Ortsname: Bahnhof - Gleise Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Die wenigen Gleise des Bahnhofs bringen jeden Tag Reisende und Händler nach Oak Town. Wie der Rest des Bahnhofs bestehen die Gleise vornehmlich aus Stein. Zwischen den Tafeln, auf denen die Abfahrt- und Ankunftszeiten der Züge stehen, befinden sich auch einige hölzerne Bänke. So nahe an der Tundra und der Kälte des Nordens laden sie jedoch nicht gerade zum entspanntem Verweilen ein.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Athena schien sich in der kurzen Zeit ihrer Distanz zueinander nicht maßgeblich verändert zu haben. Weder hatte sich bei ihr eine willkommene Art der Seriosität entwickelt, noch konnte man ihr angenehme Schweigsamkeit attestieren. Das einzig Positive, das der Hawthorne an seiner hyperaktiven Begleitung finden konnte, war ihre Entschlossenheit. Man mochte sie zurecht als Belastung für alle Nerven eines gesunden menschlichen (oder nephilim'schen) Organismus klassifizieren - fehlende Dienstbeflissenheit war ihr nicht vorzuwerfen. Da Darion diese Eigenschaft mit ihr teilte, gab er sich dem Schicksal hin, noch eine Quest mit der Nymphe abschließen zu müssen. Er hatte im wahrsten Sinne des Wortes keine andere Wahl, denn Befehlsverweigerung gehörte nun wirklich nicht zu seinen liebsten Freizeitbeschäftigungen.
Der Runenritter mochte es nicht, wenn man ihn warten ließ. Zwar verspürte er keine übermäßige Eile beim Gedanken, wieder einmal in den Norden des Königreiches zu reisen und durch Schnee und Eis zu staken, aber darin lag seine Abneigung auch gar nicht begründet. Er mochte die Konnotation nicht. Die Identität eines braven Hündchens, das mit der Leine im Maul und mit wackelnden Schwanz auf sein Herrchen wartete. Unterwürfig. Abhängig. Entsprechend hieß Athena nicht das übliche versonnene Lächeln, sondern ein stinkender Seitenblick willkommen, der allerdings an der Strahlemann-Aura der Nymphe abblitzte, als hätte er in einen brausenden Orkan einen Darmwind entweichen lassen. Schön. Auf dem Weg zum Bahnhof der Großstadt unterzog Athena den leise leidenden Darion einem Grundkurs in Botanik, den er zwar mit alles andere als einem lächelnden oder einem weinenden Auge annahm, insgeheim aber durchaus nützlich fand. Erstens offenbarte es ihm, dass sich tatsächlich so eine Art Waldnymphe irgendwo tief in Athenas Bewusstsein verband, die in einem anderen Leben vielleicht mit Rehkitzen auf Lichtungen frohlockt hätte. Zweitens war Darion Wissen generell zugeneigt. Und drittens, das Wichtigste, ließ es bereits analytische Gedanken bezüglich ihrer kommenden Quest zu. Mit Athena als wandelndes Pflanzenlexikon konnte man das Fachwissen des Experten gewiss prüfen und sicherstellen, dass es sich bei der Person um die Person handelte, die er zu sein vorgab. Außerdem konnte man damit auch gleich Orte eingrenzen, an denen sich die Pflanze befinden mochte. Zwar gab es weit im hohen Norden kaum Flüsse oder Seen, die oberirdisch sprudelten, doch dass diese Pflanzen nur von Magiern geerntet werden konnten ließ ja den Gedanken zu, dass sie sich vielleicht selbst mit Magie in Minusgraden halten konnten, nicht?
Darion mochte nicht nur einen Kaffee, sondern brauchte ihn auch, denn wenn er gedacht hatte, dass konstantes Gelaber von Seiten der Nymphe schlimm war, dann erfüllte ihn ihr Gesauge am Strohhalm und Geplöppe von den kleinen Geschmackskugeln in ihrem Mund geradezu mit Mordgedanken. Immer, wenn sie von ihrer Sitzbank aus ihrem Gegenüber zulächelte, hob auch Darion sachte die Mundwinkel und stellte sich vor seinem inneren Auge vor, wie es wäre, Athena den Strohhalm in die Augen, die Nasenlöcher, vielleicht die Ohren zu rammen ... Bis schließlich die gesegnete Zugansage kam, dass sie sich dem Bahnhof von Oak Town näherten. Hinweise darauf hatten bereits die dichter werdenden Nadelwälder und die abfallende Temperatur gegeben, doch absolute Gewissheit herrschte nun, wo das rauchspeiende Gefährt in die gemauerten Backsteinhallen einfuhr. Darion, dessen Schwert quer über seinen Oberschenkeln gelegen hatte, nahm den Gurt wieder auf und befestigte ihn säuberlich an seiner Hüfte, während regulärer Personenverkehr bereits auf den Gleis gespiehen wurde. "Lord Fauna sollte uns bereits am Stadtausgang erwarten." Und er hatte ja selbst Lady Flora dabei ... Schön. Einfach schön.
Nicht das kleinste Detail von Athenas recht umfangreichen Wissen zu Verhalten von Tieren und den verschiedenen Arten von Pflanzen, auf die sie hoffte im hohen Norden zu treffen, blieben Darion erspart. Die Themen sprangen vom eisblauen Lotus, um den es ja eigentlich ging, rüber zu Lotuspflanzen im allgemeinen, dann irgendwie auf die Farbe über und welche Pflanzen diese sonst noch so aufwiesen. Über die Frage, ob die Farbe der Pflanze vielleicht der Tarnung diente, ging es dann weiter zu Tieren, die diese Fertigkeit aufwiesen. Und da Athena Tiere sowieso lieber waren als Personen, wurde sie nicht müde die unendlichen Vorteile dieser Wesenheiten gegenüber einer Person aufzuzählen, die sich derzeit wohl nur zu verständlichen Mordgedanken hingab. Es wollte sich nicht einmal dann Stille einstellen, wenn Athena einen Schluck ihres Getränks nahm. Immerhin handelte es sich um einen Bubble-Tea und jede einzelne der leckeren Tapioka-Perlen musste aus dem Becher gesaugt werden. Jede. Einzelne. Das Geplapper, unterbrochen von nervenzersägenden Schlürfgeräuschen, nahm erst sein Ende, als der Lautsprecher die Einfahrt in Oak Town verkündete. Ebenso wie Darion befestigte auch Athena rasch ihr Schwertgehänge wieder am Gürtel und presste daraufhin das Gesicht gegen die Scheibe. Sie war noch nie so weit im Norden gewesen. Ob hier Schnee lag? Ob es grade schneite? Zur Enttäuschung der Nymphe gab es weder das eine, noch das andere. Die Mundwinkel der Frau sackten nach unten, als sie einen missmutigen Flunsch zog. Der leere Becher Bubble-Tea landete unsanft im Bordmülleimer, bevor sie Darion nach draußen folgte.
Wenigstens hatte man durch das Fenster den Nadelwald und den Fluss sehen können, der wunderbar im Licht der Sonne geglitzert hatte. Ganz konnte das Athena nicht über die Enttäuschung über den Mangel an Schnee hinweg trösten, aber es war ein Anfang. Im Bahnhof hielt sie sich direkt hinter Darion. Der Mann hatte in Crocus bereits bewiesen, dass er sich deutlich besser in Städten zurecht fand als sie selbst. Das war zugegeben auch nicht sonderlich schwer. Erst draußen machte Athena wieder einen Schritt nach vorne und beeilte sich mit Darion Schritt zu halten. Oak Town war in ihren Augen eine verhältnismäßig hübsche Stadt. Keine qualmenden Fabriken. Weniger Stein, mehr Holz. Nur wenige hohe Gebäude, die sich wie die Rippen eines toten Riesens in den Himmel bohrten. Dafür ein eifrig plätschernder Fluss und recht frische Luft. Und kälter war es. Mit einer Hand knöpfte Athena ihren Mantel zu, stellte den Kragen auf. "Das ist gut. Ich kann zwar aushelfen, sollten wir es nicht vor der Dunkelheit zurück in die Stadt schaffen, aber es wäre dennoch besser den Lotus vor der Nacht zu finden." Im Gehen rückte sie ihre Ausrüstung zurecht. Viel gab es nicht zu erledigen. Die Panzerhandschuhe saßen, Pluma war in seiner Scheide an ihrer Hüfte. Die Federn waren, wo sie sein sollten. Zuverlässig führte Darion das ungleiche Duo an. Athena hielt dankenswerterweise endlich einmal ihr Schnütchen, wirbelte nur ab und an herum, um eine Blume oder ein paar Leute zu betrachten und dann eilig trippelnd wieder zu ihrem Partner aufzuholen. Der nördliche Ausgang der Stadt wurde deutlich weniger verwendet. Immerhin gab es in diese Richtung auch nicht viel Zivilisation. Und wie Darion es prophezeit hatte, wartete dort jemand. Ein älterer Herr, dessen dunkle Haare schon mehr als eine Strähne silbrigen Weiß' enthielten. Flankiert wurde er von zwei Kerlen, die gebaut waren wie Kleiderschränke. "Uh...sollten wir nicht die Leibwachen sein, Darion? Pft. Als würden zwei Rune Knights nicht ausreichen."
"Durchaus ...", murmelte Darion, der seinen Schritt etwas zügelte, sobald sich ihnen die kuriose Begleitung vom mutmaßlichen Lord Fauna offenbarte. Mit Athena im Schlepptau hatte er sich ein wenig gefühlt, als wäre er mit einem aufgeregtem Hund Gassi. Dankenswerterweise hatte die Nymphe aber darauf verzichtet, ihr Beinchen gen Häuserecken und Sträucher zu heben. Die Umgebung sorgte durch eine ganz andere Kälte als die der Temperatur dafür, dass es in dem Nephilim rumorte. Unweit von ihr hauste eine Person, die es regelmäßig schaffte, dem Runenritter noch mehr Respekt einzuflößen als seine Vorgesetzten, denen er zähneknirschend gehorchte. Auch, wenn sie ihn auf Quests schickten, die ihm komplett unsinnig vorkamen, wie das Pflücken von Blümchen. Hätte Lord Hawthorne ihn geschickt, um den eisblauen Lotus zu finden, hätte er ihn vermutlich noch dafür gedankt. Aber zum Glück befanden sie sich nicht in dessen Nähe - und der Akademiker vor ihnen wirkte nicht einmal halb so einschüchternd wie die Person, die Darion erzogen hatte.
Gut erzogen. Weshalb Darion sich in langsamen Tempo näherte und eine leichte Verbeugung andeutete. "Lord Fauna, nehme ich an?", erklang die sanfte, freundliche Stimme des Ritters. Der Wissenschaftler wandte sich von seinem Blick in die Landschaft des Nordens um und ließ den Blick über die beiden Uniformierten schweifen. Zufriedenheit zeigte sich im leicht hageren Gesicht. Zugegeben wirkten sie während einer Musterung durchaus professionell - solange Athena den Schnabel hielt, würde dies auch so bleiben. Auch die beiden Muskelpakete wandten sich ihnen zu. Einer verschränkte die Arme und starrte, der andere grinste und offenbarte dabei eine interessante Menge eiserner Zähne. Eine Menge, die Darion sofort daran denken ließ, dass er bei Gewitter lieber nicht das Maul aufreißen sollte. "Genau! Ihr seid die Soldaten, die ich beauftragt habe?""Rune Knights. Mein Name ist Darion Hawthorne und dies ist ... Athena. Sehr erfreut. Wir wurden davon unterrichtet, dass wir als Leibwächter fungieren sollen. Was ist mit euren ... starken Armen?" Ein nicht gerade subtiler Blick traf Bizeps und Trizeps hinter dem Forscher, der einige Male nickte und die Brille auf seiner Nase richtete. "Ich habe sie als Träger engagiert!", verkündete er und wies auf eine große Holzkiste mit Schlittenkufen, die neben dem Tor verborgen gewesen war. Wie viel Lotus wollte er denn ernten? Huff."Na ja, genau genommen kamen sie auf mich zu. Sie interessieren sich nämlich zufällig auch für Botanik! Könnt ihr das glauben? So ein Zufall!" Zweifelnde, goldene Augen richteten sich auf die beiden Muskelmänner. Eine Augenbraue des Nephilim fand wie von selbst nach oben. Stahlfresse bleckte die mineralstoffreichen Zähne. "Wir lieben Blumen. Ist 'ne tolle Gelegenheit für uns." "Verstehe, dann sollten wi-huh." Eine von Darions schlanken Händen hob sich und legte sich auf den flachen Bauch, in dem sich just ein Gefühl ausgebreitet hatte, als würde sich ein Luftballon aufblähen. Der Runenritter verzog leicht das Gesicht. Galle drängte sich seine Speiseröhre nach oben, doch er schaffte es durch eisernen Willen, die Fassung so weit zu bewahren, dass er sich nicht direkt vor die Füße von Lord Fauna erbrach. Bizeps und Trizeps wechselten einen Blick und glubschten dann zum Bauch des Nephilim. "... keine Zeit verlieren." Die Stimme klang etwas gepresst, während sein Blick über die Männer und den Forscher glitt. Irgendjemand hatte ihn gerade angelogen - und die Chancen standen gut, dass sich das nicht verbesserte, so lange sie miteinander reisten. Schön.
