Ortsname: Park von Crocus Art: Freiraum Spezielles: --- Beschreibung:
Dieser ansehnliche, vor allen im Frühling viel besuchte Park ist besonders bei Leuten beliebt, die sich nach der Natur sehnen. Es wird großen Wert drauf gelegt, dass nichts perfekt aussieht, sondern eher der Natur überlassen wird. Lediglich die natürlichen und manchmal auch aus Kies bestehenden Wege werden regelmäßig vom entsprechenden Personal aufgeräumt und gesäubert, damit die Bewohner von Crocus die Chance haben, durch den Park zu gehen, ohne die natürliche Schönheit des Parks zu ruinieren. Es wird hier großen Wert auf Sauberkeit gelegt und jene, die ihren Müll liegen lassen, müssen mit einer ziemlich hohen Geldstrafe rechnen.
Er ist zudem auch sehr attraktiv für Sportler, denn auf der südlichen Seite gibt es eine große Lichtung, umschlossen von vielen alten Bäumen, die oft zum Trainieren genutzt wird. Bei unangenehmen Wetter zieht es die Leute aber nicht dort hin, weshalb dieser Platz manchmal wochenlang unberührt bleibt und die Natur dort schnell gedeiht.
“Falls ich gewinne? Scheint so, als wäre da jemand sehr selbstbewusst?” Erwiderte er nur mit einem herausfordernden Lächeln. Wenn es um Wettkämpfe ging, war Yui unglaublich kompetitiv. Natürlich achtete er darauf, sich zu 100% an die Regeln eines Spieles zu halten, aber er würde alles im Rahmen des Wettkampfes versuchen, für sich zu nutzen. Nun gut…bei Blackjack gab es nicht unbedingt viel zu nutzen. Es war am Ende des Tages ein wenig Kartenglück und die Entscheidung, ob man das Risiko einging, sich zu überziehen oder nicht. “Nein nein, keine Sorge. Klingt nach einem guten Einsatz.” Ob er schon etwas im Kopf hatte, was er von seinem Gegenüber verlangen würde? Hmm, noch nicht wirklich. Erstmal wollte er schauen, ob er diese Partie wirklich für sich gewann. Fürs Erste schienen die Karten ihm aber zumindest nicht schlecht gesinnt zu sein. Mit einer 19 hatte man gute Chancen, auch wenn der Sieg nicht gewiss war. “Selten. Ich denke, es gibt einige Kollegen, die sowas deutlich häufiger machen.” Meist hatte er dafür einfach nicht die Zeit, auch wenn er es eigentlich ganz cool fand, mit ein paar anderen Leuten zusammenzukommen, etwas zu unternehmen und sich nen gemütlichen Abend ohne viel Stress zu machen. Aber…das war momentan bei ihm einfach nicht drin. Die Runde fing jedenfalls schlecht an, als Hyun ein Blackjack aus dem Ärmel zog. Wortlos nahm der Blauhaarige einen Schluck seines Wassers und fing schließlich an, die Karten zu mischen. “Nicht den Tag vor dem Abend loben.” Diese Erfahrung hatte Yui schon öfters machen dürfen und meistens biss man sich später in den Hintern, überhaupt etwas gesagt zu haben. Ironischerweise sollte sich genau dies heute beweisen.
Nach der anfänglichen Niederlage folgte eine richtige Siegesserie. Eine, die anhielt, bis ihm schließlich der Sieg gewiss war. Zugegeben, in der Mehrheit der Runden war es weniger sein eigenes Können als die Überschätzung seines Gegenübers, doch über solche Kleinigkeiten musste man sich keine Gedanken machen. Was feststand, Yui hatte die Partie gewonnen und durfte nun von Hyun etwas verlangen. Aber was? Kurz überlegte er. Er könnte…aber ob der Pan sich trotz der Wette darauf einließ? Nun, einen Versuch war es zumindest wert. Kurz kramte der Blauhaarige in einer Tasche und zückte schließlich einen Notizblock inklusive Stift. Diese beiden Sachen legte er nun auf den Tisch und schob sie zu Hyun hinüber. “Schreibe in kleinstem Detail auf, worum es bei der Sache im Park ging und wieso das zustande gekommen ist. Eine vollständige Aussage mit Hintergrund des Ereignisses.” Das war sein Lohn, mehr oder weniger eine Aussage, vielleicht ja sogar ein Geständnis. “...ich werde mir das, was du schreibst, nicht bis morgen früh durchlesen, wenn du dir darüber Sorgen machst.” Hyun schien ja an sich kein unbedingt schlechter Kerl zu sein. Auch wenn er vielleicht nicht gerade wie der netteste Zeitgenosse schien und definitiv ein paar Ansichten hatte, die sich von Yuis unterschieden. Doch der Umstand ihrer ersten Begegnung ließ ihn nicht kalt. “Deine persönlichen Informationen kannst du allerdings weglassen.” Eigentlich wollte er ihn nicht unbedingt an den Pranger stellen, allerdings besaß er immernoch eine Pflicht als Rune Knight. Eine Pflicht, die er nicht einfach so über Bord werfen konnte.
Pfff, dann hatte Hyun eben verloren. Na und? Das passiert selbst den besten Spielern hin und wieder. Das Glück war eben nicht immer auf der richtigen Seite zu finden. Ja, Yui hatte nichts weiter, als Glück gehabt. Die nächste Runde würde bestimmt besser laufen. Erst einmal hatte der Blonde aber seinen Wetteinsatz einzulösen. Scharf war er darauf zwar nicht, doch wer war das schon? Hoffentlich war es wenigstens etwas halbwegs lustiges, das sich der Ritter wünschte. So schlimm konnte es ja nicht werden, richtig? Falsch. "Was?", fragte der Pan, obwohl er ganz genau verstanden hatte, was sein Gegenüber von ihm forderte. Die Worte hallten noch immer in seinem Gedächtnis nach, doch nicht nur dort blieben sie hängen. Auch in seiner Brust spürte er sie wie scharfe Krallen. "Was zur Hölle. Du willst mich doch verarschen." Aber nein, das war kein dummer Scherz, man sah es Yuitora genau an. Da war kein Grinsen in seinem Gesicht, nicht einmal ein zuckender Mundwinkel, der ihn verriet. Nur die ekelhafte Wahrheit. Man hatte Hyun eiskalt hinters Licht geführt. Innerhalb weniger Sekunden baute er sämtliche Mauern, die er über den Verlauf des Abends hinweg hatte fallen lassen, wieder auf. Eine Hand knallte auf die alte Holzplatte, während die andere bereits nach dem Kragen des Blauhaarigen griff. Die Shotgläser, die noch immer darauf warteten, getrunken zu werden, verloren ihr Gleichgewicht, kullerten über den Tisch. "Du dreckiges Arschloch, ich hätte es wissen müssen." Rune Knights blieben nunmal Rune Knights, daran änderte sich wohl nie etwas. Scheiße man, er hätte wissen müssen, dass hier von Anfang an etwas faul gewesen war. "Alles, ich hätte jeden Scheiß getan, aber du glaubst doch nicht, dass ich auf so 'ne billige Masche reinfalle, Alter." Was für ein beschissenes, hinterhältiges Spiel. Wieso hatte er nicht gemerkt, das Yui gar nicht wirklich darauf aus war, mit ihm rumzuhängen, sondern nur seinen beschissenen Job verfolgte? Chime vernahm den Ärger in der Stimme seines Herrchens, begann, sich unruhig unter dessen Stuhl zu regen. "Diese scheiß Show hättest du dir echt sparen können. Wärst du halt gleich mit der Sprache rausgerückt. Glaubst du echt, dass ich dir jetzt nicht mehr die Fresse polieren will?" Ganz unrecht hätte Yui mit dieser Annahme nicht, auch, wenn es gerade vielleicht nicht so wirken mochte. Er wollte den hinterhältigen Ritter bluten sehen, doch gleichzeitig stellte sich sein Herz quer. Ließ ein beschissenes Essen und eine Runde Karten ihn ernsthaft schon weich werden? Das war doch alles nicht echt gewesen, nur ein beschissenes Spiel, um an die Wahrheit hinter dem Parkvorfall zu kommen. Fuck, das tat schon fast genauso weh, wie die Nase gebrochen zu bekommen. Fast, aber nur fast, hätte er sich vielleicht wirklich an die Gegenwart des Ritters gewöhnt. Glaubte der Kerl wirklich, dass es irgendeinen Unterschied machte, ob der Tättowierte ihm nun auch noch seine persönlichen Infos gab oder nicht? Die Kacke war am Dampfen, aber gewaltig. Sämtliche Augenpaare in der kleinen Kneipe lagen bereits auf den jungen Männern, es war überraschend still geworden - mit der Ausnahme von Hyuns Stimme natürlich. Tief sog der die Luft ein, stieß sie in einem Schnauben durch die Nase wieder aus. "Vielleicht sollten wir das lieber draußen fortsetzen." Yui war nicht auf seiner Seite, er hatte nur versucht, sein Vertrauen zu erschleichen und dafür musste er bezahlen. Er würde ihm schon zeigen, was man davon hatte, sich mit dem Falschen anzulegen.
Hmmm…ja, es hätte wohl nicht so einfach laufen können, was? Irgendwie wusste er schon, bevor Yui seinen Gewinn einlösen wollte, dass Hyun darauf nicht eingehen würde. Wieso? Naja, das hatte der Abend bisher schon gezeigt. Dieser Kerl war nicht auf den Kopf gefallen. Er hatte zwar einige Eigenarten, die etwas komisch waren und das Unverständnis der Liebe gegenüber der eigenen Arbeit war manchmal etwas nervig gewesen, doch ein wenig spürte der Tomoeyasu, dass er kein sooo schlechter Kerl war. Und seinen Mund halten? Das konnte er, wenn er wollte. Nur nicht in diesem Moment, als durch den Aufruhr des Pan die gesamte Aufmerksamkeit des Lokals auf die beiden Magier gelenkt wurde. Der Blauhaarige ließ die Beleidigungen über sich ergehen - er konnte es ja irgendwo verstehen. Auch dass er am Kragen gepackt wurde, war keine Neuerung und dementsprechend schaute er seinem Gegenüber einfach nur ins Gesicht. Man konnte den Ärger in seinen Augen sehen und ja, es war nachvollziehbar. Yui hatte nunmal einen Job und er sollte zumindest versuchen, ihn zu erfüllen. Doch bei all den Anschuldigungen, die man ihm an den Kopf warf, stimmte er einer Sache vehement nicht zu. “Hyun.” Er nahm den Arm des Anderen, der ihn festhielt, und stieß diesen von sich. Sein Gesichtsausdruck war ernst und vielleicht sogar ein wenig angepisst. So sah man ihn nicht oft. “Eine Show? Wo war das alles eine Show? Ich hatte Spaß. Glaubst du, ich hab das alles gemacht, um an Infos zu kommen? Also bitte, dann wäre das hier schon im Park eskaliert…” Yui seufzte und sein Blick entspannte sich wieder. “Ich habe eine Pflicht zu erfüllen, aber ohne Beweise kann ich das nicht. Zivilisten hinter Gitter zu bringen ist weder meine Aufgabe noch das, was ich will. Wenn du es nicht machen willst, dann kann ich dich nicht zwingen.” Es könnte sich ja alles immernoch als etwas völlig harmloses herausstellen und dann wäre es nicht in Yuis Interesse, für sowas so einen Stress verursacht zu haben.
“Ich glaube nicht, dass es hier eine Fortsetzung draußen braucht.” Er hatte echt keine Lust, sich nachts mit irgendeinem Typen vor ner Bar zu prügeln. “Allerdings wäre es wohl besser, wenn wir das hier erstmal beenden.” Hyuns Gemüt war übergekocht und der Blauhaarige wollte es nicht weiter eskalieren lassen. Dementsprechend stand er nun von seinem Platz auf und blickte ein weiteres Mal auf den Pan. “Sehen wir den Wetteinsatz einfach als nichtig.” Meinte er und lächelte ihn an, bevor sein Blick schließlich in Richtung der umgekippten Shotgläser ging. Yuitora zückte ein paar Scheine und ging schließlich zur Dame hinüber, die sie vorhin schon bedient hatte. “Die gleiche Anzahl an Shots für den Tisch, bitte. Ich brauch kein Rückgeld, danke.” Und damit machte er sich auf in Richtung Tür. Ob Hyun dort sitzen blieb oder ihm folgte, war seine Entscheidung. Aber Yuis Meinung nach wäre es wohl besser, wenn der Kerl sich erstmal beruhigte und die beiden getrennte Wege gingen.
