Ortsname: Friedhof von Crystalline Town Art: Freiraum Spezielles: --- Beschreibung: Der Friedhof von Crystalline Town findet sich in einer kalten, winterlichen Landschaft wieder. Womöglich wirkt er dadurch noch trister, als es ein derartiger Ort an sich bereits tut. Hier können Angehörige in aller Stille und Trauer ihren verstorbenen Liebsten nah sein und ihren Erinnerungen nachgehen.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Zuletzt von Aurea am Sa 9 Nov 2024 - 14:29 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Eohl The Sun's Shade
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“Hmm…” Nachdenklich betrachtete Eohl Aurea. Sie hoffte, dass Curio sich freute? Das hieß also, sie wusste es nicht? Ein Gefühl, dass die Yihwa nachvollziehen konnte. Es war immer schwierig, einzuschätzen, wie Andere auf das reagieren würden, was man für sie tat. Nach kurzem Überlegen schenkte sie der Dhakalis ein erneutes Lächeln, nickte. “Ich hoffe es auch.”
Alles in Allem war das Thema Friedhof sehr spannend für Eohl. Ein Ort, an dem man denen gedachte, die nicht mehr da waren… Der Tod war eine stetige Konstante in Eohls Leben. Erinnerungen eher weniger. Wenn man sie fragte, was für Menschen sie bereits im Zuge ihrer Arbeit losgeworden war, könnte sie keine Antwort geben. Kein Gesicht, keine Stimme, nichts von ihnen war übrig in dem Kopf der Yihwa, alles begraben unter den Scherben des Spiegels, der einst ihr Gedächtnis gewesen war. Es regte ihre eigenen Gedanken an. Die Frage stellte sich, ob auch sie irgendwann auf diese Weise vergessen werden würde. Die Rückfrage, die Aurea dazu stellte, überraschte sie allerdings. Wieder reagierte Eohl verdutzt, aber nicht auf die gleiche Weise wie zuvor. Anstelle kompletter Verständnislosigkeit, als würde sie die Frage kaum verarbeiten können, sah man in ihrem Augen… Überraschung. Als würde ihr gerade etwas bewusst werden, an das sie überhaupt nicht gedacht hatte. “Aah… aha!”, stellte Eohl fest, während sie sich langsam wieder fasste, und schüttelte den Kopf. “Richtig, richtig. Ich sterbe nicht… Eohl stirbt nicht.” Was für ein seltsamer Gedanke. Es gab eine Zeit nach ihrer Rolle, und sie wusste, dass sie nach dieser noch leben würde. Ihr Schicksal endete nicht, ehe sie Fiore verließ. Nur… Wie es danach aussah, das konnte sie schwer einschätzen. Irgendwie bezweifelte die Yihwa, dass sie ewig leben würde, auch wenn sie wusste, dass der Tod nicht für jeden das Ende sein musste. Trotzdem fühlte sich Eohl sehr… endlich. Als würde es eines Tages vorbei sein. Ein unschönes Gefühl. Aurea hatte recht: So weit in die Zukunft sollte sie gar nicht erst denken. “Ich freue mich”, meinte sie also, nachdem sie diesen ersten Schock überwunden hatte, und legte sich eine Hand über ihr kaltes Herz. “Es ist schön, dass ich erinnert werde. Ich vergesse dich auch nicht, Aurea.” Dafür war das Bild da, das sie gemacht hatte. Das Bild von Aurea, Henne und der alten Farmerin. “Was für Blumen magst du am Liebsten?”
Der Friedhof war ein wenig Trist, einiges an Grau vergraben in einer großen Menge Weiß. Blumen sah Eohl kaum. Es fielen mehrere Gräber ins Auge, die gut gepflegt wurden, aber keins von ihnen wirkte so... lebendig, so grün wie das, auf das Aurea zusteuerte. Nachdenklich schloss sie die Augen. “Ich... erinnere mich nicht", gestand sie nach ein paar wenigen Momenten. “Ich erinnere mich nicht, je an einem Ort wie diesem gewesen zu sein, aber..." Aber irgendwas war da doch. Ein intensives, stechendes Gefühl, das sie nicht losließ. Als wären tief in ihr schmerzhafte Erinnerungen verborgen, die mit einem Ort wie diesem zu tun hatte. “Aber… es fühlt sich bekannt an.” Wie sehr, das konnte sie nur schwer sagen. Bekannt eben. Nicht nur so, als wäre Eohl nur ein einziges Mal an einem Platz wie diesem gewesen, oder zweimal, oder dreimal. Im Gegenteil, in ihrem Herz pochten endlose Besuche, hunderte, tausende Tage, verteilt über viele, viele Jahre, in denen sie einen Friedhof wie diesen wieder und wieder besucht hatte. Und nicht ein einziger dieser Besuche steckte noch in ihrem Gedächtnis. “... Wie oft bist du hier?”, fragte sie wie von selbst, ohne Aurea auch nur anzusehen, ihr Blick stur nach vorne gerichtet. “Ich habe das Gefühl… einen Ort wie diesen sieht man oft…”
Es war schon eine eigenartige Reaktion der Grünhaarigen.. als hätte Aurea sie daran erinnert, dass sie ja bereits andere Pläne für ihren Lebensabend hatte, statt tot zu sein. Eohl war wohl die sonderbarste Person, welche Aurea bisher getroffen hatte. Doch sie hatte durchaus etwas für die Assassine übrig, ihre Gesellschaft war spannend und angenehm, wenngleich es Momente gab, in welchen die Dhakalis auch verwirrt oder gar verschreckt war. Doch in diesem Augenblick konnte sie nur fröhlich lächeln. Eohl würde sie also auch nicht vergessen? Da blieb zu hoffen, dass sie ihr stets in guter Erinnerung bleiben würde. Aurea wollte schließlich eines Tages wieder frei sein und irgendwie dieser dunklen Gilde entkommen. Wäre dieser Fall erst einmal eingetreten, so würde Eohl Aurea bestimmt nicht mehr in guter Erinnerung halten.. Verständlich. War sie ein schlechter Mensch, weil sie der Yihwa etwas vorspielte? Aber sie spielte ihr nicht vor, dass sie Eohl mochte. All das hatte nichts mit den Gefühlen Aureas ihr gegenüber zu tun. „Hm.. ich glaube, am liebsten mag ich Callas. Warum fragst du?“, wollte sie gut gelaunt wissen.
Als die beiden Magierinnen diesen traurigen Ort betraten, bewegte sich Aurea ziemlich zielgerichtet zu Curios Grab. Eohl hing noch immer an ihrem Arm und die Jüngere bemerkte, dass sie sehr nachdenklich, ja beinahe angestrengt wirkte. Fragend suchte Aurea den Blickkontakt zur Grünhaarigen, als diese meinte, sich nicht erinnern zu können, jemals auf einem Friedhof gewesen zu sein, obwohl sich der Ort bekannt anfühlte. Nun wurde auch Aurea nachdenklich. Es gab viele Geschichten um Eohl.. sie sollte sich wohl einmal damit auseinandersetzen. Erinnerungen waren oftmals ein Thema für die Yihwa. Sie sprach mit einer Wertschätzung und Gewichtung darüber, wie es kein Mensch tat, den Aurea kannte. „Vielleicht brauchst du einfach ein wenig Zeit, um deine Gedanken zu ordnen?“, meinte die Dhakalis und sah besorgt in die roten Augen der anderen. Doch nur von der Seite, denn Eohl sah sie nicht an. Weiterhin geradeaus blickend stellte sprach sie weiter. „Seit Curio gestorben ist, bin ich regelmäßig hier. In den ersten Wochen fast täglich, mittlerweile noch einmal in der Woche“ Allmählich hatte sie sich an das Leben ohne ihn gewöhnt, sie nahm es hin, wenngleich die Trauer noch immer schmerzte. „Friedhöfe gibt es auch oft. Selbst kleine Dörfer haben manchmal eigene Friedhöfe. Und große Städte verfügen zum Teil über mehrere solcher Orte“, erklärte Aurea Eohl und fand es schon beinahe komisch. Sie erklärte ihr solch selbstverständliche Dinge.. „Geht es dir gut?“, fragte sie schließlich besorgt.
Beim Grab des loyalen Royal Crusade Magiers angekommen, kehrte Aurea zunächst den frischen Schnee sorgfältig mit einem Handbesen von dem Grabstein. Dann sammelte sie das tote Laub unter der dünnen Schneedecke auf, welches der Wind dorthin geweht hatte. Dadurch legte sie auch die weißen Christrosen frei, welche selbst bei diesen kalten Temperaturen blühten. Nun sah das Grab schon wieder viel frischer aus! Zufrieden lächelnd wandte sich Aurea Eohl zu. „Das sieht doch wieder viel schöner aus, oder?“ Dann wurde die Dhakalis still und sah einige Zeit still auf das Grab ihres Bruders. Er war rund zehn Jahre älter als sie gewesen, aber dennoch jung. Es war eigenartig, nichts war wie zuvor. Und Aurea wusste, dass er nicht immer gut auf sie zu sprechen gewesen war. „Weißt du.. manchmal frage ich mich, ob es nicht ungerecht ist, dass er nicht mehr leben kann, ich aber schon. Oder ob es besser gewesen wäre, wenn ich statt ihm gestorben wäre“ Ihr Vater hatte eine Antwort auf diese Frage. Aurea klang nicht traurig, es waren eben Gedanken, welche ihr durch den Kopf schwirrten..
Leicht überrascht blinzelte Eohl. Warum sie nach Aureas Lieblingsblumen fragte? War das nicht offensichtlich? „Damit ich weiß, was an dein Grab kommen soll“, erklärte sie wie selbstverständlich. So, wie Aurea Curios Grab mit Blumen aufhübschte, hoffte Eohl, das Gleiche für sie tun zu können... oder, wenn es Aurea war, die länger lebte, dass sie auch Eohl diese Ehre erweisen würde. Sie hatten sich versprochen, sich in Erinnerung zu halten. Da gehörten die Blumen dazu, wenn sie es richtig verstanden hatte. Der Versuch, sich an den Friedhof zu erinnern, war schmerzlich und anstrengend für Eohl. Erinnern war immer... schwierig. „Gedanken... ordnen...?“, wiederholte sie langsam, sichtlich durcheinander, und versuchte, sich auf Aurea zu konzentrieren. Ihre Stimme war angenehm. Beruhigend. Irgendwie zog sie sich wieder zurück in den Moment und schaffte es, das Gespräch fohrtzuführen. Die Dhakalis war oft hier. Wöchentlich. Ein schmales Lächeln kehrte zurück auf die Lippen der Yihwa. Ihre Freundin kümmerte sich wirklich um die Personen, die ihr nahe standen. Das hatte sie zwar schon gewusst, aber es so direkt zu sehen, wärmte noch einmal ihr Herz.
„... Hm?“
Wie aus dem nichts kam die Frage, ob es Eohl gut ging, und erwischte sie offensichtlich auf dem falschen Fuß. Kurz blinzelte sie, blickte links über ihre Schulter, dann rechts. Schlussendlich, als feststand, dass außer ihr und Aurea niemand hier war, sah sie ihre Freundin aus leeren Augen an und deutete dann auf sich selbst. „Mir? Meinst du mich? Ob es mir gut geht?“ Eine Pause legte sich über die beiden, eine kurze Stille, als Eohl nicht wusste, was sie sagen sollte. Ein peinlich berührtes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht und ihre Finger fuhren durch ihr kurzes, grünes Haar, dann ihre falschen, goldenen Hörner hinauf, fummelten daran herum, als könnten sie nicht zur Ruhe kommen. „Ehe... hehe... d-das fragt mich eigentlich k-keiner“, murmelte sie nervös vor sich hin, ihre Augen hinab auf den Boden gerichtet. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte. „Ich... es soll mir doch gar nicht... gehen...“ Ihr Kopf kippte leicht zur linken Seite, dann leicht hinüber zur rechten. Ihre Pupillen zuckten hin und her, fokussierten sich auf nichts, als würde sie verzweifelt nach einer Antwort auf diese Frage suchen, die aus irgendwelchen Gründen hier auf dem Friedhof aufgeschrieben sein sollte. „Geht es mir gut... geht es mir gut...“, plapperte sie dabei die Worte nach, während sie verzweifelt versuchte, Aurea etwas, irgendetwas auf ihre Frage antworten konnte. Schlussendlich biss sie sich auf die Unterlippe, stoppte ihre zunehmend erratischen Bewegungen. Langsam nahm sie die Hände von ihrem Kopf und schaffte es, die Dhakalis wieder anzusehen, ein breites, glückliches Lächeln auf den Lippen. „Ah... aah... i-ich glaube n-nicht, hehee...“
Viel mehr hatte sie dazu auch nicht zu sagen. Was sollte da noch kommen? Sich gut oder schlecht zu fühlen war etwas, das Eohl eigentlich gar nicht tun sollte. Davon abgesehen war es wirklich nicht der richtige Moment, um die Aufmerksamkeit, die eigentlich dem ehrenwerten Curio gehören sollte, zurück zu ziehen auf eine wertlose, unbedeutende Person wie sie. „Es sieht... sehr schön aus“, bestätigte sie etwas unsicher, mit einem hastigen Nicken, und lauschte aufmerksam den Worten der Jüngeren. Dieses Gefühl, dass der verlorene Curio nicht hätte sterben sollen... Langsam nickte die Yihwa. „Ja... den Gedanken verstehe ich.“ Wo sie eben noch nervös geklungen hatte, lag nun eine gewisse Sicherheit in ihren Worten. Sie konnte den Gedanken der Dhakalis gut nachvollziehen. Sie fühlte ihn selbst gelegentlich. „Curio sollte noch hier sein. Er hat sich so bemüht... Er hat sogar Sachen gemacht, für die er noch nicht so weit war. Die meisten hat er geschafft.“ So sah es Eohl, aus ihrer Perspektive. Nicht die Perspektive aus der relativ kurzen Zeit, die sie ihn gekannt hatte, sondern rückblickend, aus den Augen einer S-Rang Magierin, die ihr eigenes Leben oft genug riskiert und viel zu oft erlebt hatte, wie einer ihrer Verbündeten in Gefahr geraten war. „Curio hat es verdient, noch hier zu sein... aber wenn das bedeuten würde, dass du nicht hier wärst, funktioniert es nicht. Du bist genauso wichtig.“ Sanft legte Eohl ihre rechte Hand auf die Schulter der Silberhaarigen, lehnte ihren Kopf an den zarten, hellen Schopf. Ihre Stimme wurde etwas ruhiger, aber verlor ihren Ernst nicht. „Ich bin froh, dass du da bist, Aurea... A-auch, wenn es wohl nicht wichtig ist, was ich denke. Aber... du bist gut. Es ist gut, das es dich gibt. Du bist eine Heilerin, Aurea. Du hast eine Magie, die Körper heilt, und ein Herz, das Herzen heilt. Die Welt ist besser, weil du hier bist.“ Ihr Blick senkte sich, sah hinab zu Boden, während sich ein trauriges Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete. „Wenn wir jemanden austauschen könnten, um wichtige Menschen wie Curio zurück zu bekommen... dann wäre es besser, wenn es jemand wertloses ist, wie ich...“
„Damit ich weiß, was an dein Grab kommen soll“, erklärte Eohl wie selbstverständlich. Aurea stockte kurz, sah die Grünhaarige etwas entgeistert an. Das war.. nichts, was man gern hörte. Doch die Dhakalis hatte schon verstanden, was die Yihwa ihr damit sagen wollte. Es war keine Drohung, keine makabere Anspielung. Nein, sie wollte ihr damit sicherlich mitteilen, dass sie Aurea nach ihrem Tod nicht vergessen würde und sich um ihr Grab kümmern würde - mit ihren liebsten Blumen. Dennoch, es war ein eigenartiges und unangenehmes Thema und die junge Frau war froh, als es wieder abgeklungen war. Denn Aurea hatte durchaus noch ein anderes Thema, welches sie ansprechen wollte. Jetzt, da Curios Grab wieder schön war, wollte sie Eohl mit etwas konfrontieren, was er vorhin durchaus leid getan hatte. Vorsichtig suchte sie den Blickkontakt zur Älteren, sah ihr in die roten Augen. „Als du sagtest, dass es dir doch gar nicht gut gehen soll.. das hat mich traurig gemacht. Ich finde es schade, wenn du so denkst“, gestand sie ihr vorsichtig, die Verunsicherung war ihr deutlich anzusehen. „Versteh mich nicht falsch, ich möchte dir nicht zu nah treten und bin überzeugt, dass all dein Denken und Tun sinnvoll ist, aber.. aber was mich betrifft, mich interessiert es, wie es dir geht. Und wenn du mir sagst, dass es dir nicht gut geht, dann tut mir das leid“, erklärte sie Eohl und dabei klopfte ihr Herz nervös gegen ihren Brustkorb. Aurea hatte immer Angst, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen.
Über Curio zu sprechen schmerzte sehr. Es war eigenartig, denn als Kinder waren die beiden unzertrennlich gewesen. Auch zur Anfangszeit noch, als Aurea bei Onkel Georgius lebte, hatten sie einander Briefe geschrieben und bei den Besuchen viel Zeit zusammen verbracht. Erst dann, als Curio gemeinsam mit ihrem Vater für Royal Crusade einstand, veränderte sich deren Verhältnis. Er hielt sie auf Abstand, war kalt zu ihr und schien sich gar nicht mehr für sie zu interessieren. Aurea hatte es nie verstanden und sie würde ihn niemals danach fragen können, denn nun stand sie hier vor seinem Grab. Und sie wurde hellhörig. Was meinte Eohl damit? „Er hat Sachen gemacht, für die er noch nicht bereit war? Eohl, was meinst du damit? Kannst du mir das genauer erklären?“ Gebannt sah sie ihre Begleiterin an. Was hatte das zu bedeuten?
Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Und sie lehnte ihren Kopf an Aureas. Die Dhakalis schloss die Augen, biss die Zähne zusammen. Ja, ihr Bruder hatte es verdient, noch hier zu sein. Das Schicksal hätte ihm eine Chance einräumen müssen, auf den rechten Pfad zurückzufinden. Die Worte, welche Eohl dann für sie fand, lösten einen beinahe stählernen Knoten in ihr. Sie wollte nie darüber nachdenken, hatte sich stets zurückgehalten. Doch in diesem Moment rollten ihr unaufhörlich die Tränen über die Wangen. Sie versuchte, das Schluchzen zu unterdrücken, doch sie schaffte es nicht. Was war nur mit Eohl los? Sie war eine S-Rang Magierin dieser dunklen Verbrechergilde, hatte schreckliche Dinge getan. Und dann fand sie solche Worte für Aurea, das stimmte doch nicht überein! Und was stimmte nicht mit Aurea, dass sie so viel Sympathie für eine Verbrecherin übrig hatte? Langsam hob sie ihre Hand und legte sie auf Eohls, welche auf ihrer Schulter lag, um sie sanft zu umschließen. „Warum sagst du so etwas.. du bist doch nicht wertlos. Ich weine nicht nur wegen Curio.. ich weine, weil du so schrecklich über dich selbst sprichst“
„Traurig?“ Eohls Augen weiteten sich überrascht, und sie hob abwehrend die Augen. „Entschuldige bitte! Ich will nicht, dass du traurig bist, Aurea!“ Für Eohl war es schwer einzuschätzen, woher dieses Gefühl kam. Eine Verbindung zwischen ihren eigenen Gefühlen und denen einer Auserwählten war für sie schwer zu erklären. Sie fühlte nicht den Schmerz anderer, fühlte selbst ihren eigenen Schmerz nicht so wie jemand anders es täte. Wie sollte sie ein so abstraktes Konzept verstehen wie Trauer, die jemand wegen ihrem, wegen Eohls Leid empfand? „B-bitte... belaste dich nicht mit mir“, lächelte sie, entspannte ihren Körper wieder ein wenig. „Es ist in Ordnung, wenn es mir nicht gut geht. Wichtig ist, dass du glücklich bist, und die anderen Auserwählten auch.“ Sie hatten sehr unterschiedliche Ansichten. Die Dhakalis gab sich Mühe, Eohl zu verstehen, aber die Assassine war undurchsichtig und widersprüchlich. Die Yihwa dagegen versuchte, Aurea glücklich zu machen, aber sie konnte nicht nachvollziehen, was es war, das ihr Schmerzen verursachte. Außer... ihr Bruder. Nicht einmal Eohl war so emotional unfähig, nicht zu erkennen, was Curios Tod für Aurea bedeutete. Also sprach sie über ihn, sprach über seine guten Seiten und wie froh sie wäre, wenn er doch wieder an ihrer Seite stehen könnte. Eine Rückfrage unterbrach ihren Fluss. Was er gemacht hatte, wofür er noch nicht bereit war? „Ah... nicht nur eine Sache. Ich habe ein bisschen was gesehen, aber viel gehört“, gestand sie. Leider hatte sie selbst nicht die Gelegenheit gehabt, Curio nahe zu stehen. Anders als seine Schwester hätte er wohl auch kein Interesse daran gehabt. „Er hat oft versucht, Verantwortung zu übernehmen, glaube ich... und er hat Aufträge gemacht, für die ihn viele nicht für stark genug gehalten haben. Manchmal hat er sogar Quests alleine erledigt, für die man normalerweise einen Partner brauchen würde... I-in der Hinsicht ist er wohl ein bisschen wie ich, hehee...“ Ein fröhliches Grinsen legte sich kurz auf Eohls Gesicht. Der Gedanke, einem wahren Auserwählten ähnlich zu sein, bereitete ihr Freude. Sie wurde aber schnell wieder ernst. „Wenn ich ihn gesehen habe, war es ähnlich. Er war sehr engagiert... wie jemand, der sich beweisen muss. Als würde er für zwei arbeiten.“ Traurig blickte sie zu Boden. „Ich weiß nicht, wofür er so gekämpft hat... aber es muss ihm sehr wichtig gewesen sein.“
Mitfühlend zeigte Eohl ihrer Freundin, dass ihr der große Magier wichtig war... aber nicht nur er. Auch Aurea selbst bedeutete ihr viel, und sie war es wert, zu leben. Die einzige Person, die das nicht wirklich war... war Eohl selbst. Sie blieb nahe bei Aurea, akzeptierte ihre Tränen, doch die Tränen galten nicht nur Curio. Sie galten auch der Yihwa. Überrascht spürte Eohl, wie die Jüngere die Hand auf ihre legte, und senkte ihren Blick. „Warum... warum stört es dich, wenn ich... über mich spreche?“, fragte sie unsicher, nicht gewohnt, dass jemand so stark darauf reagierte. Sie schluckte. „Es... es stimmt. Es ist nicht mehr oder weniger als die Wahrheit. Nur ein Fakt, den ich in Worte fasse. Kein Grund für... Gefühle.“ Das... war richtig, nicht? Das war, woran Eohl schon so lange glaubte. Und... es hatte Gründe, dass sie so dachte. „Aurea... Weißt du, in wessen Dienst ich stehe?“, fragte sie, gab der Silberhaarigen einen Moment, ehe sie ihre freie Hand über ihr eigenes Herz legte. „Ich bin eine Dienerin des Schicksals... Der Zeit. Meine einzige Herrin ist die Zeit.“ Im Namen des Schicksals unterstützte sie Royal Crusade, achtete darauf, dass sie ihren Teil taten, um die wahre Zukunft aufrecht zu erhalten. Die, die sie sich wünschte. Die, die die Zeit ihr gezeigt und geschenkt hatte. „Die Zeit hat Eohl aus der Vergangenheit geholt. Eohl hat furchtbare Dinge getan, ohne es zu ahnen. Man sagt, Eohl sei... eine Runenritterin gewesen“, erklärte sie, ihre Stimme zitternd bei dem Gedanken. Den Kopf schüttelnd wehrte sie die Erinnerung ab, schloss ihre Augen. „Die Zeit hat Pläne für die Eohl der Zukunft. Das Glück, das die Eohl der Vergangenheit verspielt hat, bekommt die Eohl der Zukunft. Aber Glück hat seinen Preis. Die Eohl der Vergangenheit war ein Mensch. Die Eohl der Zukunft ist ein Mensch. Aber die Eohl der Gegenwart... Ich... Ich bin nur ein Werkzeug, das die Vergangenheit mit der Zukunft verbindet.“ Das war die Wahrheit. Eine Wahrheit, an der sie keinen Zweifel kannte. „Deswegen... brauche ich keine Gefühle. Es ist egal, ob es mir gut geht. Es ist wichtig, dass ich die Zukunft erreiche, in der Eohl glücklich sein kann. Wenn es soweit ist, mache ich Platz... für die Eohl der Zukunft.“
Das, was Eohl über ihren Bruder, den A-Rang Magier Royal Crusades erzählte, konnte sie sich nur zu gut vorstellen. Aber sie glaubte nicht, dass Curio das nur für die Gilde getan hatte. Nein, das war auch Vater zuzuschreiben, welcher hohe Erwartungen an seinen geliebten Sohn gestellt hatte. Aurea glaubt nicht, dass ihr Vater Curio ebenfalls Aufträge aufgedrängt hatte, welche er sorgfältig ausgewählt hatte. Nein, ihr Bruder war anders gewesen. Er hatte sich bestimmt freiwillig all diesen Gefahren ausgesetzt, um ihm gerecht zu werden. Vater folgte fanatisch Royal Crusade und Curio war Adrius Dhakalis gefolgt. Sein Ehrgeiz und sein blinder Wunsch, ihm zu entsprechen, hatten ihn umgebracht. Eohl sagte etwas, was Aurea aus der Seele sprach: Sie wussten beide nicht, wofür er gekämpft hatte, doch es musste ihm sehr wichtig gewesen sein. Die jüngere der Dhakalis-Geschwister glaubte zu wissen, dass er für ihren Vater gekämpft hatte. Doch eines Tages würde sie erfahren, wofür Curio wirklich gekämpft hatte. „Danke, dass du mir das erzählt hast, Eohl“
Es war ein trister Tag, traurig und kalt. Die Stimmung schien ihren Tiefpunkt erreicht zu haben, als Aurea trauernd über die Worte der Yihwa die Tränen nicht mehr länger zurückalten konnte. Die Erklärungsversuche machten es nicht unbedingt besser, sie schienen sich im Kreis zu drehen. Erst, als Eohl fragte, ob Aurea denn überhaupt wüsste, in wessen Dienst Eohl steht, blickte sie Dhakalis fragend zu ihr. „Ich.. ich dachte, unter dem Dienst des Gildenmeisters“, antwortete die Heilerin verwirrt, sah die Grünhaarige durch ihre geröteten Augen an. Doch diese belehrte sie eines Besseren. Eine Dienerin des Schicksals, der Zeit? Mehr und mehr Puzzleteile fügten sich zu dem Bild, welches Eohl als Verrückte darstellte, zusammen. Aurea verstand langsam, warum die Assassine diesen Ruf hatte. Eohl wurde aus der Vergangenheit geholt.. Eohl war angeblich eine Runenritterin? Die Augen der Dhakalis weiteten sich entgeistert. Man könnte diesen Gesichtsausdruck als Schock deuten. Als Schock darüber, dass Eohl eine solch widerliche Person war. Doch so war es nicht.. denn bei Aurea fiel der Groschen. Natürlich. Sie war die Runenritterin, welche verschwunden war. Es ist nicht einmal lange her, denn zu dieser Zeit lebte Aurea noch in Crocus Town. Sie war mit einem Rune Knight liiert damals und der hatte ihr von dem Fall erzählt. Warum war sie nicht früher darauf gekommen? Sie kannte die Geschichte um die Yihwa in Royal Crusade. Doch erst jetzt konnte sie beide Geschichten zusammenführen.
So, wie Eohl erzählte, lag auf der Hand, dass die Rune Knights die Bösen wiederspiegelten und Royal Crusade das Gute. Welch Ironie. Aurea war noch nie einem Menschen begegnet, welcher eine vergleichbar traurige Existenz führte wie Eohl. Was war nur mit ihr geschehen? Etwas stimmte nicht, man änderte seine Maxime nicht von Grund auf. Nun, vielleicht ging das. Aber man konnte nicht von der Hand weisen, dass Eohl ziemlich.. durch den Wind war. Aurea musste nachdenken. Sie sollte Eohl nicht zu viel aus ihrer eigenen Vergangenheit erzählen. Und sie durfte ihre Gedanken und Ziele nicht in Frage stellen, denn darüber definierte sich die Grünhaarige wohl. „Na gut, Eohl“, resignierte Aurea schließlich und atmete tief durch. „Jetzt, da du mir das genau erklärt hast, beginne ich allmählich zu verstehen. Aber auch, wenn du, Eohl der Gegenwart, nur ein Werkzeug bist, so ist es dennoch nicht verwerflich, dass ich dich mag und ich möchte, dass es dir gut geht“, erklärte sie ihr nun lächelnd. Aurea verzichtete nun bewusst darauf, Eohl regelrecht aufzudrängen, sich besser zu fühlen. Sie formulierte es einfach als einen eigenen Wunsch. „Lass uns allmählich zurückgehen, es wird kalt“, schlug Aurea lächelnd vor, hing aber dann noch etwas an: „Du sagtest, wir sind Freunde. Denkst du, die Eohl in der Zukunft möchte auch noch mit mir befreundet sein?“ So genau wusste sie nicht, warum sie diese Frage stellte. Sie wollte mehr über Eohl erfahren, sie besser einschätzen lernen. Sie wollte herausfinden, in welchem Bezug sie selbst zu ihrem Zukunfts-Ich stand.
Es war wohl nur natürlich, dass Aurea den Gildenmeister und dessen Rat für Eohls Meister hielt. Ganz falsch war diese Annahme nicht. Dennoch schüttelte die Yihwa den Kopf. “Natürlich handle ich in seinem Auftrag, direkt gesprochen. So wie wir alle”, meinte sie mit einem mitfühlenden Lächeln auf den Lippen. “Aber meine Verantwortung ist größer als das.” Das Schicksal war es, dem sie diente, oder übergreifender gesprochen: Die Zeit. Die Zeit, die ihnen allen davon rannte, war die Herrin, auf deren Worte Eohl gefügig hörte. Es stand ein Versprechen dahinter, das Versprechen eines besseren Lebens. Einer Zukunft, in der sie wahrlich glücklich werden konnte, und nicht nur sie. Aber dieses Ziel bedingte Arbeit. Arbeit, die sie bereitwillig ausführte. Dennoch sagte Aurea etwas, das sie überraschte. Die Augen der Assassine weiteten sich, als die Dhakalis aussprach, was sie dachte. Selbst, wenn Eohl ein Werkzeug war… war es okay, dass sie sich Sorgen um sie machte? Kurz blinzelte sie, sichtlich verblüfft, ehe sie ein paar Momente lang einfach stockte. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, hatten einen kleinen Kurzschluss. Aurea musste sich nicht um sie sorgen… aber Aurea wollte es das. Sollte sie dieser Auserwählten ihren Wunsch absprechen? Es war nicht nötig, mit Eohl zu fühlen, aber wer war sie, um es ihrer Freundin zu verbieten? Nach kurzer Starre hoben sich schnell und plötzlich ihre Hände, wedelten aufgeschreckt und abwehrend vor ihrer Brust. “N-nein, nein, natürlich nicht! Du machst nichts falsch, Aurea!”, antwortete sie eingeschüchtert, ein schwaches Bild für eine gefürchtete S-Rang Magierin. “Es… es ist sehr lieb, dass du möchtest, dass es mir… gut geht. Ich… ich werde versuchen, deinen Wunsch zu erfüllen!” Wie genau sie das machen sollte… das wusste Eohl nicht wirklich. Es war nicht so, als wäre sie nie glücklich. Es gab viele gute Dinge in ihrem Leben. Es ging ihr nicht gut, das wäre zu viel gesagt, aber unglücklich war sie auch nicht. “Ich schätze… ich muss noch überlegen… was das bedeutet”, murmelte sie kleinlaut, ehe sie wieder ein schmales Lächeln auf ihre Lippen zauberte. Aureas Herz war wirklich gut. Das Herz eines Heilers.
Mit einem Nicken machte sich Eohl daran, an Aureas Seite aufzubrechen. “Magst du… wieder näher kommen? Für die Wärme?”, bot sie der Jüngeren ihre Hand ab, nicht mehr so forsch ihre Nähe einfordernd wie zuvor. Dennoch wollte sie gerne wieder dicht an dicht laufen, wie zuvor. Diese Art Gemeinschaft war wichtig für die oft so einsame Yihwa. “Hehe.” Mit einem Kichern und einem Grinsen nahm sie Aureas Frage auf, glücklich, sie zu hören. Das Silberhaar machte sich schon Gedanken um ihre gemeinsame Zukunft, ja? “Aber natürlich!” In Eohls Stimme lag nicht der Hauch eines Zweifels, eine tiefgreifende Sicherheit, mit der sie nur selten sprach. Das hier war für sie eine Selbstverständlichkeit. “Ich kann mir keinen Menschen vorstellen, der nicht mit dir befreundet sein will!”, meinte sie fröhlich. “Egal, welche Eohl es ist… sie freut sich bestimmt, deine Freundin zu sein!”
Irgendwie war es Aurea erneut nicht gelungen, Eohl zu vermitteln, was sie eigentlich wollte. Vielleicht musste die Dhakalis einfach einsehen, dass die Yihwa ihrer eigenen Logik folgte und in ihrer Welt kein Platz war für ein Gefühl von Selbstwert und Stolz. Es war schade und tat Aurea wirklich sehr leid, aber es wäre unhöflich und frech, würde sie weiter daran herum bohren. Also nahm sie es auch hin, dass Eohl nun völlig aufgeschreckt und beinahe verunsichert ihre Hände gehoben hatte und hektisch vor ihrer eigenen Brust damit herum wedelte, um ihr zu sagen, dass sie nichts falsch machte. Innerlich seufzte Aurea auf, doch dann lächelte sie die Grünhaarige herzlich an. Natürlich.. Eohl würde ihr Wohlergehen als Aureas Wunsch betrachten, nicht als ihr eigenes Ziel. Beinahe verschmitzt lächelte die Dhakalis nun, was man nicht sehr oft sah. „Du bist wirklich ein Unikat“, sprach sie ihre Verwunderung amüsiert aus und erschrak im nächsten Moment über ihre ungehaltene Aussage. Unter normalen Umständen wäre das nichts Bedeutendes gewesen, doch gegenüber einer mörderischen Assassine sollte Aurea wohl besser aufpassen, was und wie sie es sagte. „Mal überlegen. Mir geht es gut, wenn ich Dinge mache, dir mir Freude bereiten, zum Beispiel Pai Sho spielen. Oder wenn Norman bei mir ist. Aber natürlich auch, wenn Menschen in meiner Nähe sind, die ich mag“ Leider hatte Aurea nur noch wenige Personen in ihrem direkten Umfeld, mit welchen sie gerne ihre Zeit verbrachte. Im Grunde waren es nur noch ihre Mutter und Maxwell. Und komischerweise.. auch Eohl.
Im ersten Moment blickte Aurea ziemlich verdutzt drein, als Eohl sie fragte, ob sie wieder näher kommen wollte. Für die Wärme? Lag es daran? Oder war es die Grünhaarige, welche die Nähe suchte? Lächelnd legte Aurea ihre unschuldige Hand in Eohls, welche schon so viele Menschen getötet hatte und ließ die Ältere schließlich wieder bei sich einhaken. Und es stimmte, es war wirklich wärmer so. Während die beiden Magierinnen den Weg zurück in Richtung Gilde gingen, brannte Aurea eine weitere Frage auf der Zunge. Sie war regelrecht fasziniert von Eohls Gedanken. Nicht aber, weil sie ihr folgen wollte.. viel mehr lag es wohl ihrem Studium in Crocus Town zu Grunde, dass sie so interessiert an der Gedankenwelt der Grünhaarigen hatte. So wollte Aurea wissen, ob die Eohl der Zukunft auch mit ihr befreundet sein wollen könnte. Und die Antwort kam prompt, die Yihwa schien nicht einmal darüber nachdenken zu müssen. Aurea lachte erleichtert auf und spürte die aufrichtige Freude in ihrer Brust, als sie diese liebevolle Antwort von Eohl zu hören bekam. Doch dann wurde ihr bewusst, dass Eohl sich irrte. Wüsste sie, dass Aurea nicht vertrauenswürdig war und all die Auserwählten so verurteilte, wäre die Eohl der Zukunft bestimmt nicht darauf erpicht, mit Aurea befreundet zu sein. Bekäme die Dhakalis die Möglichkeit, ohne Konsequenzen zu verschwinden, würde sie es tun. Sie würde Eohl einfach zurücklassen - ohne ein Wort des Abschieds. War es fair, sie die ganze Zeit anzulächeln? Aurea wurde still, während sie eng an der Seite ihrer Freundin flanierte.
Der Friedhog von Crystalline Town, ein Hort des Wohlfühlens, zumindest wenn man einer Sparte an Personen zugehörte, welche sich an diesem Ort wirklich heimisch fühlen würde. Wenn man beispielsweise als Mensch einer bestimmten Glaubensrichtung angehörte, dann war es schon möglich, das man sich auf einem Friedhof sehr wohl fühlte. Auch, wenn man auf der dunklen Seite des Lichtes stand, gehörte man zu denjenigen Wesen, welche sich auf einen solchen Ort zurückzogen, wenn sie ihre Ruhe haben wollten. Das klassischste Beispiel derer, die sich aber an einen Ort wie diesen zurückzogen, war vermutlich ein Wesen des Todes, ein jenes, welches bereits ein Leben hinter sich hatte und damit irgendeine Verbindung zum Jenseits aufweisen konnte. Im Fall von Ayra Yihwa, einem mittlerweile sehr stolzem Mitglied von Royal Crusade auf dem B-Rang, war das auf zweierlei Arten eine verbundene Sache. Zunächst einmal verband sie den Tod und den damit ebenfalls verbundenen Schrecken nicht als bösartig und endgültig, sondern mit einer gewissen Notwendigkeit, welche man auch eingehen musste, wenn man im Leben wie im Leben nach dem Tod noch etwas erreichen wollte. Der zweite Punkt, der sie mit einem Ort wie diesem Verband, das lag sicherlich an dem Term, das es sich bei ihr um einen Vampir handelte, einem Wesen, welches charakteristisch in einer jeden Erzählung aus einem Sarg entsteigt und seinen Opfern zumeist auch in der Nähe von Friedhöfen auflauerte. Aber im Falle von Ayra, der jungen Yihwa war das nur die halbe, wirkliche Miete. Heute befand sie sich aus einem gänzlich anderem Grund an einem so verlassenen Ort wie diesem.
