Ortsname: Süßwarenladen „Sweet Tooth Fairy“ Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: An der Hauptstraße von Magnolia Town befindet sich ein Geschäft voller Süßigkeiten in allen Farben und Formen. Zuckerstangen, Zuckerbonbons, Zuscherschlangen, Zuckerlutscher... Eben alles, was so süß ist, dass man nicht widerstehen kann, und so hart, dass man sich daran die Zähne ausbeißt. Geführt wird das Geschäft von einem oft eher grimmigen älteren Herren, der von seinen Kunden meist einfach mit Oskar, von seinen Angestellten aber eher mit „Jawohl, Sir!“ angesprochen wird. Besagte Angestellte wechseln relativ häufig, da sich der Laden eher für einen kleinen Nebenverdienst eignet als dafür, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Direkt gegenüber des Süßwarenladens ist ein Eisladen gelegen. Die Besitzer keifen sich gelegentlich mal an, weil sie das Gefühl haben, sich gegenseitig die Kunden wegzunehmen.
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Yuuki
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"Wirklich als stark würde ich das nicht bezeichnen, Zahar. Dabei hätten Leute zu Schaden kommen können." Ah, sein armes, schwaches Herz! Am Liebsten hätte sich der junge Mann an die Brust gegriffen, denn im Augenblick wollte er am Liebsten einfach im Boden versinken. Das Ganze sollte jedoch noch weitaus unangenehmer werden, denn sie hatten nicht nur jemanden x-beliebigen vor sich, nein. Es handelte es sich bei der jungen Frau ausgerechnet um eine Runenritterin namens Rachel Seeker. Natürlich hatte der Magnetismusmagier mit seiner Aktion beinahe eine Runenritterin erschlagen müssen… Hoffentlich würde sie nichts Schlechtes über ihn berichten oder gar den Namen seiner Gilde erwähnen. Yuuki fühlte sich wirklich schlecht dabei, dass er die Werte und den Codex seiner Gilde mit Füßen getreten hatte, indem er unkontrollierterweise ein Gebäude beschädigt hatte. Natürlich hatte er den Schaden sofort bezahlt, das war ja das Mindeste, was er in dieser Situation hätte tun können. Der junge Mann fühlte sich weiterhin besonders blöd, da er nicht nur einige Freunde und Bekannte unter den Runenrittern hatte, sondern seine eigenen Eltern ebenfalls hochrangige Mitglieder gewesen waren. Und hier war er nun und schmiss mit Metall nach ihnen – selbstverständlich stellte der Grynder dies in seinen Gedanken überspitzt da, inmitten all seiner Vorwürfe, schließlich war Rachel ja nichts passiert.
„Freut mich dich kennen zu lernen, Rachel.“, gab er mit einem vorsichtigen Lächeln von sich. Es würde wohl eine Weile dauern, ehe er diesen Vorfall verdaut hatte und wieder ganz der Alte war. Dass das jedoch bereits in einigen Minuten der Fall sein sollte, damit rechnete er natürlich nicht. Aber zunächst zurück zum Geschehen. Die blonde Frau erkundigte sich gezielt nach möglichen Ursachen für seinen spontanen Schwindelanfall, doch eine Antwort auf des Rätsels Lösung konnte er nicht liefern. „Nicht dass ich wüsste.“, gab der junge Mann nachdenklich von sich. „Ich hatte vorhin lediglich einen Drachentee von einem Stand und eine Tasse von Zahars Süßigkeitenmagie.“, gab er bedächtig von sich, während sein Verstand ratterte und nach weiteren Gründen suchte. Jedoch ohne Erfolg. Oh weh, was jetzt folgen sollte… *Ehm, was?* Verdutzt musste der Crimson Sphynx Magier stutzen und schaute Zahar entsprechend an. Hatte er etwas missverstanden? „Ich dachte du hast Süßigkeitenmagie, weil sie so süß schmeckte. Was ist es denn sonst?“ Und in diesem Augenblick ließ die Fairy Tail Magierin die Bombe platzen und verkündete nicht nur, dass sie über – süßschmeckende – Giftmagie verfügte, oh nein. Außerdem bot sie in die Runde eine weitere Kostprobe ihrer Magie an, bei denen den beiden Magiern die Haare ausfallen würden! Diese neuen Fakten benötigten ein wenig, ehe es ihnen gelang, in den Verstand des Rotschopfes vorzudringen. Schließlich zählte er zwei und zwei zusammen und auf seinem Gesicht bildete sich ein ungläubiger Ausdruck. „Hast du mich etwa vorhin vergiftet?“, stieß er mit einer Mischung aus Entrüstung und Verärgerung aus. „Das hätte gefährlich sein können, ich hätte jemanden deswegen verletzen können.“, tadelte er sie, nach wie vor alles anderes als begeistert über diese Wendung der Geschichte. Gut, sie konnte natürlich nichts dafür, dass er ihr auch eine Kostprobe seiner Magie hatte zeigen wollen. Aber aufgrund des Schwindelanfalls hatte er falsch gezielt und nun ja, hier waren sie nun mal. Recht enttäuscht schüttelte er den Kopf, was hätte er sonst von einem Fairy Tail Magier mit Flausen im Kopf erwarten sollen? Im Endeffekt war es doch immer dasselbe mit den Feenmagiern. Dabei war Yuuki auch recht egal, dass er wegen Zahar einen relativ großen Geldbetrag verloren hatte, der Kratzer an Crimson Sphyx‘ Ruf wog viel schwerer. „Für mich nicht, danke, ich hatte schon genug. Wie lange hält denn dein Gift noch an?“, lehnte er das Angebot schnippisch ab und erkundigte sich nach der Wirkungsdauer des Giftes. Hoffentlich war es bald vorbei …
Obwohl der Magnetismusmagier recht sauer über die Entwicklung der Geschehnisse war, interessierte ihn Zahars Geschichte über die Wirkungsweise ihrer Magie und deren Auswirkungen dennoch. Fürs Erste war er jedoch stumm und hörte lediglich zu und speicherte die Information ab. „Dann hätten wir ja das geklärt.“, brummte er nach wie vor verstimmt. Jetzt wusste Rachel, dass Zahar über Giftmagie verfügte und er selbst über Magnetismusmagie, aber wie stand es um ihre Fähigkeiten. „Wenn ich fragen darf, verfügst du auch über magische Kräfte?“, erkundigte er sich vorsichtig bei der Runenritterin. Nun fühlte er sich schon besser ihr gegenüber, da klar geworden war, dass es nicht etwa sein Leichtsinn gewesen war, der sie gefährdet hatte.
