Ortsname: Hotel „Reaktor“ Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Das Reaktor Hotel ist ein Erlebnishotel der merkwürdigen Art. In einem einst aktiven Kohlekraftwerk, das schon seit langem ausgedient hat, wurden einzelne Räume geschaffen, die ein wenig an Kasernen erinnern. Luxus wird man vermissen, aber das Erlebnis zu einem günstigen Preis ist es vielen wert.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Eine Luke über dem Berg aus Kohle öffnete sich, tauchte den vorher finsteren Raum in ein geisterhaftes, mysteriöses Licht, passend zur derzeitigen Stimmung im Kopfe des jungen Mannes mit der Schaufel, der unnachgiebig grub, auch wenn die Macht die ihn dazu zwang schwächer wurde. Flint, der Riese der neben dem Berge aus schwarzem Gestein wie ein normaler Mensch wirkte war zu den beiden gekommen, hörte jedoch nicht auf die Warnungen des Blinden, berührte den Kohlehaufen und wurde ebenso zur Arbeit gezwungen, die Macht, welche den Skinwalker und auch den Blinden in ihren Bann zog, tat wohl das selbe mit dem Riesen, fing er doch ebenso an zu graben, tat dies mit seinen Händen und schaufelte mehr schwarze Masse hinter sich als die beiden anderen zusammen. Dieses Gefühl, wie als ob jemand ihn führte, seinen Körper bewegte und ihn ins Ohr flüsterte zu graben, immer weiter zu graben, doch warum? Warum wollte die Stimme das? Es war seltsam. Doch je weiter sie zum Herzen des Berges drangen, was dank Flint ziemlich schnell ging da er gefühlt die dreifache Masse an Kohle bewegen konnte, als die beiden anderen zusammen, desto klarer wurde die Stimme im Kopfe des jungen Mannes. Eine Stimme, bittend und flehend, sie bat um Hilfe. Doch warum wollte sie Hilfe und warum zwang sie dann Personen nachts in der Kohle zu graben? Konnte sie sich nicht anders verständigen? Hatte sie schon vorher um Hilfe gebeten und niemand konnte sie hören? Fing sie deswegen an Menschen nachts zu zwingen für sich zu arbeiten, den großen Haufen Kohle zu bewegen? Warum überhaupt wollte sie das? Viele Fragen schwirrten im Kopfe des Skinwalkers herum, doch keine Antwort nur das flehen und bitten der Stimme das er und seine Begleiter weiter machen sollten, weiter dem Berg abtragen sollten, ihr helfen sollten. Wer war sie? Wer war diese seltsame Macht, diese seltsame Stimme in seinem Kopf? Wenn er doch nur diese eine Frage beantwortet bekommen würde, wäre er schon froh, doch noch schien die Stimme es nicht beantworten zu können, selbst wenn sie es wollte.
Der Kohleberg wurde kleiner, Flint schien im Gegensatz zu seinen Partnern und vorher auch Mr. Jin wirklich ganze Arbeit zu leisten, die Umklammerung der seltsamen Macht löste sich ein wenig, gab dem jungen Skinwalker die Möglichkeit sich zu bewegen, sich kurz zu setzten und zu atmen, war er doch vollkommen erschöpft, kannte er solch eine Arbeit doch nicht, er lauschte der Stimme, klarer als zuvor. Wie eine seiner Beschwörungen klang sie, wie ein Geist der Natur vielleicht? Nein, das kann nicht sein, er kannte die Geister und keiner würde einen Mensch zu so etwas bringen. Ebenso müsste jemand diesen Geist auch erst einmal mir einer Melodie hervorlocken, doch nichts dergleichen war hier zu hören, bis auf das scharren der beiden Männer, die anders als der Skinwalker noch gruben war hier nichts zu hören, auch wenn man argumentieren könnte das das gleichmäßige Rhythmus des Grabens einer Melodie gleichkam, so funktionierte seine Magie jedoch nicht, ein richtiges Instrument brauchte man, mit der richtigen Melodie. Egal, leicht schüttelte er seinen Kopf, lauschte der Stimme, hörte was sie zu sagen hatte, doch es war schwer zu verstehen, sein müder Kopf dröhnte von Graben und das geisterhafte der Stimme half nur bedingt. Konnten die beiden anderen auch etwas hören, oder war nur er, derjenige, mit dem die Stimme versuchte Kontakt aufzunehmen? Vielleicht waren die anderen zwar einfach zu manipulieren, doch vielleicht hatten sie einen zu dicken Schädel, als das sie Stimme mit ihnen Sprechen konnte? Oder vielleicht lag es auch einfach daran, das die Stimme, die Macht spürte, das der schwächste der Gruppe eine enge Verbindung zur Natur hatte? Er verstand einfacher das, was Geister wollten, hatten seine Freunde doch alle ihren eigenen Kopf und ließen sich nur dann Rufen, wenn man die richtigen Dinge tat. Egal, keine Zeit hatte er, über so etwas nachzudenken, ein paar Minuten ruhte er sich noch aus, stand dann wieder auf, putzte sich, wohlgemerkt erfolglos, den Kohlestaub von seinen Kleidern und den langen Schwanz, schnappte sich seine Schaufel und machte sich wieder daran weiter zu graben, dieses mal jedoch nicht aus zwang, er tat es, weil er es tun wollte, wollte er doch seinen Kameraden und der Stimme helfen, die immer und immer wieder darum bat weiter zu machen. Das Scharren, da es nun lauter war, und vor allem, da nun ein Loch in der decke war, ob es nun die Gäste noch mehr störte und wach hielt? Das dagegen leise Graben des Mr. Jin war dagegen doch ziemlich leise und angenehm, wie ein leises Spiel auf seiner Violine, das was jetzt geschah musste ja so sein, als ob eine ganze Blasinstrumentenband durch das Hotel zog und volle Lautstärke spielte.
Wurde es wärmer im Raum oder stellte der junge Mann sich das nur vor? Seltsam, keine unangenehme wärme, es war angenehm, wie die eines warmen, schönen Kaminfeuers, doch keine es gab hier keinen Kamin. „Spürt ihr das auch? Hört ihr mich überhaupt oder seit ihr noch im Bann der Kohle?“ Ruhig war seine Stimme, schaufelte weiterhin die Kohle hinter sich, von der wohligen, angenehmen Wärme umgeben, wie die Umarmung seiner Mutter. „Bist du das Stimme in meinem Kopf?“ Keine Antwort von der Stimme, dennoch passierte etwas, seine letzte Schaufel voll Kohle legte etwas frei, ein seltsamen, warmes Glühen? Was war es? Noch konnte er es nicht ausmachen, doch vermutete er, das es die Quelle der Stimme in seinen Kopf war, die Quelle der Macht, die sie zum Schaufeln zwang? Was war dieses geisterhafte Glühen? Noch war es nicht zu erkennen, noch war zu viel Gestein im Weg, noch mussten sie ein kleines wenig weiter machen. Seufzend machte der Skinwalker sich wieder an die Arbeit, schaufelte weiter, hoffte das nicht nur er das Glühen sah und die wärme spürte.
Wirf ein Auge auf Lasciel. Was dachte Flint, würde er tun? Hätte der Riese Angst um ihn? Oder vor ihm? Er reagierte nicht darauf, nur die Finger, die sich fester um den Griff der Laterne schlossen, zeigten den Frust in sich. Ja, es war der Sinn der Sache, um unnötigen Kontakt zu vermeiden. Wenn Flint ihn mit Vorsicht behandelte, war das auch in Ordnung, aber diese Aufforderung, auf ihn aufzupassen, kratzte in ihm. Wäre es nicht selbst ihm zu trotzig gewesen, hätte er am Liebsten die Laterne in die Kohle zu geworfen. Er hatte gehört, dass solch Dinge lange, sehr lange brennen konnten und dass sogar in seinen Maßstäben. Wie wäre es, es brennen zu sehen … Lasciel verwarf den Gedanken, trat ihn mit Wucht von sich. Nein. Er nicht. Er würde kein Feuer zünden, niemals. Lieber sich in Decken einhüllen, als eines zu erschaffen. Der Alte knirschte mit den Zähnen. Vielleicht hatte Flint doch recht.
