Ortsname: Hidden Gem Art: Restaurant Spezielles: - Beschreibung: Dieses recht noble Restaurant macht seinem Namen alle Ehre, denn es ist tatsächlich ein richtiger Geheimtipp. Versteckt in einer der engen Seitengassen der Künstlerstadt, gibt es hier vieles, was das kulinarische Herz begehrt: Von der feinen Suppe, über das medium-rare gebratene Steak bishin zum Schokotörtchen als Nachtisch, jedes Gericht ist ein wahres Kunstwerk. Der Chef weiß wirklich, was er tut. An Wochenenden, wenn die Sonne bereits untergegangen ist, gibt es hier außerdem oft entspannte Live-Musik und leckere Cocktails. Der richtige Ort, um nach einer harten Arbeitswoche mal so richtig herunterzufahren!
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Hyun
Anmeldedatum : 06.03.23 Anzahl der Beiträge : 431 Alter : 20 Ort : Crystalline
Unzufrieden fummelte der Blonde immer wieder an seiner Krawatte herum. Eigentlich sollte er es inzwischen gewohnt sein, in blöde Fetzen gesteckt zu werden, doch die Kleidung, die man ihm im Zirkus angezogen hatte, ermöglichte immerhin große Bewegungsfreiheit. Ein Anzug sah zwar deutlich cooler aus, schränkte ihn allerdings auch viel zu sehr ein. Dem Sakko hatte er sich bereits entledigt und ihn über seine Schulter geschmissen, doch Hemd und Weste konnte er nicht so einfach loswerden. Schließlich hatte der Restaurantbesitzer ganz klar und deutlich gefordert: schicke Abendkleidung. Er wollte offensichtlich, dass seine Kellner zu der noblen Einrichtung seines Schuppens passten. Der würde sich sicher freuen, wenn Hyun - gemeinsam mit Chime - gleich um die Ecke marschiert kam. Doch vorher wollte er noch in Ruhe seine Kippe fertig rauchen. Eigentlich hatte er überlegt, die Laborchimäre einfach zuhause zu lassen, aber falls irgendetwas schief lief, konnte er auf gar keinen Fall auf die Unterstützung verzichten. Immerhin hatte er sich während der Anreise die ideale Ausrede einfallen lassen: Jimmy war sein Therapie...tier, schließlich hatte er Diabetes und wenn sein Blutzucker eskalierte, dann war es Jimmys Aufgabe, ihn zu warnen. Dagegen konnte der Boss doch gar nichts sagen. Schließlich war er auf Hyuns Hilfe angewiesen ... und Hyun war eben auf die Hilfe seines Tiers angewiesen. Mit einem amüsierten Schnauben klopfte er ein paarmal auf die Schultern seines Begleiters, ehe er seine Zigarette wieder zwischen die Finger nahm und sich einen letzten, tiefen Zug gönnte. Das würde vermutlich für ein ganzes Weilchen seine Letzte sein, echt toll. Er konnte die unruhigen Hände und Gedanken kaum erwarten. Vielleicht sollte er doch langsam mal aufhören? Eh, nein. Dafür fühlte es sich doch zu gut an. Den Stummel warf er schließlich bedenkenlos auf die Straße und drückte ihn mit dem schmalen Absatz seines Schuhs aus. "Dann mal los, eh?", schnaubte er, Motivation ließ sich in seiner Stimme vergeblich suchen, "Bin mal gespannt, ob wir noch 'nen 'neuen' Kollegen kriegen. Sei bloß nett." Er konnte einfach nicht anders, als das wilde Tiergemisch neben sich mit einem Lächeln zu betrachten. So, wie er Chime kannte, würde dieser bereits vor ihm wissen, falls sich ein Feind unter die Leute gemischt hatte. Das Vieh hatte einfach ein Gefühl dafür. Er selbst konnte nur Theorien aufstellen. Wenn irgendeine andere Gilde einen Magier in den Schuppen reinschmuggelte, dann doch garantiert genauso, wie er selbst hier gelandet war: Über das Aushilfs-Gesuche. Darauf wollte er sich jedoch nicht allzu sehr verlassen, für den Anfang würde er alles und jeden mit einem kritischen Auge betrachten. Er hatte überhaupt keine Lust, den Mist hier zu vermasseln, weil er sich zu sehr auf eine Vermutung stütze. So zauberte er sich ein schmales Lächeln auf die Lippen, warf noch einen letzten Blick über die Schulter um zu checken, ob vielleicht doch noch jemand kam. Wenn er noch länger wartete, würde er zu spät kommen. Zu seiner Überraschung steuerte tatsächlich jemand direkt in seine Richtung. Mit der Hand bereits auf der Türklinke hielt er inne, beobachtete kurz die junge Frau, die da lief. Es konnte gut sein, dass es sich um einen Zufall handelte, sie eigentlich nur zufällig in diese Richtung eilte, es konnte aber genauso gut sein, dass sie zu diesem Laden gehörte. Mal sehen, welche dieser Optionen sich bestätigen würden!
Ein neuer Tag, eine neue Quest. Für ein respektables Mitglied von Satyrs Cornucopia eigentlich ein ganz gewöhnliches Phänomen. Es waren eher die Umstände, die Mary bereits vor Beginn ihrer Aufgabe an den Rand der Verzweiflung gebracht hatten: Erstens fand die Quest nicht am hellichten Tag statt, sondern zur Abendstunde. Mary war die Tochter einer Familie von Bauern. Sie wachte mittlerweile ganz ohne eigenes Zutun früh am Morgen auf, dafür brauchte es nicht einmal den Hahn, der sie Zuhause zuverlässig aus den Federn gekräht hatte. Das Problem an der ganzen Sache war, dass Mary wirklich, wirklich schlecht darin war, abends lange aufzubleiben. Meistens fielen ihr schon um zehn Uhr die Augen zu und Mitternacht erlebte sie äußerst selten noch in einem wachen Zustand. An sich war das ja in Ordnung, denn wenn sie wusste, dass sie am Abend lange wachbleiben musste, weil ihre Quest dies verlangte, dann ging sie am vorherigen Tag zeitig ins Bett und schob sicherheitshalber noch ein Nickerchen am Nachmittag hinterher, um auch auf jeden Fall für wache Aufmerksamkeit zu garantieren. Nur hatte das diesmal nicht geklappt, denn das zweite Problem an dieser Quest war ihr dazwischengekommen ...
Abendkleidung. Schicke Abendkleidung. Etwas, das Mary (die ja normalerweise schon im Bett lag und las, wenn Leute erst in ihren Clubs und Bars ankamen) nicht besaß. Wieso auch? Sie hatte noch nie in ihrem Leben irgendjemanden durch ihr äußeres Erscheinungsbild beeindrucken müssen. Kühe, Schafe und Hühner interessierten sich wenig für feine Poren und die Gäste in der Trankstube hatten sie nie als "hübsch", sondern eher als "süß" bezeichnet, da sie ja normalerweise eher eine halbe Portion war, die man nicht wirklich beachtete. Mary war ganz froh um die dünne Schicht an Make-Up auf ihrem Gesicht, denn diese verbarg zumindest teilweise, mit welch tomatenrotem Gesicht Mary durch die Straßen von Maldina Town lief. Die Quest fand abends statt, daher waren leider ziemlich viele Leute auf den Straßen und es war außerdem schwieriger, sich in der bunten Stadt zurechtzufinden - schwieriger als ohnehin schon für die Lichtmagierin. Sie hatte sich natürlich prompt mehrere Male verlaufen und brauchte daher eine halbe Ewigkeit, um vom Gildenhaus zum Restaurant zu finden. Zum Glück hatte sie ihrer Stilberatung ausreden können, sie in hohe Absätze zu stecken! Nicht nur wäre die junge Magierin darin vermutlich gelaufen wie ein betrunkener Flamingo, sie hatte erfahren, dass diese Schuhe eher selten bequem waren und daher, wenn sie schon sonst wenig Durchsetzungsvermögen hatte, auf Lackschuhe mit geringen Absätzen plädiert. Die klackerten zwar immer noch fröhlich auf dem Boden, aber blieben immerhin nicht in Abflussgittern und Kopfsteinpflasterecken hängen, so dass sie sich zu allem Überfluss nicht auch noch auf die Nase legte.
Beim Anblick der Baumgardner in ihrem schicken, schwarzen Kleid, das sich im Gegensatz zu ihrer sonstigen eher verhüllenden Garderobe an ihren Körper anpasste, drehten sich einige Köpfe zu ihr um. Weniger, weil ihre abgöttische Schönheit sich in den Netzhäuten der Leuten festbrannte (haha), sondern eher, weil sie aussah, als hätte sie fortgeschrittene Darmprobleme. Die Hände waren vor dem Körper verschränkt und umklammerten eine kleine, schwarze Handtasche, in der sich arkane Mysterien befanden. Offenbar musste man seinen Lippenstift regelmäßig nachziehen und aufpassen, dass das schwarze Zeug auf den Wimpern nicht verlief, daher hatten Frauen immer so eine Art Notfallset dabei. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag hatte sich Mary gefragt, ob sie vielleicht vergessen hatte, den obligatorischen Mädchenkurs zu belegen, in den offenbar alle außer sie selbst eingeschrieben worden waren. Das Kleid war lang genug, um knapp ihre Knie zu verdecken und zumindest im Dekoltéebereich auch mit durchsichtigen Einsätzen hochgeschlossen, doch die Schultern lagen frei und die Ärmel umspielten die Arme eher so auf Höhe des Brustbeins. Das Schwarz des Kleides bildete dabei einen herrlichen Kontrast zu den blonden Haaren und den goldenen Augen, die nervös in die Gegend herumstarrten. Auf den frisierten Haaren (die der Grund waren, wieso sie kein Nickerchen hatte halten können) thronte ein Haarreif, in den einige rote Blüten eingearbeitet worden waren und an ihren Ohren wippten ebenso rote Kristalle, die manchmal irritierend gegen ihre Wangen strichen. Alles in allem sah die Baumgardner wirklich nicht schlecht aus, würde ihr nicht die Ausstrahlung fehlen. Sie wirkte wie ein Pinguin, den man mit einem schroffen Tritt in die Wüste gekickt und dem man danach "Du machst das schon!" zugerufen hatte.
Esmée, was hast du mir angetan ...Aber was eigentlich? Auch wenn man denken könnte, dass Mary ein heißes Date hatte - klar, sicher, mit wem? - war dies nicht der Fall. Die junge Lichtmagierin befand sich im Auftrag ihrer Gilde und würde dafür sorgen, dass ein geheimes Treffen vereitelt wurde, das in dem Lokal stattfinden würde, welchem sie sich soeben näherte. Ein geheimer Auftrag und vermutlich eine der eher schwierigeren Quests, die sie bisher erledigt hatte. Bis auf den ein oder anderen Ausreißer hatte Mary eigentlich vor allem Unkraut gejätet, verlorene Großeltern gefunden und solchen, eher simplen Kram erledigt. Dass sie nun so einen Auftrag übernahm, und auch noch ganz alleine, war ein großer Schritt für die Lichtmagierin. Als das Restaurant in Sicht kam, riss sie sich daher zusammen und straffte die Schultern. Ein Versagen würde sie nicht tolerieren, nicht bei ihrem ersten Solo-Auftrag, der nicht beinhaltete, irgendwelche Flugblätter aufzuhängen!
Vor dem Lokal stand bereits eine Person, so dass Mary etwas langsamer wurde, damit sie diese Person nicht am Ende noch rammte; sie wusste nicht so ganz, wie stabil ihr Aufzug gegenüber Kollisionen war und außerdem musste man nicht bei jeder Person einen peinlichen Auftritt hinlegen. Durch ihre etwas langsamere Annäherung konnte sie den unbekannten Mann betrachten, der wirklich ziemlich außergewöhnlich aussah. Als Magierin von Satyrs Cornucopia war es Mary gewöhnt, dass Leute nicht nur Staffeleien und Marmorblöcke, sondern auch ihre eigenen Körper verzierten, insofern reagierte Mary auf Hyun nicht mit ganz so schockiertem Blick, doch dieses merkwürdige Wesen, was er bei sich führte, sorgte dafür, dass die goldenen Augen der Jugendlichen sich dann doch aufrissen. "G-guten Abend!", ließ sie verlauten und verbeugte sich mit wehenden Haaren (und beinahe abhauendem Haarreif) vor dem Unbekannten im schicken Anzug. Einen Schritt war sie auf Abstand geblieben, um dem Tier (Hund?) nicht zu nahe zu kommen und gleichzeitig nicht den Eindruck zu erwecken, sie wolle sich vordrängen. Natürlich, das Restaurant suchte nach Aushilfen. Wenn das also kein Gast war, dann war das vielleicht ein Kollege von ihr, ein Zivilist ... wenn es ernst wurde, dann würde sie ihn beschützen müssen. "Bist du auch für die Abendschicht hier? Mein Name ist Mary! Ich habe schon oft gekellnert, wenn du also Fragen hast, helfe ich dir gerne! Was ist das denn?" Mit freundlichen Worten und einem strahlenden Lächeln sprach sie Hyun ohne große Scheu an - lenkte sie davon ab, an ihr Kleid zu denken - und streckte dem Tierchen vorsichtig ihre Hand zum Schnuppern entgegen. Selbstverständlich trug sie Handschuhe, die das Gildenzeichen auf der Hand verdeckten, da sie schließlich undercover unterweg war. Hoffentlich war das Wesen nicht am Ende noch bissig und würde ihr direkt die Hand verknuspern, doch das glaubte die Baumgardner nicht. Alle Tierchen verdienten immerhin Liebe!
Je näher die junge Blondine kam, desto schräger wurde das Bild, das sie abgab. Sie kam auf Hyun zugestiefelt, als befände sie sich in einem vollkommen fremden Körper Vielleicht war sie aber auch kurz davor, sich zu übergeben. Selbstbewusstsein? Fehlanzeige. Dabei schien sie - rein objektiv gesehen - doch ein recht hübsches Ding zu sein und das Kleid stand ihr. Nicht, dass er wirklich Ahnung davon hatte oder sich auch nur im geringsten dafür interessierte, aber er konnte sich durchaus vorstellen, dass einer seiner alten Kumpels ihm in diesem Moment 'Man, is' die heiß!' zugeflüstert hätte. Für ihn war viel interessanter, um wen es sich bei ihr eigentlich handelte und warum ihre Körpersprache so merkwürdig war. Hatte sie etwas zu verbergen? Naja, er hatte keinen Grund, sich jetzt schon darüber verrückt zu machen. Falls sie der Magier war, von dem die Rede war, würde er das sicherlich noch herausfinden. Vorerst sollte er sich einfach darauf konzentrieren, einen guten Eindruck zu schinden und selbst nicht aufzufallen. Das tat er vermutlich durch sein Aussehen in Kombination mit Chime vermutlich schon genug. "Ah, hallo", grüßte er sie zurück und nahm vorerst die Hand wieder von der Türklinke, um sich ihr zuzuwenden. Erst jetzt, wo sie direkt vor ihm stand, fiel ihm auf, wie klein sie eigentlich geraten war. Er konnte ihr problemlos auf den Kopf spucken. Selbst Chime war größer, wenn er sich auf die Hinterläufe stellte. Falls sie seine Widersacherin sein sollte, hatte sie zumindest körperlich schonmal den kürzeren gezogen. Doch unterschätzen sollte er sie deshalb nicht, schließlich konnte sie das mit ihrer Magie wettmachen. "Huch, vorsichtig. Du verlierst ja halb deinen Haarreif." War das überhaupt ein Haarreif? Oder schon ein Krönchen? Er hatte nicht die geringste Ahnung von diesem Gedöns. Schien auf jeden Fall ziemlich nervig und unpraktisch. Aber er selbst hatte nicht das geringste Recht, darüber zu urteilen. Schließlich war die Krawatte, die er trug, ebenfalls ein massiver Schwachpunkt. Man konnte sie viel zu leicht gegen ihn verwenden. "Ja, genau, ich bin hier, um auszuhelfen." Verlegen lächelte er ihr entgegen, als sie ihm ihre Hilfe anbot. Eigentlich bezweifelte er, dass er diese benötigen würde, aber das konnte er schlecht sagen. "Das ist ja wirklich nett. Das hier ist mein erstes Mal in so einem Job." Das war tatsächlich die Wahrheit. Neben seinen Auftritten im Zirkus hatte er noch nie irgendeinen 'normalen' Beruf ausgeübt. Da er das aber so nicht stehen lassen und womöglich Misstrauen säen wollte, ergänzte er es mit einer Lüge, die perfekt zu seiner Ausrede für Chime passte: "Ich war echt lange krank. Deswegen habe ich auch ihn dabei." Er strich dem Labor-Mischling über den Hinterkopf. "Das ist Jimmy. Er merkt, wenn es mir wieder schlechter geht und alamiert mich dann." Hoffentlich waren das genug Infos für die junge Frau, denn sie schien ziemlich interessiert an seinem Begleiter, hoffentlich war das kein schlechtes Zeichen. Dieser war nicht allzu begeistert von der fremden Hand vor seiner Nase und trat einen Schritt zurück. "Tut mir Leid, er ist bei Fremden ziemlich schüchtern. Gib ihm bitte etwas Zeit." Der Pan nutzte die Chance und schnappte sich die noch ausgestreckte Hand seines Gegenübers, um diese mit leichtem Druck zu schütteln. "Ich bin Hyun." Vielleicht war es leichtsinnig, doch er verzichtete bewusst auf einen Tarnnamen. Mit einem Lächeln auf den Lippen blickte er in Marys helle Augen. Direkt nach dem Vorstellen war doch ein guter Moment, um ein Kompliment zu platzieren, oder? Je schneller er ihr Vertrauen gewonn, desto besser. "Dein Kleid steht dir wirklich gut, Mary." Etwas besseres fiel ihm nicht ein. Komplimente verteilen war nicht seine Stärke. Wenn er etwas verteilte, dann waren das meistens Schläge. Gott, war das peinlich. Vermutlich war es besser, wenn er sich doch eine andere Methode überlegte, um sich ihr Vertrauen zu erschleichen. Vielleicht mithilfe von Jimmy? Dieser brauchte jedoch noch deutlich mehr Zeit, um ihr Gegenüber aufzutauen. Naja, egal. Hauptsache er versaute jetzt nicht direkt den ersten Eindruck. Zeit, das Thema zu wechseln. "Wollen wir dann reingehen? Ich glaube die Anderen warten schon auf uns und ich könnte etwas Hilfe und Zeit bei der Einarbeitung gebrauchen." Eine weitere Person schien auf jeden Fall nicht zu kommen. Sie zwei waren wohl die einzigen Aushilfen heute.