Wie töricht von Yuuki, einfach so anzunehmen, was für eine Magie Zahar wohl beherrschte. Und jetzt wollte er ihr auf einmal erklären, dass das alles ihre Schuld war? Dass jemand hätte verletzt werden können? „Und das wäre dann meine Schuld gewesen, ja?“, meinte sie, offensichtlich nicht amüsiert, und stemmte die Hände in die Hüften, ihre Augenbrauen zusammengezogen. Das Mädchen, das eben noch so sorglos und fröhlich aufgetreten war, sah ihn jetzt ziemlich ernst an, wie der Blick einer Lehrerin, die jemanden auf frischer Tat ertappt hatte und ihn dafür verurteilte, sich mit irgendwelchen Ausreden aus der Situation ziehen wollen. „Also bitte! Du wolltest etwas Süßes haben, also habe ich dir etwas Süßes gegeben. Du hast nicht einmal gefragt, was meine Magie macht! Du hast dir einfach keine Gedanken gemacht, und das ist jetzt meine Verantwortung?“, tadelte sie und schüttelte den Kopf. „Es ist unverantwortlich genug, dass du einfach etwas zu Trinken von einer Fremden annimmst. Selbst Kinder wissen, dass man das nicht macht. Du ignorierst so eine einfache Regel und versuchst dann, die Schuld jemand anderem in die Schuhe zu schieben? Das finde ich nicht besonders erwachsen von dir, Yuuki!“ Die Arme vor der Brust verschränkend wandte sich die schmollende Echse von dem Rotschopf ab. „Überhaupt, wer benutzt denn so einen starken Zauber mitten auf einer belebten Straße? Da ist doch klar, dass was passieren kann! Du bist doch schon viel länger als ich bei einer Gilde, warum weiß ich das und du nicht?“ Einer ihrer grünen Finger deutete anschuldigend auf den älteren Magier. „Unfälle passieren mal, das ist nicht schlimm! Aber dann muss man auch zu seinen Fehlern stehen! Wenn du das nicht tust, bin ich echt enttäuscht, Yuuki!“
Zugegeben, man konnte eventuell argumentieren, dass Zahar selbst eine leichte Teilschuld an der Situation zu tragen hatte... aber das war gerade überhaupt nicht der Punkt und das interessierte eh keinen! Sie war eh noch ein Kind, da war es ganz normal, dass sie mal etwas falsch machte. Es waren Erwachsene, wie Yuuki, die in der Verantwortung standen. Ihr kleiner Streich wäre schließlich komplett harmlos gewesen, wenn der Grynder nicht so mächtige Magie beherrschen würde. Er wollte allerdings wissen, wie lange er noch mit den Nachwirkungen zu rechnen hatte. Gut, das war eine berechtigte Frage. „Normalerweise dauert es ein paar Stunden, aber ich kann es auch jetzt auflösen. So!“, meinte sie und stupste mit einem Finger gegen den Bauch des Magiers, wobei sich der Effekt ihres Giftes legte. Jetzt sollte er sich ein wenig besser und klarer fühlen. „Hier! Puff! Das Gift ist weg!“ Mit einem fröhlichen Lächeln sah sie auf zu Yuuki. Lange konnte und wollte sie gar nicht böse sein, schließlich machte jeder mal einen Fehler, selbst erwachsene. Solange er dazu stand, gab es gar kein Problem zwischen ihnen! „Also, alles wieder gut? Vergeben und vergessen?“
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Yuuki
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Yuuki musste ehrlich sein: Eigentlich hatte er etwas ganz Anderes erwartet. In seiner Vorstellung sah Zahar ein, dass es dumm und gefährlich gewesen war, jemand Fremdes ohne sein Wissen zu vergiften. Dass man so etwas einfach nicht machte. Dementsprechend bekam der junge Mann auch große Augen und zog die Augenbrauen ungläubig hoch, als er die Erklärungen der kleinen Echse vernahm. Verärgert stemmte sie die Hände in die Hüften und fragte ihn rhetorisch, ob es also ihre Schuld gewesen wäre, wenn jemand durch seinen Zauber verletzt worden wäre. Nun gut, ehrlich gesagt wäre es ja immer noch die Schuld des Rotschopfes gewesen, da er ja derjenige war, der den Zauber gewirkt hatte. Aber wenn er sich dessen bewusst gewesen wäre, was ihr Gift mit seinem Gleichgewicht anstellen würde, dann hätte er den Zauber natürlich nicht gewirkt. „Zumindest indirekt, da mir in meiner normalen Verfassung so etwas nicht passiert wäre.“, antwortete er genauso ernst und hielt den Blickkontakt mit dem Echsenmädchen.