Uh! Da hatte sich aber jemand einen Schnitzer geleistet. Scheinbar war die werte Lady Corassonne bei dem letzten Ball gestolpert. Herrje, wie peinlich. Und die Photographie war wirklich amüsant. Der werten Lady waren die Gesichtszüge völlig entglitten. Und scheinbar hatte sie danach herzlich auf ihren Schneider und ihr Kleid geschimpft. Tsk, tsk. Nur schlechte Schmiede gaben dem Hammer die Schuld. Und nur schlechte Kämpfer dem Schwert. Oder so. Mit leuchtenden Augen lehnte sich Athena gemütlich in ihrem Sitz in der Billigklasse der Strecke Crocus nach Oak Town zurück. Es ging wieder in den frostigen Norden. Und dieses Mal war sie besser vorbereitet, trug dicke Kleidung, warme Stiefel und einen extra-festen Umhang. Das Kind auf dem Platz neben ihr schielte immer mal wieder auf die warme Schokolade der Rune Knight, auf das Abzeichen an ihrer Brust und auf die Waffe, die sich die Nymphe zwischen die Beine geklemmt hatte. "Warum fährst du mit dem Zug?", erkundigte sich der Junge plötzlich. Vorsichtig klappte Athena das Klatschmagazin zusammen, in dem sie bislang "gelesen" hatte. Eigentlich hatte sie sich vor allem die Bilder angeguckt und wenn die lustig waren den Artikel dazu gelesen. "Weil ich einen Auftrag in Sequoia habe." Über das Tischchen des Abteils hinweg lächelten die Eltern des Jungen herüber. Nacheinander zwang Athena ihre Gesichtsmuskeln dazu das Lächeln zu erwidern. Was zur Folge hatte, dass das Lächeln der Eltern leicht bröckelte. Aber das Abzeichen der Rune Knights war ihnen wohl eine Beruhigung. "Hast du damit schonmal jemanden erstochen?", ging die Fragerei vom Fensterplatz aus weiter. Athena folgte dem Deut kleiner Finger bis zum Griffstück Plumas hin, das zwischen ihren Oberschenkeln hervor ragte. Bei dem Kopfschütteln der Nymphe wippte der Zopf von links nach rechts. "Nein. Pluma tötet nur Dämonen und böse Magier", log Athena als Antwort. Trotz all der Übungen vor dem Spiegel hatte sie das noch nicht ganz raus. Sie klang nicht von sich selbst überzeugt. Die Mimik passte nicht. Die Stimme zitterte ganz leicht. Nicht genug, um die Lüge gegenüber diesen arglosen Leuten auffliegen zu lassen, aber definitiv genug um sie gegenüber geübten Personen zu entlarven. "Darf ich das mal halten?" Mit einem Schulterzucken wurde Pluma hoch gelupft und in die viel zu kleinen Hände des Jungen übergeben. Ein Engel war er wohl nicht, in vielerlei Hinsicht, wenn man den leicht panischen Gesichtsausdrücken seiner Eltern Glauben schenken durfte. Aber Pluma reagierte nicht. Athena bugsierte das Klatschblatt auf den Tisch, trank den Rest ihres Kakaos aus und beobachtete den Jungen dabei wie er das Schwert hin und her wendete. "Ist das scharf?" Die Sorge der Eltern wuchs, als Athena statt zu antworten schlicht die Scheide von der Klinge zog. Blankes Sternensilber funkelte verheißungsvoll im Licht. Der Schaffner, der grade hinzu trat, betrachtete das ganze mit mindestens ebenso viel Sorge wie die Eltern, räusperte sich jedoch nur leise. "Miss, der nächste Stop ist Oak Town", ließ der ältere Herr in Uniform hören, beobachtete weiter besorgt den Jungen mit dem blanken Schwert in der Hand. "Oh, vielen Dank, junger Mann!", flötete Athena bestens gelaunt in Richtung des Herren, der die fünfzig schon hinter sich gelassen hatte, und schob sich aus dem Sitz. Eine Verbeugung in Richtung der Familie folgte. "Vielen Dank für die Gesellschaft, die Herrschaften. Eine gute Weiterreise ihnen!" Mit klackenden Absätzen und wehendem Mantel machte sich Athena, Sinnbild der Ritterlichkeit, auf den Weg in Richtung Ausstieg. Zurück in dem Viererteil sahen insgesamt acht Augen reichlich verwirrt auf das Schwert in Händen des Jungen herab. "Hat sie...?" Nur wenig später stand Athena auf dem Bahnsteig in leichtem Schneefall. Um einen warmen Kakao im Magen reicher und um ein Schwert ärmer. Mit fröhlichem Lächeln erwiderte sie das Winken der netten Familie, die so freundlich gewesen war, sie neben ihrem Kind sitzen zu lassen. Zumindest, bis ihr auffiel, mit was da gewunken wurde. Ein panischer Blick ging runter zur leeren Scheide Plumas an ihrem Gürtel, dann zurück Pluma in den Händen der Mutter. Weiter vorne trötete munter eine Signalpfeife. Die Lok stieß eine dichte Rauchwolke aus. Die Räder setzten sich in Bewegung. Oh-oh. Athena streckte die Hand in Plumas Richtung aus. Das Schwert glomm in einem warmen Lichtblitz auf, zerfiel zu funkelndem, blütenförmigem Staub, nur um gleich darauf mit einem erneuten Lichtblitz in der Hand der Nymphe wieder aufzutauchen. Im Zug klatschte ein kleiner Junge, während sich die Mutter Stressschweiß von der Stirn wischte. Athena hingegen hob die Hand, um dem Zug noch ein wenig hinterher zu winken. Ihr Questpartner kam aus Marokkasu. Damit also vermutlich von Midas Hands. Und wahrscheinlich war es wieder Lucien. Immerhin schien diese Gilde gar kein anderes Mitglied zu haben. Das war aber gut so, denn für die Fahrt nach Sequoia wurde den beiden Magiern ein M-Mobil zur Verfügung gestellt. Und Athena konnte kein Auto fahren.
Schnief. Schnief. Schnief. Wie ein Sack alter Kartoffeln hing Lucien in seinem Sitz und kämpfte nicht nur mit seiner ständig laufenden Nase, sondern auch der Übelkeit, die ihn plagte. Letzteres war vermutlich der Zugfahrt zuzuschreiben und würde hoffentlich wieder verschwinden, sobald er nicht mehr durchgeschaukelt wurde. Ersteres hingegen kam von einer ordentlichen Erkältung, vielleicht sogar einer Grippe, die er sich kürzlich eingefangen hatte. Sein Kopf brummte, seine Kehle kratzte und seine Knochen waren schwer wie Blei. War das womöglich sein frühzeitiges Ende? Es war bereits ein kleines Wunder gewesen, dass er es überhaupt geschafft hatte, ein Ticket zu kaufen und dann auch noch die richtige Bahn zu erwischen, doch das Schicksal schien ihn dafür sogar bestrafen zu wollen. Oh, er würde elendig eingehen, einsam und verlassen in diesem Höllengefährt, das ihn näher brachte an die noch kälteren Gebiete dieses Landes. Irgendwann wurde das Geschniefe weniger und die olle Papiertüte, die ihm der Schaffner in die Hand gedrückt hatte, rutschte hinab zu seinen Stiefeln und der Kopf landete an der Fensterscheibe. Der junge Mann schlief tief und fest, bis ihn eine laute Stimme zurück in die Gegenwart zerrte. "Wir haben die Endstation in Oak Town erreicht, der Herr. Bitte steigen Sie aus!" Der schon wieder. Mühsam rappelte sich Lucien auf, schniefte und quetschte sich an dem Kontrolleur vorbei in die Freiheit. Sofort wurde er von einem eisigen Wind empfangen, der ihn prompt dazu zwang, den Kopf einzuziehen und das Gesicht überwiegend in dem hohen Kragen seiner Jacke verschwinden zu lassen. Es mochte schockierend sein, doch auch dieses Mal trug er keinen Anzug! Einerseits, weil diese für einen Streifzug durch die Natur ungeeignet waren, aber auch, weil er heute dringend wärmende, dicke Kleidung brauchte. Unterhemd, Shirt, Pullover und der Windbreaker gaben ihr bestes, um ihn vor der Kälte zu schützen und scheiterten kläglich. Immerhin ebbte die Übelkeit langsam ab. Grummelnd sammelte er sein letztes Bisschen Lebensenergie und begann, sich durch den Schnee zu kämpfen. Leise knarzte die weiße Hölle unter seinen Stiefeln während er, ähnlich wie ein gebrechlicher, alter Mann, den Bahnsteig entlangmarschierte. Was sich für ihn wie ein kilometerweiter Gewaltmarsch anfühlte, war kaum mehr als einige Schritte, ehe er einen altbekannten, blonden Haarschopf entdeckte. Unsicher, ob er sich freuen sollte oder nicht, schlurfte er auf sie zu. "Athena", krächzte er, die Stimme rau wie ein Reibeisen, "Ich hätte nicht damit gerechnet, dich so schnell wiedaahaatschi -entschuldige- wiederzusehen." Er schniefte, ließ die knallrote Nase - die im wunderbaren Kontrast zu der bleichen Haut stand - hinter einem Taschentuch verschwinden. Wenn das so weiterging, würde er bald Reginald, dem rotnasigen Rentier, Konkurrenz machen können. "Ich nehme an, du bist ebenfalls aufgrund der Wildschwein-Angelegenheit hier?" Mühsam zwang er sich ein Lächeln auf die, vom Kragen verdeckten, Lippen und legte ihr eine behandschuhte Hand auf die Schulter. "Wie läuft das Lügen?" Er schniefte und hoffte, dass Athena nichts zu seinem Gesundheitszustand zu sagen hatte. Es war ihm bereits peinlich genug, überhaupt so aufzutauchen, da konnte er Kommentare dazu wirklich nicht gebrauchen. Wieso er überhaupt in solch einem Zustand eine Quest annahm? Erstens hatte er sich nicht freiwillig dazu entschieden und zweitens war die Entlohnung zu gut, um sie sich freiwillig entgehen zu lassen. "Wie sieht der Plan aus? Haben wir genug Zeit, um mir einen Kaffee zu besorgen?"
Schon von weitem erkannte Athena ihren guten, alten Questpartner. Natürlich war es wieder Lucien. Eine Hand der Nymphe reckte sich in die Höhe um dem eigentlich nur wenige Schritte entfernten Mann fröhlich zuzuwinken. Es war wohl das Schicksal Athenas ihrem missgelauten oder anderweitig unbegeisterten Questpartner in Schneegebieten stets mit ihrer guten Laune gewaltig auf den Senkel zu gehen. Denn zumindest sie freute sich das Gegenüber wieder zu sehen. Auch wenn Lucien grade wirklich nicht gut aussah. Beziehungsweise sah er krank aus. Herrje. Seine Nase war rot genug, dass man sie fast mit einer Kirsche verwechseln konnte. Zusammen mit seiner Blässe erweckte er fast den Eindruck einer Osiria Rose. Trotzdem hob sie die Arme, um ihrerseits Luciens Schultern zu drücken. "Hey, Lucien. Gesundheit. Schön dich zu sehen. Hast du überhaupt Gildenkollegen oder bist du Midas Hands' einziges Mitglied. Beschweren will ich mich da echt nicht, wenn sie immer dich schicken. Uh, das Lügen..." Athena hob eine Hand, musterte die eigenen Finger eine Weile lang, bevor sie die Hand am Gelenk hin und her drehte. Die internationale, wenn auch hier etwas zu langsame, Geste für "Geht so". Den Dreh mit dem Lügen hatte sie wirklich noch nicht raus. Die Gesichtsausdrücke wollten nicht so recht und sie musste immer noch jeden Muskel einzeln aufforden sich doch bitte in Position zu begeben. Das dauerte viel zu lange und die Leute wurden immer misstrauisch. Selbst bei den kleinsten Lügen! Das war manchmal echt gemein. Anderen Leuten gelang das so einfach. Wie Lucien. "Mh-hm. Wir sollen uns die Wildschweine mal ansehen und falls nötig ausdünnen. Es sollte auch für Nicht-Nymphen klar sein, dass normale Wildschweine keine drei Meter hoch sein sollen. Selbst zwei Meter sollten sie nicht erreichen. Kaffee? Sicher. Das sollte noch drin sein. Kannst du uns denn fahren? Bis nach Sequioa ist es ganz schön weit, aber wir bekommen ein M-Mobil. Wenn du möchtest, klemme ich mir aber dieses...Dings...da an." Das Dings war vermutlich ein M-Plug. Schon bei der Bitte um Kaffee hatte Athena sich umgewendet und war in Richtung der Bahnhofshalle gestiefelt. In blindem Vertrauen darauf, dass Lucien schon folgen würde, hatte sie sich nicht einmal nach ihm umgesehen. Den Kaffee hatte ihr Partner aber definitiv bitter nötig. Er sah wirklich nicht besonders gut aus. Sollten Menschen nicht im Bett bleiben, wenn sie so verschnupft waren? Athena selbst war noch nie in ihrem Leben krank gewesen. Der Umstand war wohl sehr viel eher einer gewaltigen Menge Glück zu verdanken als irgendwelchen nympheninternen Abwehrkräften. Oder es lag daran, dass sie die ersten fünfzehn Jahre ihres Lebens als nur manchmal körperliche Lichtgestalt verbracht hatte. Auch möglich. In der Halle drängten sich dicht an dicht Menschen, die wohl allesamt versuchten sich vor dem Schnee draußen zu verstecken. Selbst die stickige Enge hier drin war wohl besser als draußen auf dem Bahnsteig zu warten. Mit einer Mischung aus Ellenbogeneinsatz und freundlichem Lächeln bahnte Athena den beiden Magiern einen Weg zum Bahnhofscafé. Dieses zeichnete sich offensichtlich nicht durch seine Qualität aus. Auch hier drängten sich die Leute, gierig darauf eine Tasse Heißgetränk zu bekommen. Es dauerte trotzdem nur einen Moment, bis sich die Bedienung direkt an Athena wandte. Zum Protest einiger anderer Kunden. "Was darf's sein, Miss Rune Knight?", erklang die Nachfrage vonseiten eines jungen Mannes, dessen Gesicht alle Schattierungen von Joghurt aufwies. Vielleicht war er auch krank. "Eine Tasse Kräutertee für mich, bitte. Was nimmst du, Lucien? Einen Kaffee Olé? Wobei, nein, den hast du letztes Mal nicht getrunken. Einen...einen...", unterbrach sich Athena selbst, schnippste mit den Fingern als ihr der Begriff nicht einfallen wollte. "Nicht so wichtig. Soll ich uns einen Tisch suchen?"
Gesundheit? Was war das noch gleich? "Klar gibt es noch Andere, doch die schlagen sich weniger gerne mit Rune Knights herum." In anderen Worten: Sie hatten zu viel Dreck am Stecken, um sie zu schicken. Zumindest in den Augen der Ritter war der Ashworth vollkommen clean, ein unbeschriebenes Blatt. Komplett stimmte das nicht, doch davon wusste nicht einmal die eigene Gilde. Dementsprechend war er wohl oder übel der perfekte Kandidat, um Athena zu begleiten. Er schniefte. "Das ist ... enttäuschend." Seine eigene, werte Schülerin schwächelte? Das war absolut inakzeptabel ... doch gleichzeitig hatte er gerade nicht die Energie, sie dafür zu tadeln. Vorerst würde sie mit ihrer schlechten Leistung davonkommen, doch sie brauchte nicht zu glauben, dass er sie nicht bei ihrem nächsten Treffen zur Rechenschaft ziehen würde. Oder vielleicht sogar später, falls er eine Wunderheilung an den Tag legte. Für den gewöhnlichen Nicht-Nympherich war definitiv klar, dass ein drei Meter großes Wildschwein nicht der Norm entsprach. Lucien hingegen hatte nicht die geringste Ahnung. Vermutlich würde er eins erkennen, wenn es vor ihm stand, doch in Echt gesehen hatte er solche Tiere noch nie. Die Natur war ihm so fremd wie den Meisten das Inenleben ihres eigenen Herds. Freiwillig würde er niemals einen Fuß in sie setzen, doch heute hatte er keine Wahl. Ihm grauste es bereits jetzt vor Ungeziefer und schlammigen Untergründen. Zugeben würde er all das selbstverständlich nicht. "Fahren? M-Mobil?", wiederholte er, obwohl er ihre Worte klar und deutlich verstanden hatte. Er war sich nur nicht sicher, ob er sie sich in seinem kränklichen Zustand nicht etwa eingebildet hatte. Das war ja glatt zu schön um wahr zu sein. "Ja man, ich fahre uns sowas von!" Da vergriff er sich doch glatt in seiner Wortwahl und auch im Ton. Er klang aufgeregt wie ein kleiner Junge und das war er auch, da stellte sich sogar die Erkältung für einen Moment hinten an. Bevor er sich jedoch hinter irgendein Steuer setzte, war dringend Kaffee notwendig, sonst würde er das Ding vermutlich direkt im Halbschlaf an den nächsten Baum fahren. Ein wenig Verantwortung musste schon sein. Erleichtert heftete er sich an den Mantelzipfel seiner Kollegin, die todesmutig den Menschenmengen den Kampf ansagte und sich hindurchfräste wie eine hungrige Raupe durch allerlei Obst. Durch ihren Knight-Status wurden sie sogar vorgezogen. "Auf gar keinen Fall!", knurrte der Schwarzhaarige, als sie Milchkaffee vorschlug. Der war noch immer ein Verbrechen und gehörte verbannt. Auf ihr Angebot hin, einen Platz zu suchen, nickte er, ehe er seinen Blick auf den Verkäufer richtete. "Doppelter Espresso ... zwei." Je mehr, desto besser. Mit halb geschlossenen Augen wartete er darauf, dass ihre Bestellung zubereitet wurde und dackelte daraufhin mit ihr in den Händen zu Athena. Die Jacke streifte er sich von den Schultern, ließ sie einfach über die Stuhllehne fallen, ehe er sich direkt das erste Tässchen schnappte und begann, es wie einen Shot herunterzukippen. Ein wenig Anstandslosigkeit würde er sich heute erlauben können. "Wie kommst du überhaupt an ein M-Mobil? Die Dinger sind doch schweineteuer." Er schniefte. Für die Familie Ashworth war es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, doch er war sich durchaus bewusst, dass die Fahrzeuge für den 0815 Bürger außerhalb des erschwinglichen Bereichs lagen. Nachdem die erste Tasse geleert war, kramte er aus seiner Tasche Medizin heraus und spülte die kleine Kapsel mit der Zweiten herunter. Vielleicht half der Mist ja doch irgendwann noch gegen die Erkältung. Hoffen konnte man ja. Er schniefte. "Haben wir schon einen Plan, wie wir die Wildschwein-Sache angehen wollen? Wieder irgendwelche Rune-Knight-Insider-Infos?"
