Eohl den Gefallen zu tun und ihr dabei zu helfen, den Namen des gesuchten Tieres aussprechen zu können. Durch die angestrebte Klarheit in den von ihr abgegebenen Tönen, formten sich ihre Lippen dabei viel stärker als sonst. Grade hatte sie es ausgesprochen, da fragte sie sich, warum sie das eigentlich tat. Wenn es hoch kam, würde ihre Gefährtin den Namen ein einziges Mal richtig aussprechen und danach eh wieder vergessen. Dann müsste sie es ihr entweder immer und immer wieder vorkauen, oder aber es ignorieren. Ignorieren und mit der Situation abfinden war ohnehin etwas, was Thana fleißig übte, seit sie in engerem Kontakt zu Eohl stand. Dass die Faszination der beiden Damen aus unterschiedlichen Quellen herrührten, war keine Überraschung. Während die Dürremagierin die enorm großen Pflanzen, die mehr als untypische Flora an diesem Ort bestaunte, ergötzte sich ihre Freundin daran, wie genau diese so viel Zerstörung bewirkt hatte. Dabei schien ihr vielleicht zu entgehen, wie sehr sich die Bewohner dieses Ortes an die Situation angepasst hatten. Nicht, dass ihnen eine Wahl blieb. Aber sie nutzten die Ranken als Wege, quer durchs Dorf. Ihre Häuser bauten sie einfach auf die Pflanzen drauf. Man lernte mit diesem plötzlichen Wuchs umzugehen. „Ob das alles wieder in sich zusammenstürzt, wenn wir das Zyaena mitnehmen?“, schob Thana zwischen die laut ausgesprochenen Fantasien ihrer Gefährtin, ohne diese wirklich wahrzunehmen. Das wäre wirklich ein Anblick. Wenn plötzlich alle Ranken und Blumen, das hohe Graß, die Pflanzen alle verdorrten oder sie sich in Luft auflösten und das ganze Dorf in sich zusammenfiel. Ein Anblick, der Thana noch mehr faszinieren würde als der, der sich ihr grade bot. Langsam aus ihren Gedanken ins Diesseits zurückehrend, hörte sie die Frage Eohls. Die Frage danach, ob das „Zugnar“ wirklich existierte. „Na…“, leitete Thana ein. „Irgendetwas muss ja für diesen spontanen Wildwuchs verantwortlich sein. Das passiert ja nicht einfach so. Da es zu diesem Zyaena passen würde, bin ich mir sogar fast sicher. Ich glaube es lebt irgendwo dort in diesem Kleinstadtdschungel.“, erklärte die Magierin voller Selbstsicherheit. Als Thana grade loslief, hatte ihre Begleitung noch ein Anliegen an sie. Überrascht blieb sie wieder stehen, um sich der Verwirrten zuzuwenden. „Ins Bild?“ Es brauchte einen kurzen Moment, ehe sie registrierte, was Eohl vorhatte. Ein wenig angenervt seufzte sie. Thana verschränkte ihre Arme vor der Brust und trottete ein paar Schritte zur Seite. „So?“, fragte sie mit einer ebenfalls genervten Stimme, um sich Eohl dann zuzuwenden und elegant wie sie war, ihre Hüfte zur Seite zu schieben. Thana duldete dieses kindliche Verhalten ihrer Kollegin. Einen Vorzug, den sie wahrscheinlich keinem anderen Mitglied ihrer Gilde zugutekommen lassen würde. Das kleine Urlaubsfoto abgehakt, konnte es ja wieder an die Arbeit gehen. Es ging in Richtung des Dorfes. Eohl schaffte es dann sogar, etwas produktiv zu sein. Sie stellte sich die Frage, die den beiden wahrscheinlich schon… also die zumindest Thana schon eine Weile im Kopfe herumschwirrte. Wie fanden sie dieses magische Wesen? „Wir könnten das ganze Städtchen in Schutt und Asche legen und die Trümmer durchwühlen.“, scherzte die Dürremagierin zunächst. „Aber vielleicht sollten wir erst einmal fragen, ob irgendwer etwas bemerkt oder gesehen hat.“ Was den implizierten Vorschlag der Spiegelmagierin anging, so war Thana nicht ganz so fasziniert davon. „Du willst da nicht für ein weiteres Foto mit deiner Spiegelreflex hoch, oder?“ Eohl kassierte einen mit Augenbrauen verzogenen Blick von der Seite. „Ich glaube nicht, dass es etwas nützt.“ Die Beiden setzten ihre Füße in die Ortschaft und noch bevor es unter die Menschen ging, hatte Thana ein Anliegen. „Ach! Wir spielen übrigens Forscher, verstanden? Wir erforschen dieses Phänomen mit dem Pflanzenwuchs hier, wenn jemand fragen sollte was wir hier tun. Merk dir das.“ Musste ja keiner erfahren wonach sie wirklich suchten. Vielleicht wusste gar niemand, dass das alles mit einem magischen Wesen zusammenhing. Je weniger die Leute überhaupt wussten, desto besser war es. Blieb nur zu hoffen, dass Eohl sich nicht verplapperte. Jedenfalls fielen die ersten Blicke auf die zwei Magierinnen. Keine Frage, an einem so ländlichen Ort wie diesem fielen sie jedem sofort ins Auge. Sie waren fremdlich. Thana sah überall fremd aus… Außer eventuell in der Wüste, unter Bauchtänzerinnen. Neugierig ließ die Magierin ihren Blick umherschweifen. Aus der Nähe sah alles noch so faszinierender und… größer aus.
„Züaena, okay“, nickte Eohl. „Danke dir! Ich merk es mir!“ Solange ihr Gedächtnis dazu in der Lage war, würde die Yihwa auf jeden Fall das richtige Wort benutzen. Auch wenn, zugegeben, ihr Gedächtnis vermutlich ihr größter Schwachpunkt war, was gerade bei der Yihwa viel bedeutete. Ihre Aufmerksamkeit lag ohnehin ziemlich schnell auf den mehr und minder zerstörten Gebäuden des Dorfes, das sie gerade sahen. Man konnte die Spuren des Wachstums noch sehen, auch wenn sich die Bewohner zugegeben gut damit arrangiert hatten. Der Gedanke, dass all diese harte Arbeit wieder zugrunde gehen könne, wenn die beiden Crusaderinnen das Tier erwischten, brachte die Augen der Yihwa dazu, noch heller zu strahlen. „Ooh, das wäre großartig!“, meinte sie amüsiert, ihre Wangen vor Aufregung gerötet. Der Gedanke schien auch Thana zu gefallen. Das war wohl der Punkt, an dem sich ihre Interessen kreuzten. „Ja, irgendwas muss verantwortlich sein...“, nickte Eohl. Da hatte Thana definitiv recht. „Aber wäre es nicht langweilig, wenn das nur ein Magier war und kein Tier? Es gibt Zauberer, die Pflanzen und Holz manipulieren können.“ Nachdenklich legte sie einen Finger an die Wange und betrachtete ein paar übergroße Dornenranken. „Denkst du, an einem Ort wie hier könnten wir so jemanden töten? Das klingt gefährlich...“
Nachdem sich Thana sehr begeistert auf einem Bild verewigen ließ und Eohl ihr dafür sehr glücklich ihren Dank aussprach, während sie ihren neuesten Schatz sicher verstaute, war es wohl an der Zeit, sich dem Dorf und seinen Bewohnern zu nähern. Option eins klang eigentlich ganz schön. Sie konnten das ganze Dorf zerstören? „Können wir das?“, fragte Eohl aufgeregt und sah Thana erstaunt in die Augen. „Also, ich kann das nicht. Kannst du das?“ Sie wusste, dass die Mahaf eine mächtige Magierin war, mit Sicherheit deutlich über einem wertlosen Werkzeug wie Eohl, aber ein ganzes Dorf so einfach zu zerstören... das klang doch zu schön, um wahr zu sein. Wenn Thana das tatsächlich konnte, wollte Eohl es unbedingt sehen, aber es sah nicht so aus, als wäre das der Plan, dem sie folgen sollten. Auch Eohls Idee schien ihr nicht zu gefallen. „Hm? Ich hab doch schon ein Bild. Warum soll ich noch eins machen?“, fragte die Yihwa unverständlich und legte den Kopf schief, lächelte dann aber wieder. „Willst du, dass ich mehr Bilder von dir mache? Möchtest du eins für dich haben? Das kann ich machen, wenn du willst...“ Nein? Nicht jetzt? Gut, das Angebot stand. Jetzt bekam Eohl erst einmal ihre Anweisungen. Ihr Lächeln verschwand für einen Moment und das Orange in ihren Augen ermattete ein Stück weit, während sie aufmerksam den Worten der Jüngeren lauschte. „Jawohl. Wir sind Forscher. Wir erforschen das Wachstum.“ Ihre Antwort war monoton, fast schon mechanisch, während sich der Befehl der Mahaf in ihrem Kopf festsetzte. Kurz nickte sie, bestätigte sowohl für sich selbst als auch für ihr Gegenüber, ehe sich ihr Gesicht wieder aufhellte und sie sanft lächelte. Eine ihrer Hände hob sich, justierte eine unsichtbare Brille auf ihrer Nase, ehe sie Thana in die Augen sah. „Worauf wartest du noch? Ich kann es kaum erwarten, dieses Mysterium zu ergründen. Ich bin gespannt, was der Grund für dieses unnatürliche Wachstum sein mag...“ Moment, hatte sie nicht eigentlich schon gewusst, was der Grund war? Nein, das konnte nicht sein. Sie war hier, um das Phänomen zu erforschen, also konnte sie die Antwort noch gar nicht kennen. Aufgeregt beschleunigte die Yihwa ihre Schritte. Zeit, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen!
„Guten Tag, die Herren“, ging sie fröhlich auf zwei Männer zu, die die beiden Magierinnen ziemlich ungeniert anstarrten. Das war wohl kein Wunder. Eohls Rüstung war an den meisten Orten ziemlich ungewöhnlich, und Thana... Naja, wer würde Thana nicht ansehen wollen? „Hätten Sie einen Moment Zeit? Wir haben ein paar Nachfragen dazu, was hier in letzter Zeit passiert ist. Ist Ihnen zufällig etwas Seltsames aufgefallen, bevor die Pflanzen so gewachsen sind?“ Die beiden Herren blinzelten sie für einen Moment sprachlos an, offensichtlich überrascht davon, dass diese seltsam anmutende Frau so plötzlich auf sie zugekommen war. Eohl musste kichern – diese dummen Kreaturen waren fast schon niedlich. „Ihr könnt mich und meine Kollegin gleich gerne weiter anstarren, aber vorher würde ich mich über ein paar Antworten freuen...“
# 3 Wenn dies der Versuch einer höheren Macht war, die Menschen für ihre Sünden zu strafen, so hatte diese höhere Macht wirklich auf ganzer Linie versagt. Viel zu leicht hatten sich die Menschen mit der neuen Situation arrangiert. Sie hatten ja auch kaum eine andere Wahl. Um wirklich aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und einen Neuanfang zu wagen, brauchte es mehr. Die Heimat musste vollkommen vernichtet werden. Außerdem bedurfte es einer Botschaft. Die Menschen mussten wissen womit sie das verdient hatten. All dies war anscheinend nicht gegeben. Vielleicht, nein, mit großer Wahrscheinlichkeit war auch keine Gottheit mit diesem Ereignis verbunden. Thana kam dennoch nicht darum herum sich diese Version der Geschehnisse in ihrer Fantasie auszumalen. „Ich glaube nicht, dass das ein Magier war.“, konterte die Magierin die Theorie ihres Sidekicks. „Zum einen hätte er all das nicht mal eben in zwei Minuten gezaubert. Ergo hätte er auffallen müssen, anders als ein kleines magisches Tier, welches von Versteck zu Versteck huscht. Außerdem, was für einen Grund hätte so ein Magier, so etwas zu tun? Einfach aus Spaß?“ Natürlich nicht. Thana schüttelte den Kopf, nur um die eigene Frage dann selbst zu beantworten. „Nein. Wenn, dann hätte er ein Ziel verfolgt. Es wäre noch irgendetwas anderes passiert oder man hätte von ihm gehört. Außerdem…“ Der letzte Punkt war ihr unangenehm, denn er stellte Thana vor die Erkenntnis ihre eigenen Fähigkeiten einzuschätzen. „… Außerdem hätten wir wohl kaum eine Chance einen solchen Magier hier zu töten. Oder irgendwo anders. Wahrscheinlich würde der uns sprichwörtlich in die Tasche stecken.“ Sie hob lehrend den Zeigefinger, während sie sprach. Ein Magier, der eine ganze Stadt terraformte, der hatte mit den zwei Damen bestimmt keine großen Probleme. Also brauchten sie sich dahingehend gar keine Sorgen zu machen.