Dann allerdings folgte eine Standpauke vom Feinsten, bei dem das Mädchen die komplette Argumentation umdrehte und der Crimson Sphynx Magier plötzlich an allem Schuld hatte. Mit offenem Mund sog er ihre Worte ein und versuchte, das Ganze zu verarbeiten. Nicht nur, dass es seine eigene Schuld war, dass er also vergiftet worden war? Jetzt belehrte ihn das Mädchen auch noch, dass er etwas zu Trinken von einer Fremden in gutem Glauben annahm. Und schließlich streute sie wieder ordentlich Salz in die Wunde, als sie seinen missglückten Zauber und die dadurch beinahe erschlagene Rachel wieder erwähnte, die sich in der Zwischenzeit wieder davon gemacht hatte. Es ärgerte den jungen Mann zutiefst, dass er gerade in der Hinsicht von einer Fairy Tail Magierin belehrt wurde, deren ganzen Gildenkollegen stets negative Schlagzeilen durch sinnlose Zerstörung einheimsten. Innerlich konnte er nur den Kopf darüber schütteln. Das Ganze schob er tatsächlich der Gesinnung der Gilde zu, die selten in der Lage war, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. „Ich glaube halt noch an das Gute im Menschen.“, verteidigte er sich, während er die Hände vor der Brust verschränkte. „Ich wollte etwas Süßes zu naschen haben! Und nicht gleich vergiftet werden, süß hin oder her. Man vergiftet doch keine wildfremden Menschen, wer macht denn bitte so etwas?“ Gut, in der Tat fielen ihm einige dunkle Gestalten ein, die sowas sicherlich zum Spaß machten, aber dazu zählte er das Echsenmädchen nicht wirklich. „Und von wegen starker Zauber…“, murmelte er noch unverständlich hinterher. Was wohl passiert wäre, wenn er wirklich hätte angeben wollen und einen starken Zauber eingesetzt hätte? Nicht dran zu denken, vermutlich wäre wirklich jemand ernsthaft verletzt worden… In Zukunft würde er sicherlich mehr Acht geben müssen!
Yuuki war nicht wirklich in der Stimmung, dass er zuließ, dass sich Zahar aus ihrer Verantwortung zog. Aber letztlich gelang es dem Echsenmädchen doch, dass sich seine Stimmung wieder zum Besseren wandte, als sie ihm gegen den rumorenden Bauch mit dem Finger stupste und er sich mit einem Mal ganz wie der alte fühlte! Jegliches schlechte Gefühl und der Schwindel waren verflogen, was ein vorsichtiges Lächeln auf sein Gesicht zauberte. „Vielen Dank, das fühlt sich wirklich besser an.“ Schwindel war ja etwas ganz Ekelhaftes, darauf konnte er in Zukunft nur allzu gerne verzichten! Ob er ihr also vergeben konnte? Nachdenklich legte er den Kopf schief und betrachtete das Mädchen, während er sich ihre Herkunft und ihr Alter nochmal in Erinnerung rief. Sie war jung, also vielleicht wusste sie es ja nicht besser! „Alles gut! Aber du musst mir versprechen, dass du keine fremden Menschen mehr vergiftest! Das macht man einfach nicht.“ Vor allem nicht gutgläubige Menschen wie er selbst, der sich über und über darüber gefreut hatte, dass ihm eine Fremde etwas Süßes zu essen hatte geben wollen. „Ansonsten verlieren die Menschen vielleicht den Glauben an das Gute in den Menschen, oder Echsenmenschen, oder Lebewesen. Du weißt schon.“, schloss er die Erklärung ab und schaute sie an. Ob Zahar seine Argumentation nachvollziehen konnte und verstand? Yuuki war gespannt, ob seine Worte überhaupt Wirkung zeigen würden. Eines stand jedoch fest: Bei den ganzen Flausen, die sie im Kopf hatte, schien sie bei Fairy Tail wirklich gut aufgehoben zu sein.