Hyun hatte bei der Baumgardner eine Person vor sich, der man grundlegend durchaus Menschenkenntnis attestieren konnte - jedenfalls in dem Sinne, dass sie einfühlsam und verständnisvoll war. Mary besaß ein großes, für manche vielleicht sogar etwas zu ausgeprägtes Empathievermögen, das in Zusammenhang mit ihrer Naivität (die aus mangelnder Erfahrung, nicht etwa aus Blödheit resultierte) immer einmal wieder dafür sorgte, dass sie den traurigen Hintergrundgeschichten anderer auf den Leim ging und immer erst einmal vom Guten in ihrem Gegenüber ausging. Ob diese Einstellung Mary im Verlauf dieser Quest noch zum Verhängnis werden sollte, blieb abzuwarten - in jedem Fall sorgte sie dafür, dass die junge Lichtmagierin gewichtig nickte und Hyun unter dem Gesichtspunkt seiner unbekannten, aber offenbar schweren Krankheit noch einmal aus etwas anderen Augen betrachtete. Sie waren golden, von Mitgefühl, aber keinem Mitleid erfüllt. Nicht nur aufgrund ihrer mangelnden Größe betrachtete sie Hyun nicht von oben herab, sondern eher mit so etwas wie stiller Bewunderung. Ob es die Offenheit war, wie er mit seinen Einschränkungen umging, die ihr imponierte oder dessen Umgang damit, war nicht ganz ersichtlich, doch die Satyr lächelte dennoch ein warmes, fröhliches Lächeln. Mit so einem Kollegen konnte sie bei ihrer Quest ja nur auf Unterstützung hoffen!
Von Technik und Forschung wusste Mary nichts, wohl aber, dass Hyuns Begleiter dann wahrscheinlich kein besonders seltsamer Hund war, sondern irgendetwas mit sensiblen Sinnen, das ihm das Leben erleichterte. Dass man Therapietiere nicht einfach angrabschte, das wusste auch Mary, die Zeit ihres Lebens zwar nicht mit Wesen in solchen Berufszweigen, aber sehr wohl mit allerlei Lebewesen der vierbeinigen Art zu tun gehabt hatte. Daher zog sie auch sofort ihre Hand zurück, nickte noch einmal verstehend und wandte sich dem Eingang zu, gerade, als die Aufforderung Hyuns und dessen Kompliment im Akkord auf ihr wackeliges Selbstbewusstsein einprasselten. Das Kleid stand ihr ... gut? Beinahe sofort fror Mary ein und hob das Kinn, nicht etwa in einer Geste der Arroganz, sondern, weil sich dabei auch ihre Schultern etwas hochzogen. Für einen Moment sah die Baumgardner aus, als könne sie sich nicht zwischen einem Dasein als Schildkröte oder Ziehharmonika unterscheiden und präsentierte Hyun auf dessen charmante Aussage nicht nur terassierte Doppelkinne (die immerhin klein), sondern auch Ansätze von roten Wangen, die dank dem Zeug, mit dem Esmée sie beschmiert hatte, wenigstens nicht direkt Fußgänger zum Halten anregten. Ach du je, Komplimente bekam sie ja schon einmal, aber meistens nicht wegen ihres Äußeren ... Die meisten drehten sich nämlich kaum jemals nach ihr um. Das konnte Hyun aber nicht wissen. Für ihn mochte sie hier einen ersten Eindruck hinterlassen haben, als würde sie den ganzen Tag nichts Anderes machen, als aufgetakelt durch die Gegend zu staken und alles zu sein, was sie eben nicht war.
"D-danke - und ja! Keine Sorge, wir schaffen das schon zusammen." Zu Beginn ihrer Aussage war der Tonfall noch etwas hohl gewesen, doch gegen Ende fasste sich die Lichtmagierin dann doch ein Herz, da sie daran erinnert wurde, dass sie hier eine Quest zu bestreiten hatte - und Hyun ihre Hilfe beim Einarbeiten wollte! Die würde sie dem netten Kerl mit der Körperkunst natürlich gerne leisten. So sympathisch sie ihren momentanen Kollegen aber auch fand - über ihre Existenz als Magierin würde sie so schnell kein Wort verlieren. Sie war lieb und naiv, aber eben nicht auf den Kopf gefallen. Ihre Schweigsamkeit beruhte auf den Statuten der Quest, die Mary ernster nahm als ihre Vertrauensseligkeit und ihr Bedürfnis, sich um Hyun zu kümmern. Ganz recht, die halbe Portion wollte sich um Hyun kümmern ... Ob der wusste, was ihm da blühte?
Mary streckte die Hand aus und stieß die Tür zum Etablissment auf. Im ersten Moment kam es der Baumgardner vor, als habe sie dabei versehentlich ein Portal beschworen und eine andere Welt betreten. Der Straßentrubel und die grundlegende Wuseligkeit von Maldina Town, die dennoch anders war als die anonyme Geschäftlichkeit von Crocus oder Marokkasu (angeblich, sie war dort noch nie gewesen!) hatte keinen Platz mehr im Hidden Gem. Von irgendwo aus einer dunklen Ecke zupfte eine Person in einem weißen Anzug leise Jazzmusik zur Erheiterung der Gäste, von denen es derzeit noch beinahe keine gab. Die meisten saßen an der Bar und genossen ein Getränk aus kleinen, zylindrischen und mit viel Eis dekorierten Gläsern. Es waren die Art von kupferfarbenen Getränken, an denen man stundenlang herumschwenken und nippen konnte. Noch war niemand dabei der Küche zur Last zu fallen. Aus den hinteren Bereichen des Lokals drangen Stimmen hervor, außerdem gab es dort einige Türen, die einerseits in die privateren Abteilungen für Feiern und Ehrengäste, andererseits auch in die Mitarbeiterbereiche führen würden. Vom Eingang aus kam man in den Hauptraum, der für Laufkundschaft belegt zu sein schien und von der Straße einsehbar war. Der Blickfang hier war die Bar und die Bühne. In vollstem Betrieb würde es hier ganz schon drunter und drüber gehen. Mary sah sich neugierig um und versuchte den Überblick über Ein-und Ausgänge des Raumes zu bewahren, ohne sich allzu offenkundig nach diesen umzusehen. Musste ja niemand wissen, dass sie aus ganz anderen Gründen als dem guten Stundenlohn hier war. Der Mann an der Bar hob eine Hand und winkte den beiden auffordernd zu, so dass Mary sich auch gleich in Bewegung setzte. Die Personen an der Bar würdigten sie deutlich geringerer Aufmerksamkeit als Hyun, aber waren wenigstens nicht unfreundlich. "Tisch für zwei?" "Oh - oh!" Mary schluckte, schüttelte energisch den Kopf. "Nein! Wir sind die Aushilfen heute Abend. Wir sollen uns beim ... Chef melden?" Ob damit der Boss des Restaurants oder der Koch gemeint war, war zumindest Marys Auftrag nicht ganz zu entnehmen gewesen, der Barkeep deutete aber mit einer mitleidsvollen Grimasse gen einer der größeren Türen, aus der gedämpfte, energische Stimmen und schwaches Topfklirren zu hören war. Ach, wie exzentrisch konnten die Leute in Maldina Town schon sein ...?
Oh man, eigentlich hatte Hyun doch einfach nur nett sein wollen. Kaum hatte er sein Kompliment ausgesprochen, hatte er es auch schon bereut und Marys Reaktion machte es nicht besser. Wieso konnte sie es nicht einfach mit Selbstbewusstsein und Würde hinnehmen? Freuten sich Frauen nicht für gewöhnlich über nette Worte? Anscheinend war die Blonde eine Ausnahme und naja ... irgendwie konnte er sie ja verstehen. Wenn irgendjemand einen Kommentar über ihn in diesem Aufzug abließ, würde er vermutlich genauso dumm dreinblicken. Die Message war auf jeden Fall angekommen: Komplimente würde er ihr ab sofort keine mehr machen. Es würde sich sicherlich noch eine andere Methode finden, die ihr Vertrauen in ihn wachsen ließ. "Jo...", entgegnete er und wendete den Blick ab, "Wir rocken das bestimmt." Er zwang sich ein Lächeln auf die Lippen und trat zur Seite, sodass sie als erstes das Restaurant betreten konnte. Es war wohl besser, wenn sie einfach so taten, als wäre dieser unnötig peinliche Moment nie passiert und sich auf den Auftrag, der vor ihnen lag, konzentrierten. Auch, wenn der Pan eigentlich nicht hier war, um als Kellner zu arbeiten, musste er doch sein bestes geben. Schließlich durfte er nicht auffliegen. So zog er also die Schultern zurück, streckte die Brust heraus und zwang seinen Körper in eine aufrechte, selbstbewusste Haltung - etwas, das dieser definitiv nicht mehr gewohnt war. Es fühlte sich falsch an, doch eine gute Haltung war wichtig, wenn man einen kompetenten ersten Eindruck machen wollte. Auf den Fersen seiner 'Kollegin' stiefelte er also in den überraschend geräumigen Laden. Der Pan hatte mit deutlich weniger gerechnet. Das machte seinen Auftrag nicht unbedingt einfacher, doch er ließ sich nichts anmerken. Er hielt sein Lächeln aufrecht und folgte der Einladung des Barkeepers. Er wirkte nicht viel älter als die beiden Magier, seine eher träg wirkenden Augen schienen fast schon zu leuchten im Kontrast zu der blassen Haut und den schwarzen Haaren. "Hi-", begann der Tättowierte, kam jedoch nicht dazu, seinen Satz zu beenden. Stattdessen wurde er prompt gefragt, ob er und seine Begleitung einen Tisch wollten. Bitte was?! Überrascht zog er eine Braue nach oben. Am liebsten hätte er dieses Missverständnis sofort aufgeklärt, doch Mary kam ihm zuvor. Mit einem Nicken unterstrich er ihre Worte. "Ja, wir sind zum Arbeiten hier, nicht zum Essen." Nur weil ein Kerl und ein Mädel hier zeitgleich aufkreuzten, hieß das noch lange nicht, dass sie ein Date hatten oder gar ein Pärchen waren, verdammt! Als hätte Hyun Zeit und Interesse an so einem Zeug. Er hatte deutlich bessere Dinge zu tun. Geld verdienen und dafür sorgen, dass der heutige Deal nicht platzte zum Beispiel. Der Schwarzhaarige nickte nur desinteressiert und bedeutete dem Duo, sich auf den Weg zur Küche - in der es bereits ordentlich zuzugehen schien - zu machen. "Danke", meinte der Blonde nur knapp, ehe er zu der Baumgardner hinüber blickte. Begeisterung sah anders aus, doch was hatten sie für eine Wahl? Tief atmete der Crusader durch, bevor er die kurze Strecke zur Küche überbrückte und ohne zu zögern die Tür aufstieß ... und es direkt bereute. Ein Topf sauste nur wenige Zentimeter neben seinem Kopf vorbei und landete einige Meter hinter ihm klirrend auf dem Boden. Was zur Hölle?! Als wäre dieser Spontanangriff nicht schon genug, sorgte das Scheppern auch noch dafür, dass Chime sich erschreckte und einen großen Satz nach vorne machte, direkt vor die Füße des bereits feuerrot angelaufenen Chefs. Zumindest vermutete Hyun, dass es sich bei dem dicken Kerl mit der hohen, weißen Mütze um den Boss handelte. "Was machen irgendwelche Viecher hier in meiner Küche?! Kusch, raus mit dir!" Der Mischling zog den Kopf ein und huschte zurück hinter die Beine seines Herrchens. Dieser verschränkte die Arme vor der Brust und musste sich einen Moment lang daran erinnern, ruhig zu bleiben. Irgendwo hatte der Oberkoch ja auch recht, nichtsdestotrotz war sein Herumgegröhle mehr als unangenehm. Ertrugen die Anderen das jeden Tag? Langsam verstand er, wieso der Barkeeper sie so mitleidig angesehen hatte. "Wir sind die Aushilfen und-" "Ich habe hier sicherlich keine Haustiere eingestellt!" Warum zur Hölle ließ ihn heute niemand ausreden? "Haben Sie auch nicht, aber Sie haben mich eingestellt und wenn Sie nicht wollen, dass ich während der Schicht umkippe, akzeptieren Sie bitte, dass Chime hier ist. Er wird überhaupt nicht auffallen, wirklich." Noch immer mit hochrotem Kopf starrte der Dicke die zwei Magier und das Tier an, wirklich zufrieden wirkte er nicht. "Ich würde doch niemals solche Luschen einstellen. Habt ihr überhaupt was drauf? Sonst könnt ihr gleich wieder gehen", schnaubte er. Was für ein freundlicher Empfang.
Dass der Barkeeper dachte, Mary und Hyun wären für eine Verabredung im Restaurant vorstellig geworden, konnte die Baumgardner ja noch einigermaßen verstehen: Sie waren zumindest vage gleichaltrig, hatten sich offenkundig beide in Schale geschmissen und waren zusammen angekommen. Nur einer dieser Aspekte hätte in Marys Dorf in den Gerüchten schon die Hochzeitsglocken zum Bimmeln gebracht. Auch wenn die Lichtmagierin bezweifelte, dass sie wirklich allzu viele Gemeinsamkeiten besaßen. Er wirkte aufregend, risikofreudig und hatte eine gewisse Aura, die Mary nicht genau einordnen konnte, aber die definitiv das Gegenteil von ihr war. Wenn Mary ein Mauerblümchen war - und das dachte man durchaus öfter von ihr - dann war ihr Kollege eher Efeu: Hartnäckig und offenbar zu Größerem bestimmt als sich mit irgendwelchen Landeiern abzugeben. Zumindest in Verabredungen, über die die weibliche Partei des Ganzen ohnehin nicht einmal in ihren Träumen nachdachte. All ihre bisherigen Erfahrungen in Restaurants mit Mitgliedern eines anderen Geschlechts waren gelinde gesagt traumatisch gewesen.
Gut, also den Barkeeper verstand Mary. Aber was genau hatte denn dieser Koch für ein Problem? Man konnte sie ja als vieles bezeichnen, aber als Lusche? Zugegeben hatte die Baumgardner ihr Gildenzeichen noch nicht allzu lange und war demnach sicherlich nicht das Stärkste, das Satyrs Cornucopia dem Hidden Gem hätte schicken können, aber sie war immernoch eine Magierin und keine einfache Zivilistin. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit konnte sie mehr Teller tragen als dieser laufende Serviettenknödel und hatte gerade genug Hirnleistung, um sich Bestellungen zu merken. Unter Marys freundlich lächelnder Fassade brodelte es, aber sie war zum Glück zu professionell, als hier nun einerseits ihre Identität zu verraten und andererseits unhöflich zu ihrem Auftraggeber zu sein. Das Mädchen nahm die Konversation zwischen Hyun und dem Chef also mit sanftmutiger Engelsgeduld hin und lächelte besonnen, während sie sich vorstellte, dem Kerl mit einer seiner Bratpfannen eine überzuziehen. Als es gerade schien, dass die Beleidigungen an den armen Hund von Hyun vorübergezogen waren (der das hier ja wohl am wenigsten verdiente, der tat offenbar zu jedem Zeitpunkt seiner Existenz sein Bestes), trat Mary einen kleinen, aber dank der niedrigen Absätze leicht klackenden Schritt nach vorne. Die Hände vor dem Körper verschränkt, verbeugte sie sich leicht vor dem Chef. "Wenn ich mich einen Moment einmischen dürfte." Ihre Stimme hatte einen betont höflichen und freundlichen Ton, die Augen waren groß und strahlend. Dem Koch, der gerade schon wieder den Mund aufreißen wollte, erfasste für einen Sekundenbruchteil eine Art solares Strahlen. Man sah seinen schnauzbärtigen Mundwinkeln an, dass er noch nicht beeindruckt war, erlaubte aber wenigstens ein paar Worte. "Ihr seid ein wirklich renommierter Küchenchef, nicht wahr? Ich habe bisher nur Gutes über dieses Restaurant gehört - der Name ist offenbar Programm. Sehen Sie, ich stamme aus einem kleinen Dorf nahe Alcea in Südfiore. Meine Eltern haben dort einen Gasthof. Seit ich klein bin, träume ich davon, eines Tages einmal in einer solch nahmhaften Küche zu stehen!" Das war nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz wahr - es war wirklich einer ihrer Kindheitsträume gewesen, das Familiengasthaus weiterzuführen, bevor die Magie dazwischengekommen war. Und sie hatte auch Wertschätzung für gute Küche übrig. Der Chef wiederum zog den Kopf etwas zurück und entließ einige verlegene Brummer, sonnte sich aber ganz offenbar in dem Lob und der Schmeichelei. Er hatte aufgehört zu brüllen und ließ die Schweinsäuglein von Mary zu Hyun und wieder zurück wandern. "Nun, wenn das so ist ..." Mary verbreiterte ihr Grinsen und trat noch einen Schritt auf den Koch zu. "Abgesehen davon wäre es sowieso so kurz vor dem Abendauflauf unmöglich zwei Aushilfen zu finden, die der Kleiderordnung entsprechen und gewillt sind bei jemanden zu arbeiten, der sie anbrüllt. Und wer bringt dann das Essen an die Tische an so einem wichtigen Abend?" Der Schnauzbart des Mannes erstarrte, als wäre er vom Blitz getroffen worden und die Lichtmagierin wandte sich um, während dieser böse Blicke in den Rücken der Baumgardner schoss, aber dann mit einem betretenen Blick gen Hyun offenbar befand, dass in Anwesenheit eines potentiell lupinen Verteidigers zu viel Stress anzufangen nicht gut für ihn enden könnte. "Lass uns unser Bestes geben, Hyun!"