Es war schon belustigend, wie Eohl den Scherz, das gesamte Dorf dem Erdboden gleich zu machen, ernsthaft erwog. „Ich könnte das.“, spielte Thana ein wenig vor ihr auf. „Ich bräuchte zwar eine Weile… Aber ich könnte das.“ Mit der Macht alles auszutrocknen hatte sie sicher gute Chancen die ganzen Pflanzen kleinzukriegen und damit all die davon betroffenen Gebäude wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Dabei würden weitere zerstört werden und ganz Idylia wäre nur noch eine einzige Ruine. Das Problem an dieser Vorgehensweise war „nur“ der enorme Manaverbrauch, die Zeit, die sie dafür benötigen würde und die ganzen Menschen, die sich der Zerstörung ihrer Heimat sicher erwehren würden. „Aber das ist heute keine Option.“, erklärte die Magierin, bevor Eohl wieder auf dumme Ideen kam. Weiter seufzte Thana, als sich ihre Begleitung in der Thematik weitere Bilder zu schießen verrannte. Als sie ihr dann aber ihre Tarnung für die kommende Zeit erklärte, passierte etwas Gruseliges, was ihr zuvor nie aufgefallen war. Beinahe roboterartig verarbeitete Eohls Gehirn die Anweisungen, um sie dann ohne eine einzige Emotion in der Stimme zu wiederholen. Es war doch ihr Gehirn, welches da arbeitete, oder? Thana zweifelte kurz an dieser These. Sie schielte schaudernd zu Eohl herüber und musterte sie. Kaum einen Augenblick später kam in ihr wieder die kindische Seite an die Macht. Die Spiegelmagierin spielte das zurechtrücken einer Brille vor und sprach dann so, als sei sie tatsächlich eine Forscherin. Während Thana noch darüber nachdachte, wie sie mit dieser Szene eben umgehen sollte, verlor sie Eohl quasi wie einen Hund, der sich von seiner Leine gerissen hatte. Ohne Vorwarnung marschierte sie nämlich auf zwei Einheimische zu, die die beiden Damen verdutzt beäugten. Thana war ganz perplex davon, wie ihre Gefährtin vorging. Erst hatte sie noch Angst, sie überhaupt mit anderen sprechen zu lassen, doch schnell musste sie feststellen, dass Eohl sich ganz gut machte. Der letzte Kommentar hatte es sogar so in sich, dass Thana Grinsen musste und dieses Grinsen nur schwer wieder loswurde. Langsam und elegant wie sie sich nun einmal fortbewegte, schloss sie also zu Eohl auf, um schließlich neben ihr stehenzubleiben und einen Arm quer über ihren Oberkörper zu legen, sodass ihre Hand auf der entgegengesetzten Schulter der Spiegelmagierin zum Liegen kam. „Na? Schüchtern? Meine Freundin hat doch eine einfache Frage gestellt.“ Die Herren schauten ganz verdutzt drein, blickten sich flüchtig gegenseitig an und wussten nicht so recht, wie sie reagieren sollten. Thana löste sich wieder von Eohl und stolzierte auf einen der Herren zu. „Wir untersuchen dieses übernatürlich wirkende Ereignis, welches diese Stadt so hart getroffen hat.“, sprach sie und täuschte dabei Mitgefühl vor. Thana stolzierte um einen der Männer herum, fuhr mit ihrer Hand über seinen Rücken und platzierte sich schließlich zwischen ihnen. „Ihr könntet uns wirklich sehr behilflich sein, wenn ihr etwas gesehen habt.“, sprach sie typisch freundlich und mit einer gewissen Erotik in ihrer Stimme. Mit der Stimme, die sie gerne nutzt, um grade Fremden des anderen Geschlechts dazu zu bringen, etwas für sie zu tun. Blieb nur die Frage, ob sie etwas gesehen hatten. Wenn nicht, so wurden sie schnell wieder fallengelassen wie heiße Kartoffeln. Dann war dieses Dreckspack nämlich nutzlos.
„Meinst du nicht, in unserer Gilde sind Magier, die das aus Spaß machen würden...?“, fragte Eohl mit einem skeptischen Blick auf das arg mitgenommene Dorf. Wenn Thana sagte, das hier hatte kein Magier gemacht, dann würde das schon stimmen, aber dass niemand das einfach zur eigenen Belustigung tun würde fand die Yihwa schwer zu glauben. „Ich denke, das hat bestimmt Spaß gemacht. Du musst mir auch irgendwann zeigen, wie du ein Dorf kaputt machst! Das will ich sehen!“ Tatsächlich wirkte die Mahaf ziemlich zuversichtlich, dass sie das hinbekommen würde, auch wenn sie meinte, dass heute nicht die richtige Gelegenheit dafür war. Zu schade, Eohl hätte gern daran Teil gehabt. Aber für heute durfte sie wohl stattdessen Forscherin spielen.
„Ah... ähm... ich hab nicht geglotzt“, meinte einer der beiden Männer mit knallroten Wangen, während er es immer noch nicht schaffte, seine Augen von Thana zu nehmen, die gerade sehr implikativ den Arm um Eohl gelegt hatte, ehe sie sich von ihr löste und stattdessen den beiden auf die Pelle rückte. Für einen kurzen Augenblick schlich sich ein bitterer Ausdruck auf das Gesicht der Yihwa, verschwand aber so schnell, wie er gekommen war. „Also... Was gesehn... ich weiß nich...“ Nervös wandte er den Blick von den beiden Frauen ab, kratzte sich am schlecht rasierten Kinn. Es wirkte wirklich, als würde er sich sein Hirn zermartern, aber er hatte ganz offensichtlich keine Ahnung, was hinter dem Ereignis stecke. „Also, meine Frau hat am Tag vorher n paar Samen gepflanzt... jetzt haben wir riesige Paprika... Waren aber eigentlich ganz normale Samen...“ Ja, der Kerl war nutzlos. Ihn in Gedanken schon abhakend, ignorierte Eohl seine Worte völlig und wandte sich an einen etwas kürzer geratenen Begleiter. „Wie spannend! Und hast du auch etwas zu erzählen? Etwas, das kurz vor dem Wachstum passiert ist? Vielleicht etwas Seltsames? Was ist dir aufgefallen?“ Der schien auch nicht so richtig zu wissen, was er sagen sollte, wich aber wenigstens nicht dem Blick der Yihwa aus – nicht einmal, als sie sich vorlehnte und ihm ein wenig auf die Pelle rückte. Jetzt war er zwischen ihr und Thana gefangen. Das schien ihn in eine defensive Haltung zu treiben, seine Augen verfinsterten sich ein wenig und er verschränkte die Arme vor der Brust. „Hey, ich weiß überhaupt nicht, wer ihr seid“, murrte er und entzog sich dem Griff der Mahaf. „Was sollen die ganzen Fragen auf einmal?“ „Oh, entschuldige, haben wir uns nicht vorgestellt?“ Mit einem zuckersüßen Lächeln legte Eohl die Hände zusammen und nickte dem Herren zu. „Mein Name it Meohl, und das hier ist meine Assistentin Mhana. Wir sind Forscherinnen, weißt du? Von einem richtigen Institut in Zentral-Fiore. Und wir sind hier, um dieses einzigartige, unnatürliche Phänomen zu ergründen!“ Sie klang wirklich begeistert, als sie das sagte, als wäre sie mit ganzem Herzen hinter diesem Geheimnis her. Ihre fröhliche, unschuldige Art wirkte richtig entwaffnend, sodass selbst diesem grimmigen Typen keine große Wahl blieb, als seine Arme wieder sinken zu lassen. „Mhh, aha, so... verstehe...“, murrte er unsicher, schindete ein wenig Zeit, bevor er antworten musste. „Ich mein, ich hab selber nix Komisches gesehn. War eigentlich alles wie immer... Keine Ahnung.“ Er seufzte, schüttelte den Kopf. Dann blickte er nachdenklich zu dem Kumpel an seiner Seite. „Aber hey, hatte Klayn nich irgendwas gesagt? Dass sich die Tiere komisch benehm oder sowas? Er ist'n komischer Kauz, aber's kann ja sein, dass das was miteinander zu tun hat...“
# 4 Mehr als Unbehagen erzeugte Thanas Auftreten bei den Herren wohl nicht. Jedenfalls nicht bei beiden. Der eine wurde recht gesprächig, doch leider hatte er nur belanglosen Müll zu erzählen. Was interessierten sie riesige Paprika? Einen Dreck! Das Interesse der Magierin an ihm schwand genau wie das ihrer Kollegin und sie ließ auch mit ihrer Hand von ihm ab, wandte sich dem anderen Herrn zu. Dieser war trotz ihres Auftretens nicht grade kooperativ. Was war mit ihm? Stand er etwa auf Männer? Misstrauisch und mürrisch merkte er an, dass er ja nicht einmal wusste wer die beiden Damen waren. Was spielte das denn für eine Rolle? Während Thana noch nach Worten suchte, die sie ihm vor den Latz knallen konnte, begann Eohl schon zu sprechen. Erschrocken fiel der Blick der Mahaf auf sie. Ja, sie hatte sich grade eben erstaunlich gut geschlagen, aber der Instinkt, sie von Dummheiten abhalten zu müssen, ließ sich nicht so einfach abschalten. Im Geiste schlug sich Thana dann die Hand vors Gesicht, als sie die ausgedachten Namen hörte. Meohl und Mhana? Daran mussten sie definitiv arbeiten. „Von einem richtigen Institut“? Oh man… Die Magierin schielte zum misstrauischen Dorfbewohner. Ob er sich an dieser Beschreibung aufhing? Nein, tat er nicht. Als der Typ nachgab, fiel ihr eine Last vom Herzen. Einfältiger Dorftrottel. Aber gut, er sprach. Gespannt lauschte die Assistentin Meohls, was er berichtete. Nichts. Also er selbst hatte nichts bemerkt. Aber er sprach von einer dritten Person, einem sogenannten Klayn. Der Herr war sich nicht ganz sicher bei dem, was er da erzählte, weswegen er fragend zu seinem Kollegen schaute. Thanas Blick folgte dem seinen zu dem Mann, den sie eigentlich schon als nutzlos abgestempelt hatte. „Tiere? Ist er Bauer oder ein Stallbursche oder so etwas? Wo finden wir ihn?“ Thanas Interesse war geweckt. Wie heiß die Spur war, blieb allerdings noch abzuwarten. Immerhin war es jedem Menschen mit etwas Allgemeinwissen, vielleicht sogar diesen beiden Tölpeln ein Begriff, dass Tiere ein Gespür für seltsame Ereignisse hatten. Demnach war es also nichts Außergewöhnliches, dass sie sich seltsam benahmen. Allerdings war dies die bisher einzige Spur der beiden Forscherinnen. Also mussten sie dieser auch nachgehen. “Klayn hat ein paar Kühe und einen Hund. Der heißt Fuß, glaub ich. Ihr findet ihn dort drüben, wenn ihr die Ranken rauf geht.“ Er deutete in Richtung die Straße entlang. Ihr kommt da auch an meinem Haus vorbei. Wenn ihr die großen Paprika seht, seid ihr richtig. Thana seufzte. Er schien ein richtiger Fan von seinen Gewächsen zu sein. Selbst sein Kollege schaute ihn genervt an. Naja. „Danke.“ Die Magierin grinste und klopfte dem misstrauischen Kerl auf die Schulter. Dann fiel ihr Blick auf (M)Eohl. Sie nickte leicht in die Richtung, in die der Herr gedeutet hatte und hoffte, dass sie diesen Wink verstand und vorausmarschierte. Sie selbst war ja nur die Forschungsassistentin und dieses Bild wollte sie gerne aufrechterhalten. Je weniger verdacht diese Bauern schöpften, desto besser. Sie sollten am besten so lange under cover bleiben, bis sie das Zyaena hatten. Danach war es eigentlich auch egal.
Es spielte der Yihwa in die Karten, dass sie sich anscheinend ziemliche Dummköpfe ausgesucht hatten, auch wenn sie bewusst Männer genommen hatten, die sich von ihr und Thana gut ablenken ließen. Dass beide von einem Gespräch mit zwei unbekannten hübschen Damen etwas überfordert waren war zwar schade, weil es den Austausch unnötig mühsam machte, aber schlussendlich kamen die beiden Magierinnen ja an so etwas Ähnliches wie Informationen. „Du bist ja plötzlich ganz aufmerksam geworden“, kicherte Eohl, als sie aus der Hörweite der Männer heraus waren, und hielt eine Hand über ihr verschmitztes Lächeln, während sie Thanas Gesicht betrachtete. „Magst du etwa Stallburschen? Oder Bauernhöfe? Ich persönlich mag ja Hühner. Vielleicht kriegen wir ein paar davon zu sehen...“
Leider hatte sich noch nicht allzu viel bezüglich ihrer Quest getan, aber hoffentlich konnten sie von diesem Klayn mehr erfahren. Dafür mussten sie zum ersten Mal selbst über eine der Ranken gehen, die ganz schön weich war und unter Eohl Stiefeln nachgab, sodass sie leicht einsackte. „Ui, das ist aber kein sehr ebenes Gelände...“, meinte die Yihwa überrascht und hielt Thana ihre Hand hin. „Was hältst du davon, uns gegenseitig zu stützen, bis wir wieder auf festem Untergrund sind?“ Allzu lange sollte das ja nicht dauern. Ein kleines Stück weiter vorne konnte Eohl bereits sehen, wie die grüne Pflanze von brauner Borke unterbrochen – hier war wohl eine Baumwurzel aus dem Boden heraus gewachsen und hatte sich wie eine Brücke über die Ranke gelegt. „Hm... vermutlich ist die Wurzel zuerst gewachsen, und dann ist die Ranke von unten gekommen...“, murmelte Eohl nachdenklich, das war in ihren Augen der einzige Weg, wie die Wurzel, die unter der Erde wachsen sollte, über einer Pflanze an der Oberfläche landen konnte. „Das würde bedeuten, dass die Ranke die Wurzel richtig aus der Erde gerissen hat! Was glaubst du, mit wie viel Kraft die Dinger wachsen? Wenn sie Häuser hochheben und Wände durchschlagen können, dann muss das Wachstum ja sehr schlagartig sein, denke ich...“ Instinktiv wanderte Eohls Hand zu dem Schwert an ihrer Hüfte, ließ ihre Finger über deren Griff streichen. Unkraut konnte im Allgemeinen nicht viel gegen eine stabile Klinge ausrichten. Sie und Thana würden sich mit Sicherheit zu wehren wissen, wenn es zwingend notwendig wurde...