Was sollte das denn heißen? Natürlich schlug sich niemand mit den Rune Knights. Die Rune Knights waren die Hüter des Gesetzes. Und wer sich mit ihnen schlug damit automatisch ein Gesetzesbrecher. Uh, manchmal wörtlich, wenn man einem Rune Knight was brach. War Midas Hands etwa eine Verbrechergilde? Athena blinzelte sich ein paar Schneeflöckchen aus den Wimpern. Ach, vermutlich nicht. Lucien war doch ein ganz anständiger Kerl. Er hatte sie nicht einmal für ihren, erhöhten, Einsatz von Gewaltgegen gegen das Erdbeersahnetörtchen von Waffenhändler verpfiffen...Was ein gesetzestreuer Bürger vermutlich hätte machen sollen...Okay, das Thema wurde langsam kopfschmerzerzeugend. Lieber rasch wegschieben. Eine interne Betätigung der seelischen Scheibenwischer später zuckte Athena auf Luciens Enttäuschung hin mit den Schultern. Sie war einfach nicht für's Lügen gebaut. Eine Meisterin wie Lucien einer war, würde sie nie werden. Aber das war vermutlich auch okay so. Es musste ja nur reichen um bei der Under-Cover-Arbeit nicht sofort aufzufliegen. Wenn sie später aufflog...war das zwar immer noch nicht gut, aber man war wenigstens in der Position in alle Richtungen angreifen zu können. Optimismus, yeah! So wie es Lucien vor den Bestandteilen der Natur, schlammigen Böden und dem ekligen Gezücht, grauste, so sehr grauste es der Nymphe vor der Autofahrt. Das Lächeln, was Lucien auf seine kindliche Freude erhielt, war daher ein bisschen angefressen. Irgendwie wollte der linke Mundwinkel nicht ganz so wie der rechte, weswegen es schiefer wurde als die Laufbahn mancher Gildenkollegen des Ashworths. "Freut mich...wenn es dich freut. Uh, ich kann übrigens keine M-Mobile fahren. Also...werde ich die Karte nehmen und dich lotsen. Oder es zumindest versuchen. Wenn du während der Fahrt was trinken oder essen willst, kriegen wir das bestimmt auch hin." So viel zur Hilfe vonseiten Nymphe, was Autofahrten anging. Wäre eine Musikanlage in dem M-Mobil, würde sie vermutlich auch daran fasziniert herum fummeln, bis sie kaputt ging. Während die Nymphe die Flut der Menschen teilte wie eine Prophetin das Meer - wenn auch weitaus weniger bebärtet - dackelte Lucien hinter ihr her. Ein freier Tisch war jedoch nicht so einfach zu finden, zumindest, bis ein paar Leute ihren freigaben. Mit beiden Händen ihren Mantel hoch und zurücklupfend, sodass er wie ein Zirkuszelt über die Rückenlehne aufbauschte, ließ sich Athena nieder. Lucien hatte einen doppelten Espresso bestellt. A) wusste die Nymphe nicht, was ein Espresso war (Auch wenn es vage illegal klang) und b) bekam Lucien obwohl er zwei doppelte Erpressos bestellt hatte, nur zwei Tassen. Mit leicht zusammengekniffenen Augen linste Athena in Richtung des jungen Mannes, der hier die Bedienung mimte. Prellte der etwa seine Kunden? Der Blick wanderte wieder zurück zu Lucien. Der schien keinen Fehler an der ganzen Angelegenheit zu finden, stürzte er doch grade die eine Tasse herunter als wäre es das reinste Quellwasser. Vorsichtig angelte sie die zweite Tasse vom Tisch, hielt sie kurz unter ihre Nase. Die legte sich auch gleich darauf kraus, als der Geruch des dunkelsten Kaffees, den ein billiges Bahnhofscafé bereitstellen konnte, ihren Geruchssinn attackierte. Lucien bekam eilig sein Espressotässchen zurück. "Das M-Mobil wird uns von einem Herrn gestellt, der Verwandte in Sequoia hat. Da er um die Sicherheit seiner...uhm...Tochter der Schwester seines Vaters?", pochte Athena mit einem gepanzerten Finger die einzelnen Familienmitglieder mit, bevor sie weitersprach: "Also, um die Sicherheit dieses Mitglieds seiner Familie fürchtet und die Straßen nach Sequioa um diese Jahreszeit nicht leicht zu bereisen sind, hat er den Rune Knights den Wagen auf Anfrage zur Verfügung gestellt. Der sollte also nicht beschädigt werden, bitte." Die Nymphe beugte sich vor und faltete die Hände auf dem Tisch. Oder wenigstens versuchte sie das. Der schwere Mantel schlang sich sanft wie eine die Pranke eines Riesen um ihren Hals. Einen erstickten Würgelaut später schlappte der Mantel auf der Rückenlehne zusammmen wie Lucien vermutlich vorher in seinem Sitz im Zug. Auf die letzte Nachfrage Luciens gab es jedoch nur munteres Kopfschütteln mitsamt fliegendem Zopf. "Wir wissen ebenso wenig wie die anderen Gilden. Als die Eber noch normal waren, wollten die Rune Knights es den anderen Gilden überlassen. Der Bericht von den drei Metern großen Ebern lässt jedoch auf magische Manipulation schließen oder irgendeine Art magischen Unfall, weswegen das Kommando mich geschickt hat. Wir sollen also für die Sicherheit des Dorfes sorgen und feststellen, warum die Schweine dort derart übergroß sind. Sollten sich die Schweine als aggressiv herausstellen, sollen wir sie...beseitigen. Alles weitere werden wir sehen, wenn wir in Sequoia sind. Möchtest du noch so ein...Erpresso für die Fahrt? Wir kriegen sicher eine Kanne. Wenn du soweit bist, führ' ich uns zum Wagen. Vielleicht noch was zu essen? Ich habe Hunger. Schau, die machen hier Sandhexen."
Natürlich konnte die Nymphe keine M-Mobile fahren. Die wenigsten Leute konnten es. Doch Lucien war in einer Welt aufgewachsen, in der 'teuer' ein Fremdwort war und so hatte er natürlich auch Zugang zu allen möglichen magischen Transportmitteln gehabt. Nicht immer mit dem Einverständnis seiner Eltern, doch dieses Detail war zweitrangig. "Klingt gut", bestätigte er mit einem Nicken, ehe er nieste. Er konnte es kaum erwarten. Aber erstmal Kaffee. Während er sich seiner ersten Tasse widmete wie ein Alkoholiker seinem ersten Shot Wodka des Tages, packte sich Athena seine zweite Dosis. Sofort fielen die leicht zusammengekniffenen goldenen Seelenspiegel auf sie, begleitet von einem leisen Grummeln. "Meins." Bei seinem Kaffee hörte die Freundschaft wirklich auf, ganz egal wie widerlich und billig dieser sein mochte. Sie hielt lieber ihre Lippen von der Tasse fern! Ob es nun seine Drohung oder der Espresso selbst war, das Tässchen landete in Windeseile wieder auf seiner Seite des Tisches. Damit hellte auch die Stimmung des Schwarzhaarigen prompt wieder auf. Er schniefte. "Cousine?" Der Kerl musste seine Familie wohl wirklich lieben, wenn er für sie bereit war, sein M-Mobil in komplett fremde Hände zu geben. Würde er selbst eine seiner AWs einem Fremden anvertrauen, wenn es um seine Schwester ging? Mh, widerwillig ... vielleicht. Aber die waren auch billig im Vergleich zu dem Fahrzeug. Egal, zurück zum Thema. "Ich werde aufpassen, keine Sorge." Für Dellen oder Schrammen würde er trotzdem keine Verantwortung übernehmen! Damit durfte sich im Fall der Fälle natürlich die werte Ritterin herumärgern. Fragende Blicke folgten den merkwürdigen Lauten, die diese von sich gegeben hatte, ehe der Blick wieder in der pechschwarze Widerlichkeit des Bahnhofkaffees versank. Er nieste. "Also gut, dann fangen wir wohl baa-haaa-hatschiiii ... entschuldige, bei null an." Der letzte Schluck Espresso wurde seine Kehle heruntergespült, ehe er weiter sprach. Dieses Mal jedoch leiser, sodass seine Stimme hoffentlich nicht bis zu den anderen Gästen hinüberschwappte: "Sei ehrlich mit mir, Athena." Er bezweifelte zwar, dass sie ihn erfolgreich hätte anlügen können, doch er wollte es trotzdem gesagt haben. "Könntest du die Wildschweine denn töten, wenn du müsstest?" Er selbst war zwar nicht unbedingt scharf darauf, für seine Bezahlung würde er es jedoch tun. Aber Athena? So, wie er sie bisher erlebt hatte, schien sie nicht wie eine Person, die bereit war, zu töten. Er schniefte. Wenn er im Voraus wusste, dass sie es nicht konnte, sollte es ihm Recht sein, doch er wollte nicht mitten in einer brenzligen Situation herausfinden, dass er sie alleine meistern musste. Dafür hatte er heute echt nicht den Kopf. "Nein und nein. Kannst dir aber ruhig was mitnehmen. Ich kann das nicht essen. Was auch immer Sandhexen sein sollen." Besser gesagt: Er wollte es nicht essen. Mahlzeiten, die nicht von Nate oder einem Koch seines Vertrauens zubereitet wurden, ließ er, solange wie möglich, außenvor. Der Kaloriengehalt war kaum bis gar nicht akkurat zu errechnen und es ließen sich fast immer schlechte oder billige Zutaten finden. Nein, das würde er seinem Adoniskörper garantiert nicht antun. Aber die Blonde konnte gerne tun und lassen, was sie wollte. Nachdem sie schließlich ihren Futtervorrat aufgefüllt hatte (oder auch nicht) kamen sie endlich zum Highlight des Tages - zumindest für den Gunner. Seine Augen funkelten regelrecht mit dem wohlpolierten Lack des Wagens um die Wette. Dieses Modell ... es war einfach ein Traum. Ob er wohl einen Blick ins Innere werfen durfte? Er wollte die moderne Technologie sehen, die Lacrima, die verbaut worden waren, um es zum Laufen zu bringen, die Verkabelung, ja, einfach alles. Welch Folter es doch war, dass es nicht seins war und er es wohlbehalten zurückbringen musste! Mit einem Seufzen, das dem sehnsüchtigen Ruf einer Robbe nach einer paarungswilligen Gefährtin glich, marschierte er hinüber zur Fahrertür und nieste. Immerhin durfte er dieses Baby fahren. Er ließ sich in den weichen Sitz fallen, welchen er prompt an seine Größe anpasste, streichelte sanft über das Lenkrad, machte sich mit den Pedalen vertraut. Ein Traum, es war einfach ein Traum. Moment. Das hier war echt, korrekt? Das hier war kein gnadenloser Fiebertraum, aus dem er jeden Moment erwachen würde, einsam, alleine und ohne die vierrädrige Liebe seines Lebens. "Athena, bitte schlag mich. Fest."
Metall klickte leise, als Athena die Hände hob. Die Panzerhandschuhe falteten sich ein, wieder auf, wie eine stählerne Blume. Offenbar hatte die Nymphe nicht vor Lucien seines dringend benötigten Lebenselixiers auf Basis gerösteter Bohnen zu berauben. Immerhin hatte er ja auch dafür bezahlt. Wenn sie den Kaffee trank - den sie nicht einmal mochte! - wäre das Diebstahl! Und das war illegal! "Deins", wurde Luciens Besitzanspruch an dem dunkelsten aller Kaffees bestätigt. Was auch immer er an diesem Gesöff fand, es war ganz und gar seins. Sollte Athena jemals in die Verlegenheit geraten zu drohen zu verdursten, würde sie wohl auch einen Kaffee trinken, sollte man ihr einen anbieten. Aber davor eben auch nicht. Dafür war das Zeug zu bitter. Außerdem schmeckte es immer leicht nach Brand. Im Sinne von Feuer, nicht im Sinne von Branntwein. Feuer war zwar gut, aber nur, wenn es benutzt wurde um Waffen zu schmieden. Klicken, Schnalzen, als Athena mit dem Finger schnippste. "Cousine! Danke, das meinte ich. Ihr Menschen und Eure Verwandtschaften." Die Augen der Nymphe nahmen ein tieferes Blau an. Vielleicht wäre es auch mal nett eine Cousine zu haben. Aber das ging nicht. Dafür brauchte man Eltern. "Bei Null. Leider ja. Aber keine Sorge, ich kenne mich gut in Wäldern aus. Ich habe die ersten...zehn? Fünfzehn? Jahre meines Lebens alleine in einem Wald gelebt. Na ja, gelebt. Uhm, existiert? Manchmal. Manchmal war ich auch wieder weg. Schwer zu erklären. Auf jeden Fall komme ich gut in Wäldern zurecht." Als Lucien sich vorbeugte, machte sie die Geste nach. Sogar seinen inquisitiven Gesichtsausdruck ahmte die Nymphe nach und senkte ebenso verschwörerisch die Stimme. "Natürlich. Es ist meine Pflicht die Bürger von Fiore zu schützen. Außerdem sind drei Meter große Eber nicht normal. Da steckt bestimmt ein Dämon oder so etwas dahinter! Und damit müssen sie getilgt werden." Ein bekräftigendes Nicken folgte. Damit war wohl alles gesagt. Sorgen über die Verblendung Athenas musste sich Lucien wohl später machen, denn die Nymphe schob sich in die Höhe, als er vermeldete nichts essen zu wollen. "Warte, ich zeige es dir", ertönte es mit widerlich guter Laune noch in Richtung Tisch, bevor sich der blonde Schopf schon wieder in der Schlange vor dem Verkaufstresen einreihte. Und erneut wurde die Rune Knight bevorzugt. Mit ihrer Beute, die aus zwei triefenden Sandwiches und einer ungesund hohen Anzahl Muffins unterschiedlichster Sortierung bestand, führte Athena Lucien durch die verschneiten Straßen von Oak Town, bis...für den Ashworth ein Traum wahr wurde. Sehr viel misstrauischer als ihr Kollege öffnete Athena die Beifahrertüre des schnittigen Sportwagens, den man ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Die Sitze bestanden aus weichem, braunen Leder, bei sich unweigerlich die Frage stellte welches Tier dafür sein Leben hatte lassen müssen. Vorsichtig wurde der Blondschopf in das Innere des Wagens gereckt und die Armatur betrachtet. Magie war ja schon kompliziert. Alleine die Sache mit den Taschendimensionen, dann die ganzen Verträge mit den Engeln. Aber das hier...das hier war ein Enigma, versiegelt mit sieben Siegeln, chiffriert und außerdem noch in einer anderen Sprache. Wofür waren all diese Knöpfe und Hebel gut? Wie lenkte man so etwas ohne Pferd vorne dran? Wenigstens schien es einen Platz für ihr Essen zu geben. Stumm umrundete Athena den Wagen und hob die Klappe in der Front an. "Keine winzigen Pferde. Warum hat der Wagen dann Pferdestärke?" Die Klappe wurde wieder zugeschmettert, bevor Athena ihre Umrundung des Wagens fortsetzte. Luciens Bitte erklang aus dem Wageninneren. Leider richtete er diese an jemanden, der Dinge gerne wörtlich nahm, weswegen Athena mit den Schultern zuckte, die Hand zu einer gepanzerten Faust ballte und sie Lucien mit voller Wucht gegen die Schulter zimmerte. Lucien war schon manchmal ein seltsames Kerlchen. Es bestand gute Chance, dass sie heute verletzt wurden und da wollte er schon vorher geschlagen werden. Aber wenn ihn das glücklich machte, stand sie natürlich zur Verfügung. Vorsichtig ließ sich Athena im Inneren des Wagens nieder, faltete die Beine über ihr Essenspaket hinweg zusammen und kramte im Handschuhfach, bis sie eine Karte in Händen hielt. "Wir sind hier. Und wir müssen dort hin. Die Straße hier sollte uns dahin führen. Findest du das alleine?" Wieder knallte es, als Athena die Türe zuzog und zu Lucien hinüber sah. Sicherheitsgurt? War wohl etwas für Schwächlinge.
