Ortsname: Ryuzetsu Land Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Bei Ryuzetsu Land handelt es sich um einen äußerst bekannten und extrem beliebten Wasser -Themenpark in Fiore. Der Park selbst besteht aus vielen unterschiedlichen Schwimmbecken und verschiedenen Wasserbahnen. Die bekannteste davon ist der Love Love Slider, auf dem ein Pärchen fahren kann, während es sich umarmt. Abgesehen von Pools und den Wasserrutschen, gibt es auch Bereiche, die zur Entspannung dienen, wie zum Beispiel Spa‘s und Whirlpoolbecken. Weiterhin findet man hier auch andere Arten der Unterhaltung wie einen großen Aquariumbereich, eine Fototafel und auch ein Restaurant vor.
Es stellte für Talon eine gewisse Herausforderung dar, diesen Auftrag alleine anzugehen. Bei ziemlichen allen Quests hatte er Noé bei sich. Der helle Hund war darauf trainiert, Talon wieder ins hier und jetzt zu holen, wenn er zu lange Zeit in seinen Gedanken versank. Etwas, dass im Alltag zwar kein großes Problem war, außer er übersah die Zeit, aber beim Arbeiten saß er ansonsten Stunden, ohne zu trinken, essen oder eine Pause zu machen. Und allgemein … es half ihm, mit dem Fokus bei seiner Umwelt zu bleiben. Für diese Quest war er ohne Tier unterwegs, da sich Schwimmbäder und Hundehaare nicht wirklich vertrugen. Selbst seine graue Hose hatte, obwohl er sie frisch angezogen hatte, schon wieder ein paar helle Haare aufzuweisen. Heute hatte er Noé zu Hause gelassen, ungewohnt für das Tier, aber er hatte seinen Mitbewohner gebeten, hier und da nach ihm zu schauen. Alles weitere würde er bei seiner Rückkehr tun, immerhin würde der Auftrag hoffentlich nicht bis morgen dauern. Sich soweit um das Tier zu kümmern, da vertraute er dem anderen nicht.
Talon erreichte am späten Vormittag sein Ziel und schob die Karte, nachdem er sie sorgsam faltete, wieder in die Tasche auf seinem Rücken. Karte, Geld, Trinkflasche und was man noch so auf einer kurzen Reise brauchte. Sein Haar war anstatt wie meist geflochten hochgeklammert und die Spitzen kitzelten seinen Nacken. Der Forscher sah sich vor dem hohen Eingang zum Wasserpark um. Von über der Abgrenzung sah er die Rutschen und hörte das Jauchzen von Jugendlichen und Kinder. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen lauschte er den Geräuschen. Hätte man Talon nach einem Wort gefragt, um die leichte Schwere auf seinem Herzen zu beschreiben, wäre er vermutlich gescheitert, aber das machte sie nicht weniger real. Genauso wie es das Lächeln nicht weniger echt machte. Versunken ins Lauschen dauerte es einige Momente, bevor er sich wieder losriss. Momente, die vielleicht etwas länger waren, als es ihm selbst vorkam. Talon trat näher an den Eingang und betrachtete die Schlange. Sollte er sich dort anstellen oder irgendwo anders nach einem Kontakt fragen. Obwohl er sich manchmal etwas fremd in der lauten, großen Welt vorkam, nahm er nicht an, dass er Eintritt bezahlen würde müssen, um darin zu arbeiten. Er könnte sich vermutlich vorschieben. Dürfte man das in solchen Fällen tun? Aber sein Blick glitt an den Menschen entlang in sein Magen verknotete sich. Nein, besser er wartete hier darauf, dass sein Questpartner ihn einsammelte. Vielleicht wusste dieser ja mehr, … wenn der nicht schon im Ryuzetsu Land war.
Ryuzetsu Land war kein Ort, den Sirviente in seiner doch recht langen Lebenszeit bereits aufgesucht hatte. Genauer gesagt hatte Ryuzetsu Land für einen großen Teil von Sirs Lebenszeit vermutlich gar nicht existiert. Es passte nicht in das Bild der Welt, das der Eisgolem noch immer hatte, war weit moderner, als er es je sein zu können glaubte, voller Lichter und Gelächter und Spielspaß, aber auch voller Dinge, die trotz ihrer Natur als reine Objekte, die nicht einmal wie Sirviente eine Seele hatten, so bewegt und lebendig wirkten – nicht zuletzt dank des Wassers, das stetig durch die stählernen Rutschen floss wie Blut durch die Adern eines Menschen.
„Wir leben wahrlich in einer Zeit, in der Allem Leben eingehaucht werden kann...“
Mit einem andächtigen Lächeln auf den kalten Lippen trat Sirviente an seinen Questpartner heran, einen schmalen Herren mit langem, blonden Haar, der passenderweise am Eingang des Parks zu finden war. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt blieb der Eisgolem stehen, ehe er langsam eine Hand vor seine Brust führte und sich verneigte. „Es ist mir eine Freude, mit Euch zu Arbeiten, Herr Talon. Man nennt mich Sirviente, der Einfachheit halber auch gerne Sir. Ich werde heute Ihre Begleitung bei der Quest darstellen.“ Davon, dass die Quest nicht länger als einen Tag dauerte, war auszugehen. Es gab nicht wirklich variable Elemente in ihrer Planung, schließlich ging es ausschließlich um das Testen der Anlagen. Sie mussten nichts suchen oder finden, keine separaten Informationen sammeln, nicht mit einem Kampf oder einer Verfolgung rechnen, die das Ziel in die Ferne treiben könnten. Ihre Aufgabenstellung war sehr eindeutig.
„Seid Ihr bereit für eine Inspektion der Einrichtungen? Ich kann versichern, dass meinerseits keine weitere Vorbereitungszeit vonnöten ist.“
Erwartungsvoll und zielorientiert blickte der uniformierte Runenritter seinen Partner an. Von seiner Seite gab es keinen Grund, ihre Arbeit weiter hinaus zu zögern, auch wenn er es nicht wirklich eilig hatte. Sirviente war niemand, der sein Leben auf rasante Weise lebte, und so wie auch sein Begleiter am heutigen Tage neigte er dazu, für längere Zeit in Gedanken zu versinken. Dafür fehlte ihm in diesem Moment lediglich der Anlass. Er hatte eine klare Aufgabe zu erfüllen und nichts Weiteres, was gerade geklärt werden wollte, insofern lag sein Fokus auf der Quest, die die beiden teilten. „Für mich ist dieser Ort recht ungewohnt. Um genau zu sein, habe ich einen Park wie diesen meinen Lebtag noch nicht gesehen“, gestand der Eismann mit einem offenen Lächeln. „Wie sieht es bei Euch aus, Herr Talon? Habt ihr mit Derartigem bereits Erfahrungen sammeln können?“
Talon kam sich ein wenig verloren vor. Wie ein Schiffchen auf dem offenen Meer. Er trieb im Eingangsbereich herum, ohne recht zu wissen, wo er hinsollte. Hineingehen? Dort könnte er Angestellte treffen und den Weg zum Auftragsgeber finden. Aber was, wenn sein Questpartner dann hier draußen auf ihn warten würde? Und was, wenn dieser schon im Vergnügungspark war? Talon hatte die Stirn gerunzelt, während er die Augen auf den Eingang gerichtete hatte. Er war in seinen Gedanken versunken, sein Blick unscharf. Es passierte ihm ziemlich oft, dass er in seinem Kopf hängen blieb und obwohl er die Augen offen hatte, nicht mehr wirklich sah, was um ihn herum, vor ihm passierte. Als jemand vor ihn trat, dauerte es entsprechend, bis Talon auf ihn achtete. Für gewöhnlich stieß Noé ihn an, wenn ihn jemand lange ansah oder ansprach und er nicht reagierte, doch ohne den Hund stieg Talon erst ab dem Zeitpunkt ein, als sein Begleiter sich als Sir vorstellte. Und als seine Begleitung. Der Blonde blinzelte ein paar Mal und betrachtete dann mit zusammengekniffenen Augen den anderen. Talon hatte die Angewohnheit, manchmal etwas zu forsch, zu direkt zu starren. Nicht so, als würde er jemanden niederstarren wollen, zumindest war das nicht seine Absicht, sondern eher so, als würde er eine komplexe Formel betrachten. Die … Figur vor ihm, kam dem wohl näher als alle anderen Menschen um sie herum. Dieser, oder dieses Sir glänzte in der Sonne und erschien wie eine Statue aus Eis, mit einem Lächeln eingraviert und in Kleidung gepackt. Für einen Moment vergaß Talon, warum genau der andere ihn angesprochen hatte. Er war zu sehr von ihm fasziniert, von dem Gedanken, dass der andere hier stand und nun ja … nicht schmolz. Trotz der Sonne. Und noch mehr, dass er sprach und sich selbstständig bewegte. Fast wäre Talon ihm mehr als ein paar Schritte nähergekommen, sodass er fast direkt vor ihm stand, den Kopf schief gelegt. „Das ist interessant.“ Er hielt seine Finger davon zurück, sich nach dem Gesicht des anderen auszustrecken und es testweise hin und herzudrehen. Talon hatte ziemliche Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen, der ihn sehr leicht überforderte, aber mit einem solchen Wesen vor sich sprang zugleich der Teil in ihm an, der Dinge herausfinden und entwickeln wollte. Der den technischen und magischen Hintergrund verstehen wollte. Talon genügte es nicht, nur an Magie zu glauben oder sie auch nur zu sehen. Er wollte sie verstehen, nachvollziehen können, warum sie tat, was sie tat. Wie sie im Kopf einer Person funktionierte. Woher sie kam, warum manche sie beherrschten und andere nicht und wie man das beeinflussen konnte. Und diese Skulptur hier sprach nur so: Magie.