Lasciel näherte sich nun selbst der Kohle, untersuchte diese, sobald er sie aus seinem Kopf gescheucht hatte näher und gab Flint Rückmeldung, was darin vor sich ging. Dann aber kündigte dieser an, zu ihnen zu kommen und der Engel reagierte. Er hörte Schritte oben und dann ein Knirschen, dass ihm in den Ohren schmerzte. Ein frischer Luftzug wehte von oben herein, direkt gefolgt von der Stimme des Riesens. „Warte Flint!“, rief er hinauf und lief los, auf den Ort zu, wo er Temu arbeiten hörte. Er schloss die Augen, als würde das helfen und riss dann an dem Jungen, zerrte ihn mithilfe seines Schwunges weg von der Kohle. Die Arme um die Mitte Temujins geschlungen drückte er ihn an seine Brust und drehte sich mit dem Rücken zur Kohle. Lasciel schnappte nach Luft, sobald der Körper des Kleinen seinen berührte. Angespannt wie eine Sprungfeder, die Augen nach wie vor fest zugekniffen, verharrte er so. Das Gesicht abgewandte, um nicht auch noch die Haare im Gesicht zu haben, die Schultern hochgezogen. Obwohl seine Haut ihm weglaufen wollte, beugte er sich vor, drückte sich noch gegen den Skinwalker und schirmte ihn so ab. „Geht“, ächzte er. Kaum atmend wartete er ab, bis er einen lauten Rumps hörte und Flint hinter ihm auf den Kohleberg krachte. Einige Kohlestücke wurden weggeschoben, zum Glück war der Riese aber ohne weitere Explosion des Bodens gelandet. Hastig trat Lash einen Schritt zurück und ließ Temujin frei. Erst jetzt merkte er etwas erstaunt, dass selbst das Wegreißen ihn nicht in den Bann gebracht hatte. Er lauschte, doch die Melodie schwieg. Oder nein … Sobald Flint aufstand, hörte er es wieder, aber diesmal war es anders. Es war nicht in seinem Kopf sondern drang ganz normal an seine Ohren. Es zwang ihn auch zu nichts. „Hat es sich für euch ebenfalls verändert?“, fragte er leise, noch immer nicht ganz über den engen Körperkontakt hinweg, dem er sich ausgeliefert hatte. Er hasste es, diese Wärme, die Temujins Körper in sich trug, die auf seine Vorderseite sich angefühlte hatte, als würde sie ihn versengen. Der Widerstand von Knochen und Fleisch, der ihn formte, das Leben, dass darin pulsierte. Ohne sich dessen bewusst zu sein wich er weiter von dem Jungen zurück, der schon wieder zu graben begann.
Auch Flint machte sich daran. Lasciel hörte ihn irgendwo in der Dunkelheit, kurz nachdem ihm eine Schaufel in die Hand gedrückt worden war. Was gut war, er selbst hätte sie wohl nicht gefunden. Entgegen seiner Warnung begannen beide nun wieder zu graben. Lash zögerte, während er näherkam. Würde es ihn doch noch packen? Er verstand die fehlende Vorsicht des großen Kriegers nicht. Umso erleichterter war er, als er die Stimme der Großen kurz darauf wieder hörte. Er hätte wirklich nicht vermutete, dass ihm das je einen Stein vom Herzen nehmen würde. „Bist du im Bann?“, fragte er dennoch und hob die Schaufel an, ehe er sie niedersausen ließ. Das Geräusch von Kohle, die zerteilt wurde. Es stellte sich als überraschend kompliziert heraus, zu graben, ohne danebenzutreffen oder ohne das Ding jemanden über den Kopf zu ziehen. Nach und nach wurde ihm der auch der zweite Unterschied war: es war keine Melodie mehr. es war eine … Stimme. Jemand oder etwas schrie. Lasciel hörte er auf grab und ging in die Knie. „Ich höre dich Temujin. Ich denke, Flint wurde in den Bann gezogen, aber ich glaube, er hört uns ebenfalls. Du warst allerdings ganz gefangen, oder?“ Wie viel hatte der Jungen noch mitbekommen, ehe er sich hatte lösen können? „Warte kurz mit der Schaufel“, bat er ihn. Vor Flints Händen fürchtete er sich weniger, als er sich vorbeugte und das Ohr nah an die Kohle hielt. Doch. Da war jemanden. „Ich höre jemanden“, murmelte er und hob die Wange wieder vom Kohleberg. Schwarz war die Haut geworden, doch er bekam es nicht mit. Noch so ein Vorteil daran, nie in den Spiegel zu blicken. Er lehnte sich zurück und ließ die anderen beiden weitermachen, die ohne ihm wohl effektiver waren. Dabei spürte auch er die Wärme. Es erinnerte ihn an etwas … Die Hitze, er sprang auf, wich zurück. Sein Herz begann zu rasen, pochte fest gegen den Brustkorb. Zischend atmete er ein. Sein Körper, sein Geist befanden sich im Zwiespalt. Einerseits erinnerte es sie an die Lava, die neben ihrem Bett gewesen war. Wenn man die Steinplatte so nennen wollte. Und zugleich … war da jemand. In dieser Hitze! Jemanden, der Hilfe brauchte. Mit geweiteten Augen starrte Lasciel darauf, ohne es zu sehen. Er musste hin, doch er konnte nicht. Seine Füße klebten am Boden fest. Alles in ihm schrie danach weg zu gehen, während die Hitze immer heißer wurde. War es Realität? Wurde es wirklich so warm, oder spielte ihm sein Geist einen Streich? Zitternd streckte er die Hände aus. „Ihr spürt das auch?“, flüsterte er. Temujin hatte von einer Hitze gesprochen. Realität. Er sagte es sich vor wie ein Mantra, während er auf den Knien wieder näher rutschte. „St-topp“, murmelte er rau. Er wartete, dass Temujin und Flint stoppten, dann hielt er die Hände darüber. Seine Finger zitterten über dem Loch, aus dem die Wärme strömte. Ein stummer Schrei steckte in seiner Kehle fest, als er alle Kraft, all den Mut in seinem kaputten Körper zusammennahm und hineingriff.
Etwas berührte seine Finger und er zuckte zusammen. Doch es verbrannte ihn nicht, war nur angenehm warm. Er beugte sich weiter vor, bis er etwas in Händen hielt. Langsam ließ er sich zurück auf die Fersen sinken, dass Etwas in Händen halten. Es bewegte sich und … sprach? Der Engel begann leise beruhigende Geräusche zu machen, ohne es wirklich mitzubekommen. Er sah das Geschöpf nicht, dass er dahielt, aber er spürte es. Spürte die Angst in den flatterhaften Bewegungen wie einen Spiegel seinerselbst.
Irgendwann brannten Flints Lungen vor Anstrengung und wegen des Kohlestaubes, den er stetig einatmete. Seine Hände waren schon fast taub, immer wieder gruben sie sich erneut in die schwarzen Mengen unter ihm, schabten sie beiseite, hinter ihn. Ohne Tageslicht oder einen Blick aufs Sternenzelt zu haben empfand es der Riese als schwierig, einzuschätzen, wie lange er schon hier unten war. Langsam, unermesslich langsam, schwand der Kohlehaufen unter den vereinten Anstrengungen der drei Magier. Was Mister Jin als schwacher Zivilist in vielen Nächten erledigt hatte schafften die drei Männer in wenigen Minuten. Flint fühlte sich nicht, als stünde er in einem Bann. Er konnte das sehnsüchtige Flehen, das scheinbar aus dem Kohleberg drang, in sich spüren, doch es fühlte sich nicht an, als hätte es sonderlich Macht über ihn. Das lag vermutlich daran, dass das, was der Riese wollte, mit dem, was das Flehen wollte, übereinstimmte. So fühlte es sich viel, viel mehr nach dem eigenen Willen an, immer und immer wieder nach unten zu greifen und nach hinten zu werfen, tiefer zu buddeln wie ein Maulwurf und dabei alles um sich herum zu vergessen. Es war eine monotone Aufgabe, doch ein Soldat wie Flint war so etwas gewohnt. Er wusste nicht, ob Minuten oder Stunden vergangen waren. Aus der Luke über den dreien schien noch kein Sonnenlicht herab, so musste es also noch Nachts sein. Doch irgendwann veränderte sich etwas. Temujin war der erste, der etwas spürte. Lasciel schien es dann ebenfalls zu merken. Hmpf…, schnaubte Flint verächtlich. Ich spür’ nur, dass mir die Griffel weh tun… Mit den Händen in Kohle zu graben war nicht die beste Art, die hässliche Wunde in der Handfläche, die Lasciels Kette gerissen hatte, verheilen zu lassen. Doch spätestens als Lasciel einschritt und Flint zum Einhalten bewegte, konnte der Riese zumindest bemerken, dass es wärmer geworden war. Wie ein Prospektor kniete Lasciel sich in die geschaufelte Kuhle, bewegte langsam und behutsam einen Kohlebrocken nach dem anderen aus dem Weg und die Angst etwas mit der Schaufel zu verletzen, ließ ihn wie schon Flint zuvor die bloßen Hände benutzen. Dann erfüllte orangene Glut den Raum, badete die drei Magier in warmes Licht. Flint kniff ein wenig die Augen zusammen, als Lasciel plötzlich eine Stichflamme in den Händen zu tragen schien. Der Braunhaarige hatte seine Hände wie zu einem Kelch geformt und trug darin ein Wesen, das ganz aus Flammen zu bestehen schien. Es war kaum größer als ein Katzenbaby, war in züngelnde Lohen gehüllt und blickte aus großen, kohleschwarzen Augen zu Lasciel hinauf.