Einmal mehr sorgten die Worte der Ritterin dafür, dass sich auf dem Gesicht des Ashworth ein großes Fragezeichen abbildete. Vermutlich war es besser, ihre Vergangenheit einfach nicht zu hinterfragen. Das ganze Nymphen-Zeug war sowieso äußerst merkwürdig und bereitete ihm ehrlich gesagt ein wenig Kopfschmerzen - vor allem heute. Er bezweifelte nicht, dass sie die Wahrheit sprach, dafür war sie im Lügen einfach zu schlecht, doch es war einfach so skurril. Genauso wie ihr regelmäßiges Gerede über Engel und Dämonen. Da hielt er dann doch lieber die Klappe und ließ sie fröhlich abzischen, um sich ein paar Sandhexen zu besorgen. Diese stellten sich als nur so vor Kalorien triefende Sandwiches heraus ... Hilfe. Wie gut, dass er abgelehnt hatte, bereits beim Anblick wurde ihm übel. Gottseidank kam er trotzdem auf seine Kosten. Der Wagen, den man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, war einfach nur ein Traum, er war perfekt! "Das ist nicht wörtlich zu nehmen. Pferdestärke ist einfach nur der Begriff für die Leistungkraft des Motors", seufzte er mit einem leichten Kopfschütteln. Wie konnte man soetwas bloß nicht wissen? Und wie konnte man so unfassbar grob mit etwas so Wertvollem umgehen? Sowohl das M-Mobil, als auch Lucien selbst wurden von der Blonden behandelt wie ein Boxsack. An einem gewöhnlichen Tag hätte er den Schlag mit einem Lachen weggesteckt, doch heute rieb er sich grummelnd den schmerzenden Oberarm. "Doch nicht so fest." Immerhin nahm sie danach endlich neben ihm Platz. Dann konnte es ja endlich losgehen! Halt was? Karte? Ach ja. Hatte durchaus seine Vorteile, wenn man wusste, wohin es gehen sollte. Seine Augen folgten ihrem Finger quer durch Nordfiore, letztendlich war er aber genauso schlau wie vorher. "Gib mir einfach bescheid, sobald ich abbiegen muss. Ich kann die Karte nicht ständig im Blick behalten." Die perfekte Ausrede. Erhob den Blick vom Papier und erwiderte ihren. Und wartete. Und wartete. "Anschnallen", forderte er schließlich, nachdem sie sich nicht regte und nickte auf den Gurt, der sehnsüchtig darauf wartete, von ihr genutzt zu werden. Während sie hoffentlich seiner Forderung nachkam, kramte er aus seiner Tasche ein kleines Etui hervor. Einen Moment lang starrte er widerwillig auf das pechschwarze Plastik, dann seufzte er und klappte es auf. Die anstehende Fahrt würde anstrengend für seine Augen werden, also hatte er keine andere Wahl. "Ich will keinen Kommentar hören", knurrte er, während er das breite, eckige Gestell hervorholte und es sich auf die Nase setzte. Sofort wurde die Welt ein wenig schärfer. Er schniefte. Wie er dieses Ding hasste. Ihm war vollkommen bewusst, wie bescheuert er damit aussah, doch ob er wollte oder nicht, er brauchte die Brille zumindest in Momenten wie diesen. Natürlich kratzte das an seinem gewaltigen Ego. Doch Ablenkung war nah, sodass er, kaum, dass das verfluchte Teil ordentlich saß, das Gaspedal durchtrat und lossauste. Verkehrssicherheit war für den Schwarzhaarigen, sobald er die Fänge der Stadt hinter sich gelassen hatte, absolut zweitrangig. "Ich will keine Beschwerden, Fräulein Rune Knight. Sonst kannst du selbst fahren." Bis auf eine zunehmend dicker werdende Schicht Schnee waren die Straßen leer und somit hatte er mehr als Grund genug, ordentlich auf die Tube zu drücken. Die Finger fest um das Lenkrad gelegt nahm er seine Kurven mit Schwung um auf den Geraden noch schneller auf hohe Geschwindigkeiten zu kommen, ein weites Grinsen lag stets auf seinen Lippen. Man, das war schon geil! Anders konnte man es nicht nennen. Endlich kein qualvolles Gewackel und Geschaukel mehr, der Motor ratterte leise und die Welt rauschte regelrecht an ihnen vorbei. Er schniefte. So ließ es sich doch beinahe leben. Eine Weile lang schwieg er vor sich hin, huste und nieste gelegentlich, doch mit der Zeit wurde die Stille unangenehm. Aber über was sollte er mit Athena reden? Es war inzwischen die dritte Quest, die sie gemeinsam bestritten, doch sie waren sich noch immer überwiegend fremd. "... wie läuft das Training? Schon stärker geworden?", brach er schließlich die Stille und warf einen kurzen Blick zu ihr hinüber. "Irgendwelche fiesen Verbrecher festgenommen? Idioten verprügelt? Kerle klar gemacht? Erzähl mir bitte irgendetwas, ganz egal was."
"Oh, Entschuldige. Aber du hast gesagt, ich soll dich fest hauen", verteidigte sich Athena vom Beifahrersitz. Wenn er nicht fest gehauen werden wollte, musste er das eben sagen. Manchmal war Lucien ja schon ein bisschen seltsam. Er sagte Sachen, die er gar nicht so meinte. Hatte er grade gelogen? Wenn ja, dann konnte er das ja noch besser als gedacht! Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass irgendwas an der Aufforderung falsch hätte sein können. Er war wirklich ein richtig guter Lügner. Das musste man schon irgendwie respektieren. Jedenfalls, solange er seine Fähigkeiten nicht nutzte um damit Böses zu tun. Zugegeben hatte sich Athena Luciens Akte bei den Rune Knights nicht angesehen, aber sie vertraute ihm auch so. Bestimmt hatte er eine blütenreine, weiße Weste. Mh-hm. Die Nymphe senkte den Blick zur Karte hinab. Es gab nur eine Straße. Und die führte nach Sequoia. Ab und an gab es Abzweiger, die vermutlich zu irgendwelchen Gehöften oder Jagdhütten führten. Aber eigentlich mussten sie ja nur gradeaus. Zumindest auf der Karte sah das einfach aus. "Aye, aye. Ich übernehme den Kartendienst. Wir kommen sicher ans Ziel, verlass' dich drauf. Anschnallen? Oh, ist das wofür der Riemen hier da ist?" Munter wurde an eben jenem Riemen gezogen, bis er blockierte. Also noch einmal vorsichtiger. Gut, jetzt hatte sie einen Riemen in der Hand. Wohin damit? Langsam färbten sich Athenas zu neugierigem, hellen Orange um. Mal sehen. Wo hatte Lucien den Riemen befestigt? Das hier war fast wie ein Schwertgehänge, nur eben für Menschen. Aha! Seitlich neben ihrem Hintern gab es eine Befestigungsmöglichkeit. Es klickte zufriedenstellend, als Athena den Riemen einhakte und sich fast selbst mit der Oberkörpersicherung erwürgte. Der Riemen zog furchtbar an der Brust und rieb schmerzhaft über ihre Kehle. Nein, so ging das nicht. Goldenes Licht hüllte den Körper der Nymphe ein. Der Riemen schob sich weiter nach vorne, als Stahl ihn von empfindlicheren Hautstellen trennte. Mit einem wohligen Seufzer drückte sich Athena mitsamt ihrer Heartkreuz-Armor tiefer in den Sessel. Es drückte nicht mehr. Ihre Kehle war frei. "So ist es besser. Wieso Kommentare? Ist doch nur eine Brille. Ist das schlimm, dass du eine tragen musst? Also, für dich?" Die Fahrt durch die Stadt drückte Athena fast ihr Gesicht an der Fensterscheibe platt. So fuhr es sich also in einem M-Mobil. Das war ja fast entspannt. Ein bisschen wie in einem etwas bequemeren Zugabteil zu sitzen. Nur eben ohne Schienen brauchen zu müssen. Das war ja total praktisch! Und es ging auch nicht schneller als ein lockerer Trab auf einem Pferd. Vielleicht waren M-Mobile doch gar nicht so schlimm, wie sie gedacht hatte. Pferde würden ihr trotzdem lieber bleiben. Ein lebendiges Wesen unter sich zu haben war einfach etwas völlig anderes als eine nicht denkende, nicht fühlende Maschine. "Beschwerden? Wieso sollte ich mich beschwer-ahhh!", schaffte Athena grade noch so hervor zu bringen, bevor Lucien das Gaspedal durchdrückte, kaum, dass sie Oak Town verlassen hatten. Die Landschaft, die bis grade eben noch so gemütlich vor dem Fenster vorbei gezogen war, rauschte jetzt vorbei. In der ersten Kurve krallte sich Athena mit einer Hand an der Außentüre fest. In der zweiten Kurve mit der anderen Hand an ihrem Sitz. In der dritten stemmten sich die Füße unten gegen die Armatur um für zusätzlichen Halt zu sorgen. Die Nymphe hing auf dem Beifahrersitz wie eine unwillige Katze über der Öffnung ihres Transportkorbs, wenn es zum Tierarzt ging. Alle Viere von sich gestreckt, um möglichst viel Halt zu haben. Das Gesicht trotz der offensichtlichen Panik seltsam glatt, da Athena grade komplett vergaß ihre Gesichtsmuskeln an die richtigen Stellen zu beordern, wandte sie mechanisch den Kopf in Luciens Richtung als dieser sie ansprach. Wie konnte er so ruhig sein? Das hier war ein Höllengefährt! "Ich arbeite daran mich von Lady van der Velden ausbilden zu lassen. Letztes durfte ich sogar eine Quest mit ihr bestreiten. Die lief...uh, nicht so gut. Hab' mich erwi-i-ischen lassen. Aber dafür weiß ich jetzt, was Fesselzauber sind. Der Verbrecher war ahhber schon festgenommen. Wir haben ihn nuhhhr überführt. Sonst haben wiiiir nur die Unschuld von jemandem bewiesen. Aber ich sehe Kerle auch so kla-AH!r, Lucien. Ich muss sie mir nicht klar machen. Hast du dir denn Kerle klar gemacht? Oder Idioten verprügel-hih!-t?", brachte Athena, mit mehrfachen Unterbrechungen panischer Geräusche hervor, wann immer es in eine Kurve ging. Bei den letzten Sätze löste sich ein verkrampfter Finger aus dem Sitz und deutete auf Luciens Brille. Dass er sich die Kerle klar machen musste, war ja logisch. Scheinbar sah er sie ja sonst nicht richtig. Und wenn man Leute nicht richtig sah, konnte man sie auch nicht verhauen. Logisch. "Sonst spüre ich grade einem Engel nach. Azathiel heißt sie. Und sie dient einem Fürsten der Engel. Aber bi-i-islang habe ich sie nicht erreichen können. Uh, deine Eltern machen Schusswaffen, oder? Die Ashworths? Kann ich dir spät-ah! eine Blaupause zeigen?"