Oben angekommen standen sie tatsächlich vor einem Haus, das überragt wurde von gleich drei riesigen, grünen Paprikaschoten aus dem kleinen Garten dahinter. „Soweit richtig“, fasste die Yihwa zusammen und trat näher an das Gebäude heran, reckte ihren Kopf nach oben, um das Gemüse zu begutachten. Sie wusste zwar, dass sie noch ein Stück weiter mussten, aber ehrlich gesagt wollte sie sich die Paprika gerne einmal ansehen. „Grüne Paprika sind sehr bitter, nicht wahr? Ich glaube, die meisten Leute in unserer Gilde bevorzugen rote oder gelbe Paprika... Ein paar essen gar keine.“ Nachdenklich legte sie den Kopf schief, während ihre roten Augen die Umgebung scannten. „Sag mal, Mhana... ich glaube, ich habe dich noch nie Paprika essen sehen“, rief sie ihrer Kollegin neugierig zu, während ihr Blick über die Fassade des Gebäude wanderte, teils bedeckt von riesigen Efeublättern. „Magst du keine Paprika? Welche Farbe schmeckt dir am Wenigsten?“
# 5 Zunächst hatte Thana keine großen Hoffnungen, von den Kerlen nützliche Informationen zu erhalten. Spätestens als der eine von seinen großen Paprika sprach, dachte sie bereits darüber nach weiterzulaufen und die Herren sich selbst zu überlassen. Dann jedoch nahm das Gespräch doch noch eine Wendung und die Magierinnen erhielten eine Spur, die sie verfolgen konnten. Gemeinsam mit ihrer Kollegin ging Thana also in die ihnen gedeutete Richtung. Der Kommentar, der dann von Eohl kam, überraschte sie doch sichtlich. Verwirrt blickte sie zu ihr herüber. “Es hat mich einfach gewundert, dass die doch etwas Nützliches wussten.“, spielte sie die Vermutung einer Vorliebe für Stallburschen herunter. “Sind doch alles Bauern. Niederes Volk.“ Der Gedanke alleine, sich mit einem Bauern abzugeben, ekelte sie bereits an. Thana stimmte definitiv nicht mit ein, in dieses kindische Gelaber. Weiter ging es also eleganten Schrittes, direkt auf die Ranke zu. So elegant, wie Thana mit ihrem Hüftschwung zur Pflanze stolzierte, ging es danach allerdings nicht weiter. Die Ranke war nicht so stabil und fest, wie sie zunächst gedacht hätte. Die Magierin blieb überrascht stehen und belastete mehrfach kurz den Fuß, den sie zuerst aufs Grün gesetzt hatte. Die Idee ihrer Kollegin war vielleicht gar nicht so verkehrt. “Mhm… ja…“ Auch wenn sie nicht ganz so überzeugt klang, ergriff sie trotzdem die ihr gereichte Hand. Anders als ihre Gefährtin machte sie sich gar nicht so viele Gedanken über den folgenden Weg. Immerhin schien er von den Bewohnern normal genutzt zu werden und die netten Herren zuvor hatten sie ja auch hier lang geschickt. “Spielt das eine Rolle?“, schob Thana zwischen, als Eohl sich die Frage stellte, was zuerst da war. Die Wurzel oder die Ranke. Während die Dürremagierin konzentriert einen Fuß vor den anderen setzte, um vom seltsam weichen Boden nicht aus dem Tritt gebracht zu werden, dachte ihre Freundin weiter laut nach. “Die könnten ein Haus doch auch langsam anheben, eine Wand langsam durchdrücken und eine Wurzel… Na du weißt schon.“ Musste das unbedingt so schnell passieren? Also, dass es insgesamt fix ging, das stand außer Frage. Ein Wuchs in normaler Geschwindigkeit, unabhängig davon, dass alles weitaus größer war, als es sein sollte, würde wahrscheinlich Jahrhunderte dauern. Das war in diesem Dörfchen nicht der Fall gewesen. Aber wuchsen diese Dinger explosionsartig oder mit überschaubarer Geschwindigkeit? Das war vielleicht eine Frage für Mhana und Meohl, die zwei Forscherinnen gewesen. Thana hingegen war das eigentlich egal. So egal wie die Paprika. Es war dennoch gut, diese zu sehen. Das verriet den Beiden nämlich, dass sie auf dem richtigen Weg waren, auch wenn sie bis dahin quasi keine Möglichkeit hatten, überhaupt von diesem abzukommen. Thana wäre vermutlich einfach weitergegangen, hätte Eohl nicht angehalten, um die Gewächse zu begutachten. Es folgte Gerede über Paprika. Als wäre sie mit einem Tourguide unterwegs. “Du beobachtest und merkst dir, wer von uns welche Paprika mag und welche nicht?“ Tat sie das wirklich oder dachte sie sich das nur aus? Beides war verstörend und passte demnach gut ins Bild der verwirrten Dame. Sie ging sogar so weit, dass sie die Vermutung aufstellte, Thana esse keine Paprika, weil sie sie nie eine hatte essen sehen. “Wie ist es mit dir? Ich esse sie alle. Ich habe nichts gegen Paprika“ Ein verschmitztes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. “Außer gegen diese vielleicht.“ Elegant stolzierte sie zu einem der übergroßen Exemplare. Dort erkannte sie auch, dass jemand an der Seite etwas herausgeschnitten hatte. Das sollte eigentlich nicht überraschen, wenn man mal darüber nachdachte. Ein normaler Mensch aß niemals so viel von der Pflanze auf einmal. Kein Wunder also, dass man sich ein Stückchen Paprika abschnitt, statt eine ganze zu ernten. Thana hockte sich an jene Stelle, nachdem sie sich flüchtig umgesehen hatte. “Desiccating Vampirism“, tuschelte sie, woraufhin sie ihre Hand an die Stelle legte, die für die gigantische Paprika wie eine Art Schürfwunde sein musste. Langsam entzog Thana ihr Flüssigkeit. Die angeschnittene Stelle begann ledrig und trocken zu werden. Diese Trockenheit breitete sich bereits in alle Richtungen aus. Thana kicherte zufrieden. Mehr wollte sie gar nicht. Dieses Ding würde zeitnah ungenießbar sein. Warum sie das tat? Sie war eine dunkle Magierin. Warum sollte sie das nicht tun? “Okay, weiter.“, wies sie Eohl an. Tatsächlich war bereits eine Art Hof zu sehen. Ein kleines, eingezäuntes Gelände. An einer der Seiten war quer eine Ranke gewachsen, die den Zaun dort weggerissen, ihn aber gleichzeitig auch ersetzt hatte. An Stelle eines Wassertrogs wuchs nahe des Hauses eine vollgeregnete Blüte. Als die beiden Magierinnen sich dem Tor des Hofes näherten, kam sofort ein wild bellender Hund auf sie zugelaufen. Angewidert blickte Thana auf das Tier nieder. Ihre Hand zuckte und am liebsten hätte sie dieses Vieh in Flammen aufgehen lassen, doch das wäre sicher schnell aufgefallen. Glücklicherweise kam auch gleich ein Mann hinter dem Haus hervor, der seinen Hund energisch zu beruhigen versuchte. “Fuß! Brutus! Fuß!“ Hin und hergerissen zwischen seinem Herrchen und den Damen, entschied er sich schließlich dazu, auf den Mann zuzulaufen und an seiner Seite zu wandern. “Guter Junge.“, wisperte Thana zu ihrer Kollegin.
Zauber:
Desiccating Vampirism TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Nahkampf MANAVERBRAUCH: 50 pro Minute (45) MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: Persönlich VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 4, Manaregeneration Level 3, Touch of Drought BESCHREIBUNG: Wie bei Touch of Drought leitet der Anwender Mana in ein Körperteil, mit dem er seinen Gegner zu berühren gedenkt. Bei der Berührung wird durch das Mana stetig Wasser vom Körper gelöst und statt es einfach zu entfernen, über die Manaverbindung in den Körper des Anwenders abgeleitet, bis dieser aufgefüllt ist. Überflüssiges Wasser verdampft. Das Mana breitet sich nun im gesamten Körper des Betroffenen aus. Der Wasserentzug betrifft demnach auch seinen gesamten Wasserhaushalt. Folgen der Berührung sind nun bald einsetzende, allgemeine Lethargie, Kopfschmerzen & fehlende Konzentration. (Mittlerer Wasserverlust)
„Niederes Volk... ja, da hast du Recht“, nickte Eohl mit einem sanften Lächeln und legte ihre Hände wie zum Gebet zusammen. „Ahnungslose Narren, dem Schicksal hilflos ausgeliefert, wertlos im Vergleich zu den Auserwählten dieser Welt und doch der entschiedenen Meinung, ihre Existenz hätte Sinn und Zweck... Wie erbärmlich und widerlich, nicht wahr?“ Sie kicherte leise, ein entspannter Ausdruck des Vergebens auf ihrem Gesicht. All diese irregeführten Lämmer konnten sich glücklich schätzen, in der Umgebung zweier Auserwählten so lange zu überleben, wie sie es gerade taten. Schlussendlich wussten sie es nicht besser. Eohl würde es ihnen durchgehen lassen, sofern sie die Gelegenheit bekam, ein paar Hühner zu sehen. Was sie nicht so einfach durchgehen lassen konnte war die Frage, ob es wichtig war, ob die Ranke oder die Wurzel zuerst gewachsen war. „Natürlich ist es wichtig!“, rief sie mit ungewohnter Fassungslosigkeit gegenüber der Freundin, für die sie normalerweise nichts als Freude und Geduld übrig hatte. „Wir sind doch Forscherinnen, Mhana! Von einem richtigen Institut! Wenn wir das Wie und Warum und Wann der Wurzel nicht ergründen, wer soll es denn dann tun?“ Fest die Hand der Mahaf haltend, stampfte sie auf die Ranke unter ihren Füßen ein. Dafür, dass die relativ nachgiebig und viel zu weich war, schien sie auch ziemlich robust zu sein, hatte kein Problem damit, mehrere Menschen gleichzeitig zu tragen und wackelte nicht einmal unter dem Gezeter der Yihwa. Wenn man sich erst einmal an die Beschaffenheit gewöhnt hatte, war das hier wohl ein recht zuverlässiger Fußweg. Anscheinend waren Meohl und Mhana aber nicht gleichermaßen in ihre Forschung investiert. Nicht nur interessierte sich die Schwarzhaarige nicht für die Wurzelfrage, sie warf auch die Möglichkeit auf, dass die Pflanzen nicht mit explosionsartiger, sonder durch langsame, stetige Kraftausübung die ganze Zerstörung angerichtet hatten. „Mensch, Mhana... du kannst einem echt alles madig machen. Mit der Einstellung wäre es sogar langweilig, Gras beim Wachsen zuzusehen.“ Enttäuscht sah Eohl ihre Freundin an, und als sie einander wieder loslassen mussten verschränkte sie die Arme vor der Brust. Ja, klar war es möglich, dass das eine langsame Entwicklung war, aber dann war es doch nicht mehr interessant!
„Ja, natürlich habe ich ein Auge auf meine Gildenmitglieder“, nickte Eohl fröhlich, auch wenn ihr Interesse nicht spezifisch an Paprika hing. „Ihr bedeutet mir alle so viel... Ich will alles über euch wissen! Alles! Damit ich euch nützlich sein kann!“ Es hatte seinen Grund, dass sie Thanas Spiegel beobachten können wollte, und nicht nur ihren. Dass sie einen Blick auf jeden Auserwählten haben wollte, wissen wollte, wer sie waren und was in ihrem Leben passierte. Die meisten Mitglieder bekamen gar nicht mit, wie sie stumm und still in der Gildenhalle saß und aus leeren Augen alles beobachtete, was um sie herum passierte. Wie sie jenen, die ihre Aufmerksamkeit im Besonderen erregten, folgte oder ihre Spiegel nutzte, um mehr über sie zu erfahren. Eohl war unbeliebt, aber sie war auch unauffällig, wenn man sich nicht direkt mit ihr befasste. Nur Auserwählte wie Thana, die einen ersten Schritt auf sie zu wagten, bekamen die lebhaftere Seite der Yihwa mit... „Thana isst also alle Paprikas... wie spannend“, nickte sie und speicherte diese Information gleich ab, wurde dann aber überrascht von der Rückfrage ihrer Kollegin. „... wie ist was mit mir?“ Verwirrt legte sie den Kopf schief, sah Thana verständnislos an. Fragte sie gerade, was für Paprika Eohl mochte? Das war... eine sehr gute Frage, tatsächlich. Nachdenklich legte Eohl einen Finger an ihre Lippen. „Äh... ich weiß gar nicht... Ich weiß nicht, was für Paprika ich mag...“ Sie war zwar gut darin, andere zu beobachten, aber sich selbst als eigenständiges, denkendes Wesen mit Vorlieben und Abneigungen zu sehen, fiel der Spiegelmagierin doch ganz schön schwer. Sie biss die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf, als der Gedankengang sichtlich frustrierend für sie wurde. „Ich esse eigentlich nur Wasser und Brot...“, murmelte sie und blickte zu Boden. „Jemand wie ich braucht keine Paprika...“ Nachdenklich sah die Yihwa ihrer Freundin dabei zu, wie sie das Gemüse ungenießbar machte, und hätte normalerweise vermutlich darüber gekichert. Thana und sie hatten offensichtlich ein sehr ähnliches Verständnis von Spaß. Trotzdem war es wohl Zeit, das Feld hinter sich zu lassen und zu einer Person zu gehen, die ihnen mit ihrer Aufgabe helfen konnte.