Es wäre so einfach gewesen, diesen Schwachkopf von einem Chef einfach stehen zu lassen, wenn es sich hierbei tatsächlich nur um einen gewöhnlichen Kellnerjob handeln würde. Diese Behandlung war wirklich unter aller Sau und auch, wenn Hyun durchaus eine Menge an Geduld besaß, das hier war schon grenzwertig. Wie hielten die Angestellten das nur jeden Tag aus? Doch wenn diese es schafften, dann würde er es ebenfalls hinbekommen. Schließlich stand hier ein wichtiger Deal auf dem Spiel, der auf gar keinen Fall platzen durfte. Von ein einem Fetten mit übergroßem Ego würde er sich garantiert nicht abhalten lassen, seinen Job zu machen. Er holte tief Luft, um seine gereizten Nerven zu entspannen und die Diskussion mit geduldiger Entschlossenheit fortzuführen, doch da funkte ihm Mary dazwischen. Vergessen hatte er ihre Existenz nicht, doch bisher hatte sie nicht gewirkt, als wäre sie jemand, der sich freiwillig so einer Diskussion aussetzte. Ein wenig verdutzt blickte er sie an, nickte aber. Wenn sie unbedingt mit dem Kerl quatschen wollte, dann durfte sie das selbstverständlich. Ohne zu zögern nutzte die Blonde die Chance, die ihr dargeboten wurde. Ihre Worte wirkten geschickt gewählt und überzeugend, doch Hyun konnte einfach nicht anders als sich zu wundern, ob sie tatsächlich ehrlich war. Nicht nur mit ihren Worten, sondern auch mit ihrer Körpersprache. Niemals im Leben konnte jemand so nett und lieb sein und es nicht schauspielern ... richtig? Vielleicht lag dieser Annahme sein Glauben zugrunde, dass kein Mensch rein gutmütig war und dieser konnte durchaus falsch sein, das war ihm durchaus bewusst. Er würde also keine voreiligen Schlüsse ziehen, das konnte er sich nicht erlauben, aber er würde die junge Frau durchaus genauer im Auge behalten. Das war einfach nicht normal! Selbst wenn sie schon immer davon geträumt hatte, in einem Restaurant wie diesem zu arbeiten konnte sie doch niemals noch an diesem Traum festhalten nachdem sie gesehen hatte, wie der Chefkoch sich verhielt, oder? Wie auch immer, darüber konnte er sich später noch genug Gedanken machen. "Das stimmt", klinkte sich der Pan mit einem erzwungenen Lächeln auf den Lippen ein, "Davon hat sie mir, bevor wir hier herein gekommen sind schon fast mein Ohr abgekaut. Sie wollen ihr doch nicht etwa ihr süßes, kleines Herz brechen, oder?" Vielleicht war es leichtsinnig zu offenbaren, dass er ebenfalls problemlos lügen konnte, doch dafür würde er sich noch eine Ausrede einfallen lassen. Die Schleimerei schien dem Boss wohl zu gefallen. Ein wenig Honig um's Maul brachte wohl jedes Schwein zum Schweigen, was? Darauf hätte er eigentlich auch selbst kommen können, doch ob er sich tatsächlich hätte dazu überwinden können? Ein wenig Selbstwertgefühl besaß er eigentlich schon. Nachdem das Landei den Dicken also mit ihren lieblichen Worten zum Schweigen gebracht hatte, setzte sie nun mit der brutalen, ungeschönten Wahrheit zum Todesstoß an und dieser saß! Ein breites Grinsen zog sich über das Gesicht des Tättowierten, als er mitten in das verdutzte Gesicht seines Gegenübers blickte. "Sie sind nicht in einer Position, in der Sie wählerisch sein könnten. Aber keine Sorge, Sie würden auch ansonsten keine besseren Aushilfen als uns finden." Die Verlockung, den Mittelfinger zu zeigen war groß, doch er beherrschte sich und hob ebenfalls den Zeigefinger, sodass der Dicke stattdessen ein schönes Peace-Zeichen bekam. "Ja man", stimmte er seiner kleinen Kollegin zu, ehe er ihr aus der Küche folgte. Kaum war die Tür hinter ihnen zugefallen, verdrehte er auch schon die Augen. "Was ein Kotzbrocken." Arschloch, Hurensohn oder ähnliches hätte es vermutlich noch besser getroffen, doch er zügelte seine Zunge. Anstatt sich aufzuregen, tätschelte er lieber Chime den Hinterkopf. Auch dieser war sichtlich erleichtert, Abstand zu diesem Verrückten bekommen zu haben. "Aber dem hast du's echt gezeigt. Machst du sowas öfter?" Er hielt ihr die Faust für einen Fistbump entgegen. "Ich glaube ich kann noch Einiges von dir lernen." Etwas Anderes blieb ihm auch gar nicht übrig, denn vom Kellnern hatte er - im Gegensatz zu ihr - noch keine Erfahrung. Diese würde er aber benötigen, wenn er seine Rolle gut spielen wollte. Ein bisschen Zeit hatten sie bestimmt noch, bevor sein eigentlicher Auftraggeber und dessen Kunden aufkreuzten, oder? Spätestens bis dahin musste er diese Kellnerei beherrschen, sodass er sich auf wichtigere Dinge konzentrieren konnte. "Du meintest das doch ernst oder? Also dass du mir helfen kannst, das hier zu lernen, oder?", fragte er und beugte sich ein wenig herunter, um sie direkter mit hilfesuchendem Blick ansehen zu können.
Mary war tatsächlich das, was viele Menschen als gutmütig titulieren würden. Sie bemühte sich jederzeit freundlich, zuvorkommend und angenehm für ihre Gesprächspartner zu sein, stellte keine bohrenden Fragen, hörte aufmerksam zu und tat ihrer Umgebung in den allermeisten Fällen gerne und eifrig einen Gefallen, sofern dieser mit einem Mindestmaß an Anstand an sie herangetragen wurde. Da war aber dann auch der Knackpunkt der ganzen Sache zu finden. Die meisten gingen davon aus, dass liebenswürdige Personen keinen Biss besaßen oder es einfach hinnehmen würden, wenn man sie niedertrampelte. Mary war zudem klein und gewiss für manche Personen auch, was man niedlich oder süß nannte. Aber nicht nur war das Landei mit zwei Brüdern aufgewachsen, die andauernd versucht hatten Dominanz in der Geschwisterkonstellation zu etablieren, sie hatte auch schon von Kindesbeinen an gegen störrische Schafe, sperrige Pferde und heimtückische Hühner kämpfen müssen, ohne ihre Fassung zu verlieren. Dazu kam dann noch, dass sie nicht gelogen hatte, als sie dem Chef und Hyun ihre kellnerischen Vorerfahrungen mitgeteilt hatte - so wie Mary allgemein selten log. In den allermeisten Fällen ließ sich mit Aufrichtigkeit mehr erreichen, zumindest glaubte sie das fest und war in dem Sinne dann vielleicht doch eher naiv.
Als sie die Küche verließen und Hyun nachhakte, nickte die Baumgardner jedoch nur und atmete tief durch. Da drinnen hatte es nicht gestunken - wenn überhaupt hatte es lecker gerochen - aber dennoch kam ihr die Luft hier draußen klarer vor, was wohl eher an emotionaler Stickigkeit lag. Ein prüfender Blick galt dem Hundewesen und sie lächelte, als sie bemerkte, dass es dem armen Tier besser ging - das hatte so eine Behandlung wirklich nicht verdient. Sie selbst fluchte nicht, aber Hyun erhielt ein bekräftigendes Nicken auf dessen recht konkrete Einschätzung des Küchenchefs. "Das passiert öfter - je edler ein Restaurant wird, desto mehr scheinen die Leute zu vergessen, dass sie auch nur anderen eine Mahlzeit servieren." Zwar besaß die Baumgardner selbst keine umfangreiche Erfahrung, was den Besuch von Edeletablissements anbelangte, da ihre Familie nicht zu denen gehörte, die Geld wie Heu hatten (sie hatten eher, na ja, tatsächliches Heu), doch eine Kindheit rund um die Touristenstadt Alcea hatte Marys Einschätzung durchaus geprägt. Wenn die Ortsansässigen plötzlich nicht mehr zu ihren Stammlokalen gehen konnten, weil sie auf Touristen mit dicken Geldbörsen umgesattelt waren, dann war das ein Problem. Dennoch verstand Mary, dass es in solchen Städten nun einmal auch solche Angebote geben musste und sie ein Teil davon waren, was die Wirtschaft ankurbelte. Dennoch ... Ach, stimmte ja, sie wollte eigentlich über das Kellnern reden. "Im Grunde ist es gar nicht schwierig, Hyun. Wenn du dir nicht viele Sachen auf einmal merken kannst, dann schreibst du die Bestellung am besten direkt am Tisch mit. Und versuch nicht mehr zu tragen, als du sicher an den Tisch bringen kannst. Du solltest auch lächeln und freundlich sein - und wenn jemand unhöflich ist, dann versuch es dir nicht zu Herzen zu nehmen. Solche Personen gibt es leider ab und zu. Laut dem Werbezettel sucht das Restaurant nach Leuten, weil heute eine große Versammlung hier ist. Am besten wir konzentrieren uns auf die und überlassen die anderen Tische den fest angestellten Kellnern. Dann kommen wir uns nicht in die Quere."
Keine direkte Antwort, hm? Na gut, das konnte etwas heißen, musste aber nicht. Wie sagte man so schön? Im Zweifel immer für den Angeklagten. Hyun wollte seine kleine Begleiterin nicht wegen etwas bedrängen und ausqeutschen, das vielleicht vollkommen irrelevant war. So sehr er eine gute Prügelei auch wertschätzte, in der Regel vermied er Stress und Zoff lieber. Es gab sowieso gerade wichtigeres. "Das ist echt schräg", lachte er ein wenig angespannt. Einen groben Umgangston kannte er durchaus, doch dass es ausgerechnet in der Gastronomie auch so zuging, überraschte ihn ein wenig. "Ich glaube in der Zukunft suche ich mir lieber ein anderes Arbeitsumfeld." Das stimmte nicht. Er würde selbstverständlich weiter tun, was ihm von der Gilde aufgetragen wurde, selbst, wenn er wieder in solchen Rollen landete. Doch für die Blonde war er schließlich kein Magier, sondern irgendein Kerl, der sich nach längerer Krankheit zurück in die Arbeitswelt traute. Freiwillig würde er hier aber definitiv nicht mehr kellnern, das wusste er, bevor er es überhaupt versucht hatte. "Okay, also gehe ich lieber zweimal?", fragte er, nachdem er aufmerksam ihrer Erklärung gelauscht hatte. Sein Gedächtnis war weder über-, noch unterdurchschnittlich, doch er würde sich die Bestellungen trotzdem lieber aufschreiben, sodass er sich besser auf seinen eigenen Auftrag konzentrieren konnte. "Das mit der Versammlung habe ich auch gelesen. Du hast ja die Ahnung, dein Plan ist bestimmt der richtige. Machen wir es so!" Er nickte, verbarg, wie sehr im diese Idee wirklich gefiel. Es kam ihm äußerst gelegen, wenn er seine volle Aufmerksamkeit auf seinen eigentlichen Auftraggeber und dessen Schutz legen konnte. Kaum hatte er das ausgesprochen, klingelte auch schon das kleine Glöckchen, das die Ankunft von neuen Gästen verkündete. Ein gut gekleideter Herr trat herein, gefolgt von weiteren Männern. Das war er, der Auftraggeber, Ren Nikaido, keine Zweifel. Die lange Narbe, die sich beinahe über seine gesamte linke Gesichtshälfte zog und die schwarzen, zurückgegelten Haare verrieten ihn sofort. Bereits der Mangel eines Lächelns auf seinen Lippen und die ernsten Augen ließen erahnen, dass er ein Mann war, der nur ungerne scherzte. Wenn es um seine Geschäfte ging, war er äußerst ernst, man versuchte lieber nicht, ihn zu verarschen, denn das konnte nur zu schnell blutig enden. Auch für Hyuns Wohlergehen war es wichtig, dass der heutige Deal auf keinen Fall platzte. Zwar würde er vermutlich mit seinem Leben davonkommen, wenn er seinen Auftrag verhaute, doch ob das unbedingt viel besser war? Einen Moment lang nahm er Augenkontakt mit dem Blonden auf, ehe er sich dem Barkeeper zuwendete, der sie gelassen herbeiwinkte. Auf seinen Fersen folgte ein weiterer Mann, ebenfalls im ordentlichen Anzug und runder Brille auf der Nase. Er war sogar noch größer als der Pan. Wenn man ihn so ansah, könnte man fast glauben er wäre ein gewöhnlicher Bürofuzzi. Nichts an seinem Aussehen ließ erahnen, was er eigentlich trieb, außer vielleicht die Tattoos auf seinen Handrücken oder die eingefärbten Strähnen, doch auch normale Leute besaßen diese Dinge heutzutage. Die restlichen Kerle, die folgten trugen ausschließlich gewöhnliche Hemden, es lag also nahe, dass es sich bei ihm um den Kopf der Bande, die den Deal mit Ren schließen wollten, handelte. Viele Infos hatte Hyun über diesen Typ nicht erhalten, er wusste nur seinen Namen: Kenji Suta. Vermutlich war es aber auch bei ihm besser, vorsicht walten zu lassen, denn er war nicht alleine hier. Es wäre wohl sinnvoll, sich möglichst schnell bei allen von ihnen auf die gute Seite zu schlagen. Von all seinen Gedanken ließ er sich jedoch nichts anmerken, stattdessen blickte er zu seiner 'Kollegin'. "Das sind sie doch bestimmt, oder?" Als hätte der Barkeeper seine Frage gehört, deutete dieser auch schon auf die bisher eher ziellos herumstehenden Aushilfskellner. "Die zwei werden heute dafür sorgen, dass Sie bestens versorgt sind." Instinktiv korrigierte Hyun seine Haltung, streckte seinen Rücken und zog die Schultern zurück. Jetzt wurde es ernst. "Genau. Freut mich, Sie heute bedienen zu dürfen." Mit einem Lächeln auf den Lippen schritt er auf die Traube an ziemlich gefährlich aussehenden Männern zu und verneigte leicht den Kopf vor ihnen, ließ dabei den Blick etwas länger auf seinem Auftraggeber ruhen. "Würden Sie uns bitte folgen?" Zwar hatte man ihm nie gesagt, wo genau er die Gäste absetzen sollte, aber bei ihrer Anzahl gab es eigentlich nur eine Möglichkeit: der Nebenraum, der bereits mit einem 'reserviert'-Schildchen versehen wurde. Das Herz des Pan schlug schnell, auch, wenn er eigentlich wusste, dass er noch nichts zu befürchten hatte. Bisher gab es schließlich noch keine Probleme. Die Gäste fanden sich schnell auf ihren Plätzen ein und ließen die Augen über die bereitgelegten Getränke- und Speisekarten wandern. Seine eigene Aufmerksamkeit wanderte für den Moment wieder zurück zu seiner blonden Begleiterin. "Das sind deutlich mehr Leute als gedacht." Das stimmte tatsächlich. War der Brillenträger etwa mit seiner gesamten Belegschaft angerückt? Er durfte nicht vergessen, dass diese Leute eigentlich auf seiner Seite waren, sie wollten, genauso wie er, dass dieser Deal stattfand. Allerdings befand sich in diesem Restaurant auch mindestens eine Person, die genau dies verhindern wollte und Hyun wusste noch nicht, um wen es sich dabei handelte. Dieser Gedanke war es wohl, der ihn so nervös machte. Dass seine einzige Vermutung bisher Mary war, machte es nicht besser. Seine Anhaltspunkte waren schwammig und gleichzeitig war sie die, auf dessen Hilfe er angewiesen war, wenn er dafür sorgen wollte, dass er selbst nicht aufflog und die Gäste auch als Kellner zufriedenstellte. Es war ein unangenehmer Zwiespalt. Seine Hand wanderte an den Hinterkopf seines vierbeinigen Kumpels, der ihn anblickte. "Es ist wohl besser, wenn ich Chime irgendwo ablege ...", sprach er eher zu sich selbst und ließ den Kopf kurz den Raum wandern. Falls er den Mischling benötigte, sollte dieser unbedingt in der Nähe sein, er konnte ihn nicht einfach in einem Pausenraum zurücklassen, weshalb er sich entschloss, ihn neben dem Eingang zu diesem Raum Platz machen zu lassen. Fühlte sich falsch an, aber als Kellner konnte er auch nicht konstant sein 'Haus'tier so nah an die Gäste heranführen. Die erste von diesen schlossen bereits ihre Getränkekarten und blickten erwartungsvoll zu den Kellnern.