Vielleicht hätte Lucien, bevor er Athena das Lügen beigebracht hatte, ihr lieber das Leben lehren sollen. Wie konnte man so fürchterlich weltfremd sein? Als sie mit dem Anschnallgurt kämpfte, wirkte sie wie ein kleines Kind, dabei war sie sogar älter als er. Die Sache mit der Rüstung hinterfragte er lieber gar nicht erst. Manchmal war es besser, Dinge nicht zu wissen. "Es ist katastrophal." Das war womöglich ein wenig theatralisch, doch für den Ashworth fühlte sich die Brille tatsächlich an wie ein Weltuntergang. Sie ruinierte sein perfektes Aussehen und somit auch sein gesamtes Selbstbewusstsein. Er fühlte sich wie das hässliche Entlein schlechthin, wenn er das dicke, schwarze Gestell tragen musste. Leider war er nicht rücksichtslos genug, um sein eigenes Wohlergehen und das seiner Mitfahrerin zu riskieren, nur um gut auszusehen. Dafür riskierte er es aber umso bereitwilliger, um ordentlich Gas geben zu können. Das war die Rache für die Male, die er hatte Kutsche fahren müssen! Athena sollte sich mal nicht so anstellen, so schlimm war sein Fahrstil nun auch nicht. "Lady wer?" Fragend hob sich eine seiner Brauen. Promis gingen ihm - gelinde gesagt- am Allerwertesten vorbei. War das irgendeine tolle Rune Knight? Egal. "Ich hoffe bloß, das Versagen gewöhnst du dir nicht an. Ich kann keine fehlgeschlagenen Quests gebrauchen." Wie konnte man als Magier nicht wissen, was Fesselzauber waren? Einmal mehr war es wohl besser, die Tatsachen nicht zu hinterfragen. Dass die Blonde vollkommen unerfahren war, war ihm ja bereits klar und wurde ihm nur umso deutlicher, als sie auf seine weiteren Fragen antwortete. "Dein Ernst? Athena- ... ich rede doch nicht vom sehen. Wenn ich klargemacht sage, dann meine ich aufgerissen- nein, das verstehst du ja auch nicht. Abgeschleppt? Ehh. Du weißt schon." -Explizite Handbewegungen- "Boahh ... weißt du was? Vergiss es." Seufzend fuhr er sich mit der flachen Hand quer über sein Gesicht. Diese Frau machte ihn fix und fertig. Er hatte manchmal wirklich das Gefühl, sie hatte die umgangssprachlichen Kenntnisse eines Kleinkindes. Selbst wenn sie kein Mensch war, musste man das doch verstehen. Eigentlich. "Habe ich nicht", fügte er hinzu, sein Tonfall etwas pampiger als gewollt. Da passte ihm wohl etwas nicht. Schnell weiter im Thema. "Verprügelt schon. Für eine Quest, versteht sich." Obwohl verprügeln wohl das falsche Wort war. Er hatte den Kerl angeschossen. Mehrfach. Aber das Endergebnis war mehr oder weniger das Selbe. Der Typ hatte Schiss bekommen und getan, was er sollte. Die Details ersparte er der Ritterin - mehr sich selbst zuliebe als ihr. Das, was der Schwarzhaarige verzapft hatte, wenn auch im Namen seiner Gilde, war nicht sonderlich legal gewesen. Er schniefte. Und dann war es mal wieder da, das lästige Gelaber über 'Engel'. Hatte sie noch immer nicht kapiert, dass diese Kreaturen nicht existierten? "Klingt ... spannend", antwortete er trotzdem, schließlich hatte er gefragt. "Korrekt. Wir sind auf die Herstellung von Schusswaffen spezialisi- du willst was?! Selbstverständlich!" Zwar hatte er selbst nie in der Produktion gearbeitet, doch das hieß nicht, dass der Blaupausen nicht lesen und verstehen konnte. Im Gegenteil, er setzte sich nur zu gerne mit ihnen auseinander - schließlich war das Auseinander- und Zusammenbauen von allerlei magischen und nichtmagischen Gegenständen seine große Leidenschaft. Wenn jemand einen Bauplan für eine Waffe für ihn hatte, war das ein absolutes Highlight. Die fast schon kindliche Freude machte sich nun schon zum zweiten Mal am heutigen Tag in ihm breit, schlich sich auf sein blasses Gesicht und ließ die erschöpften Äuglein strahlen. Leider sorgte sie auch dafür, dass er einen kleinen Schlenkerer machte, wie gut, dass es keinen Gegenverkehr gab. Vielleicht sollte er doch lieber ein wenig langsamer machen. Schließlich musste er nun einen größeren Teil seiner Aufmerksamkeit seiner Beifahrerin spendieren. "Du wirst niemanden finden, der dein Konzept besser umsetzen wird als wir." Und auch niemanden, der dafür mehr Geld verlangen würde. Doch das sollte Athena (hoffentlich) bereits klar sein. "Was stellst du dir vor? Gib mir alle Details." So ließ sich die Fahrt doch ertragen!
"Also...so schlimm sieht es doch wirklich nicht aus", antwortete Athena. Im Gesicht der Nymphe zeichnete sich dabei nichts als pure Ernsthaftigkeit ab. Was wohl schon genug Beweis war, dass sie es wirklich meinte, wie sie es sagte. Etwas anderes war von einer Person, die einen Engel als Modeberater hatte, weil sie sowas selbst nicht hinbekam, aber wohl auch nicht zu erwarten. Das Leder des Panzerhandschuhs knirschte, als es in eine weitere Kurve ging. Die Nymphe verkrallte sich noch mehr in allem, was in Reichweite war. Vor den Fenstern setzte stärkerer Schneefall ein. Die Flocken, die eigentlich nur durch die Luft trudelten wie besonders fette Hummeln in Hochzeitskleidern, rasten stattdessen auf der anderen Seite des Glases vorbei. Langsam legte sich die Panik Athenas jedoch. Das bedeutete nicht, dass sie nicht weiterhin mit allen Vieren von sich gestreckt im Inneren des Wagens hing, aber so langsam erreichte sie ein Equilibrium des Schreckens. Wenigstens genug um nicht mehr jeden Satz komplett stotternd hervor zu quälen. "Lady van der Velden? Sie ist eine S-Rang-Magierin der Rune Knights. Sie hat sogar schon einmal einen Dämonen getötet. Deswegen nennt man sie Dämonentöterin. Eigentlich ist sie ziemlich bekannt. Aber vielleicht nicht in Marokkasu Town? Auf jeden Fall ist sie wunderbar. Und keine Sorge, ich weiß jetzt wie diese Zauber funktionieren und werde mich verteidigen. Außerdem habe ich mir einen Schild schmieden und verzaubern lassen, der Zauber abblocken kann", führte Athena aus, wobei sie fast anschwoll vor lauter Stolz. Nein, noch einmal würde es ihr nicht passieren frontal in einen Fesselzauber zu latschen. Zumindest nicht ohne gleichzeitig auch den Wirker des Zaubers auszuschalten. Luciens kleiner Ausbruch in Sachen Kerle abschleppen wurde mit irriertem Blick vom Beifahrersitz quittiert. Die Worte schienen die Nymphe nicht nur weiter zu verwirren, dem war auch so. Aufgerissen? Nicht doch, das klang ja nun wirklich brutal. Das wäre unnötige Gewalt gegen Gefangene. Und abgeschleppt? Sie arbeitete doch nicht für einen Kutschenabschleppdienst. Falls es so etwas gab. Ach, bestimmt. Kutschen brachen ja gerne mal auseinander, besonders, wenn sie von meterdicken Steinsäulen durchbohrt wurden. Da brauchte man bestimmt mal einen Abschlepper. Aber was hatte das jetzt wieder mit Kerlen zu tun? Die konnten selber laufen! Die mussten nicht abgeschleppt werden. Die Augenbrauen der Nymphe zogen sich weiter verwirrt zusammen, ein Ausdruck, den sie irgendwie sehr häufig bei Leuten beobachten konnte, die sich mit ihr unterhielten. Keine Ahnung, warum. Bei den Handgesten jedoch erhellte das Leuchten des Verstehens ihr Gesicht. "Achso. Sex. Sag' das doch. Nein, habe ich nicht. Sollte ich? Stört dich das Thema? Wobei, du hast damit angefangen. Uh, wir können auch über was anderes sprechen." Sich gegen den Gurt und den Sog der Geschwindigkeit stemmend, beugte sich Athena ein winziges Stückchen im Sitz vor, um Lucien ins Gesicht sehen zu können. Sie war ja jetzt nicht grade empathisch, aber das Thema schien ihn doch deutlich gestört zu haben. Vielleicht hatte er einfach kein Glück beim Kerle klar machen? Darion könnte ihm da bestimmt helfen. Der wusste so viel. Da wusste er bestimmt auch wie man Kerle...aufriss. "Eine Schusswaffe gefertigt bekommen. Beziehungsweise zwei. Eineinhalb? Warte, lass mich erklären. Ich möchte eine Pistole, die ich magisch laden kann, um damit Leute zu markieren, die ich verfolge. Einen Verzauberer habe ich, aber für jede Verzauberung ist eine solide Basis nötig. Und da man mich niemals mit einer minderwertigen Waffe in der Hand erwischen wird, möchte ich eine wirklich gute, eine fantastische Pistole. Das Beste, was deine Familie bieten kann." Der Blick wanderte wieder nach vorne, wo sich langsam dicke Flocken auf der Frontscheibe sammelten. Noch säbelten die Scheinwerfer des M-Mobils einen Pfad durch das Schneetreiben. Die Bäume huschten weiter vorbei, dazwischen größere Schatten, dunkel gegen das gleißende Weiß des Schnees. "Das andere soll eine Lanze werden, in die eine Kanone eingebaut wurde. Ich möchte sie dem Feind in den Körper rammen und ihn dann beschießen können. Auf nächste Nähe." Trotz dieser blutrünstigen Aussicht klang Athena ausgesprochen vergnügt. Die Augen der Nymphe hatten den freudigen Glanz einer Waffenfanatikerin angenommen, die sich grade den Einsatz ihres neuesten, liebsten Mordinstruments ausmalte. "Für den Lanzenteil habe ich einen Meisterschmied gefunden, aber die Kanone kann er nicht bauen. Aber das bekommt deine Familie bestimmt auch hin, oder? Vielleicht kann man euch die Lanze zuschicken, damit ihr damit weiterarbeiten könnt?" Einer der Schatten vor dem Fenster hielt trotz der Geschwindigkeit mit dem Fahrzeug mit. Richtig zu erkennen war es nicht. Athena sah außerdem grade zu Lucien und damit in die falsche Richtung.
Eine hochrangige Magierin sollte die Dame, von der Athena sprach, also sein. Lucien quittierte diese Tatsache mit einem simplen Schulterzucken. Berühmte Leute interessierten ihn kaum. Vielleicht lag es daran, dass er schon von kleinauf mit allerlei großen Geschäftsmännern und -frauen zutun gehabt hatte, vielleicht interessierte er sich auch schlichtweg nicht genug für das Leben fremder Leute. Viel lieber hörte er, dass die Blonde aus ihren Fehlern gelernt hatte und nun wusste, wie man es besser machte. Das hatte ein anerkennendes Nicken verdient. "Gut, gut." Man musste ihr lassen, dass sie sich wirklich bemühte, sich weiterzuentwickeln. Genau deswegen war sie inzwischen eine angenehme Questpartnerin für ihn, auch, wenn sie hin und wieder anstrengend sein konnte. Wie zum Beispiel just in diesem Moment. "Nein, tut es nicht", seufzte er und verdrehte die Augen. "Und du solltest auch nicht, außer du willst. Das war von Anfang an keine ernstgemeinte Frage. Das sagt man halt so." Eigentlich hätte er es besser wissen müssen, schließlich hatte er inzwischen oft genug gemerkt, wie wörtlich und ernst sie Worte nahm. Kurz schielte er zur Seite, als sie versuchte, ihm ins Gesicht zu sehen. Wie gut, dass er keine Gedanken lesen konnte. Er war doch kein erfolgloser Schürzenjäger, verdammt! Warum er so aufgebracht über das Thema war, konnte er sich doch selbst nicht vollständig erklären. Oder vielleicht wollte er es auch nicht. Da kam ihm das Thema Schusswaffen gerade recht. Mit dem Blick auf der vorbeiziehenden Straße lauschte er aufmerksam den Vorstellungen seiner Mitfahrerin, nahm währendessen sogar ein wenig den Fuß vom Gas. Er schniefte. "Idee Nummer eins klingt machbar, problemlos machbar sogar. Nummer zwei ist ... skurril... aber geil!" Eine Lanze in Kombination mit einer Knarre? Das war verdammt verrückt und übertrieben und er liebte es! "Aber du meintest ja, dass du die Extrateile zur Verfügung stellen kannst, also ist auch das machbar ... Aber bist du dir sicher, dass du es dir auch leisten kannst? Ich gebe keinen Freundschaftsrabatt." So gerne er ihre Vorhaben auch in die Tat umgesetzt sehen wollte, beim Geld hörte das eigene Interesse schlagartig auf. Außerdem gab es noch einen weiteren Punkt, der dringend angesprochen werden musste. "Außerdem solltest du auf gar keinen Fall mich erwähnen, falls du mit irgendjemandem von AW in Kontakt trittst. Wir kennen uns nicht, wir sind absolute Fremde und ich bin schon gar kein Magier. Versprich mir das." Er fühlte sich nicht sonderlich wohl dabei, dieses Thema anzusprechen. Natürlich wollte er einerseits mehr AW-Waffen an den Mann bringen, doch gleichzeitig musste er dabei höllisch aufpassen, nicht bei seinen Eltern aufzufliegen. "Das ist wirklich wichtig." Dass er überhaupt mit einem Teil der Wahrheit herausrückte, lag einzig und alleine daran, dass er inzwischen sicher war, Athena zumindest so weit trauen zu können. Die entscheidenden Details behielt er aber weiterhin für sich. Zur Sicherheit. "Mindestens genauso wichtig, wie dass du mich das Lanzen-Teil dann mal ausprobieren lässt." Er lächelte breit. Er wollte dem Thema gar nicht erst die Chance geben, sich zu vertiefen. Eine Weile lang hatte er die Schatten, die nun schon ein Weilchen ein ständiger Begleiter waren, ignorieren, wegrationalisieren können. Dort wo gleißendes Licht war, waren auch tiefe Schatten. Dass sie sich zu bewegen schienen kam sicherlich nur davon, dass sie selbst sich so schnell bewegten. Natürlich hatten die Augen Probleme, die Informationen korrekt zu verarbeiten. Je länger sie unterwegs waren, desto unwahrscheinlicher wurden diese Theorien. Bis auf vereinzelte, verstohlene Blicke konnte der Schwarzhaarige seinen Blick jedoch nicht von der Straße nehmen. Das Schneegestöber machte es sowieso schon schwierig, den Fokus aufrecht zu erhalten. "Athena, sei bitte so lieb und sag mir, dass ich mir den Schatten da rechts nur einbilde."