Der Blonde blieb stehen, wo er war, als Sir wieder die Stimme erhob. Sie klang fast normal. Fast täuschend echt. Die Figur erzählte, dass sie noch nie an so einem Ort gewesen war und richtete dann eine direkte Frage an ihn, die er diesmal aktiv mitbekam. Sein Blick glitt hinter den Eisroboter und er schüttelte den Kopf, um dann endlich den Mund zu öffnen. „Nein. Ich war nie zuvor in einem Wasserpark.“ Er war in einem See gewesen, einmal, und fast untergegangen. Noé schwamm gerne durch Teiche, aber Talon blieb immer am Rand stehen und sah dem hellen Hund dabei zu. Zum Glück für Sir kannte dieser Talons Name, da der damit sonst nicht herausgerückt wäre. Nicht als privaten Gründen … er vergaß es nur gerne und dadurch war es ein seltsames Gefühl, damit angesprochen zu werden. Talon trat einen Schritt zur Seite. Gerne hätte er dieses Objekt weiter begutachtet, aber zugleich wartete Noé auf ihn. Widerstrebend löste er den Blick von dem Sir und presste unsicher die Lippen zusammen, bevor er nach einigen Sekunden Stille vorschlug: „Gehen wir hinein?“
“...?” Fragend sah Sirviente den jungen Blondschopf an, der ihn gerade sehr eindringlich anstarrte. Das hier… Das war sein Questpartner, richtig? Ein anderer Runenritter? Leicht irritiert legte der Eismann den Kopf schief, wartete auf eine Reaktion. Nun gut. So nahe, wie er kam, schien dieser Talon ihn zu beobachten. Das, konzeptionell gesehen, war vollkommen normal. Trafen zwei Menschen aufeinander, mussten sie einander erst einmal betrachten. Sie mussten ihr Gegenüber identifizieren und versuchten im Allgemeinen, sich ein Bild der Person zu machen. So viel verstand auch der kalte Eiskopf des Golem. Dementsprechend war die eindringliche Beobachtung durch die roten Augen des Ritters wohl lediglich eine Steigerung typischen Verhaltens, dementsprechend vollkommen normal und in Reaktion darauf würde Sirviente einfach geduldig sein. Still und aufrecht stehend, mit seinem ewigen Lächeln im Gesicht, stand Sir einfach da, ließ ruhige Luft über den beiden Magiern liegen, während er darauf wartete, dass Talon fertig war mit seiner wortlosen Vorstellung. Sehr interessant fand er also… etwas. “Ist dem so?”, erwiderte Sirviente ruhig. Auch wenn der Blondschopf ihm bei diesen Worten ins Gesicht blickte, hatte Sir nicht das Gefühl, dass er ihm in die Augen sah. Ein wenig unhöflich, aber nichts, worauf der Ritter bestehen würde.
“Ah, ist Eure Begutachtung vollendet?”, fragte Sirviente erfreut, als Talon endlich damit begann, auf einen seiner Sätze zu antworten. So ganz wohl hatte selbst er sich mit dem endlosen Starren nicht gefühlt. Die Warterei war da weniger das Problem. Auch jetzt wartete er schließlich noch, stand einfach hier, seinem Partner gegenüber, und lauschte dessen kurz geformten Worten. “Ich verstehe”, nickte der Golem. Auch der Estrées war also noch keinen Wasserpark besucht. Wieder wurde geschwiegen. Offenbar hatten beide Seiten gesagt, was sie hatten aussprechen wollen. Talon schritt zur Seite. Der Kopf des Eismannes drehte sich leicht, sein Blick folgte ihm. Worte kamen keine. Die Stille hielt an. Einige Momente später war es Talon, der vorschlug, dass sie wohl so langsam den Wasserpark betreten sollte. “Ah, ein wundervoller Gedanke. Ich hatte mich bereits gefragt, ob Euch vor Antritt der Quest noch etwas fehle”, stellte Sirviente mit einem breiten lächeln fest. Etwas steif, fast mechanisch, löste er sich wieder aus der starren Haltung der letzten Minuten und streckte seine linke Hand in Richtung Eingang, ehe er sich leicht verneigte. “Bitte sehr, Herr Talon… Übernehmt Ihr gern die Führung.”
Talon war überrascht von dem … Objekt, dass sich vor ihm befand. Seine Mutter hatte ihm vom automatischen Maschinen erzählt. Es war nicht ihr Forschungsgebiet gewesen, aber sie hatte ein allgemein weitreichendes Wissen gehabt und Talon war ihr einziger Zuhörer gewesen. Er hatte gerne und das stundenlang zugehört. Allerdings hatte er selbst noch nie so jemanden, so etwas gesehen. Fasziniert von der lächelnden Eisstatue trat Talon vor und musterte ihn eingehend von Kopf bis Fuß. Die Kleidung, wie seine Züge aufgebaut waren. Es war ein gebautes Meisterwerk und es schien noch dazu wirklich zu funktionieren. Sogar sprechen konnte es, und offenbar auch denken, denn es nahm war, was um es herum geschah. Stellte eine Frage, auf die hin Talons Gesicht noch mehr Erstaunen zeigte. Der Blonde nickte. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Er wich nicht wieder zurück wie er es bei einem Menschen getan hätte, aber er antwortete der Figur. Mit Wasserparks hatte er noch weniger Erfahrung wie mit Figuren wie dem Mann aus Eis. Über diese hatte er zumindest theoretisches Wissen. Talon beschäftigte sich zwar mehr mit weniger selbstständigen Gegenständen, aber Sirviente, wie es hieß, war für ihn wie ein großartiges Gemälde für einen Freizeitmaler wirkte. Der Forscher nickte allerdings. „Ja.“ Für den Moment war es fertig. Auch wenn Talon nichts lieber tun würde, als das Wesen … das Objekt, mit in sein Labor zu nehmen. Leider war es aber auch sein Questpartner, und demnach zählte es wohl offiziell als Lebewesen. Man durfte ebenfalls leider keine Lebewesen einfach mitnehmen, ohne sich damit strafbar zu machen.
Nach einem kurzen, unsicheren Schweigen schlug der Blonde schließlich vor, hineinzugehen. Das Objekt stimmte zu und Talon setzte sich in Bewegung. Leider wollte dieser nicht vorgehen. Es wäre dem Forscher viel, viel lieber gewesen, Sirviente zu folgen, anstatt sich selbst den Weg zu suchen und Fremde anzusprechen. Dieser schien aber eher wie Noé zu sein und folgte ihm auf den Eingang zu. Talons Blick flackerte über die Menschen. Er sollte nicht einfach vorbeigehen … Aber er war auch zum Arbeiten hier. Etwas unschlüssig blieb er neben der Schlange stehen und wich dem Augenkontakt mit den Leuten neben ihm aus. Ob die Figur mehr wüsste? Bevor Talon entscheiden konnte, was er tun wollte – musste – wurden er und Sirviente von einem der Kassierer angesprochen. „Die Schlange für Besucher fängt dort hinten an!“ Sie deutete über ihre Köpfe hinweg. Talon öffnete nach einem Herzschlag schweigen den Mund. „Wir sind keine Besucher. Wir haben unseren Questauftrag hier.“ Die Frau zog die Brauen hoch. „Rune Knights?“ Er nickte und sie drehte sich um, um etwas mit einer Person hinter ihr zu besprechen. Dann tauchte ihr Gesicht wieder auf. „Kommt durch, meine Kollegin erwartet euch.“ Den Kopf ein wenig eingezogen steuerte Talon durch den Eingang, der für ihn und Sirviente geöffnet wurde.
Seinen doch sehr intensiven Blick, gepaart mit einer recht unangenehmen körperlichen Nähe, erklärte Talon darin, dass er ein Wesen wie Sirviente noch nie gesehen habe. “Nun, das kann ich mir gut vorstellen”, nickte der Golem entspannt lächelnd. “Immerhin wird meine Art bereits seit einigen Jahren nicht mehr hergestellt. Die Wahrscheinlichkeit, in Fiore auf einen Eisgolem zu treffen, ist verschwindend gering.” In der Theorie konnte Sirviente nicht einmal ausschließen, dass er der einzige Golem aus Eis in ganz Fiore war, auch wenn das in der Praxis unwahrscheinlich erschien. Viele von ihnen gab es hier aber sicherlich nicht. Das machte es allerdings nicht besser, so angestarrt zu werden. Sirviente hielt seine Pose, war aber auch erleichtert, als sein Gegenüber bestätigte, endlich fertig zu sein. Seinem Partner den Vortritt lassend, schenkte Sirviente der Kassiererin nur eine kurze Verbeugung, begleitet von seinem Dank, ehe er sich mitsamt seinem Kollegen auf die Suche machte nach der Dame, die im Inneren der Parks für ihre Arbeit zuständig war. Anders als sein Begleiter ging Sir selbstbewust und erhobenen Hauptes ins Innere, warf nur kurz einen seitwärtigen Blick auf die spritzenden und schwappenden Wasserattraktionen in Sichtweite, ehe sich sein Fokus auf das Gebäude legte, in das sie gelenkt wurden. “Sind Jahrmärkte wie dieser stets von einer so spürbaren Geräuschkulisse begleitet?”, hakte er nach, während unweit von ihnen wildes Gekreische aus einer Wildwasserbahn zu hören war. “Wüsste ich nicht, dass es sich hierbei um einen Ort des Spaßes und der Freude handeln soll, würde ich annehmen, es gäbe Menschenleben zu schützen…”
“Halli-Hallöchen! Willkommen im Ryuzetsu-Land, wo Spiel und Spaß groß geschrieben werden und wo Wasser Alles sein kann!”