”Danke, danke danke.”, sprach das Wesen mit zittriger Stimme. Es schmiegte sich in die Hände Lasciels, kringelte sich dort beinahe zu einem Knäuel aus Flammen und Glut zusammen. Das Flehen, das Flint zuvor noch in seinem Kopf gehört hatte, war nun ganz verschwunden, stattdessen kam die Stimme direkt von diesem Feuerwesen. ”Ich hatte solche Angst...” Es sprach die Sprache der drei Magier, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als das Knistern eines Lagerfeuers. ”Um mich herum war es so dunkel und ich war so alleine. Ich hab um Hilfe gerufen. Und jetzt hast du mich gerettet.”, redete es zu Lasciel. Flint warf einen Blick zu Temujin. Hey, wir waren auch da… Erst als der dumpfe Bass des Riesen ertönte ließ das Wesen seinen Blick von Lasciel ab und erkannte, dass auch Temujin und Flint noch anwesend waren. ”Ich fürchtete, ich komme nie aus diesem Haufen heraus.” Flint kratzte sich am Schädel. Wie bist du denn da in den Haufen gelandet?, wollte er wissen und beugte sich ein wenig näher an das Wesen heran. Seine roten Augen reflektierten das flackernde Licht, das von dem Ding ausging. ”Ich… ich weiß es nicht. Seit ich denken kann habe ich nur Schwärze um mich gehabt...”, erläuterte das kleine Ding und Flint zuckte mit den Schultern. Er war ein Krieger, ein Soldat. Mit Feuergeistern kannte er sich nicht aus. Hmm… Damit wäre das Rätsel, was hier los ist, wohl gelöst. Lasst uns Schlafen gehen und morgen weiter reden…, schlug der Riese vor. Und Lasciel… Pass auf das nette Ding auf. Dich scheint es am meisten zu mögen.
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Und so hatte sich der Vorfall um den Unruhestifter im Reaktor nach einer Nacht aufgeklärt. Das Feuerwesen war wohl wegen der Feueraffinität des Kohlekellers entstanden, das vermutete Flint zumindest. Sein Hilferuf hatte nachts den armen Mister Jin in seinen Bann gezogen, der ohne es zu wissen selbst für die nächtliche Ruhestörung verantwortlich gewesen war. Und nun, da die Feuernymphe geborgen war, konnte im Hotel Reaktor alles wieder seinem gewohnten Gange nachgehen. Flint streckte sich herzhaft, die Mittagssonne brannte wunderbar auf seinen Nacken herunter und noch immer war seine Kleidung, seine Hände und sein Gesicht zu großen Teilen mit Ruß und Kohle verschmiert. Und was magst du nun tun, Kleines?, sprach der Riese zum Feuergeist hinab. Er hatte sich wieder in die Hocke begeben um mit seinen Gefährten, seinem Auftraggeber und dem armen Feuerwesen halbwegs auf einer Augenhöhe zu sein. ”Ich... ich will hier erst einmal bleiben...”, meinte das Feuerwesen. ”Das hier… fühlt sich nach Zuhause an.” Das entlockte dem Riesen ein Grinsen. Zuhause ist es wundervoll. Er selbst musste definitiv mal wieder sein altes Zuhause und seine Eltern besuchen. Vorsichtig streckte der Riese seinen Zeigefinger in Richtung des Wesens aus und stupste es behutsam auf. Dann pass gut auf dein Zuhause auf., riet er dem Feuergeist und widmete sich dann Mister Jin zu. Quest erledigt, würde ich sagen, hahahaha! Das war ein richtiges Abenteuer gewesen, sehr viel spannender und interessanter als einfach nur ein paar Taschendiebe hochzunehmen. Der Hotelbesitzer nickte dem Riesen zu und überreichte ihm die Belohnung für die Quest. Ein dickes Bündel mit Scheinchen. Das nahm Flint dankend entgegen und wandte sich dann zu den letzten beiden, zu Lasciel und Temujin.
Man, man, Jungs., begann der Riese und teilte die Questbelohnung in drei gleiche Teile auf. War lustig. Ich hoffe, man sieht sich mal wieder. Tatsächlich hatte er an den beiden Gefallen gefunden. Temujin war zwar irgendwie unreif und ein kleines Kind, doch seine freche Art gefiel dem Riesen. Er musste nur ein wenig schlauer und mutiger werden. Entlohnung für den Taschendieb, kauf deiner Katze was nettes zu essen., meinte Flint, als er Temujin seinen Anteil der Questbelohnung überreichte. Dann wandte er sich Lasciel zu. Der Blinde war für Flint noch ein Mysterium. Was hatte ihn wohl zu dem verbitterten, aggressiven Mistkerl werden lassen, der er war? Hoffentlich würde der Riese eine Chance bekommen, das herauszufinden. Und einmal Entlohnung für den Cowboy. Sieh es als Schadensersatz für all den Ärger, den wir dir bereitet haben, an. Flint reichte auch Lasiel seinen Anteil am Lohn, hatte das Geld fair durch drei geteilt. Den eigenen Teil steckte er ein und klatschte dann ein, zwei Mal in die Hände. Kohlenstaub fiel, wie schwarzer Schnee, zu Boden. Dann drückte Flint die Knie durch, erhob sich zu voller Größe und hob die linke Hand zum Gruße. Falls jemand von euch beiden mal was brauch, kommt mich in Crystalline Town besuchen., ließ er die beiden wissen. Sie hatten sich in den Augen des Riesen als vertrauenswürdige Kameraden bewiesen und nun verband Temujin, Lasciel und Flint das Band von Soldaten, die die selbe Schlacht geschlagen hatten. Sie waren jetzt Freunde (ob die beiden anderen das wollten oder nicht).
Das Flehen in seinen Kopf war weg, als Lasciel das seltsame Ding aus den Kohlen gezogen hatte, das seltsame Ding, das vollkommen undankbar den beiden anderen war und nur den Blinden dankte. Ein wenig war Temujin schon beleidigt, drehte sich weg, verschränkte die mit dem Kohlestaub verschmierten Arme vor der Brust und wedelte wütenden mit seinen Schwanz, so etwas unfaires auch, waren der Riese und er doch diejenigen die wirklich was bewegten und der Blinde, naja der war eben mehr oder weniger genauso nutzlos wie der Skinwalker sich dachte, sah er doch beim buddeln nichts. Egal, wie er schon mehr als einmal erwähnt hatte war das Leben nicht fair, nicht zu ihm. „Ist ja nicht so, das hier auch noch zwei andere sind, blödes Feuervieh. Und Herren Jin wollen wir auch mal nicht vergessen, der sich Tag und Nacht den Arsch abgearbeitet hat, weil er deinem Zwang folgte. Aber nein, natürlich der Blinde, der ist dein Retter, nicht der Riese der mit seiner verletzten Hand für dich im Dreck wühlte und der Skinwalker, dem du beinahe das Gehirn zerlegt hast. Blöder Feuergeist, da bleib ich lieber bei meinen Waldgeistern.“ Warum arbeitete er auch? Warum stimmte er der Quest zu? Ihm hätte es klar sein sollen, das es so sein wird, das wieder nur einer ein Lob bekommen würde und nicht die ganze Truppe, aber egal. Er würde sich einfach nicht mit dem dummen Ding beschäftigen, sollte der Blinde es doch haben und sich am besten die Finger dran verbrennen, wäre nur Fair, so zumindest dachte es sich der Skinwalker, der sich langsam auf den Weg aus dem Keller machte, keinen Blickes würdigte er dem Feuerwesen, blödes Ding. Schmutzig, müde und vor allem ein kleines wenig beleidigt war er, ein kleines Danke und eine kleine Entschuldigung für das unerlaubte nutzen seines Körpers, das hätte ihm schon gereicht. „Ich such mir einen Schlafplatz. Ich bin Müde und mir tut alles Weh. Wir reden morgen über das versprochene Geld. Viel Spaß mit deiner lebendigen Waldbrandgefahr, Blinder.“ Und weg war er, schnellen Schrittes verschwand er aus dem Keller, raus aus dem Hotel und in einen nahegelegenen Baum, eine Mütze schlaf brauchte er, hoffte er doch das er sich wieder beruhigen würde.