"Oh. Achso", murmelte Athena leise in sich hinein. Lucien hatte die Frage gar nicht ernst gemeint. Wie peinlich! Hatte sie während der Frage auf seine Mimik geachtet? Daraus konnte man ja manchmal ablesen, was die Leute dachten. Wobei das bei Lucien wirklich schwierig war, wie Athena fand. Der Mann hatte die Kunst des Lügens doch bestimmt perfektioniert. Vielleicht hatte er auch einfach gewaltig viel Übung? Auf jeden Fall war sehr schwer zu erkennen, ob er etwas ernst meinte oder nicht! Mit plötzlich hängendem Kopf faltete Athena die Hände im Schoß. Sie hatte noch viel zu lernen. Das war offensichtlich. Eine Hand der Nymphe wanderte nach oben, zupfte sacht am Zopf. Das war eine Geste, die Leute machten, wenn sie nervös waren, oder? Was machte man da? Athenas Augenlider flatterten einen Moment lang, bevor sie tief durchatmete. Das Gespräch verschob sich zum Glück jedoch ohnehin thematisch grade in eine völlig andere Richtung. Waffen! Eines von Athenas Lieblingsthemen. Die Pistole war also schon einmal überhaupt kein Problem. Wunderbar. Es war richtig gewesen, dass sie sich mit der Nachfrage an Lucien gewandt hatte. Natürlich kannte er sich damit aus. Immerhin hatte er eine wunderhübsche Pistole, die er beschwören konnte. Also musste er sich mit Schusswaffen auskennen. Das war ja wohl klar! Athena nickte kräftig. "Sachiel hat gesagt, dass ich mir zwei Waffen von der Familie Ashworth leisten kann. Wir waren bei einem Waffengeschäft und haben mit dem Besitzer da gesprochen. Er war ein bisschen verwirrt, warum ich nicht einfach eine Pistole kaufe, aber wenn die Preise, die er uns genannt hat, richtig waren, kann ich beides bezahlen. Und wenn nicht, dann spare ich eben noch ein bisschen mehr. Neben einem Pferd möchte ich ohnehin nichts anderes haben." Ein Pferd wäre schon etwas wunderbares. So langsam gewöhnte sie sich zwar an die Fahrt in diesem Höllengefährt, aber ein Pferd wäre trotzdem besser. Außerdem hatte die Rune Knights Stallungen und eine Koppel. Ihr Pferd würde sich also sofort mit anderen anfreunden können. Und die Vorstellung sorgte für ein warmes Gefühl in der Brust. "Huh? In...Ordnung. Ich werde dich einfach nicht erwähnen, ja? Du weißt aber schon, wie schlecht ich lügen kann, oder? Wenn jemand fragt, tue ich mein Bestes. Darauf hast du mein Wort. Aber mein Bestes ist vielleicht nicht gut genug. Uh, ich schicke einfach die Blaupausen und die Anfrage per Post, ja?" Leder knirschte leise, als Athena die Hand zur Faust ballte und sich auf's Herz legte. "Aber ich gebe mir Mühe dich da raus zu halten." Die Hand entspannte sich wieder, bevor es in die nächste Kurve ging. Sofort krallte sich die Hand wieder in den Seitengriff. "Warum soll ich dich nicht erwähnen? Gehörst du nicht zu der Familie? Hast du irgendwas angestellt?" Scharfes Lufteinziehen. "Hast du jemanden, uh, aufgerissen, den du nicht hättest aufreißen sollen? Wie in den Magazinen! Uh, wen? Bestimmt...uh...wie läuft das normalerweise ab? Bestimmt eine Bürgerliche? Du bist doch adlig, oder?" Mit leuchtenden Augen, sogar die Gunlance schien grade vergessen, starrte Athena Lucien zwischen die Augen. Im Verstand der Nymphe spulte grade schon der Film einer tragischen Romanze ab, bevor sie jäh zurück in die Realität gerissen wurde. "Schatten, welcher Scha...oh." Wieder das Gesicht fast am Beifahrerfenster platt drückend, starrte Athena aus dem rechten Fenster heraus. Durch das Schneegestöber war die Sicht massiv erschwert. Der Schatten hielt jedoch mit dem Fahrzeug mit. Ab und an schob sich ein Baum in die Sichtlinie. Auf die Distanz sah der Schatten nur aus wie ein unförmiger, dunkler Blob. Von dem Dampf aufstieg. Der größer wurde. Mit dem Gesicht an der Scheibe starrte Athena immer höher. Dunkles Fell. Gewaltige Muskeln, die sich unter der Haut wölbten. Hauer von der Größe von Langschwerter. "Wildschein", wisperte Athena. Der Atem kondensierte auf dem Fenster. Ein sich sehr schnell näherndes Wildschwein, das bereits bedrohlich die Hauer senkte. Ein mehr als drei Meter großes Wildschwein, das das M-Mobil weit überragte. Athenas linke Hand schoss nach hinten, um Lucien an der Schulter zu rütteln. "Riesiges Wildschwein! FAHR SCHNELLER!" Ein lautes, wutentbranntes Schnaufen war zu hören, dicht gefolgt von dem Geräusch brechender Äste. Die Erde schien durch die Räder hindurch zu beben, als der kolossale Eber auf die Straße brach und die Verfolgung aufnahm. Athena wand sich im Sitz herum. Durch das Rückfenster war die Gestalt des Wildschweins zu sehen. Es holte auf...
Der merkwürdige, geflügelte Berater der Ritterin meinte also, dass sie den Kauf von gleich zwei AW-Waffen finanzieren konnte? Zumindest sein Vertrag war damals korrekt gewesen, vielleicht hatte er also wirklich Ahnung von Finanzen. Da war die Anmerkung mit dem Pferd fast schon merkwürdiger. Wer wollte sich bitte freiwillig um eine dieser Flohschleudern kümmern? Viel mehr als fressen, schlafen und Dreck produzieren konnten sie nicht. Ja, zur schnellen Fortbewegung mochten sie gut geeignet sein, doch das waren sämtliche magische Transportmittel ebenfalls. Zwar teurer in der Anschaffung, dafür aber billiger in der Instandhaltung. Vermutlich. Als würde sich Lucien Ashworth mit Huftieren auskennen. "Jedem das seine...", murrte er, begleitet von einem Schulterzucken, "Aber wenn du mit so einem Vieh zu unserer nächsten Quest kommst, lasse ich dich stehen." Inzwischen würde es ihn wundern, wenn das Schicksal sie nicht erneut zusammenführen würde. Genau das brachte jedoch auch Risiken mit sich. Je besser andere Magier ihn kennenlernten, desto gefährlicher wurden sie für die gewaltige, komplexe Lüge, die er seinen Eltern auftischte. Natürlich hätte er von anfang an einfach seinen Familiennamen verbergen können, doch dafür war er schlichtweg zu stolz, lieber nahm er das Risiko auf sich. "Ich weiß. Aber solange du mich nicht erwähnst, wird keiner auf die Idee kommen, dass wir etwas miteinander zu tun haben. Das solltest selbst du hinbekommen." Eine simple Aufgabe, die er selbst Athena zutraute. Solange sie sich verhielt wie ein gewöhnlicher Kunde, würde niemand Verdacht schöpfen. Wieso auch? Sie war sicherlich nicht die erste Rune Knight, die sich eine AW-Waffe zulegte. "Genau. Um ein Gespräch in Crocus wirst du bei einer Sonderanfertigung jedoch nicht herumkommen. Man wird alle Details, was möglich ist, was nicht und natürlich den Kostenvoranschlag persönlich mit dir abklären wollen." Solange sie dann nicht fröhlich herumposaunte, dass ihr Magierkollege Lucien Ashworth die Ideen im voraus abgesegnet hatte, war alles in Butter. "Ich verlasse mich auf dich." Damit sollte das Thema eigentlich beendet sein, doch selbstverständlich konnte die Blonde es nicht dabei belassen. Sie musste nachhaken und drängte den Gunner damit in eine Ecke. Zwar hatte ihre Theorie nichts damit zu tun, wieso Athenas Bekanntschaft zu ihm ein Geheimnis bleiben musste, doch sie traf einen äußerst wunden Punkt. Einer, der nicht nur vor seiner Familie verborgen bleiben musste, sondern auch vor seinem eigenen Bewusstsein. "Natürlich gehöre ich zur Familie. Ich bin der erste in der Erbfolge, wenn es um AW geht und das wird auch so bleiben", blaffte er. Und angestellt hatte er erst recht nichts, zumindest in den Augen seiner Eltern. "Was, adlig? Nein." Bevor sein Vater, Lloyd, das Unternehmen aus dem Nichts aufgebaut hatte, waren die Ashworths genauso unspektakulär und mittelständisch gewesen wie jede andere Familie auch. Doch das änderte nichts daran, dass seine Familie von ihm erwartete, sich eine Partnerin in der gehobenen Gesellschaftsschicht zu suchen. Die Betonung lag zudem besonders auf Partnerin. "Wo hast du das gehört?! Hat das jemand erzählt? Wer? Wir sind nur Freunde." War das nervige Getuschel seiner Kollegen inzwischen zu anderen Gilden hinübergeschwappt? Verdammte Scheiße. "Man wird ja wohl noch die Hand seines besten Freundes halten dürfen, ohne, dass man ihn gleich aufreißen will", meckerte er fröhlich weiter vor sich hin und bemerkte dabei gar nicht, wie er sich sein eigenes Grab schaufelte. Glücklicherweise überanspruchte er mit der Herumknurrerei seine sowieso schon gereizte Kehle derart, dass er sich schließlich selbst durch einen herzhaften Hustenanfall zum Schweigen brachte. Wie gut, dass die Straßen leer waren und niemand die dadurch entstehenden Schlenkerer mitbekam. Niemand, außer das gewaltige Wildschwein, das die Beiden schon ein Weilchen verfolgte und nun entschlossen hatte, Schluss mit lustig zu machen. Auch ohne die Rüttelei hätte der Ashworth kapiert, dass die Angelegenheit ernster war, als ihm lieb war. Sie brauchte ihm nicht zweimal zu sagen, dass er schneller machen sollte. "Ich bin schon dabei!" Das Gaspedal wurde schlagartig durchgedrückt, der Motor meckerte lautstark und die Reifen drehten einige Extrarunden auf der schneebedeckten Fahrbahn, ehe die Geschwindigkeit endlich zunahm. Unruhig huschten die goldenen Augen immer wieder zum Rückspiegel, der fast vollständig von der gewaltigen Gestalt eingenommen worden war. Langsam war er sich nicht mehr sicher, ob er das M-Mobil wirklich unversehrt zurückbringen würde. "Holt es noch auf? Kannst du nicht irgendeinen von deinen 'Engeln' dazu bringen, es zumindest kurz aufzuhalten?!" Wie konnte ein dermaßen großes Tier so schnell sein? Das war definitiv nicht normal. Das Gute war, dass sie sich nun nicht mehr auf die Suche nach dem Tier machen mussten. Das war jedoch nur ein geringer Trost, schließlich hatten sie so kaum die Möglichkeit, sich effizient zu wehren. Lucien konnte schließlich nicht fahren und schießen, wobei Letzteres sowieso schwer werden würde, ohne die Scheiben des Wagens zu beschädigen. Scheiße!
Lucien sollte nicht erwähnt werden. Gut, das verstand sie. Das würde sie hinbekommen. Sachiel würde sie das auch gleich sagen, dann verplapperte er sich auch nicht und hielt im Zweifelsfall seine Beschwörerin gleich mit zurück. Der Zopf wippte munter auf und ab, als Athena passend zum Wagen den Wackeldackel mimte. Lucien nicht erwähnen, mit den Blaupausen nach Crocus in das Geschäft der Ashworts gehen und mit den Leuten da sprechen. Wie genau der Anschlag da mit rein spielte und auf wen er mit den Kosten verübt werden sollte, war ihr noch nicht ganz klar, aber für eine gute Waffe wäre sie absolut bereit einen Verbrecher ein bisschen zu verprügeln. "Nicht adlig. Schade, das würde die Geschichte irgendwie besser machen. Auch wenn ich nicht sicher bin, warum." Sich in neugieriges Gelb umfärbende Augen richteten sich auf den Fahrer des Wagens. So fabelhaft Lucien darin war sich und andere zu belügen, rannte er hier damit offene Türen ein. "Uh, das war nur geraten. Ich lese gerne die Klatschblätter von den Kiosken in den Bahnhöfen. Die Geschichten darin sind echt spannend. Und die laufen immer so ab. Irgendwer verliebt sich in wen, in den er sich nicht verlieben sollte. Dann gibt's ganz große Schwierigkeiten, weil sich alle dagegen stellen. Und am Ende funktioniert es doch. Oder manchmal auch nicht, weil jemand ermordet wird. Immer spannend!" Die Worte wurden mit einer nicht ganz zum Thema passenden Freude gesprochen. Athenas Stimmchen klang hell durch den Wagen, auch als sie weitersprach. Mit ein bisschen Anstrengung zwang sie ihr Gesicht in einen verwirrten Gesichtsausdruck. "Natürlich darfst du die Hand deines besten Freundes halten. Warum auch nicht? Ist doch nichts dabei. Ich fasse auch ständig Leute an und nur wenige beschweren sich. Also, die Verbrecher, die beschweren sich schon, aber die sind ja auch selbst schuld." Wie um die Worte zu beweisen patschte sie Lucien einmal kurz bekräftigend auf die Schulter. Er war schon ein komischer Kauz. Wobei Kauze gar nicht so lustig waren. Das waren einfach nur kleine eulenartige Vögelchen. Sie sahen jedoch ziemlich süß aus mit ihren großen, dunklen Augen und dem flauschigen Gefieder. Kaum, dass die gewaltige Protowurst die Verfolgung aufgenommen hatte, machte der Wagen einen Ruck. Statt an der Scheibe wurde Athenas Gesicht einen Moment lang an der Rückenlehne ihres Sitzes platt gedrückt. Sich in besorgtes Dunkelgrün umfärbende Augen spähten durch das Rückfenster aus dem Wagen. Der Eber senkte den Kopf, zog dampfende Schlieren hinter sich her. Und vielleicht lag es an dem Gesamteindruck, aber sie vermeinte ein rötliches Funkeln in den Augen des Tieres wahrnehmen zu können. Das war bestimmt dämonischer Einfluss! Das fiese Funkeln wurde besser sichtbar, trotz des Schneefalls, als das Tier ein Stückchen aufholte. "Es kommt näher! Fahr schneller! Kann man hier irgendwie die Fenster öffnen?! Gib' mir eine Pistole! Ein Gewehr! Irgendwas! Ich werde ganz sicher keinen meiner Freunde opfern! Nicht noch einmal!" Wobei...vielleicht musste sie das ja auch gar nicht. Regeln der Fahrsicherheit, bereitet euch darauf vor ignoriert zu werden! Athena schnallte sich ab, klammerte einen Arm um den Sitz und angelte mit dem anderen nach ihrem Zigarettenetui. Es dauerte nicht besonders lange, bis sie die grünlich schillernde Feder Chamuels in der Hand hatte. Mit gespitzten Lippen wurde der Flaum in den Rücksitz gepustet. Rosanes Licht füllte plötzlich das Innere des Wagens. Nur langsam ließ das Glimmen nach, formte sich zu einer humanoiden Gestalt aus purer, wenn auch rosaner, Energie. Die gewaltigen, jadegrünen Schwingen passten kaum in das Innere des Fahrzeugs. Wie glimmende Smaragde öffneten sich Chamuels Augen, richteten sich auf Athena, dann einmal nach hinten. "Wir sitzen ein bisschen in der Klemme, Chamuel. Kannst du das Schwein aufhalten?" Nicken vonseiten des Engels. "Ich rufe dich zurück, bevor du ernsthaft verletzt wirst, ja?" Die Stimme des Engels hatte einen ätherischen Nachhall. Trotzdem war sie weich wie ein kühles Kissen vor dem Schlafengehen. "Es ist meine Pflicht Leben zu schützen. Kein Opfer ist dafür zu groß." Athena presste die Lippen aufeinander. So sehr sie ihre Engelsfreunde liebte, manchmal würde sie sie am liebsten durchrütteln. Sie waren so singulär in ihrem Bestreben. Wie Chamuel, der sich ohne zu zögern in eine Gefahr werfen würde, die ihn umbringen könnte. Die freie Hand reckte sich dem Engel entgegen, packte ihn einmal kurz an der Schulter. Die gesamte Gestalt schrumpelte wieder zusammen, bis eine Feder übrig blieb. "Fenster", bat Athena tonlos, wandte sich im Sitz wieder um, Härte in den Augen. Dass sie dabei die ganze Zeit neben dem Hebel saß, der das Fenster öffnete, fiel der Nymphe leider nicht auf. Wer wusste schon, wofür die ganzen Hebel, Knöpfe und Leuchten waren? Sie jedenfalls nicht.
Mana:
(75/100)
Zauber:
Chamuel TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Beschwörung MANAVERBRAUCH: 15 pro Minute MAX. REICHWEITE: 10 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 3, Manaregeneration Level 2 BESCHREIBUNG: Chamuel ist als Engel der Nächstenliebe ein kleiner, zierlicher Mann mit hellgrünen Flügeln. Sein Körper selbst steht aus rosa Licht und er hält ein Schwert in der Hand. Chamuel ist aber kein Kämpfer, sondern ein Streitschlichter. Er wird immer versuchen körperlich zwischen Kämpfende zu gehen und versuchen Unruhen und Uneinigkeiten zu beseitigen, ohne anderen dabei wehzutun.