„Normale Verfassung?“ Skeptisch hob Zahar eine Augenbraue. Versuchte Yuuki tatsächlich immer noch, ihr die Schuld zuzuschieben? „Was heißt normale Verfassung? Es ist nur ein bisschen Gift, das macht doch keinen Unterschied!“ Sie zuckte mit den Schultern. „Also, ich kann so viel Gift trinken, wie ich möchte. Da passiert nichts. Kann ich doch nichts für, wenn du allergisch darauf bist!“ Der Rotschopf ahnte vermutlich gar nicht, dass es die negativen Schlagzeilen, die er Zahars Kollegen zuschrieb, auch über sie bereits gegeben hatte. Man erinnere sich nur einmal an das Badehaus, das tagelang nach Zucker gerochen hatte, als sie einen kurzen Besuch gewagt hatte. Das leise Gemurmel des Magiers konnte sie nicht so recht verstehen, zog kurz skeptisch die Augen zusammen, aber als er dann ihr Friedensangebot annahm, verschwand das ganz schnell wieder und machte einem großen, fröhlichen Lächeln Platz. „Super!“, meinte sie glücklich und warf die Arme in die Lüfte. Auch ihr Schweif sprang aufgeregt nach oben. „Freut mich, dass du dich besser fühlst! Ich helf doch immer gern! Wie eine richtige Gildenmagierin!“ Die Strenge von eben war wie vom Winde verweht, als er ihr keine Vorwürfe mehr entgegen brachte. Auch wenn er immer noch darauf bestand, dass sie keine Leute vergiften sollte... So ein Spielverderber aber auch. „Klar, klar, verspreche ich!“, meinte sie fröhlich, während ihre rechte Hand die Finger kreuzte. Ach, Moment, das sollte er ja nicht sehen! Schnell zog sie ihre Hände hinter ihren Rücken und grinste den Rotschopf an. Dann lösten sich wieder ihre Finger voneinander und sie ging zu ihm, stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm auf die Schulter zu klopfen. Den Kopf streicheln, wie es die Erwachsenen ihrer Gilde gern bei ihr machten, konnte sie ihm leider nicht, dafür war er zu groß und sie zu klein. Aber vielleicht konnte sie ihm einen anderen Gefallen tun. Er hatte ja unbedingt etwas von den Süßigkeiten im Laden haben wollen. Flink kramte sie eins der noch eingewickelten gelben Bonbons aus ihrer Jackentasche und hielt es ihm hin. „Hier, bitte. Du wolltest doch was aus diesem Laden, richtig? Sieh es als Wiedergutmachung!“ Für sie waren das die absolut leckersten Süßigkeiten überhaupt, anders als die ganzen Sachen in dem Geschäft, die so ekelig süß schmeckten. Bei denen hier schmeckte man den Zucker gar nicht raus, sie waren einfach nur extrem sauer, was der jungen Echse sehr gefiel. Andere Bonbons konnte sie ihm leider nicht anbieten, da sie nur die hatte. „Ich soll die ja eigentlich niemandem geben, aber nimm sie als Wiedergutmachung, okay? Die hat Mina gemacht, nicht ich. Ist also kein Gift drin.“ Sie kicherte fröhlich und nickte ihm zu. Das hier war tatsächlich ein ehrliches Geschenk. So langsam wurde es hier vor dem Laden aber auch langweilig, und sie wollte nicht, dass noch jemand auf die Idee kam, ihr Vorwürfe zu machen, also wandte sie sich um und winkte ihm zu. „Aber naja, ich geh nach Hause. Hab noch einen schönen Tag, Yuuki!“ Und damit flitzte sie auch schon los! Hoffentlich ließ er sich die guten Bonbons schmecken...
Der heutige Tag war weniger ein Spaziergang im Park als ein Ritt mit einer Achterbahn gewesen, dermaßen hoch und runter war es hergegangen. Nichts hätte Yuuki darauf vorbereiten können, vergiftet zu werden, als er bei Sweet Tooth Fairy etwas Süßes hatte kaufen wollen und anschließend mit einem Echsenmädchen ins Gespräch gekommen war. Die grünhäutige junge Dame hatte wirklich nett gewirkt, aber spätestens als er von ihrer Zugehörigkeit zu Fairy Tail erfahren hatte, hätte er aufhorchen müssen. Wie dem auch sei, natürlich war es seine eigene Schuld, dass er in diesem schwummrigen Zustand einen Zauber angewandt hatte, der einen Laden beschädigt und eine Passantin beinahe verletzt hatte. Zum Glück hatte er den Besitzer sogleich bezahlt und der blonden Frau schien auch nichts zu fehlen, sodass er sich im Nachhinein nicht allzu viel Sorgen machen sollte, aber so war er nun mal! Dieser Vorfall würde ihn noch eine Zeit lang begleiten, ehe er schließlich in der Lage war, ihn zu den Akten zu bringen. Auf jeden Fall würde er aber von nun an vorsichtiger sein, wenn er etwas von Fremden annahm, denn seine Gutgläubigkeit war ihn heute – oder zumindest seinen Geldbeutel – teuer zu stehen gekommen.
Und damit zurück zum Gespräch von Yuuki und Zahar, welches sich allmählich dem Ende näherte. Der junge Mann nahm noch interessiert war, dass das Echsenmädchen scheinbar nicht wusste, was Gift mit anderen Leuten anstellte oder es sie nicht weiter kümmerte. Ihrer Aussage zufolge konnte sie so viel Gift trinken wie sie mochte, ohne anders als er, allergisch darauf zu reagieren. Obgleich ihn das Bedürfnis überkam, das Mädchen eines Besseren zu belehren und ihr klar zu machen, dass höchstwahrscheinlich alle Menschen allergisch aufs Gift reagierten, unterließ er es letzten Endes doch. Bei ihr handelte es sich nun mal um eine Fairy Tail Magierin und sie hatte Flausen im Kopf, das würde ihr keiner austreiben können. Wenn er irgendwann einen Zeitungsartikel lesen sollte, bei dem es um vergiftete Leute und Fairy Tail ging, dann wusste er zumindest schon, wer der Verursacher davon sein könnte. Als ihm Zahar versprach, keine Leute mehr zu vergiften und dabei die Finger vor ihm kreuzte, hoben sich seine Augenbrauen argwöhnisch. Sie hielt ihn für dumm, oder? „Alles klar.“, teilte er ihr wenig überzeugt mit, tat das Ganze jedoch innerlich schulterzuckend ab. Es war ihr Leben und er konnte nur gute Ratschläge geben. Wer wusste schon, wohin sie so ein Leben führen würde. Fairy Tail halt.