Überschwänglich grüßte die angespannt lächelnde Frau mittleren Alters die beiden Magier, als diese eingetreten waren. Sie war stark geschminkt mit roten Lippen und einer so hellen Haut, dass das Licht der Lampen davon abgeworfen wurde. Sie trug ihre bunte Uniform mit gespielter Freude und hielt ihre steife Pose so entschieden, dass selbst die Armbewegungen des Eisgolems weniger rigide waren als ihre eigenen. Offensichtlich nahm sie ihren Job ziemlich ernst. “Ihr beide seid hier im Ryu-Spa-Bereich. Der einzige Ort, der so entspannend ist, dass selbst Drachenschuppen locker werden!”, grinste sie breit und deutete auf ein Schild mit verschiedenen Pflege-Angeboten. Da waren die Drachenfeuer-Sauna, die Drachenschweif-Massage, die Drachenklauen-Akkupunktur… und, und, und. Es war tatsächlich eine ziemlich breit aufgestellte Palette an Services, auch wenn die Namensgebung nicht ganz so kreativ wirkte, wie es sich der Macher vielleicht gedacht hatte. “Damit auch Alles für die große Eröffnung bereit ist, bitten wir euch darum, einmal alle Halte hier zu durchlaufen! Unsere Initiative Wellness 2.0 soll Jung und Alt gleichermaßen abholen und jedes Bedürfnis abdecken! Insofern ist es uns wichtig, im Voraus Schwachstellen festzustellen und zu beheben sowie klares Feedback dazu zu erhalten, was unser Angebot aktuell liefert und wie ihr euch als Kunden fühlen würdet. Dafür haben wir ausführliche Fragebögen vorbereitet, die ihr am Ende ausfüllen könnt.” Okay… Schlecht organisiert war das Ganze hier schon einmal nicht. Auch von der Aufgabenstellung wirkte das hier nicht gerade unmöglich. “Im Prinzip ist es eine Form von Beobachtung und Rückschluss, ja? Derartige Tätigkeiten traue ich mir allemal zu”, nickte Sirviente mit seinem charmanten Lächeln. “Im Bereich des Drachenfeuers würde ich mich allerdings bevorzugt zurücknehmen…”
Eisgolem. Talon speicherte das Wort in seinem Kopf, suchte nach Erinnerungen, die er damit verband. Er hatte welche über Golem und Golemkin, hatte sich als Jugendlicher einige Zeit damit beschäftigt, aber nicht die Mittel gehabt, mehr daraus zu machen. Soweit er wusste, hatten sie ursprünglich kein Bewusstsein gehabt, doch die mit waren keine Golem, sondern Golemkins. Talon wusste nicht wie so etwas passieren konnte, wie ein Objekt ein Bewusstsein entwickeln konnte. Ob es mit den Gedanken seines Erschaffers zu tun hatte? Ob bei der Erbauung Teile der Persönlichkeit durch Magie in einem Golem landete? Magie konnte etwas aus nichts erschaffen, durch reinen Willen und Vorstellungskraft – was auch in das war, was Talon zugleich faszinierte und verschreckte. Der Blonde nickte langsam, behielt die vielen Fragen aber in seinem Kopf. Talon fragte nicht gerne, er kam lieber selbst auf seine Lösungen, anstatt jemanden mit Fragen zu stören. Vermutlich würde es Sirviente zwar mehr stören, sollte Talon an ihm herumarbeiten … aber Talons Empfinden nach war das nicht so schlimm wie ersteres. Auch wenn Sirviente eine Bewusstsein zu haben schien, fiel er für Talon doch eher in die Kategorie „Objekte“.
Dieses hier ging deutlich selbstbewusster wie der Forscher an der Schlange von Besuchern vorbei, als dieser sich kurz mit der Kassiererin unterhielt. Sofern man das eine Unterhaltung nennen konnte … aber sie brachte sie hinein. Hinter den Mauern war der Wasserspaß noch besser zu sehen. So viel strömte zugleich auf ihn ein, dass Talon sich zurückfallen ließ und sich stattdessen ganz auf den Golem konzentrierte. Sein Kopf fühlte sich wie unter Druck an und er hatte Mühe, seine eigenen Gedanken so klar wie immer in seinem Geist zu hören. „Üblicherweise ja.“ Talon war einmal auf einem Markt gewesen. Zu seinem 18. Geburtstag hatten ihn die drei Geschwister seiner Adoptivfamilie mitgenommen. Noé war zu Hause geblieben. Während Lexi und damals 15-Jährige Romeo den Spaß ihres Lebens gehabt hatten, war Talon dem ältesten Bruder nicht von der Seite gewichen. All die Menschen und Eindrücke hatten ihn wie jetzt bombardiert, bis Ryan ihn weggebracht hatte. Talon hatte sich nicht wie 18 gefühlt. Er hatte sich gefühlt wie eine Maus in einer vollen Stadt. Seitdem war er auf keinem Markt mehr gewesen. „Ich … mag sie nicht.“ Es fiel ihm schwer, seine Gefühle so in Worte zu fassen. Er spürte die Enge in seiner Brust, aber sie als Unruhe zu beschreiben war für ihn schwerer, nicht natürlich.
Die beiden wurden von einer geschminkten Frau lächelnd begrüßt. Selbst Talon kamen ihre Bewegungen etwas seltsam vor, was vermutlich daran lag, dass sie jetzt seine volle Aufmerksamkeit abbekam. Er hätte sich wie sein Mitbewohner Kopfhörer kaufen sollen. Die gute Aussicht war hierbei die Entspannung. Talon las das Schild. Drachenfeuer ließ etwas irritiert zurück. Aber mehrere Dinge wie Akkupunktur hatte er schon durch. Dennoch würden sie alles durchtesten und Fragebögen ausfüllen. Der Gedanke an Bögen, an eine Liste zum Durcharbeiten, beruhigte ihn. Talon mochte organisierte Menschen. „Verstanden.“ Der Blonde nickte und die Frau reichte ihnen die Fragebögen. Das Sirviente sich zurücknahm hieß in dem Fall wohl, dass der Forscher viel Drachenfeuer abbekommen würde. Hoffentlich würde er das unbeschadet überstehen können. Er nahm die Bögen und teilte sie zwischen sich und dem Golem auf. „Ich denke, wir sind bereit?“ Wenn Sirviente noch etwas einwerfen wollte, war das seine Chance. Dann führte die Frau sie weiter weg vom Eingang und auf eines der Gebäude zu. Sie deutete auf eine geschlossene Tür, die von dem Gang, in den sie gebracht wurden, wegführte. „Dort sind die Umkleiden. Handtücher liegen für euch ebenfalls bereit“, erklärte sie weiterhin mit dem breiten Lächeln im Gesicht.
Talon zeigte eine sehr außergewöhnliche Körpersprache im Vergleich zu den anderen Runenrittern, die Sirviente bisher kennen gelernt hatte. So wie der Golem selbst neigte der Forscher zu eher langsamen, gemächlichen Bewegungen, die zeigten, dass er entweder keinerlei Eile verspürte oder aber, dass er oft noch mitten in seinen gedanklichen Prozessen steckte. Welches von beidem es war konnte der Eismann aber nur schwerlich einschätzen. Ansonsten zeigte er sich geduckt, machte sich klein, wich Augenkontakt aus. Ein sehr merklicher Kontrast zu Aska, die immer aufrecht stand und sehr aktiv Augenkontakt suchte, oder Lasciel, der sich immer sehr natürlich gab und eher gelassen bewegte. So, wie es klang, fühlte er sich in Jahrmärkten wie diesem auch nicht besonders wohl, obwohl es so vielen Menschen hier gefiel. “Das kann ich gut nachvollziehen”, nickte Sirviente mit einem Lächeln. Er war an der Stelle tatsächlich eher auf Talons Seite. “Die Geräuschkulisse hier ist teils etwas besorgniserregend, und die Menge an Einzelpersonen wirkt arg hoch. Das macht es schwierig, einen Überblick zu behalten.” Als jemand, dessen Aufgabe es war, auf Kinder acht zu geben, war der Golem mehr als froh, dass die Märkte und Feste zu seiner Zeit noch anders ausgesehen hatte. Wie wollte man in einem solchen Chaos denn zuverlässig die Position einzelner Kinder nicht aus den Augen verlieren? Auch gegenüber der Frau, die sie in den Auftrag einweisen sollten, traten die beiden Magier recht ähnlich auf. Kühl, ruhig, mit wenigen Worten und einem Fokus auf die gut organisierte Arbeit. Talon stipulierte, dass sie bereit für ihre Arbeit waren, und wie selbstverständlich nickte Sir die Antwort ab. “Zweifelsfrei.” Es gab keinen Grund, die Aufgabe weiter zu verzögern, also konnten sie sich direkt an die erste Anweisung machen. Die Korrelation zwischen Umkleidekabine und Handtuch war schnell erschlossen: Es war Zeit für die beiden Ritter, sich einmal umzuziehen.
Es dauerte nicht lange, bis Sirviente aus der Kabine herausgetreten kam. Seine Uniform war ordentlich gefaltet, wie es sich gehörte, und um seine Hüfte, wie es sich seines Wissens nach für jeden Herren gehörte, war das Handtuch geschlungen, das bereitgestellt worden war. Das zweite, das vermutlich seinem Haar dienen sollte, hatte er sich unter den Arm geklemmt, auch wenn es heute wohl keinen großen Nutzen finden würde. Sein Eiszapfenhaar wollte selten abgetrocknet werden. Allerdings bekam man dank diesem doch sehr außergewöhnlichen Aufzug etwas mehr von Sirviente zu sehen, als es üblicherweise der Fall war, und man würde schnell bemerken: Die gleiche Detailtreue, mit der sein Gesicht und seine Finger gestaltet worden waren, fand sich nicht über die Gesamtheit seines Körpers hinweg. Dem Großteil seines Körpers, der normalerweise von seinen Uniformen verdeckt wurde, fehlte es erheblich an allen Arten von Detail und Gestaltung. Seine glatten Oberflächen waren frei von jeder Repräsentation von Muskulatur, und auch sein Brustkorb war flach und zeigte keinerlei Erhebungen oder Einkerbungen. Seine Arme und Beine waren ähnlich simpel gestaltet, und selbst die Zehen an seinen Füßen waren nicht so menschentreu geformt wie die Finger an seinen Händen. Stattdessen waren sie kurz und rudimentär, gerade soweit ausgeprägt, dass er sicher stehen und das Gleichgewicht ohne Schwierigkeiten halten konnte. Allgemein wirkte das leicht durchsichtige Design des Eismannes größtenteils… steril. “Damit dürften die Vorbereitungen abgeschlossen sein”, lächelte er, als auch Talon wieder zu ihm stieß. “Wo sollen wir beginnen?” “Ah, sehr gut. Wir fangen an mit den von Mitarbeitern durchgeführten Prozessen - Massagen, Akupunktur, Akkupressur und so weiter. Bitte stellt sicher, nach jeder einzelnen Station die Formulare ordentlich auszufüllen”, erklärte die Mitarbeiterin und führte die beiden weiter in den nächsten Bereich. “Wenn ihr damit fertig seid, kommen die Entspannungs- und Gesundheitsanlagen und zuletzt die Selbstbeschäftigung. Das klingt doch wundervoll, nicht wahr?”