Der nächste Morgen, wirklich ausgeschlafen war der Skinwalker nicht, schloss sich, noch immer in dem Staub der Kohle gehüllt, dem Riesen und dem Blinden an, ging es doch noch ums Geld, zumindest eine Belohnung des Riesen sollte er erhalten, zumindest das würde er bekommen, auch wenn er nicht wusste, ob er es annehmen sollte, hatte er dem armen Mann doch so viele Probleme bereitet, war er doch der Grund, das er nicht sofort seiner Quest nachgehen konnte. Egal, für sein Geld hatte der Skinwalker geschuftet und er brauchte es, er musste noch immer seine Schulden begleichen, sein Kater brauchte auch etwas zu fressen und sein Magen, der könnte auch mal wieder eine kleine Mahlzeit gebrauchen. Was das Feuerteil machte, das war ihm egal, noch immer strafte er das seltsame Wesen mit Ignoranz, so wie es dem Geschwänzelten ignorierte. „Die Quest ist vorbei, das undankbare Vieh ist frei und die Gäste können wieder schlafen. Würde ich jedoch nicht bei den ganzen Dieben, egal nicht mein Problem, wenn ich hier weg bin, werd ich nicht wieder zurück kommen, als Ort zum stehlen hat sich das hier erledigt, die Suppe habt ihr mir mehr als nur kräftig versalzen. Schade drum, die Leute hier passen weniger gut auf, als in Crocus, naja egal.“ Temujin war ein Dieb, dachte er doch vor allem darüber nach wie er seine Umgebung nutzen konnte, die Menschen um ihren Wohlstand zu erleichtern. „Eko muss warten Flint, der bekommt noch Futter, vorerst muss ich meinem Geldgeber die Schulden zurückzahlen, sonst kann ich nicht nach Hause. Aber trotzdem danke.“ Ein wenig Seufzte Temujin. „Ich weiß nicht, ob ich mein Gebiet so weit verlassen werde, Flint jedoch bin ich grundsätzlich in Crocus zu finden, ab und zu wander ich auch hier nach Marokkasu. Irgendwo zwischen den beiden Stätten werdet ihr mich finden, im Grunde müsst ihr nur meiner Musik folgen. Wenn ich nicht gerade Taschendieb bin verdiene ich mein Geld immerhin mit meiner Musik. Und zu dir Blinder. Ich würde raten dir einen Blindenhund zu besorgen. Es kann nicht Gesund sein auf gut Glück durch die Welt zu laufen und jede Wand mit zunehmen, die man findet. Irgendwann siehst du aus wie ein Mops, mit einer platten Nase. Des weiteren, sei weniger wütend auf die Welt, ich weiß nicht was mit dir passiert ist, jedoch würde es dir gut tun, wenn du auch mal etwas positiv siehst.“ Sprach der, der immer alles was passiert seinem Schicksal zu schob. „Zuletzt zu dir, Feuertier. Du solltest dich bei allen Bedanken, vor allem bei denen, die du dazu zwangst für dich zu arbeiten. Auch wenn man Hilfe braucht ist es nicht nett die Kontrolle über andere zu übernehmen und selbst wenn man es tut, dann entschuldigt man sich dafür, keine Knochen schmerzen noch immer. Ich bin ein Musiker und kein Arbeiter, ich bin nicht für so etwas geschaffen und dein erstes Opfer, Mr. Jin, der ist alt, was hättest du gemacht, wenn er wegen dir tot umgefallen wäre? Nicht der Sinn der Sache oder? Aber sei es drum, letztendlich bist du nur ein nutzloses Wesen aus Feuer, das sich nicht selber helfen konnte. Ich bedanke noch einmal bei dir für die fehlende Dankbarkeit Flint und mir gegenüber. Pass auf dich auf.“ Langsam machte er sich auf den Weg, weg wollte er von den beiden, zurück nach Crocus, seine Schulden bezahlen, dann in seinen Wald zu seinen Freunden, zu lange war er nicht mehr zuhause, zu lange hatte er seinen Kater nicht gesehen. Der Riese und der Blinde, würde er sie als Freunde bezeichnen? Er wusste es nicht, jedoch würde er den Zank zwischen den beiden nicht so schnell vergessen und vor allem nicht, das er, der Junge der nicht wirklich kämpfen kann, sich hineinziehen lassen hat, beinahe den Fehler seines Lebens machte und sich mit einem Riesen anlegte. Kurz drehte er sich um, hob seine Hand zum abschied und lief langsam los, ob sie sich noch einmal treffen würden? Wenn ja, hoffte Temujin, das sie sich nicht gegenseitig den Schädel einschlagen wollen würden, seltsam war es jedoch die beiden zu verlassen, waren sie doch gezwungen eine Weile zusammen zu arbeiten, die sich anfühlte wie eine Ewigkeit.
Es war … aufgewacht. Lasciel hatte das kleine Geschöpf, dass sich als Nymphe entpuppt hatte mit auf sein Zimmer genommen, dass er durch die Augenklappe auch gefunden hatte. Etwas unsicher hatte er es einfach auf dem Boden abgestellt. Es hatte lange Zeit unter Kohle überlebt, da würde es ihm jetzt schon nicht wegsterben. Den Mantel hatte er ausgezogen und neben das Bett gelegt, zusammengerollt, und es dann hineingesetzt. Verflucht, er hatte nicht auch nur die geringste Ahnung, was es von ihm wollte. Warum es bei ihm geblieben war, anstatt bei den anderen beiden. Er hatte versucht es jemanden anzudrehen, ohne Erfolg. Vor … wie lange war das nun her? 50 Jahre? Hatte er ein kleines Tier an seiner Seite gehabt. Irasci hatte allerdings den gravierendsten Vorteil gehabt, den Tiere gegenüber Menschen haben: Er konnte nicht sprechen. Auch Desperatio konnte das nicht, was gut war. Doch diese kleine Nymphe redete mit ihm, danke ihm unablässig für das warme Fell seines Mantels und erwärmte munter sein Zimmer, bis er sie am liebsten vor die Türe gestellt hätte. Stattdessen hatte er die Schichten Kleidung ausgezogen und die dunkel angelaufene Stelle entblößt, die seine Rippen verunstalteten. Er sah die Farbe nicht, spürte den Bluterguss allerdings ziemlich gut, als er mit den Fingern darüberfuhr. Das mittlerweile warme Eis hatte er zum Fenster gelegt. Dann war er oberkörperfrei vor dem Spiegel gestanden, der über dem Waschbecken hing. Die Augen fest zugekniffen hatte er sich das Gesicht um die Nase herum gewaschen. Einfach nicht hinsehen … Am Ende war er fertig im Bett gelandet. Sein Körper schmerzte und zum ersten Mal war er dankbar, ohne die Augenklappe in tiefster Schwärze zu versinken. Ohne dem Leuchten des kleinen Geschöpfes, dass vor sich hin quasselte. Es erzählt immer wieder davon, wie dunkel es gewesen war, wie schön es hier sei. Immerhin hatte sie nichts zu den Narben gesagt, die seine Haut durchzogen. Irgendwann war er eingeschlafen, als es endlich geschwiegen hatte. Allzu lange hielt das Schweigen nicht an. Lasciel erwachte durch leise Rufe seines Namens. „Was?“, hatte er gebrummt, nachdem es nicht aufgehört hatte. Man … er hasste es. „Was bedeutete das? Lasciel?“, hatte sie gefragt. Tief hatte er ausgeatmet. Er wollte es nicht erzählen. „Nichts.“ „Das glaube ich dir nicht.“ „Es bedeutet nichts.“ Nicht Lasciel. Lash. Lash bedeutete so viel. Lash bedeutete die Zusammengehörigkeit mit seinem Bruder. Lash bedeutete die Liebe, die sie geteilt hatten, das Band. Lash war der Name ihrer Aufgabe, ihrer Bestimmung. Lash waren sie und Lash war Lassiter. Doch das hatte er nicht gesagt, aber nur in Schweigen versunken. „Was ist mein Name?“ „Hast du einen?“ „Nein.“ Ein Zögern, dass ihn schon hoffen ließ, endlich Ruhe zu finden. „Gibt’s du mir einen? Aber einen mit Bedeutung. Wie deiner.“ Ein leises Schnauben erklang vom Bett und Lasciel drehte den Kopf zu ihr, auch wenn er sie nicht sah. Wie seiner? Wie Lash? Erneut folgte Schweigen, bis er leise antwortete: „Chamando. Ein altes Wort, die Ruferin.“ „Ich glaube, das gefällt mir.“ Er hörte das Lächeln in ihrer Stimme, als sie den Namen wiederholte. Chamando.