Natürlich erwiderte der Pan den ruhigen, blauen Blick, der das exakte Gegenteil von seinem eigenen war. In seinen Seelenspiegeln war alles zu erkennen, was er gerade fühlte. Frust, Wut und vielleicht ein Hauch Schmerz, doch über diesen versuchte er sich selbst hinwegzutäuschen. Er war nicht verletzt von Yuis Verhalten, nicht im geringsten, nein. Er war einfach nur verdammt sauer! "Nimm meinen Namen aus deinem dreckigen Mund.", knurrte er, das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. Mit 'Hyun' brauchte der Blauhaarige nicht mehr ankommen, dafür war es einfach zu spät, das hatte er sich versaut. Frustriert schüttelte er den Arm aus, den sein Gegenüber gerade angepackt hatte. Selbst durch den Stoff seiner Kleidung spürte er die Hand auf seiner Haut. "Pfff, natürlich hattest du Spaß", schnaubte er abfällig. Spaß daran, den Blonden zu verarschen vielleicht. Irgendetwas in ihm hoffte noch immer, dass die Worte seines Gegenübers zumindest einen Funken Wahrheit beinhalteten, doch er konnte es einfach nicht glauben. "Du hast überhaupt keine Pflicht zu erfüllen. Du hättest einfach als Yui hier sein können, genauso wie ich einfach als Hyun hier war." Es hätte so simpel sein können, wieso bloß musste der Tomoeyasu seinen Beruf über alles andere stellen? Auch dem Pan war sein Job wichtig, sowohl der als 'Händler'handlanger, als auch der als Magier der dunklen Gilde, doch er hatte sich bewusst dafür entschieden, seine Arbeit links liegen zu lassen. Und als Dank wurde er hintergangen. "Wenn du keine Zivilisten hinter Gitter bringen willst, wieso hast du mich dann so auf dem Kieker?" Lügen konnte er ebenfalls. Natürlich war er nicht unschuldig, nicht im geringsten. Vermutlich erahnte sein Gegenüber nicht einmal annähernd, was sich hinter Hyuns Fassade alles verbarg: deutlich mehr als nur ein kleiner Überfall in einem Park. Es war so frustrierend, umso mehr, als Yuitora sich entschied, sich einfach zu verpissen. Als wäre gar nichts passiert erhob er sich, bestellte einige neue Shots bei der Kellnerin und machte sich dann auf den Weg zum Ausgang. "Wenn wir uns noch einmal über den Weg laufen, bring' ich dich um." Seine Hand umklammerte eins der leeren Gläser, holte aus. Der Hinterkopf des Ritters war ein einfaches Ziel, auch, wenn er sich bewegte, denn er lief in einer geraden Linie. Doch der Pan konnte einfach nicht. Das kleine Gefäß landete wieder da, wo es hingehörte und der Blonde in seinem Stuhl. "Ehekrach, hm? Willst du nicht etwas Ablenkung?" Der vom Blauhaarigen bestellte Nachschub kam an, die Überbringerin wurde jedoch mit einem scharfen Blick direkt wieder verscheucht. Dumme Kommentare konnte er gerade echt nicht gebrauchen. Die Ellenbogen auf den Tisch gestützt ließ er den Schädel in die Hände fallen. Das war doch scheiße. Was hatte er sich dabei bloß gedacht? Was hatte er erwartet, als er sich auf einen Rune Knight einließ? Es hatte gute Gründe, wieso er sich von seinen Mitmenschen fernhielt und das hier war einer von ihnen. Es endete ständig in Frust und Schmerzen. Zwischen seinen Fingern hindurch landete sein Blick auf den Shots, die zwar von Yui kamen, aber trotzdem getrunken werden wollten. Hm, war wohl das beste, den Abend so ausklingen zu lassen. Gerade, als er nach dem Ersten griff, schob sich ein Köpfchen unter seinen Arm, streckte ihm die Schnauze entgegen. Große, treue Äuglein blickten ihn direkt an. "Hm? Mir geht's gut, keine Sorge. Das ist doch nich mein erster Beef, oder?" Eine blanke Lüge, das wusste selbst Chime. Auch wenn der nicht verstand, wieso sein Herrchen so aufgewühlt war, er bemerkte trotzdem, dass er es war. Mit der freien Hand tätschelte Hyun seinem Vierbeiner beruhigend den Hinterkopf, mit der anderen widmete er sich seinen Shots. Wer wollte oder brauchte schon beschissene Rune Knights als Freunde? Er definitiv nicht.
Als Mary an diesem Morgen im Schlepptau ihres Freundes am Bahnhof von Crocus angekommen war, hatte die Sonne geschienen. Das angenehme Wetter hatte sich bisher gehalten, doch mittlerweile brodelten ganz andere Gewitterwolken im Geist des Landeis. Wie kann man nur so sein? Die sanfte Brise, die durch die Straßen der Hauptstadt wehte und das Laub, das sich bunt an Bäumen und in Gräben gleichermaßen hielt zum Rascheln brachte, kam Mary vor wie ein beißender, feindseliger Wind. Vor Kurzem hatte sie im Zuge einer Quest einen schneeumtosten Berghang erklommen, doch nicht einmal da hatte sie eine ähnliche Kälte gespürt. Natürlich hatte die Baumgardner eigentlich gewusst, dass die Eltern ihres Freundes seine Berufswahl nicht unterstützten, doch insgeheim hatte sie gehofft, dass sie den Besuch ihres Sohns zum Anlass nehmen würden, mit ihren gehässigen Kommentaren hinter den Berg zu halten. Aber bis auf Nicos Großvater, den Mary schon auf Anhieb gemocht hatte, war das unfreiwillige Familientreffen ein Fiasko gewesen. Ihr Freund tat ihr Leid, deshalb hatte sie ihn in ihrer Unterkunft gelassen und beschlossen, sich Verstärkung in Form von leckerem Gebäck zu holen. Was als entschlossener Spaziergang begonnen hatte, war jedoch im Verlauf der letzten Viertelstunde eher zu einem Herumirren geworden.
Wohin hatte es das Landei nur verschlagen? Mary hatte bereits Probleme, sich in Maldina zurechtzufinden, doch da sie mittlerweile schon fast ein Jahr dort lebte, wurde es allmählich besser. Die Lichtmagierin war also leichtsinnig geworden und hatte gedacht, dass die Straßen von Crocus dann ja auch keine so große Herausforderung darstellen konnten. Aber Mary hatte nicht einmal eine Bäckerei gefunden. Sie war an Reihen an Wohnhäusern vorbeigelaufen und irgendwie in ein Viertel geraten, in dem sich ein großer Park befand. Bereits kurz nach ihrer Realisation, dass sie sich verirrt hatte, hatte sie begonnen Passanten anzusprechen, doch diese würdigten sie keines Blickes. Einer war stehen geblieben und hatte ihr so viele Straßennamen um die Ohren gehauen, dass sie am Ende noch verwirrter als zuvor war. Unvorstellbar, dass sich hier nicht jeder kannte und half! Natürlich könnte Mary sich zu einer Kaserne der Runensoldaten durchschlagen, doch sie wollte wirklich nicht von einer Person in Uniform eskortiert werden, wo sie doch eigentlich dazu in der Lage sein sollte, Kuchen in einer fremden Stadt zu kaufen.
Peinlich berührt betrat Mary in Ermangelung von Alternativen das Parkgelände und wurde beinahe von einem Jogger umgerannt, der ihr auf ihre erschrockene Entschuldigung eine wenig schmeichelhafte Handgeste zeigte. Großstädte ... Waren gruselig. Ohne einen weiteren Zwischenfall stellte sich Mary vor ein großes Holzschild, auf dem einige Wege eingezeichnet waren und versuchte sich anhand der Karte des Parks einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Den Mantelkragen gegen den kühlen Wind hochgestellt, sah die Baumgardner aus wie ein wütendes, flauschiges Hühnchen, das aus ihrem Stall ausgebüchst war und jetzt nicht mehr zurück fand. Wenigstens schien es rund um den Park und darin ein paar Cafés zu geben, die ihr bestimmt einen Kuchen verkaufen würden. Dafür musste sie es nur schaffen, sich nicht im Park auch noch zu verlaufen ... Ob sie wohl doch besser nach Hilfe fragte? Mary schaute sich etwas nervös um. Nach ihrem Zusammenprall mit dem Jogger befürchtete sie, die nächste Person würde direkt ein Schwert ziehen, wenn sie sich bemerkbar machte. Ihre Urgroßmutter hatte ja sowas von Recht: Großstädte waren voller Verbrecher und dunkler Gestalten!
“Yui-nii, musst du wirklich schon gehen?” Die kleinen, traurigen Augen eines blauhaarigen Kindes blickten hinauf in das Gesicht seines älteren Bruders. “I-” doch weiter konnte der Jüngste in der Tomoeyasu Familie gar nicht mehr reden, als ihm eine große Hand einfach über die Haare wuschelte und ihm ein breit lächelnder Yuitora im nächsten Moment auf Augenhöhe entgegen lächelte. “Du weißt, dass ich meine Pflichten nicht vernachlässigen kann, Akashi.” Das waren vielleicht nicht die Worte, die er hören wollte, aber hören musste. Mit aufgeblasenen Bäckchen schaute der Kleine zur Seite, während sich weitere Schritte den zweien näherten. “Stell dich nicht so an. Du weißt, dass großer Bruder einen sehr wichtigen Job hat. Also sei kein Baby” Kam es nun in harschem Ton von Aoki, der sechstjüngsten. Auch das wollte ihr kleiner Bruder allerdings nicht hören und streckte nun beleidigt die Zunge heraus. “Blöödi, sei doch ruhig! Dich hat niemand gefragt.” Dieser Anblick war dem Magier nur zu gut vertraut. Nicht selten kam es vor, dass Geschwister sich in die Haare bekamen. So war es auch im Hause Tomoeyasu nicht anders gewesen. Er konnte sich noch gut an früher erinnern, wie oft er sich mit seinem älteren Bruder und seinen jüngeren Geschwistern wegen etwas stritt. Er konnte nicht anders, als ein wenig zu kichern und beiden dann jeweils eine Hand auf die Schulter zu legen. “Ich bin bald wieder da. Vertragt euch, ja?” Seine Aufgaben als Rune Knight und seine eigene Familie unter einen Hut zu bekommen, war nicht einfach. Trotzdem würde er diesen Balanceakt niemals aufgeben wollen, um eines von beiden in den Vordergrund zu rücken. Zwei Bedienstete öffneten die große Eingangstür des Anwesens und Yui trat nun in die Türschwelle. “Yuitora.” Ertönte es von hinten. Auf der Treppe zum ersten Obergeschoss stand seine Mutter, die zwei ihrer kleinen Teufel gerade im Schlepptau hatte und ihrem Zweitältesten ein Lächeln zuwarf. “Pass auf dich auf, ja?” “Mach dir keine Sorgen, Mom. Werde ich.”
Heute beschränkten sich die Aufgaben des Blauhaarigen auf einfache Patrouillen durch Crocus. Das war eine Routineaufgabe, die vermutlich jeder Runensoldat und die meisten Rune Knights schon einmal durchführen mussten, doch deswegen war sie nicht weniger wichtig. Für Ordnung in der Stadt zu sorgen war eine wichtige Aufgabe. Außerdem ging es auch darum, Präsenz zu zeigen, damit es gar nicht erst zu Verbrechen kam. Deswegen war es auch wichtig, sowohl mit Uniform als auch mit seinem treuen Schwert an seiner Seite herumzulaufen. Seine heutige Route schickte Yuitora durch den großen Park von Crocus, in dem sich an einem recht milden Tag wie dem heutigen vermutlich eine Menge Leute sammeln sollten. Und je mehr Leute, desto mehr Potential für Vorkommnisse. Auch wenn er nicht wirklich damit rechnete, dass der alte Mann, der es sich gerade auf einer Parkbank gemütlich machte, oder die alte Frau mit ihrem Gehstock wirklich für Probleme sorgten. Eine Sache fiel ihm jedoch auf, denn zwischen all den Leuten, die entweder die Natur genossen oder zielstrebig ihren eigenen Tätigkeiten nachgingen, stand da jemand…einfach sehr verloren wirkend rum. Die Leute liefen an ihr vorbei, als wäre sie Luft, doch der Blick des blonden Mädchens rief eindeutig nach Hilfe. Ohne wirklich zu zögern lief Yui deswegen auch auf sie zu. Vielleicht brauchte sie ja einfach nur ein wenig Hilfe bei der Wegfindung? Die Karte der Umgebung, vor der sie stand, sprach zumindest dafür, dass es sich um so eine Art Problem handelte. Mit freundlichem Lächeln senkte der Magier seinen Kopf und schaute seine Gegenüber nun an. “Kann ich dir helfen?” Er blickte zwischen ihr und der Karte hin und her. "Ich kenne mich hier gut aus."