Die Melancholie hatte es schon ein wenig aufgebaut, denn sie schwelgte ein wenig in Erinnerung, versuchte sich ein wenig an die Zeit zu erinnern, weche sie noch in Seven erlebt hatte, wo sie noch eine ranghohe Kommdeurin der Streitkräfte war. Ja, hinter ihrem Vater, welcher der Kommandeur war, handelte es sich bei ihr um die stelvertretende Kommandeurin und damit um eine Person, die wirklich sehr viel Macht besaß. Sowohl innerpolitisch, wie auch militaristisch. Ayra hatte sich in der gesamten Zeit über in Seven einen Namen gemacht und wurde als 'die Unbarmherzige' gleichermaßen gefürchtet wie respektiert. Aber, hier in Fiore kannte sie fast schon wirklich keine Person, was gewissermaßen traurig war, wenn man daran dachte, was sie alles war und was sie alles hatte. - Wohlgemerkt vor ihrem Tod, vor über dreihundert Jahren. Ja, es war eine lange Zeit, eine Endlosspirale, in welcher sie alles verloren hatte, was ihr so wichtig gewesen ist. Und das alles nur, weil sie durch ihren rücksichtslosen Vater und dessen Befehle den Tod gefunden hatte.
So schaute sie sich heute hier auf dem Friedhof wandernd einfach mal nur um. Sie durchstreifte die verschiedenen Gänge zu den einzelnen Gräbern und schaute sich diese ganz genau an. Währenddessen war die junge Frau in Gedanken versunken, weil sie sich ernsthafte Gedanken darüber machte, wie sie es denn schaffen würde, ihre alte Vormachtstellung wieder zurückzugewinnen oder aber zumindest eine ähnliche gefürchtete oder respektierte Ansehenswertung erhalten könnte. Sie schaute sich um, versuchte auch in den Lebensdaten verschiedener Verstorbener etwas herauszulesen, aber Antworten auf das, was sie sich fragte, bekam sie natürlich nicht.
Aber, sie hatte noch einen weiteren Gedanken im Kopf, weshalb sie in dieser finstren Nacht auf diesem Friedhof war. Denn, heute hatte sie ihre große Schwester Eohl darum gebeten, sie hier zu treffen und in Empfang zu nehmen. Seit ihrer letzten gemeinsamen Zeit war einige zeit ins Land gezogen und sehr zum Bedauern von Ayra hatte sie Eohl schon ein paar Tage lang nicht mehr sehen können. Das wollte sie nun gerne nachholen. Und dabei wollte sie ihr gleichwohl auch davon erzählen, was sie auf dem Herzen hatte. Zudem aber auch eine freudige Mitteilung machen, schließlich war sie innerhalb der Gilde im Rang aufgestiegen und hatte entsprechend auch eine neue Aufgabe übernommen, welche sie ihrem größten Wunsch, wieder ihre alte militärische Stärke zurückzuerlangen, ein großes Stück Näher bringen könnte. Zumindest aber kam Ayra nicht ganz unvorbereitet auf dem Friedhof an. Selbst wenn sie hier so durch die Gegend watete, so hatte sie doch trotzdem eine Schachtel von selbstgebackenen Plätzchen dabei, welche sie extra für ihre Schwester gemacht hatte. Vielleicht nur eine kleine Aufmerksamkeit, aber eine für Ayra entscheidene Gestik, mit der sie auch versuchen wollen würde, der älteren Yihwa ihre bisherige Dankbarkeit für alles auszudrücken. Daher würde sie Eohl dieses kleine Geschenk auch überreichen, sobald sie sich heute wiedertrafen. So setzte sich Ayra nun inmitten eines Einganges einer vernebelten Gruft auf die verriegelte Eingangstür und starrte in die Ferne. Ohne sinnbildlich ein Ziel zu fokussieren. Einfach so. Tief in die ewige Dunkelheit der Nacht hinein...
Eohls roter Umhang flatterte im sanften Wind, während sie mit langsamen, eleganten Schritten auf den Friedhof trat. Ihr Blick war kühl, geradeaus gerichtet, stetig nach vorne. Sie trug ihre Rüstung immer seltener, aber sie trug sie gerne. Sie fühlte sich stark darin, sicher, aber auch eindrucksvoll und dominant. Sie war ein dunkler Fleck in der Landschaft, passend zu diesem Ort des Todes, an dem sie sich so wohl fühlte. Sie war nicht grundlos hier, im Gegenteil. Man hatte sie hierher bestellt. Eine Person, die sie schätzte, ihre selbst ernannte Schwester, wollte mit ihr sprechen, und die Yihwa hatte nicht vor, sie zu enttäuschen oder allein zu lassen. Sie würde für Ayra da sein... gleich. Die Gelegenheit, den Friedhof zu besuchen, wollte sie aber zuerst anderweitig nutzen. Zielsicher trat Eohl auf ein bestimmtes Grab zu. Sie erinnerte sich überraschend gut daran, wo genau es lag, aber selbst wenn nicht, war es leicht zu erkennen. Gut gepflegt und mit Blumen ausgestattet stach es ein wenig hervor zwischen den anderen Grabsteinen, die düster und grau dem Weg folgten, schon allein dadurch, dass es eins von wenigen Gräbern war, auf denen gerade kein Schnee lag. Das junge Silberhaar, das sich so liebevoll darum kümmerte, musste erst vor Kurzem hier gewesen sein. Eine Hand an ihre Brust legend senkte Eohl den Kopf. „Du bist ein glücklicher Mann, Curio“, sprach sie ruhig, ehe ihre Hand sich wieder in Bewegung setzte. Langsam schlich sie sich unter ihren Umhang, zog einen kleinen Spiegel daraus hervor. „Es ist eine Schande, dass du nicht mehr hier bist. Ich werde darum kämpfen, dass sich unser Aller Wünsche erfüllen.“ Dieser Mann hatte wie ein wilder Hund gekämpft zum Wohl von Royal Crusade. Er hatte sein Leben dafür gegeben. Seine gesamte Familie, aber auch er als Person hatte es verdient, den Erfolg der Gilde zu sehen, der ihnen so wichtig gewesen war. Ihren Arm vor sich streckend, öffnete die Yihwa ihre Hand und ließ den kleinen Spiegel zu Boden fallen, wo er zersprang, und zwischen den Scherben, die sich auf dem Grab verteilten, kamen die Blumen zum Erliegen, die darin gespeichert waren. Weiße Blüten, geformt wie Trichter; Callas, ein kleiner Strauß davon. Die einzigen Blumen, die ihr richtig erschienen. Ein paar Momente lang blieb sie noch hier stehen, ruhig und entspannt... ehe sie ihren Kopf zur Seite drehte.
„Heyyy, Ayra! Da bist du ja!“
Mit einem Mal zerschlug die Assassine die düstere, ruhige Stimmung, wandte sich um in Richtung der Gruft, vor der ihre Schwester hockte. Offenbar hatte sie längst realisiert, wo die Untote steckte, auch wenn das hier ihre erste Reaktion auf sie war. Fröhlich hopste Eohl zu Ayra hinüber, klatschte in ihre Hände. „Du siehst gut aus heute! Bist du stärker geworden?“ Aufmerksam betrachtete die Grünhaarige ihr Gegenüber. Auch wenn die Vampirin vermutlich ein paar hundert Jahre älter war als Eohl selbst, fühlte sie sich immer jünger an, unerfahrener. Noch nicht ganz so weit. Aber das war nur natürlich. Sie war noch nicht lange bei Royal Crusade, hatte gerade erst ihre wahre Bestimmung gefunden. Alles davor war praktisch irrelevant, eine Ablenkung, ein Umweg zum wahren Ziel ihrer Existenz. Insofern war sie, obwohl sie sie um ein gutes Stück überragte, in Eohls Augen ihre süße, kleine Schwester, auf die sie aufpasste und um die sie sich kümmerte. Gerade erst war sie aufgestiegen zum B-Rang, und Eohl könnte stolzer nicht sein. Insofern schenkte sie der Untoten ein strahlendes, glückliches Lächeln. „Du wolltest mit mir sprechen, richtig? Was gibt es?“
Es gab so viel, so viel zu tun, es war so viel zu erledigen. Viele Dinge, die noch unbearbeitet gewesen sind, so viele unterschiedliche Dinge und Gepflogenheiten, die es noch zu erforschen galt oder die es noch herauszufidnen galt. Schließlich waren dreihundert Jahre eine sehr lange Zeit gewesen. Etwas, was durchaus nicht so ganz leicht zu verstehen ist, das man so lange hatte leben können, denn von überlegen konnte ja nun überhaupt keine Rede sein. Aber Leben war der passende Begriff für etwas, das sich in der ersten Linie des Lebens auf den Schultern der jungen Vampira abspielte. Denn sie hatte dreihundert Jahre lang bisher vergeblich versucht, nach Antworten zu finden. Antworten, welche sie suchte, auf Fragen, die vermutlich niemals wirklich zu beantworten sein würden. Aber genau das machte es ja auch so wahnsinnig stimmungsvoll und interessant, sich das Leben derer zu betrachten, die Antworten auf Fragen hatten, die sie sich selbst oder in reinster Rhetorik dieser Welt stellten. Doch bei Ayra war das sinngemäß etwas anders. Sie suchte zwar nach Antworten, sie wusste aber, das ihr diese Antwprtmöglichkeiten wohl niemals jemand geben würde. Oder aber geben könnte. Denn dafür müsste es so sein, das diese Personen weitaus länger lebten als sie und das war einfach nur eine Unmöglichkeit.
Auch aus diesem Grund saß die Jungfer des Blutes, wie man sie früher durchaus gerne und auch unter Furcht nannte, so leicht nachdenklich auf der Eingangspforte dieser nichtssagenden Gruft irgendeiner Person, die sie sowieso nicht kannte und für die sie sich auch nicht interessierte. Die Vampira war durch und durch damit beschäftigt, sich einzig und allein um sich selbst zu kümmern. Sie hatte zu diesen Verstorbenen an diesem Ort keinerlei Kontakt, keinerlei Draht, keinerlei Verbindung. - Sie war in Verbindung mit der Leere. Und die Leere dieses Ortes zog sie an. Versuchte, das zu erfülen, was sie so kläglich versuchte zu finden: Antworten.
Aber Ayra hatte sich inihrem bisherigen Leben, seitdem sie sich der Gilde Royal Crusade angeschlossen hatte, durchaus einem Ziel hingegeben. Sie vermisste es sehr stark, das sie nicht mehr über dieselbe Macht verfügte, die sie auch noch zu Lebzeiten in Seven verspürt hatte. Sie war mächtig, sie war eine Anführerin gewesen, seine stellvertretende Kommandeurin, hatte das zweithöchste Kommando über alle Streitkräfte eines Landes. Und was hatte sie nach ihrer Wiederauferstehung? Nichts. Sie begann, diese Zeit zu vermissen, diesen Erfolg, diese Macht, die sie hatte, diesen Erfolg, den sie verspürte, wenn es darum ging, anderen ihre Macht zu zeigen. Sie wurde die Unbarmherzige genannt und das nicht etwa aus Trostzwecken, nein. Man hatte regelrecht Angst vor ihr gehabt...
Ayra hatte bisher gelernt, Kontakte zu knüpfen, in Royal Crusade nicht anzuwecken und Möglichkeiten zu finden, die ihre Kameraden mit ihrer durchaus oft vorherrschenden, zickigen Art klarkommen würden. Was war das Ergebnis? Sie hatte mit Raziel ihren Mentor kennengelernt, welcher sie anleitete und ihr zeigte, zumindest wieder mit diesem Gefühl ver Vertrautheit von Macht in Kontakt zu kommen. Und, sie lernte Eohl kennen. Die, die sie adoptierte. Die, die sie so gut verstand und mit der sie sich so sehr ergänzte. Es war für Ayra ein wahrer Glücksmoment, von der Yihwa anerkannt, akzeptiert und schließlich auch zur Schwester adoptiert worden zu sein. So wurde aus Ayra Eurybia schlussendlich Ayra Yihwa. Einen Namen, den sie mit sehr viel Ehrgefühl und auch mit sehr viel stolz trägt.
Sie hatte Eohl heute hierher bestellt. Denn sie wollte mit ihr sprechen und sie auch wiedersehen. Das war ihr wichtig. Das gewisse Gefühl des Vermissens offenbarte sich in der Vampira. So lange von ihrer Schwester getrennt zu sein.. es schmerzte ihr irgendwo. Doch dann folgte das Licht dauf dem Schatten, denn dann tauchte Eohl nun wirklich, leibhaftig vor ihr auf. So verzogen sich die traurigen Gedanken ein wenig und Ayra zeigte sein kurzes Lächeln auf ihren roten, stiftbemalten Lippen. Das Erste, was geschah, war es, von der gruft regelrecht aufzuspringen und vor Eohl auf den Beinen zu bleiben. Dann folgte eine ziemlich direkte und intensive Umarmung mit ihrer Schwester. "Eohl... Ich bin froh, dich zu sehen, denn ich habe dich wirklich vermisst." Innerhalb der Gefilden von Royal Crusade vermutlich ein wenig merkwürdig, wenn nicht sogar seltsam, aber auch die Mitglieder dieser Gilde waren letztendlich nichts Anderes als lebendige Wesen, die auch fühlen konnten, selbst wenn es einige gab, die das wohl verneinen würden...
Als sie die Umarmung beendete, berührte Ayra ganz leicht die Hände ihrer Schwester und spielte ein wenig mit diesen. Strich über den Handrücken, kitzelte die Finger und deren Spitzen ein wenig und zeigte den Frohsinn darüber, das die Assasinin wieder in ihrer Nähe war. "Danke, große Schwester. Du bist so lieb. Aber du bist doch auch so schön." Entgegnete die jüngere Yihwa der älteren, originalen Yihwa. Letztendlich wünschte Ayra sich nichts mehr, als anerkannt zu werden, innerhalb der Gilde und von deren Mitgliedern. Das war ihr wichtig. Aber, die Gehörnte kam wirklich schnell zum Thema. Dann wollte die Weißhaarige mit den schwarzen Strähnen auch nicht unnötig Zeit verschwenden, denn vielleicht hatte Eohl ja noch etwas vor. "Gehen wir ein Stück gemeinsam? Oder setzen wir uns hier auf die Grabsteine?" Eine Wahl, welche sie sehr gerne ihrer Schwester überlassen wollte, aber es gab einige Dinge, die sie mit Eohl besprechen wollte.
"Ein wenig stärker bin ich schon geworden. Ich konnte erst vor Kurzem einen neuen Zauber der Crashmagie erlernen. Und ich habe es endlich geschafft, eine dritte Magie zu meistern. Damit bin ich jetzt wieder in der Situation, eine gewisse Unberechenbarkeit hervorrufen zu können." Die Vampira hatte sich selbst ja immer mit diesem Blick gesehen, das es das Wichtigste war, unberechenbar zu sein. "Aber das vielleicht größte Thema kennst du bestimmt schon. Ich wurde erst vor ganz kurzer Zeit zum B-Rang berufen. Und einen Job habe ich auch. Ich bin ganz offiziell zur Auftragsmörderin der Gilde berufen worden." Ein wenig schaute Ayra nach der Offenbarung dieser Worte in Richtung Boden. Für sie war es aber dennoch wichtig, bestimmte Personen nicht zu enttäuschen. Das war ihr halt so eingeprägt, hatte sie das in ihrer Militärzeit in Seven und durch die Erziehung und Erlebnisse überhaupt ja nicht anders gelernt. "Ich weiß, dass das gegen deine Erfolge nur Schatten sind, aber bist du denn trotzdem schon stolz auf mich, große Schwester?" Als Ayra dies sprach, erhob sie ihren Kopf wieder und fokussierte Eohls Seelenspiegel. In Ayras Blick selbst erkannte man die Überzeugung, denn es war ihr wirklich sehr wichtig, dass sie es schaffte, den Stolz in Eohl zu erwecken...
“Hehe!” Eohl musste einfach fröhlich vor sich hin kichern, als Ayra sie so überschwänglich begrüßte, und erwiderte mit Freude die enge Umarmung. Die beiden Schwestern waren sich schockierend ähnlich; oft so kühl und rücksichtslos, aber so energisch, wenn es um jemanden ging, den sie sehr mochten. Der Körperkontakt fühlte sich gut an, sodass Eohl ihn nicht ganz gehen ließ, auch nachdem sich Ayras Arme von ihr lösten. Liebevoll ließ sie ihre Hand auf dem Unterarm der Älteren liegen und sah ihr in die Augen. “Ich hab dich auch vermisst”, nickte sie mit einem Lächeln, sprach ihre kleine Schwester darauf an, wie hübsch und stark sie doch wirkte - ein Kompliment, das Ayra schnell zurückgab. “Dann gehen wir”, nickte die Yihwa und nahm Ayra an der Hand. Gemeinsam über den Friedhof zu schlendern klang doch mehr als schön.
“Unberechenbarkeit ist wichtig, ja. Das ist auch mein größter Vorteil.” Eohl nickte. Sie selbst nutzte hauptsächlich eine Magie und behielt ihren Überraschungsfaktor durch Geheimnistuerei und Fehlleitung bei, sowie durch allgemeines strategisches Geschick. Aber auch das Erweitern der eigenen Möglichkeiten war eine legitime Ressource. “Zwischen uns beiden bist du definitiv eher die Kämpferin”, stellte sie fest und schenkte der Untoten ein stolzes Lächeln. “Wenn wir je einem Gegner gegenüber stehen, der nicht zu meinem Kampfstil passt, verlass ich mich auf dich, ja?” Mit Eohl in den Schatten und Ayra an der Front gab es wohl kaum jemanden, der eine Begegnung mit ihnen überleben würde. Während Eohl hauptsächlich wegen ihrem großen Talent oft als Assassine arbeitete, war die ehemalige Eurybia wohl spezifisch für die Rolle der Auftragsmörderin ernannt worden. Zufriedenheit zeigte sich in den Augen der Jüngeren, verschwand aber schnell wieder, als Ayra ihren nächsten Satz sagte. Ihr Blick wurde kühl, ihre Mundwinkel fielen.
“Was redest du da?”
Mit einem schnellen Schritt hörte Eohl auf, Seite an Seite mit ihrer Schwester zu gehen, sondern positionierte sich vor ihr, schnitt ihr den Weg ab, um ihr beide Hände auf die Schultern zu legen. Mit einem intensiven Blick in ihren rot glühenden Augen starrte sie ihrem Gegenüber ins Gesicht. “Wenn hier jemand ein Schatten ist, bin ich das!”, gab sie klar und entschlossen zurück und schüttelte den Kopf. “Du bist toll! Du entwickelst dich gut und ich finde es gut, dass du eine Mörderin werden willst wie ich! Ich bin richtig, richtig stolz auf dich, Ayra!” Ihre Hände wanderten hoch, legten sich an den Hinterkopf der deutlich größeren Yihwa, zogen ihren Kopf herab an die Brust ihrer großen Schwester, um sanft ihre Arme darum zu legen und ihr Haar zu streicheln. “Rede nicht schlecht über dich. Wer schlecht über meine Schwester spricht, ist mein Feind”, hauchte sie leise in Ayras Ohr, ihre Stimme kühl und fest. Sie hatte nicht vor, Gnade walten zu lassen, wenn jemand beleidigte, was ihr wichtig war. “Unsere Aufgabe in Royal Crusade ist es zu töten und zu überleben. Unsere Aufgabe als Schwestern ist es, immer füreinander da zu sein. Solange du das tust, sollst du stolz auf dich sein. Mehr gibt es nicht zu wünschen.” Langsam lockerte sie wieder ihre Arme, ließ Ayra wieder los. Ihr Körper blieb aber angespannt. “Du bist kein Schatten, Ayra. Verstanden?”