Der bereits angekündigte Hund, der offenbar tatsächlich Fuß gerufen wurde, und das gleich zweimal, war ein gutes Indiz dafür, dass Eohl und Thana am richtigen Ort angekommen war. „Ich höre besser als er...“, meinte die Crusaderin leicht eingeschnappt, als Thana das Tier als guten Jungen bezeichnete. Eohl hatte sie zwar nicht als Hundeliebhaberin eingeschätzt, aber es missfiel ihr, dass sie den dummen Köter lobte und nicht die Yihwa. Wenn sie ein gefügiges Haustier wollte, dann hatte sie doch jetzt gerade eines an ihrer Seite... „Guten Tag, sind Sie Klayn?“, fragte Eohl höflich und winkte dem Farmer freundlich zu. „Mein Name ist Meohl und wir sind Forscherinnen, die dem mystischen Wachstum dieser Pflanzen auf den Grund gehen. Einer Ihrer Freunde hatte erzählt, dass Sie hier Hühner haben... Könnten wir die vielleicht sehen?“
# 6 Kaum hatte Thana ihre Verachtung für Bauerntölpel ausgedrückt, fing ihre Freundin wieder mit diesem Schicksalskram an. Keine Frage! Dieses Denken und die Tatsache, dass sie ihre Erinnerungen von vor ihrem „Erwachen“ verloren hatte, gehörte irgendwie zusammen. Es harmonierte gemeinsam in ihrem Bild einer verwirrten, verrückten Frau. “Erbärmlich, ja.“, bestätigte Thana. Auch über sie sagte das Auftreten Eohls, gemeinsam mit dem Fakt, dass sie sie eine Freundin nannte, einiges aus… Dinge, über die sie sich einfach lieber keine Gedanken machen wollte. Thana erschrak ein wenig, als nichts als Empörung aus ihrer Freundin hervorbrach. Es war… wichtig? Es war wichtig, ob die Ranke oder die Wurzel zuerst da war? Was von beidem zuerst wuchs? Für sie war das in etwa so unwichtig wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei, aber trotz des Wissens über Eols verschobene Wahrnehmung, wollte sie sich gerne überzeugen lassen. Als die Spiegelmagierin schließlich erklärte, dass sie doch Forscher waren, fiel Thana aus allen Wolken. Sie schaffte es einfach nicht ihre Freundin zu durchschauen. Sie schaffte es einfach nicht, ihre Gedanken nachzuvollziehen. Wie konnte ein Mensch so einfach gestrickt sein und einen doch immer wieder so sehr überraschen? “Du… Du hast Recht. Ja, Meohl, stimmt.“ Es fiel ihr schwer, sich diese Niederlage verbal zuzugestehen. Wie schwer ihr das fiel, war ihrer Stimme deutlich zu entnehmen. Unglaublich, diese Dame. Unglaublich. Bei dem Kommentar über Langeweile und das Wachsen von Gras, schenkte Thana ihrer Freundin einen nachdenklichen Blick. Kurz fragte sie sich, ob Eohl unter normalen Bedingungen Spaß daran hatte, Gras beim Wachsen zuzusehen. Denn genau danach klang das was sie sagte ja. Wundern würde die dunkle Magierin das wohl nicht. Vieles wunderte sie, das aber wirklich nicht. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, ihre Überlegung zu verbalisieren. Sie entschied sich allerdings dazu, es nicht zu tun. Warum? Einfach warum? Die gleiche Frage stellte sich Thana auch, als Eohl zu erklären versuchte, warum sie sogar Essensgewohnheiten ihrer Kollegen studierte, um ihnen nützlich sein zu können… Das war irgendwie verstörend. “Weißt du? Wenn du meine Freundin bist, brauchst du das nicht mehr. Du brauchst dich nicht mehr so um die anderen kümmern. Du hast ja jetzt mich und ich habe dich. Ich brauche dich. So sehr, dass du dich nicht mehr so um die anderen kümmern musst.“, sprach die Dürremagierin, während sie sich an der Paprika zu schaffen machte. Prinzipiell war das halbgares Geschwätz. Die Intention, die sie damit verfolgte, war allerdings nobler Natur. Thana versuchte Eohl selbstständiger zu machen. Sie wollte sie aus der Rolle des Gildensklaven herausholen, sie auf eine höhere Ebene stellen. Um das zu erreichen, musste sie sie aber anlügen, denn verstehen würde sie nie, was Thana ihr Gutes tun wollte. Eohl war ja sogar damit überfordert, eine Gegenfrage zu beantworten. War es wirklich so ungewohnt für sie, dass sich jemand mit ihr und ihren Gewohnheiten beschäftigte? Die Worte, die folgten, lösten bei Thana nur Entsetzen aus. “Hier.“, sprach sie. Sie nahm ihr Kris und schnitt einen Streifen Paprika aus einer der überdimensionalen Früchte heraus. Aus einer derer, die sie nicht hatte vertrocknen lassen. “Ich will, dass du das isst. Wenn du es nicht magst, wirf es weg. Aber ich will, dass du es wenigstens probierst. Das ist… wichtig. Du musst doch wissen wie das was wir essen schmeckt. Damit du nützlich sein kannst.“ Die Magierin schmunzelte. Wieder reiner Blödsinn, aber mit dem Ziel ihrer Freundin etwas gutes zu tun…
Die Paprika endgültig hinter sich gelassen, ging es also weiter zum Hof. Thanas deutlich ironisch gemeinter Kommentar bezüglich des Hundes, sorgte bei ihrer Gefährtin für Neid. Die vermeintliche Forschungsassistentin konnte sich ein lautes Auflachen nicht verkneifen. “Natürlich tust du das. Gutes Mädchen.“ Thana sprach mit Wärme in ihrer Stimme und legte schließlich ihre Hand auf das Haupt Eohls, um es ein-, zweimal sanft zu berühren. Selbst als sie diese Gestik wieder abbrach, da der Hausherr des Hofes sich näherte, konnte sie sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Meohl ging jedenfalls gleich wieder zum Geschäftlichen über. Sie fragte nach Klayn, den Typen, den sie ja verhören wollten. Weiter gab sie den gelogenen Grund für ihr Erscheinen preis. Sie sprach von der Forschung und dem Wachstum der Pflanzen. Ganz wie die Dürremagierin es ihr aufgetragen hatte. Gutes Mädchen… Nein! Aus! Böses Mädchen! “Was meine Kollegin eigentlich meint…!“, fuhr Thana aufgeregt dazwischen. “Die Herren dort unten hatten uns erzählt, dass sie vielleicht etwas seltsames bemerkt haben, bevor der plötzliche Wachstum eingesetzt ist? Stimmt das? Das würde uns bei unseren Forschungsarbeiten wirklich weiterhelfen.“ Dann kam ihr ein Gedanke. “Und es würde ihnen eine hübsche Stange Geld einbringen, wenn sie uns weiterhelfen können. Das Institut ist da sehr spendabel!“ Jaha! So war das ausgedachte Institut. Sehr spendabel.
Klayn, denn der war dieser Kerl, schaute verdutzt drein. “Ik hab Hühner. Und ik hab auch was gesehen. Kommt erstma rein.“ Klayn öffnete das Tor und bat den Besuch seinen Hof zu betreten. Als sie an ihm vorbeigingen, schaute er sich misstrauisch um. Das Geld schien ihn gelockt zu haben und das wollte er auf keinen Fall teilen. Hoffentlich hatte das keiner seiner Nachbarn mitbekommen!
„Hm? Meinst du das ernst?“ Ungläubig, mit großen Augen, hörte Eohl den Worten ihrer besten Freundin zu. Für sie war es immer eine Selbstverständlichkeit gewesen, sich über alle Gildenmitglieder möglichst ausgiebig zu informieren, sie zu beobachten und zu verfolgen, zu wissen, was sie über sie wissen konnte. Jetzt aber sagte ihr Thana, dass es ihr nicht um die anderen Magier gehen musste. Dass es die Mahaf war, die die Aufmerksamkeit der Yihwa ganz für sich allein wollte. Normalerweise tat Eohl solche Aussagen einfach ab, kicherte vielleicht ein wenig darüber oder akzeptierte sie stumm für das, was sie waren, aber aus dem Mund von Thana wirkten sie irgendwie... anders. Eine ungewohnte, tiefe Röte legte sich über die Wangen der Spiegelmagierin, während sie ihre Freundin aus großen Augen ansah, und sie spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann. „B-bist du sicher? Du... du brauchst mich? Du willst meine ganze Aufmerksamkeit... nur für dich...?“ Den Forderungen der Auserwählten nachzukommen war eine ganz natürliche Sache für Eohl, aber das hier war anders. Bei diesem Wunsch fühlte sie richtig etwas, dabei war sie doch eigentlich nicht mehr als eine emotionslose Puppe, ein Werkzeug. Kein Mensch, der eine Meinung oder eigene Wünsche haben sollte. Warum also war dieser Wunsch so aufregend? „D-das... das will ich auch...!“, meinte sie, während sich ein breites, bebendes Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete und ein Zittern durch ihren Körper jagte. Ihre weit geöffneten Augen leuchteten richtig in einem hellen, unnatürlichen Orange, während sie näher an ihre beste Freundin herantrat. Vielleicht lag es ja daran, dass Thana eben Thana war? Eohl freute es immer, wenn Auserwählte nett zu ihr waren, und es war immer aufregend, wenn sie ausdrückten, dass sie mehr von ihr wollten als nur eine unpersönliche Form der Unterstützung, aber Thana hatte mehr getan als nur das. Sie hatte sich bereits in der Vergangenheit für Eohl einsetzen wollen. Sie war die erste und bisher einzige Auserwählte, die Eohl als Freundin bezeichnete. Sie zeigte so viel Verständnis und Geduld, hatte die Yihwa in ihr Zimmer eingeladen und ihr hübsche Klamotten gekauft. Ob das der Grund dafür war, dass Eohls Herz drohte, aus ihrer Brust zu springen, als sie hörte, dass Thana all ihre Aufmerksamkeit für sich allein haben wollte...? „Ich will mich auch immer um dich kümmern!“, platzte es aus ihr heraus, während sich ihre Arme um Thanas Taille schlangen, sie stürmisch von hinten umarmten, damit die Yihwa ihre Wange am Nacken der Mahaf reiben konnte wie ein schnurrendes Kätzchen. „Du kriegst alle Aufmerksamkeit von mir, die du jemals wollen könntest, versprochen... Nein, viel mehr! Ich schenke dir mehr Aufmerksamkeit, als du dir jemals wünschen kannst, Thana! Ich werde alles über dich lernen und dich immer, immer, immer glücklich machen! Also hör nicht auf, mich zu brauchen, ja? I-ich... ich brauche dich auch...“ Ihre Augen vor Dankbarkeit fast tränend nahm Eohl das große Stück grüner Paprika entgegen, strahlte die Schwarzhaarige an, die ihr schon wieder eine Freude zu machen versuchte. „Es ist so bitter...“, meinte sie mit einem breiten Lächeln und bebender Stimme, während sie einen genüsslichen Bissen nahm und Thana aus feuchten, großen Augen ansah. „Das ist das Beste, was ich je gegessen habe...!“
Es war vermutlich erschreckend, wie schnell die Stimmung der Yihwa umschlug. Vor Sekunden noch zu Tränen gerührt, kehrte ihr Gesicht sofort wieder zu ihrem alten, neutralen, fröhlichen Lächeln zurück, als sie mit den persönlichen Gesprächen fertig waren und es daran ging, die Quest weiterzuführen. Unbefangen und professionell, soweit man bei Eohl diese Worte verwenden konnte. Sie kicherte fröhlich, als Thana ihr ein Lob aussprach, und rieb ihren Kopf leicht an ihrer Hand, freute sich über die Streicheleinheit, die sie bekam, ehe sie sich an den Farmer wandte. Gemeinsam fragten sie und Thana nach Hühnern und anderen relevanten Informationen und stellten ihm eine Belohnung vom Institut in Aussicht. Das machte ja auch Sinn. Wenn das richtige Institut schon soweit ging, zwei seiner besten Forscherinnen zu entsenden, dann würde es offensichtlich weder Kosten noch Mühen scheuen, um dieses Phänomen erklären zu können. „Is schon bisschen her, dass das mit'n Pflanzn war. Nen Tag oder zwei vorher ham meine Tiere angefang, komisch zu sein“, meinte Klayn, seine Stimme recht leise, obwohl er mit den beiden Frauen allein war. Er machte sich wohl wirklich Gedanken darüber, dass man ihn belauschen könne, obwohl das nicht einmal für Eohl realistisch wirkte. „War'n alle aufgeregt un nervös. Ham auch kaum gefressn an dem Tag. Brutus hier hat'n ganzn Tag irgenwas angebellt un rumgeschnüffelt. Dachte mir, da is'n wildes Tier oder sowas, hab aber keins gesehn oder gehört. Keine Ahnung, wasde da gewittert hast, Junge.“ Kopfschüttelnd sah der Farmer hinab auf den Hund, der sich gerade im hölzernen Bein des Tisches verbissen hatte, und streichelte ihm den Kopf. „Am seltsamsten ham sich aber meine Rindviecher benomm... machense immer noch. Kann's gar nich' erklärn“, meinte er und stand vom Tisch auf. „Wenner wollt, zeig ich's euch am Bestn gleich ma...“
# 7 Das was Thana aussprach, war maximal zur Hälfte wahr. Sie verpackte ihre Worte so, dass Eohl sie hoffentlich auch glaubte. Die Wahrheit, das was sie erreichen wollte, wurde mit dem ausgeschmückt, was in Eohls Verstand auch gehört werden konnte. Nein, Thana war nicht versessen darauf, rund um die Uhr von ihrer Freundin gestalkt zu werden. Ganz und gar nicht. Ihr Versuch, die Magierin eigenständiger zu machen und ihr den Drang zu nehmen, anderen zu gefallen oder ihnen „nützlich“ zu sein, schlug fehl. Eohl hatte diesen Grundgedanken so tief in sich verankert, dass sie ihn nicht einfach loslassen konnte. Diese spontane Situation nutzte Thana nun aus, um zu versuchen, Eohls Bedürfnisse umzuleiten. Sie machte sich selbst zum Ziel ihrer Freundin, erlangte so mehr Kontrolle über sie und erhoffte sich daraus, Eohls Fokus von der breiten Masse auf sich selbst zu lenken und sie damit gewissermaßen zu entlasten. Ein seltsames, spontanes, soziales Experiment… mit positiven Hintergedanken? Irgendwie so etwas musste es sein. Die Spiegelmagierin schien positiv gestimmt. Ihr gefiel, was Thana ihr da auftrug. Diese bekämpfte erfolgreich den inneren Drang, ihre Freundin von sich zu drücken, als diese begann sie von hinten zu umarmen. Zögerlich legte sie ihre Hände auf die Eohls. “Versprochen.“, versicherte sie ihr bezüglich des „Brauchens“ Eohls. Ein einziges Wort. War es etwas weit hergeholt? Es war kein aufrichtiges Versprechen. Vor allem deswegen nicht, da sie selbst nicht einmal wusste ob sie es einhalten konnte. Sie nahm sich jedoch vor es zu versuchen. Als Eohl das Stückchen Paprika probierte, welches Thana ihr reichte, betitelte sie es zuerst als bitter. Wie bitter dieses Gewächs wirklich war, konnte die Dürremagierin gar nicht sagen. Ja, sie wusste wie normale, grüne Paprika schmeckten, doch wie verhielt es sich mit einer Variante, die über den Menschen hinauswuchs? Schmeckte sie genau so, wie die kleine? Oder veränderte sich mit der Größe auch die Zusammensetzung und damit auch der Geschmack? Während Thana darüber sinnierte, fügte ihre Freundin etwas hinzu, womit sie nicht gerechnet hätte. Das Beste, was sie je gegessen hatte? Thana schmunzelte. “Das müssen wir dringend ändern.“ Wenn diese stumpfe Pflanze das beste war, was ihr Gaumen je gekostet hatte, gab es für sie noch eine Menge zu entdecken! Thana würde sie noch lehren, was es hieß zu leben.