Ich bin gestrandet ..., schoss es durch Marys Kopf, während sie mit steigender Verwirrung die Karte des Parks studierte. Sie hatte einiges über interessante Sehenswürdigkeiten erfahren, aber ihre Unterkunft war natürlich nicht eingezeichnet. Was sollte sie nur tun? Wenn sie nicht in spätestens ein paar Stunden zurückkehrte, dann würde sich Nico schreckliche Sorgen machen und nach ihr suchen - und der arme Musikmagier brauchte im Moment wirklich nicht noch mehr emotionale Belastung. Mit verzogenem Gesicht knetete Mary die Hände und verfolgte noch einmal die verschiedenen Wanderwege mit den goldenen Augen. Sie war so konzentriert darauf den richtigen Weg zu finden, dass sie heftig zusammen zuckte, als sie plötzlich jemand ansprach. Marys ganzer Körper zeigte eine Abwehrreaktion ähnlich eines erschrockenen Hühnchens und ihr Mantel schien sich noch ein Stück mehr aufzuplustern. Die Augen geweitet, stieß die Jugendliche ein Fiepen aus, das genauso gut von einem Meerschweinchen hätte stammen können. Ihr Blick ging zur Seite, doch der Unbekannte hatte nicht vor sie auszurauben oder zu bedrohen. Mary war so schockiert davon, dass die Großstadt vielleicht doch nicht vor Kriminellen und Fieslingen wimmelte, dass sie geschlagene drei Sekunden auf die Brust des Fremden starrte, bis sie bemerkte, dass sein Kopf ein ganzes Stück weiter oben war. Hochgewachsen ragte diese Person über Mary hinweg, die den Wolkenkratzer von Mann reichlich überfordert entgegenblinzelte. "G-guten Tag!", meinte sie zunächst der Höflichkeit wegen, auch um das gesprochene zu verarbeiten, was durch den Schreck zu irgendwelchem Kauderwelsch geworden war. Der junge Mann zeigte auf die Karte. Und er trug eine Waffe! Mary wollte schon wieder ausflippen, da erkannte sie die Uniform. Es war nicht exakt dieselbe, die sie von ihrem Zusammentreffen bei einer Quest mit einem der Rune Knights kannte, aber sehr ähnlich.
Kurzes Blinzeln. "Ich bin ...", begann sie und zeigte auf das Schild mit der Karte. Ich bin Schild? Mary atmete einmal tief durch. Erst, nachdem sie die aktuelle Situation einigermaßen unter Kontrolle und die ahnenbedingten Fluchtreflexe vor Großstadtfremden sich gelegt hatten, lächelte sie dem Ritter entgegen. Der hatte zwar nur den Ankh, aber für Mary hätte er gerade auch mit wallendem Haar auf einem weißen Ross herbeitraben können, so gelegen kam ihr der Typ. "Ich habe mich verirrt, meine ich. Meine Unterkunft ist in der Nähe - glaube ich - und ich wollte zu einem Café oder so ähnlich und etwas kaufen. Ich bin nicht von hier, also so gar nicht, und daher weiß ich nicht, wo was ist." Nervös auflachend hielt sie dem Knight ihre Hand hin. Sie wusste nicht, wie da das Protokoll war, aber ein kräftiger Händedruck war bestimmt erlaubt, oder? "Mein Name ist Mary Baumgardner. Ich wäre wirklich sehr dankbar für eine kleine Hilfe. Du hast bestimmt ganz viel Wichtigeres zu tun, aber wenn du mich vielleicht ein Stück führen könntest ..." Mit Wegbeschreibungen konnte Mary nämlich leider auch herzlich wenig anfangen. Peinlich berührt schaute sie Yuitora in die Augen und versuchte nicht zu wirken wie das Landei, das sie war. Wenigstens schien auf die Runenritter Verlass zu sein!
Als Rune Knight war es Yuis Aufgabe, jeder Person zu helfen, nach Hilfe rief oder so aussah, als würde sie welche gebrauchen können. Und er nahm sich gerne die Zeit, immerhin war das auch Teil seines Jobs, der Bevölkerung etwas Gutes zu tun. Es musste nicht immer die spannende Verbrecherjagd oder das Aufklären böser Verschwörungen sein. Einer alten Dame die Einkäufe nach Hause tragen war für den Blauhaarigen genau so wichtig. Oder in diesem Fall, einer verlorenen Seele bei der Orientierung helfen. Er hatte mit der Reaktion seiner Gegenüber nicht wirklich gerechnet, es tat ihm schon ein wenig Leid, ihr so einen Schrecken eingejagt zu haben. Schnell nahm er einen Schritt Abstand, um ihr nicht zu nahe zu treten. “Ah, entschuldige. Ich hoffe, ich habe dir keine Angst eingejagt?” Er musterte das Mädchen vor ihm flüchtig. Ihre Körperhaltung war sehr zaghaft und ihre Augen voll von Unsicherheit. Es wäre wohl am besten, wenn er ihr erstmal ein paar Sekunden der Ruhe gab, damit sie sich beruhigen konnte. Immerhin war er nicht hier, um sie zu verscheuchen, sondern um seine Hilfe anzubieten. Auch wenn er sie nicht dazu drängen würde, sich helfen zu lassen. Ich bin? Der Tomoeyasu schaute zwischen ihr und der Karte hin und her. Es wäre gelogen, wenn er bestreiten würde, dass ihm der “Ich bin Schild” Gedanke nicht ebenfalls gekommen, auch wenn er diesen natürlich für sich behielt. Er konnte sich natürlich denken, was sie meinte, auch wenn sie es nicht aussprach.
Letztendlich schaffte die Blonde es, ihr Problem mitzuteilen und nun wirkte sie auch nicht mehr ganz so eingeschüchtert wie zuvor. Das war doch eine gute Sache! Ein weißes Ross besaß er zwar nicht, dafür konnte Yuitora mit seiner freundlichen Art und seinen Kenntnissen der Umgebung bestimmt weiterhelfen. “Verstehe.” Mit freundlicher Stimme hob er seinen Arm und erwiderte den Händedruck seiner Gegenüber. “Ich bin Yuitora Tomoeyasu, meines Zeichens Rune Knight. Freut mich, dich kennenzulernen, Mary.” Sagte er stolz und zog seinen Arm nach der freundlichen Geste wieder zurück. “Wichtigeres? Mach dir keine Sorgen, das gehört auch zu meiner Tätigkeit. Und ich helfe dir sehr gerne.” Seine Augen wichen nun vom Landei zur Karte. Ja, er konnte schon verstehen, wieso diese Stadt für Außenstehende nicht gerade einfach zu manövrieren war. Crocus war immerhin riesig und selbst Yui kannte längst nicht alle Ecken dieser Stadt. Und er lebte sein ganzes Leben hier! “Lass mich mal überlegen…” Das Schild zu lesen war für ihn nicht schwer, doch auch ohne dieses kannte er die Umgebung um den Park herum relativ gut. “Wenn man dem Weg hier links folgt, kommt man zügig an der Prinzessinnenstraße an. Da gibt es viele Souvenirläden und Cafés.” Mit seiner Hand zeigte er in die angegebene Richtung, wo der Weg durch eine dichter bewaldete Stelle des Parks führte. Würde man diesen hinter sich lassen, hatte man schon fast einen Ausblick auf eines der beliebtesten Cafés der Gegend. “Wenn du dir also für deinen Besuch hier noch ein kleines Andenken besorgen willst, ist das der richtige Ort.” Er hatte kein Problem damit, sie bis dorthin zu begleiten. Insbesondere, wenn sie schon explizit darum bat. “Das ist dein allererstes Mal hier in Crocus, oder?”
Marys Augen weiteten sich, als Yuitora ihr enthüllte, dass es sich bei ihm nicht nur um einen einfachen Runensoldaten handelte, sondern um einen Rune Knight. Die Elite des königlichen Militärs! Die Baumgardner hatte bereits an der Seite eines Knights namens Cassius gekämpft. Außerdem hatte sie auch persönliche Verbindungen zur Organisation: Marys Großvater und Vater hatten sich in jungen Jahren dem Heer angeschlossen. Allerdings mit recht unterschiedlichem Erfolg. Angeblich hatte ihr Großvater - Karl Baumgardner - es sogar in die Ränge der Rune Knights geschafft. Doch die meisten hielten die Heldengeschichten, die der alte Schmied nach dem dritten Bierchen zum Besten gab für nichts weiter als Märchen, mit denen er seine Enkelkinder unterhalten wollte. Wenn Yuitora also ein Rune Knight war, dann nahm er sich hier einfach so Zeit für niedere Belange. Hatte die Elite des Königreichs wirklich Zeit für Arbeit mit Zivilisten? Oder schaufelte er sie sich vielmehr frei? Mary lächelte. "Freut mich auch, dich kennen zu lernen, Yuitora", erwiderte das Landei die freundliche Begrüßung und verschränkte anschließend die Arme hinter dem Rücken. Leicht auf der Stelle wippend wandte sie sich dem Schild zu, das ihr Begleiter genauer studierte. Dabei verzog Mary das Schnütchen, als würde sie nicht in Kürze eine Wegbeschreibung, sondern ein Schadensgutachten von dem Größeren erhalten.
Yuitora kam auf eine Idee, die Mary durchaus zusagte. Ein Café war genau das, was sie suchte! Aber der Name "Prinzessinnenstraße" klang doch recht edel. Da die Baumgardner ziemlich sparsam lebte, hatte sie zwar für den Ausflug nach Crocus einige Jewels mitgenommen, aber sie war sich nicht ganz sicher, ob ihr Vermögen für die Touristenspots von Crocus Town ausreichend war. Aber Yuitora wirkte ehrlich. Ganz bestimmt würde er sie nicht in eine Geldfalle locken, nur weil sie sich hier nicht auskannte, oder? "Das klingt ziemlich königlich - bist du sicher, dass jemand wie ich dort hinpasst?" Mary gestikulierte an ihren Körper herab. Weniger die Form war entscheidend als die Tatsache, dass sie eine offensichtlich nicht der aktuellen Mode entsprechende Jacke, graue selbstgestrickte Strümpfe und ein Wollkleid trug, das man normalerweise eher bei Oma im Schrank hängen sah. Ihre Erscheinung passte eher in einen Tante Emma Laden als in eine schicke Boutique der Großstadt. "Ein Andenken kommt mir aber sinnvoll vor. Ich könnte etwas für mein Zimmer im Gildenhaus gebrauchen." Sie runzelte die Stirn, nickte dann jedoch, als Yuitora wissen wollte, ob sie zum ersten Mal hier war. Freundlich, dass er nicht erwähnte, wie offensichtlich das war, wo sie es doch geschafft hatte sich in einem Park zu verirren. Langsam beschlich das Landei der Eindruck, dass ihr Gegenüber das Herz am rechten Fleck hatte. "Das stimmt. Normalerweise bin ich im Süden unterwegs, für meine Gilde. Ich bin bei Satyrs Cornucopia." Beim Nennen ihres Gildennamens straffte Mary die Schultern etwas und lächelte breiter - der Stolz war ihr deutlich anzusehen. Auch wenn ihre Gilde bei vielen eher als "Hobbygilde" verschrien war, die nicht gerade berühmt dafür war, regelmäßig die Welt zu retten, war Mary doch mit Herz und Seele Mitglied. "Wie findet ihr euch hier nur zurecht? Alles ist riesig und nichts ergibt Sinn ... Aber die vielen Blumen sind schön! Geh ruhig vor, ich folge dir!"
Um eine völlig neue Person in dieser Stadt wie Mary das Geld aus der Tasche zu locken, gab es noch ganz andere Orte. Viele waren eher in der High Society angesiedelt und würde einen normalen Bürger nur beim Anblick pleite machen. Und auch wenn man jemanden aufgrund seiner Kleidung nicht wirklich einschätzen sollte, sah Mary nach einer Person aus, die sofort von allen hochnäsigen Personen dieser Stadt geächtet und hinter ihrem Rücken verspottet werden würde. Ja, manche waren so traurig über ihr eigenes Dasein, dass sie das von anderen runtermachen mussten. Yui durfte sich diese Gespräche nur allzu oft anhören und es hing ihm zum Hals heraus. Zum Glück war die Prinzessinnenstraße kein solcher Ort. Mit freundlichen Lächeln schüttelte er also den Kopf, um die implizierte Annahme seiner Gegenüber zu verneinen. “Es mag vielleicht sehr edel klingen, aber dem ist nicht so. Die Prinzessinnenstraße ist ein Ort, an dem viele Bürger der Stadt ihre Zeit verbringen. Die Cafés sind sehr erschwinglich. Wenn ich so nachdenke…” er legte kurz eine Hand an sein Kinn und schaute gen Boden. “Es gibt ein oder zwei Läden, die man mit wenig Geld vielleicht meiden sollte, doch zum Großteil wird man dort auch mit wenig zufrieden. Wie klingt das?” Falls die Baumgardner wirklich noch Bedenken hatte, dass dieser Spot unpassend für sie war, hatte er auch noch ein oder zwei andere Ideen. Wenn nicht, umso besser. Die beiden traten immerhin schon den Weg an!