So schön es auch immer war, dass die Schwestern sich wiedersahen, es konnte die innerliche Enttäuschung, die sich in den Seelenspiegeln der Vampira verdeutlichten, nicht verbergen. Das Funkeln, die helle Begeisterung in den Iridien der verstorbenen Vampirdame war zum Erliegen gekommen und wich dem niedergeschlagenen Gedankengang von süffisantem nachdenken. Schließlich gab es eine Situation, welche die neu in die Yihwa-Familie aufgenommene Silberhaarige nicht so wirklich akzeptieren konnte: Sie vermisste die Machtstellung, welche sie zur früheren Zeit besessen hatte. Ayra kam mit dem Gedanken nur sehr schwer klar, dass sie keine Macht mehr hatte. Den in Seven, als sie noch die stellvertretende Oberkommandeurin aller Streitkräfte überhaupt gewesen war, hatte sie noch Macht. Da wusste sie, wie sie diese Macht einsetzen konnte und wie sie den ganzen Untergebenen zeigen konnte, wer wirklich Macht besaß. Doch das alles änderte sich an diesem einen verhängnisvollen Tag der Entführung vor über dreihundert Jahren, als sie sich schwach zeigte, das Opfer einer Geiselnahme wurde und tatsächlich getötet worden war. Das lies nicht nur ihr persönliches Machtzentrum zersplittern, es sorgte auch dafpr, das sich der Machtkosmos in Seven ungünstigerweise etwas verschob. So war doch ihr Vater der Oberkommandeur aller Streitkräfte gewesen und sie hätte ihm nachfolgen sollen. Doch, es sollte ja alles anders kommen. Zuerst starb sie, durch seine Hand und letztendlich starb danach kurze Zeit später auch er. Der Name Eurybia spielte daraufhin in der Geschichtsschreibung von Seven sehr schnell keine wirkliche Rolle mehr. Gerade auch mit aus diesem Grund ist Ayra froh, dass sie nun einen völlig anderen Namen trägt. Einen, mit dem sie wieder von Vorne beginnen konnte, einen, der bereits bekannt war und mit dem sie vielleicht noch sehr viel mehr Macht erreichen könnte, als es ihr zu Lebzeiten in Seven selbst noch vergönnt gewesen war. Das wäre zumindest ein wirklich schöner Wunschtraum ihrerseits gewesen.
Für die Neue im Hause Yihwa war es wirklich schön, dass Eohl ihre überschwängliche Begrüßung so erwiederte und diese Umarmung auch eine zeitlang andauern lies. Denn der Vampira bewies das eine Dazugehörigkeit, etwas, was sie schon immer gerne erreichen wollte. Weder im Auftreten der Wahnsinnigen noch im Auftreten der Unbarmherzigen erkannte man wirklich diese Kälte und Rücksichtslosigkeit, die sie beide an den Tag legten, wenn sie im Serious-Mode gewesen waren. Nein, beide waren voller Freude und innerlicher Wärme, weil sie beide jemanden hatten, der ihnen wichtig war. Und sie standen sich eben gegenüber, was das Schöne daran war. Für Ayra war es ein schöner Moment. Eohl bestätigte ihr, dass sie die Vampira auch vermisst hatte, was der so traurig wirkenden Ayra für einen Moment ein Lächeln auf die blassen Lippen zaubern konnte. Genauso war es schön, das sie nun beide Hand in Hand über diesen Friedhof schlenderten. - Als Schwestern.
"Ich weiß aber ehrlich gesagt nicht, ob ich wirklich eine gute Wahl getroffen habe. Crashmagie, Tarotmagie, Schattenmagie. Die verlorene Magie Crash passt natürlich zu meiner Persönlichkeit, die Tarotmagie zu meiner Leidenschaft dieser Kunst und die Schatten zu meinem Dasein als Vampir. Aber ich habe dennoch nicht das Gefühl, dass mir das diese Grundsatzgefährlichkeit bringt, die ich eigentlich besitzen sollte. Die Aufträge, die ich schon an der Seite von dir, Neferet oder Raziel ausgeführt habe, geben mir auch das Zeichen, dass ich noch viel zu lernen habe. Das verunsichert mich." Ayra selbst war zwar recht stark und sie besaß auch sehr gute militärische Fertigkeiten, ein hervorragendes Wesen und eine absolute Gnadenlosigkeit, wenn es darum ging, einen Auftrag erfolgreich auszuführen, aber dennoch machte sie sich halt Gedanken darum, dass sie dennoch kein wirklich gutes Mitglied von Royal Crusade gewesen ist. "Ich wurde zwar befördert und mit einem Job ausgezeichnet, aber ich bin wohl noch lange kein so gutes Mitglied der Gilde wie du."
Ja, die Kombination der Yihwa-Schwestern war schon wirklich brandgefährlich. Einerseits Eohl in den Schatten und andererseits Ayra an der Front, das war für jedes potenzielle Ziel an und für sich schon lebensbedrohlich. Aber in Kombination der grundlegenden Fähigkeiten der beiden Frauen ist ihre gemeinsame Kraft wohl sehr viel wertvoller gewesen, als das vermutlich auf Anhieb erkannt werden würde. Denn, Eohl und Ayra ergänzten sich wirklich sehr gut, wenn nicht sogar schon beinahe perfekt. Würde es darum gehen, das Royal Crusade Zweierteams, sogenannte Duos für Aufträge bilden würde, so wäre dieses Duo bestehend aus den Yihwa-Schwestern wohl mit das Gefährlichste überhaupt. Die Überzeugung ihrer großen Schwester brachte Ayra erneut ein Lächeln auf die Lippen. "Es wird niemals jemanden geben, der auch nur die Möglichkeit dazu bekommt, dir gefährlich nahe zu kommen. Ich werde dir auf Ewig ein Schild und gleichzeitig ein Schwert sein, das verspreche ich dir, Eohl." Frohlockte es Ayra ohne zu zögern aus ihrem Mund heraus. Ein Schwur, ein Versprechen, was die Vampira auch auf Ewig einhalten würde, das stand fest.
Dann plötzlich wurde Eohl stumm, lief etwas schneller und schnitt ihrer Schwester regelrecht den Weg ab. Das hätte schon fast eine bedrohliche Situation mit der Assassinin werden können, wenn Ayra sich in der Gegenwart von Eohl nicht so wohlfühlen würde. Auge in Auge standen sie nun da und fixierten einander. Da weiteten sich plötzlich die Augen der Untoten, als Eohl diese Worte sprach und sie ihr versicherte, das sie tatsächlich stolz auf die neu ernannte Auftragsmörderin war. "Meinst du das wirklich ernst? Bin ich wirklich schon so eine tolle Crusaderin geworden? Obwohl ich noch nicht so lange Zeit dabei bin? Aber, ich konnte doch mein Wort bei dem Auftrag mit Neferet nicht einhalten, womit ich sie bestimmt verärgert habe. Auch beim Auftrag mit Raziel bin ich in militärische Gedanken verfallen. Auch im Auftrag mit dir sollte ich nur ein Ziel töten, habe aber gleich drei umgebracht. Soetwas sorgt doch nur für unnötige Gefahrensituationen. Mache ich nicht eigentlich nur nichts als Ärger?" Es war unglaublich, aber Ayra begann merklich, das Herz bei ihrer Schwester auszuschüten. Sie hatte bereits so viel auf dem Herzen, womit sie mit ihr sprechen wollte, machte sich so viele Sorgen. Klar, sie war selbst nicht dazu in der Lage, zu erkennen, wenn sie etwas offenkundig falsch gemacht hatte, aber das bedeutete ja nicht, das ihr nicht doch hin und wieder Zweifel an der ein oder anderen Entscheidung, die sie in der Vergangenheit getroffen hatte, in den Sinn hätten kommen können.
Als Eohl ihre kleine Schwester so zu sich hinzog und ihr eine Streicheleinheit gab, bildete sich ein leicht rötlicher Schimmer über den Wangen der untoten jungen Frau. Sie vergrub sich regelrecht an der Brust ihrer Schwester und war stolz auf die Worte, welche Eohl ihr mit auf den Weg gab. Als sie Ayra dann auch wieder loslies, schauten sie sich wieder einander in die Augen. Eine leichte Träne hatte sich gebildet, welche sie Yihwa gekonnt wegwischte. "Verstanden. Aber du bleibst für immer an meiner Seite, du bist meine geliebte Schwester. Ja, Eohl?" Das war ihr wirklich sehr, sehr wichtig. Dieser Aspekt stellte einen der wichtisten Gründe für Ayra überhaupt dar. Denn Eohl war ihr mit der Zeit wirklich immer wichtiger geworden. Dann atmete sie einmal kurz aus. "Weisst du... Mich quält es sehr, das ich über keinerlei Macht mehr verfüge. Früher in Seven, al ich noch Kommandeurin des Militärs war, da hatte ich Macht über alles und jeden und konnte diese Macht ausnutzen und so einsetzen, wie ich es wollte. Man entwickelte mit der Zeit berechtigterweise Angst, Furcht und Respekt vor mir und mein Titel die Unbarmherzige entstand dadurch. Aber als ich eiens Tages entführt und getötet worden bin, ist diese Macht natürlich wieder weg gewesen. Jetzt bin ich wiederauferstanden. Aber Macht besitze ich keine mehr..." Ayra biss sich selbst auf die Unterlippe, rammte sich einen ihrer oberen Vampirzähne tief hinein in diese, sodass sich etwas Blut offenbarte und leicht ihrer Lippe hinablief. "Ich möchte gerne meine Macht wiedererlangen. Ich möchte meinen Ruf als die Unbarmherzige zurück. Die Menschen sollen wieder Angst vor mir haben, mich wieder fürchten, Respekt vor mir haben. Ich sorge mich davor, einfach keine Rolle mehr zu spielen. Ich..." Da stoppte Ayra. Eohl konnte merken, dass ihr das wirklich ein ernsthaftes Thema war und das sich Wut, Frustration, aber auch Trauer und Missgunst über sich selbst all die Jahre in ihr angesammelt hatten. Seitdem sie wiederauferstanden war, lief sie mit diesem innerlichen Vulkan an Emotionen herum. "...Hilfst du mir? Hilfst du mir, wieder machtvoll zu werden, Eohl?"
Obwohl Eohl sie gerade für ihre Magie gelobt hatte, zeigte sich Ayra noch immer unsicher. Sie wusste nicht, ob ihre Wahl stimmte, und versuchte, sich alles zurecht zu reden... aber am Ende zweifelte sie dennoch. Die Yihwa konnte nicht anders, als leicht zu kichern. „Naja... du kannst dir die Magien, die du lernst, ja nicht einfach aussuchen. Ich bin überrascht, dass du schon so viele kennst! Wo nimmst du das ganze Wissen her?“, lachte sie auf und schüttelte den Kopf. „Das Schicksal hat deinen Weg zu mir geführt, und das Schicksal hat dir deine Fähigkeiten gegeben. Du bist offensichtlich auf dem richtigen Pfad, also hinterfrag das nicht zu sehr, ja?“ Wie könnte sie einer falschen Zukunft nachjagen, wenn sie an Eohls Seite stand? Dass die beiden sich gefunden hatten, war in vielerlei Hinsicht eine positive, schicksalhafte Entwicklung gewesen, also war für die Yihwa klar, dass all die Dinge, die Ayra aktuell umgaben, auch dem richtigen Weg entsprachen. „Hast du dein Vertrauen in das Schicksal verloren, Ayra?“, hakte Eohl nach und legte langsam eine Hand auf ihr Herz. „Oder dein Vertrauen in mich?“
Für Eohl war Ayra kein Misserfolg, und auch kein Schatten, ganz im Gegenteil. Sie wuchs, sie hatte endloses Potenzial, und sie erfüllte ihre Rolle gut. Das stellte die Yihwa auch mehr als deutlich klar. Eindringlich blickte sie der Älteren in die Augen, um ihr diese Überzeugung klarzumachen. Trotzdem war sie noch nicht überzeugt worden, zweifelte weiter an sich. „Es stört mich wirklich nicht, wenn du ein paar Leute mehr tötest“, lachte Eohl auf, winkte ab, blinzelte dann aber überrascht, als sie hörte, was die ehemalige Euribya noch so erzählte. „Oh... du kennst Neferet?“ Ihre Augenbrauen zogen sich leicht zusammen, und ihre Stimme wurde kühler. „Es ist keine gute Idee, Neffy zu enttäuschen. Wenn du ihr dein Wort gibst, dann hast du dich daran zu halten. Genau wie du dein Wort mir gegenüber nicht brechen würdest, richtig?“ Sicherlich verstand sie das, nicht? Ayra war ein cleveres Mädchen, der man ansah, dass sie in einiger Hinsicht schon viele Erfahrungen hatten sammeln können. Sie versicherte ihre Treue, ihre Loyalität, ihre Zuneigung. Wieso sollte sie ihr Wort brechen? So unzuverlässig war sie nicht. „Was ist denn passiert? Warum hast du dein Wort gebrochen?“, hakte Eohl nach, ihre Stimme wieder etwas weicher. „Ich halte dich nicht für jemanden, dem man nicht trauen kann, Ayra. Im Gegenteil. Du sollst doch meine Schwester sein, zuverlässig und fähig. So jemand bricht sein Wort doch nicht.“
Und ja, dieser Glauben bedeutete, dass Eohl an ihrer Seite bleiben würde. „Dafür ist eine große Schwester da, nicht?“, nickte sie mit einem warmen Lächeln, ehe sie noch weiteren Sorgen der frischen Yihwa lauschte. „Du hast so viele Zweifel...“, stellte sie erstaunt fest. „Wie unpassend für jemanden, der Einblick in das Schicksal hat.“ Da war es wieder, das Schicksal. Eine mystische Macht, in der sie beide lesen konnten, und ein nicht zu unterschätzender Anteil ihrer schwesterlichen Bindung. Es war nicht Blut, das Eohl und Ayra als Schwestern auserkoren hatte, sondern Schicksal. Das Schicksal war einer der Gründe dafür, dass sie sich so viele Sorgen sparen konnte. Sie wusste, welche Richtung sie einschlagen musste, und sie wusste, dass sie ihre Zeit bei Royal Crusade überleben würden. Das gleiche Vertrauen schien Ayra zu fehlen. Wie irritierend. „Hast du versucht, deine Karten zu legen? Hast du einen Blick in dein Schicksal geworfen, um zu sehen, wie viel Macht dir zusteht?“, hakte die Yihwa nach, anstatt sich direkt mit den Sorgen ihrer Schwester zu befassen. Kopfschüttelnd schloss sie die Augen. „Ich kann dich gerne unterstützen, aber ich kann den Fluss der Zeit nicht ändern. Manchmal wünscht die Zeit den Menschen, die ihr folgen, Grausames. Dann ist es unsere Aufgabe, ihre Strafen zu akzeptieren und ihre Weisungen auf dem richtigen Weg anzunehmen.“ So tat es die Yihwa schließlich auch. Sie hatte ihr altes Leben komplett hinter sich gelassen und folgte trotz Allem, was man ihr antat, dem einzigen Weg, der die richtige Zukunft herbeiführen würde. Die Eohl des Jetzt war abgespalten von Vergangenheit und Zukunft, eine Inkarnation ohne ihre eigenen Absichten, Wünsche und Ziele. Zumindest größtenteils. Wieder sah sie der Untoten intensiv in die Augen. „Es klingt für mich, als hättest du deinen Pfad im Lauf der Zeit verloren, Ayra. Du solltest ihn wiederfinden. Auch das ist deine Aufgabe als meine Schwester.“
Es lag nicht an Problemen. Es lag auch nicht an Misserfolg, es lag auch nicht am grundsätzlichen Zweifel. Ayra hatte Sorgen, das war nicht zu verkennen. Aber diese Sorgen, die sich ihr stellten, waren einzig und allein diesem Gedanken geschuldet, ob sie überhaupt ein brauchbares Mitglied der Gilde gewesen ist? Sie war die Unbarmherzige, sie war bekannt dafür, das man nicht unbedingt Gnade zu erwarten hatte und dennoch gab es in ihrem Inneren ein paar Zweifel, welche die Suche nach einer Bestätigung begehrten. Aber die untote Yihwa machte sich immer wieder ihre Gedanken, ob das wirklich so schlau war und ob ihr nicht mit der voranschreitenden Zeit etwas abhanden gekommen war? Es war für sie nicht zu erkennen, dass sie auch mal Fehler machte, denn diese derartige Schwäche der Persönlichkeit war für sie auch nicht so ohne Weiteres zu überwinden. Aber das musste ja auch überhaupt nicht sein. Denn letztendlich war Ayra auch genau so wie sie war erstklassig und das sollte sie auch überhaupt nicht infrage stellen. Denn da war etwas, was Eohl ihr gegenüber erwähnte, denn Grundsatz sie beinahe aus den Augen verloren hatte. Und das ihr soetwas geschah, zeugte schon dafür, dass sie derzeit zumindest ein kleines bisschen neben sich stand.
"Naja, so ist das nicht gantz richtig. In mancher Hinsicht kann man sich schon aussuchen, mit was für einer Magie man gesegnet wird. So ist das zumindest bei mir der Fall gewesen." Ja, das stimmte. Denn eigentlich war es ja überhaupt vorgesehen gewesen für den Lebensweg der Untten, dass sie überhaupt Magie erlernen sollte. Sie hätte ja Karriere in Seven machen sollen. Aber es kam ja bekanntlich anders. "Zu Beginn gab es keinen Grund dafür, mich der Magie zu bemächtigen. Sowohl mein Vater wie auch mein Kindermädchen haben mich immer von soetwas ferngehalten. Als ich dreizehn Jahre alt war, bin ich mit der Einheit meines Vaters in einer Ruinenstadt auf eine antike Truhe gestoßen. In ihrem Inneren befand sich eine uralte, verborgene Schrift. Die Crashmagie. So lernte ich überhaupt erst Magie anzuwenden." Natürlich änderte sich mit diesem Aspekt alles und Ayra begann, eine kreative und auch wirklich äußerst talentierte Magierin zu werden. "Auf den vielen Reisen nach meiner Wiederauferstehung aus dem Grab habe ich viele Dinge vernommen. Ich hatte viel Zeit, Schriften und Gräber zu untersuchen und zu studieren. So kam ich schlussendlich auch in den Kontakt mit Tarotmagie und seit Neuestem auch mit der Schattenmagie." Eine kurze Aufklärung über das, wie Ayra an ihr Wissen über die drei Magien gekommen war, schließlich hatte Eohl sie ja auch gefragt.
Als Eohl dann das Thema des Schicksals erwähnte und auch mit ihr selbst verglich, weitere Ayra üerrascht die Augen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass diese Thematik fallen oder dieser Vergleich gezogen werden würde. Ayra erkannte, dass all ihre Zweifel deshalb entstanden, weil sie den Blick auf das Schicksal verloren hatte. Sie hielt sich zu sehr mit Gedanken auf, die dereinst stattfanden und die unabänderlich geschehen sind. Sie hatte die Schnur zum Schicksal bröckelig werden lassen. Sie, diejenige Person, die so eng mit dem Schicksal selbst verwoben war. Als Reaktion darauf folgte jedoch eine ähnlich überraschende Sache, denn Ayra ballte zuerst die Faust, zuckte dann mit der zur Faust geballten Hand, presste die Finger in ihre Handflächen und dann tat sie es. Ja, sie verpasste sich selbst so eine heftige Ohrfeige, dass ihre Wange sich sofort dermaßen rötlich verfärbte. Das zwiebelte ziemlich deutlich, schließlich verfügte die Untote ja auch über nicht gerade wenig Kraft. "Das Schicksal... Der Blick auf das Wesentliche... Mir ist der Blick auf das Schicksal abhanden gekommen... Ich..." Dann stoppte sie. Denn es gab nur zwei Personen innerhalb von Royal Crusade, denen Ayra wirklich vertraute und Eohl war eine von diesen beiden Personen. "Nein, wie könnte ich nur? Das Vetrauen in dich werde ich niemals verlieren." Danach verstummte sie, denn ihre Wange zeigte deutlich, dass es ihr nicht gefallen hatte, diese Ohrfeige spüren zu müssen.