Da begann sie also: Ihre "richtige" Arbeit. Mary befand sich zwar für ihre Gilde auf einem Level, wo man sie auch tatsächlich als Kellnerin irgendwo aushelfen lassen würde, doch diesmal hatte sie ein viel wichtigeres Ziel. Die Baumgardner wusste, dass sich in diesem edlen Etablissement zwei Lokalkriminelle treffen würden, um einen Deal auszuhandeln und sie war damit beauftragt worden, diesen um jeden Preis zu vereiteln. Die Polizei von Maldina Town hatte nicht genug handfeste Beweise, um die Anführer der Bande und den Waffenhändler auf dem Rechtsweg zu belangen, weshalb es an den Satrys war, sie mit subtileren Mitteln zu sabotieren. Subtilität war zwar nicht unbedingt das Aushängeschild des Füllhorns, wohl aber kümmerte sich die Gilde um ihre Heimat und die Menschen dort. Und eine Waffenlieferung würde niemandem etwas bringen, außer vielleicht den Geldbörsen von zwielichtigen Organisationen, die für Mary keine Daseinsberechtigung hatten. Die Baumgardner hatte kein Verständnis für Verbrechen, die aus Boshaftigkeit und Raffgier begangen wurden. In ihrer naiven Weltansicht gab es dafür keinen Platz, denn eigentlich sollen alle doch nett und freundlich zueinander sein. Diese Ansicht war derselbe Grund, weswegen sie Hyun mit solch offenen Armen empfangen hatte und ihm eifrig alles erklärt hatte, was sie von ihren Erfahrungen als Kellnerin kannte. Sie bekam bisher das Gefühl, dass dieser junge Mann eine harte Schale, aber einen durchaus weichen Kern besaß, so oft wie er sie lobte und komplimentierte. Vielleicht war er einfach dankbar für so ein wenig Führung? Sie wusste, dass sie auf jeden Fall dankbar gewesen war, als man ihr im Gildenhaus geholfen hatte. Beinahe hätte sie diese Sache angesprochen, doch mit einem Blick auf die schwarze Spitze, die ihr Gildenzeichen bedeckte, schluckte Mary dieses Thema herunter. Sie durfte sich nicht offenbaren, auch nicht gegenüber Zivilisten. Und Mary war nicht dämlich: So ein Hundewesen lief einem vermutlich nicht einfach so zu. Hyun hatte sicher auch eine Geschichte zu erzählen, aber nachbohren wollte sie nicht. Jeder hatte eine zweite Chance verdient und sie würde ihm nicht im Weg stehen, wenn er hier nach Krankheit und Strapazen ein neues Leben zu beginnen anstrebte!
Mary nahm Haltung an und zupfte ein paar Haarsträhnen zurecht, als die Ehrengäste des Abends eintrafen und zu der besonderen Raumaufteilung geleitet wurden. Die goldenen Augen des Mädchens fuhren neugierig und aufmerksam über die teure Kleidung und das Aussehen der Anwesenden. Offiziell handelte es sich hierbei um eine Geburtstagsveranstaltung, doch zum Feiern aufgelegt waren die Herrschaften wohl kaum. Sie sahen eher aus wie Büroleute, die sich zum Firmenessen trafen. Die Anführer stachen heraus wie die Hirten in einer Schafsherde. Wer von ihnen der Boss und wer der Händler war, das wusste Mary nicht, doch sie würde es ohne Zweifel zum Ende des Abends herausgefunden haben. Leicht nickend bestätigte die Baumgardner Hyuns Sorge, dass es hier so viele Leute gab. Das machte die Angelegenheit unübersichtlicher und ein potentielles Auffliegen brandgefährlich. Die Lichtmagierin machte sich nicht die Illusion, dass diese Personen unbewaffnet waren. Wenn sie etwas ausrichten wollte, dann musste sie versuchen kein großes Aufsehen zu erregen. Zunächst war es wichtig, dass sie alle nötigen Informationen einholte: Sie musste nicht unbedingt die Veranstaltung an sich sprengen, wenn sie wusste, wo und unter welchen Bedingungen der Handel stattfinden würde. Kurz blickte Mary Chime hinterher, dann klopfte sie Hyun bestärkend auf den Arm. "Ganz ruhig!Wir schaffen das!" Diese Rückversicherung galt auch ihr selbst, denn sie spürte Nervosität aufsteigen.
Noch einmal straffte Mary ihre Haltung, dann griff sie an der Kellnerstation nach einer weißen Schürze und legte sie sich um die Hüfte. In der Bauchtasche befand sich ein Notizblock und ein Tintenschreiber. Damit erkannte man sie auch als Belegschaft und nicht als Gast, obwohl sie sich ziemlich herausgeputzt hatte. Mary war es nicht gewöhnt, dass man ihrer Erscheinung viel Beachtung beimaß, doch als sie an den Tisch trat und die Anwesenden anlächelte, strahlte ihr deutlich mehr Freundlichkeit entgegen, als sie sonst gewohnt war. Vielleicht hatte Esmée ja doch irgendwie Recht damit, dass man mit den richtigen Kleidungsstücken Effekte erzielte ... "Guten Abend und willkommen im Hidden Gem. Mein Name ist Mary - haben sich die Herrschaften bereits für ein Getränk entschieden?" Sie nickte Hyun zu, damit dieser von der anderen Seite des Tisches seine Runde beginnen konnte und notierte Getränkewünsche, die wie im Stakkato hervorgeschossen kamen. Viele orientierten sich nach den beiden Brillenträgern und die meisten der Getränke hatten Alkoholgehalt. Das mochte nicht schlecht sein - wenn sie dafür sorgen konnte, dass die Drinks in Strömen flossen, verplapperte sich vielleicht einer der Gefolgsleute. Mit einem Lächeln schrieb Mary all die Wünsche mit, stellte sicher, mit jedem der Gäste einen kurzen Blickkontakt aufzubauen und am Ende eine kleine Verbeugung anzudeuten, ehe sie das private Zimmer verließ und sich gen Bar aufmachte. Der Barkeeper stöhnte leise auf, als er die Bestellung vernahm und machte sich an die Arbeit, während Mary sich aufmerksam im Restaurant umsah. Durch den Durchgang konnte sie einen Teil von Chime sehen, aber auch die Leute, die langsam begannen, sich zu unterhalten. Die Stimmung wirkte gelassen, doch wer genau darauf achtete, mochte erkennen, dass es ganz klar zwei Lager in dieser Sitzgruppe gab und diese sich nicht miteinander, sondern nur untereinander unterhielten. Interessant ...
Da waren sie endlich, sein Auftraggeber und dessen Kunden. Keiner dieser Männer sah aus, als könnte man gut mit ihm Kirschen essen und obwohl er sie eigentlich auf seiner Seite hatte, konnte er eine gewisse Nervosität nicht verhindern. Er wusste durchaus, wie man mit solchen Leuten umging, das hier war schließlich nicht das erste illegale Geschäft, in das er verwickelt war, doch die Situation war anders. Er war nicht nur ein Laufbursche oder gar der Kunde, er war der Bodyguard. Von ihm ganz alleine hing womöglich ab, ob dieser Deal stand oder fiel, eine große Verantwortung, die er lieber nicht tragen würde - wenn er denn eine Wahl gehabt hätte. Mit einem tiefen Schnaufer versuchte er, seine Nerven zu beruhigen, die sich nur noch weiter anspannten, als er sich von Chime entfernte. Auch wenn sein Begleiter nicht aus der Welt war, fühlte er sich unwohl, sobald dieser nicht an seiner Seite klebte. "Ich bin doch die Ruhe in Person", scherzte er und schenkte dem kleinen Mädel an seiner Seite ein aufrichtiges Lächeln. Sie konnte einem schon Leid tun, wenn man bedachte, dass sie ihn dabei ermutigte, einen Deal zu fördern, der der Verteilung von Waffen förderte. Er würde es ihr gönnen, wenn sie dieses Detail niemals herausfand, doch er konnte für nichts garantieren, falls sie sich als der Magier entpuppte, der diese Verhandlung stören sollte. Mit einem letzten kurzen Blick zu seinem Lieblingsmischling tat er es seiner Kollegin gleich und schnappte sich seine Kellnerausrüstung. Im Gegensatz zu ihr band er sich die lächerlich hässliche Schürze allerdings nur locker um die Hüften, ließ sie lässig herunterhängen. Wenn er schon gezwungen war, sich in Abendkleidung zu quetschen, dann sollte man diese auch sehen! Nachdem er sich von der Blonden eine Tischhälfte hatte zuteilen lassen, ging es endlich ran an den Speck. Die Zeit, in der er ihr passiv hinterher schleichen konnte, war nun vorbei. Er zog seine Krawatte fest, ehe er sich daran machte, sämtliche Bestellungen, die ihm entgegen flogen, aufzufangen. "Willkommen! Der Name ist Hyun, Sie dürfen mich heute den gesamten Abend ertagen." Die Eleganz und Höflichkeit der Baumgardner besaß er sicherlich nicht, das war einfach nicht seine Art. Glücklicherweise wusste er genau, dass die Leute, die an diesem Tisch saßen, sich nicht weniger dafür interessieren würden, wie er quatschte. Aufmerksam notierte er sich alle möglichen Getränke, darunter auch das seines Auftraggebers. Wie praktisch, dass Mary ihm ausgerechnet dessen Seite überlassen hatte. Dadurch hatte sie zwar die Kontrolle über die des Gangbosses, doch das war ein fairer Kompromiss. Damit konnte er leben. Mit seinem Zettel im Schlepptau begab er sich zum Barkeeper. Dieser seufzte nur noch tiefer. Sollte er doch froh sein, dass es sich bei den wenigsten Bestellungen um aufwändige Mischgetränke handelte. Hyun hingegen war alles andere als froh, wenn er bedachte, wie viel Alkohol fließen würde. Betrunkene Menschen waren dumm und Dummheit konnte er heute absolut nicht gebrauchen. Er grübelte einen Moment, ehe er ruckartig die Hand über seinen Zettel legte, als der Keep diesen an sich nehmen wollte. "Moment", erbat der Blonde, ehe er seine Stimme senkte. "Du bist doch gut in dem, was du tust, oder? Du kannst doch sicherlich die Alkoholmenge in den Getränken reduzieren, ohne, dass jemand etwas merkt, oder?" Die Art, wie er seine Worte wählte, war kein Zufall, er forderte den Schwarzhaarigen hinter dem Tresen ganz bewusst unterschwellig heraus. Für den Fall, dass Mary mithörte, gab er auch schon die perfekte Ausrede: "Ich möchte nicht, dass ein paar Trunkenbolde hier am Ende randalieren." Machte doch Sinn, oder? Sein Blick lag ruhig auf seinem Gegenüber, der noch überlegte. Leute um ihren Alkohol zu bringen war nicht gerade aufrichtig, gleichzeitig hatte es aber nur Vorteile für ihn: keine spätabendliche Randale und er konnte beweisen, was er drauf hatte. "Wenn der Chef das rausfindet, bringt er mich um. Und die Gäste erst recht." Lässig lehnte sich Hyun auf die Theke, ließ sich von den Worten nicht aus dem Konzept bringen. "Und wieso sollte es jemand herausfinden? Ich dachte du bist gut." Seine Finger strichen einige der Pappuntersetzer ein, die bereitlagen, seine Seelenspiegel beobachteten jedoch noch immer dem Schwarzhaarigen. Er zückte seinen Kulli. Ein Strich, noch ein Strich, das Gildenzeichen der Crusaders, Strich. Er hatte sich genau gemerkt, wo der Boss saß. Die Teile waren nicht nur ideal, um die Menge an Drinks zu notieren, die jeder bestellt hatte, sie waren auch ideal, um eine kleine Botschaft zu überbringen. Der Getränkemischer zögerte noch immer.
Es dauerte nicht lange, bis Hyun zu Mary aufschloss und die Getränkewünsche seiner Tischhälfte an die Belegschaft übergab. Der unfreiwillige Kollege der Baumgardner war gerade so lange weg, dass sich die Lichtmagierin einen Überblick über die Gäste am Tisch, die Ausgänge des Restaurants und die Zivilisten machen konnte. Unter dem Vorwand, das Tablett noch einmal ordentlich abzuwischen, hatte sie allen Besuchern des Hidden Gem einen kurzen Blick zugeworfen, um sicherzustellen, dass sich das "besondere" Klientel ausschließlich auf den Privatraum konzentrierte. Zur Not würde man durch ein Schließen der Türen für zusätzlich Isolation sorgen können. Mary wollte nicht etwa den Verbrechern Maldinas etwas Privatsphäre gönnen, sondern spekulierte natürlich darauf, möglichst viele Unschuldige zu beschützen, wenn es am Ende zu einem Kampf kam. Das war allerdings eindeutig die letzte Möglichkeit, die von dem Landei in Betracht gezogen wurde, solange eine friedliche und subtile Lösung noch möglich war. Selbst wenn der Deal stattfand, war es nur wichtig, dass sie alle Informationen erhielt, was dessen Lage und Zeitpunkt anging - die Polizei der Stadt würde sich gewiss auch mit einer ausgedehnten Razzia zufrieden geben. Wichtig war also vor allem dafür zu sorgen, dass die Zungen der besonderen Besucher gelockert waren und für dieses Unterfangen war der Konsum von Alkohol essentiell. Zwar glaubte Mary nicht, dass die Handlanger wirklich mehr als Statisten waren oder wichtige Informationen besaßen, aber selbst die dritte Geige konnte sich verplappern. Wenn sie also dafür sorgte, dass die beiden Lager sich nicht einig wurden, ja sogar gegeneinander arbeiteten und für Chaos sorgten, dann mochte sich der Boss einer der Fraktionen dafür entscheiden, dass man miteinander keinen grünen Zweig fand ... In der Theorie soweit gut durchdacht, doch die Praxis ...
Hyun machte Mary durch seine Umsichtigkeit einen Strich durch die Rechnung. Eine solche Besorgnis um das Wohlergehen anderer hätte sie ihm spontan nicht zugetraut, weshalb das Landei ihren Kollegen bei seinem Plausch mit dem Barkeeper auch recht verwundert anglubschte. Er wollte genau das verhindern, worauf Mary spekulierte! Nun, wenn es hier wirklich rein um Ordnung ging, dann mochte er schon Recht haben, doch die Baumgardner konnte diese Taktik auf gar keinen Fall durchgehen lassen, deshalb musste sie sich schnell Gegenargumente einfallen lassen. Mit den bereits fertig gemischten Getränken auf ihrem Tablett ließ Mary daher die Augen von zögerndem Barkeeper zu genialem Hyun schweifen. "Moment - das mag ja stimmen, Hyun, aber die sehen doch ziemlich schick aus. Ich glaube nicht, dass die Unruhe stiften werden, nicht vor ihren Vorgesetzten vom Büro. Abgesehen davon muss man echt vorsichtig sein, wenn man bei Mischgetränken herumexperimentiert - was, wenn sich jemand beschwert?" Das schien den etwas ängstlichen Barkeeper durchaus zu beunruhigen, denn er hielt mit seiner Sodaflasche soeben inne und gab nun den beiden Kellnern einen verwirrten Seitenblick. "Ich schlage vor, wir befolgen die Bestellungen erstmal genau und wenn sich zeigt, dass sie über die Stränge schlagen wollen, dann reduzieren wir den Alkoholgehalt langsam. Dann bekommen sie das weniger deutlich mit. So haben das meine Eltern auch bei Raufbolden gemacht." Das stimmte tatsächlich. Ob sie mit ihrem Vorhaben nun wirklich Erfolg haben würde, wusste sie jedoch nicht, denn mit einem intensivem Blick auf den Barkeeper musste sich die Baumgardner schon zurück ins Getümmel stürzen. Sie meinte jedoch zu erkennen, dass der Angestellte nach einigen verwässerten Getränken ein paar reguläre Schüsse von dem "guten Stoff" in die restlichen Getränke gab und dessen Hände etwas zitterten.