“Satyrs? Mit jemandem aus deiner Gilde hatte ich schonmal das Vergnügen.” Meinte er mit einem Lächeln im Gesicht. “Kennst du eine Ronja?” Ja, die Vogeldame war sehr nett und hatte ihn damals auf einer Quest in Aloe begleitet. “Falls du sie mal siehst, richte ihr Grüße aus.” Es war für ihn momentan leider unmöglich, sich selbst nach Maldina zu begeben, außer er hatte einen Auftrag. Außerdem kannten die beiden sich ja nicht so gut, als dass man es wirklich verantworten könnte, einfach ungefragt dort aufzutauchen. Und einen Brief schreiben? Dafür war einfach schlicht keine Zeit. “Dann freue ich mich schon einmal auf eine mögliche Zusammenarbeit in der Zukunft.” Es war immerhin nicht unmöglich, dass er erneut mit jemandem aus dieser Gilde speziell zusammen auf eine Quest geschickt wurde. Die Chance war zwar nicht unbedingt hoch, aber sie war da. Und Mary schien auch wie eine angenehme Gesellschaft zu wirken, dementsprechend war Yuitora dem Gedanken nicht abgeneigt. Wie man sich hier zurechtfand? Gute Frage, ehrlich gesagt. Ein kurzes kichern entwich dem Magier, er konnte diesen Gedanken nur allzu gut nachvollziehen. “Man gewöhnt sich dran und lernt die Umgebung, die man häufig besucht.” Er schaute sich um, blickte auf die umherlaufenden Leute. Die, die auf den Parkwiesen saßen oder spielten, die an ihnen vorbeigingen und ihre täglichen Geschäften nachgingen. “Die meisten Bewohner von Crocus werden niemals die gesamte Stadt sehen oder kennen. Dafür ist sie einfach zu groß. Als Rune Knight sehe ich vermutlich deutlich mehr, da mich meine Arbeit auch in die tiefen Ecken schickt. Aber jemand, der hier nur lebt, sieht seine gewohnte Umgebung und vielleicht ein wenig mehr. Den Park zum Beispiel. Oder den Domus Flau. Oder…die Prinzessinnenstraße.” Sagte er, als sie genau in diesem Moment um die richtige Ecke bogen und nun in einer vollkommen belebten Straße landeten. Überall liefen Personen herum. Eine wahre Vielfalt von Leuten jeglicher Altersklasse und Volk. An den Seiten gab es an jeder Ecke einen Laden oder einen Stand. Es war zwar noch lange nicht so belebt wie die Königsstraße, doch die Prinzessinnenstraße sollte Mary einen guten Eindruck davon geben, was Crocus alles zu bieten hatte. "Beeindruckend, oder?"
Mary hatte mal wieder Glück gehabt. Nicht nur hatte sie sich an einem recht angenehmen, hübschen Ort verirrt, sondern war auch direkt in die Arme einer freundlichen Person gelaufen, die ihr den Weg zeigte. Das war nicht unbedingt selbstverständlich. Immerhin hatte die Baumgardner auf ihren Abenteuern schon die ein oder andere seltsame Gestalt kennen gelernt, ob wildgewordene Löwen, hämische Feenkinder oder düstere Genossen, die sich nichts Besseres vorstellen konnten, als kleine Baumgardner auszurauben. Mittlerweile war Mary kein leichtes Ziel mehr, doch sie wollte sich hier in der Großstadt trotzdem nicht an Orte verirren, wo man ihr ans Leder oder an die Jewels wollte. In Maldina gab es bestimmt auch weniger gute Ecken, doch der Maßstab war eben sehr viel kleiner. Wer wusste schon, was alles in Crocus lauern mochte ...
"Das klingt gut! Ich habe eh das Gefühl, alles in der Stadt ist irgendwie edel. Der ganze Marmor und die Blumen ..." Rein vom Anblick her konnte man Crocus Town sicherlich als eines der Juwele von Fiore bezeichnen. Ihr war die Stadt durch die Anwesenheit von Nicolos Eltern etwas unsympathischer geworden, doch Mary würde sich nicht erlauben einen ganzen Herkunftsort abzuschreiben, nur weil dort ein paar Rindviecher in Menschenform hausten. Sie folgte Yuitora und fasste den Entschluss, dem allen hier noch eine zweite Chance zu geben. Sie würde etwas besorgen, Nico aufmuntern und dann konnten sie vielleicht ein paar Wahrzeichen besuchen gehen! Beim Gehen dachte Mary jedoch zunächst über die Worte des Knights nach. "Ich hatte bisher noch nicht persönlich mit ihr zu tun, aber ich weiß, wer sie ist!" Zumindest vom Namen kannte Mary viele Mitglieder ihrer Gilde, da sie das Questboard der Satyrs verwaltete und daher öfter einmal Belohnungsauszahlungen mit dem Finanzexperten der Gilde durchging. "Ich wusste gar nicht, dass wir so oft mit den Rune Knights zusammen arbeiten! Ich habe auch schon mit einem Knight zusammen gekämpft. Cassius war sein Name! Oh, die Freude ist ganz auf meiner Seite. Wenn du einmal nach Maldina kommst, schau ruhig im Gildenhaus vorbei!" Wie ein Entenküken stakte Mary hinter dem deutlich größerem Yuitora her und ließ sich durch die Gassen führen, die namenlos und ohne Erkennungsmerkmale an ihr vorbeizogen. Wenn alles fremd war, dann fiel es dem Landei schwer, sich zu orientieren. Dennoch nickte sie auf die Worte ihres Begleiters. Sie lebte zwar nun schon eine ganze Weile in Maldina, aber als Expertin würde sich Mary eher nicht bezeichnen. Vielleicht sollte sie mal ein paar Abende in der Stadt verbringen und sich mit den ganzen Freizeitangeboten vertraut machen ... Aber dafür musste sie Crocus Town überleben!
Während Yuitora seine runenritterliche Weisheit mit ihr teilte, traten die beiden auf die Prinzessinnenstraße hinaus. Mary konnte nicht anders: Ihr Mund klappte auf. Zwar hatte sie schon auf dem Weg vom Bahnhof zu ihrer Unterkunft und zum Künstlerviertel, wo die Peraltas lebten Menschenmassen beunruhigenden Ausmaßes gesehen, aber an der Hauptverkehrsader hatte sie ja auch damit gerechnet. Hier, auf einer einfachen Einkaufsstraße wurde Mary beinahe von der Vielfalt der Bewohner und Völker erschlagen. Auch Maldina war eine bunte Stadt, doch die Einwohnerzahlen waren einfach nicht zu vergleichen. Wo man sich im Park noch etwas verlaufen hatte, sah man hier die unterschiedlichsten Gestalten und Läden. "Oh, wow", entfuhr es dem Landei in ehrlicher Bewunderung. Sie wusste gar nicht, wo sie zuerst hinsehen sollte und war froh, einen Ortskundigen an ihrer Seite zu wissen. "Und hier arbeitest du? Machen alle Rune Knights dieselben Sachen wie du? Wie behaltet ihr hier nur den Überblick ...?" Die Rune Knights waren eben doch noch einmal etwas Anderes als die kleinen, aber feinen Satyrs ...
“Edel, ja? Crocus hat wunderschöne Ecken, das stimmt. Insbesondere die Gegend um Mercurius herum wird täglich gesäubert und aufpoliert.” Immerhin durfte man beim Königspalast ja keinen miesen Eindruck bekommen. Es wurde besonders Wert darauf gelegt, dass sowohl Touristen als auch Bewohner immer einen perfekten Blick auf den Palast bekamen. “Wenn du die Straßen in der Nähe des Palastes betrachtest, wirst du so gut wie keinen Müll finden. Die Wachen sind sehr penibel, wenn es darum geht, einen guten Eindruck zu machen.” Auch wenn Yui nicht glaubte, dass ein oder zwei Dinge auf dem Boden dem gesamten Gebilde einen schlechten Ruf verschafften, würde er nen Teufel tun und was dagegen sagen. War doch ganz schön, wenn sich Leute nicht wie Dreckspatze verhielten und ihr Zeug auch in dafür vorgesehenen Behältnisse warfen. “Wahrscheinlich haben Satyrs Cornucopia und die Rune Knights schon öfter miteinander gearbeitet, als du denkst. Auch wenn es viele Gilden in Fiore gibt, seid ihr nicht unbekannt.” Und sie hatten ja auch keinen schlechten Ruf. Klar waren sie dafür bekannt, sehr viele Freigeister und Eigenbrötler unter ihren Mitgliedern zu verzeichnen. Das schien bei einer künstlerischen Gilde kein Wunder zu sein. Doch bisher hatte der Blauhaarige eigentlich nur Positives über sie gehört und selbst erlebt. Ronja war eine fähige Partnerin gewesen und hatte ein ausgesprochen interessantes Set an Fähigkeiten. “Das Angebot nehme ich gerne an. Ob ich dafür die Zeit habe, kann ich allerdings nicht sagen.” Er war viel beschäftigt, auch wenn ein beachtlicher Teil selbst auferlegt war. “Mit Cassius? Dann bist du an einen unserer vorbildlichsten Rune Knights geraten. Ich habe bereits einiges von ihm lernen können. Um an sein Können heranzukommen, muss ich allerdings noch deutlich härter arbeiten.” In gewisser Weise war der Velnarion ein Ziel, welches Yuitora erreichen wollte. Sie beide waren Schwertkämpfer, die sich dem Meistern der Klinge verschrieben hatten. Ahh, alleine der Gedanke entfachte das Feuer in seinem Inneren erneut.
Für Yui war der Anblick der Prinzessinnenstraße mittlerweile nichts besonderes mehr gewesen. Doch für Mary eröffnete sich gerade anscheinend eine ganz neue Welt. Ja, kein Wunder. Wie sie wohl reagierte, wenn er sie durch die größeren Straßen der Stadt geleiten würde? Naja, sie wollten es ja nicht übertreiben und das Mädchen in eine Schockstarre versetzen. Das hier war wohl gut genug für den Anfang. “Die ganze Stadt ist mein Arbeitsplatz. Eigentlich sogar das ganze Königreich. Aber wenn man es so ausdrücken will: Ja, ich arbeite hier.” Erwiderte er nur mit freundlichem Gesichtsausdruck. “Hmmm, das kommt ein wenig drauf an. Viele Patrouillen werden üblicherweise von den Runensoldaten durchgeführt. Und insbesondere die höherrangigen Rune Knights werden eigentlich nie für solche Arbeiten eingeteilt. Ich übernehme das hier aber recht gerne. Man weiß ja nie, wo etwas passieren könnte und dann bin ich immerhin schnell zur Stelle.” Für Yui war das nunmal Teil des Jobs. “Aufpassen, dass niemand etwas anstellt. Die Gegend beobachten. Leuten dabei helfen, sich zurechtzufinden.” Beim letzten Beispiel schaute er die Baumgardner eine Sekunde lang direkt an, bevor er seinen Blick wieder auf die Straße wandte. “Je länger man in solchen Menschenmassen unterwegs ist, desto einfacher gewöhnt man sich daran. Alles im Blick zu behalten ist unmöglich, doch man wird besser darin.” Sich zu merken, was gefühlte 3 Millionen Menschen hier gerade taten, das konnte nur ein Übermensch. “Also, was genau suchst du? Hast du denn eine Idee?”