Es sollte vermutlich seltsam auf ihn wirken, dass er sich mit dem Golem mehr verbunden fühlte, wie mit anderen Menschen. Aber obwohl Talon durchaus normal fühlte und auf Situationen reagierte, so sah er sich selbst nicht wirklich als jemand mit starken Gefühlen an. Er wusste, dass er seine Mutter liebte – und Noé. Aber es auszusprechen war ein ganz anderes Thema. Sich viel mit ihnen zu beschäftigen ebenfalls. Entsprechend nickte er zustimmend. „Es ist schwer zu wissen, auf was man sich fokussieren soll. Was und wer wichtig ist“, fügte er hinzu, das Thema etwa, mit dem er vertraut genug war, um darüber ohne sein üblich langes Zögern zu sprechen. Im Gegensatz zu Sirviente musste Talon zwar nicht auf Kinder aufpassen und an sich war Chaos auch ertragbar – wenn er wusste, was für ihn wichtig war und er den Rest einfach ignorieren konnte. Talon war froh, wenig später von der Frau empfangen zu werden und dann auch schon die Zettel in die Hand gedrückt zu bekommen. Beide Magier verkündeten ihre Bereitschaft, während Talon die Blätter überflog. Die mit einer Erwähnung von Drachenfeuer sortierte er nach hinten, um die Zettel dann etwa mittig zu teilen und Sirviente die Hälfte zu geben. Dann führte die Frau sie zu den Umkleiden und ließ die beiden dort zurück, um sich umzuziehen.
Talon stellte seine Tasche auf der Bank ab, um sich umzuziehen. Seine einzige Badehose war ein ähnliches Türkisblau wie Noés neues Halsband. Talon mochte die Farbe. Er wickelte sich das größere Handtuch um die Hüften, stopfte seine Kleidung in die Tasche, und legte sich das zweite in den Nacken. So trat er hervor und traf wieder auf Sirviente. Der Forscher blieb stehen, den Kopf schräg gelegt. Während Sirvientes Gesicht fast schon menschlich wirkte, war sein restlicher Körper deutlich weniger genauer. Aber er schien ebenfalls zu funktionieren … so weit wie nötig zumindest. Ob der Golem wohl Organe besaß? Brauchte? Ob er sich im Wasser wie Eis verhalten würde? Bevor Talon dazu kam, diese Fragen zu stellen, sprachen bereits die anderen beiden und er schluckte die Worte hinunter. Stattdessen klärte er kurz die Frage, wo er den Rucksack abstellen konnte, und tat dann wie geheißen. „Ich denke, wir können starten?“ Ein fragender Blick zu dem Golem, dann führte die Frau sie zu einer weiteren Tür und hielt sie für die beiden Magier auf. „Viel Vergnügen. Bei Fragen meldet euch bei den Mitarbeitern.“ Sie lächelte ihnen zu und wandte sich dann ab, sobald die zwei durch die Tür waren und dem Gang zur ersten Station folgen konnten. Massage. Das war tatsächlich der Teil, auf den Talon sich freute. Viel Körperkontakt kam ihm zwar noch immer seltsam vor, aber er kam im Massage-Kontext damit relativ gut zurecht. Und er fühlte sich danach immer besser. Entsprechend zögerte er nicht, sich wie angewiesen auf die Liege zu legen und das Gesicht in das dafür vorgesehene Loch zu halten, um weiterhin Luft zu bekommen. Der junge Mann erklärte kurz, was er tun würde, wohl auch für Sirviente gleich mit, der die Liege neben Talon bekam. Dann hörte er, wie der Mann die Hände aneinander rieb, um sie leicht zu wärmen, ehe er das Öl auf Talons Schultern und Rücken verwendete, um ihm vorsichtig aber mit geübten Bewegungen die Verspannungen aus den Muskeln zu massieren. Und Talon sammelte durch sein vieles Sitzen einiges davon.
“Richtig, richtig.” Mit einem Nicken hatte Sirviente sein Verständnis für die Aussage Talons ausgedrückt. Die wilde, chaotische und laute Natur eines Ortes wie diesem hier machte es schwer, zu unterscheiden, wohin man seinen Fokus legen sollte. Was wichtig war und was nicht, wie der Blondschopf es ausdrückte. Es war erfrischend, wie einig sich die beiden in dieser Ansicht waren, wurden Sirvientes Interpretationen vieler Gegebenheiten doch oft nicht mit den Menschen in seiner Umgebung geteilt. Auf mentaler Ebene ähnelten sich die beiden wohl ein Stück weit. Nur auf physiologischer Ebene waren ihre Unterschiede mehr als offensichtlich, besonders, als sie beide einander nur im Handtuch gegenüber standen. Anders als Talon trat der Eismann mit eher neutralen Erwartungen an die Liege heran, auf der er massiert werden würde. Kurz blickte er hinüber zu seinem Begleiter und kopierte dessen Handlung, legte sich auf die gleiche Weise auf seine Liege. Er war es nicht gewohnt, derjenige zu sein, der bedient wurde, und eine Massage hatte er noch nie erhalten, konnte sich auch nur begrenzt vorstellen, wie sie sich anfühlen und was sie dem Körper bringen sollte. Allgemein hieß es, es sei ein guter Weg zu entspannen, aber entspannt fühlte sich Sirviente eigentlich fast immer. Dazu kam, dass er ja kein großer Freund von Körperwärme war und auch der Raum hier ziemlich warm gehalten wurde… Mal sehen, wie das werden würde. Ein wenig Zeit, sich in einen Ruhezustand zu versetzen, blieb Sir ja, da sich der Masseur zuerst um Talon kümmerte.
Als es soweit war, den Golem zu massieren, stand der erfahrene Masseur etwas irritiert über ihm. Die ganze Zeit hatte er schon überlegt, wie er an dieses seltsam anmutende, blaue Wesen herangehen sollte. Jetzt, wo es soweit sah, betrachtete er die fragil wirkende, leicht durchsichtige Oberfläche, die wie Glas oder Eis aussah. Das hier war nicht wirklich die Art Kunde, die er gewohnt war, aber trotz aller Unsicherheit hatte er wohl keine Wahl. Achtsam legten sich seine Hände auf die kalte, glatte Haut… Ja, das war definitiv Eis. So vorsichtig begann er seine Massagen normalerweise nicht, aber er wollte sicher gehen, dass er hier nichts kaputt machte. Diese Sorge stellte sich aber als unbegründet heraus; das Eis unter seinen Fingern war massiv und gab selbst unter größerem Druck nicht im Geringsten nach. Das Problem war nicht, dass Sirvientes Körper zu fragil war, im Gegenteil; er war zu hart! Es gab keine Haut zu kneten und es gab keine Muskeln, in die man hinein drücken konnte. Es gab nichts zu lockern und es gab nichts, das sich mit den massierenden Händen bewegte. Für ihn als Masseur war es vermutlich die seltsamste Massage, die er je jemandem gegeben hatte. Für den Golem selbst war die Erfahrung ein wenig entspannter. Im Prinzip lag er nur da. Er spürte die Hände auf seinem glatten Körper, aber seinem Gefühl nach rutschten diese nur ein wenig hin und her. Sie übten Druck aus, sicher, aber es machte nichts mit ihm. Nicht, dass das ein großes Problem wäre. Er war es gewohnt, Zeit still und reglos zu verbringen, und daran änderte sich gerade nicht viel. Nur hätte es dafür eben keinen so warmen Raum, kein Handtuch und erst Recht keinen Körperkontakt gebraucht.
“Es macht auf mich keinen sonderlich wirkungsvollen Eindruck”, sprach Sirviente vor sich hin, während er - endlich wieder in stehender Position - das zugehörige Dokument ausfüllte. “Der Entspannungsfaktor erhält von mir lediglich eine Drei von Fünf.” Und das war vermutlich der Punkt, der noch am Besten abschnitt. Den perfekten Start hatte dieses Spa damit zumindest aus Sicht des eisigen Ritters nicht hingelegt. Natürlich konnte er nicht ausschließen, dass diese Behandlung bei Menschen besser wirkte als bei ihm selbst, doch sie wirkte so simpel und ineffektiv, dass es schwer war, daran zu glauben. Sicherlich würde aber die nächste Attraktion überzeugen. “Schauen wir mal, was wir da haben…”, murmelte er vor sich hin, während er das ausgefüllte Blatt nach hinten verschob. Sein Lächeln hellte sich auf. “Ah, wie es aussieht, ist der nächste Punkt Akupunktur. Ich bin zweifellos gespannt.”
Talon und Sirviente kamen bisher, trotz des anfänglichen Starren des Forschers relativ gut miteinander zurecht. Vor allem aber die Aussicht auf Massage hob die Stimmung des Blonden an. Er mochte das, sein Rücken war oft genug verspannt trotz täglicher, langer Spaziergänge mit Noé, um dem Hund seine Bewegung zu gönnen. Das tat auch Talon gut. Zu Beginn war er skeptisch gewesen, aber es erfrischte in der Tat nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Geist. Das Grün der Wälder und Wiesen und die Stille, wenn sie früh Morgens aufbrachen, manchmal noch bevor die Sonne aufging. Jetzt traten beide in den warmen Raum ein, in dem die erste Station auf sie warten würde. Talon trat bereitwillig auf die Liege zu, um sich darauf zu liegen. Dank der Temperatur, die Sirviente nicht so angenehm fand wie Talon, stellte sich ihm keine Gänsehaut auf. Stattdessen legte er das Gesicht ab, während der Golem auf der Liege daneben seinem Beispiel folgt. Dann trat der Masseur zu ihm und begann, nachdem er seine Hände gewärmt hatte, damit Öl auf seinem Rücken zu verteilen. Talon schloss die Augen, um die nächsten Minuten in Stille zu genießen. Seine Gedanken schweiften trotz der Entspannung, die nun seinen Körper überkam, immer wieder zu Sirviente. Dazu, wie so ein Gebilde mit einer eigenen Persönlichkeit möglich war … Oder war selbst diese einprogrammiert? Oder von einem echten Wesen eingesetzt? Talon konnte sich zwar nicht erklären, wie das möglich sein sollte, aber er wollte nichts ausschließen. Ob der Golem selbst wusste, wie es dazu gekommen wäre. Talon Gedanken drehten sich weiter, bis der Massage zu Ende war und Sirviente an die Reihe kam. Ein paar Minuten blieb der Forscher noch liegen, seine Muskeln entspannt.