Von irgendwelchen geheimen Nachrichten bekam Mary nichts mit, da ihre Konzentration auf dem Alkoholthema und dem Tisch gelegen hatte. Von daher bewegte sich Hyun bisher gänzlich unter dem Radar der Baumgardner und auch sein Vorschlag kam ihr nicht verdächtig vor, sondern lediglich ein wenig arbeitsfaul. Natürlich wollte er hier keinen Stress, weil er den aufräumen musste ... Heh. Lächelnd verteilte Mary Untersetzer und Getränke. Einige der Handlanger ignorierten ihre Präsenz, andere stoppten ihre Gespräche und wieder andere besaßen genug Manieren, um sich bei ihr zu bedanken. So auch der Gangboss, der Mary sogar scheinbar aufrichtig zulächelte. Es hatten sich bereits einige Gesprächsfäden gesponnen, doch im Gewirr der Stimmen konnte sie keine Details ausmachen. Stattdessen zückte sie ihren Notizblock und begann die Gäste nach ihren Speisewünschen zu fragen. Diese waren deutlich umfangreicher und komplexer als die Getränke, doch es gab ihr auch die Möglichkeit, unauffällig in Jacketttaschen, auf friemelnde Hände und besonders auf Tuscheleien zu linsen. Hatte der Gangboss da ein Zettelchen unter der Hand an seinen Sitznachbarn geschoben? In jedem Fall blickte dieser Scherge plötzlich unter die Tischplatte und ließ seinen Blick dann misstrauisch über die andere Tischgruppe schweifen. In der Unterwelt von Fiore war man wohl nicht direkt beste Freunde, nur weil man Verhandlungen miteinander tätigte ... Doch ob sie das ausnutzen konnte? Mary war nicht gerade eine Gangsterin ...
Mit wohl durchdacht gewählten Worten bemühte sich der Blonde, den Barkeeper dazu zu bewegen, mit seinem Alkohol ein wenig sparsam umzugehen. In seinen Augen brachte dieser Vorschlag nicht nur für ihn Vorteile, sondern auch für seine Kollegin und den gesamten Schuppen. Ein Haufen betrunkener Idioten machte immer Probleme, ob es sich dabei um Bandenmitglieder handelte oder nicht. Das war eine Information, die neben ihm und den Betroffenen eigentlich nur eine weitere Person wissen müsste. Dass er immer noch nicht wusste, wer es war, sorgte bei ihm für zunehmend mehr Unbehagen. Vielleicht der Barkeeper? Zögerte er womöglich deswegen so sehr, auf den Deal einzugehen? Allerdings arbeitete der doch immer hier, oder? Das machte es äußerst unwahrscheinlich, dass es sich bei ihm um einen angeheuerten Magier handelte. Marys Widerworte rissen ihn aus seinen Gedanken. Sie beharrte wirklich darauf, der Truppe die volle Dröhnung zu geben? Er verschränkte die Arme vor der Brust. Das machte doch keinen Sinn, schließlich bedeutete das nur noch mehr Arbeit für sie. Aber da war noch eine andere Sache, die ihn stutzig werden ließ: "Vorgesetzten?" Entweder sie hatte sich beim Questzettel verlesen oder sie hatte sich verplappert. "Das ist doch ein Geburtstag. Wie kommst du darauf, dass hier irgendwelche Vorgesetzten unterwegs sind?" Sie hatte zwar von Büro gesprochen, doch dieses kleine Detail schob er vorerst beiseite. Damit sein Misstrauen nicht zu offensichtlich wurde, griff er direkt noch das eigentliche Thema auf: "Letztendlich mischt doch jeder seine Getränke anders. Wieso sollte sich da direkt jemand beschweren?" Er zuckte mit den Schultern. Das war eine Sache, die er sogar selbst bestätigen konnte. Natürlich konnte er das in dieser Diskussion nicht einfach zugeben, das passte überhaupt nicht in das Bild, das er sich aufgebaut hatte, aber er war nunmal eine Person, die sich nur zu gerne irgendwo volllaufen ließ - ob in irgendeiner Bar, Kneipe oder zuhause. Alkohol war nunmal super, um den Bullshit, der die Realität nunmal war, zu verdrängen. Selbst im selben Laden konnte sogar etwas simples wie Rum-Cola vollkommen anders schmecken, wenn ein anderer Barkeeper am Start war. "Tss, ich halte dir die Idioten dann sicherlich nicht vom Leib", murrte er leise und schüttelte den Kopf. "Wenn sie mal besoffen sind, dann ändert die reduzierte Menge auch nichts mehr. Aber wie du willst. Du wirst schon wissen, was du tust. Schließlich hast du ja von uns beiden die Erfahrung.", ergänzte er lauter, zwang sich dabei ein Lächeln auf die Lippen. Die Blonde zog schließlich wieder von dannen, während Hyun noch auf den Rest der Bestellungen warten musste. Sein Blick folgte noch kurz der Kleinen, ehe er sich wieder dem Keep zuwendete. "Nur damit das klar ist, das hier ist nicht länger eine Bitte. Wenn sie schaut, darfst du gerne so tun als ob. Ansonsten: Finger weg von größeren Mengen an Alkohol. Haben wir uns verstanden?" Er hob das Kinn ein wenig an und strich mit seinem Finger in einer schneidenden Bewegung an der Kehle entlang. Das wollte der Schwarzhaarige doch nicht oder? "Nur wegen ein bisschen Alkohol musste doch keiner hier sein Leben riskieren, oder?" Seine Stimme war gedämpft, aber klar und deutlich. Es war eine leere Drohung, doch woher sollte das irgendjemand wissen? Er nahm die restlichen Getränke aus den zitternden Fingern des verschreckten Kerls und begab sich zurück zu seinen Klienten. Ein höfliches Lächeln ruhte auf seinen Lippen, ganz, als hätte er nicht vor wenigen Augenblicken noch damit gedroht, jemandem das Leben zu nehmen. Vielleicht nicht so geschickt wie die Baumgardner, aber dafür umso konzentrierter, verteilte er die Gläser an die Herren, wohl bedacht darauf, an der richtigen Stelle den Untersetzer mit seiner Nachricht zu platzieren. Er schenkte dem Waffenhändler ein besonders freundliches Nicken, ehe er auch schon die nächsten Bestellungen aufnahm. Naürlich lagen alle der gewünschten Gerichte in der höheren Preisklasse. Steak, Schweinemedallions, Fischfilet. Nebenbei lauschte er noch ein wenig den laufenden Gesprächen, schnappte jedoch nichts wirklich Relevantes auf, weshalb er sich entschied, erst einmal seinen Bestellungszettel in der Küche abzugeben. Sein Schritt war schnell, der Gedanke, dass Mary mit seinen Klienten alleine war, gefiel ihm zunehmend weniger. Er konnte das Gefühl einfach nicht abschütteln, dass sie irgendetwas im Schilde führte. Genug handfeste Beweise, um sie darauf anzusprechen, hatte er aber auch noch nicht. Schließlich bedeutete solch ein Gespräch, dass er selbst sich als Undercovermagier mit schlechten Intentionen outete. Etwas, das er nur ungern tun wollte, solange die Chance bestand, dass Mary doch nur eine Zivilistin war. Als er zurückkehrte, fiel sein Blick sofort auf die zwei Bosse, die ihre Gespräche mit ihren Schergen hinter sich gelassen hatten und sich miteinander beschäftigten. Ihren Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, hatten sie endlich mit den Verhandlungen begonnen. Die Luft war dick, vorerst jedoch nichts, worüber er sich Sorgen machen wollte. Wenn es um Geld ging, gab es nunmal keine Freunde, sondern nur Feinde. Das machte die Sache allerdings um so schwieriger für ihn, denn wenn jemand eingreifen wollte, dann war es äußerst wahrscheinlich, dass er es jetzt tat. Er verschränkte die Arme vor der Brust, hielt seinen Blick gezielt von der Baumgardner fern. Natürlich könnte er selbst einschreiten und versuchen, die Wogen zu glätten, um sie zu einer zügigen Einwilligung zu ermutigen, doch ein unnötiges Einmischen konnte genauso gut nach hinten losgehen. Lieber trat er erst einmal einen Schritt zurück und beobachtete. Vielleicht konnte er so ja seinen Widersacher auf frischer Tat ertappen und daraufhin aus dem Weg räumen?
Natürlich handelte es sich hier um eine Geburtstagsfeier ... zumindest nach außen hin. Aber man brauchte nicht die Großfamilienerfahrung von Mary, um zu erkennen, dass die Leute hier definitiv keine Verwandten waren. Viel wahrscheinlicher war es, dass es sich hier um eine Firmenfeier handelte, wie sie manche große Nummern in der Geschäftswelt abhielten, um eine gewisse Bindung bei ihren Kollegen hervorzurufen. Soetwas hatte es ein oder zweimal in Alcea gegeben, auch wenn dort die "Firmenleute" eher aus Großbauern bestanden hatten, die das Gasthaus ihrer Eltern besucht hatten wie den Audienzsaal eines Königs, um das Land unter sich aufzuteilen und zu verhandeln. Auch dort im ländlichen Raum konnten die Diskussionen schon einmal hitziger werden (gerade wenn Alkohol involviert war), doch hier handelte es sich natürlich um eine deutlich schwierigere Angelegenheit. Es ging nicht um ein paar Zäune und Kuhherden, sondern um Waffen und vielleicht sogar Menschenleben. Mary warf Hyun einen Blick zu, als dieser aus der Küche zurückkehrte und sie ihrerseits den Weg antrat, dem aufgeblasenen Koch die Essenswünsche der Gäste zu geben. War Hyun einfach etwas verquer und starrsinnig, oder unsicher? Er hielt sich in ihrer Nähe auf, was durchaus an seiner Unerfahrenheit liegen konnte, doch so wie er ab und an reagierte, schien er eine recht kurze Lunte zu besitzen, was Opposition anging. War das vielleicht der Grund, weshalb er noch einmal neu anfangen wollte, oder führte er mehr im Schilde? Sein seltsames Tierchen, wenn auch süß, war ja durchaus ungewöhnlich, allerdings lebten in Maldina Town ja alle möglichen Gestalten.
Nach einem kurzen verbalen Austausch mit dem Koch nahm sich Mary ein Tablett und ließ den Blick über die Vorspeisen wandern. Salate, Suppen - das Übliche. Sie standen in einer perfekten Reihe nebeneinander, nur darauf wartend, dass Mary sich nützlich machte. Die anderen Angestellten wuselten bereits durch die Küche und obwohl ihre eigenen Bestellungen gerade erst abgegeben worden waren, schien das Essen hier wirklich verlockend zu sein. Nicht, weil Mary spontanen Hunger bekommen hätte, sondern weil sich in ihrem Kopf so allmählich eine Idee manifestierte. Noch einmal vergewisserte sich die Baumgardner, wo die Suppen sich befanden, dann griff sie nach einigen der Brotkörben und machte sich auf dem Weg zurück zum Esszimmer, da auch sie Hyun nicht unnötig lange alleine lassen wollte. Sie wusste ja, um wen es sich hier handelte und sie wollte ihn nicht in Gefahr bringen, wenn er nun doch nur ein Zivilist sein sollte. Bewaffnet mit dem Brot betrat Mary also das private Zimmer und sah sich einen Moment um. Die Luft war dick, man konnte sie mit dem Blick fast schneiden. Es gab keine Zeit zu verlieren. "Hier ist schon einmal das Brot, die Herrschaften~", flötete Mary und setzte die Körbchen mit Schwung auf dem Tisch - mit zuviel Schwung. Gerade setzte nämlich eine Person dazu an, nach ihrem Getränk zu greifen und kreuzte damit scheinbar sehr unglücklich den Servierversuch der Lichtmagierin, was dessen Getränk dazu brachte, sich über den Schoß des Sonnenbrillenträgers zu ergießen. Beinahe augenblicklich wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht des Übeltäters - weit mehr als es für einen solchen Fauxpas normal war. Der Sonnenbrillenträger stellte mit ausdruckslosem Gesicht sein Glas zurück auf den Tisch und erhob sich, die Hände von sich gestreckt. Marys wortreiche Entschuldigungen und Bemühungen, den Tisch und den Sitzplatz sofort mit einem Tuch zu reinigen wurden mit einem Lächeln abgetan und er entschuldigte sich einen Moment zum Badezimmer, um das Malheur zu beseitigen. Mary, die auf die Knie gegangen war, um den Stuhl vorsichtig von roten Flecken zu befreien spähte über die Tischplatte und machte sich daran, ihm zu folgen. "Lassen Sie mich Ihr Jackett saubermachen, mein Herr!", rief sie dem Sonnenbrillenträger noch hinterher, der tatsächlich stehen blieb, kurz zögerte und dann mit angewidertem Gesichtsausdruck Anstalten machte, der Jugendlichen mit den großen Augen seine Jacke zu übergeben. Dafür musste Mary nur den privaten Saal verlassen, an Chime und Hyun vorbei und konnte dann bei der "Reinigung" auf Spurensuche gehen ... klang doch soweit solide. Bisher schien ihre vollkommen unbeeindruckende Gestalt wenigstens zu ihrem Gunsten auszufallen ...
Alter, scheiße. Das war ja mal voll nicht der Plan gewesen. Wieso hatte der Pan sich nochmal gedacht, dass abwarten und beobachten die beste Taktik war? Er war sich ziemlich sicher, dass sogar er fähiger war, erfolgreich einen Brotkorb auf dem Tisch abzustellen als seine doch eigentlich erfahrenere Kollegin. Was an einem normalen Tag kaum mehr als ein peinlicher Fauxpas war, war heute potentiell so viel mehr als das. Vor allem, da der Getränkeschwall nicht irgendeinen Schergen traf, sondern den verfickten Boss. Seinen verfickten Boss! Für einen Moment wich die Gelassenheit aus dem Gesicht des Blonden, als sich der Sonnenbrillenträger ruckartig aus seinem Stuhl erhob und mit missbilligendem Blick die tiefroten Flecken auf seinem Hemd und Jackett betrachtete. Fuck, hatte die Baumgardner überhaupt irgendeine Ahnung, was diese Sache für Hyun bedeuten konnte? Oder war das etwa Absicht gewesen? Auch, wenn sie sich zehnfach, vielleicht sogar hundertfach entschuldigte, langsam hatte er keine Lust mehr, ständig ein Auge bei ihr zuzudrücken. Spätestens jetzt, wo sie dem Dunkelhaarigen hinterher eilte, um ihm seine verschmutzte Kleidung abzunehmen und zu reinigen, musste der Pan eingreifen. Irgendjemanden mit den Besitztümern seines Bosses abhauen lassen würde er garantiert nicht zulassen. "Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment, die Herren. Ich besorge eine frische Tischdecke und einen neuen Stuhl." Er neigte den Kopf, ehe er kehrt machte, um an dem Auftraggeber vorbei aus dem Raum zu huschen, seiner Kollegin hinterher. Bevor er jedoch weit kam, hielt ihn eine Hand auf der Schulter zurück. Fuck. "Einen Moment, bitte." Er schluckte und drehte sich dem nur minimal größeren Mann zu. Dieser brauchte ihn überhaupt nicht zu überragen, um ihn mit seiner Präsenz zu erschlagen. "Was gibt es, der Herr?" Er wollte es überhaupt nicht wissen, doch weglaufen konnte er schlecht. "Ich bin davon ausgegangen, dass Sie dafür sorgen, dass heute alles glatt läuft." Er sprach leise, aber nachdrücklich. Hah, ja. Das war der Plan gewesen. Dass dieser ein wenig nach hinten los ging, konnte er nicht verneinen. Er verkniff sich eine sarkastische Bemerkung, setzte stattdessen ein entschuldigendes Lächeln auf. "Natürlich. Dieser Zwischenfall tut mir äußerst Leid." Wie er es hasste, das beschwichtigende Würmchen zu spielen. Doch was hatte er für eine Wahl? Dieser Kerl war eine ganz andere Klasse und dazu auch noch der Auftraggeber. Wäre letzteres nicht der Fall, hätte er trotzdem aufgemuckt, aber so? Er konnte schlecht zu seiner Gilde zurückkehren und erklären, dass er mit dem Boss einen Streit vom Zaun gebrochen hatte. So lief das nicht. "Kümmern Sie sich darum, dass uns dieses Weib nicht erneut dazwischen funkt." Er nickte. Was dachte der Kerl bitte, was sein Plan gewesen war?! Um diesen auszuführen, musste man ihn aber auch gehen lassen! Netterweise tat der Sonnenbrillenträger genau das, jedoch nicht, ohne ihm noch einen ordentlichen Schubs zu geben. Arschloch alter. Der Blonde klopfte mit der flachen Hand gegen seinen Oberschenkel, woraufhin Chime sich auch schon erhob und ihm folgte. Glücklicherweise stellte es sich nicht als große Herausforderung heraus, die Baumgardner wieder aufzuspüren. Es gab schließlich nur eine begrenzte Menge an Waschbecken in diesem Schuppen. "Mary." Er trat durch den Türrahmen und schloss die Tür. "Wir müssen reden." Seinen treuen Begleiter ließ er dahinter zurück, irgendjemand musste ja dafür sorgen, dass sie ungestört blieben. Das hier sollte schließlich ein privates Gespräch sein. Beinahe hätte ihm die Baumgardner ein wenig leidgetan, vielleicht wusste sie überhaupt nicht, wie ernst die Sache, in die sie sich gerade verwickelte, eigentlich war? Wusste sie, dass sie mit ihrem Verhalten den Blonden mächtig in die Bredouille brachte? Ob sie nun gerade wirklich dabei war, die Anzugjacke des Bosses zu reinigen oder nicht, war inzwischen gar nicht mehr so wichtig, denn so oder so stellte sie eine Gefahr für den Deal dar. Trotzdem war er neugierig. "Bist du wirklich nur eine tollpatschige Idiotin?" Wenn es sich bei ihr tatsächlich um eine Magierin handelte, hätte er wenigstens ein deutlich schlechteres Gewissen. Andererseits ließ sie sich als Zivilistin vielleicht auch einfach fortjagen? Er war sich nicht ganz sicher, welche der beiden Optionen ihm lieber wäre. "Eigentlich bin ich null daran interessiert, das hier zivilisiert zu klären, aber ich bin auch kein Arschloch, das einfach Frauen verprügelt, deshalb biete ich dir jetzt einmal an, dass du dich einfach von mir aus diesem Laden begleiten lässt und dich verpisst." Falls sie sich weigerte, dann musste er eben doch das Arschloch sein. Darum ließ er sich auch nicht zweimal bitten. War halt auch keine allzu große Sache, wenn er dafür danach in Ruhe sein Ziel verfolgen konnte. Ohne weitere 'versehentliche' Zwischenfälle. Das ging ihm inzwischen echt heftig auf den Sack und vielleicht nahm er die Sache sogar inzwischen persönlich.