Eohl versuchte es Ayra wirklich zu verdeutlichen, dass sie absolut kein Problem damit hatte, dass die Untote war, wie sie nun einmal war. Das zeige Eohl ihr auch eindringlich. Wenn Ayra mehr Personen als nur das Ziel tötete, dann war das eben so. "Wenn... Wenn mehr Personen als nur das Ziel den Tod finden, dann... Dann war es deren Schicksal, mir über den Weg gelaufen zu sein. Ist es nicht so?" Die untote Yihwa musste sich eindeutig wieder mehr mit dem auseinandersetzen, was sie eigentlich ausmachte. Das sie den Draht zum Schicksal etwas aus den Augen verloren hatte, war für sie wirklich ziemlich schlimm. Dewegen versuchte sie, diesen Draht nun auch wiederzufinden. Dann sprach Eohl auch Neferet an. Es war nur mehr als klar, dass sie die mysteriöse Magierin auch kennen dürfte, schließlich war ihre Schwester viel länger eine Crusaderin gewesen als die Vampira. Deshalb erschloss sich ihr dieser Gedanke auch recht schnell. Als Eohl fragte, was denn geschehen war, atmete Ayra kurz aus.
"Wir hatten gemeinsam einen Auftrag in Pinevale, erhalten vom Anführer des Dorfes, Alberto Moreno persönlich. Das Problem ist nur, dass ich diesen Wurm sehr gut kenne. Besser, als mir lieb ist. Du musst wissen, dass die Moreno das Bindeglied zwischen Pinevale, mir und Raziel sind. Dieser Alberto Moreno ist ein Nachfahre genau desjenigen Alberto Moreno, der Mentor Raziel vor einigen Jahrhunderten getötet hat. Das war mir an sich wegen des Auftrages ja noch egal. Das ich diesen Wurm hasse, ja auch. Aber Alberto hatte in meinem Beisein Lady Neferet regelrecht beleidigt und in den Dreck gezogen und das alles nur, um mich zu provozieren. Da hat mich der Hass einfach überwindet und ich bin ihm regelrecht an die Kehle gesprungen..." Als dieser Aspekt endlich raus war, seuftzte die untote Yihwa erleichtert. Denn das war irgendwie auch die ein schwerer Stein, der sie die ganze Zeit über begleitet hatte. "Ich habe Neferet versprochen gehabt, dass ich mich zurückhalte und auf seine Provokationen nicht reagiere. Aber... Er kennt mich gut und weiß, wie er mich kriegen kann. Es war ja keine Absicht, ich wollte das Wort nicht brechen, was ich ihr gab. Aber bisweilen konnte ich auch noch nicht wieder mit Neferet sprechen. Ich wollte mich wirklich an das Versprechen halten. Das war mir wichtig, wirklich. Bitte glaub mir, Eohl." Ayras Geschichtszüge verzogen sich ziemlich weit hinab, sie war gerade meilenweit davon entfernt, lächeln zu können...
Die mythische Macht des Schicksals hatte so viel Kraft. Sie verbarg aber auch so viel. Jedoch verband sie Eohl und Ayra und machte sie zu Schwestern. Das war der wegweisende Aspekt, das war der Pfad, der gemeinsam in ihnen steckte. Auf die Frage hin, ob Ayra sich selbst die Karten gelegt hatte, schüttelte sie leicht den Kopf. Aber das ließe sich ja ändern. So griff sie in ihre Manteltasche und holte eines der verschiedenen Tarotdecks hervor, welche sie immer bei sich hatte. Kurzerhand mischte sie das Deck sehr sorgfältig und legte es aus einen Grabstein, der sich direkt neben den beiden Schwestern befand. Dann zog Ayra die oberste Karte vom Stapel. "Ja, aber..." Erneut riss sie die Augen auf, starrte ungläubisch auf die von ihr gezogene Karte. Dann zeigte sie diese Karte ihrer Schwester. "D-Das ist das Rad des Schicksals! Aber... Warum? Das Rad des Schicksals bedeutet das Eingebundensein in das Wirken des Lebens, ins Schicksalsrad und es zeigt uns, dass keine Situation ewig herrscht. Aber, warum bekomme ich vom Schicksal dieses Zeichen?" Natürlich hatte dieses Zeichen zur Folge, dass das Schicksal ihr augenscheinlich offenbarte, dass es der Untoten verzog und weiterhin tief in ihr selbst verwurzelt war. "Eohl... Würdest du eine andere Karte für mich ziehen?" Blieb das Schicksal an ihrer Seite, so würde das bedeuten, dass Eohl nun entweder den Wagen, die Kraft oder den Mond ziehen. Das war nun ein entscheidender Moment für die untote Yihwa gewesen. "Unabhängig von allem möchte ich dir eine gute Schwester sein. Eine Kleine, auf die du immer stolz sein kannst. Eine Kleine, die dir keinerlei Sorgen bereitet. Schon alleine deshalb werde ich meinen Pfad im Fluss der Zeit wiederfinden. Auch, um meiner Aufgabe gerecht zu werden."
“Aha… du holtst deine Magie also aus Gräbern”, stellte Eohl erstaunt fest. Das klang doch nach einem recht einzigartigen Weg, sich zu entwickeln… aber auch ziemlich spannend. Fröhlich lachte Eohl auf. “Hehe, du bist wundervoll! Nimm mich mal mit, wenn du wieder wen ausgräbst, ehee.” Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und stolz in ihrer Stimme legte sie sich eine Hand an ihre Brust. “Meine Magie war ein Geschenk der Zeit, eine Gabe des Schicksals, um die Macht zu erlangen, ihre Wünsche zu erfüllen. Ihr habe ich es zu verdanken, diese perfekte Magie zu beherrschen.” Eohls Verbindung zum Schicksal war endlos. Sie vertraute ohne Grenzen, folgte ihren Worten. Ihre wahre Herrin, erteilt statt auserwählt, teilte mit Eohl, was sie zu teilen wünschte, und verlangte im Gegenzug endlose Loyalität. Nicht, dass die Yihwa in der Lage wäre, sich von ihrem Schicksal zu lösen. Diese Loyalität war eine Formalität, etwas, das genauso leicht erzwungen werden konnte, aber Eohl bot sie bereitwillig und vollumfänglich dar, und ihre Herrin schätzte es. Insofern war es nur natürlich, dass sie bei Ayras Zweifeln zuerst das Schicksal ansprach. Schließlich war auch die ehemalige Euribya stets zielsicher auf diesen Pfaden gewandelt - nur jetzt schien sie zu straucheln. “Vertraust du mir, so vertraust du auch dem Schicksal. Vertraust du dem Schicksal, so vertraust du auch mir”, stellte die Yihwa klar, ein Lächeln auf ihren Lippen, während ihre Augen tief in die Seele ihres Gegenübers blickten. “Denn ich bin dein Schicksal, so wie du meines bist. Das macht uns zu Schwestern, Ayra. Vergiss das nicht.” Ähnlich verhielt es sich mit dem Tod, wie Eohl mit einem Nicken die Frage ihrer Schwester bestätigte. Wenn Menschen von einer Yihwa getötet wurden, dann hätte es das Schicksal nicht anders gewollt. Das Schicksal konnte grausam sein. Eine Yihwa konnte es auch.
Aufmerksam lauschte Eohl der Erzählung der Untoten, ihr Kopf, ihre Mimik und ihre glühenden Augen starr. Schlussendlich kam sie an den Punkt, an dem das Blut zu kochen begann; Beleidigungen gegenüber Neferet und darauf folgend der Angriff. “Das kann ich gut nachvollziehen, ja… Mir ginge es genauso”, nickte Eohl nachdenklich, ihre Starre lösend. Soweit klang das Alles sehr nachvollziehbar. Das Problem trat in den folgenden Worten auf: Ayra hatte versprochen, sich zurückzuhalten und sich nicht provozieren lassen. Sie hatte Thana gesagt, dass sie nicht angreifen würde, und dann angegriffen. Eohls Augen weiteten sich. “Oh. Nein. Das ist nicht okay.” Tadelnd schüttelte sie den Kopf. “Der Wunsch, Neffy oder andere Kameraden zu schützen, ist nobel und gut… aber er ist eine Emotion. Deine Emotionen stehen nicht über deinen Befehlen, Ayra. So ist es bei mir auch. Mit einem ausgesprochenen Befehl oder einem gegebenen Versprechen an einen Crusader steht alles Andere darunter. Bei der Arbeit sind wir Werkzeuge, du und ich. Wir folgen keiner Moral und keinem Gefühl. Wir erfüllen unseren Zweck, und wir erfüllen ihn unfehlbar. Das bedeutet es, eine Yihwa zu sein.” Entgegen aller Zuneigung konnte Eohl Ayra in diesem Zusammenhang nicht schonen. Thanas Enttäuschung war verständlich. Ayras Versagen war real. Dennoch würden sie nicht in der Vergangenheit hängen bleiben. Im Sinne des Schicksals lag es in ihrer Natur, das Jetzt zu betrachten, um die Zukunft zu leiten. “Du hast einen Fehler gemacht. Du wirst ihn nicht wieder machen. Entschuldige dich bei Neferet, so zeitnah du die Möglichkeit hast. Gestehe deinen Fehler ein, gelobe Besserung, und bessere dich. Ich glaube daran, dass du es kannst, Ayra. Hege Kälte in deinem Herzen, und mache keinen Fehler ein zweites Mal.”
Mit ihrem Kopf wieder im Klaren tat Ayra das einzig Sinnvolle: Sie zog ihre Tarotkarten hervor, und sie begann eine Lesung. Auf dem Weg des Schicksals gab es keine Fehler; was ihr passiert war, hatte passieren sollen. Es war Teil ihrer Entwicklung. Daran glaubte Eohl ohne Zweifel. Schwierig wurde es allerdings dadurch, dass Ayra ihre Gabe nicht nutzte. Sie hatte einen Weg, das Schicksal einzusehen, und sie hatte nicht daran gedacht, es zu tun. Die erste Karte stellte, so sagte sie, Einfluss dar und die Endlichkeit des Bestehenden. Was das wohl bedeutete? “Du wirst deine Fehler korrigieren, und das Fehlen der Macht, das du beklagst, wird sich im Gegenzug auflösen”, interpretierte die jüngere Yihwa, ohne groß zu überlegen. “Das denke ich zumindest.” Mit einem Nicken legte Eohl ihre eigene Hand auf das Deck und schenkte Ayra ein warmes Lächeln. “Zum Wohle und zur Entwicklung meiner ewigen, kleinen Schwester.” Und mit diesen Worten… zog sie die Karte. Hielt sie vor sich. Betrachtete sie. Runzelte die Stirn.
“Ich glaube… das ist ein Mond?” Sie legte den Kopf leicht schief, nickte dann. “Ja… ein Mond. Das da ist die Erde, das Dunkle ist der Himmel, und der Fokus… ist der Mond.” Wenn sie es so betrachtete, war die Karte eindeutig. Sie hatte nur etwas ziemlich Irritierendes an sich. “Aber ich glaube, die ist falsch gedruckt. Guck mal.” Sie drehte ihre Hand, sodass Ayra sehen konnte, was sie sah. “Unten ist oben und oben ist unten… als wäre sie gespiegelt.” Mit ein wenig gesundem Menschenverstand dürfte schnell klar sein, wie irrsinnig der Gedanke war, die Karte wäre falsch bedruckt. Es war nicht so, dass die Karte falschrum war… Eohl hielt sie nur falsch herum. So war sie gezogen worden - umgekehrt, nach unten gerichtet. Fragend sah die Yihwa ihre Schwester an. “Hat das eine Bedeutung…?”
Ihre Magie aus Gräbern? Nein, so ganz war das nicht wirklich der Wahrheit entsprechend. Es stimmte zwar, das die Yihwa, die aus einem Grab selbst wiederauferstanden ist, viele Forschungen und Grabungen unternahm, aber das sie ihre Magie aus Gräbern gewonnen hatte, das war so nicht ganz richtig. Um genau zu sein hatte sie ihre Magie dank der alten Schriften und Aufzeichnungen vergessener Elemente. Gerade im Bezug auf die verlorene Magie Crash war sie sich sicher, dass es nur noch ganz wenige wirkliche Aufzeichnungen darüber geben würde. Aber das sollte sie nicht davon abgehalten haben, diese zu lernen. Schließlich hatte sie diese Magie mit dreizehn Jahren gelernt und da konnte man nun einmal nicht erwarten, das sie als heranwachsendes Mädchen, was gerade in der Pubertät war, wirklich sinnbildliche Gedanken dafür gehabt haben dürfte, das diese Magie vielleicht in gar nicht allzu langer Zeit zu einer Legende hätte werden können. Man musste sich aber immer vor Augen halten, dass sie zu diesem eben noch ein junges Mädchen gewesen ist. Ein junges Mädchen, was diese Aufzeichnung damals nur aufgrund eines Zufalles wirklich entdecken konnte. Wenn Ayra zur damaligen Zeit wirklich genügend freie Zeit gehabt hätte, vielleicht hätte sie da ja sogar noch mehr über diese Magie und ihre Geschichte herausfinden können. Schließlich versteckte man eine Aufzeichnung über die Crashmagie ja nicht jeden Tag in einer Truhe in irgendeiner verlassenen Ruinengegend. Dahingehend war es eben so, das Ayra ihre Magien aus Büchern, Schriften und Aufzeichnungen lernte und nicht pauschal gesagt aus Gräbern. Aber der Gedanke ihrer großen Schwester war doch einfach nur zu niedlich. Es war auch irgendwie sehr schwer vorstellbar, dass Eohl zu den gefährlichsten Frauen in der Gilde Royal Crusade gehörte und wenn nicht sogar die gefährlichste Frau von allen war. Aber so niedlich, liebevoll und süß wie sie der Vampirin gegenüber war, war dies halt einfach irgendwie undenkbar gewesen. Aber das war auch ein großer Punkt, Eohl wurde auch wegen ihres Charismas geschätzt. Sie war einfach in jeder Hinsicht einfach nur bezaubernd.
"Aber aber große Schwester, das habe ich nicht gesagt. Gräber sind Kunst, die sind schmuckvoll und atemberaubend. Zumeist auch gefüllt mit Schätzen aller Art. Ich hole meine Magie nicht aus Gräbern. Ich studiere alte, verborgene Schriftstücke und suche teilweise Jahre nach einer Spur, wenn ich etwas gefunden habe, was mich interessiert. Das kann schon sehr anstrengend sein." Sprach Ayra liebevoll zu ihrer großen Schwester. Der Beginn des Satzes wählte sie mit Spaß und einem breiten Lächeln, sodass Eohl erkennen konnte, das Ayra einfach im Moment wieder mehr Spaß hatte und das Lächeln in ihr Gesicht zurückgekehrt war. "Meine Tarotmagie zum Beispiel. Ich habe mich üver vier Jahre ausschließlich damit beschäftigt, in Erfahrung zu bringen, was an Tarotmagie besonders ist und ob es irgendeine Möglichkeit gibt, diese Magie zu erlernen. Das war wirklich nicht einfach. Letztendlich konnte ich ein arkanes Buch finden, in dem die Tarotmagie haarklein beschrieben wurde. Dadurch konnte ich verstehen, wie diese Magie funktioniert. Das ich selbst als Hobby das Tarotspiel habe, konnte mir beim Verständnis natürlich noch deutlich weiterhelfen. Bei der Schattenmagie war es vom Prinzip her ähnlich. Aber bei meinem nächsten Ziel geht es wohl sehr viel einfacher, nehme ich an." Als sie das aussprach, funkelten ihre Augen ein wenig. Ayra schien genau im Kopf zu haben, woran ihr Interesse war. Sie erschien sich auf die Möglichkeiten, dieses Interesse umzusetzen, durchaus bewusst zu sein und erschien dafür auch zielstrebig genug zu sein. Ja, die untote Yihwa hatte eben einen ziemlichen Dickschädel und setzte diesen auch sehr gerne um. Liebevoll berührte Ayra die Handflächen ihrer Schwester und hielt diese sanft fest. Auch wenn die Untote von Natur aus eine kühle Körpertemperatur hatte, welche Eohl sicherlich auch anhand ihrer eiskalten Hände hätte erspüren können, versuchte Ayra einfach nur warmherzig zu sein. "Das Schicksal ist eine mächtige Verbündete. Es ist nunsagbar gut zu wissen, dass das Schicksal uns Yihwa führt und stärkt. Ich vermag zwar mittlerweile eine Vampira sein, aber ich bin stolz darauf, eine Yihwa zu sein. Ich bin stolz darauf, an deiner Seite zu stehen. Ich bin stolz darauf, deine Schwester zu sein. Ich bin stolz darauf, Ayra Yihwa von Royal Crusade zu sein."
Es war wirklich mies, das Ayra den Pfad des Schicksals ein wenig aus den Augen verloren hatte. Diejenige Magiern, die seit jeher immer nur mit dem Schicksal höchstselbst verpflochten war und absolut nichts dem Zufall überlies. Aber, durch diese Erkenntnis, welche Eohl in ihr zum Wiedererwachen gebracht hatte, kehrte sie langsam zurück auf diesen Pfad des Schicksals. Auf diesen Pfad, hinein in die Unendlichkeit. "Ich verstehe nicht ganz, warum diese Zweifel in mir hochgekommen sind. Ich verstehe nicht ganz, warum ausgerechnet ich das Schicksal hinterfragt habe. Aber... Das muss ich auch überhaupt nicht verstehen. Denn es ist Vergangenheit. Das Schicksal hat sich entschieden. Es zeigte mir die Richtung. Es führte mich zurück, dorthin wo ich hingehöre. An deine Seite."
Das Thema um die Quest von Ayra und Neferet war aber immer noch mehr als nur präsent. Denn Eohl rügte die Untote ganz offensichtlich und auch deutlich. Neferet hatte mit ihren Reaktionen also recht. Ja, das Problem der Yihwa ist es gewesen, das sie nicht dazu im Stande war, zu erkennen, wenn sie Dinge falsch machte. Das war ein Punkt, den sie erst noch lernen musste, denn dieser Aspekt stellte charakterlich ihren größten Schwachpunkt dar. Ob Eohl das mitbekommen hatte? Ayra hörte aufmerksam zu, was Eohl ihr dazu zu sagen hatte und was sie ihr damit auch gleichzeitig erklärte. Denn das bedeutete für die untote Yihwa nur einen weiteren der noch so wichtigen Lernprozesse. Aber das war für Ayra auch gut so, denn Eohl hatte Geduld mit ihr. "Es tut mir leid, Eohl. Wirklich. Es ist nur... Es war schon damals in Seven nicht anders. Wenn jemand in meinem Beisein provozierte, beleidigte oder anderweitig auffiel, dann werde ich schnell bösartig. Und wenn dann auch noch eine Person in meiner Verbindung davon betroffen ist... Dann ist es wirklich sehr schwierig für mich, die Beherrschung zu bewahren. Am liebsten hätte ich Alberto, dieser kleinen Made die Kehle aufgeschlitzt und ihn s endgültig zum Verstummen gebracht. Ich werde mich bessern und in Zukunft keine Last mehr sein. Das verspreche ich dir, meine geliebte Schwester." Ja in der Tat, die untote Vampira fühlte tatäschlich so etwas wie Schwesterngefühle für Eohl. Schließlich hatte Ayra selbst keine Geschwister gehabt. Daher war es auch nur ganz normal, dass sie solche Emotionen begleiteten, wo sie Eohl auch so nahe stand.