Derweil hatte der Masseur seine eigene Krise … denn wie massierte man ein Stück Eis. Als Talon sich schließlich aufsetzte, sah er dem Mann bei der Arbeit zu. „Ist diese Figur in der Lage zu spüren?“, fragte er schließlich und unterbrach damit vielleicht die Ruhe und Entspannung des anderen. Doch seine Neugierde trieb ihn an, war sogar stark genug, um an seiner Angst vor anderen Menschen und Wesen vorbeizukommen. „Es scheint echtes Eis zu sein …“ Halb zu sich gemurmelt. Wenig später war dann Sirviente ebenfalls fertig und die beiden füllten ihren Zettel aus. Talon gab der Massage Fünf von Fünf Punkten, immerhin war sie bei ihm viel effektiver gewesen. Das nächste ließ ihn aber das Gesicht verziehen. Akupunktur. Talon mochte es deutlich weniger, kleine Nadeln in sich stecken zu haben. Zur Sicherheit hatte seine Psychologin ihm lange davon abgeraten, bis er es einmal versucht hatte. Es war an sich gut gelaufen, aber er bevorzugte das Gefühl von einem langsamen Lauf im Wald deutlich mehr. Wie das bei Sirviente ablaufen würde … darauf war er aber gespannt, als sie den Raum wechselten. „Ich mache das gerne als Zweites“, bot er an im Versuch, das Ganze noch etwas hinauszuzögern.
Der arme Masseur hatte nicht nur mit Sirviente zu kämpfen – ein Kampf, den er nicht gewinnen konnte, egal wie gut er in seinem Job war –, sondern musste sich auch mit einer Frage von Talon auseinander setzen. In seinem Blick lag ein klares 'Woher soll ich das wissen?', als er hinüber sah zu dem jungen Forscher, aber zum Glück musste er nicht antworten. „Allerdings“, klinkte sich Sir ein, dessen Stimme nicht mehr oder weniger entspannt klang als sonst. Die Massage schien bei ihm wirklich keinen Unterschied zu machen. „Ich besitze einen rudimentären Tastsinn. Er ist nicht ganz so ausgeprägt wie der eines Menschen, meines Verständnisses nach, doch er ist für einige meiner Aufgaben essenziell und in entsprechendem Maße vorhanden.“ Wie so oft sprach Sirviente gern und bereitwillig über sich, über seinen Körper, über Golems und Golemkin. Über die Hintergründe der Frage und woher das Interesse Talons kam oder darüber, wie er Sirviente sah auf der Skala zwischen Lebewesen und Gegenstand, machte sich der Eismann keine Gedanken. Die Idee kam nicht auf. „Das Eis ist echt, ja“, bestätigte er stattdessen in aller Ruhe. „Es handelt sich dabei um das sogenannte ewige Eis aus Iceberg.“
Die beiden Magier bewerteten die Massage recht unterschiedlich, doch es war wohl sinnvoll, unterschiedliche Perspektiven kennen zu lernen. Ob es sinnvoll war, das eine davon Sirviente gehörte... Darüber konnte man wohl streiten. Er nahm Dinge nicht wahr wie Menschen, aber dieser Park hatte ja auch nicht nur Menschen unter seinen Gästen. Ob Akupunktur besser funktionierte? Das würden die beiden ja gleich sehen. „Dann gilt der Vortritt wohl mir“, lächelte Sirviente, während man dem Masseur im Hintergrund seine Frustration deutlich ansah. Er war natürlich nicht der einzige Masseur, der in diesem Spa arbeiten würde... und genauso war massieren nicht das einzige, was er tat. Für die beiden heute war er der Begleiter für alle körperlichen Angebote, wo eine Person anpacken musste. Einige Sachen konnten die beiden Magier alleine machen und dann gab es den ganzen Schönheits-Kram, um den sich eine Dame kümmern würde, aber die Akupunktur, unter anderem, fiel in sein Aufgabengebiet. Und irgendwie hatte er da ein ganz unwohles Gefühl bei...
Tink. Tink. Tink.
Es brachte rein gar nichts. Jedes mal, wenn er eine Nadel in den Körper des Golems stecken wollte, kam nur dieses leise, eisige Klirren. Sie dranf nicht in die Oberfläche ein, fiel einfach um in dem Moment, in der er sie losließ. Selbst mit ein wenig Kraft dahinter konnte das ewige Eis Sirvientes mit so einer kleinen Nadel nicht durchstochen werden. Und was, wenn es doch klappte? Das hier war nicht flexible Haut, die keine Probleme damit hatte, wenn man hinein pikste. Was, wenn das Eis brach oder rissig wurde? Ging das überhaupt? Wenn nicht... wie sollte das hier dann funktionieren? „Zwei von fünf“, war schlussendlich das Fazit des Golems, während er seine Einschätzungen notierte. Es hatte vielversprechend geklungen, aber tatsächlich hatte er von der Akupunktur noch weniger gefühlt als von der ursprünglichen Massage. „Hm... das nächste sind Drachenglut-Steine... eine Behandlung, bei der der eigene Körper mit glühenden Steinen belegt wird“, stellte der Eismann fest, während sein Kollege mit lauter Nadeln gepikst wurde. „Ich glaube, da setze ich eine Runde aus. Sicherlich hast du als Mensch davon eher zu profitieren, Talon.“ Erleichtert atmete der Masseur auf. Das mit den Steinen war das letzte, was er für die beiden machen musste, und da nahm Sir nicht dran teil. Das hieß also, er war endlich fertig mit diesem Eisklumpen...
Talon saß auf der Liege, die Füße herabbaumelnd und sein Körper angenehm entspannt und warm. Für den Moment hätte er absolut kein Problem, noch länger so zu verbleiben. Zumindest Sirvientes Massagezeit hatte er noch übrig, und in dieser konnte er dem Masseur zusehen, der sich mit der harten Haut … Oberfläche plagte. Talon hatte Knetgummi in seinem Labor, aber der Eisgolem schien deutlich widerstandsfähiger zu sein als das. Ob man ihn wie eine Steinskulptur gebaut hatte? Talon hatte viele Fragen, aber es dauerte, bis er nach weiterem Überlegen die erste stellte. Wenig überraschend konnte der Masseur ihm nichts sagen, aber dem galt die Aufmerksamkeit des Forschers auch nicht. Sirviente schien aber bereit, ihm Auskunft zu geben, weshalb Talon sich ganz auf diesen konzentrierte. Er hatte nichts dabei, um sich Notizen zu machen. Das hieß, er musste sich ganz auf sein Gedächtnis verlassen. Talon selbst hatte zwar eine normale Wahrnehmung wie jeder andere Mensch auch, aber er verstand es, sich dennoch seltsam zu fühlen. Er hatte auch eine schwere Zeit gehabt, sich an das Gefühl von Wind oder Sonne auf seiner Haut zu gewöhnen. Regen hatte er durch das Duschen gekannt, aber andere Empfindungen waren neu für ihn gewesen, schwer, in Worte zu fassen. Aber nicht nur dass, der Golem erwähnte noch ein anderes Wort. Aufgaben. „Welche Aufgaben?“ fragte er nach. Nachdem Sirviente ihm bisher schon geantwortet hatte, wollte er das Gespräch nicht versiegen lassen. „Spüren sie auch andere körperliche Empfindungen wie Erschöpfung? Oder können Sie Ihren Aufgaben ohne Pause nachkommen?“ Wenn Talon so eine Figur machen würde, würde er ausnutzen was möglich war, aber vielleicht lief sein System manchmal heiß und er braucht Ruhe? So viele Möglichkeiten, und er hatte ein echtes Exemplar vor sich. Bewusst hatte der Blonde sich vorgelehnt und die Ellbogen auf den Oberschenkeln abgestützt. Er kannte Iceberg, auch wenn er natürlich noch nie dort gewesen war. Aber der Begriff ewiges Eis machte auf jeden Fall Sinn. Ob es sich explizit für Figuren eignete?
Schließlich war Sirviente fertig und sie hatten die Bewertungen abgegeben. Talon bot Sirviente den Vortritt an und war froh, als dieser ihn annahm. Interessiert sah er zu, wie die Nadel an dem Golem abprallte und beneidete ihn darum. Der Blonde wollte sie wirklich nicht in den Körper bekommen. Aber das nützte nichts … denn bald war er an der Reihe und musste die Sache über sich ergehen lassen. Der Mann machte sie etwas gröber als notwendig, vermutlich wegen seinem Frust mit Sirviente, sodass Talon sich Sirvientes Bewertung anschloss, sobald er endlich erlöst war. Ob die Sache mit den Steinen aber besser wäre? Talon folgte den Anweisungen und beobachtete besorgt über seine Schulter hinweg, wie sich die Steine näherten. Sie verbrannten seine Haut nicht, zum Glück und nach ein paar Minuten gewöhnte sich sein Körper an die Hitze. Sie war tatsächlich … nicht unangenehm. Empfehlen tat er es seinem frostigen Kollegen dennoch nicht. Die Steine lenkten ihn zudem von der vorherigen Piekserei ab, sodass, als die Sache erledigt war, Talon ihr 4 von 5 Sternen ab und der Masseur sie beide aus dem Raum führte mit Anweisungen zum nächsten Ort. Die Sauna. Talon folgte dem Gang und hielt vor ihrem nächsten Ziel an. Ob Sirviente wieder aussetzen würde?