"Mercurius?" Mary wusste nicht, was Yuitora meinte, doch sie nickte gewichtig und sah sich um. Leider konnte sie auf Anhieb kein Ladenschild mit dem Schriftzug erkennen. Vielleicht hatte sie es beim Vorbeilaufen übersehen? "Gesäubert und aufpoliert, verstehe." Eigentlich war die Baumgardner überhaupt nicht zynisch, aber bei so vielen Bemühungen um einen guten Eindruck und so einer feinen, ordentlichen Stadt fragte sich ein Teil von ihr, ob Crocus damit nicht eine Schattenseite verbergen wollte. Sie schritt an Yuitoras Seite weiter und ließ den Blick über die vielen verschiedenen Häuser schweifen, die ihren Weg säumten. Als ihre Begleitung auf ihre Gilden zum Sprechen kam, hoben sich Marys Augenbrauen. "Echt, meinst du?", fragte sie und tippte sich mit einem Zeigefinger gegen die Wange. Satyrs war eine gute Gilde, daher fand Mary es tatsächlich bei genauerer Überlegung überhaupt nicht abwegig, dass sich ihre Ziele mit denen der Rune Knights deckten. Auch wenn das Landei bei den Ankhträgern immer gleich an das Retten von Fiore dachte, mussten sie wohl alle ihren Teil zur Erhaltung der Ordnung beitragen. Dass sie nicht unbekannt waren, gefiel Mary natürlich, die mit Leib und Seele für ihre Gilde einstand. "Das ist toll! Ich freue mich, dass man auch hier von uns gehört hat! Manchmal fühlt es sich an, als wären wir doch recht abgelegen, aber es lohnt sich auf jeden Fall, uns zu engagieren!" Unverfroren rühte Mary direkt weiter die Werbetrommel. Ihre Gildenmeisterin wäre bestimmt stolz! Die schätzte es immer sehr, wenn man die Kunde über die Gilde verbreitete. Leider hatte Mary kein Poster oder dergleichen dabei. Andererseits wäre es bestimmt komisch, Yuitora etwas davon anzudrehen. Der wusste ja bereits von ihnen und musste nicht mehr überzeugt werden, dass das Füllhorn großartig war. "Das verstehe ich. Komm einfach vorbei, wenn du die Zeit findest. Du hast bestimmt viel zu tun." Mary konnte sich gar nicht vorstellen, wie durchgetaktet der Tagesablauf eines Runensoldaten sein musste. Wenn sie an ihre Gilde dachte, dann wäre der Alltag im Militär für die meisten dort wahrscheinlich der schlimmste Alptraum. Eigentlich konnte sich Mary nur Arkos ganz gut mit einem strengen Tagesablauf vorstellen, der Schmied hatte auf sie immer sehr ernsthaft und ergebnisorientiert gewirkt. Mary lenkte den Blick zurück zu Yuitora und nickte, als dieser Cassius erwähnte. "Er ist ziemlich stark und ich verdanke ihm viel. Auch wenn das Fliegen etwas gruselig war, haha", gab die Baumgardner mit einem nervösen Auflachen zu. Normalerweise blieb sie eben lieber auf dem Boden der Tatsachen. "Mein Großvater sagt immer, dass Bescheidenheit ein Zeichen von Stärke und eine ritterliche Tugend ist. Du bist also auf einem guten Weg!"
Mit verschränkten Armen blieb Mary kurz stehen und ließ nach ihrem ersten Moment der überwältigten Begeisterung die Augen über all die Möglichkeiten wandern, die sich ihr hier eröffneten. Das Landei hörte Yuitora dabei weiterhin zu, konnte ich an den ganzen fremdartigen Eindrücken aber nicht sattsehen. Das hier war wirklich ganz anders als ihre verschlafene Heimat! "Ich glaube, es ist gut, sich viel mit den Menschen zu beschäftigen, die man beschützt. Ich finde es auch wichtig bei uns im Süden gute Beziehungen zu den Bauern zu haben - das öffnet einem viele Wege. Ein wenig Freundlichkeit gibt einem viel, zum Beispiel einen lieben Wegführer." Sie erwiderte Yuitoras Blick mit einem Grinsen. "Ist schon erstaunlich, woran man sich gewöhnen kann", murmelte Mary mit einem Nicken. Für sie war es im Moment unvorstellbar, sich jemals hier zurechtzufinden. Yuitora war ihre einzige Rettung vor dem Strudel der Großstadt. "Ich bin mit einem Freund angereist, der ein paar ... Meinungsverschiedenheiten mit seiner Familie hat. Ohne ins Detail gehen zu wollen, kann er etwas Aufmunterung gebrauchen. Ich dachte daran, ihm ein leckeres Gebäckstück zu besorgen und vielleicht ein hübsches Andenken. Er mag Musik und ... hm ... Kaffee."
“Ah, entschuldige. Mercurius ist der Königspalast im Zentrum von Crocus.” Yui hob seinen Arm und zeigte in die Richtung des riesigen Gebäudes, welches von hier aus klar zu sehen war. Nicht nur war er das Markenzeichen der Stadt, er diente auch als Orientierungspunkt für viele Leute. “Vielleicht kennen die meisten Leute außerhalb von Crocus diesen Namen nicht.” Naja, an sich war der Name auch nicht so wichtig, auch wenn es da bestimmt Individuen gab, die dem widersprechen würden. “Nun, Satyrs Cornucopia hat vielleicht nicht den Ruf als eine prestigeträchtige Gilde, die alles mit Perfektion und Sauberkeit erledigt. Doch aus eigener Erfahrung kann ich nur Gutes über euch sagen. Mir sind bisher soweit keine Berichte untergekommen, in denen man sich über euch beschwert hat.” Meinte er schließlich mit einem Lächeln. Es war ja nicht wichtig, wie bekannt eine Gilde war, sondern die Arbeit, die sie verrichteten. “Und wenn ich die Zeit habe, werde ich mich wohl persönlich davon überzeugen.” Wann er sie besuchen würde? Vermutlich nicht in nächster Zeit. Aber irgendwann bestimmt. Stumm lauschte Yui den Worten seiner Begleitung, die auch nur Gutes über Cassius zu erzählen hatte. Naja, bis auf ihre Flugerfahrung…das konnte der Tomoeyasu selbst nicht beurteilen, bisher war ihm dieses Vergnügen erspart geblieben. “Bescheidenheit, hm?” Ob es das wirklich war? Ein paar Sekunden ließ er diese Worte einfach im Raum stehen, bis seine Gedanken geordnet waren und es ihm möglich war, darauf eine geeignete Antwort zu geben. “Es ist für mich einfach eine Erinnerung daran, dass ich die Grenze noch lange nicht erreicht habe. Wenn ich meine eigenen Fähigkeiten nicht ausreichend einschätzen kann, werde ich eines Tages eine Fehlentscheidung treffen. Und das will ich grundsätzlich vermeiden.” Für ihn konnte eine falsche Entscheidung den Unterschied zwischen einem geretteten und einem verlorenen Leben bedeuten.
Jemandem dabei zuzusehen, wie sie von all diesen Eindrücken überwältigt wurde, war immer wieder ein gutes Gefühl. Es hieß, dass Mary diesen “Wow” Moment sicher noch ein paar Mal haben würde, wenn sie durch die Straßen gingen. Ihren Kommentar zum lieben Wegführer erwiderte der Blauhaarige mit seinem eigenen Lächeln. “Nun, ich hoffe dieser liebe Wegführer kann dir bei deiner Suche nach einem Geschenk auch ausreichend helfen.” Meinte er und überlegte dann. Gebäck…Musik…Kaffee…hmmmm. Seine Augen wanderten umher und es war nicht zu übersehen, wovon die Prinzessinnenstraße sicherlich genug besaß. “Cafés wirst du hier zu Genüge finden. Die meisten davon bieten Gebäck oder Kuchen an, bei mitnehmbarem Kaffee bin ich mir allerdings nicht sicher. Da ist es am besten, sich direkt beim Personal zu informieren.” Musik war wohl eher das, was nicht so einfach werden würde. “Musik…wenn ich mich recht entsinne, gibt es hier irgendwo einen Laden, der Souvenirs aus Holz anbietet. Vielleicht findet sich dort etwas.” Das war schon etwas spezifischer, aber bestimmt nicht unmöglich. Irgendwas würden sie ja schon finden!
Mercurius war also der Name des Königspalastes? Mary legte den Kopf in den Nacken und folgte Yuitoras Geste zum prunkvollem Gebäude, das man von hier (und vermutlich überall in Crocus) gut sehen konnte. Dort wirkte es gleich noch viel edler aus als auf den ohnehin schon gut gepflegten Straßen der Hauptstadt, aber das schätzte Mary nicht als ungewöhnlich ein. Vermutlich gebührte es dem Herrscher eines Königreiches nicht anders. Sie selbst hatte wenig Erfahrung mit solch prunkvollen Bauten und dachte er an die Nutzfläche, die man damit verschwendete - aber beeindruckend fand sie das Gebäude schon. Sie nickte bei der Erklärung ihres spontanen Stadtführers leicht und fühlte sich einen Moment wie ein Tourist auf einer privaten Tour durch die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Irgendwie stimmte das sogar, oder nicht?
Yuitora schien viel zu arbeiten. Bisher machte er auf Mary einen pflichtbewussten und tüchtigen Eindruck. Auch seine Bescheidenheit gefiel der Baumgardner, denn sie wirkte nicht so, als würde er ihr nur etwas vorspielen. Vermutlich war der Rune Knight ein Vertreter seines Faches, wie es ihrem Großvater gefallen hätte. Mary lächelte leicht und nickte abermals, auch wenn sie seine Aussagen nachdenklich stimmten. "Verstehe. Es ist wichtig, sich nicht zu unterschätzen, aber auch nicht zu überschätzen. Hört sich an, als müsstest du eine Menge bedenken." Das Leben als Ritter des Königreichs musste wirklich anders sein als die teils spektakuläre, aber doch größtenteils verschlafene Existenz in einer eher kleinen Gilde. Auf ihr lastete selten die Verantwortung für Menschenleben. Wenn man Mary fragte, war das auch gut so.
Die Umgebung übte noch immer einen Zauber auf die Baumgardner aus, doch allmählich begann sie in all der Wunderwelt auch Einzelheiten auszumachen. Dennoch hielt sie sich wie ein Entenküken an Yuitora, um im Strom aus Gesichtern und Eindrücken nicht abzutreiben und ihren einzigen Fixpunkt zu verlieren. Die Fülle an Cafés fiel sogar dem überforderten Landei auf. Überall saßen plaudernde Freundesgruppen und turtelnde Pärchen unter bunten Schirmen und an von Blumenampeln überquellende Zäune gelehnt. Duft nach Kaffee und Zuckergebäck hing in der Luft und Kellner rotierten, um den Andrang zu stemmen. Je weiter sie in die Straße vordrangen, desto deutlicher wurde das Gesurre von hunderten Stimmen, das Gelächter ausgelassener Gäste und die Atmosphäre einer florierenden Metropole. "Lass uns mit dem Gebäck anfangen", schlug Mary vor und kämpfte sich an eine hübsche kleine Bäckerei heran, die ihre Schaufensterauslage mit kleinen Türmchen aus Törtchen dekoriert hatte, welche in allen Regenbogenfarmen erstrahlten. "Macarons...", wiederholte die Baumgardner erstaunt und schaute zu Yuitora auf. Mit einer Handbewegung bedeutete sie dem Ritter zu warten und verschwand einen Augenblick im Laden. Als sie wieder herauskam, hatte sie eine große und eine kleine Schachtel in der Hand. Vorsichtig bat sie Yuitora darum, ihre Beute zu halten und förderte eine unscheinbare, rechteckige Dose aus ihrer Umhängetasche hervor. Als sie diese öffnete, glimmte ein Lacrima daran leicht auf. Die Bentobox verschluckte die Macarons aus der größeren Schachtel, obwohl diese vom Umfang her nicht hineinpassten. Als sie das magische Artefakt wieder einpackte, blieb die kleine Schachtel übrig. Sie war mit einer rosaroten Schleife verschlossen und duftete nach einer Mischung aus Schokolade und Vanille. "Die sind für dich! Ich wusste nicht, was du magst, also habe ich einfach gemischt. Bringst du mich noch zu diesem Laden mit den hölzernen Souvenirs?"
“Eine Menge, ja. Das stimmt wohl.” Eine Menge war vielleicht sogar eine Untertreibung, doch er hatte nicht vor, Mary mit all den Einzelheiten seiner Tätigkeiten in den Schlaf zu befördern. Vieles davon war vermutlich auch einfach uninteressant oder nicht für so eine Situation gemacht. Er wollte, dass sie etwas Freude an dieser Unterhaltung hatte und nicht direkt mit dem starken Zeug ankommen. “Aber wenn ich es nicht machen wollen würde, wäre ich wohl nicht hier.” Ein Lächeln zierte sein Gesicht, während sie die Prinzessinnenstraße betraten und Mary sich erstmal an den Gesamteindruck gewöhnen musste. Wie es wohl war, von so vielen Sinneseindrücken erschlagen zu werden? Für Yuitora war dies der Alltag, in dem er lebte. Seine Erinnerungen an das erste Mal in den Menschenmassen von Crocus waren nicht mehr als ferne Bilder, deren Silhouetten schon verschwammen. Und auch wenn er aus einem freudigen Grund hier war, seine Augen scannten die Gegend und suchte nach potentiellen Problemen oder Gefahren. Teil seiner Berufskrankheit war es, stets einen wachsamen Blick zu behalten und immer vorbereitet zu sein. Was für den Job gut war, machte es dem Blauhaarigen jedoch unmöglich, wirklich zu entspannen. Selbst wenn er von außen nicht so wirkte, stand er doch die ganze Zeit unter Strom. Auch als Mary sich kurz abkapselte, um ihren Gebäckplänen nachzusehen, war Yui aufmerksam am schauen. Heute verlief es jedoch recht friedlich, es schien nicht mehr Trubel als sonst zu herrschen. Hier und da drängten sich Personen vorbei, doch alles in allem war die Stimmung ausgelassen und freudig.