"Ich bin dir aber wirklich dankbar. Du hast Geduld mit mir, verstehst mich und akzeptierst meine Schwächen. Du verurteilst mich nicht dafür. Das gibt mir die Kraft, zu wachsen." Dann legte Ayra ihre Handfläche mitten auf die Brust ihrer Schwester, genau auf die Stelle, wo sich das Herz eines Menschen befindet. "Mir ist nur wichtig, dass ich dort einen Platz besitzen darf. In deinem Herzen. Er muss auch nicht groß sein. Aber ich möchte gern immer in deiner Nähe sein, selbst wenn wir nicht beieinander sein können. Ich möchte dir immer in Erinnerung sein, immer die Möglichkeit schaffen, dass du an mich denken kannst, egal wo du auch gerade bist. Eine tiefe Verbundenheit. Das Geschwister. Nur du und ich." Danach deutete Ayra auch sinnbildlich auf ihr eigenes Herz, was sie auch immer noch hatte und wo auch immer ein großer Platz für Eohl war. Die wahre Yihwa würde immer in den Gedanken der untoten Yihwa sein, ganz egal was auch immer geschehen würde.
"Wenn Neferet mir bei unserer nächsten Begegnung kurz das Gehör schenken mag, werde ich mich für mein Fehlverhalten entschuldigen. Damit sie kein schlechtes Bild von mir hat. Ich werde mich bessern, das habe ich dir ja versprochen." Keine schlechte Idee, Kälte in ihrem Herzen zu wahren. Ayra musste nämlich damit beginnen, wieder zurück zu ihren Wurzeln zu gelangen. Das würde ihr in diesen Momenten deutlich gut bekommen.
Kurze Zeit später ging die Situation dann um die gezogene Tarotkarte von Ayra weiter. Das Rad des Schicksals war die Karte, welche Ayra vom Deck gezogen hatte und in welcher sie eine Offenbarung des Schicksals erkannte. Das lies sie zunächst fassungslos zurück. Aber die Antwort von Eohl, die machte wiederum deutlich Sinn im Bezug darauf, wofür das Rad des Schicksals wirklich stand. "Keine Situation wirkt ewig. Das heißt, mein Versagen wird schon bald vergessen sein. Eingebunden ins Schicksalsrad, die Macht wird zu mir zurückkehren, wenn ich die Wahrheit erkenne... Natürlich, das ist es!" In dieser Situation ging Ayra ein Licht auf. Völlig überschwänglich umarmte sie ihre Schwester, fiel ihr regelrecht um den Hals und erkuschelte sie gerade was das Zeug hält. Kurz darauf zog Eohl dann zum Wohle und zu Entwicklung ihrer ewigen, kleinen Schwester die nächste Karte des Schicksals...
...Der Mond. Aber das konnte nicht sein. Doch, er war es tatsächlich. Und Eohl hatte ihn auf dem Kopf stehend gezogen. Dazu musste man wissen, das im Tarot die Karten eine Aussagekraft hatten, wenn sie richtig herum gezogen wurden oder wenn sie auf dem Kopf stehend gezogen wurden. Zuerst wollte Ayra nicht so recht glauben, das es wirklich ein Mond war, den Eohl da zog, aber als sie ihr diese Karte gezeigt hatte, weitete sie die Augen. "D-Das ist wirklich der M-Mond..." Kurz verblasste sie, dann schüttelte sie sich und war wieder voll fokussiert. Da musste Ayra auch ein wenig kichern. "Nein Eohl. Die Karte ist schon richtig so. Schau, im Tarot besitzen die Karten in jeder Situation eine gewisse Aussagekraft. Richtig und falsch herum spielt für die Deutung der Zukunft keine Rolle. Für eine jede Karte gibt es eine Bestimmung ob richtig oder falsch herum." War die kurze Erklärung dafür, das die Karte nicht falsch gedruckt wurde. Nun aber kam Ayra zu dem, was der Mond für eine eigentliche Bedeutung hatte. "Der Mond steht für die Haltung der Gelassenheit und Hingabe, aus der sich die Anderwelt der Träume, des zweiten Gesichts, des Unterbewussten, der Irrationalität und der unterbewussten Ängste öffnet. Steht die Sonne für die philosophische Geistesklarheit, so steht der Mond für Mythen, Symbole, Märchen und gleichnishaftes Wissen. Das ist die eigentliche Bedeutung des Mondes." Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht, elegant hinter das linke Ohr zurück. "Falsch herum betrachtet deutet der Mond aber auf den Dunkelmond hin. Also ein Mond, der zwar scheint, aber nicht sichtbar ist. Das bedeutet, das Themen, die noch versteckt oder unterbewusst sind, nun langsam an die Oberfläche gelangen." Damit erklärte Ayra auch die Bedeutung dieser speziellen Form des Kartenlesens. Also ja, der Mond, so wie Eohl ihn zog, hatte wirklich eine Bedeutung.
"Versteckte Themen... Du Eohl... Magst du, das wir dir mal die Karten legen? Ich mische das Deck, zu ziehst die Karten und ich kläre dich über deine Schicksalsvorhersage auf?" Dann aber kam Ayra noch einmal auf eine Begierde zurück, auf etwas, was sie wirklich gerne besprechen würde. Auch, weil sie es in Zukunft gerne erlernen würde. "Deine Magie... Kannst du mir ein bisschen mehr über die Macht der Spiegelmagie erzählen? Denn ich habe wirklich ein sehr starkes Interesse an ihr." Schaute die untote Yihwa ihrer geliebten, großen Schwester erwartungsvoll in die Augen...
Ayras Erklärung dazu, wie toll und beeindruckend Gräber doch waren, ging sichtlich an Eohl vorbei. Die große Schwester würde schwerlich verstehen, dass diese Markierungen des Todes mehr waren als Striche auf einer Tafel, die anzeigten, wie viele Menschen sie getötet hatte. Rhetorisch wusste sie das natürlich, aber auf emotionaler Ebene fühlte sich der Gedanke massiv abstrakt an. Insofern sah sie zwar den Wert der Schriften, die Ayra gefunden hatte, nicht aber den der Gräber, aus denen sie stammten. „Es freut mich, dass du finden konntest, was du gesucht hast“, war also Alles, was sie auf die Erklärung um die Tarotmagie herum antworten konnte, auch wenn ein warmes Lächeln folgte. „Dein Stolz wird dir viel Gutes tun, Ayra. Schätze dich und das, was du erreicht hast. Und wenn du an dir zweifelst, erinnere dich daran, wie ich dich schätze. Wenn dein Vertrauen ehrlich ist, dann wird dir das Bewusstsein meiner Gefühle dunkle Wege erleuchten.“ Schließlich war es, wie die Vampirdame sagte: Sie gehörte hierher, an Eohls Seite. Ansonsten würde sie diesen Namen nicht tragen. Das hieß nicht, dass Ayra keine Fehler machte. Eohl stellte klar, welches Verhalten sie wünschte und welches sie tadelte. Sie schenkte der Älteren Vergebung, aber nicht ohne eine Erwartungshaltung. Sie konnte die Gründe nachvollziehen, dennoch durfte Gleiches in Zukunft nicht noch einmal geschehen. Mit klarem Blick sah Eohl hinauf in die hübschen Augen der Untoten. „Ich verlasse mich darauf“, nickte sie auf Ayras Versicherung hin, keine Last mehr zu sein. Das konnten sich diese beiden Schwestern nicht leisten. Es stand im Kontrast zu ihrer schicksalhaften Pflicht. Ein sanftes Lächeln spielte sich auf ihren Lippen ab, während sie Ayra noch einmal in die Arme schloss. „Aber natürlich. Vergebung und Geduld sind unvermeidlich in liebevoller Erziehung“, nickte sie, streichelte sanft das Haar ihrer kleinen Schwester. „Es ist meine Aufgabe als große Schwester. Ich werde dich führen und stets für dich da sein. Ich werde deine Zweifel bekämpfen und deine Stärken untermauern. Ich werde dir Vertrauen und voraussetzen, dass du das Gleiche tust. Unser Band wird nicht brechen, Ayra, denn ich achte auf dich.“
Mit Überzeugung im Herzen zog Eohl eine Karte für ihre Schwester... auch wenn das Ergebnis etwas ernüchternd war. Es war der Mond, aber er stand falsch herum am Himmel. Die Karte war fehlerhaft... so wirkte es zumindest im ersten Moment. In Wahrheit war es jedoch anders. Die umgekehrte Karte hatte ihre eigene Bedeutung. Überrascht blinzelte die Yihwa. „Ah... das heißt, du hast von jeder Karte zwei in deinem Deck? Eine richtige und eine gespiegelte?“ Eine war richtig herum, die andere nicht. Das machte am meisten Sinn, oder? Eohl kicherte. „Das gefällt mir, hehe.“ Noch wusste sie allerdings gar nicht, was das Rad des Schicksals und der umgekehrte Mond aussagten, wenn sie in dieser Reihe gezogen wurden. Der Mond an sich stellte also den Mythos und den Glauben dar... Eigenheiten, die zu den beiden Schwestern wohl gut passten. Aber so herum bedeutete er wohl... Unsichtbarkeit? „Aha...“ Eohl war etwas verwirrt, aber hakte auch nicht weiter nach. Ayra würde es schon verstehen, sie war schließlich die klügere Schwester. Gedanklich machte sich die Assassine eine Notiz, dass sie vielleicht mehr darüber lernen sollte, unsichtbar zu werden. Wenn das ein essenzieller Teil von Ayras Zukunft war, dann sollte sie daran wohl teilhaben. „Ich kenne mein Schicksal...“, murmelte Eohl nachdenklich, einen Finger an ihre Lippen gelegt. Ihre Augen bewegten sich ein wenig hin und her. Gab es etwas, wobei Ayra ihr helfen konnte? Etwas, das sie wissen wollte, obwohl es nicht in den Visionen enthalten war, die die Zeit ihr zu schenken bereit war? „Aber... es gibt eine Sache, die ich nicht sehen kann. Eine, die ich gern sehen würde. Wenn du mir dafür die Karten legen kannst, nehme ich das Angebot gerne an.“ Eindringlich blickte sie in die roten, tödlichen Augen der Größeren. „Ich will wissen... was mit den Personen passiert, die mir wichtig sind.“ In der Zukunft, die sie kannte, tauchte nicht eine einzige davon auf. Nicht Thana, nicht Máirín, nicht Aurea und auch nicht Ayra. Wieso? Diese Frage nagte schon länger an der Yihwa, auch wenn niemand außer der ehemaligen Euribya wohl vollständig verstehen würde, warum es sie so bewegte. „Kannst du mir... für diese Frage die Karten legen, Ayra? Es wäre eine große Hilfe.“ Sanft die Hand der Untoten nehmend führte Eohl sie hinüber zu einem großen Grabstein mit glatter Oberfläche, wischte kurz mit ihrem Umhang darüber, um sicher zu gehen, dass das Gestein möglichst trocken und sauber war, ehe sie nach kurzem Überlegen auch noch einen quadratischen Spiegel darauf erschuf. Sie wollte nicht riskieren, dass Ayras Karten dreckig oder feucht wurden, konnte sie aber auch nicht die ganze Zeit in der Hand halten. „Meine Magie ist recht simpel... Ich bin verbunden mit einem allmächtigen Spiegel vergangener Zeiten, ein Brunnen, in dem sich alle Wahrheit verbirgt“, erklärte sie wie selbstverständlich, während sie die erste Karte zog und auf dem selbstgemachten Tisch ablegte. Die Nummer Eins – der Magier. Falsch herum, wie die Karte, die sie zuvor gezogen hatte. „Alles, was ich tue, ist Teile dieses Spiegels in meine Umgebung zu rufen. Jeder Spiegel, den ich erschaffe, ist ein Teil des großen Ganzen. Und wenn ich sie mit anderen Spiegeln dieser Welt verbinde, dann werden auch diese ein Teil davon. Meine Magie basiert quasi darauf, die gesamte Welt zu vereinen... oder zumindest ihre Spiegelbilder.“ Sie zog eine zweite Karte. Auf ihr zeigte sich eine nackte Frau in der Mitte, über der Erde schwebend, während die Tierwelt sie beobachtete. Sie schien zu tanzen, während sich hinter ihr die Natur fast schon bedrohlich auftürmte. Eingetragen war hier die Nummer 21 – die Welt. Eine Karte, die die ganze Welt repräsentierte? Wie spannend. Auch diese Karte war falsch herum. Eohl Yihwa als Spiegelfrau hatte wohl ein Talent dafür, stets die falsche Karte zu ziehen. „Und indem ich alles vereine, kann ich überall sehen. Ich kann überall erscheinen. Solange jeder Spiegel geeint ist, gibt es keine Grenzen zwischen ihnen. Keine Grenzen, die ich nicht durchschreiten kann. Meine Magie ist Allmacht.“ Ihren kühlen Blick hebend sah sie Ayra wieder in die Augen, deutete dann auf den restlichen Kartenstapel. „Soll ich noch eine Karte ziehen, oder waren das jetzt genug?“
Die Nähe zu Eohl war nicht nur prägend für Ayra, sie war auch von allergrößter Bedeutung. Es gab wohl kaum eine andere Person, welche so einen massiven Einfluss auf die Vampira ausüben konnte wie sie. Es war schon wirklich beeindruckend, welch beachtliche Verbindung die Assassine und die Untote miteinander hatten, dabei hatten sie sich doch erst kennengelernt, als Ayra der Gilde beigetreten war. Aber, das nannte man wohl Schicksal. Es war einer der prägenden Aspekte für die Untote, die einmal mehr nicht um den Gedanken hinweg kam, dass das Schicksal einen massiven Einfluss auf das gesamte Leben nehmen konnte. Für eine jede Person. Sei es nun im Leben oder im Tod. Denn das war auch ein entscheidender Faktor, schließlich lebte mit Eohl nur eine der beiden Damen wirklich. Während die Andere für eine lange Ewigkeit gefangen war in einem Körper, der nicht altern konnte, nicht mehr zu verändern war, aber dennoch für das ein oder andere Zeichen sorgen konnte. Denn während Ayra sich mit Eohl unterhielt und sie ihre Nähe genoss, fühlte sie sich auch wieder lebendig. Da waren keine Gedanken daran verschwendet, dass sie als Vampira ein Leben als Untote fristen musste und auf Ewig in einer Hölle gefangen war, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Nein, die Zeit und die Verbindung zu ihrer große Schwester befreiten sie, nahmen eine unsagbar schwere Last von ihren Schultern, entfernten die Bürde und gaben ihr die Möglichkeit, sich zum ersten Mal in ihrem Leben überhaupt weiterentwickeln zu können.
Ja, Ayra konnte in der Tat das finden, was sie suchte, daran bestand überhaupt kein Zweifel. Allerdings fehlte ihr zu ihrem Glück noch etwas bestimmtes. Sie benötigte nach wie vor diese Macht, die ihr wieder abhanden gekommen war. Die Macht, welche sie früher hatte. Welche dafür sorgte, das sie überall gefürchtet würde, wo sie auftauchte. Denn da gab es immer wieder mal Situationen, früher in Seven, bei denen nur ein Erscheinen ihrerseits an vorderster Front für eine Demoralisierung des Feindes sorgte. Schon allein das war eine mega effektive Waffe, die Psychologie zur entscheidenden Phase zu nutzen und somit militärische Kriegsführung zu verwenden. Das war etwas, was sie früher ungemein gerne eingesetzt hatte. Sogar so gerne, dass es seinen Teil dazu beitrug, das man sie einst 'die Unbarmherzige' taufte. Mit einem überzeugendem Blick schaute Ayra ihrer großen Schwester in die Augen. "Sag große Schwester... Hast du schon einmal etwas von militärischer Kriegsführung gehört? Oder sie sogar schon einmal eingesetzt? Das ist ein Vorgehen, bei dem man die Moral des Feindes so sehr schwächt, dass von ihm keine Gegenwehr mehr zu erwarten ist. Das habe ich früher sehr gerne angewendet, die Psyche des Gegners so sehr zu zerstören, das er regelrecht darum bettelt, von seinem Leiden erlöst zu werden." Voller Begeisterung sprach Ayra in diesem Moment von ihrer früheren Art, ihre Kriegsstrategien zu verwenden. Nicht immer setzte sie auf skrupellosen Mord. Manchmal lies sie sich auch etwas einfallen, um einen Feind auch psychisch zu demoralisieren und so in die Ecke zu drängen. "Ich weiß, du bist eine großartige Assassine und liebst das Töten im Geheimen, ungesehen und heimlich. Aber zu sehen, wie der Feind vor Angst um Gnade bettelt, nicht wissend, was das Schicksal als Nächstes für ihn vorgesehen hat, falsche Hoffnungen schüren, nur um ihn dann zu erlösen, wenn sein Wille gebrochen ist, das ist ein Spaß. Ich würde es dir sehr gerne irgendwann einmal zeigen."
Nicht nur, das Ayras Augen und ihre Vorstellung bei dem Gedanken regelrecht funkelten, dass sie Eohl einmal höchstpersönlich zeigen konnte, wie talentiert sie wirklich war und was für Fähigkeiten sie überhaupt mitbrachte aus ihrer Zeit beim Militär, war es allgemein ein tolles Gefühl für sie als Mörderin, einen Auftrag für die Gilde erfolgreich auszuführen. Das sie als Vampir dafür sogar noch etwas Blutzoll kassieren konnte, wenn ihr der Sinn danach stand, versüßte ihr die Sache natürlich nur ungemein. Das offenbarte allerdings auch, wie wichtig ihr Eohl eigentlich gewesen ist und was es für sie wirklich bedeutete, eine Yihwa sein zu dürfen. Zwar ein Werkzeug, aber dennoch eines Werkzeug mit klaren Vorstellungen darüber, was das Schicksal noch so bereithalten dürfte. Daher war Ayra auch bereit, jede Prüfung zu absolvieren, sich jeder Herausforderung zu stellen, nur um zu beweisen, dass sie dieses Vertrauen von Eohl verdiente und das sie diesen Namen Yihwa auch zurecht trug. Die Untote freute sich so dermaßen, als die Assassinin sie noch einmal in die Arme schloss und ihr über die Haare streichelte. Ihre Reaktion, die Umarmung zu erwiedern und sich eng an Eohl zu schmiegen, erfolgte quasi sofort. Diese Verbindung der beiden Frauen war unstrittig und eine wirklich tiefgründige Bindung. Sie trugen ein starkes Band zueinander. Eines, was niemals brechen könnte. "Ich werde dem Namen Yihwa alle Ehre machen. Der Name Yihwa soll innerhalb der Gilde zu einer Institution werden, zu einer Aussage. Wenn eine Yihwa einen Auftrag übernimmt, so verläuft dieser Auftrag perfekt und vollkommen fehlerfrei. Ohne Spuren, ohne Makel. Egal ob Eohl Yihwa oder Ayra Yihwa. Perfektion durch Absolution." In Ayra begann es, wieder zu keimen. Diese Überzeugung, die sie schon früher hatte, als sie noch lebte, begann langsam wieder zu erwachen. Diese Begierde, die sie hatte, weil sie eine Aufgabe verspürte. Sie war langsam wieder da und zeigte sich in den Seelenspiegeln der Untoten.