Dass Klayn seine Stimme so dämpfte, obwohl er die beiden Pseudofoscherinnen doch extra auf sein Gelände geholt hatte, um mit ihnen ungestört zu reden, fiel natürlich sehr auf. Er schien etwas zu wissen oder zumindest dachte er dies. Das deutete darauf hin, dass er überzeugt von dem war, was er erlebte. Er erzählte also auf jeden Fall schonmal nicht absichtlich Blödsinn. Das war positiv… Thana ärgerte sich ein wenig darüber, dass sie keinen Notizblock hatte, der ihre Rolle authentischer gestaltet hätte, aber so wichtig war das nun auch nicht. Klayn bestätigte jedenfalls das, was die zwei Dumpfbacken zuvor gesagt hatten. Er wiederholte, dass sein Vieh verrückt gespielt hatte. Auch sein wenig kompetent wirkender Wachhund hatte sich seltsam benommen. Etwas missmutig schaute Thana auf das Tier herab. Sie fragte sich, ob seltsames Benehmen seinerseits wirklich so ungewöhnlich sein mochte. Als Klayn schließlich anbot, den Damen zu zeigen was er meinte, war Thana direkt bereit zu folgen. "Klar, sehr gerne." Der Kerl führte die beiden in Richtung seines Stalls. "Schnüffelt Brutus denn immer noch nach Spuren auf dem Hof? Ab und an?", fragte die Magierin unterwegs. Klayn reagierte nicht sofort. Er war etwas nachdenklich. Erst als er die Tür zur Scheune öffnete und eintrat, hatte er sich lange genug gesammelt, um zu antworten. “Ja, manchmal.“ Wie aufs Kommando stürmte der Hund an allen Anwesenden vorbei, in die Scheune hinein. Er begann zu kläffen und Klayn versuchte ihn wieder in den Griff zu bekommen. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute Thana in Eohls Richtung. Waren sie da etwas auf der Spur? Sie folgte dem Hausherren und sah, wie Brutus seine Nase in eine Ecke des Stalls drückte, als wolle er wo heran. Schließlich hörte er aber auf sein Herrchen und kehrte zurück an dessen Bein. “Da, sehn se? Der Futtertrog ist noch fast voll. Der wär eigentlich leer wie… Ja wie ein leerer Eimer.“ Nachdenklich betrachtete Thana die Szenerie. "Wissen Sie was? Sie haben usn sehr geholfen. Wirklich! Wir melden uns bei Ihnen, wegen der Forschungsgelder. Sie hören von uns!" Die junge Frau drehte ab und machte sich auf, den Stall wieder zu verlassen. "Komm.", wies sie Eohl an ihr zu folgen. Sie wollte runter von dem Hof, mit ihrer Freundin unter vier Augen reden.
Versprochen, sagte sie. Nur ein Wort, und doch steckte so viel Bedeutung darin. Thana hatte Eohl gerade gestanden, wie wichtig sie beide füreinander waren, und versprochen, dass es für immer so bleiben würde. Wie bewusst ihr wohl die Tragkraft dieser Worte war? Zweckgemeinschaften waren etwas, das Eohl gut kannte, aber diese waren normalerweise nicht von gegenseitiger Anerkennung, Güte und Zuneigung geprägt. Thana, die immer wundervoll zu Eohl gewesen war, war mehr als nur ein Mittel zum Zweck, und sie schien von Eohl das Gleiche zu denken. Eine besondere, einzigartige Verbindung zwischen Zweien, die vom Schicksal auserwählt worden waren... Die Yihwa konnte ihre starken Gefühle über diese Gemeinschaft gar nicht in Worte packen.
Weniger starke Empfindungen spürte Eohl bezüglich ihrem Auftrag, dem Bauern und dem Stall, den dieser ihnen zeigte. Sie sah sich zwar um, aber der hier enthielt nur Kühe und ein paar Schweine. Keine Hühner weit und breit. Was für eine massive Enttäuschung. Der Hund verhielt sich immer noch sehr seltsam und anscheinend war es sehr seltsam, dass der Futtertrog der Kühe noch voll war. Neugierig beugte sich die Yihwa darüber. Darin befand sich eine ziemlich übelriechende Mischung aus Heu, Karotten und anderem Gemüse, sowie nicht gerade wenig Gras und eine Art braune Pampe, die vermutlich Nährstoffe und Vitamine enthalten sollte. Thana für ihren Teil schien hier bereits fertig zu sein, verabschiedete sich und versprach sein Geld. Als sie nach Eohl rief, folgte diese natürlich aufs Wort, winkte dem Farmer beim Rausgehen aber noch zu. „Vielen Dank nochmal. Und wegen dem Geld warten sie einfach auf einen Brief von dem Institut.“ Mit diesem Punkt geklärt war es Zeit für die beiden Damen, die Lage zu besprechen. „Also, mir ist vor Allem eine Sache aufgefallen...“, meinte die Yihwa, als sie mit Thana allein war, stemmte eine Hand in die Hüfte und hob erklärend den Zeigefinger ihrer Rechten. „Der Hund hat sich sehr auffällig verhalten. Nicht nur hat er zu dem Zeitpunkt, als die Zumanea aufgetaucht ist, angeschlagen, er schnüffelt auch immer noch überall herum. Gerade der Stall schien für ihn interessant gewesen zu sein. Er war richtig aufgeregt und ist auch laut geworden...“ Nachdenklich legte sie den Finger an ihre Lippen. „Das kann nur eine Sache bedeuten...“, murmelte sie, ehe sich ihre Augenbrauen zusammenzogen und sie entrüstet auf Thana deutete. „Er ist überhaupt kein guter Junge! Das ist ein furchtbarer Köter! Er ist voll seltsam, überhaupt nicht clever, laut und eigensinnig und kapiert nicht, was man ihm sagt! Wie kannst du so ein dummes Vieh mögen, Thana?“ Ja, trotz der Streicheleinheit zuvor war Eohl noch nicht ganz darüber hinweg, dass die Mahaf das Tier gelobt hatte. So, wie sie ihre Aufmerksamkeit Thana schenkte, sollte auch Thana ihre Aufmerksamkeit ihr schenken! Anerkennen, dass Eohl das bessere Haustier für sie war! Das war aber tatsächlich noch nicht alles, was sie erschlossen hatte. „Kann aber sein, dass das Ding die Züaga gewittert hat, als sie aufgetaucht ist. Wenn ja, und wenn es der Spur immer noch folgt, scheint es so, als wäre das Tier hier... oder zumindest vor Kurzem hier gewesen. Im Stall.“ Das würde erklären, warum der Hund die Wand so angeknurrt hatte. War da ein Versteck für das Tier gewesen? Oder war da ein Loch, durch dass es ein und aus gegangen war? Die Möglichkeit wollte Eohl nicht ausschließen. „Abgesehen davon habe ich mir den Trog mal genauer angeschaut... Das war hauptsächlich organisches Essen, Pflanzen und so. Je nachdem, wie das mit der Zunae funktioniert, kann es sein, dass die Kühe ihr Futter gefressen haben und es einfach nachgewachsen ist...“
# 8 Es war ein Moment der emotionalen Nähe, der zumindest bei Thana äußerst eigenartige Gefühle auslöste. Als öffnete sich in ihr eine verrostete, verstaubte und mit Spinnenweben bedeckte Tür zu ihrem Herzen einen Spalt weit. Dabei wollte sie doch nur Worte sprechen, die Eohl hören wollte und die sie dazu bewegten ihr Verhalten so zu ändern, wie die Dürremagierin es für richtig hielt. Ein Ereignis, über das Thana zeitnah noch einmal genauer nachdenken musste. Am besten wenn sie diesen Auftrag hinter sich gebracht und das Vieh gefunden hatten. Alleine in ihrem Zimmer. Mit zugedecktem oder gegen die Wand gelehntem Spiegel. Ergo versuchte sie ihre Gedanken diesbezüglich erst einmal zu verdrängen. Das viel immer leichter und leichter, je weiter sie durchs Dorf trotteten und je mehr sie mit diesem Bauerntölpel quatschten.
"Großbütenweg 23! Früher mal Erlenweg 25!", rief der Bauer Eohl noch hinterher, als diese sich mit der Versprechung eines Institutbriefes verabschiedete. Was ein Trottel. Der würde noch lange auf sein Geld warten. Interessanterweise war es Eohl, die damit begann ihre Gedanken kundzutun, als sie den Hof des Idioten wieder verlassen hatten. Thana atmete auffällig stark durch ihre Nase aus, als sie den Namen des magischen Tieres natürlich wieder falsch aussprach, aber damit hatte sie ja ohnehin gerechnet. Je weiter sie aber sprach, desto erstaunter war Thana, dass sie gedanklich auf demselben Weg waren! Das Verhalten des Hundes, wie er schnüffelte und suchte, wie aufgeregt er war, dass er ein furchtbarer Köter und vollkommen dumm war und wie die Magierin ihn nur mögen kon- Was? Nein! Der Kiefer der Mahaf war zwischenzeitlich vor Überraschung runtergeklappt, ehe sie sich dann aber schütteln musste. Fast, Eohl. Fast. Enttäuschung. Thana wollte fast gekniffen werden, weil sie dachte, Eohl hätte es selbst bemerkt, aber das hatte sie nicht. Jedenfalls nicht direkt. Sie hatte die richtigen Beobachtungen gemacht, aber komplett falsche Schlüsse daraus gezogen, beziehungsweise einen ganz falschen Fokus daraufgelegt. Oder? Den Worten der Yihwa zu folgen, bedeutete für ihre Freundin manchmal eine Achterbahn der Gefühle. "Du bist da glaube ich etwas auf der Spur.", lobte Thana sie, die fehlgeleiteten Gedanken von zuvor ignorierend. Während die Magierin bereits ihr nächstes Reiseziel anstrebte, berichtete ihre Gefährtin weiter. Eohl hatte sich, anders als die Anführerin, den Futtertrog mal genauer angeschaut. Alleine der Gedanke an die ekelhafte Matschepampe, die sich darin befunden haben musste, ließ Thanas Nackenhärchen sich sträuben. Jedenfalls sei in diesem Trog wohl pflanzliches Zeug gewesen. Soweit keine Überraschung. Eohl äußerte aber die Theorie, dass das Zyaena sogar die Pflanzen im Trog hat nachwachsen lassen. Als Thana das hörte, runzelte sie ihre Stirn. "Ob es selbst tote Pflanzen weiter wachsen lassen kann? Ich weiß nicht… Klingt merkwürdig. Aber vielleicht sollten wir das wirklich nicht ausschließen." Eohl hatte wirklich etwas intelligentes beigetragen! Etwas, was die Dürremagierin sich nicht zuvor selbst schon gedacht hatte! Ein Glückstreffer? "Da! Da sind wir.", erklärte Thana schließlich wie aus der Pistole geschossen. Sie waren in der Zwischenzeit von dem Hof durch (wirklich) hohes Gras, unter einer Ranke hindurch die Straße weiter gelaufen und an einem Gasthaus angekommen. Das Gasthaus „Unter der Gänseblume“, dessen Name offensichtlich von der aktuellen, baulichen Situation abgeleitet war. Neben dem Gebäude selbst, an dessen Außenwand lehnte sogar noch das alte Schild mit der Aufschrift „Zur gerupften Gans“. Ein Upgrade, zumindest namentlich. Was die Inneneinrichtung betraf, würde sich das wohl noch zeigen. Ohne auf eine Reaktion ihrer Freundin zu warten, trat Thana in das Gebäude. "Guten Tag. Wir kommen vom Institut für magische Naturereignisse und wollen Forschungen zur Entwicklung dieses Städtchens anstellen. Hätten Sie ein Zimmer für Zwei? Sagen wir für… erst einmal eine Woche?", fragte die zierliche Dame das finster dreinblickende, korpulente Gegenstück auf der anderen Seite des Tresens.
„Ja! Ich wusste es! Ich hatte Recht!“, freute sich Eohl über die Bestätigung von Thana und riss ihre Arme triumphal in die Luft. Sie war clever und schlau gewesen und hatte das gleiche Ergebnis gefunden wie die Mahaf! Und wenn es Thanas Lösung war, dann war es definitiv die Richtige! „Gut, dann sind wir uns jetzt sicher, dass es die Zyaena gibt. Und dass Tiere empfindlicher auf sie reagieren als Menschen. Besonders der Hund!“, fasste sie zusammen. Ob sie den dummen Köter irgendwie für sich nutzen konnten? Oder wenigstens ein anderes dummes Tier, das vielleicht weniger aufmüpfig war? Vielleicht Hühner? Sie hatten noch gar nicht gucken können, wie die Hühner auf die Zyaena reagierten! „Denkst du, die Hühner sind vielleicht gute Spürtiere dafür? Wir sollten sie uns bei Gelegenheit mal anschauen, meinst du nicht?“, fragte Eohl aufgeregt. Jetzt gerade hatte Thana daran anscheinend wenig Interesse, aber vielleicht ja zu einem späteren Zeitpunkt!