Stumm schaute er seiner Begleitung dabei zu, wie sie sich wieder neben ihn stellte und eine rechteckige Box aus ihrer Tasche holte. Yui legte seinen Kopf schief und beobachtete, wie das Ding die größere Schachtel einsaugte und in ihrem Inneren verschwinden ließ. “Sehr praktisch.” Kommentierte er und blickte schließlich auf die Schachtel, die noch übrig blieb. Die war für ihn? “Oh, das wäre nicht nötig gewesen. Ich bedanke mich dennoch.” Meinte er und ließ das Souvenir in seiner eigenen Tasche verschwinden. Yui war kein Freund von Süßigkeiten und aß diese auch eigentlich nie, doch das würde er Mary nicht einfach so ins Gesicht sagen. Immerhin war es ein Geschenk, welches sie ihm einfach so gegeben hatte und es abzulehnen wäre sehr respektlos. Vielleicht probierte er später mal ein Stück und würde den Rest ansonsten an seine Geschwister verteilen. Die konnten damit deutlich mehr anfangen als der Blauhaarige. “Lass mich kurz schauen…” Meinte er und strengte seine Adleraugen erneut an, sowie sein Gehirn. Der Laden war schnell gefunden, dafür mussten sie nur an ein paar weiteren Geschäften entlang und direkt an der Ecke einer kleinen Nebenstraße befand sich der Eingang zum Geschäft. Allerlei hölzerne Figuren waren vorne ausgestellt. Von Tieren über Gegenständen bis hin zu…komischen Formen, die der Tomoeyasu nicht zuordnen konnte. “Soll ich erneut warten?” Es würde ihn nicht stören, sie sollte nur sagen, was sie wollte. Er hatte auch nichts dagegen, ihr bei der Auswahl eines Geschenkes zu helfen, auch wenn Mary vermutlich am besten wusste, was ihr Freund mögen würde.
Mary hatte zwar nicht die berufsbedingte Wachsamkeit eines Rune Knight, doch auch ihr fiel auf, dass sich Yuitora nicht wirklich entspannte. Vemutlich sah er diesen Ausflug hier eben auch einfach nur als Teil seiner Pflicht ... Dabei wirkte die Umgebung so friedlich und idyllisch, trotz der Menschenmassen. Vielleicht lag es an den Bemühungen von Leuten wie den hochgewachsenen Blauschopf, dass genau dieser Eindruck bei Touristen wie Mary entstand. Das Landei freute sich, als er ihr Geschenk annahm. Ungeachtet dessen, ob er die Süßigkeiten nun gerne aß oder nicht, wollte sie sich einfach bei ihm bedanken. Vielleicht sah er das hier als Pflicht oder Selbstverständlichkeit an, aber die Baumgardner nahm solches Verhalten nicht auf die leichte Schulter. Sie kam schließlich aus einer ordentlichen Familie, die sich für die harte Arbeit ihrer Mitmenschen bedankte! "Ist es! Eine meiner besten Freundinnen ist eine Oni und der kann man gar nicht genug Essen einpacken, musst du wissen", plauderte Mary locker und tätschelte ihre Tasche mit der Bentobox, nachdem Yuitora ihr kleines Artefakt kommentiert hatte. Sein Dank erntete ein fröhlich geflötetes "Aber gern!" und dann ging es auch schon weiter durch die geschäftige Straße.
Vor nicht allzu langer Zeit hatte Mary eine Quest erledigt, bei der sie im Windschatten eines anderen Rune Knight durch ein gewaltiges Unwetter gelaufen war. Im Strom der Massen fühlte sie sich an diese Quest erinnert, obwohl das hier natürlich emotional deutlich weniger aufreibend ablief. Trotzdem watschelte Mary brav wie ein Entenküken hinter Yuitora her und nahm den Knight als Wellenbrecher. Seine Uniform sorgte dafür, dass die Leute ihm Platz machten. Ob er die Blicke der Umstehenden bemerkte? Schade eigentlich, dass er so bescheiden über seine Fähigkeiten redete, wo seine Aufgabe doch so wichtig war.
Mary ließ sich zum Souvenirladen bringen und stieß ein begeistertes Quietschen aus, als sie die Auslagen entdeckte. Mit Handwerkskunst konnte man die Baumgardener als Schmiedetochter sowieso begeistern, und die vielen kleinen Tierchen und Objekte würden sich hervorragend in Nicos Wohnung machen. Wenn er sie einmal aufgeräumt hatte, vielleicht. Wichtiger war jedoch ohnehin, dass der Gedanke des Geschenks ankam. "Huh? Draußen warten? Nicht doch!" Mary stand schon in der Tür, kam aber wieder zurück und umfasste lachend das Handgelenk des Soldaten, um ihn mit sanfter Bestimmtheit in den Laden zu ziehen. Sofern er sich nicht zu sehr wehrte, durfte Yuitora also nicht nur als Führer, sonder auch als Stilberater fungieren, während das kleine Landei durch die Regale wanderte. Mary verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wippte aufgeregt auf den Fußballen auf und ab. Die leuchtenden, goldenen Augen suchten glänzende Tiere, Buchstützen und allerlei Blumenmotive ab. "Du musst dir keine Sorgen machen und die ganze Zeit aufpassen, Yuitora. Ich weiß, dass du technisch gesehen gerade im Dienst bist, aber ... Spaß haben schadet doch niemanden, oder? Was machst du denn gerne in deiner Freizeit?" Die Baumgardner hob eine Holzschnecke an und zeigte Yuitora das bemalte Haus. "Ist wichtig, dass du einen Ausgleich hast und auch mal rauskommst, weißt du?"
Vielleicht war genau die Idylle und der friedliche Eindruck, der Yuitora niemals entspannen ließ. Er wollte diesen Frieden bewahren. Nicht für sich selbst, sondern für die Leute, die in diesem Frieden lebten. Natürlich war die Anerkennung nicht schlecht, die sie ihm für solche Aufgaben zeigten, doch am Ende sah er glückliche Gesichter viel lieber als traurige. Er musste sich selbst unter Strom setzen, um jederzeit reagieren zu können. Und auch wenn er es versuchte, immer zu verstecken, vielleicht war es doch offensichtlicher, als er wollen würde. “Eine Oni, ja? Ich habe gehört, dass solche Wesen ziemlich groß sein sollen, bin aber noch nie einem begegnet.” Wenn die Geschichten stimmten, war es kein Wunder, wieso Mary so viel Essen einpacken musste…und wieso sie so eine kleine Box hatte, in die deutlich mehr reinpasst, als man vermuten würde. Solche magischen Gegenstände hatten etwas sehr praktisches, das musste er zugeben. Und für längere Einsätze wäre es bestimmt nicht schlecht. Hmmm… “Wenn ich fragen darf, woher hast du diesen Gegenstand?” Der praktische Nutzen hatte sein Interesse geweckt, vielleicht war es gar nicht so unklug, sich so ein kleines Gadget zu besorgen.
Augenscheinlich, und ihrem Quietschen nach zu urteile, freute seine Begleitung sich über den Laden, den er ihr gerade zeigte. Und im Gegenzug freute es Yui ebenfalls, wenn er ihr damit eine Freude machen und helfen konnte. Er würde nicht zu sehr ins Detail gehen wollen, was denn vorgefallen war, dass ihr Freund anscheinend so ein Geschenk vertragen könnte, doch so wie er Mary einschätzte, würde sie ihm bestimmt etwas sehr passendes heraussuchen. Nun blieb für ihn nur noch die Aufgabe, hier draußen zu warten un… “Hm…ohh?” Etwas überrascht schaute er die Blonde an, als diese ihn am Handgelenk in den Laden zog. Nein, er wehrte sich nicht dagegen, immerhin hatte er ja keine wirkliche Abneigung dagegen, ihr zu helfen. Es war für Yuitora nur selbstverständlich gewesen, dass das Mädchen wahrscheinlich die passenderen Ideen für ein Geschenk hatte. Er war nur der Aufpasser und Guide gewesen, doch anscheinend wollte sie ihn dabei haben. Ihr Enthusiasmus und ihre Positivität waren ansteckend, wer würde ihr also diesen Wunsch ausschlagen? “In meiner Freizeit?” Die Frage hatte er nicht erwartet und manchmal fragte er sich, was in seinem Tagesablauf überhaupt noch zur Freizeit gehörte. “Mein Plan ist recht strikt, ich arbeite eigentlich sehr viel.” Er überlegte jedoch, während seine Begleitung die Holzfiguren scannte. “Wenn ich nicht im Dienst bin, dann verbringe ich die Zeit, die ich habe, mit meiner Familie. Meine Geschwister sind, im besten Sinne, ziemlich zeitaufwendig.” Ja, er hatte nur sehr wenig Freizeit für sich alleine. So eine Gelegenheit, wie er es gerade mit Mary tat, bekam er nicht oft. “Spaß haben im Dienst ist…schwierig.” Das, was er momentan machte, war ja noch eine der entspanntesten Aufgaben. Richtige Aufträge fanden meist in Situationen statt, in denen man sich den Spaß nicht erlauben konnte. Für Yui war dies zumindest Realität.
Mary ließ ihre Hand auf der Tasche, die ihre magische Bentobox enthielt und schaute mit einem Lächeln zu Yuitora auf. Der Größenunterschied zwischen den beiden war beachtlich, aber der Baumgardner war das eigentlich ganz recht. Inmitten der vielen Leute ragte der Blauhaarige heraus wie ein farblich verwirrter Leuchtturm. "Sie sind ziemlich groß, ja. Wir haben ein paar davon in unserer Gilde, daher kommen sie mir vermutlich mittlerweile gewöhnlicher vor als sie sind ..." Nachdenklich tippte Mary sich gegen die Wange. Es stimmte; Oni waren wohl eigentlich eine Seltenheit, vor allem in großen Städten wie Crocus Town. So genau wusste sie nicht über das Volk Bescheid, aber es war schon auffällig, dass bei den Satyrs scheinbar ein Familientreffen der besonderen Art statt fand. Sie passten aber auch gut zum vergnügten, lauten Künstlerstimmung des Füllhorns. "Sie sind groß und wild und auch ziemlich ... rabiat. Aber ich glaube, sie haben alle ein mindestens so großes Herz! Hier würden sie allerdings vermutlich ganz schön Chaos anrichten." Marys Lächeln wurde etwas zweifelhafter, als sie sich die schöne Straße und die vielen kleinen Lädchen ansah und sie lachte nervös auf. Vielleicht war das besser so ... "Meine Bento? Eine Freundin hat sie mir besorgt Sie hat einen Laden für magische Gegenstände und verzaubert sie auch. Ich habe es ihr per Post geschickt, aber ihr Standort ist in Aloe Town, glaube ich." Kurz zögerte Mary. "Ihr Name ist Cassandra. Wenn du ihr einen Brief schreibst und meinen Name erwähnst, dann kann sie dir vielleicht auch eine besorgen. Was isst du denn gerne, Yuitora?" Die Rune Knights hatten ja bestimmt auch einen Postkasten ...