Dann begann die Phase des Schicksals für die Assassinin. Ayra durfte ihr helfen, die Karten eine Frage beantworten zu lassen. Die Untote nickte zustimmend, als ihre grße Schwester für ihre Frage die Karten gelegt bekam. Zuvor klärte sie Eohl aber über einen Irrtum auf. "Nein. In einem Deck gibt es insgesamt 78 Karten, aber sie enthält nur 22 Figuren, die große Arkana genannt werden. Dazu gibt es noch die 56 kleinen Arkana, welche die Farben und damit die Elemente symbolisieren. Die Figuren gibt es aber jeweils nur einmal im Deck. Ihre Bedeutung liegt in der Form, in welcher man sie vom Deck zieht. Dreht man eine Karte um, ist sie entweder richtig oder falsch herum gedreht. Aber beides für sich hat eine individuelle Aussagekraft. Genau das macht die Vorhersagekraft um das Schicksal des Tarot ja so mysteriös wie atemberaubend." Lächelte Ayra ihre große Schwester an, inder Hoffnung, das sie verstand, was sie da gerade erklärt bekam. Denn Ayra war es sehr wichtig, dass jeder, der die Karten gelegt bekam, das auch verstand. So begann Eohl damit, die Karten zu ziehen, nachdem sie einen Grabstein präpariert bekam. Zunächst zog sie den Magier, aber umgedreht. Sehr interessant. "Das ist eine sehr prägende Teilaussage des Schicksals. Ich bin sehr überrascht, diesen Teil zu sehen, im Bezug auf die Frage, die du von den Karten beantwortet haben möchtest." Gleichwährend der Vorhersage der Karten beantwortete Eohl ihrerseits die Frage ihrer Vampirschwester und sprach über ihre Magie, bei der Ayra auch aufmerksam zuhörte. Währenddessen drehte Eohl schon die zweite Karte um und erneut war diese Karte falsch herum. Es war die Welt, in Kombination mit dem Magier äußerst selten und sehr aussagekräftig. Kurz schloss Ayra die Augen. "Du hast jetzt eine erste Aussage treffen können. Sie besitzt schon eine gewisse Deutungskraft. Im Moment sagt das Schicksal dir auf deine Frage folgende Antwort:
Den Aspekt des Magiers fälschlich auszuleben bedeutet, allen Strohfeuern nachzurennen, also voll begeistert immer wieder etwas anzugehen und kurz darauf bei der ersten Schwierigkeit wieder davon zu lassen. Falls der Wille eher zerstreut, kurzaufblitzend und schnell wieder erlahmend ist, muss darauf geachtet werden, dass die Willenskraft gesammelt und auf das Vorhaben ausgerichtet wird, solange es eben nötig ist. Die Schaffenskraft nicht zu früh erlahmen lassen. Schaffenskraft muss gepaart sein mit Durchhaltevermögen, ansonsten wird sie eigentlich nur von kurzzeitigen Begeisterungsstürmen mitgerissen. Wir sollten aber lernen, unsere Schaffenskraft loszulösen vom Mitgerissensein und sie mit Übersicht gezielt einzusetzen. Auch müssen wir stets darauf achten, unsere Vorhaben nicht einfach rücksichslos durchzudrücken. Wir müssen lernen, wann die Zeit da ist, zu handeln - und wann die Zeit da ist, den gelegten Samen ruhen und reifen zu lassen. Ungeduld ist nie gut und schadet allen Beteiligten. Es lohnt sich, sich Zeit zu nehmen und sich diese Lebensaspekte etwas zu verinnerlichen.
Die Welt in umgekehrter Lage will sagen, dass du eine wichtige Zwischenstation erreicht hast oder erreichen wirst. Eine wegabsichernde Zwischenstation in die richtige Richtung. Die umgekehrte Kartenlage möchte auch darauf hinweisen, im Erreichten nicht zu verharren. Die Welt ist Ausdruck eines harmonischen Tanzes des Seins inmitten aller notwendigen Aktivitäten, die unser Leben und unser Lebensweg so mit sich bringen. Die Welt ist ein Aktivsein in und aus der inneren Ruhe und Übersicht heraus. Ruhepausen sind zwar hier und da nötig - die Ruhe darf aber nicht umkippen in Trägheit. Das eine vom anderen zu unterscheiden ist gar nicht immer so einfach. Erfreue dich am Erreichten und sieh es als Ansporn weiterzugehen. Das Leben lebt von der Bewegung. Bewegung in und aus innerer Ruhe und Übersicht. Behalte beides im Blick: Innere Ruhe, Übersicht - und Aktivität im Begehen des inneren Lebensweges und im äusseren Sicheinbringen, so wie es für die Situation jeweils notwendig ist.
Ist das für dich als Anwort bereits ausreichend oder benötigst du noch eine weitere Karte, um deine Vorhersage noch ein Stück weiter zu präzisieren und zu verinnerlichen?" Das war eine entscheidende Frage, denn je nachdem, wie sich Eohl entscheiden würde, könnte das Schicksal es im gewählten Szenario weiterbringen, oder aber gänzlich auf den Kopf stellen. Die Abreit mit dem Schicksal und dessen Vorhersage war gewiss keine Einfache, es war aber eine prägsame, welche die Deutung und die Macht dieses Glaubens auch einem mythischen Instinkt beiwohnen lies. Ayra jedenfalls würde alles tun, um Eohl die Kraft ihrer Aussage zu verdeutlichen und ihr zu zeigen, wie sehr das Schicksal auf ihrer Seite stand. Zuvor hatte sie aber auch noch eine Frage zur Magie ihrer Schwester. "Hast du denn eigentlich auch den Schwachpunkt deiner Magie herausgefunden?" Eine sehr kluge Frage. Ayra stellte diese Frage inmitten dieser Sitzung, weil sie Eohl damit verdeutlichen wollte, das es wichtig war, auch seine eigenen Schwächen zu kennen, um wirklich effektiv wachsen zu können. Denn aufhören zu wachsen konnte man nicht. Erfahrungen und Wachstum inmitten der Lebenserfahrungen waren ein Grundpfeiler des Schicksals und immer präsent, in aller Vergangenheit, in aller Gegenwart und auch in aller Zukunft...
„... militärische Kriegsführung?“ Verdutzt legte Eohl den Kopf schief, ehe sie ihn schüttelte. „Nein, da hab ich keine Ahnung von.“ Mit dem Militär wollte die Eohl des Jetzt nun wirklich Nichts zu tun haben. Es klang aber auch anstrengend. Die Psyche eines Gegners zu attackieren war meist so viel schwieriger, als einfach seinen Körper zu erwischen. Besonders, wenn man ihn so weit bekommen musste, dass er von sich aus sterben wollte... „Klingt umständlich.“ Nicht, dass sie Ayra davon abraten würde. Die Untote hatte offensichtlich eine Menge Spaß daran, so zu töten, und das war am Ende das Wichtigste. Man musste seine Arbeit doch auch genießen können. Ayra musste ihren Job lieben, wenn sie ihn weiterhin effektiv ausführen wollte... und das wollte sie, um dem Namen Yihwa Ehre zu machen. Fröhlich kicherte Eohl vor sich hin – genau das hatte sie hören wollen. „Perfektion durch Absolution“, bestätigte sie mit einem zufriedenen Nicken. Das klang doch gut.
„Ähm... aha...“ Sichtlich verwirrt blinzelte Eohl und schüttelte schnell die Flut an Worten ab, die ihre Schwester gerade über sie hatte ergehen lassen. 78 Karten... so viel hatte sie verstanden. Alles darüber hinaus war einfach zu viel auf einmal gewesen, aber noch einmal nachfragen wollte sie nicht wirklich. Es reichte ja, wenn sich eine von beiden Yihwas mit dieser Tarot-Sache auskannte. Vielleicht konnte die kleine Schwester ja beantworten, was über Eohls Vorhersagen hinaus ging. Die Zukunft der Menschen, die ihr viel bedeuteten. „Der Magier heißt also... hinterher laufen“, versuchte sie, aus Ayras Worten schlau zu werden, aber es waren schon wieder so viele! „Man soll also... aufhören und Zeit nehmen?“ Aber... erklärte das etwas? Vielleicht war Eohl nicht schlau genug, zu verstehen, worauf ihre Schwester hinaus wollte. Für den Moment klang es nicht, als würde die doch sehr allgemeine Erklärung sich zu einer in sich geschlossenen Vorhersage zusammensetzen. Das Thema der Welt half da auch nicht groß. „Also... Aktiv bleiben, aber auch aufhören?“ Diese beiden Aussagen waren doch arg widersprüchlich. Verzweifelt sah Eohl auf zu Ayra, schüttelte den Kopf. „Ayraaa! Ich kapiers nicht!“, rief sie weinerlich aus. „Was soll das Alles überhaupt heißen? Und was hat das mit meiner Frage zu tun? Deine Erklärungen sind viel, viel, viel zu lang, Ayra!“ Eingeschnappt schürzte sie die Lippen, streckte aber dennoch ihre Hand nach einer dritten Karte aus. „Natürlich. Ich kenne all meine Schwächen“, antwortete sie indes auf die Frage, die die ehemalige Eurybia ihr stellte, während ihre Finger ein letztes Mal das Deck berührten. „Ich bin Assassine. Ohne meine Schwächen zu kennen, lebe ich nicht lange.“ Mit diesen Worten drehte sie die dritte Karte um, legte sie offen auf dem Spiegel ab. Was hatte sie jetzt nur gezogen...?
Es war schon sehr niedlich, wie ihre Schwester den Erklärungen nicht ganz folgen konnte. Aber dahingehend war das auch nicht sonderlich schwierig, denn die Erkläungen, die Ayra da an den Tag legte, klangen wirklich viel mehr nach Fachlatein als nach alles Anderem. Genau deswegen war es für jede andere Person, die nicht so direkt in dem Thema vertieft war wie die Vampira selbst, auch nicht unbedingt einfach zu verstehen. Aber dennoch, so wie Ayra ihre große Schwester dabei beobachtete, wie sie sich Mühe gab, ihren Erklärungen zu folgen und diesen auch zu verstehen, umso mehr ging der Vampira ihr untotes Herz auf. Man erkannte, dass sie Eohl wirklich sehr gern hatte und das bedeutete gleichsam auch, das es sie wirklich glücklich machte, dass die beiden Schwestern hier an diesem Ort versammelt waren. Wenngleich es auch einen Grund für Ayra gab, weshalb sie ja zuerst in Zweifeln hier an diesen ort gekommen war. Aber das, was ihre Schwester gerade auch im Bezug auf Neferet zu ihr sagte, beruhigte Ayra nicht nur, es sorgte auch dafür, dass es ihr gelang, ein wenig besser über die ganzen Sachen nachzudenken. Sie erkannte, dass es nicht so einfach war, einfach wie früher zu denken und alles wie in Seven zu sehen. Andererseits erkannte sie auch, dass Royal Crusade-Mitglied zu sein, sehr viele Verpflichtungen mit sich brachte und auch, dass sie anerkannte, diesen Verpflichtungen auch nachzukommen. Das sie dabei auch anhand ihrer unbeugsamen Ader ein wenig aneckte, das war ein Aspekt, der für sie zwar noch neu war, aber das bedeutete ja nicht, das er nicht auch gleichsam dafür sorgen konnte, dass die Yihwa ihren Weg nicht doch verändert fortsetzen konnte und auch ihre Lernerfahrungen daraus ziehen konnte. Denn auch das war es, was Eohl ihr bereits mit auf den Weg gegeben hatte. Und letztendlcih war es Ayra, die zeigen musste, dass das Vertrauen, was Eohl in sie setzte, auch mehr als nur gerechtfertigt war.
"Früher, als ich im Imperium Seven noch im Militär gewesen bin, habe ich die Psyche meiner Gegner sehr gerne angegriffen. Aber auch die Psyche meiner Untergebenen. Ich wollte sie rastlos machen, sie vor meinem Namen und meiner Unberechenbarkeit erzittern lassen. Wenn ihnen das Blut in den Adern gefriert und sie nicht wissen, was auf sie zukommt, wenn sie mich sehen oder zu mir beordert werden, dann fühlte ich mich grundsätzlich sehr wohl. Es macht einfach unendlich viel Spaß, diese Macht über das Schicksal Einzelner in den Händen zu halten und damit zu spielen." Sprach Ayra freudestrahlend. Ja, als Auftragsmörderin Royal Crusades hatte sie endlich wieder eine Aufgabe, welche sie an die Macht früherer Zeiten erinnerte und wodurch sie absolute Gewissheit schöpfte. Außerdem sollte dieser Satz, 'Perfektion durch Absolution' zu ihrem neuen Leitsatz werden. Wobei, ihr kam ein noch besserer Einfall. "Sag mal große Schwester, Perfektion durch Absolution. Was hältst du davon, wenn wir das zum Motto der Yihwa machen? Somit weiß direkt ganz Royal Crusade, was es bedeutet, wenn eine Yihwa mit einem Auftrag betraut wird." Erneut stieg dieses Funkeln in den Augen der Untoten auf. Sie identifizierte sich so stark mit dem Namen Yihwa und mit Eohl selbst, diese Begeisterung konnte man ihr förmlich ansehen.
Plötzlich verzog sich Ayras Miene und sie musste von einem Moment auf den Anderen anfangen zu kichern. Ihre Augen schlossen sich und sie hielt sich den Handrücken vor die Lippen, aber das freudige Lachen konnte sie nicht gänzlich unterdrücken. "Naw, Schwesterlein, du bist aber auch wirklich zu niedlich." Kam es ihr fröhlich und freudig über die Lippen. Natürlich nahm sich Ayra gänzlich die Zeit, die Aussage der Karten mit ihrer Fragestellung zu beantworten, schließlich lag darin ja auch der Sinn einer Weissagung. "Du hast Menschen getroffen, die dir wichtig sind und du konntest bereits eine wertvolle Verbindung zu ihnen aufbauen. Darin darfst du aber nicht verweilen. Du musst diese Verbindung stärken und weiter ausbauen. Du musst die Menschen, die dir wichtig sind, beschützen und auf ihrem Weg unterstützen. Dann wirst du mit ihnen für alle Zeit vereint sein in einem Band, was man nicht zerbrechen kann. Das ist es, was die Karten dir sagen möchten." Das klang doch shcon sehr viel einfacher und auch wirklich deutlich vernünftiger als die Aussage, welche von den Karten in ihrer Bedeutung selbst vorgenommen wurden. Aber was sie aus dieser Information genau machte, das lag allein in der Obhut von Eohl. Nur sie allein war dazufähig zu erkennen, was ihr eigenes Schicksal noch für sie parat hatte. "In jedem Fall möchte ich dich dabei unterstützen. Du bist meine Schwester und als solche liebe ich dich auch. Ich möchte, dass du glücklich bist und dafür möchte ich alles unternehmen, was in meiner Macht steht."
Völlig gespannt auf die Karte, die sie als letztes umzudrehen vermochte, erwartete Ayra dieses Sinnbild. Aber warum Ayra die Frage nach den Schwächen ihrer Schwester gestellt hatte, wurde noch nicht ganz klar. Sei bitte nicht eingeschnappt. Ich habe dich das gefragt, weil es wichtig für das Schicksal ist. Denn nur wenn du weißt, was deine Schwächen sind, kannst du auch wachsen. Das hast du mir vorhin ja auch verdeutlicht. Das hatte ich ja auch beinahe vergessen." Dann war es soweit und Eohl drehte die letzte Karte des Decks um. Dieses Mal jedoch war die Karte richtig herum. Es war der Stern. Sofort wurde die Vampira hellhörig. "Jaha! Der Stern! Der Stern sagt aus, dass du deinem Ziel schon sehr nahe bist. Was abschließend bedeutet, dass wenn du dich weiter so um die Menschen kümmerst, die dir wichtig sind, ihnen ein positives Schicksal an deiner Seite vergönnt ist." Diese Vorhersage, gezogen aus dem eigenen Schicksal von Eohl sollte die Assassine doch auf den perfekten Pfad ihres eigenen Glückes bringen, nicht wahr?
Plötzlich wurde diese Stille, diese Ruhe und diese Zweisamkeit jedoch jeher gestört. Eine Gruppe, bestehend aus fünf halbstarken, etwa 22-jährigen Rowdies tauchte auf, die schon seit einiger Weile nur Unsinn auf diesem Friedhof machten. Sie sahen die beiden Yihwa dort sitzen. Natürlich wussten sie nicht, wer sie waren, aber dennoch begannen sie damit, zu pöbeln. "Nein, was haben wir denn hier? Zwei bildhübsche Sonnenscheinchen so ganz allein und verlassen, hier auf diesem Friedhof?" Einer dieser Jungspunde, dieser törichten, dummen Jungspunde näherte sich Eohl, beugte sich von hinten neben sie und flüsterte ihr etwas ins Ohr. "Na was meinst du? Wollen wir vielleicht zusammen weggehen? Du und deine Begleiterin? Gehen wir doch an einen schöneren Ort und spielen zusammen. Nur wir sieben. Na, wie wärs?" Um seine großspurigen Worte zu untermauern, wagte er es dch tatsächlich, Eohls prachtvollen, grünen Haare einfach und ungefragt zu berühren. Zwar wollte Ayra gerne darauf reagieren, das konnte Eohl ihr deutlich im Gesicht ablesen, aber es erschein, als wenn das Schicksal direkt die erste Aufgabe der Weissagung für die Assasinne bereithielt. Wie das wohl ausgehen würde?