Schließlich klopfte ihm Zahar noch wohlwollend auf die Schulter und überreichte ihm ein in gelbes Papier eingewickeltes Bonbon aus ihrer Jackentasche und hielt es ihm hin. Unschlüssig, ob er es annehmen und essen sollte oder nicht, zögerte der junge Mann kurz, ehe er doch danach griff. „Danke sehr.“, teilte er ihr kurz und knapp, doch mit einem Lächeln mit und akzeptierte ihr Geschenk. Zahar teilte ihm zwar mit, dass diese aus dem Laden Sweet Tooth Fairy war und kein Gift enthielten, doch ganz sicher war er sich nicht. Sie hatte ihn schon mal vergiftet, also könnte sie es auch wieder tun, oder etwa nicht? „Danke, den wünsche ich dir auch.“, winkte er zum Abschied und schaute nun das Bonbon in seiner Hand an. Misstrauisch begutachtete er es und roch dran. Schien alles völlig normal zu sein. Ehe er es jedoch tatsächlich aß, begab sich der Grynder erneut zum Laden und suchte durch das Fenster das Innere ab, bis er das gefunden hatte, was er finden wollte: Einen Korb voller verschiedener Bonbons, darunter ebenfalls eines in gelbem Packpapier. Also war Zahar ehrlich gewesen! Das zauberte ein kleines Lächeln auf sein Gesicht und die Hoffnung, dass sich das Echsenmädchen an ihre Unterhaltung erinnerte und das nächste Mal Unbekannten keinen Streich spielte, indem es sie vergiftete. Vergnügt öffnete der Rotschopf das Bonbon und warf es sich ein, wobei sich sein Gesicht sogleich aufgrund des sauren Geschmacks verzog. Naja, egal, trotzdem lecker! Und damit ging Yuuki seines Weges.
Off: Man kann ohne Wölfe leben, es lohnt sich nur nicht Sophia, Rownan
Es war bereits am frühen Morgen, als Rownan im Zug unterwegs nach Magnolia war. Schon einige Quests und Aufträge, aber auch persönliche Interessen, hatten ihn in diese beschauliche Stadt befördert, die nebenbei auch die Gilde Fairy Tail beherbergte. Eine Gilde, die per Ruf nicht unbedingt dem entsprach, was man eine Vorzeigegilde nennen konnte. Aber so eine gab es eigentlich in ganz Fiore nicht. Auch die Satyrn waren nicht vor schrägen Gestalten oder ausfälligem Verhalten verschont geblieben. Zu letzterem hatte er selbst beigetragen, wie er sich immer wieder eingestehen musste. Heute aber war alles viel entspannter. Das lag vor allem daran, dass er alleine unterwegs war. Allein diese Tatsache minimierte bereits fünfundneunzig Prozent seiner bisherigen Probleme. So hoffte er auch an diesem Tag. Besonders deshalb, weil gestern sein Waschtag war. Neben einer gründlichen Wäsche und Pflege mit Haarbalsam, hatte er den gestrigen Abend vor allem mit einer Sache verbracht: Kämmen. Und er tat auch gut darin, so gewissenhaft in seiner Fellpflege zu sein. Denn nur so erreichte er das förmlich-adrette Aussehen, welches ihm ein dauerhaftes Bedürfnis war. Die Züge wurden in der Nacht gereinigt und so konnte sich der Hybrid im dämmrigen Licht des Zuges noch relativ gut in der Scheibe selbst sehen. Auch wenn er sich ungern selbst lobte, so hatte er doch wirklich herausragende Arbeit geleistet. Wer meinte, dass sein Fell doch jeden Tag gleich aussehe, der verstand die inneren Mechaniken nicht, die dafür notwendig waren, ein solches Volumen mit einem strahlenden Glanz unter einen Hut zu bekommen. Den Degen neben sich platziert ging der Wolf die relativ einfachen Instruktionen in seinem Kopf durch. Er hatte einen Brief erhalten, den er in einer Eisdiele abgeben sollte. Wenn er den Inhalt korrekt erfasst hatte, wollte jemand aus der Gilde mit der Herstellung von Eis beginnen. Keine schlechte Idee und auch kein simples Hobby, auch wenn es nicht den Interessen Rownans entsprach. Musste es auch gar nicht. Er würde seine Belohnung erhalten, nachdem der Botengang erledigt war. Da er dann sowie so schon relativ früh in Magnolia war, könnte er den Tag auch noch für sich nutzen und die Stadt etwas weiter erkunden.
Es war um die Mittagszeit, als er letztendlich den besagten Laden erreichte. Statt wie geplant früh morgens in der Stadt anzukommen, hatte das Fahrzeug einen Schaden. Bis ein entsprechender Ersatz da war und die Strecke geräumt wurde, vergingen noch gute zwei Stunden. Es war eher frustrierend also wirklich schlimm, was die Aufgabe anging. Dennoch nervte es ihn, so viel Zeit verschwenden zu müssen. Der Besitzer des Ladens nahm den Brief dankend an und bestätigte ihm den Erhalt. Damit war der offizielle Teil erledigt. Statt jedoch wie geplant die Waffen- und Bücherläden der Stadt unsicher zu machen, stieg ein interessanter Geruch in die Nase des Lupinen. Dieser Duft kam aus dem gegenüberliegendem Geschäft. Sweet Tooth Fairy. Sehr kreativ kommentierte Rownan gedanklich, aber ohne jede emotionale Regung. Trotzdem war er nicht ganz abgeneigt herauszufinden, was besagte Note von sich gab. Zu seinem Unmut jedoch, hatte sich bereits eine kleinere Schlange vor dem Laden gebildet. Wenn er seine Neugier also befriedigen wollte, musste er sich unweigerlich anstellen. Er selber war alles andere als ein Enthusiast, wenn es um den Konsum von Süßwaren ging. Im Gegenteil. Der Grauhaarige hielt besonders für sein Training eine sehr strenge Diät ein, die wenig Ausnahmen erlaubte. Meist waren dies selbstgemachte Ausnahmen, wie ein Glas Wein von Zeit zu Zeit. Den Degen etwas an seinem Gurt verschiebend, sodass sich auch Leute bequem hinter ihn stellen konnten, reihte sich der Satyrs zu den anderen Gestalten in der Reihe. Vielleicht könnte er Callum ein paar Süßigkeiten mitbringen, auf dass ihn das Katzenwesen wenigstens in Zukunft weniger drangsalieren würde.