Das Hemd des Bosses konnte sie nicht reinigen - jedenfalls nicht, ohne dafür zu sorgen, dass dieser Mann sich halb auszog, aber das Jackett hatte sie dank großer Augen erbeutet, die nicht nur aufgrund ihrer goldenen Farbe Honig um Mäuler schmieren konnten. Sie hielt das Kleidungsstück eng in den Fingern und verlor keine Zeit, um sich sofort in den Waschraum für die Kellner und Angestellten zu verziehen. Ein Etablissement wie dieses hier besaß Wasserlacrima und fließendes Wasser, dessen Temperatur man sogar einstellen konnte. Auf dem Weg hielt Mary kurz an einem Servierwagen für die Zubereitung von Salat und pflückte sich eine Flasche Essig, mit der sie tatsächlich kurz die Flecken behandelte, bevor sie sich übereilt daran machte, jede Tasche des Jacketts zu befühlen. Natürlich war der Boss gewiss auch in seiner Überrumpelung nicht so dumm, dass er hier Beweismittel einfach so übergeben würde, doch konnte er unmöglich ahnen, dass es sich bei Mary um mehr handelte als eine dümmliche Bedienung. Insofern rechnete er wahrscheinlich nicht damit, dass sie so gründlich vorging und auch nach geheimen Taschen suchte. Tatsächlich meinte sie etwas hinter der Innentasche zu spüren. Dafür musste sie jedoch einen der Fäden lösen, der diese Scheintasche verschloss. Mit einem Blick über die Schulter und einem Ohr auf den Gang friemelte Mary vorsichtig daran herum, bis sich ein schwarzer Faden löste und sie in die Tasche greifen konnte. Papiere, zusammengefaltet. Mary wollte sie gerade lesen, da hörte sie Schritte. In Panik stopfte sie sich die Dinger in ihr Kleid, strich den Stoff glatt, dass man von außen nichts mehr sah und versuchte ihr wild wummerndes Herz zu beruhigen und geschäftig auszusehen, als Hyun zu ihr aufschloss. "Ah, bin fast fertig - huh?" Das entschuldigende Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. Hyun schloss die Tür, was Mary dazu animierte, sich mit besorgtem Gesichtsausdruck umzudrehen und ihren Partner zu mustern. Die Sorge galt teilweise ihm, aber viel mehr dem Besprechungssaal, der nun unbewacht war. Falls die Anwesenden ohne die Papiere überhaupt ihre Besprechung abhalten konnten ... Das konnte Mary aber nicht wissen. Sie würde in einem günstigen Moment einen Blick auf diese Papiere werfen müssen, um zu determinieren, ob diese ausreichten, denn so langsam wurde es schwierig, dieser Angelegenheit Steine in den Weg zu legen, ohne auffallend zu sein. Offenbar machte sich auch Hyun Sorgen, denn er ...
... Bezeichnete sie als Idiotin. Mit einem Mal schlug die Stimmung in diesem kleinen Raum um. Von der kameradschaftlichen Höflichkeit war nichts mehr zu spüren, stattdessen hatte sich eine gewisse Kälte ausgebreitet, die der empathisch veranlagten Mary einen Schauder über den Rücken laufen ließ. Hyuns Worte halfen nicht wirklich, sie zu beruhigen. Von einem lockeren Gespräch hatte das hier nichts mehr. Die Baumgardner hatte sich bereits umgedreht und legte nun die Hände auf das Waschbecken hinter ihr, während sie Hyun stirnrunzelnd zuhörte. Sie achtete darauf, dass ihr linker Arm hinter ihrem Rücken verborgen war, auch wenn das Gildenzeichen darauf durch schwarze Spitze unmöglich zu erkennen sein würde. Sie wäre aber einfach abzureißen, sollte es wirklich zu einem Handgemenge kommen. Abschätzend beobachtete Mary Hyun. Würde sie ihn bekämpfen können? Nur, wenn sie vorher dazu kam, Magie einzusetzen. Und dann war da noch immer sein Tier. Hatte er sie absichtlich in diese Position gelockt, um sie einzuschüchtern? "Denkst du nicht, dass du etwas überreagierst? Wegen ein bisschen verschüttetem Wein muss doch niemand seine Schicht verlassen.", versuchte es Mary dennoch mit beschwichtigenden und freundlichen Worten. Niemand, der normale Anliegen hatte, drohte mit Prügel in solch einer Situation. Das Bauchgefühl der Baumgardner war also richtig gewesen - und somit hatten sich gewisse Prioritäten geändert. Sie konnte nur darauf vertrauen, dass der Deal für Hyun genauso wichtig war wie die Sicherheit der Zivilisten für Mary. "Was ist denn los?" Scheinbar eingeschüchtert drückte Mary ihren Rücken noch stärker gegen das Waschbecken, als wolle sie vor Hyun zurückweichen. Die Augen groß, folgte sie offenbar jeder seiner Bewegungen wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Die linke Hand, die mittlerweile wärmer wurde, als sie Mana darin sammelte, verbarg sie dabei noch immer hinter dem Rücken.
Eigentlich fühlte sich Hyun kein bisschen wohl, seinen vierbeinigen Begleiter auf der anderen Seite der Tür zurück zu lassen, schließlich war ein Teil seiner Kampfkraft an den Mischling gebunden. Gleichzeitig konnte und wollte er aber nicht riskieren, dass jemand versehentlich hier hinein platzte. Unbeteiligte in die Sache hineinziehen wollte er, wenn möglich, vermeiden. Leicht lehnte er sich gegen den Rahmen der Tür, die Arme vor der Brust verschränkt. Im Notfall konnte er Chime ja hineinrufen. Ein gutes Therapietierchen konnte schließlich auch Türen öffnen! Die Blonde verkündete, dass sie beinahe fertig wäre, drehte sich daraufhin aber doch dem Pan zu. Vielleicht hatte sie den Ernst der Lage an seinem Tonfall erkannt? Seine dunklen Augen ruhten aufmerksam auf ihr, falls die Situation kippte, wollte er es möglichst bemerken, bevor es zu spät war. Noch stand sein Angebot schließlich im Raum. Sie konnte sich bereit erklären, freiwillig zu gehen und so dafür sorgen, dass niemandem, auch ihr selbst, kein Haar gekrümmt werden würde. Es war so simpel, aber so, wie sie da stand, war er sich nicht sicher, ob sie es einfach machen würde. Ihm missfiel es, dass sie ihre Hände konstant hinter ihrem Rücken hielt. Versteckte sie etwas? Eine Waffe? Irgendetwas, das sie dem Auftraggeber gestohlen hatte? Man musste kein Profi sein, um zu wissen, dass es nie ein gutes Zeichen war, wenn jemand seine Hände verbarg. "Der Wein ist nicht das Problem." Es waren die Dominosteine, die er womöglch zum Fallen brachte. Ob die Baumgardner es wusste oder nicht, sie spielte ein gefährliches Spiel. Doch das würde er ihr nicht erklären, je weniger Informationen sie hatte, desto besser. Er hatte schließlich nicht vor, irgendwen zu töten, auch, wenn seinem Auftraggeber das vermutlich ziemlich egal wäre. "Das braucht dich nicht zu interessieren", entgegnete er mit einem Schulterzucken, ehe er sich vom Türrahmen abstieß und eine Hand auf die Türklinke legte. Auch, wenn sie nicht sonderlich mutig oder zuversichtlich wirkte, hatte sie sein Angebot noch immer nicht angenommen. Noch einmal fragen würde er allerdings nicht. Somit hatte er auch eine Antwort. Einerseits hatte er darauf gehofft, dass es so kam, andererseits lief er aber jetzt auch die Gefahr, erwischt zu werden. Doch wie sagte man so schön? No risk, no fun. Er drückte die Klinke hinab und öffnete die Tür gerade so weit, dass Chime hereinkommen konnte, ehe er sie wieder schloss. "Na komm Großer, sie will nicht kooperieren." Er klopfte auffordernd gegen seinen Oberschenkel, sodass der Mischling an seine Seite trat. Mit hoch erhobenem Kopf fixierte der Vierbeiner Mary, bewegte sich jedoch nicht ohne Befehl von seinem Herrchen fort. Jimmy war noch nie besonders kampffreudig gewesen, glücklicherweise bedurfte es nur eines kleinen Zaubers und das änderte sich blitzschnell. Noch wartete Hyun jedoch ab. "Ich habe nicht vor, mit dir zu verhandeln. Ich habe mein Angebot klar gemacht, du hast es nicht angenommen. Deine Blicke ziehen bei mir nicht." Er wusste ja eh nicht, ob diese echt waren oder nur ein Schauspiel. Selbst, wenn Ersteres der Fall war, wieso sollte es ihn interessieren? Sie hatte ihre Chance gehabt, sie hätte schon längst fort von hier sein können, in Sicherheit. Stattdessen versuchte sie jedoch noch immer, irgendetwas hinter ihrem Rücken zu verbergen, glotzte ihn an wie ein hilfloses Mäuschen. Ja, als ob. Mit beiden Händen formte er zuerst eine Figur, die an den massigen Schädel eines Ebers erinnerte, ehe er mit etwas Druck die Handflächen auf die Schultern des Mischlings legte, um mit einem knappen "Komm." einen Tiergeist zu sich zu holen. Langsam stellte sich der Pelz und die Federn des Tiers auf, von der vorherigen Zurückhaltung war kaum mehr etwas zu sehen. Wildschweine hatten eben doch etwas mehr Mumm und Kampfbereitschaft, perfekt für das, was er vorhatte. Lang um den heißen Brei herumtänzeln wollte er nämlich nicht. Dafür hatte er keine Zeit und Geduld. "Zeig ihr, was sie davon hat, wenn sie sich querstellt. Fass." Mit einem großen Satz schoss Chime nach vorne, das Maul weit aufgerissen und somit auch die messerscharfen Zähne entblößend. Auch Hyun zögerte nicht länger, folgte seinem Begleiter dicht auf den Fersen. Während Jimmy es jedoch auf die Beine der jungen Frau abgesehen hatte, zielte er mit den Fäusten ganz unverhohlen auf ihr Gesicht. Na, gegen wen würde sie sich als erstes wehren wollen? Würde sie jetzt endlich zeigen, was sie die ganze Zeit hinter ihrem Rücken verborgen hatte?
Mary hatte sich im Verlauf ihres Gildenlebens schon zweimal in ernsthafter Gefahr befunden: Einmal hatte eine Gruppe Wilderer mit Schusswaffen sie umkreist und direkt auf sie gezielt, das andere Mal hing sie an einem Seil über einen meterhohen Canyon. Beide Dinge waren auf ganz unterschiedliche Art und Weise gefährlich. Gegen einen Magier hatte die Baumgardner noch nicht gekämpft, doch ihre Erfahrungen hatten ihr gezeigt, dass sie stärker werden musste; nicht in allen Situationen hatte sie jemanden an ihrer Seite, der sie beschützte. Aus genau dem Grund trainierte sie regelmäßig mit Maenor und genau aus dem Grund hatte sie nun Mana in ihrer Hand, bereit, sich wie ein Lauffeuer auszubreiten.
Mary war eine freundliche Person, die stets das Beste von ihrem Gegenüber annahm. Aber sie war trotz aller Naivität nicht dumm. Irgendwann war auch bei ihr ein Punkt erreicht, an dem sie wusste, dass sie mit einer Gefahr konfrontiert wurde. Obwohl sie dabei aussehen mochte wie ein Reh im Scheinwerferlicht, versteckte sie eine mittlerweile zumindest einigermaßen ansehliche magische Macht. Dennoch würde sie es vermeiden, Hyun zu verletzen - auch wenn sie spätestens bei seinen weiteren Worten nicht mehr glaubte, dass er hier ein reines Spielchen spielte. Ganz offensichtlich handelte es sich bei ihm um eine Gefahr. Für ihre Person und - da die Baumgardner nicht wissen konnte wie weit wer gehen würde - vielleicht auch für die Zivilisten. Während sie Hyun also anstarrte und sich das Mana langsam ihren Ellbogen hinaufsteigerte, rasten tausende Gedanken auf einmal durch ihren Kopf. Sie war mit dem Rücken an der Wand, er vor ihr, und er ließ gerade seinen Begleiter herein. Das Angebot, was er ihr unterbreitet hatte, konnte sie nicht annehmen - sie musste die Personen hier beschützen. Würde sie es schaffen, ihn eine Weile hinzuhalten? Akut konnte sie wenig tun, außer zu versuchen, sich eine vorteilhaftere Position zu verschaffen.
Hyun brachte sein Tierchen herein. Die Haare im Nacken der Lichtmagierin stellten sich auf; teilweise vor Angst, was kommen mochte und teilweise vor der magischen Kraft, die sie schon sammelte, seit sie sich zu ihrem Gesprächspartner umgedreht hatte. In dem Moment, in dem sich die Stimmung mit einem Schlag kippte und Hyun ein für alle Mal bewies, dass er keine friedlichen Absichten mehr hatte, atmete Mary auf. Wie ein gieriges, verschlingendes Buschfeuer brodelte die Lichtmagie durch den Arm der Baumgardner und ließ sie erstrahlen. Sie schloss die Augen und rutschte am Waschbecken zur Seite, als ihr Körper in einer gleißenden Explosion von Licht erstrahlte, die mit etwas Glück dafür sorgen dürfte, dass Hyun, seinem Tierchen oder beide geblendet waren. Der Zauber kostete kaum Mana und gehörte zu den simpleren Übungen, war aber in gerade solchen Augenblicken und in solch engen Räumen äußerst effektiv. Die Enge des Raumes gereichte ihr jedoch auch zum Nachteil; Die Lichtmagierin spürte ein Reißen, als in der Nähe ihrer Beine das Kleid durch eine Kraft, die sie schlucken ließ zerfetzt wurde. Sie stolperte zur Seite, noch immer glimmend, und bekam eine der Kabinentüren des Waschraumes gegen die Schulter gezimmert. Es schmerzte, war aber immer noch besser als der Schlag ins Gesicht, dessen Lufthauch sie deutlich gespürt hatte. Beim Reflex des Armhebens gegen etwaige Schläge verrutschte ihre Armdekoration und zeigte eine grüne Tätowierung.
Fünfzehn Sekunden. Fünfzehn Sekunden hätte sie Zeit, wenn die Blendgranate in Menschenform ihre Wirkung gezeigt hatte, doch sie konnte nicht davon ausgehen und musste hier weg. Die Augen weit aufgerissen, der Atem blitzschnell und das Herz in ihrer Kehle, hielt Mary auf die Zimmertür nach draußen zu und sammelte dabei genug Mana in ihrem Körper, dass sie den Verlust deutlich spürte, als ihre Haut von sachtem Glitzern überzogen wurde. Bisher war sie rein auf Defensive bedacht. Vielleicht wollte sie Hyun wirklich nichts tun, vielleicht malte sie sich bei Zwei gegen Einem auch keine großen Erfolgsquoten aus? So genau wusste die Baumgardner nicht, was sie hier tat - sie wusste nur, dass sie diese Gefahr irgendwie versiegeln musste. Wenn es nicht anders ging, würde sie kämpfen, auch wenn sie eine direkte Konfrontation womöglich nicht gewinnen konnte. Sollte ihr Zauber gewirkt haben, dann würde die Tür öffnen, hindurchrennen und sie hinter sich schließen - und dann? Eh. Erstmal die Klinke in die Finger kriegen ...
Verwendete Zauber:
Glittering Monk TYP: Elementarmagie ELEMENT: Licht KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 10 MAX. REICHWEITE: 5 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Der Anwender konzentriert seine Magie im gesamten Körper und lässt diese nach einigen Sekunden mit einem Schlag frei. Dadurch wird jede Person in einem Umkreis von 5 Metern für 10 Sekunden geblendet, was mit tanzenden Sternchen vor den Augen einher geht.
Willenskraft Level 5: Der Umkreis der Blendung erhöht sich auf 10 Meter und hält 15 Sekunden lang an.
Sparkling Blessing TYP: Elementarmagie ELEMENT: Licht KLASSE: II ART: Schild MANAVERBRAUCH: 50 pro Minute MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5, Manaregeneration Level 3 BESCHREIBUNG: Der Anwender beginnt zu glitzern und reduziert damit die Stärke von Angriffen, die ihn treffen, um 2 Level. Zudem verhindert dieser Zauber Effekte von nichtschadenden Zaubern (Fesseln, Support, etc.) bis Klasse II. Der Schild wird dadurch nicht zerstört.