Attribute des Engels:
Stärke: Level 2
Schnelligkeit: Level 1
Geschicklichkeit: Level 1
Widerstand: Level 3
Manaregeneration: Level 1
Willenskraft: Level 1
Manavorrat: 40 Punkte
Feather Allocation TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 10 MAX. REICHWEITE: Berührung SPEZIELLES: Diesen Zauber erhält der Magier beim Erlernen der Magie. Er ist notwendig, um Beschwörungszauber dieses Magieauslegers zu erlernen. VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Eine Feder eines beliebigen Lebewesens ist die Voraussetzung. Bei diesem Zauber wird eine Verbindung zu einem Engel erschaffen, die durch die Feder besteht. Dabei hält der Anwender die Feder in Händen und spricht den Namen des Engels aus, um ihn anzurufen. Die Feder beginnt zu glühen und durch einen Manaeinsatz ist es dann möglich, den Engel so beschwören. Wird eine Feder und der Kontakt verloren, muss dieser mit einer neuen Feder neu hergestellt werden. Mit steigender Engelsanzahl steigt auch die Zahl der Federn im Besitz des Magiers. Zur Anwendung bläst der Anwender die Feder in die Luft und denkt an den Engel. Dieser bildet sich aus der Feder heraus. Wenn er am Ende verschwindet, bleibt eine Feder von ihm wieder übrig.
Ging's eigentlich noch?! Das Leben des Ashworths diente doch nicht der Belustigung einer gewissen, blonden Rune Knight! Diese Klatschmagazine waren sowieso das Allerschlimmste. Wie konnte man soetwas bloß lesen? "Was? Nur geraten? Achso. Ja dann." Fuck. Kräftig biss er sich auf die Innenseite seiner Wange, doch auch das konnte die Hitze des Schams, die in ihm aufstieg, nicht zurückhalten. Sein Hirn ratterte. "Mein Leben läuft natürlich nicht so ab. Ahah, das wäre ja zu schön. Ich und verlieben? Ich habe bessere Dinge zu tun, als nem hübschen Ker- Mädel hinterher zu jagen. Total abwegig. So weit kommt es noch." Er musste dringend die Klappe halten, zu reden, doch sein Mund hörte einfach nicht auf, zu plappern, trug wohl noch immer die Hoffnung, sich irgendwie aus diesem Loch herausreden zu können. "Naja, auf jeden Fall, hast du vollkommen Recht. Ich darf das. Ist nichts dabei." Kräftig nickte er, zuckte jedoch zusammen als hätte man ihm gerade gesagt, ihm wäre das Erbe gestrichen worden, als Athena ihm auf die Schulter klatschte.Jetzt reichte es. Er schnappte sich eine metaphorische Plastiktüte und zog sie über sein Herz, damit es endlich die Klappe hielt und sich verdammt nochmal beruhigte. Wenn er so vor sich hinstammelte glaubte ihm doch kein Schwein. Nicht mal er selbst. Dabei war er doch der große Lehrmeister in Sachen Lügen. Vielleicht tat der Ritterin ja ein Paradebeispiel, wie man es nicht tun sollte, gut? Er schniefte, hustete noch ein paarmal, denn das Kratzen in seiner Kehle wollte nicht vollständig verschwinden. Gerade war der erste Schock überwunden, reihte sich schon der zweite ein. "Ich kann nicht schneller fahren als das Ding kann!" Wenn er das Gaspedal noch tiefer hinabdrückte, landete er mit der Sohle auf der Straße. Genau wie Pferde hatten auch magische Transportmittel ihre Grenzen, irgendwann ging einfach nicht mehr. "Ohne Magie taugen meine Waffen nicht mehr als Airsoft-Abklatsche. Du musst ja niemanden opfern, Ablenkung reicht!" Außerdem war ein Opfer eindeutig besser als zwei! Er hatte wirklich keine Lust, wegen den noblen Absichten seiner Mitfahrerin abzukratzen. "Neben dir. An der Tür", ließ er sie wissen, wo sich der Hebel für ihr Fenster befand. Die Augen weiterhin fest auf die Straße gerichtet, besaß er keinerlei Möglichkeit, zu überprüfen, mit wem oder was genau sich Athena unterhielt. Wahrscheinlich wieder eine ihrer merkwürdigen Beschwörungen. Eigentlich war ihm auch egal, was genau da auf dem Rücksitz hockte, es konnte seinetwegen auch eine drei Meter große Hyäne sein, hauptsache das Wesen war fähig, ihnen etwas Zeit zu verschaffen. "Neben dir, verdammt!", wiederholte er scharf und unüberhörbar gefrustet. Wie konnte man bloß so verflucht technikfremd sein? Er wollte gleich wirklich keine Beschwerden hören, dass er Slalom fuhr! Zögerlich löste er die rechte Hand vom Lenkrad, umklammerte es mit der anderen dafür umso fester, ehe er sich über den Schoß seiner Kollegin streckte und an der Beifahrertür nach dem gewünschten Hebel tastete. Unangenehm, so nah wollte er ihr beim besten Willen nicht sein, egal wie hübsch sie sein mochte. Ein leises Surren, als er fand, was er suchte und sich das Fenster öffnete, ließ ihn sofort aufatmen. Blitzschnell saß er wieder aufrecht in seinem Sitz, die Seelenspiegel wieder fest auf den verschneiten Weg vor ihnen gerichtet. "Jetzt mach schon!!!", knurrte er, während ihm der frostige Nordwind, gespickt mit unzähligen Schneekristallen, von der Seite ins Gesicht peitschte. Von seinem letzten Bisschen Gesundheit konnte er sich nun auch verabschieden. Schlimmer war jedoch der Ruck von hinten, gepaart mit ekelhaftem, metallischem Quietschen. Keine Zweifel, die Hauer des Wildschweins hatten gerade eine schöne Nachricht an ihrem Leihwagen hinterlassen.
Auf die verbalen Ausweichmanöver des jüngsten Sprosses der ehrenwerten Dynastie Ashworth würde später noch einmal die Sprache kommen müssen. Selbst einer sozial unbegabten Person wie Athena fiel auf, dass sich Lucien nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach verplappert hatte. Während sich die Nymphe also schon ausmalte, was für eine Art Kleid sie wohl auf die Hochzeit anziehen sollte - immerhin würde diese ja garantiert stattfinden und sie auch absolut eingeladen werden - leitete die stampfende Kreatur hinter dem Wagen ihren Angriff ein. Athena gab ein "Uff" von sich, als sie in den Sitz gedrückt wurde. Gepanzerte Finger gruben sich in den Stoff der Sitze, als der Wagen einen Satz nach vorne machte, als wieder Kontakt zwischen Hinterrädern und Straße bestand. Wenn sie denn noch immer auf der Straße fuhren. Luciens Arm schlängelte sich hinter ihr vorbei, betätigte irgendeinen der Hebel oder Knöpfe an der Beifahrertüre. Sofort peitschte der Wind ins Innere des Wagens. Ein Schwall Schneeflocken stürzte sich zielsicher hinterher, tünchte die nunmehr leere Rückbank pudrig weiß. Schwerfällig drehte sich Athena im Sitz herum, hielt die kleine Feder Chamuels fest. Sie war so winzig klein in der Hand. Vorsichtig senkte sich der Mund Athenas auf den Flaum herab, hauchte ein Wort dagegen, bevor sie die Feder zum Fenster heraus reckte und...fliegen ließ. "HAlt!", donnerte es, noch im Wort rasend schnell leise werdend, hinter dem M-Mobil. Eine glühende rosane Gestalt formte sich hinter dem Wagen. Wütendes, tiefes, bedrohliches Quieken hallte wie ein Wutschrei hinter dem Wagen her. Dumpf prallte Körper gegen Körper. Mit einer zitternden Hand schnallte sich Athena wieder an, tastete ziellos an der Beifahrertüre umher, bis der richtige Knopf gefunden war. Surrend fuhr das Beifahrerfenster wieder nach oben. Die herein getriebenen Flocken begannen zu schmelzen. Sicher eine helle Freude für den Besitzer des Wagens. Aber der spielte grade keine Rolle. Athena schloss die Augen, legte sich eine Hand auf's Herz. Mit einem Ruck und einem Ziehen war die Verbindung unterbrochen. Chamuel war fort. Ob verletzt oder nicht. Tot oder nicht. Ihre Magie hatte über die sich rasch vergrößernde Distanz nicht die Stärke um den Engel in dieser Welt zu verankern. Im Rückspiegel verlosch das rosane Licht schlagartig. Ob die grünlich schillernde Feder zurück blieb oder nicht, war durch die fallenden Flocken nicht zu erkennen. Athena starrte sich an ihren eigenen Oberschenkeln fest, sichtlich mit sich selbst kämpfend. Es war jedes Mal auf's Neue schlimm einen Engel in den Kampf schicken zu müssen. Besonders, wenn dieser Engel nicht einmal wirklich kämpfen wollte. Verdammt noch mal! Sie musste stärker werden. Sie konnte sich nicht immer hinter ihren Freunden verstecken. Wenigstens tauchte der aggressive Eber dankenswerterweise auch nicht mehr im Rückspiegel auf. Einen Moment lang ging es stumm weiter, sah man einmal von erstickten Schniefern ab, die aus Athenas Richtung ertönten. Zumindest, bis sich die Gesichtszüge der Nymphe verhärteten. Die Mundwinkel zogen sich nach hinten, fast wie bei einem knurrenden Hund. Stumpfe, graue, Augen richteten sich auf Lucien. "Wir werden diesen Eber töten, Lucien. Und wenn es das letzte ist, was ich tue. Hilfst du mir dabei?" Nur sehr langsam färbten sich die Augen zu zornigem Rot um. Der rötliche Schein wurde von vorne gespiegelt. Langsam wurden durch die fahlen Vorhänge des Wetters funkelnde Lichter sichtbar. Sequoia lag vor ihnen. Die Scheinwerfer des M-Mobils trafen das Ortseingangsschild, kaum sichtbar unter einer dicken Schicht Schnee. Eiszapfen hingen davon herab. Die erste Etappe war jedoch geschafft. Und es hatte nur einen Engel und den Zustand des Wagens gekostet.
Mana:
(50/100)
Zauber:
Chamuel TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Beschwörung MANAVERBRAUCH: 15 pro Minute MAX. REICHWEITE: 10 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 3, Manaregeneration Level 2 BESCHREIBUNG: Chamuel ist als Engel der Nächstenliebe ein kleiner, zierlicher Mann mit hellgrünen Flügeln. Sein Körper selbst steht aus rosa Licht und er hält ein Schwert in der Hand. Chamuel ist aber kein Kämpfer, sondern ein Streitschlichter. Er wird immer versuchen körperlich zwischen Kämpfende zu gehen und versuchen Unruhen und Uneinigkeiten zu beseitigen, ohne anderen dabei wehzutun.
Attribute des Engels:
Stärke: Level 2
Schnelligkeit: Level 1
Geschicklichkeit: Level 1
Widerstand: Level 3
Manaregeneration: Level 1
Willenskraft: Level 1
Manavorrat: 40 Punkte
Feather Allocation TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 10 MAX. REICHWEITE: Berührung SPEZIELLES: Diesen Zauber erhält der Magier beim Erlernen der Magie. Er ist notwendig, um Beschwörungszauber dieses Magieauslegers zu erlernen. VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Eine Feder eines beliebigen Lebewesens ist die Voraussetzung. Bei diesem Zauber wird eine Verbindung zu einem Engel erschaffen, die durch die Feder besteht. Dabei hält der Anwender die Feder in Händen und spricht den Namen des Engels aus, um ihn anzurufen. Die Feder beginnt zu glühen und durch einen Manaeinsatz ist es dann möglich, den Engel so beschwören. Wird eine Feder und der Kontakt verloren, muss dieser mit einer neuen Feder neu hergestellt werden. Mit steigender Engelsanzahl steigt auch die Zahl der Federn im Besitz des Magiers. Zur Anwendung bläst der Anwender die Feder in die Luft und denkt an den Engel. Dieser bildet sich aus der Feder heraus. Wenn er am Ende verschwindet, bleibt eine Feder von ihm wieder übrig.
Eine Mischung aus Eiskristallen und zerzausten, schwarzen Haaren klatschte dem Ashworth immer wieder von der Seite ins Gesicht, während er sich größte Mühe gab, den Blick auf der nurnoch schwer erkennbaren Straße zu behalten. Als die Stimme des 'Engels' durch das Schneetreiben hallte und kurz darauf das Fenster geschlossen wurde, atmete er erleichtert auf - nur um direkt danach zu husten als hinge sein Leben davon ab. Einmal mehr wurden schlangenlinige Spuren hinterlassen, doch zumindest gab es dieses Mal kein gewaltiges Wildschwein, dass dadurch aufholen konnte. Eine Weile lang war es ruhig, immer wieder checkte er nervös den Rückspiegel aber nichts außer der Schein der Rücklichter war darin zu erkennen. Sie waren sicher. Vorerst. Was auch immer der Kerl getan hatte, es hatte funktioniert. Doch Athena schien die Freudes des Fahrers nicht zu teilen. "Hey, alles okay?", fragte er vorsichtig. Schniefte sie, weil er sie angesteckt hatte oder weil sie weinte? War es wieder, weil einer ihrer ... 'Freunde'(?) verletzt worden war? Kurz sah er ihr aus den Augenwinkeln entgegen, allzu lang konnte er den Fokus nicht von der Straße nehmen. "Natürlich", versicherte er ihr, begleitet von einem leichten Nicken. Das war schließlich mehr oder weniger ihr Auftrag. "Ich würde dich allerdings darum bitten, die Angelegenheit nicht persönlich zu nehmen. Das bringt unseren Erfolg nur unnötig in Gefahr." Emotionen waren im Beruf immer gefährlich, insbesondere als Magier, wo ein einziger Fehler über Leben und Tod entscheiden konnte. Dass er selbst krank war, machte die Situation bereits riskant genug. "Ich möchte nicht, dass einer von uns verletzt wird, nur, weil du auf Rache aus bist." Seine Stimme war ruhig und ernst. Sie hatten schließlich eben erst gesehen, wie gefährlich dieser Eber eigentlich war. Noch während sie sprachen tauchten die ersten Lichter in der Ferne auf. Wie kleine Leuchttürme durchschnitten sie die Dunkelheit und versprachen 'Land in Sicht'. Endlich fand die nur von Schneeflocken durchbrochene Dunkelheit ein Ende. Im Vergleich zur bisherigen Fahrt, fühlten sich das letzte Bisschen der Strecke an wie ein Katzensprung. Als hätte er einmal geblinzelt und sie waren bereits da. Mit einem Drehen des Schlüssels ließ er den Motor verstummen, doch anstatt auszusteigen, ließ er sich nur tiefer in den Sitz sinken. Die gelben Äuglein fielen zu, während er tief durchschnaufte, sich dabei bemühte, den Hustenreiz zu unterdrücken. Das war anstrengend gewesen, zu anstrengend für den bereits geschwächten Körper des Ashworths. Stress war gerade wirklich unangebracht, doch es ließ sich nicht vermeiden. Der Auftrag musste erledigt werden. "Verzeih mir", grummelte er, als er die Lider wieder hob, "Ich bin nicht so fit, wie ich es gerne wäre." Es war ihm äußerst unangenehm, seine Schwäche zuzugeben, doch länger verbergen konnte er es nicht. Es war offensichtlich. Mit einem schweren Seufzen hievte er sich schließlich doch aus dem Wagens und blickte dabei direkt einem fremden Augenpaar entgegen. Misstrauisch starrte sie den frisch angekommenen Magiern entgegen, die Arme hatte sie fest vor der Brust verschränkt. "Wer seid ihr denn?" Überrascht hustete der Schwarzhaarige, während die junge Dame weiter sprach: "Und wieso kommt ihr aus dem M-Mobil meines Cousins? Habt ihr es etwa geklaut?! Meine Güte, wie ihr das schöne Gefährt zugerichtet habt. Das kann doch nicht wahr sein...!" Hey, weder Athena, aber vor allem nicht Lucien, sahen aus wie Diebe! Was für eine Frechheit. "Natürlich nicht", gab er empört von sich, hustete daraufhin direkt fröhlich weiter.