Im Laden selbst schleifte Mary den Größeren mit und schaute sich die Schnitzereien an, als hätte der Ritter sie in einen Laden für Edelsteine geschubst und ihr gesagt, dass alles umsonst war. Dieser natürliche, bodenständige Stil war genau das Richtige für die Baumgardner. Wenn sie etwas Gutes fand, dann würde Nico auf jeden Fall wissen, dass es von Herzen kam! "Klar, deine Freizeit!" So verwundert wie ihr Gesprächspartner klang, konnte man fast schon annehmen, dass er sich mit dem Konzept von Freizeit schwer tat. "Mit deiner Familie? Das kenne ich! Wie viele Geschwister hast du denn? Ich habe zwei Brüder, aber die sind wie zwanzig ..." Beide Baumgardner-Brüder hatten es auf ihre Art faustdick hinter den Ohren. Mary hingegen war immer eher die vernünftige Person gewesen, die gezwungen war, auf sie aufzupassen. Sie selbst hatte auch wenig persönliche Freizeit besessen. Das alles hatte sich durch ihre Gilde geändert, aber im Gegensatz zu so manchen Mitglied der Künstlergilde kam Mary auch mit zu viel Freiheit nicht klar - man brauchte eine gute Balance. Mit leuchtenden Augen griff Mary nach einer kleinen, geschnitzten Geige, deren Geigenbogen man sogar abnehmen konnte. Mit dem winzigen Instrument in einer Hand wandte sie sich zu Yuitora um, gerade, als er ihr offenbarte, dass der Dienst als Rune Knight alles andere als spaßig war. "Das klngt nicht einfach ...", meinte sie mitfühlend und stockte mitten im Satz, als ihr gewahr wurde, dass sie hier versehentlich und im wahrsten Sinne des Wortes die kleinste Geige der Welt für den Ritter spielte, der ihr hier seine alltäglichen Strapazen mitteilte. "Tut mir Leid, das ...pfff." Schnaubend drückte Mary sich die Hand mit dem winzigen Geigenbogen vor den Mund und prustete los.
Oh, sie hatten gleich mehrere Onis in Satyrs Cornucopia? Interessant, dabei hatte Yui nicht das Gefühl, dass es dieses Volk sehr oft in irgendwelche Städte verschlägt. Zumindest…nicht nach Crocus, sonst hätte er es bestimmt mal mitbekommen. Drei Meter große Personen würden vermutlich für eine Menge Aufmerksamkeit sorgen, insbesondere wenn sie so rabiat waren, wie Mary sie beschrieb. Der Rune Knight konnte sich irgendwie schon denken, wie viel Aufwand es sein würde, die entstehenden Unannehmlichkeiten in Schach zu halten. Auch wenn er persönlich daran interessiert schien, mal mit einem Oni zu quatschen. Es kam nicht oft, eigentlich sogar fast nie, vor, dass Yui mit jemandem zu tun hatte, zu dem er wortwörtlich aufschauen musste. Die wenigsten Menschen waren größer als er und mit Vertretern größerer Völker hatte er nicht so oft zu tun. Eine gewisse Neugier, wie Onis ihren Alltag in für Menschen gemachten Häusern lebten, war vorhanden. Ebenso die Neugier gegenüber der praktischen Box, in der Mary deutlich mehr Essen verstauen konnte, als man zuerst denken mochte. "Cassandra in Aloe Town, ja? Weißt du denn, wie ihr Laden heißt? Oder anderweitige Kontaktdaten? Ich würde mich da gerne ein wenig mehr erkundigen.” Wenn diese Cassandra solche praktischen Gegenstände vertreiben oder sogar selbst herstellen konnte, wäre es ja bestimmt nicht schlecht, da ein paar Kontakte aufzubauen. “Ich…hm…” Er musste kurz überlegen. Yuis Ernährung war das, was man wohl im generellen Munde als gesund betiteln würde. Eine ausgewogene Mischung aus Fleisch und Gemüse mit viel Protein und wenig Fett. Perfekt für sein Training und es sorgte immer dafür, dass er genügend Energie hatte. Aber was er davon am liebsten aß? “Lass mich darüber ein wenig nachdenken, während du das Geschenk für deinen Freund besorgst, ja?”
Im Laden war der Blauhaarige zwar nicht unbedingt als ihr Aufpasser gedacht, sondern eher ein Berater, doch Mary schien ihren Blick schon sehr genau auf die einzelnen Stücke zu legen, sodass er nicht das Gefühl hatte, er müsse sie viel beraten. Beim Thema Freizeit kamen die beiden schließlich auch auf Familie zu sprechen. “Insgesamt habe ich 7 Geschwister. Ich bin der Zweitälteste unter uns.” Fing er an. Das war vermutlich eine Zahl, die nicht viele Familien erreichten. “Momentan sind drei von ihnen noch Zuhause…also eigentlich fünf, doch zwei von ihnen sind nicht mehr sehr oft Zuhause, seitdem sie sich auf ihre Abschlüsse kontentrieren.” Bei der Aussage, dass zwei Geschwister wie zwanzig sein konnten, konnte Yuitora nur zustimmen. Die drei jüngsten Kinder des Tomoeyasu Haushalts waren manchmal echte Plagegeister, da würden selbst einem zwanzigjährigen irgendwann graue Haare wachsen. “Dir muss nichts leidtun.” Meinte er schließlich und betrachte die kleine Geige in ihrer Hand. “Es ist der Weg, den ich gewählt habe. Er ist vielleicht nicht einfach und er wird sicher nicht leichter werden, aber ich habe mich entschieden, also werde ich es bis zum Ende durchziehen.” Ein freundlicher Blick, der aber auch eine gewissene Entschlossenheit zeigte, zierte sein Gesicht. Vielleicht würde er diese Worte eines Tages bereuen, doch selbst dann war Yuitora fest davon überzeugt, dass dieser Weg ihn bis ans Ende seiner Tage begleiten würde. “Du meintest, dein Freund mag Musik. Ist die Geige also deine Wahl?”
Yui musste darüber nachdenken, was er gerne aß? Mary blickte überrascht zu dem Blauhaarigen hoch, als sie gemeinsam über die geschäftige Straße zum Souvenirgeschäft schlenderten. Eine ihrer Hände lag dabei gewissenhaft auf ihrer Tasche. Sie fühlte sich in Gesellschaft eines Rune Knights zwar an sich sicher, doch so gänzlich wohl war ihr in so großen Menschenmengen immer noch nicht. Man bekam das Landei zwar nach Crocus, aber die Stadt nicht so schnell in das Landei. "Du kommst nicht sonderlich oft dazu, außerhalb zu essen, oder?", teilte Mary mit einem kleinen Lächeln ihre Vermutung mit. Yuitora hatte sich bisher als stadtkundig bewiesen und ihr einiges über Crocus beigebracht, doch er konnte ihr nicht auf Anhieb ein Lieblingsessen nennen. Natürlich blieb die Wahrscheinlichkeit, dass er Mary einfach als quasi Fremde nicht zu lange an der Backe haben wollte, doch die Baumgardner schätzte ihre hochgewachsene Begleitung als ehrlich genug ein ihr zu sagen, wenn er keine Zeit oder Lust mehr hatte, für sie den Stadtführer zu spielen. Nein, er wollte viel eher Zeit schinden - das passte gut zu dem arbeitssamen Menschen, für den Mary Yui mittlerweile hielt. Sie konnte es gut verstehen; Auch die Lichtmagierin neigte dazu, sich in Arbeit zu vergraben und den Blick für ihr eigenes Wohlbefinden zu verlieren. Zum Glück hatte sie Leute an ihrer Seite, die sicherstellten, dass sie Spaß und Abwechslung in ihrem Leben hatte. Diese Schattenseite der Gewissenhaftigkeit und des familiären Drucks, den sich Mary selbst machte, stellte sich das Landei noch viel stärker vor, wenn man in einer Organisation tätig war, die so viel Wert auf Perfektion legte wie die Armee des Königs. Zwar erledigte sie für die Satyrs auch brenzligere Aufträge, doch in ihrer Vorstellung bewegten sich die Quests, die ein Soldat erhielt doch noch in einer ganz anderen Liga. Wenn eine solche Verantwortung auf ihr lasten würde, würde sie dann nicht auch versuchen, in allen Dingen nur das Beste zu liefern?
Nachdem Mary ihre Begleitung mehr oder weniger 'gezwungen' hatte, sie in das Souvenirgeschäft zu begleiten, schauten sie sich allerlei Gegenstände an. Hier fühlte sich die Magierin ruhiger, denn obwohl neben ihnen noch andere Kunden in dem Lädchen herumwuselten war die Atmosphäre hier kein Vergleich zum geschäftigem Treiben draußen auf der Straße. Man konnte sich unterhalten. Über Freizeit, Familie ... Mary drehte ein paar schön geschnitzte Stücke in den Händen. Yuitora musste sie wirklich nicht beraten - sie hatte ihn eher mitgenommen, damit er aufhörte, ständig wachsam durch die Menschenmengen zu blicken und sich eine kleine Pause zu gönnen. Wer nicht einmal seine Leibspeise nennen konnte, lebte der überhaupt richtig?! Der Größere erzählte, dass er sieben Geschwister hatte. Acht Kinder gab es also in seinem Haushalt und er war beinahe der Älteste. Mary hatte nur zwei Brüder, aber sie verstand die Verantwortung, die auf den Schultern ihrer Begleitung ruhen musste. Kein Wunder eigentlich, dass er sich auch in seiner Berufswahl für einen Weg entschieden hatte, bei dem allerlei Pflichten auf ihn zukamen. Vermutlich kannte er es nicht anders. Egal wie liebevoll ein Haushalt sein mochte (und so wie er darüber sprach, schien es dort eher harmonisch abzulaufen) - eine solche Anzahl an Kindern war eine Menge Arbeit. Da wurden ältere Geschwister schnell zu Ersatzeltern. "Wow", entfuhr es Mary, als Yuitora die Zahl seiner Geschwister nannte. "Kein Wunder, dass du immer beschäftigt bist." Andererseits war es bei ihm Zuhause bestimmt nie langweilig. Wenn Mary das Chaos ihrer Heimat vermisste, dann konnte sie Trost und Abwechslung in der chaotischen Gildenhalle finden, doch irgendwie bezweifelte die Lichtmagierin, dass bei den Rune Knights Parties an der Tagesordnung standen und Farbeimer durch die Haupthallen flogen. Nachdenklich blickte Mary auf die kleine Geige in ihrer Hand und barg sie beinahe instinktiv an ihre Brust. Es stimmte; Yuitora hatte seinen Weg gewählt. "Ich denke es wird die Geige, ja", nickte die Jugendliche und wurde schlagartig wieder ernster. Die Überzeugung ihrer Begleitung war bewundernswert. Wie sehr sie sich wünschte, auch nur einen Bruchteil davon zu besitzen. Auch wenn die Baumgardner ihre Arbeit und ihre Gilde über alles liebte, wurde sie in letzter Zeit häufig von Zweifeln erfüllt. "Sag mal, Yui", begann Mary daher und wandte sich zu ihrem Gesprächspartner um. Zwischen einem Regal mit Tierfiguren und den filigran geschnitzten Musikinstrumenten befanden sie sich in einer kleinen Nische des Ladens, wo die restlichen Kunden sie nicht gleich davonscheuchen würden. "Woher weißt du, dass das dein Weg ist? Wenn du fiese Leute triffst und so - zweifelst du dann nie daran, ob du überhaupt einen Unterschied machen kannst?" Es war offensichtlich, dass Mary genau diese Gedanken hegte. Doch wenn jemand ihr diesbezüglich Ratschläge geben konnte, dann vielleicht jemand, der ihr so ähnlich und doch so verschieden war wie der Ritter vor ihr.
Ja, es stimmte, Yui war immer beschäftigt. Das konnte man nicht bestreiten und das wollte er auch nicht. Sein Leben bestand zu vielen Teilen daraus, Verantwortung zu schultern und seine eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen, um sowohl seinem Königreich als auch seiner Familie Sicherheit bieten zu können. Und an sich war er ja sogar noch am Anfang seiner Reise. Er hatte schon ein paar Jahre auf dem Buckel als einzelner Runensoldat, doch hatte er natürlich vor, diesen Beruf sein Leben lang auszuführen. Diese Zeit war somit also für ihn eher ein Tropfen auf dem heißen Stein. Daher waren solche Tage, an denen seine Arbeit nicht unbedingt lebensbedrohlich war, eine gelungene Abwechslung. Außerdem half er Mary ja dabei, etwas wichtiges zu besorgen, dementsprechend fühlte es sich nicht wie eine Zeitverschwendung an. Sie hatte sich jetzt also für die Geige entschieden, sehr schön. Yui fand, es war ein passendes Geschenk für einen Musikliebhaber, wie Mary ihren Freund beschrieben hatte. Doch plötzlich veränderte der Blick der Baumgardner sich, das war offensichtlich. Ihre Augen wirkten nicht mehr so fröhlich und wenn Yuitora richtig raten müsste, wurde ihr Ausdruck etwas trüber.