Ein paar mal zog Eohl an ihrem Umhang, in dem sich ein riesiger Grashalm verfangen hatte, ehe sie freikam und hinter Thana her zum Gasthaus Gänseblümchen taumelte. Während sie ihr Gleichgewicht zurückgewann, blickte sie das Gebäude an. Eine Herberge... Ja, es machte wohl Sinn, dass sie ein paar Tage lang hier im Dorf bleiben mussten. Die Chancen, das Tierchen heute noch zu finden, waren gering – vor Allem, da die Sonne bereits unterzugehen drohte. Ihr Spürhuhn hatten sie auch noch nicht. „Du hast noch nichts gegessen, richtig, Mhana?“, fragte Eohl, nachdem ihre Begleiterin im Namen des Institutes – das nun einen Namen hatte – ein Zimmer für sie gebucht hatte. „Ich hab gehört, in solchen Herbergen kann man sich Essen aufs Zimmer bringen lassen... ich nehme Brot, denke ich. Was möchtest du?“ Wenn es hochgebracht wurde, dann sollten die beiden Damen ja noch genug Zeit haben, sich in Ruhe ihr Zimmer anzusehen, bevor sie zu Essen begannen. Dann konnten sie nach einer ruhigen Nacht erfrischt und entspannt ihren Job erledigen! „Ein schönes Zimmer“, nickte Eohl, während sie den eher spärlich eingerichteten Raum betrachtete. Alles war hölzern und alt, aber immerhin ordentlich in Stand gehalten. Ein kleiner Nachttisch stand zwischen zwei engen Betten, dahinter eine Tür, die vermutlich zu einem Badezimmer führte, und auf der anderen Seite des Raumes ein Sessel und ein etwas größerer Tisch mit einer Flasche Wasser und einem Gruß für die Gäste darauf. „Schlafen wir im rechten oder im linken Bett?“, fragte die Yihwa, während sie an den Möbeln vorbei zum Ende des Raumes ging, wo sie die Vorhänge vor dem einzigen Fenster zur Seite zog. Die Aussicht war allerdings nicht gerade beeindruckend... ein dicker, grüner Blumenstängel stand direkt vor ihrem Fenster, blockte fast komplett nicht nur die Sicht, sondern auch das Sonnenlicht, das hinein dringen wollte. „Das muss weg...“, murmelte Eohl, während sie das Fenster öffnete. Mit einem schnellen Zug riss sie ihr Schwert aus seiner Halterung und schlug damit in den Stängel ein... der elastisch davon abprallte und ein wenig hin und her schwankte, ehe er wieder direkt vor ihrem Fenster zum Stillstand kam. Erneut versuchte die Yihwa, ihn zu schneiden, doch ihre Klinge wollte kaum in die dicke, grüne Pflanze schneiden, ohne stecken zu bleiben. So anstrengend, wie es war, sie wieder herauszuziehen, wollte die Yihwa das kein zweites Mal probieren. „Ah... ich komm nicht durch...“, meinte sie und senkte den Kopf. „Dabei wollte ich doch gucken, wie das Dorf von hier aussieht...“
# 9 Hatte Eohl grade wirklich Zyaena gesagt? Noch viel wichtiger… War es Zufall gewesen? Bestimmt, oder? Das würde sich sicher bald herausstellen. Vielleicht hatte ihr Hirn auch einfach so etwas wie einen Wackelkontakt. Das würde den ständigen Wechsel zwischen logisch und hirnverbrannt erklären. Jedenfalls kam die Magierin natürlich wieder auf die Hühner zurück, die sie einfach nicht vergessen konnte. "Nein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Hühner keine guten Spürtiere für Zyaena sind.", gab Thana selbstsicher von sich. Vielleicht überzeugte ihre Freundin ja ihre Überzeugung davon. Thana blickte überrascht zur Seite, als sie danach gefragt wurde, ob sie länger nichts gegessen hätte. Dem war tatsächlich so. Gut, es war für Eohl auch kein Geheimnis, waren sie beide an diesem Tag doch schon eine ganze Weile gemeinsam unterwegs. Es stellte sich dann auch schnell heraus, woraufhin ihre Freundin aus war. Sie bestellte Essen. "Vergessen Sie das Brot." Sie cancelte Eohls Bestellung eigenmächtig. "Machen Sie Hähnchen daraus. Für zwei. Und eine Karaffe Wein." Die Magierin grinste diabolisch und legte den geforderten Preis für Zimmer und Essen, samt eines Trinkgeldes auf den Tresen. Eohl wollte Hühner sehen? Das würde sie, schneller als sie wahrscheinlich gedacht hätte. Ohne Zeit zu verlieren, ging es also weiter zu dem Zimmer, dessen Schlüssel die Dürremagierin von der grimmigen Bedienung ausgehändigt bekommen hatte. Die Meinung Eohls über ebendieses teilte Thana so überhaupt nicht. "Geht so.", murmelte sie, während ihr Augenpaar den Raum noch abtastete. "Aber für eine Nacht sollte es gehen.", fügte sie schließlich achselzuckend hinzu. Die Inneneinrichtung war nicht die schönste und für ihren Geschmack ganz schön abgenutzt. Aber was wollte man von so einer Dorftarverne auch erwarten? Als ob man dort auch nur einen Jewel mehr als nötig in sein Interieur steckte. Thana stolzierte durch das Zimmer, warf den Schlüssel achtlos auf den Tisch und beugte sich vorn über das Bett, um die Federung der Matratze mit ihrer Hand zu erfühlen und zu testen. "Hm…", gab sie nachdenklich von sich, als ihre Freundin sie auf ihre typische, merkwürdige Art fragte, welches Bett sie nutzen würden. Verwirrt richtete sie sich auf, um sich gleich darauf Eohl zuzuwenden. "Sowohl als auch, selbstverständlich.", erklärte sie. War doch klar. Die eine nahm das linke, die andere das rechte Bett. Die Mahaf beobachtete dann leicht belustigt, wie ihre Gefährtin versuchte die Aussicht aus dem Fenster freizulegen, welche durch den Stängel einer überdimensionalen Blume verdeckt wurde. Sie zögerte einzugreifen, da dieses Schauspiel wirklich komisch war. Erst als Eohl enttäuscht aufgab, seufzte sie gespielt. "Lass mich mal." Thana trat ans Fenster heran, beugte sich leicht heraus und sammelte Mana in ihrer Hand, um sie dann, kurz darauf, an die Pflanze zu legen. "Drought.", sprach sie leise und als sie das Wort ausgesprochen hatte, löste sich das gesammelte Mana aus ihrer Hand, um in die Pflanze einzudringen. Die Magierin hielt ihre Augen geschlossen und es schien fast so, als genieße sie den Vorgang. Das saftige Grün der Blume wandelte sich langsam, aber sicher zu einem ungesunden Graubraun. Die Blume starb und mit jeder Sekunde, die verging, bog sich der Stiel weiter und weiter. Als Thana ihre Hand wieder von dem Gewächs nahm, war das Fenster freigelegt. Zufrieden und mit einem Hauch von Arroganz grinste sie ihre Freundin an. Plötzlich klopfte es an der Tür. Erschrocken und in Sekundenbruchteilen von ihrem hohen Ross geholt, zog sie den Vorhang wieder vor das Fenster. "Äh… Ja!" Zimmerservice. Grimmiger Zimmerservice.
Zauber:
Drought TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: II MANAVERBRAUCH: 40 (36) MAX. REICHWEITE: 20 Meter Radius SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5 BESCHREIBUNG: Nachdem der Anwender etwas Mana in seinen Händen sammelt, schlägt er mit der Handinnenfläche auf den Boden und lässt das gesammelte Mana in diesen fließen. Dieses lässt die Feuchtigkeit der Erde verdampfen, mit verheerenden Folgen für die Vegetation, die komplett verdorrt und eingeht.
Kein Spürhuhn also. Man konnte Eohl vermutlich ihre Enttäuschung ansehen, aber wenn Thana das sagte, dann war es richtig. Daran bestand kein Zweifel. Immerhin bestellte sie Hähnchen zum Abendessen, was dafür sorgte, dass sich die Augen der Yihwa wieder aufhellten. „Oh, das gefällt mir! Ich liebe Geflügel!“, meinte sie und klatschte die Hände vor ihrer Brust zusammen, ehe ihr Körper mitten in der Bewegung stoppte. „... Hm?“ Verwirrt blinzelte die Yihwa, ehe sie langsam eine Hand an ihre Stirn hob. „Habe ich... habe ich schon einmal Geflügel gegessen? Nein... nein, eigentlich nicht...“, murmelte sie vor sich hin, unsicher zu Boden starrend. Da waren wieder diese unangenehmen Schmerzen, leichter Schwindel, der sie zu überkommen drohte. Woher wusste sie, dass sie Geflügel mochte? Sie blickte auf, sah Thana direkt an aus ihren großen, verzweifelten Augen. „Mhana... ich... ich habe noch nie Geflügel gegessen... richtig?“
Nachdenklich betrachtete die Yihwa die beiden betten. „Was meinst du mit Sowohl als auch? Ich kann nicht in zwei Betten gleichzeitig schlafen...“, meinte sie verwirrt und legte den Kopf schief. „Vielleicht, wenn wir sie näher aneinander schieben...“ Das war eine Möglichkeit, aber dafür müssten sie erst den kleinen Tisch zwischen den Betten hervorholen, und außerdem sahen die schwer aus. Eventuell gab es ja einen einfacheren Weg... „Ah, ich hab's!“, meinte die Yihwa mit einem breiten Grinsen und streckte ihre Hände aus, um direkt neben einem der Betten einen großen Spiegel zu beschwören. Auf der anderen Seite, im Freiraum zwischen den Betten, erschien plötzlich ein mystisches Leuchten, in dem sich Stück für Stück eine exakte Kopie des Bettes bildete. Gleiche Form, gleiche Höhe und Breite, genauso viel Platz, genau so viele Kissen – eins, um genau zu sein. Matratze und Kissen würden zwar deutlich weniger weich sein als die Originale, aber in dem Moment, in dem sich Eohls Spiegel auflöste, hatten sie praktisch drei Betten, die direkt aneinander standen. „Hehe... jetzt haben wir richtig viel Platz!“, meinte die Yihwa fröhlich und strahlte Thana an. Dafür würde sie ganz sicher ein Lob bekommen! Was das Fenster anging, konnte die Schwertkämpferin sich allerdings nicht beweisen. Die dicke, grüne Außenwand des Blumenstängels war zu flexibel, um von ihrer Klinge geschnitten werden zu können. „Ich dachte immer, Schwerter sind gut gegen Pflanzen...“, murmelte sie unzufrieden, sah dann aber bewundernd dabei zu, wie die Magie ihrer Begleiterin kurzen Prozess aus der Blume machte, der sie selbst kaum Schaden hatte zufügen können. Sofort verwelkte die große Blüte, fiel in sich zusammen, um den beiden eine wunderschöne Aussicht auf die mitgenommene Umgebung zu bieten. „Ooh, das war beeindruckend!“, rief die Yihwa und klatschte in die Hände, während sie sich Thana näherte und neben ihr aus dem Fenster blickte, um die Überreste der Blume zu betrachten. Sie sahen so leblos, so ausgesaugt und leer aus, dass es ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. „So ein schöner Anblick...“, murmelte sie mit einem breiten, gierigen Lächeln auf den Lippen. „Deine Magie ist wirklich wunderschön, Thana. Es fällt dir so leicht, Leben zu zerstören... Eine wahre Göttin, selbst unter den Auserwählten.“
Der Zimmerservice unterbrach ihre traute Zweisamkeit, brachte ihnen aber auch sogleich, worauf sie schon die ganze Zeit warteten: Schmackhaft gebratenes Hähnchen und der Wein, den Thana sich gewünscht hatte. Mit einer höflichen Verbeugung und den geschickten Bewegungen einer geübten Dienerin ergriff Eohl das Tablett und machte sich sogleich daran, Wein in eines der beiden Gläser zu füllen. Mit dem Tablett auf einer Hand trat sie hinüber zu der Mahaf und reichte ihr den hoffentlich schmackhaften Rotwein. „Möchtest du es dir auf dem Bett gemütlich machen, Thana?“, fragte sie mit einem liebevollen Lächeln. „Oder wollen wir es uns hier beim Fenster bequem machen? Wenn du magst, erschaffe ich hier auch gerne ein Bett wie das da drüben...“
Carbon Copy TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 40 MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 4 BESCHREIBUNG: Bei diesem Zauber erschafft der Magier ein viereckiges Spiegelfragment. Wenn sich in diesem Fragment ein Nicht-Lebendes Objekt spiegelt, kann der Magier eine optisch exakte Kopie dieses Objektes auf der anderen Seite des Spiegels schaffen, wobei der Spiegel zerstört wird. Dieses Kopie ist nicht haltbar und besitzt nicht die gleichen Eigenschaften wie das reale Objekt, ein kopiertes Schwert wird also leicht zerbrechen, ein kopierter Kochtopf ist nicht heiß und kopiertes Essen füllt den Magen nicht und ist eher unverträglich. Kreiert man so aber etwas, dessen reine Form einen Nutzen hat wie einen Schlüssel, erfüllt es den gleichen Zweck wie das Original. Die Kopie zerbricht nach spätestens einem Tag in Spiegelscherben.
Der Fluss der Zeit... brennt alle Hoffnung nieder... That odd woman... | Cracked Mirror, Awaken!
Thana Desert Queen
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# 10 Wieder einmal lag Thana mit ihrer Vermutung über Eohl daneben. Statt eine negative Reaktion dafür aufzubringen, dass sie kein Huhn streicheln durfte, aber eins essen sollte, freute sie sich sogar darüber. Mehr noch! Eohl erklärte, dass sie Geflügel liebe! Nur um kurz darauf zu relativieren, dass sie es doch eigentlich nie gegessen habe. Unsicher erkundigte sie sich bei ihrer Freundin, ob dies tatsächlich so war. "Na ja. Vielleicht hast du Geflügel ja schon vor deinem Erwachen geliebt." Für Thana klang die Situation eindeutig. Geflügel war ein weiterer Hinweis auf das Leben vor ihrem Gedächtnisverlust. Macht Summa Summarum drei Vorlieben der alten Eohl, die sie bis dato aufgedeckt haben. Schwerter, Schwimmen und Geflügel. Thana wurde immer etwas neugieriger, was wohl die alte Eohl für ein Mensch war und wie die beiden miteinander auskommen würden, hätte sie sich nicht verändert.