Es war angenehm, ein wenig zu plaudern, solange Sirviente ohnehin nichts Ordentliches tun konnte, mehr oder minder gefangen in der Massage. Es gab ihm ein Stück weit ein Gefühl der Teamzusammengehörigkeit mit Talon, dem anderen Ritter an seiner Seite, und vertrieb jeden möglichen Anflug der Langeweile, der aufkommen könnte, während sich der Masseur an seinem Eis die Zähne ausbiss. „Die primäre Aufgabe, für die ich geschaffen wurde, war das Aufziehen eines Kindes, sowie dessen spätere Begleitung im Leben und allgemeine Dienerschaft gegenüber der Familie. Der Großteil der daran hängenden Prozesse erfordert ausgeprägte, nicht rudimentäre Sinne. Im Besonderen muss ich sehen und hören können, wie es auch ein Mensch kann. Ein Geruchs- oder Geschmackssinn dagegen war für mich kaum notwendig und ist daher kaum bis gar nicht vorhanden. Mein Tastsinn soll dem eines Menschen ebenfalls unterlegen sein, auch wenn es an der Stelle schwierig ist, einen effektiven Vergleich zu ziehen.“ Zugegeben, das sah der Masseur eventuell anders, der ziemlich direkt merkte, wie wenig all seine Mühe bei dem Golemkin brachte. Er hütete sich aber, diesen Zustand zu kommentieren. „Die meisten körperlichen Empfindungen der Menschen sind eher hinderlicher Natur und wurden für mich nicht als relevant genug betrachtet, um sie mit aufzunehmen. Hunger ist ein gutes Beispiel“, fuhr Sir also fort, um auf Talons nächste Frage einzugehen. „Ich bin nicht in der Lage, wie ein Mensch zu schlafen, und ja, solange es lediglich um die Erfüllung meiner regulären Aufgaben geht, kann ich dies nahezu endlos vollführen. Wobei ich unter gewissen Umständen einen Punkt erreichen kann, der einer Erschöpfung ähneln sollte. Da mein Körper magisch betrieben ist, ist es problematisch, wenn ich mehr Energie verbrauche, als durch das Ethernano in der umgebenen Luft wieder aufgenommen werden kann. Mein Energieverbrauch ist aber recht effizient, sodass das nur in Ausnahmefällen geschieht.“ Der Golem, der keinerlei Eile kannte, rannte ja auch nie. Er trainierte nicht körperlich, stemmte keine Gewichte, schleppte nichts herum. Es war kein Wunder, dass ihm die Energie nie ausging, wenn er nicht gerade seine magischen Fähigkeiten überstrapazierte. „Ob meine Wahrnehmung bei niedriger Energie sich mit dem menschlichen Gefühl der Erschöpfung vergleichen lässt, vermag ich leider nicht zu bestimmen, da ich nur einen der beiden zustände tatsächlich erleben kann. Perdóname.“
Massage, Akupunktur, heiße Steine, selbst die Sauna... All das ging an dem Ritter aus Eis ziemlic verloren. Die ersten beiden bekam er kaum mit. Die nächsten beiden setzte er aus. „Ich fürchte, auch bei der Sauna muss ich aussetzen, ja“, nickte er mit einem üblichen, warmen Lächeln. „Ich fühle mich nicht wohl in derartiger Hitze. Insofern ist das Ergebnis bereits zu erschließen.“ Eine 0 von 5 für Sirviente. Lebensbedrohlich war es für ihn nicht, aber es würde sich zumindest so anfühlen... und Angst war alles Andere als entspannend. Insofern war es nicht das, was seinem Körper guttun würde. Es gab aber noch ein danach. „Die Hitze der Sauna öffnet die Poren und weitet die Blutgefäße“, erklärte eine höflich lächelnde Dame, die die beiden Magier vom Sauna-Raum aus zu einer großen Halle mit mehreren Wasserbecken führte. „Das ist nicht nur für sich allein ein entspannender und gesundender Effekt. Es eröffnet den Körper auch für weitere Entwicklung. Deswegen... wechseln wir von der Sauna in das Eisbecken.“ An die Seite tretend deutete sie auf ein Becken, dessen Kälte nicht nur spürbar, sondern basierend auf dem darüber streifenden Nebeldampf auch klar zu sehen war. „Ah, das erscheint mir sinnvoll und hilfreich“, nickte Sirviente sichtlich erfreut und trat ohne zu zögern ein in das Becken, um sich darin niederzulassen. Es fühlte sich wirklich an, als würde er in einem Fass voller Eiswürfel hocken. „Wundervoll entspannend“, seufzte er dankbar. „Ich kann es nur empfehlen, Herr Talon.“
Talon lauschte den Erzählungen voller Interesse, darauf konzentriert, sich so viele Details wie möglich zu merken, um sie sich nach der Quest zu notieren. Vielleicht konnte er den Golem aber auch an einem anderen Tag wieder aufspüren, sofern dieser ihm das gestattete? Irgendwann, wenn er sich seine Gedanken über das gemacht hatte, was ihm gerade erzählt wurde. Es klang wahrlich … magisch. Aber darin lag der Reiz. Etwas wie Sirviente zu erklären. Zu begreifen, wie es, wie er, funktionierte. „Gab es andere wie Sie?“, fragte er nach und seine Neugierde gewann immer mehr über seine Angst, zu viel zu sagen. Zu persönliche Fragen zu stellen. „Vielleicht andere, die auch andere Aufgaben hatten?“ Ob er überhaupt mit ihnen interagiert haben konnte, wenn es nicht in sein Programm aufgenommen worden war? Ob er sich an Dinge erinnerte, die für ihn nicht wichtig gewesen waren. Und wo lagen seine Erinnerungen überhaupt? Fragen über Fragen aber Talon bezweifelte, dass der Golem zustimmen würde, von ihm in Stücke zerlegt zu werden, um das ganze genauer zu analysieren. Er brauchte etwas … etwas um in ihn zu sehen, ohne ihn dabei zu zerstören. Das so ein Gedankengang allgemein sehr nicht Rune Knight mäßig war, kam ihm in diesem Moment gar nicht in den Sinn. Stattdessen hörte er mit schiefgelegtem Kopf weiterhin zu, als Sirviente seine Sinne beschrieb. Kein Geruch. Kein Geschmack. Kein Tasten. Dem wäre er gerne nachgegangen, aber angesichts dessen, wie ruhig der Golem lag und wie sehr sich der Masseur plagte, schien der andere nicht viel davon zu spüren. Oder zumindest bewegte sich nichts auf seinem Körper. Sirviente fuhr fort und Talons Augen weiteten sich leicht. Er sah weniger den Nachteil darin, nie zu schlafen, sondern vielmehr, was für Möglichkeiten es bot. Er selbst schlief nicht gerne, arbeitete oft zu lange und schlief dann am Tisch ein, wenn sein Körper aufgab, wenn nicht Noé oder sein Mitbewohner nach ihm sahen. Letzterer tat es aber nicht allzu oft und der Hund schlief an irgendeinem Punkt meist neben ihm ein und bekam es dann nicht mit. Leider funktionierte Talons Körper nicht nur mit Ethernano, sondern mit Nahrung, Schlaf und Bewegung. „Das ist alles, was Sie benötigen, um zu funktionieren?“, hakte er dennoch nach, um sicherzugehen, richtig verstanden zu haben.
Ihr Gespräch wurde von den Nadeln in Talons Körper und dann den heißen Steinen unterbrochen. Sirviente setzte aus, aber der Forscher gab letzterer Behandlung eine gute Bewertung, auch wenn die Idee ihm davor Angst eingejagt hatte, mit Brandblasen den Raum zu verlassen. Dann ging es weiter zur Sauna und auch hier würde Talon alleine den Test machen. Das war in Ordnung, er brauchte keine Begleitung, um sich wohl zu fühlen. Bevor er allerdings eintrat, glitt sein Blick zurück zu der Eisgestalt. „Das bedeutet, Sie können Temperatur fühlen? Fügt es Ihnen Schmerzen zu, wenn es zu heiß wird?“ Vielleicht überschritt er langsam eine Grenzen, aber Sirviente gab ihm bislang auch keine Zeichen, dass er es sein lassen sollte. Die hierfür zuständige Frau erklärte den Sinn der Sauna und Talon wandte sich schließlich ihr zu. Er verzog leicht die Lippen, sagte aber nichts dazu, während sein Begleiter sich erfreut zeigte. Talon wechselte also in die Sauna, in die heiße Luft, während der andere sich in das Becken gleiten ließ. Der Blonde schwitzte nun drinnen, den Kopf in den Nacken gelehnt. Er war nicht oft in Saunas, aber er nützte die Zeit, um durch alles, was Sirviente ihm erzählt hatte, durchzugehen, es sich ins Gedächtnis zu rufen, so gut es ging. Als die Zeit um war und er die Sauna verließ, ließ er das Handtuch neben dem Becken zu Boden fallen. Sein Körper dampfte und er stieß die Luft in einem Seufzen aus, als die Kälte sich um seine Haut legte, sowie er im Wasser untertauchte. Nicht lange würde er darin bleiben können, aber für den Moment war es eine wahre Wohltat, frische, klare Luft zu atmen. Sein Kopf kühlte ab und seine Gedanken wurden wieder klarer, je länger er im Wasser blieb.
Die Frau kehrte wenig später zurück und bat sie, das Wasser wieder zu verlassen. Talon griff sich das Handtuch und beobachtete Sirviente. Ob das Wasser an ihm anfror oder musste er sich auch abtrocknen. Gab es überhaupt noch Möglichkeiten, an seiner Form zu basteln? Seine Gedanken wurden wieder von der Frau unterbrochen, die ihm die Zettel unter die Nase hielt. Talon gab der Sauna vier und dem Wasser fünf Sterne, bevor er die Zettel an den Golem weiterreichte.