„Hehe!“ Fröhlich kicherte Eohl, während sie ihrer kleinen Schwester zuhörte, wie sie sich über vergangene Zeiten freute. Erinnerungen konnten eine schöne Sache sein, wenn man sie denn hatte. „Ein Ort, wo jeder Angst vor dir hat, klingt echt schön, Ayra!“ Sie verstand vollkommen, warum die Untote so begeistert davon war. Es fühlte sich gut an, die Furcht anderer zu spüren. Wenn ihr Herz schneller Schlug, ihre Stirn feucht wurde, sie eine Gänsehaut auf dem Rücken hatten... Wenn Menschen wahrlich ängstlich wurden und vor einem kauerten, dann fühlte man sich gut. Man fühlte sich mächtig. Vor Allem, wenn man wusste, dass man jederzeit ihr Leben nehmen konnte, wenn man es nur wünschte. Leise kicherte die Yihwa vor sich hin, lehnte ihren Kopf nach links, nach rechts, während sie der Größeren lauschte. „Klingt gut. Perfektion durch Absolution, das Familienmotto“, lachte sie unbeschwert auf. „Es stellt uns gut dar, denke ich. Ich mag es.“
Schlussendlich war es nicht nur Eohl, die kicherte. Auch Ayra begann damit – wohl eine weitere Familientradition. Sie fand es wohl ziemlich niedlich, dass Eohl ihre Prophezeihung nicht verstand... und packte das Ganze in einfache Worte. Die große Schwester unter den beiden war eben manchmal schwer von Begriff. Was sie jetzt beschrieb, war aber deutlich klarer. „Meine Verbindungen... sind nicht genug?“, wiederholte die Assassine ruhig, Erkenntnis in ihren Augen. Erst nur ein kleiner Funken, wurde daraus schnell eine faszinierte Flamme. „Ich muss beschützen... und unterstützen“, nickte sie gespannt. Das passte der Yihwa gut. Sie fühlte sich wohl als jemand, der ihre Verbündeten vor Schaden bewahrte, und umso mehr als jemand, der aus den Schatten heraus Hilfe bot und die Geschicke ihrer Gildenmitglieder lenkte, um die Richtung des Schicksals ordentlich zu halten. Und was sie davon gewinnen konnte... das überzeugte sie wirklich. „Für alle Zeit...“, hauchte Eohl ehrfürchtig. Das war es, was sie wollte. Was sie am Meisten fürchtete. Sie hatte Angst davor, die Menschen zu verlieren, die ihr viel bedeuteten... und das war die eine Sorge, die die Zeit sich ihr zu nehmen weigerte. Sie fürchtete nicht den Tod, fürchtete nicht die Zukunft, fürchtete keine Feinde und keinen Verrat. Aber sie fürchtete Verlust. Sie wusste, wo sie in der Zukunft sein würde, aber sie wusste nicht, wo ihre Freunde stecken würden. Raziel. Máirín. Aurea. Ayra. Thana. All diese Leute... Sie tauchten in ihrer Zukunft nicht auf. Nicht in den Ausschnitten, die sie kannte. Und das machte ihr Angst. Das Versprechen ihrer kleinen Schwester, dass das Schicksal ihr versicherte, Eohl könne ihre Freunde behalten... Es wärmte ihr Herz. „Ayra... das... das will ich!“, meinte Eohl entschlossen und ergriff die Schultern ihrer gewählten Schwester. „Du... du bleibst für immer bei mir, ja? Ich beschütze und ich unterstütze! Also bleibst du für immer da, ja?“
Auch wenn Eohl nur kurz angebunden auf die Frage nach ihren Schwächen reagierte, war sie nicht eingeschnappt oder sauer. Als jemand, der von Überraschung und Geheimnissen lebte, würde Eohl sicher niemandem erzählen, wo ihre Grenzen lagen. Nicht einmal Thana hatte ansatzweise eine Ahnung davon, wie viel die Yihwa wirklich konnte, und natürlich war ihr das bewusst. Sie ließ sich regelmäßig überraschen und respektierte die Geheimnistuerei ihrer Freundin, versuchte nicht einmal, in die Schatten zu blicken, die Eohl so zuverlässig warf. „Ich bin meinem Ziel nahe“, nahm sie auf, ein heiteres Hüpfen in ihrem Herzen und ein erfreutes Lächeln auf ihrem Gesicht. Das bedeutete wohl, dass der Tag, auf den Royal Crusade wartete, näher rückte. Die Welt stand davor, sich zu verändern. Ein aufgeregtes Kribbeln zog sich über ihre Haut. „Das bedeutet...!“, setzte sie aufgeregt an... wurde jedoch unnötig unterbrochen. Geräusche zogen sich über den Hof des Friedens, störten ihn und alle darauf und darunter. Augenblicklich verschärfte sich der Blick der Assassine und sie sah hinüber zu den fünf Fremden, die sich ohne ersichtlichen Grund hierher begeben hatten. Wie jemand, der hier war, um Gräber zu besuchen oder Respekt zu zollen, wirkten sie auf jeden Fall nicht. Angesprochen fühlte sich die Yihwa kaum. Sie war nie ein Sonnenschein gewesen. Eher war sie der Schatten, den die Sonne warf. Dennoch beobachtete sie die Gruppe aus achtsamen, vorsichtigen Augen. Einer von ihnen wagte sich tatsächlich an ihre Seite. Bis zu diesem Moment sprach sie nicht, doch langsam wandte sie ihren Kopf von ihm ab. „Nein, danke“, antwortete Eohl ruhig. Sie hatte nicht die Absicht, sich auch nur einem dieser Männer anzuschließen. „Ich möchte gerne alleine mit meiner Schwester sein.“ Aber anders als die kaltherzige Assassine war der Rüpel an ihrer Seite egoistisch und rücksichtslos. Seine Hand näherte sich ihr, drohte, sie zu berühren, und ihr Auge zuckte hinüber zu ihm, als seine Finger ihr für ihren Geschmack zu nahe kamen. Eohl trat einen Schritt vor, in Sicherheit, während der Mann hinter ihr in sich zusammen fiel, Blut strömend aus seinem Hals, seinen Beinen, seinem Bauch, wo sich die Spiegelscherben in seinen Körper gebohrt hatten. Eohl war zerbrechlich, wie ein Spiegel. Unter ihren Schwächen war das die größte. Als gesuchte und schwache Frau mit vielen Feinden konnte sie es sich nicht leisten, sich sorglos berühren zu lassen. Ihre eisigen, roten Augen hoben sich, blickten Ayra wieder ins Gesicht, während sie den Rest der Pöbler ignorierte. „Es wird unangenehm hier“, stellt sie fest, ihre Stimme unbewegt. „Gehen wir woanders hin?“
Mirror Shards TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Fernkampf MANAVERBRAUCH: 40 MAX. REICHWEITE: 15 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 4, Mirror Shard BESCHREIBUNG: Bei diesem Zauber erschafft der Magier bis zu fünf scharfkantige Scherben eines zerbrochenen Spiegels mit einer Länge von etwa 40 cm. Diese Scherben können als Projektil auf einen Gegner geschossen werden, wobei ihre Stärke und Geschwindigkeit der Willenskraft des Anwenders entsprechen; dabei hat die Stärke ein Maximum von Level 6 und die Schnelligkeit ein Maximum von Level 8. Obwohl alle Kanten der Scherben scharf sind, kann der Anwender eine in die Hand nehmen und wie ein Messer verwenden, ohne sich daran zu schneiden.
Der Fluss der Zeit... brennt alle Hoffnung nieder... That odd woman... | Cracked Mirror, Awaken!
Verlust, Trauer, Angst und Missgunst. Sie alle waren Gefühlsregungen, welche Ayra in ihrem (jungen) Leben alle schon einmal gesehen und auch erlebt hatte. Schließlich war sie bereits gestorben. Eigentlich dürfte sie gar nicht mehr auf dieser Welt sein. Aber als Vampir lebt sie dennoch und das auch schon seit wirklich sehr vielen Jahren. Sie war immerhin über dreihundert Jahre alt und hatte somit wirklich sehr viel erlebt, gesehen und auch gehört. Sie wusste genau, wie es sich anfühlte, wenn man von dem Wort Verlust sprach, wenn es um Trauer ging, aber auch, wie man wirklich Angst verspürte und ebenso, was wirkliche Missgunst gewesen ist. Sie hatte alles das schon unlängst mitgemacht, im Imperium Seven hatte sie alles das schon mehr als nur einmal erlebt. Schließlich entstammte sie einer Zeit, die von Kriegen und militrischen Auseinandersetzungen, Bürgerrevolten und Ähnlichem nur so geplagt war. Sie kannte das alles. Deshalb verstand sie auch nur zu gut. Sie wusste genau, was Verlustängste waren. Sie wusste alles das so genau, dass sie dereinst einen Zug an sich hatte, der ihr alles das verbergen sollte. Es war nicht einfach, sich eine Persönlichkeitsstruktur aufzubauen, die sich in die Unbarmherzigkeit legte. Aber Ayra hatte alles das getan, schließlich war sie auch eine Anführerin gewesen. Sie hatte so viel durchmachen müssen... so viel ertragen müssen. Das Schicksal meinte es nie wirklich gut mit ihr. Und dennoch vertraute sie wie keine Andere sonst auf das Schicksal und die Kraft, die es von sich gab. Genau aus diesem Grund war es ihr auch wichtig, dass sie ihrer Schwester helfen konnte, den Weg für sie zu finden, der ihr auch wichtig war. Ayra war bereits tot, deshalb kümmerte es nicht, wie lange das dauern würde oder welcher Preis dafür notwendig war, sie würde es tun. Sie hatte eine Ewigkeit dafür Zeit. Schließlich war sie eine Zugehörige des Volkes der Vampire.
"Besonders schön war es, wenn meine Untergeben mich angefleht haben, Gnade zu zeigen. Wenn sie etwas verbockt hatten und ich eine angemessene Strafe für sie fällen musste." Kurzzeitig schaute Ayra ganz unschuldig drein, so als würde sie keiner Fliege etwas zuleide tun können. "Ich habe dann meistens das Todesurteil über sie verhängt und auch selbst vollstreckt." Lächelte sie ihrer Schwester entgegen, so als wäre es das alltäglichste dieser Welt gewesen, über die Schicksale ihrer Untergeben zu richten und zu walten, ganz wie es ihr beliebte. Aber so war Ayra wirklich, sie war nicht umsonst die Unbarmherzige gewesen. Die Frau, die sich einen Dreck darum kümmerte, was das Schicksal ihrer willigen Bauern betraf. Kurzzeitig beugte sich die größere Yihwa vor, legte ihre Stirn direkt an die Stirn ihrer Schwester und ging so ein wenig auf Kuschelkurs. "Danke, dass dir mein Vorschlag gefällt. Das macht mich wirklich glücklich." Ihre Freude brachte Ayra mit einem sanften Kuss auf die Stirn ihrer Schwester zum Ausdruck. Ein Ausdruck, der gleichzeitig auch die große Verehrung widerspiegeln sollte, welche die Vampira für die Assassine verspürte. Als sie ihre Lippen wieder von der Stirn der Kleineren entfernte, schaute sie Eohl wieder in die Augen und lächelte sie fröhlich an. "Entschuldige bitte." Kicherte sie, glücklich darüber, diese enge Verbindung zu Eohl besitzen zu dürfen.
Als Eohl die Worte der Wahrsagerin wiederholte und sie auch verstand, nickte Ayra erneut zustimmend. Denn sie war froh, dass die Grünhaarige diese Vorhersage nun verstanden hatte und ihr damit prophezeite, auf welchem Weg sie bereits gewesen ist. "Ja genau. Du darfst jetzt nicht damit aufhören, das ist ganz wichtig. Wenn du deine Liebsten auf ihren Wegen unterstützt und immer bei ihnen bist, dann erreichst du eine Verbindung, die untrennbar sein wird. Denn so wie du sie unterstützt und beschützen wirst, werden sie auch dich unterstützen und beschützen." Das war ein ganz wichtiger Fakt, denn dieses Band erhielt seine Stärke dadurch, dass es beidseitig geknotet wurde und somit der Unabänderlichkeit der Verbindung gerecht wurde. Diesen Aspekt musste Eohl erkennen, bewahren und erhalten um das zu erreichen, was sie sich so sehr wünschte. Und genau dafür war Ayra ja da. Denn ihr war es wichtig, Eohl genau diesen Aspekt zu ermöglichen. Denn das Wichtigste für sie war es, dieses Strahlen und dieses Lächeln im Gesicht ihrer Schwester zu sehen. Das war für sie ein viel kostbarer Schatz als alles Andere auf der Welt. Als Eohl aber dann so plötzlich die Schultern der Vampira ergriff, staunte sie. Aber als sie hörte, was die Grünhaarige sagte, lächelte sie. Sie schloss ihre Augen, führte ihre Hände sanft zu den Schultern ihrer Schwester und zog sie ganz zärtlich an ihre Brust und umarmte sie. Eohls Kopf an ihrer Brust ruhen lassend, legte sie ihre Hand auf den Hinterkopf ihrer Schwester und begann, leicht darüber zu streicheln. "Natürlich. Ich werde für alle Zeit an deiner Seite sein. Du hast mich zu deiner Schwester gemacht. Du hast mir wieder eine Aufgabe gegeben. Ich bin dir wichtig. Also werde ich auch für alle Ewigkeit an deiner Seite sein. Nichts und niemand wird unsere Verbindung jemals wieder trennen können, Eohl. Das verspreche ich dir." Als sie das gesagt hatte, blieb Ayra stumm und lies ihre Worte für einen Augenblick wirken. Denn sie zeigte Eohl damit wirklich, das sie in Ayra eine Person gewonnen hatte, die für alle Zeit an ihrer Seite sein würde. Ganz egal, was auch immer geschehen würde.
Genau genommen wollte Ayra überhaupt nicht wissen, was die Schwachpunkte ihrer Schwester waren. Dieses Geheimnis sollte auch schön geheim bleiben. Warum sie das aber fragte, hatte gänzlich andere Gründe. Denn es war wichtig, dass Eohl sich diese immer wieder selbst vor Augen führte und niemals vergas, was ihre Schwachpunkte waren. Denn diese Schwachpunkte allein sorgten dafür, das es immer etwas gab, worin sie sich noch verbessern konnte. Aber die Schwachpunkte waren nicht nur kämpferischer Natur, sondern auch charakterlicher und psychischer Natur. Eohl musste erkennen, wo ihre Grenzen waren, sowohl seelisch wie auch körperlich. Wenn sie diesen Punkt berücksichtigte, erst dann konnte sie ihre wahre Stärke entfesseln und würde vermutlich unbesiegbar werden.
Plötzlich erschienen ein paar komische Gestalten auf diesem Friedhof. Die Ruhe und die zweisamkeit der beiden Yihwa wurde jäh gestört. Ein paar dumme Halbstarke, welche den Friedhof seit jeher terrorisierten, dachten wohl, dass die beiden wirklich bildhübschen Damen eine einfache Beute gewesen wären. Diese Vermutung offenbarte sich, als einer dieser Trottel die Dreistigkeit, nein, die absolute Dummheit besaß, Eohl so nahe zu kommen. "Hmh. Was für ein dummes Exemplar. Männer können wirklich so einfältig sein..." Seuftzte Ayra, während ihre große Schwester bereits taten sprechen lies und diesen dummen, einfältigen Trottel entsprechend abstrafte. "Tja, wer dumm ist, den bestraft das Leben. Einfältiger Trottel..." Als der eine Rowdie blutüberstömt am Boden lag, die Spiegelscherben hatten kurzen Prozess gemacht, reagierte auch sie. Aus ihrem Schatten lösten sich insgesamt zehn Schattenfäuste und gingen auf die restlichen Rowdies einher, welche dadurch ebenfalls zu Boden gingen. Ihr war es jedoch egal, ob die komischen Typen daran zugrunde gingen oder nicht, aber der Blick, den sie plötzlich auf dem Gesicht hatte, sprach Bände. Wie eine Königin schritt sie über einen der am Boden liegenden Kerle und ergriff ihn an der Kehle. "Fasst meine geliebte Schwester noch einmal an und ihr wünscht euch, das eure Mütter euch niemals geboren hätten!" Daraufhin stieß sie den verletzten Kerl zu Boden. "Gern. Wohin möchtest du denn gerne gehen?" Lächelte Ayra ihrer Schwester entgegen, wie als wenn nichts gewesen wäre.
Sie hackte sich bei ihrer Schwester am Arm ein, fasste sich danach aber mit dem Finger an die Unterlippe und blickte sie mit einem total süßen Blick an. "Irgendwie habe ich jetzt ein wenig Durst bekommen." Die restlichen Rowdies, die tatsächlich noch lebten und am Boden waren, waren von der Aktion der beiden Damen starr und regten sich vor Angst nicht weiter...
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Knuckle Shadow TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Fernkampf MANAVERBRAUCH: 10 MAX. REICHWEITE: 5 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Einer der elementarsten Zauber der Schattenmagie, bei dem sich bis zu drei Fäuste vom Schatten des Anwenders lösen und auf den Gegner einzuschlagen vermögen. Die Stärke und Geschwindigkeit dieser Fäuste entsprechen der Willenskraft des Anwenders -1, wobei dieser Wert niemals größer als 4 sein kann. Nach einem Treffer lösen sie sich auf.
Beherrschung:
Willenskraft Level 3, Manaverbrauch 15: Bis zu 5 Fäuste auf einmal können gebildet werden. Willenskraft Level 4, Manaverbrauch 20: Das Maximum der zu erschaffenden Fäuste beträgt sieben Stück, zudem steigt die Reichweite auf 7,5 Meter an. Willenskraft Level 5, Manaverbrauch 30: Das höchste Level der Beherrschung erlaubt es dem Anwender, bis zu 10 Schattenfäuste zu bilden. Weiterhin steigt nun die maximale Reichweite auf 10 Meter an.
Fröhlich kicherte Eohl, während Ayra ihr von den grausamen Strafen berichtete, die sie über ihre Untergebenen verhängt hatte. Mitgefühl suchte man bei diesen beiden Schwestern offensichtlich vergeblich. Die Frage war wohl eher, welche von beiden grausamer sein konnte, aber die Grünhaarige hatte nicht vor, einen Wettbewerb daraus zu machen. Zärtlich konnten sie auf jeden Fall auch beide sein, zumindest zu den richtigen Personen. Ayra kopierte Gesten, die sie zuvor bereits von Eohl gezeigt bekommen hatte, legte ihre Stirn an die der Assassine, kuschelte deren Kopf an ihre Brust… Handlungen, die eigentlich eher die große Schwester präsentieren sollten. Dagegen wehren würde sich die Yihwa aber nicht. Wenn es Ayra glücklich machte, auch mal diese Rolle zu spielen… dann gönnte Eohl ihr diese kleine Freude. Ayras Rat war erleuchtend und beruhigend. “Ich bin gern für Andere da”, lächelte die Yihwa, legte eine Hand auf ihr Herz. Und wenn sie damit weitermachte, dann würde sie ihr Ziel erreichen, ja? Der Gedanke, dass all die Verbindungen, die sie aktuell aufbaute und für die sie sich aufopferte, sich am Ende im Gegenzug für sie einsetzen würden… Der Gedanke wärmte ihr das Herz. Ayra ging da direkt mit gutem Beispiel voran, zeigte Eohl, wie dankbar sie für ihre Offenheit und Loyalität war und für die Chancen, die sie der Untoten gab, und versicherte ihr, im Gegenzug für immer auf ihrer Seite zu sein. “Egal, was passiert, ja?”, kicherte Eohl fröhlich. Die Vampirin wusste vermutlich gar nicht, wie glücklich ihre Worte ihre große Schwester machten…
Zufrieden mit der Zweisamkeit war Eohl schnell genervt, als sich plötzlich irgendwelche Fremden einmischen wollten. Erst ignorierte sie sie kühl, doch als einer sie berühren wollte, kannte sie keine Gnade. Ehe seine Finger ihren Körper erreichen konnten, war er auch schon tot, erlegt von fünf Spiegelscherben, die die vitalsten Punkte seines Körpers attackiert hatten. Eohl selbst zeigte sich unbewegt von seinem Tod, auch, als Ayra seinen sterbenden Leib verspottete. Den übrigen Gesellen war das, besonders in Kombination mit den Drohungen der kleinen Schwester, wohl nicht sonderlich geheuer. So oder so waren sie Eohl egal. “Hmm… wo ich hin möchte…” Nachdenklich legte Eohl eine Hand an ihre Wange, während ihr Augen hinauf gen Himmel glitten. Sich selbst Dinge aussuchen, die sie wollte oder die ihr gefielen, war für die Yihwa immer noch sehr schwierig. Sie sollte doch eigentlich nichts wollen. Glücklicherweise gab Ayra ihr einen kleinen Tipp. Sie war durstig? Auf den ersten Blick verstand Eohl tatsächlich nicht unbedingt, was für eine Bedeutung diese Worte aus dem Mund eines Vampirs haben konnten… “Oh, dann lass uns doch was trinken gehen”, freute sie sich, unschuldig wie eh und je. Die Assassine war einfach nur froh, eine Entscheidung treffen zu können, die Ayra glücklich machen konnte. “Ich kenn da eine gute Bar, hehe! Die haben auch immer nen Platz für mich frei, seit ich die Türsteher getötet hab…”
» Crocus Lotus Mo 18 Nov 2024 - 23:17 von Sirviente
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