So ein Ärger aber auch... Sophia hatte verschlafen. Eigentlich hatte sie heute ganz früh aufstehen wollen, weil sie heute ihre Bestellung in einem Geschäft abholen konnte. Zu ihrem Ärger hatte sie aber wohl gestern bis in die Nacht gespielt. Es war ihr ganz und gar nicht aufgefallen. Schließlich war ihr auf der Suche nach einem Ersatzteil für die Mechs der dritte Teil von Bloodstorm in die Hand gefallen. Dieses großartige Vampir Rollenspiel, welches schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, kannte sie derartig gut, dass sie mittlerweile in der Speedrun Community von Magnolia die Nummer Zwei war! Ja... Nummer Zwei nur. Das war schon ein wenig ärgerlich. Als sie das letzte Mal auf die Uhr geblickt hatte, war es etwa neun Uhr am Abend gewesen. Da konnte man schon noch einen Run durchziehen, oder? Und da sich ihre Zeit nicht wirklich verbessert hatte - schließlich war es nur der erste Übungsrun gewesen - legte sie einen nach... und dann noch einen... und noch einen... und irgendwann verlor sie die Zeit aus den Augen... Als sie am Morgen erwachte und sabbernd mit zerzaustem Haar einen Blick auf ihren Kätzchenwecker warf, war sie erschüttert. Ihr Termin war nur noch etwa dreißig Minuten entfernt! Mit einer schnellen Wäsche, frischer Kleidung und ihrem gepackten, zuckersüßen Kätzchenrucksack stürmte sie aus dem Haus und machte sich auf den Weg zu dem Geschäft, in dem sie ein wichtiges Mechteil vorbestellt hatte...
Glücklicherweise hatte sie es pünktlich geschafft. Erleichterung machte sich in ihr breit, als sie endlich den kleinen Bausatz für den Ersatzpart an ihrem aktuellen Lieblingsmech in Händen hielt. Vorsichtig und sachte verstaute sie das gute Stück im Kätzchenrucksack, bevor sie ihn wieder schulterte und ... von einem lauten Magenknurren unterbrochen wurde. Herrje. Frühstück war ja zeitlich nicht drin gewesen. Nun wo sie drüber nachdachte, wusste sie auch nicht wirklich wann sie gestern das letzte Mal etwas Richtiges gegessen hatte. Nachdenklich tapste sie die Straßen Magnolias entlang, die sie in- und auswendig kannte. In ihren Händen lag erneut eine kleine Spielekonsole, auf der sie sich - auf dem Weg zu etwas Essbaren - die Zeit mit einer weiteren Runde Bloodstorm vertrieb. Man musste ja schließlich keine potenziell nutzbare Zeit verschwenden! Gerade als sie dabei war mit gezielten Tastenkombinationen den ersten Boss zu legen, vernahm sie einen süßlichen Geruch. Beinahe automatisch kam Sophia von ihrem Weg ab und schlich dem Geruch nach. Etwas Süßes... Das wäre doch was. Danach konnte sie immer noch etwas Richtiges essen! Sie war ja schon groß. Keiner konnte ihr sagen wann sie ihren Nachtisch zu essen hatte!
Völlig im Spiel versunken, lief Sophia ihrer Nase nach in Richtung des Süßwarenladens. Das süße Stupsnäschen der Magierin wippte bei jedem Schritt ein wenig mit, während sie eine Tastenkombi nach der anderen gezielt durchzog. Irgendwann aber... stieß Sophia auf ein Hindernis. Nanu? Hatte sie nicht den richtigen Weg genommen? Die Straßen von Magnolia konnte sie mittlerweile doch blind ablaufen. Als sie die Konsole herunternahm, stellte sie fest, dass es sich wohl um eine Person handelte. Sie wollte gerade um Verzeihung bitten, da erkannte sie, dass jene... Fell hatte? Oh. Ein Wauwau. Mhm. Sophia war kein großer Fan von Tieren. Sofort machte sie einen Schritt nach hinten und rümpfte die Nase. Hoffentlich hatte der Hundi keine Flöhe. Oh... Er stand hier mit in der Schlange. Ob sein Frauchen wohl auch etwas Süßes wollte? Sophia streckte den Kopf etwas zur Seite, an dem Hund vorbei, zu der Dame, die vor ihm in der Reihe stand. „Verzeihung, junge Frau. Ich bin mir recht sicher, dass Sie Ihren Hund hier anleinen sollten... und ins Geschäft darf er auch nicht mit.“, wandte sie sich der Frau zu und lief einfach an dem Wauwau vorbei, sodass sie der Dame, mit der sie sprach auf die Schulter tippen konnte. Jene blickte Sophia entgeistert an. „Das ist doch nicht meiner!“, antwortete jene empört und wandte sich kopfschüttelnd wieder um. Sowas... Ob er ausgebüchst war? Sophia lebte ja schon eine Weile in Magnolia, aber so ein großer Hund würde ihr bekannt vorkommen, wenn er von hier wäre. Sie hatte ihn noch nie gesehen! Als gute Bürgern von Magnola... Nein! Als Mitglied von Fairy Tail musste sie sich um den entlaufenen Hund kümmern! Nur wie? Sie wollte ihn nicht wirklich anfassen... Sophia hielt nach wie vor Sicherheitsabstand, als sie den Hund erneut ansprach. „Entschuldige, Wauwau-san... Wo ist denn dein Frauchen oder Herrchen?“ Schon ein bisschen schräg, was die Leute ihren Tieren mittlerweile für Klamotten anzogen... und sie war auch nicht ganz sicher, ob der Hund das verstehen würde. Einen Versuch war es ja aber wert. In dieser Welt gab es Magie - da war viel möglich! Die Tatsache, dass sie einen Tiermensch vor sich hatte, kam ihr nicht in den Sinn... So einer war der unaufmerksamen Magierin schließlich noch nie unter die Augen gekommen!