„Unzählige“, nickte Sirviente unbeirrt lächelnd, als Talon fragte, ob es noch weitere Golems seiner Art gab. Der Estrées konnte wohl kaum ahnen, wie häufig Kreaturen wie Sirviente einst gewesen waren, zumindest die Variante ohne Gedanken und emotionen. Dass ein Golem eine Seele entwickelte, war natürlich höchst selten. Und hier in Fiore, das war Sir bewusst, hatte es auch nie viele Eisgolems gegeben. Aber das hieß nicht, dass er Alles in Allem eine Seltenheit war. „Ich bin ein in Massen produziertes Modell, müsst Ihr verstehen. In Iceland war es einst alltäglich, in jeder größeren Ortschaft ein Modell meiner Art zu sehen, wenngleich jedes einzelne gewisse optische Anpassungen hat. Wobei ich nicht weiß, wie viele meiner Art zur heutigen Zeit noch übrig sind.“ Das Eis galt als ewig und nicht schmelzend, sodass die meisten von ihnen noch in gutem Zustand sein sollten, zumindest in der Theorie. Sirviente war ja auch praktisch unverändert. Wissen konnte er das aber natürlich nicht, hatte Iceland schließlich in den letzten zweihundert Jahren nicht gesehen. „Die Aufgaben werden allerdings individuell zugeteilt. Ich bin sicher, dass viele Varianten meines Modells der Hausarbeit dienlich waren, aber spezifisch der Kindererziehung zugeteilt zu werden ist, nehme ich an, ein eher seltener Fall. Insofern unterscheide ich mich wohl von den Anderen.“ Seine Redseligkeit war einer von vielen Aspekten, in denen sich Sirviente massiv von Talon unterschied. Die beiden waren wirklich wie Tag und Nacht. Gleiches, wenn es um Geselligkeit ging. Sirviente mochte es, Zeit mit Menschen zu verbringen, auch wenn er sich noch immer schwer damit tat, sich als einer von ihnen zu erleben. Und auch, wenn er es gewohnt war, lange Zeit allein und stumm an einer Stelle zu stehen, empfand er es inzwischen als anstrengend. Es war nicht mehr das Gleiche, nun, da er Einsamkeit empfinden konnte. Gerne würde er schlafen, um die Zeit alleine zu minimieren. Talon war das Gegenteil. Er wollte wach bleiben, um alleine zu sein. Das ging mit einem menschlichen Körper nicht gut, mit dem eines Golems allerdings wundervoll. „Das ist Alles“, nickte Sirviente abschließend. Mehr als magische Energie war für seinen Körper nicht notwendig.
„Ich kann unterschiede in der Temperatur ausmachen, ja“, bestätigte Sir die Rückfrage seines Partners, als dieser noch damit zögerte, in die Sauna einzutreten. Sir war wohl nicht der Einzige, dem bei dem Gedanken nicht ganz wohl war. Ansonsten wäre der Estrées sicher längst hinein gestürmt. „Schmerzen fügt es mir allerdings keine zu, nein. Unterschiedliche Temperaturen sorgen bei mir nicht für eine körperliche Reaktion, und Wärme war mir nicht immer unangenehm. Das ist eine neuere Empfindung, die sich erst nach dem Entstehen meiner Seele eingenistet hat.“ Erklären konnte er es nicht. Eventuell kam das mit dem Gedanken, dass er jetzt am Leben sein sollte, und dem weiteren Gedanken, dass er eher nicht wollte, dass das endete. Lebewesen wollten nicht sterben. Diese natürliche Grundregel galt jetzt selbst für Sirviente, der eigentlich nie am Leben gewesen war. Schließlich war er nicht mehr als kaltes Eis. Apropos Kälte... Sirviente hätte ja den ganzen Tag in diesem Eisbecken verbringen können. Er fand es ganz wundervoll darin! Das waren leicht verdiente fünf Sterne. Die Mitarbeiterin forderte die beiden Herren aber früher oder später dazu auf, wieder aus dem Becken herauszukommen. „Zu schade“, stellte der Ritter fest, während er sich erhob. „Ich hätte sehr gerne weitere Zeit hier verbracht. Dieses Eisbad wirkt wie eine nie enden wollende Freude.“ „Ich kann mir gut vorstellen, dass es Ihnen zusagt“, schmunzelte die junge Dame amüsiert, während sie beiden Besuchern ein neues Handtuch reichte. Das von Talon war vorgewärmt. Das von Sirviente rücksichtsvollerweise nicht. „Aber keine dieser Behandlungen ist dafür gedacht, dauerhaft am Stück angewandt zu werden. Der Körper hat mehr Vorteile davon, Wellness in Maßen zu erleben, und dafür in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Außerdem würde es Menschen und einigen anderen Völkern sehr schlecht gehen, wenn sie sich zu lange solcher Kälte aussetzen.“ Ah, da waren sie wieder, die Unterschiede. Verständnisvoll nickte Sirviente. „Die Nachteile des menschlichen Körpers sind wahrlich ein Unglück“, stellte er fest und legte Talon mitfühlend eine Hand auf die Schulter. Er konnte sich kaum vorstellen, welche Pein es sein musste, ein so wundervolles Erlebnis wie das Eisbad nicht endlos lange ausführen zu können. „Was haben wir denn als Nächstes vor uns?“
Zum Glück für Talons Neugierde ging der Golem weiter auf die Fragen des Forschers ein, die nach und nach von seinem Lippen purzelten. Alles in dem Geschöpf war faszinierend und wenn es mehr als nur Sirviente gab … Wenn er einen bekommen konnte … Doch wie es schien, gab es heutzutage weniger von seiner Art. Ein Jammer. Vielleicht gab es dort, wo der Golem herkam, mittlerweile aber verbesserte, moderne Versionen seiner selbst? Iceland. Talon schrieb sich das Wort hinter die Ohren und hörte aufmerksam zu. Sehr zu seiner Freude erfuhr er auch, dass sie die Aufgaben unterschieden. Dass hieß, es gab mehrere Versionen, mehrere Programmierungen, die entwickelt worden waren. Und das hieß, dass viel, viel mehr möglich war, als man auf den ersten Blick denken würde. Der Blonde stellte weitere Fragen nach der Wahrnehmung des Golems und auch wenn dieser von vielen Eigenschaften sprach, die der Forscher selbst gerne gehabt hätte, wegen denen er ohne zu zögern mit Sirviente den Körper tauschen würde, so war er nicht sicher, ob er Teile seiner Sinne ebenfalls verlieren wollte. Dass ihm diese mittlerweile wichtig genug waren, um ihn zum Stocken zu bringen, war vermutlich ein Erfolg.
Ihr Gespräch wurde dank der Sauna unterbrochen, die Talon alleine besuchte. Schweiß rann ihm den Rücken hinab und er wickelte die Haare zu einem losen Knoten hoch, sodass sie ihm nicht in den Nacken hingen und ebenfalls voller Schweiß wurden. Er würde sie zwar später waschen, aber dennoch. Das Gefühl sie am Rücken kleben zu haben, wäre unangenehm. Wie es ganz ohne Haare wäre? Fragen über Fragen und keine leichten Antworten. Als der Forscher schließlich wieder bei seinem Kollegen landete und in das eisige Wasser stieg, hörte er dem anderen weiter zu, was dieser über seine Empfindungen erzählte. Über Wärme und Kälte. Die Stirn gerunzelt genoss er die Kühle, durch langsam die Hitze von seinem Körper vertrieb und ihm das Atmen einfacherer machte. Zum Glück war das Becken auch nicht zu tief, sodass er angenehm darin am Rand sitzen konnte. Und in der Mitte vermutlich stehen, auch wenn er das nicht austestete. Den Boden unter den Füßen zu verlieren war etwas, dass Talon hasste. „Wurde die Seele in Sie eingepflanzt?“, fragte er. Seele. Bewusstsein. Wie es auch immer genannt werden wollte. Gefühle? Manchmal war Talon sich nicht sicher, ob seine Seele ganz war. „Haben Sie auch erst seit diesem Ereignis Gefühle und eigenständige Gedanken, die von ihrem Zweck abweichen, oder gab es diese zuvor schon?“ Und wenn nicht, warum hätte man ihm dann eine Seele einpflanzen sollen? Das Gespräch der beiden wurde von der Frau unterbrochen, die sie darauf hinwies, das Bad wieder zu verlassen. Sie erklärte, warum sie das Wasser verlassen mussten und Talon, der die Kälte langsam auch zu spüren bekam, folgte ihrer Aufforderung, dass Becken zu verlassen. Er griff wieder nach dem Handtuch, als eine glatte Hand auf seiner Schulter landete und er leicht zusammenfuhr. Sirviente hatte ihn wieder angesprochen und nach einigen Momenten, in denen Talon sich wieder sammelte und zurückwich, nickte er. „Ja. Er hat zu viele Bedürfnisse nach Wärme und Nahrung und Schlaf.“ Diese nicht zu haben wäre für den Forscher kein Problem. Aber der Preis, den Sirviente dafür zahlte … Die Frau lächelte leicht, hielt ihre Zettel aber außerhalb der Reichweite, sodass diese nicht nass wurden. „Kommen Sie. Die Tour ist beinah zu ende.“ Sie führte sie zu einem Gang, besser gesagt zu einem von zwei Gängen und deutete entlang. „Folgen Sie dem Gang. Das Wasser wird nach und nach wärmer, bis Ihr Körper sich daran gewöhnt hat und wieder aufgewärmt wurde. Ich erwarte Sie auf der anderen Seite für Ihr Feedback.“