Der Morgen kam zu früh. Ein Klopfen weckte ihn und kündete vom Putzdienst. Lasciel erhob sich, suchte nach der Augenklappe und setzte dann die Nymphe auf das Bett. Der Mantel war warm, als er ohne Kleidung darunter – nur mit der Hose und Schuhen – hineinschlüpfte. Dann wickelte er Chamando in das Hemd und ging mit ihr los, suchte den Eingangsbereich auf, wo alles begonnen hatte. Mr Jin und die anderen beiden warteten bereits, als der Engel auftauchte. Er stellte sein Päckchen ab und gab das Kühlpacktuch an den Besitzer des Hotels zurück. „Ich brauche ein Neues.“ Lash überließ es Flint mit der Kleinen zu reden. Solange er sie los wurde, war er zufrieden. Eigentlich sollte er wirklich zufrieden sein, jetzt, wo die Quest abgeschlossen war, alle drei loszuwerden. Der Riese hatte immerhin seinen Spaß gehabt und auch wenn er es nicht wollte und bei Leibe nicht damit gerechnet hätte, umspielte ein Lächeln Lasciels Mundwinkel. Nur einen Augenblick lang, aber es war da gewesen. Nickend nahm er das Geld an sich. Er würde nicht kommen, aber es war … ein interessantes Gefühl. Jemanden zu haben, zu den man gehen konnte. Auch wenn Flint nicht sein Kumpel war, er mochte ihn, irgendwie. Auf eine seltsame Art und weiße, wie er dazu eben noch fähig war. Respekt, dass war es. Lasciel schüttelte leicht den Kopf, während er den Riesen nachblickte. Diese Nachte hatte ihm nicht gut getan. Bei Temujin fiel es ihm einfacher, keine seltsamen Gefühle zu empfinden. Hoffentlich würde der ihm jetzt nur nicht um den Hals fallen … Dass sollte er besser bei den Riesen machen. Leider ließ der Junge ihn nicht ganz entkommen. Der Alte schnaubte leise. „Pass auf Kind.“ Ob es eine Warnung, eine Drohung oder ein Tschüss war, blieb den Karten überlassen. Dann aber fuhr der Engel zurück, hielt sich an dem Tresen fest. Wie eine Keule trafen ihm die einfach gesagten worden. Positiv sehen. Lasciel lächelte nicht, schüttelte nur den Kopf. Der Junge wusste nicht, wovon er sprach. Er kannte die Hölle nicht. Ohne ein weiteres Wort drehte er ihm den Rücken zu, anstatt ihm nachzusehen und wartete darauf, dass ihm Mr Jin ein neues Eis gab. Auch wenn selbst dass nicht das Feuer in ihm kühlen können würde.
Es war ein trauriger Anlass, der Shizuka nach Marokkasu Town führte. Natürlich war es mal wieder die Arbeit und wenn eine Magierin beauftragt wurde, waren nicht selten kriminelle Energien involviert. Es steckte also ohnehin oft ein unschöner Grund dahinter, doch dieser traf die empathische Fee doch sehr. Es ging nicht einfach um Vandalismus, es wurde nichts entwendet. Nein, es wurde „jemand“ entwendet. Das auch noch an einem ganz besonderen Tag. Die Mutter eines Jugendlichen wurde ausgerechnet an seinem Geburtstag vor seinen Augen, auf der Geburtstagsfeier entführt. Ein Tag, der eigentlich so schön hätte werden sollen, wurde zu einem Alptraum. Der Junge konnte einem wirklich nur leidtun. Die Beschreibung der Täter war… sehr markant. Augenzeugen berichteten von leichenblassen Personen mit spitzen Zähnen. Sollen es denn etwa Vampire gewesen sein, die sie mitnahmen? Aber warum ausgerechnet die Mutter des Jungen, von all den Leuten, die sie auch auf der Straße hätten aufgreifen können und warum zog es sie in die Berge nahe Marokkasus? Fragen über Fragen, von denen sich Shizuka zumindest teilweise erhoffte, sie noch beantwortet zu bekommen. Aus diesem Grund war sie zum Hotel „Reaktor“ gereist, denn dort wurde der Junge seit dem traumatischen Erlebnis untergebracht, bis man Klarheit über den Verbleib seiner Mutter hatte. Natürlich bearbeitete die Otorame diesen Auftrag nicht alleine, denn das war in Fiore ausgesprochen unüblich. Ein gildenloser Magier hatte ihn ebenfalls zugeteilt bekommen und so ging sie fest davon aus, ihn am oder spätestens im Hotel anzutreffen. Mit für ihre Verhältnisse kalter Miene trat Shizuka durch die in einer roten Backsteinmauer eingelassene Drehtür des Hotels. Statt ihren Fuß danach auf edel gefliesten Marmorboden zu setzen oder zumindest auf Teppich, betrat sie einen zementgegossenen Untergrund. Der erste Eindruck, den man von Außen bereits vermittelt bekam, sollte nicht täuschen. Dieses Hotel ist absolut kein gewöhnliches. Der Name war Programm, denn dieses Hotel wurde in einem alten Kohlekraftwerk errichtet und man hat sich wirklich Mühe gegeben, das Drum herum möglichst thematisch dabei zu belassen. Ein für die Neu-Unternehmerin ungewöhnliches Konzept, aber wenn es funktionierte? In der großen Vorhalle angekommen, schaute sich die Weißhaarige erstmal um. Man hatte sie allerdings auch schon erkannt, eine ältere Dame in Strickjacke und Rock trat sogleich auf sie zu. “Sie sind diese Fairy Tale Magierin, richtig“, sprach sie mit unruhiger Stimme. Die Ritterin glaubte ein leichtes Beben darin festgestellt zu haben, als sie sich in die Richtung dessen Ursprungs drehte. “Ja, das bin ich. Shizuka Otorame.“, stellte sie sich zur Sicherheit nochmal vor, ging lockeren Schrittes und den Umständen entsprechend mit einem eher gezwungenen Lächeln auf den Lippen der Frau ein wenig entgegen. “Sehr gut, sehr gut. Ich bin Elizabeth, sozusagen die Mutter der Vermissten. Eh ihr Sohn sitzt in einem der Hotelzimmer.“ Shizuka stutzte sogleich, bei der Formulierung. “Sozusagen ihre Mutter?“, traute sich die Magierin zu fragen, wofür sie zunächst ein Seufzen erntete. “Ja, die Sache ist ein wenig komplizierter. Man könnte mich als ihre Ziehmutter bezeichnen. Aber kommen Sie, lassen Sie uns zu Jacob gehen.“ Die Frau griff nach dem Arm der Magierin, wollte sie schon mit sich ziehen, aber Shizuka hob eine Hand, um ihren Drang ein wenig zu beschwichtigen. “Ich arbeite ja nicht alleine. Warten wir auf meinen Kollegen und gehen gemeinsam. Er ist bestimmt gleich da.“, erklärte sie der Frau. Dabei wusste die Fee nicht einmal, ob dieser Caspian nicht vielleicht schon im Hotel auf sie wartete.
Marokkasu Town war im Vergleich zu den anderen großen Städten des Königreichs nicht allzu weit von seinem Wohnort Crocus Town entfernt. Caspian bereiste die Weiten Fiores mit großem Interesse und erkundete gespannt seine neue Heimat. Dabei nahm er immer wieder Jobs und Aufträge an, um Geld zu verdienen. Schließlich gab es eine kleine Wohnung zu zahlen, Nahrungsmittel und Unterkünfte. Der ehemalige Thronfolger aber war sich für kaum eine Arbeit zu schade, denn nichts war kostbarer als seine neu gewonnene Freiheit. Manchmal waren es Aufträge für Handwerks- oder Hilfsarbeiten, häufiger Anfragen für Magier. So kam es, dass der Valck vor wenigen Tagen in einem Gasthaus in Marokkasu Town saß und ein Bewohner ihm von der tragischen Entführung einer Frau erzählte. Eine schaurige Geschichte, welche Caspian nicht kaltließ. Und schon gar nicht, als er hörte, dass Magier gegen großzügige Entlohnung nach dem Opfer suchen sollten.