#2 Bis jetzt hatte sich die Schlange nicht merklich bewegt. Seit er sich angestellt hatte, waren, sofern er es richtig sehen konnte, vielleicht ein oder zwei Personen in den Laden getreten. Vermutlich gab es dort drinnen so viel zu entdecken, dass die Leute sich einen festen Pfad lang bewegen mussten. Ein Zurück gab es also nicht. So musste sich jeder gut überlegen, was er oder sie mitnahm, denn sonst käme man nicht um ein erneutes Anstellen herum. Eine gewagte Strategie für ein solches Unternehmen, aber allem Anschein nach zahlte es sich aus, denn auch er stand geduldig in der Reihe und wartete darauf zu entdecken, was der Laden für ihn bereithielt. Bei den verschiedensten Gerüchen, auch unbekannten Gerüchen, konnte auch der Hybrid nicht wirklich differenzieren, was er aus dem Sortiment haben wollte, sofern er überhaupt etwas haben wollte. Unter Umständen reichte es ihm auch vollkommen seine Neugierde zu befriedigen. Aber das konnte er erst mit Gewissheit sagen, sobald er ein visuelles Bild in Ergänzung zum Geruch erhielt. Ein leichtes Stupsen an seiner Seite riss ihn aus seinen wohltuenden Gedanken. Ein kurzer Blick zur Seite offenbarte eine junge Frau oder ein Mädchen, die gute 50 Zentimeter kleiner war als der Wolf. Ihre rosafarbenen Haare waren das erste Merkmal, dass ihm an ihr auffiel. Zusammen mit ihren Augen hatte sie beinahe etwas Niedliches an sich. Der Grund ihres Fauxpas sah der Hüne in ihrer Hand. Anscheinend war sie Vertreterin der neumodischen Spielbranche, die diverse Geräte herausbrachten, die durch imposante Bilder und quietschende Geräusche auf sich aufmerksam machten. Ein wenig hatte er diese Entwicklungen immer bedauert, wo es doch so viele gute Bücher zu lesen, so viele Dinge zu lernen und so vieles zu entdecken gab. Stattdessen flüchteten sich diese Leute in eine Fantasiewelt, die statt von ihrer eigenen Vorstellungskraft nur von dem Akkustand ihres Gerätes beeinflusst worden. Natürlich und das musste auch er honorieren, erforderte es ein gewisses Fingerspitzengefühl und Reaktionsfähigkeit, um diese Art von Spielen zu meistern. Aber welchen wirklichen Mehrwert hatten diese Dinge in der realen Welt. Er zweifelte diesen sehr stark an. Wie es schien war das abgelenkte Mädchen ebenso überrascht über ihre Konfrontation und tat so gleich einen Schritt zurück. Was folgen würde, so war es immer, wäre eine Entschuldigung, ein Blick nach oben, die Überraschung und ein verwunderter, verängstigter oder sonst wie starrender Gesichtsausdruck, der meist erst durch eine Intervention seinerseits gebrochen wurde. Danach konnte er durchaus seine Uhr stellen. Sollte er ihr zuvorkommen und den Zusammenstoß einfach abtuen, auf dass sie sich nicht ihrer eigenen Scham ergeben musste? Ein interessanter Gedanke, wirkte sie doch wirklich wie jemand, die keiner Fliege etwas antun konnte. Noch bevor er jedoch Luft holen konnte, geschah etwas, womit er wirklich nicht gerechnet hatte. Statt zu ihm zu schauen, schaute sie an ihm vorbei, nach vorne in die Schlange. Ach, sie ist bestimmt gewohnt, dass sie nicht anstehen muss. Und das arme, introvertierte Ding überlegt jetzt, ob sich das Anstehen wirklich lohnt. So dachte er zumindest. Doch ihr Blick war wohlüberlegt, ebenso wie ihre nächsten Worte, die sie an die Dame vor den Lupinen richtete. Wäre es eine Komödie gewesen, so hätten ihn ihre Worte direkt zu Boden befördert. Aber das hier war keine Komödie, kein Spiel auf einem ihrer Geräte. Das war das wahre Leben. Kein Wunder, dass Rownan, der sonst so besonnen war, es nicht ganz verhindern konnte, dass ihm die Gesichtszüge entglitten. Darüber hinaus stellten sich seine Ohren in Verwunderung auf und auch seine Rute schlug einmal angespannt gegen sein linkes Bein.