Das Eohl nicht verstand, was mit der gängigen Schlafplatzaufteilung gemeint war, überraschte Thana jedenfalls nicht. Erst kam sie auf die Idee, die Betten irgendwie zusammen zu schieben, ehe sie den Gedanken wohl verwarf, weil das Verschieben des Tisches zu aufwändig war oder so. Jedenfalls erstellte sie mit Hilfe ihrer Magie stattdessen die Kopie eines der Betten. Nun standen dort drei nebeneinander, statt zwei. Thana überlegte kurz, wie sie darauf reagieren sollte, fand aber zeitig keinen passenden Ausdruck dafür. Das hatte zur Folge, dass sie resignierte und die Situation einfach so akzeptierte, wie sie nun war. Wie auch immer. "Stell es dir vor wie Stiefel und Ameisen. Mit einem Stiefel kannst du eine Ameise locker zertreten. Aber wenn die Ameise plötzlich größer ist als der Stiefel, geht das auch nicht mehr." Eine Lehrstunde von Frau Mahaf, bezüglich der Pflanzen und der Schwerter. Ob Eohl diesen Vergleich verstehen würde? Einen Versuch war es jedenfalls wert. Einen Versuch war es immer wert. Zu mehr hätte die Magierin wahrscheinlich auch nicht die Nerven. Als sie sich der Gigablume selbst annahm, erntete Thana dafür bewundernde Worte. Worte, die gut taten, weil sie ihr Ego streichelten. Göttin? Das war vielleicht etwas hoch gegriffen, aber sie würde sich gegen diese Bezeichnung nicht sträuben. "Und du stehst in meiner Gunst." Wieder legte sie ihre Hand auf das Haupt der Spiegelmagierin. Jedenfalls solange, bis es an der Tür klopfte und Thana eilig den Vorhang vors Fenster zog, um ihr Werk zu vertuschen. Immerhin hatten sie doch eigentlich eine Tarnung als Forscherinnen angenommen. Damit diese nicht allzu schnell aufflog, versteckte sie ihr Werk vor den Augen der Hausdame. Sowohl das Essen als auch das Trinken wurde gereicht und ohne viele Worte verließ die Frau wieder den Raum. Ob sie das dritte Bett gesehen hatte? Wenn, dann schien es ihr ganz schön egal zu sein. Sie hatte jedenfalls keinerlei Reaktion darauf gezeigt. Vielleicht wunderte die Bardame nach diesem überdimensionalen Wildwuchs auch einfach kaum noch etwas. Eohl übte sich derweil im unterwürfigen Servieren. "Setzen wir uns an den Tisch.", meinte ihre Freundin zu den angebotenen Optionen. "Und schenk dir selbst auch ein. Ich möchte mit dir anstoßen." Nun gab es für die Unterwürfige neben Geflügel sogar noch Wein! Ob er ihr mundete? Probieren sollte sie ihn so oder so! "Was hältst du davon, wenn wir einen Mitternachtsspaziergang machen? Nur wir zwei? Im Mondlicht!" Thana nahm am Tisch Platz, wartete darauf, dass Eohl ihre Kommandos ausführte und hob dann erwartungsvoll ihr Glas. Die Magierin hatte einen Plan. Sie wollte zum Hof, wenn diese Matschbirne, der er gehörte, schlief. Sie wollte das Zyaena suchen gehen.
„Vor... meinem Erwachen?“ Verwirrt dachte Eohl über die Worte ihrer Freundin nach, wurde aber von einem unangenehmen Rauschen unterbrochen. Ihre Augen schlossen sich automatisch, als ein ziehender Schmerz ihren Kopf übernahm. Nein, sie sollte vermutlich nicht zu sehr darüber nachdenken. „Hm... wenn es vorher war, dann bleibt es wohl besser vergessen“, meinte sie mit einem fröhlichen Lächeln und öffnete die Augen wieder. „Die Zeit bewegt sich vorwärts. Die Vergangenheit ist vergangen.“
Deutlich gegenwärtiger war die Pflanze, die Thana mit Leichtigkeit absterben ließ, obwohl Eohl gar keine Chance dagegen hatte. Eohl lachte zufrieden, als die Mahaf sie mit ihrer Gunst beehrte, und senkte ihren Kopf. „Mein Dank ist dir gewiss, große Thana“, wisperte sie unterwürfig, und hoffte darauf, dass sie in naher Zukunft keiner übergroßen Ameise begegnen würden. Sie wollte nicht zu viele Feinde wie diese Blüte finden, denen sie nichts anhaben konnte. Die Schwarzhaarige hatte zwar versprochen, sie immer zu brauchen, dennoch wollte Eohl nicht nutzlos für sie sein. Sie wollte kein totes Gewicht sein, das ihre Göttin zu schleppen hatte. So viel Gutes, wie Thana ihr tat, war es für Eohl ein persönliches Bedürfnis, sich zu revanchieren. Und Thana meinte ja, dass sie ein Recht darauf hatte, ihren Bedürfnissen zu folgen... „Nur wir zwei, im Mondlicht...“, murmelte Eohl verträumt, während sie sich setzte und auch das zweite Glas mit Wein füllte. Ihre Lippen trennten sich in einem offenen Lächeln. „Das klingt so romantisch...“ Bisher hatte die Yihwa nie das Gefühl gehabt, dass ihre Freundin eine romantische Atmosphäre anstrebte. Da gab es Menschen, die deutlich schneller in diese Richtung gingen... Yuuki kam ihr in den Sinn, Alexios vielleicht, oder gar Amelia. Es machte einen interessanten ersten Eindruck, hielt aber meist nicht allzu lange. Solche Menschen neigten zu Enttäuschungen. Thana dagegen... Sie hatten sich im Kohlenkeller getroffen, in einer warmen Atmosphäre der Dominanz, die die Jüngere streng und entschlossen demonstriert hatte. Der Besuch in ihrem Zimmer, das gemeinsame Einkaufen und sogar der leicht bekleidete Trip zum Strand hatten alle einen entschieden freundschaftlichen Charakter innegehabt. So besessen Eohl auch von dieser spezifischen Auserwählten sein mochte, sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass sich ihre Beziehung langsam und gesund entwickelte – etwas, das sie über keine ihrer anderen Beziehungen sagen konnte. War das also der logische, nächste Schritt? „Ich wusste nicht, dass wir schon soweit sind...“, meinte sie nachdenklich, während sie das Weinglas an ihre Lippen führte. „Aber mit dir wird es sicher eine wundervolle Erfahrung.“ Amüsiert begann sie zu trinken und stockte, während sich ihre Augen weiteten. Blinzelnd blickte sie hinab auf das Glas. „Säuerlich und überreif... aber schmackhaft“, meinte sie erstaunt und nahm einen weiteren, tiefen Schluck. Erst, als kein Wein mehr darin war, stellte sie es wieder ab. „Das gefällt mir... Ich darf mir etwas mehr nehmen, nicht wahr, Thana?“ Die Mahaf war wirklich ein Segen des Himmels, ein Schatz, der ungeahntes Glück in das Leben der Yihwa einlud. Nichts in ihr reagierte auf Wein als Etwas, das sie bereits kannte, aber diese neue Erfahrung war unheimlich angenehm. Nachdem sie ihr Glas befüllt hatte, wandte sie sich aber dem Huhn zu. Wie eine wohlerzogene Tochter aus gutem Hause aß sie mit Messer und Gabel, trennte mit geübten, geschickten Bewegungen das Fleisch vom Knochen, ehe sie dieses in ihren Mund hob. „Mmh... köstlich“, nickte sie zufrieden, mit einem erfreuten Gesichtsausdruck. Ihre Zunge fuhr über ihre roten Lippen, während sie den nächsten Schnitt tat. Ein weiterer, schmackhafter Bissen, dann leerte sie ihr zweites Glas Wein. Ob es sich so anfühlte, ein normales Essen mit seiner Familie zu haben? „... ich verstehe, warum ich bisher nur Wasser und Brot hatte...“, murmelte die Yihwa, während sie sich ihr drittes Glas einschenkte. „Menschen werden so gierig, wenn man ihnen zu viel gibt. Ich glaube, wir sollten mehr Wein bestellen...“ Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, während sich darüber eine gewisse Röte legte. Ihr Körper fühlte sich so warm an. Außerdem konnte man vermutlich sehen, dass sie ein wenig zur Seite geneigt war. Sie war Alkohol wirklich nicht gewohnt.
„Mheehee... Möchtest du einen Bissen, Thana?“, kicherte die Yihwa und piekste ein Stück Fleisch mit ihrer Gabel auf, wedelte damit in Richtung ihrer Freundin. „Wie gewagt, einem Werkzeug Fleisch und Wein anzubieten... Thana, Thana! Wenn jemand sauer auf dich wird, hörst du dann auf, lieb zu mir zu sein?“ Bei dem Gedanken brach es aus ihr heraus, ein warmes, fröhliches Gelächter, das sich nicht länger zurückhalten ließ. Ein Teil von ihr fand diese Situation urkomisch. „Die Wünsche so vieler Menschen ignorierend... Wenn du es besser wüsstest, würdest du aufhören? Kümmerst du dich um mich, weil es einfach ist? Oder magst du mich echt? Hehe... Oh, Thana, ich liebe Wein!“ Ohne zu Zögern, leerte sich das dritte Glas, und mit einem mal stoppte das Gelächter. Müde die Augen schließend stellte Eohl das Weinglas wieder auf den Tisch. Ihr Kopf wippte nachdenklich zur Seite. „Du willst immer Sachen für mich tun, Thana... Ich glaube, das ist falsch. Weißt du überhaupt, was ich will? Weißt du, welche Zukunft ich mir wünsche, Thana? Weißt du das?“ Ihren Kopf auf ihre Hände stützend, öffnete sich wieder eines ihrer Augen. Seine Farbe war matt, aber nicht so dunkel wie sonst. Dennoch seltsam leer. Sie fixierte die Dürremagierin, während ihr gesamter Körper schwankte. „Ahaha... ich fühle mich komisch, Thana“, lachte sie zufrieden, ehe sie den Kopf schüttelte. „Thana... was glaubst du, was ich mir am Meisten wünsche? Was glaubst du, was Eohl mehr haben will als alles andere? Bitte... ich will wissen, was du denkst...“ Langsam schloss sich ihr Auge wieder, und ein Grinsen breitete sich auf ihren Lippen aus.
# 11 Thana verfolgte die Reaktion ihrer Freundin genau, als diese wieder auf ihre Vergangenheit angesprochen wurde. Sie versuchte erst gar nicht großartig in ihren Erinnerungen zu wühlen, beziehungsweise diese auszugraben. Stattdessen blockte Eohl mit inhaltslosem Gerede schnell ab. Thana hielt sich zurück über die Natur der Zeit und deren eigenen Gesetze zu diskutieren. Gab es doch genug Theorien darüber, wie grade göttliche Wesen vielleicht gar nicht an den Fluss der Zeit gebunden waren. Flüsse konnte man auch bergauf schwimmen…
Jedenfalls bot Thana ihrer Gefährtin im Vergleich dazu, was sie sonst so zu sich nahm, ein wahres Festessen. Saftiges Hähnchen und… Wein. Darüber hinaus machte sie noch das Angebot eines abendlichen Spazierganges. Es war nicht verwunderlich und von der Magierin auch bewusst ein wenig fehlgeleitet, dass Eohl dieses Angebot auf eine romantische Art verstand. Thana schmunzelte. Als die Verwirrte dann aber quasi über einen nächsten Schritt sprach, wurde sie stutzig. Hatte sie etwa… War sie ernsthaft an ihr interessiert? Beziehungstechnisch? Über diese selbsternannte Sklavensache und Freundschaft hinaus? Die Dürremagierin nickte nachdenklich und trank von ihrem Wein. Abschätzig zog sie die Lippen kurz etwas hoch. Der war in Ordnung. Nicht das leckerste, was sie bis dato getrunken hatte, aber immerhin auch nicht in der unteren Hälfte, was Qualität und Geschmack anging. Im Gegensatz zu diesen Gedankenspielen, gab Eohl eine kleine Kritik von sich. Die Mahaf notierte gedanklich, dass ihr Wein auch zu schmecken schien. Den Mund voll mit Speis und Trank, deutete sie mit der offenen Hand auf die Karaffe, als sie um Erlaubnis gebeten wurden, sich mehr einzuschenken. Thana, die ebenfalls mit Besteck aß, wollte sie sich ihre Hände doch nicht schmutzig machen, widmete sich einen Moment lang ihrem Essen, während Eohl mit der Zeit immer gesprächiger zu werden schien. Sie fing an etwas zu philosophieren. War sie etwa schon betrunken? Die Dürremagierin verfolgte neugierig die Entwicklung, die ihre Freundin da machte. Was Eohl sagte, wie sie es sagte, wie sie mittlerweile auf ihrem Stuhl saß und auch ihr Ausdruck. Alles deutete darauf hin, dass sie zumindest beschwipst war. Amüsant! Noch. "Ich hab, danke.", blockte Thana ab, als ihre Gefährtin ihr von ihrem Hähnchen abgeben wollte. "Wenn jemand sauer auf mich wird?" Sie verstand nicht so recht, was das damit zu tun haben sollte, wie sie mit Eohl umging. Dieser Versuch, an der Konversation, die die Spiegelmagierin da aufzubauen versuchte, teilzunehmen, blieb der einzige. Binnen kürzester Zeit wurde sie nämlich potenziell anstrengend. "Ich glaube, du hattest genug Wein.", schob Thana zwischen, bevor sie dann damit gelöchert wurde, ob sie wisse, was ihre Kameradin wirklich wollte. "Ich habe keine Ahnung." Genervt nahm sie einen weiteren Schluck von ihrem Glas. Eohl hingegen hatte da schon quasi den gesamten Rest des Weines in sich hinein geschüttet und sie ließ mit ihrer Frage nicht locker, wollte unbedingt eine Antwort von Thana haben. "Anerkennung? Nutzen?" Sie hatte keine Ahnung. Was wollte sie denn? Die Antwort gefiel der Mahaf nicht so recht. "Du bist betrunken.", zischte sie und stand daraufhin auf. Beim Erheben rückte Thana den Stuhl, auf dem sie saß, mit ihren Oberschenkeln ein wenig zurück. "Du bekommst heute keinen Wein mehr. Leg dich hin. Schlaf ein wenig. Wir wollen schließlich früh wieder los.", sprach sie bestimmt. Dann wandte sie sich vom Tisch ab und legte sich auf die Matratze eines der normalen Betten. Es blieb zu hoffen, dass Eohl so schnell wieder nüchtern wurde, wie sie in den Status des Rausches gelangte.