Der Junge, dessen Mutter entführt worden war, wurde vorerst in einem Hotel untergebracht. Der Valck selbst hatte nicht dort genächtigt, er bevorzugte kleinere Gasthäuser mit einfachen Zimmern. Am Tag des Einsatzes konnte Caspian leider nicht anders, als wieder einmal viel zu spät dran zu sein. Er hatte die Augen noch einmal geschlossen, wollte nur eben fünf Minuten noch im Bett bleiben, als daraus plötzlich zwanzig geworden sind. Ohne Kaffee einen Tag zu beginnen war ungut, weswegen er sich das ungern nehmen ließ. Und obwohl es bereits höchste Zeit war, marschierte der Magier nun frei von Stress und dafür umso bequemer von seinem Gasthaus hin zum Hotel. Wenn der Dunkelhaarige etwas nicht leiden konnte, dann war es Hektik.
Fast eine halbe Stunde zu spät betrat er schließlich seelenruhig den Eingangsbereich des Hotels. Die kobaltblauen Augen suchten den großen Raum ab, ehe ihm zwei Personen mit besorgten Mienen auffielen. Ob die beiden nun bereits beim Jungen waren und sich nur wieder in der Halle wiedergefunden hatten oder tatsächlich so lange auf Caspian gewartet hatten, ahnte niemand - schon gar nicht der Unpünktliche selbst. Der Valck hatte leider nicht wirklich ein Gefühl dafür, zu spät zu kommen. Für ihn war alles soweit in Ordnung, schließlich war er nun hier. Zielgerichtet, aufrecht und stolz wie er es gelernt hatte, ging er auf die beiden Damen zu, eine war eine ältere Frau, die andere noch jung. Womöglich sein Alter? Eher jünger. „Verzeihung, ich suche nach den Angehörigen eines Entführungsopfers. Können Sie mir weiterhelfen?“, sprach er die Damen höflich lächelnd an und erfuhr schnell, dass er richtig war. „Mein Name ist Caspian Valck“, fügte er dann an, um sich zu erkennen zu geben. Einst nannte er sich Caspian Arnauld De Valck, doch nicht mehr hier in Fiore. Für einen Moment lag sein Blick auf der Weißhaarigen. Sie war einen ganzen Kopf kleiner als er, doch ihre Ausstrahlung ließ vermuten, dass sie eine Magierin war. Um wen genau es sich handelte, konnte Caspian leider nicht wissen, schließlich befand er sich erst seit wenigen Monaten auf dem Kontinent. Ihr schneeweißes Haar umrahmte ihr Gesicht, in welchem zwei warme, braune Augen ein freundliches Wesen vermuten ließen. Bestimmt freundlich genug, das Zuspätkommen zu verzeihen.
“… darum liegt mir das Wohlergehen ihres Sohnes natürlich besonders am Herzen. Ach die Arme Seele. Hoffentlich Wird sie von diesen Monstern nicht gefoltert. Aber ob es besser ist, als mehrtäglicher Snack für Vampire zu dienen, weiß ich auch nicht. Vielleicht wäre es ja sogar besser, wenn es für sie kurz und schmerzlos läuft…“ Shizuka hatte ja nicht geahnt, was sie mit ihren kurzen, eigentlich präzisen Fragen ins Rollen gebracht hatte. Natürlich war es wichtig und richtig, dass der Junge in seiner schweren Phase eine Bezugsperson bei sich hatte, die er kannte und die sich um ihn kümmerte. Aber so langsam dachte die Magierin darüber nach, diese alte Dame für die Dauer des Gesprächs mit dem Zeugen nach draußen zu bitten. Sie befürchtete, dass sie ihn zum einen nicht ausreden lassen würde und zum anderen gewisse, negative Vibes mit in das Gespräch brachte. Ein Gespräch, welches schon ausreichend Negativität als Grundlage besaß. Abwehrend hob die Otorame die Hände. “Wollen wir nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Wir wissen ja nicht einmal ob es sich überhaupt wirklich um Vampire handelt.“ Mehrmals hatte sie schon hilfesuchende Blicke zur Seite geworfen, doch der unbekannte Retter war nicht aufgetaucht. Noch nicht. “Aber wenn ich es doch sage. Leichenbleich waren sie und dann die spitzen Zähne. Ich bin mir sicher, dass ich eingetrocknetes Blut in ihren Mundwinkeln gesehen habe!“ Shizuka seufzte schwer. Sie konnte die Sorge über ihre Freundin oder Ziehtochter ja nachempfinden, aber sie selbst versuchte mit einer wesentlich positiveren Blick an die Sache heranzugehen, doch machte diese Frau es ihr zunehmend schwieriger daran festzuhalten. “Das mag ja sein, aber das bedeutet ja nicht direkt, dass-“ Eine Stimme unterbrach das Gespräch der beiden Frauen. Ein Herr trat an sieh heran und sprach sie auch direkt an. Er suchte nach den Angehörigen eines Entführungsopfers, was bedeutete, dass er bei ihnen goldrichtig war. “Ja!“, bestätigte Shizuka weitaus euphorischer, als sie es vermutlich getan hätte, wäre er pünktlich und damit vor diesem ausgedehnten Gespräch aufgetaucht. “Shizuka Otorame, aus Fairy Tail. Schön, dass du da bist.“, entgegnete die Weißhaarige der Begrüßung Caspians, wobei sie ihm auch zum Grüße gleich eine Hand hinhielt, für einen festen Händedruck. Ihre andere wanderte in der Zeit ungeniert in Richtung Schulter des Mannes. Das Zuspätkommen des Magiers war ihr tatsächlich vollkommen egal. Wichtig war, dass er nun da war und dass der Dialog mit der alten Frau damit ein Ende hatte. “Ich würde sagen, wir verlieren gar keine weitere Zeit und sprechen dann jetzt mit dem Jungen.“, richtete sie noch an die Frau, die von der plötzlichen Hast ein wenig überrumpelt nichts weiter tat als zu nicken und den Weg zu weisen. Bei dem Hotelzimmer angelangt, in dem das Kind untergebracht war, erhob Shizuka dann erneut ihre Stimme. “Ich glaube es wäre besser, wenn Sie eben draußen warten.“, richtete sie an die alte Dame. “Vielleicht ist das etwas viel für ihn, wenn wir alle samt um ihn herumstehen und mit ihm reden. Wenn er sich unwohl fühlt, holen wir Sie sofort dazu. Versprochen!“ Die Magierin öffnete die Tür, überließ Caspian mit einer Geste den Vortritt, trat dann selbst ein und schenkte der Frau noch ein Lächeln, ehe sie die Tür hinter sich zuzog und jenes schlagartig verlor. Shizuka seufzte schwer, schaute vielsagend zu ihrem Partner. Erst verzögert blickte sie sich selbst in dem Raum um. Einladend sah er ja nicht aus. Mehrere Hochbetten auf engem Raum, dazu ein klitzekleiner Tisch mit grade mal zwei Stühlen. Auf einem saß der junge Mann, auf dem anderen daneben ein Mädchen in schätzungsweise ähnlichem Alter. Mit dem hatte die Ritterin nicht gerechnet. Verhalten hob sie ihre Hand zum Gruße, ehe sie sich räusperte und dann begann zu sprechen. “Ehm… Hallo. Wir sind die Magier, die sich um deine Mutter kümmern sollen.“, erklärte sie.
Shizuka Otorame von Fairy Tail schien sich sehr über das Auftauchen ihres Partners zu freuen, das war doch ein guter Start. Mit einem Magier dieser Gilde hatte Caspian noch nichts zu tun gehabt, aber der Ruf eilte Fairy Tail voraus. Eine Gilde voller Chaoten, welche das Herz am rechten Fleck trug und die eine oder andere Zerstörung in Kauf nahm, um einen Auftrag auszuführen. Caspian fand das ziemlich ulkig, aber auch sympathisch. Er war jedenfalls gespannt darauf, ob Shizuka dem Ruf der Gilde gerecht werden würde. Caspian reichte ihr ebenfalls die Hand, wobei seine kobaltblauen Augen kurz zur Seite zu ihrer Hand auf seiner Schulter schielten, ehe er sie wieder ansah. Sie schien eine sehr offenherzige Person zu sein. Weniger offenherzig war hingegen die ältere Dame, welche Caspian ein wenig mürrisch musterte. Da störte sich wohl doch jemand an der Wartezeit, aber ändern konnte der Valck es nun auch nicht mehr.