Fuck, Hyun hatte fest damit gerechnet, dass die Baumgardner irgendeinen Gegenangriff plante. Dass sie aber nun einen Zauber auspackte, der ihn einfach nur daran hinderte, ordentlich zu sehen, überraschte ihn. Dementsprechend ging sein Schlag volle Kanone daneben und auch Chime hatte damit zu kämpfen, seine Zähne richtig zu platzieren. "Du Miststück!", fluchte er, kniff die Augen zusammen und bemühte sich, das unangenehme Gefühl fortzublinzeln. Erfolglos. Was sollte der Mist?! Wenn der Gegner nur versuchte, abzuhauen, machte die Scheiße doch überhaupt keinen Spaß. Doch so leicht ließ er sich nicht unterkriegen, schließlich war er nicht alleine, er brauchte seine Augen nicht. "Chime!" Er formte seine Finger zu der Silhouette eines Hundes, ehe er seine Hand auf den Rücken seines Begleiters drückte, der auf das Kommando hin sofort an seine Seite gesprungen kam. Der düstere Schatten, der um den Mischling lag, veränderte seine Form, erinnerte nun an einen Hund. Der Fokus des Tieres wechselte sofort von Angriff auf Verfolgung, die Nase am Boden benötigte er seine Augen überhaupt nicht, um genau sagen zu können, wo Mary sich befand. Er erkannte sofort, dass sie vor hatte zu fliehen. Ein großer Fehler, schließlich erweckte das erst Recht den Trieb eines Jagdhundes. Doch woher sollte die Blonde das wissen? Mit einem großen Satz sprang Chime nach vorne, versuchte im gleichen Schritt, sich so zu wenden, dass er sich vor dem Ausgang querstellte. Das gelang nur halbwegs, sodass er mit der Schulter volle Kanne gegen die Tür prallte. Doch davon ließ er sich nicht lange unterkriegen, stattdessen zog er die Lefzen zurück und knurrte lautstark. Braver Junge. Den Lauten seines Begleiters folgend, eilte Hyun direkt hinterher. Er hob das Bein und trat die Tür zu, lehnte sich mit seinem vollen Gewicht dagegen. "Wohin willst du denn? Stell dich mir gefälligst und hör auf mit der Babyscheiße." Langsam aber sicher klärte sich seine Sicht wieder. Dementsprechend fiel ihm nun auch endlich das Gildentattoo der jungen Magierin auf. Was war das? Satyrs Cornucopia? Mit dem Zeug kannte er sich echt nicht aus. Letztendlich war es auch egal, zu wem sie gehörte, als Feindin hatte er sie schließlich sowieso schon eingestuft. Jetzt hatte er allerdings endlich den Beweis. "Hübsches Tattoo." Er schnaubte. Das hatte sie bisher wirklich gut versteckt. Doch mit dem Versteckspielen musste nun endlich Schluss sein. Er hatte echt keinen Bock auf dumme Verfolgsungsjagden. Was waren sie denn bitte? Zehnjährige Kiddos? Selbst in dem Alter hatte er sich schon auf dem Schulhof geprügelt. "Na los, wehr dich endlich. Ich überlass' dir auch den ersten-" Klopf. Klopf. "Alles okay da drin?" Fuck. Das Rumgerumpel der Beiden musste man wohl von draußen gehört haben. "Ja, ja natürlich. Uns ist nur etwas umgefallen!" Toll, ernsthaft jetzt? Natürlich hatte Hyun nicht vor, einfach Zivilisten in die Sache mit hineinzuziehen. Sicherlich hatte er Kollegen, die davor nicht zurückschreckten, doch er berschränkte sich lieber auf die Leute, die tatsächlich in die Angelegenheit involviert waren. "Sicher? Das klang irgendwie nicht so..." Man konnte von Innen beobachten, wie die Person auf der anderen Seite langsam die Klinke hinunter drückte. Doch der Pan lehnte noch immer gegen die Tür, sodass niemand so einfach hereinkam. "Es ist uns direkt vor die Tür gefallen, sorryy! Wir kommen gleich raus! Keine Sorge, echt jetzt!" Eine bessere Ausrede war ihm nicht eingefallen. Aber das würde schon ziehen, irgendwie. Vorausgesetzt natürlich, Mary hielt die Klappe.
Das Sparkling Blessing überzog Mary nicht nur mit einem glitzernden Perlmuttschimmer, sondern machte es Gegnern auch schwer, sie zu ergreifen oder zu fesseln. Die Lichtmagierin hatte erwartet, dass Hyun versuchen würde sie zu packen und zurück in den Raum zu schleudern, da er zuvor schon seine Bereitschaft für körperliche Gewalt demonstriert hatte, aber überraschenderweise kam es anders. Die Geschwindigkeit, mit der sie davonstürzte verbot es, dass sie bremste, weshalb sie schmerzhaft neben der Tür gegen die Wand prallte. Beim Weglaufen war sie auf den zerfetzten Rock ihres Kleides gestiegen, so dass es nun an einer Schulter herunterhing, der kostbare Stoff der Abendgarderobe nicht nur von den Zähnen Chimes zerschlissen, sondern auch durch die Anstrengungen, Hyun zu entkommen. Auch die hübsche Flechtfrisur, die Esmée einiges an Zeit gekostet hatte, löste sich allmählich. Blonde Fransen ragten ihr ins Gesicht und in den Nacken. Das schöne Haargesteck lag irgendwo hinter ihnen auf dem Boden, wo vermutlich entweder ihr menschlicher oder ihr tierischer Kontrahent es zertrampelt hatten. Das Herz klopfte heftig in der Brust der Baumgardner und die Augen waren weit aufgerissen, als ihr der Fluchtweg versperrt wurde. Der Schimmer auf ihrer Haut verblasste unvermittelt, denn zusammen mit ihrer Hoffnung hier zu entkommen versiegte auch die aufgebaute Konzentration. Marys Blick ging vom knurrenden Hund zu Hyun, der sich gegen die Tür stemmte, in sein Gesicht. Sie hatte gesehen, wie er gelächelt hatte und sich mit ihr noch wenige Minuten zuvor normal unterhalten hatte - und jetzt ...
Etwas hatte sich verändert. Gewiss war Mary hier kein Spätzünder und verstand erst jetzt, dass sie a) in Gefahr schwebte und b) Hyun ihr Gegner war, denn das meinte sie gerade nicht. Er hatte sich bemüht, die Tür zu schließen. Und auch jetzt, nachdem er sie beleidigt hatte, sein Blick über sie gefahren war und er ihr Gildenzeichen bemerkt hatte, überließ er ihr plötzlich den ersten Schlag? Bluffte er vielleicht? Hatte er womöglich gar keine übersteigerte Lust, eine fliehende, scheinbar hilflose Person in Grund und Boden zu prügeln? Ebenso wie Marys Weigerung zu kämpfen ihren Gegenüber scheinbar verunsichert hatte, zögerte nun die Baumgardner. Es wäre sehr einfach gewesen, den ersten Schlag zu nutzen, stattdessen einen Lichtstrahl abzufeuern und Hyun ins Bein zu schießen. Dann hätte sie sich zwar mit seinem Tierchen anlegen müssen, aber einen Gegner würde sie vielleicht abwehren können ... Doch stattdessen zögerte auch Mary. "Nein. Ich will nicht gegen dich kämpfen." Sie sprach trotz ihrer zitternden Hände und dem pochenden Herzen in ihrer Brust mit fester, entschlossener Stimme und starrte Hyun direkt in die Augen. Obwohl sie an der Wand lehnte und sich die schmerzende Schulter hielt, auf der sich bereits ein roter Fleck bildete, der gewiss über die nächste Tage bläulich und grünlich werden würde, schien sie keinen Zentimeter rücken zu wollen. "Ich weiß nicht, was man dir gesagt hat, aber ich bin nicht hier, um dir wehzutun ..."
Mary hatte das Klopfen genutzt, um ihre Aussage anzubringen, doch auch ihr Blick wandte sich gerade der rettenden Störung zu. Hyuns Antwort veränderte noch eine Sache - und obwohl sie hier in diesem kleinen Raum zusammen mit einem knurrendem Wolfwesen und einem gewalttätigen jungen Mann eingesperrt war, erblühte in der Brust der Satyr so etwas wie Triumph. Sicher, eine realistisch-pessimistische Person wäre nun davon ausgegangen, dass Hyun schlicht keine Störung dabei wollte, Mary zu besiegen, aber so jemand war die Baumgardner nicht. Indem Hyun die Zivilisten von der Sache raushalten wollte, sah Mary in ihm stattdessen eine gute Seite, die sie in ihrem Beschluss noch bestätigte, zu den soeben gesprochenen Worten zu stehen. Es war ihr sogar egal, ob sich ihr Gegner an dieselben Floskeln hielt wie sie oder auch nur ein wenig Ehre besaß, denn die war ja nicht von anderen abhängig - Mary musste ihre Taten nur vor sich selbst rechtfertigen. Sie war zu Satyrs Cornucopia gegangen, um andere zu beschützen und würde ihre Prinzipien nicht fallen lassen, nur weil jemand Fäuste schwang. Langsam nickte die Baumgardner und hob die Hände zur Tür, um sie ebenso wie Hyun zuzudrücken, als wollte sie ihm helfen. Tatsächlich war dies einen Moment lang ihr Plan. Dann hob sie sie Stimme.
"Ein wenig Hilfe wäre eigentlich wirklich gut!", rief Mary, dabei weiterhin Hyun direkt in die Augen starrend. Sie hatte eine Heidenangst, aber ihr Pflichtgefühl und ihre Entschlossenheit waren stärker als die Furcht, die mit eiskalten Fingern nach ihrer Brust griff. Mit einem Ruck nahm sie all ihre Körperkraft in diese Bewegung und zog an der Tür, gerade, als die Person am anderen Ende sich etwas mehr dagegen stemmte, sie zu öffnen. Gemeinsam schafften sie es nicht, die Tür ganz zu öffnen, aber weit genug, dass Mary, die gerade ihre Winzigkeit pries, sich wie ein Kaninchen, das ein winziges Loch unter dem Hasengitter freigeschaufelt hatte, sich hindurchquetschen konnte. Sie hatte das Treffen nicht aufhalten können. Sie hatte nicht dafür sorgen können, dass die Quest zu einem vollständigen Erfolg für ihre Gilde kam, aber sie hatte diesen Zettel mit einigen Standorten darauf und das war vermutlich besser als nichts. Als der Kellner, der an der Tür gedrückt hatte ihre zerschlissene Kleidung, die verwuschelten Haare und ihre Panik sah, wandte er sich mit einem Ausdruck von Verwirrung und Ärger so an die Tür, dass er den winzigen Spalt versperrte, sofern Hyun durch seinen Druck diesen nicht sowieso wieder zugemacht hatte. Mary spürte noch ein Reißen an der Ferse, einen stechenden Schmerz, doch sie lauschte kaum auf das hinter ihr. Sie rannte, keuchend, durch das Restaurant, wo die Leute von den Tischen aufstanden, Damen kreischten und die wenigen Servierer für den Hauptraum aus dem Weg sprangen. Tabletts klapperten über den Boden, als ihre Fracht verschüttet wurde, und auf ihrem stolpernden Weg riss Mary mindestens ein Weinglas und diverse Tischdekorationen mit sich. Als sie die Eingangstür erreichte und die frische Abendluft und die segensreiche Dunkelheit sie umfingen, hörte sie nicht auf zu rennen. Nicht einmal dann, als ihr Atem in der Kehle brannte, die niedrigen Absätze ihrer Schuhe in den Pflastersteinrillen abgebrochen waren und sie das warme Blut der Bisswunde wie heiße Glut an ihrem Bein spürte. Erst, als sie sich einige hundert Meter entfernt in eine Seitengasse ducken konnte, die Wand im Rücken, sank sie daran zu Boden, nach Atem japsend, eine Hand auf die Brust gedrückt und die andere auf ihren Mund, um die panischen Schluchzgeräusche zu unterbinden, die ihr die Kehle hinaufquollen. Ohne das Knistern des Zettels in ihrer Brusttasche wäre sie vermutlich einfach zusammengebrochen. Hyun mochte kein bitterböser Fiesling sein, nicht in Marys Kopf, aber er hatte ihr ziemliche Angst gemacht, alleine schon deshalb, weil er der erste Magier war, der die Hand gegen sie erhoben hatte, nein, die erste Person, die ihr tatsächlich (wenn auch per Proxy) wehgetan hatte. Insofern kam diesem jungen Mann wohl eine recht besondere Stellung zu Gute und wer wusste, wie Mary reagieren würde, wenn sie sich wiedersehen würden ... Sofern er es denn geschafft hatte, sich aus dem Schlamassel im Restaurant rauszureden. Mary bezweifelte nicht, dass seine Gilde (wer auch immer es sein mochte) ihre Maßnahmen hatte, um diese Situation zu decken und den Erfolg des Treffens in den Vordergrund zu stellen, aber vorerst ... vorerst musste sie atmen.
Ein kleines Glöckchen klingelte, als die jungen Damen eintraten. Das fröhliche Bimmeln wurde jedoch beinahe verschluckt von den angenehmen Klängen der Jazzband, die gemütlich auf einer kleinen Bühne seine Songs spielte. Der Abend hatte gerade erst begonnen, doch ein Großteil der Tische war bereits besetzt. Hier und da waren zum Glück noch Plätze frei und so konnten sich die Beiden ein gemütliches Fleckchen im hinteren Bereich des Restaurants schnappen. Auch hier war die Musik noch zu hören, doch man konnte auch die eigene Stimme noch problemlos verstehen. Die Feline ließ sich direkt in das weiche Polster sinken, den flauschigen Schweif legte sie dabei über ihre überkreuzten Oberschenkel. "Wir haben Glück. Live-Musik gibt es hier nur am Wochenende." Zwar war Jazz nicht unbedingt das, was sie in ihrer Freizeit hörte, doch als Hintergrundgedudel war es durchaus erträglich. Der Kellner ließ nicht lange auf sich warten, grüßte das Duo sogleich mit gezücktem Stift und Zettel. "Wir hätten gerne eine gute Flasche Wein. Können Sie uns etwas empfehlen?" Zwar trank sie diesen gerne, doch auskennen tat sie sich damit nicht. Hin und wieder nahm sie eine zufällige Flasche aus dem Supermarkt mit, doch für gewöhnlich fragte sie sich einfach bei den Kellnern durch - so wie auch heute. Dieser zählte sogleich eine kleine, aber feine Auswahl auf. "Wir nehmen den trockenen Roten, oder?" Die erwartungsvollen, goldbraunen Seelenspiegel huschten zu der Grünhaarigen, ließen dieser kaum eine andere Wahl, als zuzustimmen. "Und ich würde noch eines Ihrer Schokosoufflés nehmen. Die kann ich übrigens wirklich empfehlen, Eohl. Ach, bringen Sie gleich zwei!" Das musste man einfach probiert haben, denn sie waren wirklich ein Traum. Eigentlich war die Katze recht wählerisch, was ihre Auswahl von Süßem betraf, doch in die Soufflés vom Hidden Gem würde sie sich am liebsten hineinlegen. Sie hatte überhaupt keine Zweifel daran, dass ihre Begleitung sie ebenfalls lieben würde. Der Kellner machte sich seine Notizen, ehe er mit einem Nicken verschwand, um die Bestellung zu besorgen. Die zurückgewonnene Zweisamkeit nutzte die Katze sogleich, um ihre Gesellschaft endlich ein wenig besser kennenzulernen. Sie hatten zwar bereits einige Stunden zusammen verbracht, doch viel mehr als die Namen wussten sie noch nicht von einander. "Ist das eigentlich dein erstes Mal in Maldina?", erkundigte sie sich. Die neugierigen Katzenaugen suchten den Kontakt zu den tiefroten Seelenspiegeln der Yihwa. Um den Zeigefinger drehte sie immer und immer wieder eine ihrer andersfarbigen Strähnen. "Du meintest ja, dass du aus dem Norden kommst, richtig? Nicht zufällig aus Crystalline, oder? Da war ich vor einer Weile mal wegen einem Auftrag. Und dann ist der Zug nach Hause einfach ausgefallen, weil zu viel Schnee lag! Total verrückt. Ich glaube mich würde die dauerhafte Kälte da echt fertig machen."
"You say that I'm kinda difficult, but it's always someone else's fault."