„Mmh... falsch“, schüttelte Eohl den Kopf, ehe sie ihn müde hängen ließ. Anerkennung und Nutzen... Was für eine oberflächliche Einschätzung ihrer Selbst. Wirkte die Yihwa wirklich so simpel auf andere Menschen? Nun, das war vermutlich richtig so. Wer sie jetzt war, war simpel. Eine Puppe, ein Werkzeug. Das hatte sie klar genug dargestellt. Ihr jetziges Ich sollte glücklich darüber sein, wann immer sie als nützlich angesehen wurde. „Ehehe... wenn ich nützlich bin, bin ich glücklich. Also vielleicht nur halb falsch“, kicherte sie, ehe sie, wie von Thana gewünscht, hinüber zum Bett taumelte und sich hinein fallen ließ. Natürlich in voller Rüstung. Selbst ohne einen Schluck zu trinken hatte sie nie geplant, sich auszuziehen. „Ich wünschte, ich könnte dich warnen, Thana... ich mag dich“, murmelte sie sanft, während ihre Augen sich schlossen und sich ihr Körper rücksichtslos auf den drei Matratzen ausbreitete. „Aber wenn du... mich nur so siehst... dann...“ Der Satz fand kein Ende. Die Yihwa war verstummt, zu einem regungslosen Schlaf verdammt, ehe sie mehr sagen konnte. Ihr Kopf wollte nicht, dass sie mehr sagte, und Thana hatte ihr den Schlaf befohlen. Damit stand fest, was sie zu tun hatte.
Punkt Mitternacht öffneten sich die Augen der Yihwa wieder. „Es ist Zeit“, meinte sie und setzte sich im Bett auf, blickte hinüber zum Fenster, durch das das helle Mondlicht schien. Eine gute Nacht, um die Welt draußen zu erkunden. Ein wenig unwohl war ihr noch immer, die Welt bewegte sich auf seltsame Weise vor ihren Augen, und ihre Zunge fühlte sich schwer an. Unbeweglich, als wolle sie keine weiteren Worte formulieren. Dennoch musste sie sprechen. Sie war schließlich nicht alleine hier. „Thana? Thana, bist du da?“ Lange brauchte Eohl nicht, um aus dem Bett und in einen funktionalen Zustand zu kommen. Ihre Augen waren deutlich matter als zuvor, ein dunkles Rot ohne einen Schimmer von Hoffnung darin. Schwert, Rüstung und Hörner waren bereit. Ein paar mal streckte sie ihren rechten Arm aus, öffnete und schloss ihre Hand, dann legten sich ihre Finger um ein unsichtbares Schwert, das sie ein paar Mal durch die Luft schneiden ließ. „Hm... nicht so folgsam wie sonst“, fasste sie kurz zusammen. Ein Ergebnis des Weins? Sie hatte, zugegeben, fast die ganze Karaffe allein geleert. Und das ziemlich schnell. Im Vergleich dazu hatte sie ihr köstliches Hähnchen kaum angerührt, dabei hatte sie sich doch gerade darauf gefreut. So viel Alkohol auf leeren Magen... das rächte sich wohl jetzt. „Ich sollte nicht mehr trinken“, fasste sie zusammen, ruhig und mechanisch. Von Gelüsten gesteuert wie vorhin war ihre Performance offensichtlich eingeschränkt. Sie tat Dinge, die sie nicht sollte, und selbst Thana hatte am Ende den Eindruck gemacht, nicht glücklich mit dem Ergebnis zu sein. Eohl war offensichtlich am Besten, wenn sie keinen eigenen Willen hatte. „Ich werde vorsichtig sein. Priorität hat, dass Eohl Thana nicht versehentlich verletzt.“ Solange sie darauf achtete, sollte alles in Ordnung sein. Größtenteils hatte sie noch Kontrolle über sich selbst. Über ihren Körper zumindest. Sie nickte entschlossen. „Eohl ist bereit. Was soll ich tun?“
# 12 Thana war alles andere als bemüht, die Konversation mit ihrer offensichtlich betrunkenen Freundin fortzuführen. Es mochte daran liegen, dass sie selbst lediglich ein Glas Wein intus hatte und dies auch mit Abstand besser vertrug als Eohl. Jedenfalls ging sie nicht weiter auf das genuschelte Gerede der Magierin ein und erklärte den Arbeitstag damit frühzeitig für beendet. Wer hätte sagen können, wie es weitergegangen wäre, hätte Thana ihren Pegel selbst weiter in die Höhe getrieben? Daran war sie an diesem Abend allerdings nicht interessiert. Sie waren mit einer Aufgabe nach Idylia gekommen und diese wollte sie auch erledigen. Tief in der Nacht sollte es weitergehen, ergo wollte sich die Dürremagierin nicht am Wein berauschen. Während Thana gemütlich auf einem der Betten Platz nahm und damit begann sich zumindest der groben Kleidung zu entledigen, taumelte ihre Gefährtin einfach zu ihr hin, um sich nahezu achtlos auf das Bett fallen zu lassen und sich dann über alle Schlafmöglichkeiten verteilt, auszubreiten. "Das ist doch nicht…“, murmelte Thana, zornig über das Verhalten ihrer Freundin und auch darüber, dass sie selbst es dazu hatte kommen lassen. Im Prinzip trug sie selbst die Schuld. Sie hatte Eohl den Zugang zu Alkohol ermöglicht und sie dann nicht daran gehindert sich volllaufen zu lassen. Die Magierin versuchte erst, etwas von ihrer Decke unter ihrer Gefährtin weg zu ziehen, was aber scheiterte. Danach drückte sie mit ihrem Fuß gegen die Gerüstete, doch auch das scheiterte. Sie bekam sie kein bisschen bewegt. Thana war einfach zu schwach. Wahrscheinlich wäre das ohne das Metall der Rüstung schon schwierig geworden. So jedenfalls war es unmöglich. Sie musste sich mit Eohls merkwürdiger Schlafhaltung abfinden. Schließlich war diese auch sehr schnell eingeschlafen, hörte dadurch aber immerhin mit ihrer Gefühlsduselei auf. Die Mahaf seufzte. Es dauerte einen Moment, bis sie sich, ähnlich wie ihre Gefährtin, auf den Betten verteilt und dann eine angenehme Schlafposition gefunden hatte. Vorgenommen hatte sie sich einen leichten Schlaf. Immerhin wollten sie des Nachts wieder los und Bescheid gegeben, dass sie geweckt werden wollte, hatte sie der Barfrau nicht. Ein wenig dösen, dann aufstehen und ein wenig lesen, bis es Zeit wurde. Das war ihre Idee. Daraus wurde aber nichts. Die Magierin schlief tiefer ein, als sie zuvor gedacht hätte und erst die Worte und die Bewegung Eohls, rissen sie wieder aus ihrem Schlaf heraus. Es bedurfte einiger Sekunden, bis sie wirklich realisierte, was grade geschah und wo sie war. "Ja… Ja, ich bin da. Wo soll ich denn sonst sein?", meckerte Thana ihrer Freundin entgegen, erinnerte sie sich doch schnell daran, wie sauer sie vor dem Einschlafen gewesen war. Mürrisch schob sie ihre Beine seitlich vom Bett, um dann die wenigen und knappen Kleidungsstücke, die sie zuvor achtlos neben das Mobiliar geworfen hatte, wieder überzustreifen. Auch der Zauber, der sie warmhielt, begann schnell wieder zu arbeiten. "Gute Idee.", pflichtete sie Eohl nebensächlich mit einem Kommentar bei, sprach diese doch davon, keinen Alkohol mehr zu verkosten. Nach ein wenig Strecken und Gähnen, stand die Dürremagierin dann schließlich auf, um zu bemerken, wie bereit Eohl bereits wirkte. Sie stutzte, als jene betonte sich darauf zu fokussieren, ihre Gefährtin nicht versehentlich zu verletzen. "Ich bitte darum!", erklärte Thana mit Nachdruck. Wie betrunken war sie denn noch? So stark beeinflusst wirkte die Dame gar nicht… Na ja, sie war ja auch ein einziges Phänomen! "In erster Linie solltest du leise sein. Wir schleichen uns ein, okay? Wir dürfen keine Aufmerksamkeit auf uns lenken.", erklärte die Leiterin dieser Unternehmung. Schließlich hätte ihr abendlicher Ausflug keinen Sinn, wenn sie es nicht schafften die Zeit zu nutzen, in der andere schliefen. "Komm mit.", erklärte sie. Thana schnappte sich die Zimmerschlüssel, bemerkte beiläufig, dass sie ihre Unterkunft nicht abgesperrt hatten und holte dies nach Verlassen jener nach. Der Weg führte die Zwei schließlich aus der Herberge heraus, über die spärlich beleuchteten Wege des Dörfchens, erneut zu Klayns Hof. Dort angekommen führte Thana ihren Finger vor den Mund. Sie bedeutete Eohl leise zu sein. "Jetzt ist Ruhe besonders wichtig. Wenn der Hund und hört, haben wir ein Problem. Vielleicht müssen wir ihn sogar schnell ausschalten…" Glücklicherweise wirkte der Köter bis dahin nicht besonders intelligent. Aber er brauchte auch nicht intelligent sein, um sofort wie verrückt loszukläffen, sobald er etwas gehört hatte. Vorsichtig stieg Thana also über den recht niedrigen Zaun, der den Hof umschloss.
„Jawohl.“ Mit einem pflichtbewussten Nicken bestätigte Eohl die Bitte der Mahaf. Ja, sie würde sie nicht verletzen. In ihrem aktuellen Zustand sollte sie vermutlich Projektilzauber vermeiden, was bedeutete, dass es für sie keine fliegenden Spiegelscherben gab. Außerdem würde sie, rein der Sicherheit halber, ihr Schwert nicht ziehen, wenn Thana in Reichweite ihres Armes war. „Deine Sicherheit ist meine Priorität. Außerdem leise sein. Schleichen. Verstanden.“ Die Schwarzhaarige würde feststellen, dass Eohl schockierend leise sein konnte, wenn sie nicht alle paar Minuten eine mehr oder minder sinnlose Aneinanderreihung von Worten ausstieß. Trotz ihren gepanzerten Stiefeln waren ihre Schritte leise und sie sparte sich jede unnütze Bewegung, während ihre leeren Augen in aller Stille die Umgebung absuchten. Ein weiteres Wort verlor sie auch nicht mehr – schließlich hatte sie den Befehl erhalten, still zu sein.
Den Hund ausschalten war keine ganz so einfache Aufforderung. Eohls Augen scannten den Hof im Mondlicht, doch schlussendlich konnte sie nur den Kopf schütteln – sie konnte das Tier hier überhaupt nicht entdecken. Entweder es war drinnen bei seinem Herrchen oder es hatte sich irgendwo versteckt. Das bedeutete wohl auch, dass sie auf Anhieb keinen Weg hatten, das Vieh vom Kläffen abzuhalten. Wenn es bemerkte, dass auf dem Hof etwas nicht stimmte, und das Maul aufriss, dann würden sie wohl kaum reagieren können, ehe das Herrchen wach war. Dennoch sollten sie die Gelegenheit nutzen, sich hier ordentlich umzusehen. Ein guter Ansatzpunkt war vermutlich der Stall, den sie zuvor besichtigt hatten, schließlich hatte die Nase des Hundes dort ausgeschlagen. Sich unauffällig über das Grundstück zu bewegen war gar nicht mal so schwierig. Auch hier befand sich hohes Grad, das den Blick auf die ohnehin in dunkle Kleidung gehüllten Magierinnen weiter verbarg, aber nicht so struppig und steif war wie das in Richtung der Herberge, an dem Eohls Umhang zuvor hängen geblieben war. Das konnte hier nicht geschehen. Lautlos und elegant bewegte sich die Yihwa voran, passierte dabei den Weg zum Hühnerstall, ohne auch nur in dessen Richtung zu sehen. Bei der Scheune angekommen versank sie in den Schatten, ehe sie sich aufrichtete und noch einmal so gut wie möglich auf dem Hof umsah. Wenn hier etwas auf sie lauerte, dann war das der Moment, an dem sie es bemerken müsste – danach sah es aber gerade nicht aus. Nachdem sie für einige weitere Augenblicke die Gegend observiert hatte, winkte sie Thana zu sich und machte sich am Eingang des Stalls zu schaffen. Es war Zeit, die Spuren zu sichten, wegen denen sie überhaupt erst hier waren. Wie es Klayn zuvor gezeigt hatte, entriegelte die Yihwa die Tür der Scheune geschickt und öffnete die Tür, damit Thana zuerst hinein treten konnte, ehe sie folgte und die Tür hinter sich verschloss, sodass keine Geräusche von hier nach außen dringen sollten. Der Hund hatte bisher nicht ausgeschlagen, also sollten sie relativ sicher sein. Als Erstes schritt die Yihwa hinüber zum Futtertrog, warf einen Blick darauf. Im Vergleich zu zuvor lag hier nun tatsächlich weniger Futter. Eventuell hatte eine der Kühe in der Zwischenzeit genascht. Nachgewachsen war es jedenfalls nicht, was ein Stück weit gegen ihre Theorie von zuvor ging, diese aber noch nicht auszuschließen schien. Eventuell war die Zyaena einfach nicht hier. Vielleicht war sie hier gewesen, inzwischen aber schon wieder verschwunden. Vielleicht hauste sie auch immer noch hier und ließ auch nicht zu jeder Zeit alles gleichermaßen wachsen... Es war schwer, dieses unbekannte Wesen einzuschätzen. Sich wieder von dem Trog entfernend, sah die Yihwa stattdessen nach den Kühen. Mal sehen, ob mit denen Alles in Ordnung war...
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