Er war jedenfalls damit einverstanden, sofort mit der Arbeit zu beginnen und dass die alte Dame nicht mit ins Zimmer des Jungen ging, war ihm nur recht. Wer wurde schon gerne mit bösen Blicken durchbohrt? Noch während Shizuka erklärte, dass sie nachgeholt werden würde, sollte der Kleine sich unwohl fühlen, klopfte Caspian bereits an die Zimmertür und öffnete sie, um einzutreten. Ein wenig einladender Raum, in welchem nicht nur der Junge saß, sondern auch ein Mädchen. „Guten Tag, ihr beiden“, begrüßte Caspian sie mit seiner tiefen Stimme, nickte ihnen kurz zu und sah sich dann um. Hm, die einzigen Stühle wurden von den Kindern besetzt. Na, dann würde er sich eben auf eines der Betten setzen. Er war schon lange genug auf den Beinen. Seine Hände ließ er locker verschränkt zwischen seinen Knien baumeln, als er kurz zu Shizuka sah, welche das Thema einleitete. Das Wort 'Mutter' hatte schon ausgereicht, um den Jungen die Tränen in die Augen zu jagen. Er biss die Zähne zusammen und nickte tapfer.
Er tat Caspian leid. Ein Junge in diesem Alter brauchte seine Mutter nun einmal. Mit ansehen zu müssen, wie sie entführt wird, war traumatisierend. So lächelte er die beiden Kinder an und fragte: „Wie heißt ihr eigentlich? Und kennt ihr euch?“ Der Junge wirkte erleichtert, dass kurz das Thema gewechselt wurde. „Ich bin Kyle und das ist Finya. Wir haben uns hier kennengelernt“ Das Mädchen nickte nur, senkte aber dann den Blick. Caspian kannte ihre Geschichte nicht, daher wollte er nicht nachfragen. So wandte er sich wieder Kyle zu. „Hör zu, Kyle. Noch wissen wir nicht, wo deine Mutter ist und wie es ihr geht. Deswegen sind wir hier, wir werden nach ihr suchen“ Kyle biss die Zähne zusammen und nickte, ihm schnürte es erneut die Kehle zusammen. „Kannst du uns so genau wie möglich beschreiben, wie diese beiden Personen aussahen, die deine Mutter entführt haben?“
Der erste Eindruck, den Shizuka von ihrem temporären Partner hatte war, dass er nicht besonders gesprächig war. Während sie das Wort ergriff und das weitere Vorgehen besprach, blieb Caspian nachdem er sich selbst vorgestellt hatte erst einmal stumm und reagierte auf ihre Worte nicht mehr wirklich. Das war ja auch gar nicht verwerflich, war der aufgeschlossenen Magierin nur gleich aufgefallen. Froh, die ältere Dame hinter sich und damit auch hinter der Tür gelassen zu haben, blieb ihr gar nicht viel Zeit sich von der Quasselstrippe zu erholen. Schließlich standen sie direkt vor dem wohl wichtigsten Angehörigen des Entführungsopfers und zwar dem Sohn. Aber nicht nur der Junge befand sich in diesem Zimmer, sondern auch eine zweite Person, die ungefähr dasselbe Alter hatte wie er. Von dieser wusste Shizuka nichts, weswegen sie auch erst ein wenig überrumpelt wirkte. Sie fing sich aber schnell wieder und versuchte sich behutsam an einem Gesprächseinstieg. Ein Schwieriges Unterfangen in einer solch prekären Situation. Caspian grüßte derweil und fläzte sich auf eines der vielen Betten, da es offensichtlich keinen freien Stuhl mehr gab. Die Otorame trat ein wenig näher heran, blieb allerdings stehen. Sie verschränkte die Arme unter der Brust und betrachtete den Jungen, dem sogleich wieder die Tränen gekommen waren, bemitleidend. Shizuka wusste nicht so recht, wie sie ihn nun trösten konnte und einfach zur Befragung überzugehen, kam ihr sehr falsch vor. Während sie noch ihre Worte sortierte, versuchte ihr Partner sie mit ihrer ersten Einschätzung dann lügend zu strafen. Es war „ausgerechnet“ er, der das Wort ergriff und sich dran machte, das Eis zwischen ihnen und dem Kind zu brechen. Er fing ganz einfach an und fragte die Zwei nach ihren Namen. Der Junge stellte sich ihnen als Kyle vor und erklärte auf die zweite Frage hin, dass er Finya, das Mädchen neben ihm, in diesem Hotel kennengelernt hatte. Die Augenbrauen der Otorame zuckten überrascht hoch. Sie hätte das Mädchen für eine weitere Verwandte oder Bekannte gehalten. Dass Kyle aber vor Ort jemanden kennenlernte, der ihm zur Seite stand und ihn tröstete, hätte sie nicht gedacht. Es freute die Magierin jedoch. Caspian führte dann fort. Er erklärte dem Jungen, dass sie nach seiner Mutter suchen würden und fragte dann nach einer Beschreibung der Entführer. Shizuka schmunzelte ob des einfühlsamen Umgangs ihres Kollegen ein wenig, hängte sich aber sofort an seine Worte an. “Zu wissen wie die Täter aussehen könnte uns dabei helfen deine Mutter zu finden. Wenn wir die Personen finden, dann kann sie ja nicht mehr weit sein.“, erklärte sie. Kyles Blick wanderte ausweichend zur Seite. Er sammelte sich einen Moment, ehe er seine Gedanken sortiert hatte und wieder Blickkontakt aufnahm. "Es waren Vampire!", sprach er plötzlich voller Inbrunst und viel lauter als zuvor. "Sie waren kreidebleich und sie werden ihr bestimmt das Blut aussaugen!" Eine gruselige Vorstellung, erst recht für ein Kind. Aber Shizuka fragte sich, wo diese Überzeugung herkam, es handele sich bei den Entführern um Vampire. “Woher weißt du, dass es Vampire sind?“, fragte sie also. "Sie hatten rote Augen und dass sie so bleich waren heißt, dass sie kaum noch Blut in sich haben. Deswegen haben sie meine Mutter mitgenommen. Das hat meine Oma gesagt." Aha, da hatten sie es. “Du meinst…“ Shizuka blickte fragend drein und deutete mit dem Daumen über die Schulter, raus zur alten Frau. Scheinbar hatte sie dem Jungen das Feindbild des Vampirs eingeredet. Aber warum?
Man mochte es Caspian nicht unbedingt ansehen und schon gar nicht zutrauen, aber er war ein sehr einfühlsamer Mann. Schon immer hatte er ein offenes Ohr für die Belange anderer Menschen gehabt, konnte sich in deren Lagen versetzen und versuchte zu helfen, wo es ihm nur möglich war. Nach außen hin wirkte er nicht unbedingt nahbar, doch der Schein trug. Im Grunde verhielt sich der Valck so, wie sein Gegenüber ihm begegnete. Wer freundlich war, bekam jene Freundlichkeit zurück. Und wer ein wenig garstig war, so wie Hila damals, der wurde von Caspian ein wenig auf die Schippe genommen. So fiel es dem Älteren nicht schwer, mit dem Jungen zu sprechen, welcher ihm so leid tat. Er hatte wenig Berührungsängste, denn was sollte er schon groß falsch machen bei der Befragung? Seine Mutter war bereits entführt worden, was konnte ihm schlimmeres passieren? Das falsch gewählte Wort eines Fremden? Das war doch nebensächlich!