"Mh", machte Athena auf Luciens Nachfrage nach ihrem Zustand. Langsam lösten sich die Finger, die sich fest in die Innenausstattung des Wagens verkrallt hatten als es in die Schlangenlinien ging, wieder von ihren jeweiligen Haltepunkten. War alles ok? Nein, eigentlich nicht. Sie hasste es ihre Freunde in Gefahren zu werfen. Die Engel waren keine Leute, die sie einfach wegwerfen oder verwenden wollte wie Spielfiguren in "Nymphe ärgere dich nicht". Das waren lebende, denkende Wesen. Und es war ja nicht so, als würde sie hier nur Abbilder beschwören oder, Himmel bewahre, Untote oder Geister, die nichts fühlen konnten. Nein, die Engel fühlten den Schmerz, der ihnen zugefügt wurde. Sie gingen mit den Verletzungen zurück in die Hohen Himmel und wurden dort geheilt. Aber...sowohl Aska als auch Lucien hatten sie jetzt schon darauf hingewiesen, dass sie das nicht persönlich nehmen solle. War das der richtige Weg? Wenn man Gefühle abschalten konnte, dann hatte Athena die Möglichkeit noch nicht für sich entdeckt. Die stumpfen, grauen Augen richteten sich auf Lucien. "Ich werde mir Mühe geben. Keine Sorge, deine Sicherheit und der Erfolg der Mission haben Vorrang." Was folgte war ein eher gequältes Lächeln. Die Gesichtsmuskeln zeigten sich unkooperativ und wollten nicht so recht bis an die Stellen klettern, dass es ein richtiges Lächeln ergeben hätte. Hrm. Athena hob beide Zeigefinger an und schob an ihrem Mund herum, bis das Lächeln ein bisschen breiter wurde. Es sackte jedoch sofort wieder ab, als die Finger gesenkt wurden. "Es gibt nichts zu verzeihen. Während ich deine Erfüllung deiner Pflicht zu schätzen weiß, ist uns auch nicht geholfen, wenn du ins im Wald mit einem Huster verrätst. Du solltest ruhen", drehte die Nymphe den Spieß einmal herum. Der Ashworth sah deutlich geschwächt aus. Sie hatte ja nicht darauf eingehen sollen, aber wenn er verletzt wurde oder die Mission scheiterte, würde man das auch ihr ankreiden. Und dann blieb Chamuels Verletzung auch ungesühnt oder sie musste gleich eine weitere rächen. Das konnten sie wirklich nicht brauchen. Bevor sie jedoch noch einmal das Wort erheben konnte, stieg Lucien bereits aus. Die Worte kamen nur undeutlich in das Innere des Wagens vorgedrungen, aber scheinbar warf man ihnen Diebstahl vor? So eine Frechheit! Als würde ein Rune Knight jemals einen Diebstahl begehen! Das würde sie gleich richtig stellen. Sowie sie aus dem Wagen frei kam! Irgendwas klackerte in dem M-Mobil, während Athena mit steigender Kraftanwendung unterschiedliche Hebel und Knöpfe an der Türe ausprobierte. Irgendeiner davon musste sie ja freigeben! Mit dem mechanischen Klacken eines malträtierten Hebels und überraschtem Ausruf landete die Nymphe mit dem Gesicht voran im Schnee. Die Kälte traf sie wie eine Faust in den Magen. Im Wagen war es warm gewesen. Hier draußen bitterkalt. Wieder schniefte Athena. Irgendwie fühlte sie so ein Kratzen hinten im Hals und Druck auf den Schläfen. Verdächtig war das. Mit einem Ächzen stemmte sie sich wieder hoch, klopfte kurz den Schnee vom Mantel und umrundete dann das Fahrzeug, bis sie neben Lucien und vor der jungen Frau stand. Die bekam auch gleich erstmal die Hand gereicht. "Guten Abend, Miss. Euer Cousin hat sein Fahrzeug freundlicherweise den Rune Knights zur Verfügung gestellt, damit wir uns dem Wildschweinproblem annehmen können. Mein Kollege, dessen Lunge hoffentlich im Körper verbleibt, ist Lucien, ich bin Athena. Wir wurden auf dem Weg hierher von Etwas überfallen, was vermutlich der Anführer der Rotte an Wildschweinen ist. Leider war es uns nicht möglich alle Schäden am Fahrzeug zu vermeiden. Im Namen der Rune Knights erbitte ich für meine Begleitung und mich Unterkunft für die Nacht, damit wir uns angemessen darauf vorbereiten können euch von den Wildschweinen zu befreien." Dieser gesamte Monolog wurde seltsam automatisch herunter gerasselt. Es wirkte als ob Athena sich die Worte bereits vorher zurecht gelegt hatte, was natürlich nicht ganz richtig sein konnte. Vielleicht war aber auch nur die Ausbildung der Rune Knights schuld, bei der man lernte, wie man mit Zivilisten sprach. Die junge Frau jedenfalls blinzelte etwas verwirrt, vielleicht war ihr auch nur eine Schneeflocke ins Auge geflogen. "Stellt den Wagen doch unter dem Vordach dort unter. Wir haben ein Gästezimmer, das wir euch überlassen können." "Wunderbar. Ich danke euch. Kommst du, Lucien?"
Der Laut, den Luciens Kollegin auf der anderen Seite des Autos von sich gab, ließ ihn aufschrecken. Was brauchte sie überhaupt so lange? Angespannt schnaufte er ein paarmal durch, ohne dabei zu husten, ehe sich seine Atemzüge wieder etwas normalisierten. Verfluchter, kranker Körper! Athena brauchte wirklich nicht zu glauben, dass er langsam machte. Dafür hatten sie beim besten Willen keine Zeit. Je schneller er wieder zuhause war, desto besser. Er würde sie schon nicht versehentlich verraten. Bevor sie sich allerdings über gemeinsame Ausflüge in die trostlosen Wälder des Nordens den Kopf zerbrechen konnten, mussten sie zu allererst die junge Frau hier besänftigen. Sichtlich verärgert wollte sie den Magiern weismachen, dass sie die Karre da geklaut hätten. Glücklicherweise schaffte es die Blonde endlich, sich ebenfalls dazu zu gesellen und beschwichtigte erfolgreich mit ihrem Rune-Knight-Gefasel. Da war nur ein Problem. Irgendwann, als der Ashworth aufgehört hatte, zuzuhören, hatte sie die Fremde überzeugt, ihnen für die Nacht Unterschlupf zu gewähren. Empört suchten goldene Seelenspiegel den Kontakt. Das hatte sie verdammt clever gemacht, denn beschweren konnte er sich nicht, ohne einen schlechten Eindruck zu erwecken. "Jaja", grummelte er, ließ sich aber, bevor er ihr ins warme Haus folgte, noch einmal in den Sitz des M-Mobils fallen um die Bitte der Cousine des Besitzers zu erfüllen. Ein kurzes Gespräch, in dem die Magier versicherten, am nächsten Morgen alles ausführlich zu erklären, später, standen sie auch schon gemeinsam in ihrem Zimmer. Es war nicht katastrophal, man konnte an der recht hochwertigen Einrichtung erkennen, dass die Bewohner dieses Hauses keine armen Schlucker waren. Aber es war imer noch ein Gästezimmer und damit weit unter Luciens Niveau. Nachdem der goldene Blick alles sorgfältig gemustert hatte, huschte er zur Seite. "So war das nicht vereinbart. Ich hätte keine Pause gebraucht." Ohne mit der Wimper zu zucken, log er Athena an, denn ein Ashworth zeigte keine Schwäche. Eigentlich war er erleichtert und kämpfte mit dem Verlangen, sich direkt auf das Bett zu schmeißen. Jeder Muskel in seinem Körper fühlte sich an wie nach einem Ganzkörper-Workout, seine Kehle kratzte wie Sandpapier und an seine Schläfen hatte sich ein Kuckuck verirrt. Sein gesamter Körper sehnte sich nach Ruhe. Doch er musste einfach die Illusion aufrecht erhalten, dass es ihm gar nicht so schlecht ging. Sorgfältig stellte er die Schuhe neben der Tür ab, die Jacke wurde über den Stuhl, der vor einem kleinen Schreibtisch stand, abgelegt. Ersatzkleidung hatte er zwar dabei, doch die war genauso ungeeignet zum Schlafen wie die, die er gerade trug. Ohne ging auch nicht, denn noch schlimmer wollte er seine Erkältung nicht machen, weshalb er das anbehielt, was er gerade trug. Mit dem Hintern ließ er sich auf das Bett fallen, ehe er begann, sich die Haare hochzubinden. "Ich warne dich lieber jetzt schon vor." Mit wenigen, vertrauten Handgriffen hatte er sämtliche, pechschwarze Strähnen in einem Dutt eingefangen. "Ich schlafe nicht sonderlich ruhig. Da du ja die bist, die auf diese Pause bestanden hat, weigere ich mich, die Verantwortung für potentielle Tritte oder Schläge zu übernehmen." Ein freches Grinsen huschte über sein Gesicht, wurde aber direkt von einem Niesen unterbrochen. Was vielleicht wie eine dumme Ausrede für einen Rachefeldzug klang, war die Wahrheit. "Falls du dir überhaupt mit mir das Bett teilen wirst." Breit genug war es allemal, doch es würde ihn nicht wundern, wenn die Ritterin sich zierte. Letztendlich war es ihm egal, wie sie sich entschied, er würde sich nicht daran stören. Er würde sie höchstens für ihre Wahl aufziehen. "Wenn du mich fragst, solltest du die Chance nutzen. Es gibt genug Frauen, die sich darum reißen würden." So mies er sich auch fühlte, für eine selbstverliebte Anmerkung reichte seine Energie noch allemal. Er ließ den Kopf in das (seiner Meinung nach) nicht annähernd weich genügende Kissen fallen und schob die Beine unter die Decke. Der Blick landete auf der lampe über ihm. Man, es war echt ganz schön kalt hier. Oder war es heiß? Ganz sicher war er sich nicht. Das Zittern, das sich in seinen Gliedern breit machte, bestmöglich ignorierend, rollte er sich auf die Seite, starrte der Wand, die ihm gegenüber war, entgegen. Doch auch das schien nicht zu passen. Irgendetwas sagte ihm, dass das eine lange Nacht werden würde - obwohl er so erschöpft war.
Da stand sie jetzt also. Mit schneeverschmiertem Mantel, zerzausten Haaren, Schrecken und Zorn in den Knochen. Außerdem mit einem unvertrauten Kratzen hinten im Hals und Druck auf den Schläfen. Athena schniefte leise, während sie Lucien aus wachsamen, tieforangenen Augen anstarrte. Und starrte. Über das Gästezimmer konnte sie sich nun wahrlich nicht beschweren. In der Barracke der Rune Knights teilte sie sich den Raum mit einer Vielzahl anderer Runenritterinnen. Dort gab es keine Minute, in der nicht irgendwer atmete, hustete oder arbeitete. Nicht einmal in der Nacht. Im Vergleich zu dem Pritschenbett zuhause sah dieses hier aus wie ein Traum aus Daunen und weichen, warmen Decken. Athena starrte weiter, rührte sich keinen Millimeter, während ein übrig gebliebener Schneefladen vom Mantel rutschte und mit traurigem Flotschen auf dem Boden aufkam. Es gab eine wichtige Frage zu klären. Log Lucien grade? Es war verflucht schwer zu erkennen. Er hustete, was bei Menschen meistens ein schlechtes Zeichen war. Seine Nase war rot, obwohl er mindestens seit Beginn der Fahrt keinen Alkohol getrunken hatte. Die Augen waren glasiger als sonst. Ein letzter, weiterhin stummer, Moment, dann bückte sich Athena runter, öffnete ihre eigenen Stiefel und bugsierte sie fein säuberlich neben Luciens Schuhe an die Türe. Dick besockte Füße bewegten sich lautlos über den beteppichten Boden hinweg. Der feuchte Mantel wurde über Luciens Jacke befördert, wo er schön weiter in den Teppich tropfen konnte. Mit schnappendem Geräusch wurden die Schließen an den Panzerhandschuhen geöffnet. "Vielleicht brauchst du keine Pause, aber du wirkst krank auf mich. Und wir sehen dort draußen in dem Schneesturm und der herannahenden Dunkelheit nichts. Also. Ruh dich aus! Morgen früh solltest du fit sein, damit wir bei Sonnenaufgang los können, um diesen Leuten zu helfen." Mit schwerem Wumpf kamen die Handschuhe auf dem Schreibtisch auf. Die eingebauten Lacrima glitzerten leicht im Licht der Lacrimalampe auf dem Nachttisch. Nur wenige Schritte später stand Athena neben dem Bett. Kurzerhand streckten sich ihre Hände aus, um Lucien weiter auf die andere Seite zu schieben. Er mochte vielleicht um sich prügeln und treten, aber das bedeutete nicht, dass er mehr vom Bett bekommen würde! Die Decke wurde umgeschlagen, die Matratze misstrauisch eingedrückt. "Warum ist das Bett so weich? Und die Decke so schwer?" Beides wurde misstrauisch beäugt. Der Blick verschob sich erst zu Lucien, dann in Richtung Tür. "Frauen kämpfen darum mit dir in einem Bett zu schlafen? Warum? Muss ich erst ein Duell gegen die Frau gewinnen? Das klingt seltsam. Bist du doch eine Art Prinz?" Na, wenn das die Tradition war. Athena begann an ihrem Schwertgurt herum zu friemeln, löste das gesamte Schwertgehänge und zog Pluma aus seiner Scheide. Einem Duell würde sie sich jederzeit stellen. Auch wenn sie wirklich nicht verstand, warum man sich nun um den Platz im Bett streiten sollte. Es wirkte breit genug für drei Leute, wenn man es denn nur darauf anlegte. Den Blick starr auf die Tür gerichtet, als könne jederzeit jemand hindurch brechen, setzte Athena einen Fuß auf die Matratze. Und sank sofort ein, als sie das Gewicht darauf verlagerte. Es gab einen Moment der Unsicherheit mit rudernden Armen. Zwischendurch verschwand das Engelsschwert in einem Regen goldender Flaumfedern und tauchte in seiner Scheide neben dem Bett wieder auf. Mit einem erneuten Aufschrei kippte Athena ins Bett, federte zurück. Es gab einen Moment Stille, bevor sich die Nymphe wie eine Raupe aufbäumte. Und noch einmal mit dem gesamten Körper federte. Ein deutlich amüsiertes Giggeln ertönte. Es würde eine lange Nacht werden. Die Frage war nur für wen.
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