Er hatte ehrlicherweise nicht mit so einer Frage gerechnet. Doch er konnte genau verstehen, woher solche Gedanken kamen. Immerhin hatte er genau diese auch schon öfters gehabt. Ob es sich überhaupt lohnt, was ein Einzelner machen kann und wieso man sich eigentlich bemühen sollte, wenn es sowieso nicht weniger Leid wird. Das sind Fragen, mit denen der Blauhaarige sich in seiner Tätigkeit schon auseinandersetzen musste, und um ehrlich zu sein…wusste er manchmal auch nicht, ob er die richtige Antwort gefunden hatte. Doch wie es schien, brauchte seine Begleitung wohl gerade einen Rat…oder zumindest seine Meinung. “Ich weiß es nicht.” Sagte er schließlich, ein entschlossener aber freundlicher Blick in seinem Gesicht. “Ich habe diesen Weg aus einem bestimmten Grund gewählt und bin seitdem niemals davon abgewichen. Und ich habe einige Entscheidungen getroffen, die nicht leicht waren.” Ihm kamen sofort einige Beispiele in den Kopf, manche sogar aus jüngster Vergangenheit. “Doch ich halte mir immer vor Kopf, dass ich einen Unterschied mache, selbst wenn es für andere vielleicht nicht so erscheinen mag. Jedes Leben, welches ich retten oder verbessern kann, ist ein positiver Einfluss, den ich erbringe.” Sagte er und legte ihr eine Hand auf die Schulter, sofern sie dies zuließ. “Und wenn ich weiß, dass mein Weg der falsche war…dann erst, wenn dieser zuende ist.” Sein Lächeln war sanft und er schaute die Blonde an, deren Fragen sie an ihn selbst erinnerten. “Doch bis dahin vertraue ich darauf, dass ich helfen kann, wo es nur geht. Und wenn ich vielen Personen helfe, dann fühlen die Bewohner des Königreiches sich in meiner Anwesenheit sicher. Das ist, was für mich die Arbeit als Rune Knight ausmacht.” Er schaute zur Geige, die sich immernoch in ihren Händen befand. “Wenn ich fragen darf, was hat dich zur Mitgliedschaft in Satyrs Cornucopia bewegt?”
Andere Rune Knight hätten Mary vielleicht nun aus dem Handbuch zitiert oder eine verwaschene, vage Predigt über die guten Tugenden gehalten. Yuitora aber nahm die Baumgardner offensichtlich ernst, wie er auch schon bewiesen hatte, als er sie durch die Straßen der Stadt lotste und sie auf den vollen Straßen der Großstadt alslaufender Wegweiser vor der Verirrung beschützte. Hier im Souvenirladen gab es keine Verbrecher oder Feinde des Königreichs, gegen die der Blauhaarige die Waffe erheben musste, aber der Kampf gegen Zweifel gestaltete sich für jemanden mit so viel Verantwortung sicher auch nicht einfach. Es erleichterte Mary sofort, dass Yui so offen zugab, dass er es nicht genau wusste. Was eigentlich, das war so die Frage. Auch Mary kam sich oft etwas verloren vor. Sie hatte so ein konkretes Ziel vor Augen, und doch fühlte sich ihr Kampf gegen das Dunkle auf der Welt oft an wie ein Krieg gegen Windmühlen. Ihr letzter Auftrag im Ashmound Royal Prison, wo zum ersten Mal jemand versucht hatte sie zu töten und nicht nur zu verletzen oder zu nerven, hatte die Baumgardner und ihre Haltung gegenüber anderen Menschen tief geprägt. Bis vor einer Weile hatte sie eine märchenhafte Schwarz-Weiß-Ansicht der Dinge gehabt und ihre Mitmenschen ganz klar in diese beiden Schubladen einordnen können. Doch mehrere Erlebnisse hatten dafür gesorgt, dass das Raster zerbrochen war, auf das sie so sehr vertraut hatte.
Yuitora erinnerte Mary an sich selbst, weswegen sie sich sicher fühlte, ihm eine solche Frage zu stellen. Er lachte nicht und beantwortete sie stattdessen ernsthaft ud entschlossen, was die Baumgardner ihm hoch anrechnete. Immerhin kannten sie sich erst seit Kurzem und sie fiel direkt mit der Tür ins Haus! Die Jugendliche barg die ausgewählte Geige an ihrer Brust und ließ auch zu, dass Yui ihr die Hand auf die Schulter legte. In letzter Zeit fühlten diese sich immer steifer an, als würden sie eine Last auf ihnen stemmen, von der Mary selbst nicht so ganz wusste, woher sie kam. Aber eine freundschaftliche Hand erleichterte die Bürde und gab ihr das Gefühl, dass noch jemand auf der Welt sie verstand. Auch die Lichtmagierin verstand es, Entscheidungen zu treffen, die nicht einfach waren. Hyuns Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf. "Du hast Recht - jede einzelne Person, der man helfen kann, ist es eigentlich wert", murmelte Mary leise und blickte durch das Schaufenster des Ladens auf die fröhlichen und beschäftigten Menschen draußen auf den Straßen. Sie wollte gar keinen Ruhm oder Anerkennung. Eigentlich wollte Mary nur Menschen helfen. "Ich denke, du machst deinen Job gut. Ich fühle mich sehr sicher." Mary schenkte Yuitora ein strahlendes Lächeln und drückte kurz die Hand auf ihrer Schulter. Sie hatte ein wenig das Gefühl, dass sie hier gegenseitig in einen Spiegel schauten. So offenkundig verschieden die beiden auch erschienen, im Grunde ihres Herzens brannte das gleiche Feuer, genährt von denselben Bedürfnissen. "Zu Beginn wollte ich einfach etwas für die Leute in meiner Umgebung tun. Den Bauern und so helfen. Die Gilde war nicht weit von meinen Eltern entfernt. Falls es nichts werden sollte, konnte ich einfach zurückkehren. Aber die Gildenmeisterin hat mich bei meinem Beitritt gefragt, was ich möchte, weißt du? Bei uns ist jeder wichtig. Ein Teil eines bunten Füllhorns. Und ich glaube, mit der Zeit bin ich auch dort geblieben, weil ich es will. Nicht, weil ich nützlich bin, sondern weil ich das Gefühl habe, dort so sein zu dürfen, wie ich bin. Und ich möchte weiter für die Gilde kämpfen, damit alle Leute so sein dürfen, wie sie sind und einen Ort haben, wo sie sich Zuhause fühlen." Etwas peinlich berührt wandte Mary den Blick ab. "Das klingt vermutlich etwas albern ..."
Yui wusste nicht, ob ihr seine eigenen Erfahrungen und seine Meinung helfen würde. Vielleicht redete er ja gerade über Dinge, die sie entweder nicht hören wollte oder die ihr nichts brachten. Doch ihrem Gesichtsausdruck nach schien er zumindest nicht auf dem falschen Dampfer zu sein. Er legte seinen Kopf schief und lächelte nur weiter, als Mary ihm versicherte, dass sie sich sicher fühlte. “Und genau dieses Gefühl will ich bei jedem verursachen, weißt du?” Wenn sich jeder in seiner Nähe sicher fühlte, war es für den Blauhaarigen auf jeden Fall ein richtiger Weg. Und wenn Mary dies auch verursachen wollte, dann war Yui sich sicher, dass sie es schaffen konnte. Seine Begleitung hatte das Herz am rechten Fleck, so viel konnte er in der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft schon sehen. Und so, wie es aussah, klang Satyrs nach einem guten Ort für sie. Von ihrer Gildenmeisterin nach ihren eigenen Wünschen gefragt werden, das klang für einen Rune Knight schon fast utopisch. Für jemanden wie Yui war diese Frage nie auch nur in Reichweite gewesen, denn schon in der Ausbildung der Runensoldaten war ganz klar gewesen, was sie wollten…oder wollen sollten. Die Sicherheit des Landes, der Bürger und die Festnahme all jener, die sich dagegen stellten. Ein wenig konnte er Mary dafür nur beneiden, auch wenn er seinen Job trotzdem sehr mochte.
Kaum hatte sie fertig erzählt, war es ihr auch schon unangenehm. Yuitora nahm seine Hand von ihrer Schulter. “Du kämpfst für das, was du für richtig hältst. Du willst, dass andere Leute ein gutes Leben haben. Das ist nicht albern, Mary. Das ist vorbildlich.” Meinte er schließlich. “Du scheinst dich sehr um deine Mitmenschen zu kümmern. Seien es Fremde…oder auch ein guter Freund.” Sagte er und schaute erneut zur Holzskulptur, die weiterhin in ihren Händen verweilte. “Also lass mich dieses Kompliment zurückgeben: Du machst deinen Job gut.” Sie schien zwar momentan ein paar Zweifel zu haben, doch auch hier war Yui zuversichtlich, dass sie diese besiegen konnte. Und wenn nicht, dann klang es immerhin so, als hätte sie Leute in der Gilde, die sie in solchen Situationen auffangen konnten. “Möchtest du die Geige dann kaufen oder willst du dich noch etwas umschauen?” Er hatte kein Problem mit beidem, ein Geschenk für einen Freund sollte gut gewählt sein. Sie wirkte in diesem Belang jedoch schon sehr sicher. “Wenn du nichts dagegen hast, würde ich dir gerne noch eine Sache hier in der Gegend zeigen und mich dann auf den Weg machen.” Seine Patrouillenroute war noch nicht ganz durch und würde ihn definitiv weg von der Prinzessinnenstraße führen. Ewig konnte er die junge Magierin also nicht mehr begleiten.
Yuitora wollte allen Menschen um ihn herum ein Gefühl von Sicherheit geben? Mary konnte diesen Wunsch gut verstehen. Auch sie verfolgte ganz ähnliche Ziele. Voller solcher Ideale hatte sie sich damals für Satyrs Cornucopia entschieden. Ihr Ich vor einem Jahr kam ihr heute vor wie eine ganz fremde, naivere Person. Und doch ... dieses Gespräch mit Yui berührte eine Wahrheit tief im Inneren der Lichtmagierin. Eine Zeit ohne Zweifel, wo sie von nichts anderem getrieben wurde als dem Wunsch, anderen zu helfen.
Mary schaute auf die filigrane Holzgeige in ihrer Hand. Das Objekt kam ihr plötzlich so zerbrechlich und empfindlich vor wie ein junger Vogel, den sie in ihren Händen vor der Außenwelt schützen wollte. Handelte es sich dabei nicht ebenfalls um einen Beweis, dass sie nach wie vor den Wunsch verspürte, der sie schon vor einem Jahr getrieben hatte? Nicos Trauer und Wut über die Behandlung seiner Eltern hatte sie so sehr geärgert, dass sie jetzt mit einem fremden Rune Knight durch die Straßen der Hauptstadt marschierte und nach Gegenständen gesucht hatte, die das Lächeln in sein Gesicht zurück zauberten. Aber handelte es sich dabei wirklich um ihre reine Hilfsbereitschaft, oder hatte der Tatendrang sie ergriffen, weil es sich dabei um Nico handelte? Einen guten Freund, der ihr mehr bedeutete, als sie in Worte fassen konnte. Mary schaute zu Yuitora hoch und lächelte. Auch wenn er nicht alle ihrer Zweifel fortwischen konnte, hatte der Ritter es doch geschafft, dass sie sich verstanden fühlte. Oft kam sich die Baumgardner vor wie eine Exotin unter Exoten in ihrer Gilde, aber eine Person mit ähnlicher Einstellung zu treffen hatte sie bestärkt, sich zu akzeptieren und weiter nach ihrem Weg zu suchen. Wie auch immer dieser aussehen mochte. "Danke - wirklich", meinte Mary aufrichtig und nickte kräftig. Ja, sie wollte diese Geige unbedingt kaufen! Vielleicht konnte sie nicht die Sicherheit aller Bewohner des Südens garantieren und jeden Schmerz auf der Welt heilen, doch sie konnte hier und jetzt einer einzelnen Personen etwas Gutes tun. Und darauf kam es doch an, oder nicht?
Mary bezahlte einen erstaunlich fairen Preis für das kleine Schmuckstück und kehrte zu Yuitora zurück, das Geschenk in einem kleinen Beutel verwahrt, damit ihm nichts passierte. Die Baumgardner kam sich vor, als hätte sie den Rune Knight schon eine Ewigkeit von seinen Pflichten abgehalten. Doch es schien, als wollte Yui ihr noch etwas zeigen. Was das wohl sein mochte? "Ich habe nichts dagegen. Du hast mir schon so sehr geholfen! Was möchtest du mir denn zeigen?" Mary richtete den Riemen ihrer Umhängetasche und blickte erwartungsvoll zum Blauhaarigen nach oben. Da die Satyr keine Ahnung von der großen Stadt hatte, würde sie sowieso Yuitoras Hilfe benötigen, um jemals wieder zu ihrer Unterkunft zurück zu finden. Wo Nico hoffentlich nicht bemerkt hatte, dass sie sich verkrümelt hatte. Wäre ja schon peinlich, wenn er sie bei den Runensoldaten vermisst meldete und sie am Ende mit einem aus der Elitedivision wieder aufkreuzte ...
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