Noch bevor der verunsicherte Kyle antworten konnte, bekräftige Shizuka Caspians Frage nach dem Aussehen der Täter. Der Junge schien die Wichtigkeit dieser Angaben nun verstanden zu haben und gab sich den nötigen Ruck, um zu sprechen. Doch die Antwort war ziemlich verstörend, vor allem für ein Kind. Vampire? Gab es so etwas überhaupt? Caspian kannte diese Kreaturen der Nacht nur aus Romanen. Auf Alakitasia hatte er noch nie gehört, dass es Begegnungen mit einem Vampir gegeben hätte. Doch der Kleine schien überzeugt zu sein und auch davon, dass sie seiner Mutter das Blut aussaugen würden. Caspian verzog ein wenig angewidert das Gesicht. Vor allem als Kyle fortfuhr und von der Blutleere der Vampire sprach, die ihre Vorräte schnell wieder auffüllen müssten. „Nun mal ganz langsam, Kyle“, mischte sich nun auch Caspian wieder ein. „Lass dich durch solche Geschichten nicht verrückt machen, selbst wenn sie von deiner Oma stammen“ Die hatte vielleicht nerven, den Jungen so zu erschrecken. Dann deutete er auf Shizuka. „Wir beide werden der Sache nachgehen und klären, was genau da vor sich ging. Wir wissen ja nun, worauf wir beim Aussehen der Täter achten müssen“, schloss er das Ganze ab und war dann eigentlich schon drauf und dran, aufzustehen. Kaum hatte er sich erhoben, übernahm Kyle wieder das Wort: „Meine Oma lügt nicht“, sprach er ein wenig trotzig. Der Valck hob die Arme unwissend. „Es ist gut möglich, dass deine Oma nicht lügt. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass sie dir nicht solche Angst machen sollte“ Dann blickte er noch einmal zu Shizuka. „Vielleicht sollten wir noch einmal mit.. mit .. Oma reden“ Wie hieß die Frau eigentlich? Und.. einen Moment mal. Wie hieß seine Kameradin nochmal? Mist, er war nicht gut darin, sich Namen zu merken.
Kurzerhand waren die beiden Magier wieder im Eingangsbereich. Dort saß noch immer die Alte und erwartete die Jüngeren bereits neugierig. Caspian wollte mit ihr nicht wegen der Vampire diskutieren, das erschien ihm sinnlos. Ein paar andere Meinungen wären ihm wichtiger. „Wir würden uns jetzt gerne auf den Weg machen. Können Sie uns einen Tipp geben, wo wir Menschen finden, welche ebenfalls von den Vampiren in der Nähe gehört haben?“, erkundigte sich Caspian. Er hatte wenig Lust, sich mit der Dame selbst zu unterhalten. Diese wirkte ein wenig eingeschnappt deswegen, verschränkte die Arme und meinte schließlich. „Tze! Aber gut. Ja, in der örtlichen Taverne gibt es einige Personen“
Ihr Kollege hatte einen ähnlichen Gedanken wie Shizuka selbst. Nur weil diese Personen angeblich so aussehen mochten wie Vampire, mussten es noch lange keine sein. Dass er also ein wenig auf die Bremse zu drücken versuchte, war ein guter Ansatz. So empfand jedenfalls die Magierin. Der Junge hingegen fühlte sich scheinbar fast schon beleidigt. Seine Großmutter würde nicht lügen, brachte er entsetzt hervor. Caspian ruderte gleich ein wenig zurück, wollte er keinen Streit vom Zaun brechen. Er rechtfertigte sich etwas und merkte an, mal mit seiner Oma reden zu wollen. An dieser Stelle wollte die Weißhaarige nochmal einhaken. “Lügen ist aber auch ein starkes Wort. Deine Großmutter wird bestimmt nicht absichtlich etwas Unwahres behaupten, aber vielleicht irrt sie sich ja. Das alles ging bestimmt sehr schnell und es hat euch natürlich verschreckt, so etwas ist ja sehr verständlich. So oder so, wir kümmern uns um diese Sache.“, beteuerte sie mit einer beschwichtigenden Geste. Kurz darauf hatten die beiden Magier das Zimmer auch schon wieder verlassen, um sich wie angekündigt an die alte Frau zu wenden. Caspian sprach diese auf Personen an, die ebenfalls von Vampiren wissen wollten und daraus entwickelte sich ein Gespräch, welches Shizuka nicht ganz nachvollziehen konnte. Ihres Wissens nach war es nie eine Sache, dass Vampire gesichtet wurden. Jedenfalls nicht außerhalb dieser Geburtstagsfeier. Bisher wirkte alles so, als wäre es etwas Einmaliges gewesen. Nun schien es fast so, als gäbe es mehrere Meldungen über Untote in der Gegend. Gut, dann gingen sie der Sache eben nach. “Es hieß, die Vermisste habe man in Richtung der Berge verschleppt. Ich weiß nicht, ob wir in der Taverne noch weitere Informationen darüber erhalten.“, brachte die Weißhaarige ihre Skepsis bezüglich dieses Abstechers zum Ausdruck. “Wir können es natürlich versuchen.“ Als komplett unsinnig wollte sie es nun nicht abstempeln. Es war ja gut möglich, dass jemand etwas genaueres über ein vermeintliches Versteck wusste. Dann aber wäre es fraglich, warum man sich um dieses Problem nicht schon früher gekümmert hatte. Bevor eine unschuldige Frau entführt wurde. Der Weg zur hiesigen Taverne war jedenfalls relativ schnell überbrückt. Besonders sah diese nicht aus. Shizuka hatte schon so einige Bars gesehen. Es war eben eine handelsübliche Kneipe, eine Absteige für diejenigen, die nach der harten Arbeit ihren Lohn auf den Kopf hauen wollten, um den tristen Alltag zu vergessen. “Sprechen wir mit dem Wirt oder offen mit allen Gästen?“, fragte die Magierin, die bereits nach der Tür griff, um sie ihrem Kollegen aufzuhalten. Mit der freien Hand übte sie eine einladende Geste aus, mit der sie ihm bedeutete, in das Lokal einzutreten.
Caspian wirkte vielleicht nicht so, aber er war durchaus ein einfühlsamer Mensch. Dass er dabei aber ab und an ein wenig stumpf war, das konnte man ihm eher zuschreiben. Er fand die Geschichten der Großmutter über Vampire unangebracht. Sie machten dem Jungen nur noch mehr Angst und das sagte er auch gerade heraus. Kyle protestierte zwar, aber das ließ den Valck nicht von seinem Standpunkt abrücken. Shizuka schien die Lage ein wenig besänftigen zu wollen, was ihr wohl auch gelang. Zustimmend nickte der Mann, denn genau so hatte er es gemeint. Nur eben mit anderen Worten.
Das Gespräch mit der Großmutter und der Hinweis auf die Taverne war möglicherweise nicht ganz so notwendig, wie man erwarten möchte. Vielleicht wäre die Befragung von anderen Personen, die einen Vampir gesehen haben, auch reine Zeitverschwendung? Aber sie standen noch am Anfang ihres Auftrages und mussten noch über zehn Posts scheiben, ehe die Quest als abgeschlossen anerkannt werden würde. Sicherlich wäre es nicht verkehrt, noch ein wenig Stoff zu sammeln. „Die Taverne liegt auf dem Weg, wir halten uns dort nicht länger auf als Notwendig. Womöglich können wir dann einschätzen, womit wir es zu tun haben werden“, meinte der Valck auf die berechtigten Einwände hin, aber er hatte nun wirklich nicht vor, sich dort noch ein Bierchen oder ein Essen zu genehmigen.
Es war ein wenig ungewohnt für Caspian, dass die Dame ihm die Tür aufhielt und ihn vorausgehen ließ. Als Adeliger hatte er verinnerlicht, dass es steht anders herum sein musste. Aber er ließ es sich nicht anmerken und nahm die Geste an. „Sprechen wir nur mit dem Wirt, er kennt die Gäste bestimmt und würde uns an den richtigen verweisen“, antwortete der Dunkelhaarige und ging zielstrebig auf die Theke zu. Der Wirt, ein Mann mittleren Alters mit Bierbauch und dunkelblondem Haar, welches zu einem Zopf gebunden war und manch graue Strähne hervorbrachte, blickte zu Caspian. Ein Fremder? Doch der Valck hing mit den kobaltblauen Augen einen Augenblick an dem frischen Bier fest, welches der Wirt gerade zapfte. Doch das war nicht der richtige Zeitpunkt. „Guten Tag. Haben Sie von der Entführung der jungen Mutter kürzlich gehört?“, erkundigte sich der Magier sogleich. „Wer nicht, mein Freund. Warum fragst du?“ Caspian deutete auf Shizuka. „Wir haben uns der Sache angenommen. Es heißt, Vampire haben die Frau in die Berge verschleppt. Was denken Sie, sind das Gerüchte?“, fragte Caspian weiter. Der Wirt servierte das Bier weiter rechts einem Gast an der Theke, ehe er ein paar gespülte Gläser abtrocknete. „Genau kann ich das nicht sagen. Es gibt immer wieder Gäste, welche von Gestalten in den Bergen sprechen, die auf sie wie Vampire wirken. Aber bisher waren keine Entführungen oder Überfälle bekannt. Zumindest bis zu diesem Fall“, erklärte der Wirt und hob unwissend die Schultern. Nachdenklich nickte Caspian, welcher über seine Worte nachdachte. Dann blickte er zu Shizuka, falls sie noch etwas wissen wollte.
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