Eohl The Sun's Shade
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Wäre die Wahrnehmung der Yihwa nicht allgemein etwas… verschoben, wäre ihr wohl schnell bewusst, was für Signale ihre Begleiterin da aufnahm. So fand sie es aber eher amüsant, dass Ava sich mehr oder minder als ihr neues Date betitelte. “Ein Date? Findest du?”, kicherte Seohl amüsiert, die sich schon zuvor zu ihrer Einen bekannt hatte. Romantik suchte sie sicher nicht. Über Nähe freute sie sich dennoch. “Es sind doch nur du und ich, und du hast meine Aufmerksamkeit allemal verdient… Also denk nicht zu viel darüber nach, ja? Genießen wir einfach unsere Zeit zusammen, ehehee!” Selten sorglos lächelte die Undercover-Assassine vor sich hin, während sie an der Seite des unschuldigen Kätzchens in Richtung Ausgang schlenderte. “Candy?”, hakte sie nach, den Kopf neugierig schief gelegt. “Ist das deine Freundin? Dein Freund?” Oder doch eher Familie? Eohl war sich nicht ganz sicher, mit was für Leuten man so zusammen zog. Die einzige Person, bei der sie sich an ihre gemeinsame Zeit in einer Wohnung erinnerte, war Thana, und die wirkte schon wie etwas ganz Besonderes. Was genau sie von Ava zu erwarten hatte… das wusste die Yihwa selbst nicht. Der Gedanke, einfach zu schauen, wohin der Abend führte, passte ihr. “Das klingt doch gut”, schmunzelte sie und sah der hübschen Finch in die Augen. “Ich bin gespannt, wohin du mich führen willst…”
Tatsächlich war das Restaurant, in das Ava Seohl führte, ziemlich beeindruckend. Ein fasziniertes “Oho”, kam über die Lippen der Yihwa, während diese ihre Augen schweifen ließ. Als Erstes schaute sie nach potenziellen Gefahrenquellen, als Zweites nach sicheren Fluchtwegen. Eine Berufskrankheit, wenn man so wollte. Dann nahm sie das Ambiente wahr und die geradezu malerischen Speisen, die hier serviert wurden. Die echte Eohl kam mit dieser Art High Society nicht in Kontakt… Seohl, als die sie gerade auftrat, sollte so etwas allerdings eher gewohnt sein. Dementsprechend zeigte sie sich unterhalten, aber nicht von der Klasse des Lokals erschlagen. “Wir scheinen in vielerlei Hinsicht Glück zu haben. Nicht nur die Musik… Ich finde auch, wir haben einen sehr guten Platz gefunden”, stellte sie zufrieden fest, während sie sich zu Ava an den Tisch setzte. Etwas unglücklich war, dass sie sich nun einander gegenüber saßen… Also kein direkter Körperkontakt mehr. Die sanfte Wärme fehlte der Yihwa schnell, aber wenn sie dann den Blick ihres Gegenübers betrachtete, die sie so interessiert ansah und dabei mit ihrem Haar spielte, fühlte sie sich doch sehr geschmeichelt. “Hehe… sehr gerne. Ich habe eine Vorliebe für roten Wein.” Leicht verträumt legte Eohl ihren Kopf zur Seite, ließ ihren Blick hoch auf die Ohren der Feline wandern, die mit ihren Bewegungen auch ein wenig mehr über deren Gefühlszustand preisgaben. Ihre Hände lagen ruhig aufeinander auf dem Tisch, wie sie es von einer edlen Dame erwarten würde. Dass die Finch für sie mit bestellte, spielte ihr dabei in die Karten. “Du kümmerst dich so gut um mich”, meinte sie amüsiert, lehnte sich leicht vor, um die Katze ein wenig aufzuziehen. “Wenn du so weitermachst, krieg ich noch das Gefühl, dass du das hier echt als Date siehst, hehee!”
Es war vermutlich eine gute Idee, ein wenig über sich selbst zu reden… Wäre es zumindest, wenn Eohl nicht ganz so viele Geheimnisse zu verbergen hätte. Je mehr Details sie über Seohl preisgab, desto leichter konnte sie sich verstricken. Am Besten, sie ging ein wenig auf die Fragen ein und zeigte dann ihr sehr ehrliches Interesse an Ava. “Oh nein, ich war schon öfter hier in Maldina. Ich war eigentlich schon überall in Fiore… Gelegentlich auch außerhalb. Ich komme viel rum hehe!”, erklärte Eohl fröhlich und blieb damit erst einmal noch im Rahmen der Wahrheit. “Ich habe aber selten die Gelegenheit, einen Ort groß zu erkunden… So entspannte Tage wie heute habe ich selten. Umso mehr freue ich mich über die gute Gesellschaft.” Langsam lehnte sie sich ein wenig zurück, um ihr Sichtfeld zu erweitern, ihre Augen neugierig auf Ava fokussiert. “Wie sieht es denn bei dir aus? Lebst du schon lange hier? Ist Maldina dein liebster Ort in Fiore?” Wenn sie über Avas Herkunft sprachen, dann machte es wohl auch Sinn, dass Eohls Vergangenheit zum Thema wurde. Dass sie aus dem Norden kam hatte sie bereits zugegeben, also war Crystalline Town eine naheliegende Option. “Nicht direkt in Crystalline, aber ich lebe in der Nähe, ja", nickte die Yihwa mit sanftem Lächeln. “Ich bin meist nur kurz zuhause, da habe ich gern meine Ruhe. Im Allgemeinen ist es gut, wenn nicht jeder weiß, wo ich wohne... Ich bin in der Umgebung nicht gerade ein unbekanntes Gesicht, hehe." Das war keine so gute Sache, wie man bei ihrem heiteren Lächeln vermuten würde. Andererseits würde sie der Jüngeren aber nicht auf die Nase binden, dass sie eine gesuchte Kriminelle war. “Meistens haben die Züge da keine Schwierigkeiten, man kennt die Wetterbedingungen ja. Gelegentlich ist es aber etwas zu viel, ja. Deshalb suche ich schon seit einer Weile nach einem Weg, etwas... unabhängiger reisen zu können." Seohl nickte. Sie verstand das Leid des Kätzchens in dem Punkt. “Wenn man die Kälte gewöhnt ist, ist es aber eigentlich eine sehr hübsche Stadt. Es gibt sehr diverse Viertel und in der Nähe sogar mehrere Gestüte und Höfe, die trotz der schwierigen Wetterbedingungen allerlei Tiere aufziehen. Dazu kommen unsere großen Wälder… Wenn man gerne ein wenig die naturbelassene Seite der Stadt kennen lernt, kann ich Crystalline nur empfohlen. Wobei ich das jemandem aus Maldina wohl nicht erzählen muss.” Sie lachte auf. Ja, mit den üppigen Wäldern, Weiden und Wiesen des Südens konnte Nord-Fiore wohl kaum mithalten. Dafür konnten die kalten Wälder und häufigen Schneestürme gut das dunkle Treiben im Hintergrund verbergen - etwas, das Eohl sehr schätzte an ihrer Heimat. “Du magst es also lieber warm, ja? Ich finde ja, es gibt nichts Schöneres, als an einem kalten Tag seine Wärme mit jemand Anderem zu teilen, hehe. Aber du bist vermutlich eher… eine Strandgängerin?”
Soso, die Grünhaarige schien den kleinen Ausflug zu zweit also nicht als Date zu sehen, was? Ava Finch sollte das durchaus recht sein, ein wenig verwirrt war sie aber schon. Die Signale, die ihre Begleiterin sendete, waren so unterschiedlich. In einem Atemzug schien sie die Idee abzulehnen und im nächsten erkundigte sie sich schon, ob es sich bei 'Candy' um einen festen Partner handelte. "Nein, nein." Lachend winkte die Katze ab. "Candy ist meine Katze. Bei einer Quest hat sie entschieden, dass ich jetzt ihr neues Frauchen bin. Und seitdem lebt sie bei mir." Seit ihrer ersten Begegnung war die Samtpfote ordentlich gewachsen und auch ihre Persönlichkeit war ... aufgeblüht. Sie war selbstbewusster geworden und kam inzwischen sogar ein wenig nach der Schwarzhaarigen - zumindest in Sachen Ego und Selbstbild. "Aber man kann sie schon eher als Mitbewohnerin bezeichnen. Schließlich verstehe ich ihre Worte." Manchmal ein Fluch, manchmal ein Segen. Das Restaurant, das das ehemalige Popsternchen ausgesucht hatte, schien ein Volltreffer zu sein. Nicht nur die Worte der Yihwa klangen begeistert, auch ihre Körpersprache wirkte, als wäre sie beeindruckt. Perfekt! Zufrieden zuckte der Schweif der Katze, als sie sich niederließ. Auch mit ihrer Bestellung traf sie wohl voll ins Schwarze. Seohl hatte Geschmack, das musste man ihr lassen! "Gute Gesellschaft sollte man auch gut behandeln", schnurrte sie amüsiert. Warum auch sollte sie unhöflich zu ihrer Begleitung sein? Einen Restaurantbesuch genoss man zu Zweit und nicht alleine. "Oh, ist das so? Wäre das denn so schlimm?" Sie stütze die Ellenbogen auf den Tisch und ruhte das Kinn in den Händen während sie hinüber zu der jungen Frau schielte. Sie ging gezielt nicht darauf ein, als was sie diese Verabredung sah, denn sie wollte nicht die sein, die dem Ganzen eine Definition gab. Für sie selbst konnte es ruhig ein Rätsel bis zum letzten Moment bleiben. Ein wenig Spannung schadete schließlich nicht. Während die Sängerin darauf wartete, dass ihre Bestellung kam, lauschte sie neugierig den Worten der Grünhaarigen. Die großen Katzenohren waren aufmerksam auf sie gerichtet, sodass ihr trotz Musik und den Gesprächen der anderen Gäste nichts entging. So wie es schien war Seohl wohl schon viel herumgekommen. "Mir ging es lange ähnlich. Es ist frustrierend, schon alle möglichen Städte besucht zu haben, ohne sie am Ende wirklich zu kennen." Als Superstar, der durch das ganze Land zog, hatte man neben den Auftritten, Proben und Vorbereitungen einfach keine Zeit, sich groß mit den Orten auseinanderzusetzen, die man besuchte. "Ich wohne schon ein ganzes Weilchen hier. Und ich bin wirklich zufrieden damit. Maldina ist schön, es gibt gute Restaurants und eine tolle Shoppingmeile. Mehr brauche ich eigentlich nicht." Sie lächelte. Auch Seohl schien mit ihrer Heimat durchaus zufrieden zu sein. Zwar verstand sie das Problem, das die Feline ansprach, mehr als gut, aber sie zählte auch einige positive Seiten der Stadt im tiefen Norden auf. Mit Natur und Tieren konnte Ava Finch jedoch eher weniger anfangen. Sie blieb lieber auf befestigten Straßen und bewunderte Vierbeiner aus sicherer Distanz. Als Katze mochte man bei ihr womöglich ein gewisses Band zur Natur erwarten, doch durch ihre Kindheit und Jugend, die überwiegend von Glanz und glamour geprägt war, konnte sie damit nicht viel anfangen. "Man kennt dich?" Das war schließlich der Punkt, an dem ihre Gedanken hängen blieben. Es war sogar ein wenig Neid aus ihrer Stimme herauszuhören. "Das ist doch etwas Schönes. Bist du etwa ein Model oder so?" Es war nichts, wovor man sich verstecken musste! Kaum etwas ließ ein Herz höher schlagen, als ein Fan, der auf einen zukam und um ein Autogramm bat! "Katzen mögen keine Kälte", bestätigte sie schließlich die Frage ihres Gegenübers "Kuscheln kann man schließlich auch unabhängig vom Wetter." Etwa zeitgleich kam auch endlich der Kellner mit einer Flasche, zwei Weingläsern und den bestellten Soufflés. Mit einem erwartungsvollen Lächeln auf den Lippen lehnte sich die Schwarzhaarige zurück und machte so Platz auf dem Tisch, sodass all die Sachen abgestellt und die Gläser gefüllt werden konnten. "Vielen Dank", schnurrte sie und schenkte dem Kellner ein Nicken, ehe er schon wieder verschwand, um sich um die anderen Gäste zu kümmern. "Ja, gegen einen Strandausflug habe ich absolut nichts einzuwenden, du hast mich durchschaut. Aber dort leben wollen würde ich auch nicht", kicherte sie amüsiert, bevor sie sich ihr Glas schnappte, es zum Anstoßen der Grünhaarigen entgegen hielt und dann einen kleinen Schluck nahm. "Lass es dir schmecken." Ein leises Schnurren polterte in ihrer Kehle, als sie sich ihrem Soufflé widmete. Es war wirklich selten, dass sie so etwas Gutes zwischen die Zähne bekam! Dafür konnte man auch mal auf die schlanke Linie verzichten. "Und, was sagst du?"
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Eohl The Sun's Shade
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“Ach… wie süß. Eine andere Freundin von mir hat auch einen Kater… einen kleinen, schwarzen. Katzen sind so liebenswert”, freute sich Seohl über die niedliche Geschichte, die Ava ihr offenbarte. Hatte Aurea Norman nicht auch so kennen gelernt? Zufällig, auf einer Quest, und dann war er ihr gefolgt? “Du verstehst ihre Worte?”, hakte Eohl erstaunt nach und deutete dann hoch auf ihren Haaransatz - dahin, wo normalerweise ihre Hörner steckten, und dahin, wo bei Ava zwei hübsche Katzenohren aus dem Kopf ragten. “Du meinst, weil du…?” Das schwarze Kätzchen war wirklich eine gute Seele. Seohl zumindest fühlte sich sehr gut aufgehoben an ihrer Seite und konnte nicht anders, als hinter vorgehaltener Hand zu kichern, als die Finch meinte, es sei doch gar nicht so schlimm, wenn sich das hier doch als Date herausstellte. “Du böses Mädchen”, gab die Yihwa sichtlich amüsiert zurück. “So etwas kannst du doch nicht zu einer vergebenen Frau sagen!” Allzu ernst klang diese Zurückweisung allerdings nicht. Seohl wollte schließlich einen lockeren Abend mit einer neuen Freundin genießen. Besser, sie signalisierte ihr subtil, dass das, was sie sich vorstellte, kein Date sein sollte. Leicht nach unten blickend legte sich ihre rechte Hand auf ihre gerötete Wange. “Ich bin dir sicher ohnehin zu alt, Ava. Du findest sicher Besseres...”
Ein wenig über Maldina und Crystalline zu sprechen war tatsächlich ganz interessant… Nicht zuletzt, weil Eohl erstaunlich ehrlich sein konnte. Es fühlte sich ein bisschen so an, als wäre es nicht ihr Deckmantel, mit dem das Katzenmädchen da sprach, sondern… sie selbst. Ihr wahres Ich. Ein schöner Gedanke, wenn auch ein irrsinniger. “Ach, mich stört es nicht. Meine Arbeit erfüllt mich, und es ist ganz schön, zu jeder Stadt eine kleine Geschichte im Kopf zu haben”, lachte sie fröhlich und registrierte nebenher, dass Ava das Gefühl auch kannte. Vielleicht eine Berufskrankheit? Die Schönheit von Maldina bestätigte Seohl mit einem Nicken, scherzte sogar noch ein bisschen dazu: “Die Einwohner hier gefallen mir soweit auch sehr, hehe!” Die nächste Frage war dann aber doch ein bisschen unangenehm, wenn auch vermutlich unvermeidlich. Mit einem peinlich berührten Gesichtsausdruck fuhr sich die Yihwa durch den Nacken. Ja, man kannte sie. “Hier und da”, versuchte sie sich an einer kleinen Untertreibung, ohne weiter darauf einzugehen, wieso eigentlich. Dann lehnte sie sich leicht vor, sah Ava in die Augen. “Model? Jetzt schmeichelst du mir aber”, bemerkte sie mit einem amüsierten Schmunzeln. “Aber ich glaube, mehr sage ich dazu auch gar nicht. Ich finde es tatsächlich sehr schön, mit jemandem zu sprechen, der nicht weiß, was ich tue. Das ist befreiend.” Ob Ava das nachvollziehen konnte? Sie schien jemand zu sein, der Aufmerksamkeit sehr schätzte. “Es ist so schwer, ehrliche Verbindungen aufzubauen, wenn jemand nur deinen Beruf in dir sieht”, seufzte sie, schüttelte den Kopf. Gerade in ihrem Fall machte das Gespräche mit Zivilisten sehr, sehr schwierig. “Wenn du bereit dazu bist, würde ich dich gern in der Rolle der einfachen, ganz gewöhnlichen Seohl kennen lernen… hehe.”
Ava war echt ganz schön katzig, wie Seohl bei ihrem Kommentar zur Kälte noch einmal feststellen musste… aber sie war auch unheimlich niedlich. Vor Allem, als sie dann noch hervorhob, dass man ja trotzdem kuscheln könnte. “Da hast du wohl Recht…” Ein interessiertes Funkeln lag in den hellen Augen der Assassine, stellte ein immer stärker werdendes Gefühl dar. Sie wollte gern mehr über die Finch wissen. So viel mehr noch. Zufrieden hob Eohl ihr Glas, stieß mit der Jüngeren an, ehe sie einen Schluck zu trinken nahm. Sie musste sich Mühe geben, nicht gleich den ganzen Wein in einem Zug auszutrinken; Thana tat viel dafür, dass sie sich das endlich abgewöhnte, und auch Máirín war nicht sehr begeistert von ihrer überschwänglichen Arz zu trinken. Ein wenig lernresistent war Eohl in der Hinsicht, aber sie wollte ja heute einen guten Eindruck hinterlassen, also achtete sie ein wenig darauf. Dennoch konnte man schon dem ersten tiefen Schluck ansehen, dass das Glas nicht lange gefüllt bleiben würde. Ehe sie selbst das Soufflé anrührte, betrachtete sie aber erst einmal neugierig ihre Begleiterin dabei, wie diese ihren ersten Bissen nahm… und stellte die Bewegung dann nach. Eins zu eins, wie ein verzögerter Spiegel. “Mmh… so lecker!”, stieß sie mit kräftig schlagendem Herzen aus. Kurz zuckte ihre Zunge über ihre Lippen. “Vielen Dank für die Empfehlung, Ava! Jetzt wünschte ich mir, ich hätte sowas schon früher gegessen, hehe!” Amüsiert sah sie die Schwarzhaarige an, doch der Blick wurde schnell sanfter, zeigte Dankbarkeit und Aufmerksamkeit. Das Kätzchen gefiel Eohl. Während sich ihr Löffel für den zweiten Bissen senkte, entschied sie, dass jetzt ein guter Moment war, ihrer drängenden Neugier nachzugeben. “Ich freue mich schon darauf, dich ordentlich kennen zu lernen. Du bist so spannend”, meinte sie also ganz ehrlich. “Du meintest vorhin, dass du das auch kennst… Nur kurz an ganz vielen Orten sein. Hat das bei dir auch mit dem Job zu tun?”
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