„Nein, nichts Dergleichen. Menschen hatten schon lange aufgegeben, etwas an mir ändern zu wollen, ehe ich meine Seele entwickelte“, antwortete Sirviente, geduldig wie immer, auf die Frage des Blondschopfes. Früher, vor vielen, vielen Jahren, war es häufig versucht worden. Man hatte Wege gesucht, etwas an der Programmierung des Golems zu ändern, der so fest an eine einzelne Familie geknüpft worden war. Niemand hatte Erfolg gehabt. Er hatte niemandes Wünsche erfüllt, weil niemand zu jenen gehörte, denen er diente. Frustriert von der Tatsache, dass sie aus ihm nichts hatten machen können, war er schlussendlich einfach... abgestellt worden. „Ich habe viele Jahre allein in diversen Lagerhallen verbracht“, erklärte er mit demonstrativ gehobener Hand. „Nach einer langen Zeit, in der ich keinerlei Schwierigkeiten damit hatte, kam ein Tag, an dem der Gedanke, allein und eingeschlossen zu sein, in mir große Furcht hervorrief. Furcht ist allerdings keine Emotion, die in mich hineinprogrammiert wurde. Ich gehe also davon aus, dass in der nahem Vergangenheit vor diesem Augenblick meine Seele und damit einhergehend mein Bewusstsein entstanden sind.“ Das war auf jeden Fall der erste Zeitpunkt, an dem er von sich behaupten konnte, eine eigenständige Emotion verspürt zu haben. Zu hundert Prozent sicher konnte sich der Eismann aber natürlich nicht sein. „Es gibt keinen vorherigen Zeitpunkt, an dem ich über das hinaus gedacht oder gehandelt habe, was für mich vorgesehen war. Ich war ein Diener für bestimmte Personen, und ohne eine Anweisung von dieser spezifischen Personengruppe habe ich mich nicht von der Stelle gerührt.“ Keinen Zentimeter weit hatte er sich geregt. Über mehr als hundert Jahre. „Insofern, auch wenn es nicht wirklich wissenschaftlich getestet wurde, ist es wohl sicher zu sagen, dass diese Art Gedanken mit dieser Veränderung in direktem Zusammenhang stehen, und dass diese Veränderung nicht beabsichtigt durch Einfluss von außen herbeigeführt wurde.“
Immerhin waren sie sich beide einig darin, dass menschliche Körper einige sehr unglückliche Einschränkungen beinhalteten. Der Golem war ziemlich glücklich damit, sich mit so etwas nicht herumschlagen zu müssen, auch wenn er Schlaf im Spezifischen durchaus zu schätzen wüsste. Mit einem höflichen Nicken folgte er der Aufforderung der jungen Dame, die hier arbeitete, und ging das lange Becken entlang. „Das hier ist dann wohl das Ende unserer Reise hier...“, stellte er fest, während er unberührt bemerkte, wie sich die Temperatur des Wassers Stück für Stück änderte. „Ich muss sagen... Ich bezweifle, dass ich aus eigenem Interesse heraus die Services dieses Spas in Anspruch nehmen wollen würde. Es war nicht allzu viel dabei, das ich persönlich als entspannend oder erhellend empfinde.“ Eventuell lag es einfach wirklich daran, dass ein Golem, vor Allem ein Golem aus Eis, nicht die Zielgruppe für Services dieser Art war. So oder so war Sirviente etwas enttäuscht von dem Ergebnis dieser Quest. „Herr Talon... Wie sieht es bei Ihnen aus? Alles in Allem, wie ist Ihre Haltung zu dieser Art Service?“
Aufgegeben. Talon tat sich schwer damit sich vorzustellen, wie man so ein Projekt aufgeben konnte. Vermutlich, wenn man Jahrzehnte daran arbeitete … dennoch. Von was Sirviente erzählte war ein Projekt, dem man durchaus sein Leben widmen könnte. Zumindest in den Augen des Forschers war das so. Interessiert lauschte der dem anderen, während sie durch die Wellness Tour geführt wurden. Diese hatte für den Blonden mittlerweile an Wichtigkeit verloren. Er machte zwar, was man ihm sagte und füllte auf der Liste aus, was er von den einzelnen Stationen hielt, aber seine Gedanken drehten ich hauptsächlich um Eisgolem. Niemand hatte ihn ändern können … außer er selbst. An irgendeinem Tag, durch irgendein Erlebnis, hatte er sich selbst in Gang gesetzt. Gedacht. Und gefühlt. Er war aus seiner Programmierung ausgebrochen und hatte damit geschafft, was keiner davor tun hatte können. Er hatte ein Bewusstsein entwickelt. Angst gehabt. Talon erinnerte sich noch gut daran, als er zum ersten Mal wirklich Angst gehabt hatte. Bei seiner Mutter zuhause war alles in Ordnung gewesen. Er hatte nur das gekannt, was das Leben mit ihr ihm angeboten hatte. Aber dann hatte er das erste Mal andere Menschen gesehen. Sie hatte mit ihm gesprochen und es waren fremde Stimmen gewesen. Hände, die ihn festhielten, als er schrie und zappelte, um zurück zu seiner Mutter zu kommen. Später hatte er das Wort dafür gelernt. Panik. Aber bei ihm waren Außenstehende der Grund gewesen, während Sirviente offenbar alleine gewesen war. „Es gab keine Veränderungen in Ihrer Außenwelt? Auch keine schleichenden, die die Änderung hätten hervorrufen können?“, hakte er nach, die Stirn in Falten gelegt. „Wie viel Zeit haben Sie dort drinnen verbracht, ohne mit anderen zu interagieren?“ War die Programmierung einfach zerfallen wie ein Haus, dass Jahrhunderte lag ohne Renovierung in der Wildnis steht? Unbenützt und vergessen. Hätte sie gehalten, wäre er nicht abgestellt worden? War etwas in ihm … geschmolzen? „War diese Halle wärmer als die Gegend, in der Sie sich zuvor befunden haben?“ Sirviente hatte gemeint, er erkannte Temperaturunterschiede, auch wenn Talon nicht sicher war, wie genau seine Erinnerungen an die Zeit vor seinem Bewusstsein waren. Vielleicht waren sie irgendwo in seinem Kopf gespeichert … Den Prozess daran zu kommen, würde sein Bewusstsein leider aber vermutlich nicht überstehen.
Nach dem Eisbad und der Dusche war ihre Tour dann auch zu Ende. Talon nickte leicht. „Es war …“ Er zögerte. Zu beschreiben, wie er über etwas dachte und vor allem fühlte, fühlte sich noch immer falsch an. „gut. Nur auf das Akupunktur könnte ich verzichten“, fuhr er zögernd fort und warf dem anderen einen Blick zu, als sie zurück zu den Umkleiden gebracht wurden. Seine Gedanken drehten sich und er wand nervös die Finger ineinander. „Wohnen Sie im Gildenheim? Wenn es für Sie in Ordnung ist … würde ich gerne nochmal mit Ihnen sprechen.“ Talon fragte so selten Leute darum, sie noch einmal zu treffen, dass er nicht sicher war, ob er es richtig machte aber seine Neugierde gewann über die Nervosität. Auch wenn er den anderen nicht wirklich aufschneiden konnte, so gab es viele Dinge, die ihm noch im Kopf herumspuckten und die sich außerhalb einer Quest sicher besser besprechen und austesten lassen würden.
„Nein, nichts Dergleichen“, wiederholte sich Sirviente, als Talon fragte, ob es nicht doch irgendwelche Veränderungen gegeben hatte. Er schüttelte den Kopf. „Keine, die ich bemerkt hätte. Wobei ich gestehen muss, dass es mir schwerfällt, genau zu sagen, wie lange ich in dieser letzten Lagerhalle stand. Um ehrlich zu sein, ist es sehr schwierig, das Vergehen der Zeit zu verfolgen, wenn man weder Uhren, noch Zugang zu Sonnenlicht hat.“ Fenster hatte es nicht in den Hallen gegeben. Das war nur ein einfacher Zugang für Diebe, und Sonnenlicht konnte für gewisse Waren schädlich sein. Es befand sich in solchen Hallen nichts, was von Licht profitieren sollte – da gehörte auch ein willenloses Objekt wie ein Golem, der ohnehin nichts tat, mit dazu. „Zusammengenommen müsste ich zwischen hundertfünfzig und zweihundert Jahren in diversen Lagern verbracht haben“, stellte der Eismann fest. „Aber genauer kann ich es unglücklicherweise nicht sagen.“ Wieder schüttelte Sir den Kopf. „Ich habe meine Zeit vor der Lagerung nicht an einem einzelnen Ort verbracht. Ich habe meinen damaligen Herren auf Reisen durch die Gesamtheit von Fiore begleitet. Das schließt Orte wie die Wüste in West-Fiore mit ein“, erklärte er, eine Hand demonstrativ gehoben. „Insofern waren diese Hallen bei Weitem nicht die wärmsten Orte, an denen ich meine Zeit verbracht habe. Die Kältesten waren es allerdings auch nicht. Ich würde sagen, die Temperatur dort ist leicht unter regulärer Raumtemperatur.“
Gemeinsam das Ende des Spa-Tages erreichend, hakte Sirviente nach, ob Talon eine bessere Erfahrung hier gemacht hatte als er selbst. So, wie es aussah, war das der Fall. „Gut also“, stellte er fest, mit einem kurzen, nachdenklichen Nicken. „Dann schätze ich, es ist als Produkt für die Gäste des Parks geeignet. Zumindest für die menschlichen.“ Als Golem würde Sir die Erfahrung hier wirklich nicht empfehlen, da hatte es nur wenig gegeben, das ihm gefiel. Das Eisbad war gut, aber da stoppte es auch schon. „Eventuell sollten sie sich ein paar Gedanken darum machen, auch anderen Völkern etwas mehr bieten zu können. Wobei ich nicht sicher bin, inwieweit sich das von einem monetären Standpunkt aus lohnt.“ Glücklicherweise war das keine Fragestellung, die der Eismann persönlich zu lösen hatte. Die Gedanken dazu konnten sich die Besitzer dieses Freizeitparks machen. Bisher schienen sie ja durchaus erfolgreich zu sein mit ihren Strategien. „Ich habe keinen eigenen Raum, da ich keine Notwendigkeit für Schlaf oder Privatsphäre besitze“, erklärte er auf die Frage des Estrées hin, „doch ich arbeite in den Hallen der Ritter, sofern ich nicht gerade auf einer Quest unterwegs oder anderweitig beschäftigt bin. Es sollte leicht für Euch sein, mich zu nahezu jeder Zeit aufzusuchen, Herr Talon.“ Mit einem warmen Lächeln sah Sirviente den blonden Herren an. „Ich würde mich freuen, erneut mit Euch zu sprechen. Bitte, fühlt Euch frei, jederzeit auf mich zuzukommen.“
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