Hatte er sie gerade richtig verstanden? Dachte sie…? Rownan war wirklich perplex. Er hatte die Geschichten gehört, dass Tiermensch gut und gerne als Sklaven in Haushalten oder landwirtschaftlichen Betrieben zur Arbeit genutzt wurden, nicht zuletzt aufgrund ihrer ausgeprägten, körperlichen Attribute. Aber in Fiore war dies schon lange verboten und auch die umliegenden Königreiche verhielten sich da nicht anders, sofern er es richtig in Erinnerung hatte. Daher blieb die Frage, die den Tiermenschen so verwirrte, wie sie auf den Gedanken kam, dass er nicht sein eigener Herr war. Die Dame vor ihm würde gewiss gleich das Missverständnis um seine Person aufklären. So dachte er zumindest. Stattdessen goß die Frau vor ihm auch noch Öl ins Feuer. Woher kam dieses Besitzdenken der Leute!? Der Satyrs war zurecht völlig verwirrt. War das gerade eine neue Welle des Rassismus, die über ihn hereinbrach. Bevor er sich jedoch weiter aufregend konnte, über beide aufregen konnte, kamen endlich die ersehnten, längst überfälligen Worte: Entschuldige… Wauwau-san? Was war mit den Leuten in Magnolia nicht richtig!? Wenn er noch etwas Zeit hatte, musste er vielleicht ein ernstes Wort mit Aska reden. Fairy Tail konnte bestimmt etwas gegen diese Leute unternehmen und dabei bemerkte er nicht einmal das Gildenzeichen, welches in einem zarten Rosa vor ihm schimmerte. Wenn sein Gegenüber nicht so unschuldig wirken würde, hätte der stolze Wolf möglicherweise schon seine Manieren vergessen, spätestens dann als er nach seinen Besitzern gefragt wurde. Unter Umständen gab es auch eine viel logischere, rationalere Begründung für ihr Verhalten und der Weg der Logik war immer ein Pfad gewesen, dem er nur zu bereitwilligt folgte. So wie es aussah, wusste das arme, verwirrte Mädchen es einfach nicht besser. Dann war sie ja sogar auf den richtigen Tiermenschen gestoßen. Ihrer Stimme nach zu urteilen, war sie noch sehr jung. Wenn es um Bildung ging, konnte ihm die wenigstens das Wasser reichen. Es war wieder an der Zeit, dass er die Reputation seiner Gattung etwas aufbesserte. Was er allerdings nicht wollte, war herablassend auf sie herunter reden. Deswegen ging er in die Hocke, um so auf Augenhöhe mit ihr zu sprechen. Die Dame vor ihm konnte ja auch zuhören, wobei er davon ausging, dass sie die Mühe nicht wert war. Sein Lächeln war ein freundliches und er achtete in diesem Moment sehr darauf, nicht zuviel einer Zähne zu zeigen. Er wollte hilfsbereit wirken und sie nicht verängstigen. „Guten Tag kleine Dame. Ich weiß ja nicht, ob es dir deine Eltern erklärt haben, aber wir Tiermenschen sind schon lange unsere eigenen Herren. Zwischenzeitlich kann man uns sogar schon in Gilden vorfinden“ und dabei holte er seine Rute von der Seite hervor, um das Gildensymbol zu offenbaren. „Und hast du dich beim Spielen verlaufen? Wo sind denn deine Eltern?“. Auch wenn die Wortwahl der Kleinen nicht unbedingt optimal waren, so hatte sie ihre merkwürdige Frage doch höflich gestellt. Und Rownan wäre nicht Rownan, wenn er diesen Ton nicht ebenso erwidern würde. Möglicherweise musste er sie jetzt an die Hand nehmen und die Eltern wiederfinden. In er Stadt wie Magnolia konnte man sich sicher leicht verlaufen.
Sowas... An ihrem allerliebsten Süßigkeitenladen anstehen zu müssen, war nicht unbedingt etwas, was Sophia gewohnt war. Es war schon ein Ärgernis. Hatte sie vielleicht einfach einen schlechten Zeitpunkt erwischt? Mhm. Jetzt wollte sie aber etwas Süßes. Da führte einfach kein Weg dran vorbei. Allerdings lenkte sie in der Schlange recht zügig etwas von ihrem süßen Zahn ab. Da stand ein Wesen vor ihr, welches sie gerade angerempelt hatte, das für die junge Magierin aus der Stadt hinten und vorn keinen Sinn machte. Es war ein großer Hund, gekleidet in adrette Kleidung. Mit Hunden kannte Sophia sich nicht aus. Vielleicht gab es ja einen Züchter, der so große Hund züchtete? Er musste sich verirrt haben, wenn er der Frau da vorn nicht gehörte. Ob er sich losgerissen hatte? Mhm... Dann würde er ja noch eine Leine tragen, oder? Einem Hund solche Klamotten anzuziehen, war schon beinahe sträflich, aber Sophia, mit ihrem Kätzchenrucksack und dem Plüschhasen, sollte wohl kaum über anderer Leute Geschmack urteilen, oder? Der große Wauwau wackelte mit seiner Rute. Ob er sich vielleicht darüber freute von der Magierin angesprochen zu werden? Vielleicht konnte er ihre Hilfe ja gebrauchen. Sie mochte keine Tiere... Wirklich nicht... aber wenn jemand Hilfe brauchte, dann würde sie helfen! Sicher war sein Besitzer krank vor Sorge! Ob sie ihn streicheln sollte, um ihn zu beruhigen? Mhm... Aber Hunde konnten Fremde schon einmal beißen. Da war sie lieber vorsichtig.
Als seine Stimme ertönte, zuckte Sophia zusammen. Er war so groß. Viel größer als sie! Und seine Stimme... Ja, er hatte eine menschliche Stimme... Sie war so tief. Die großen, rosafarbenen Augen blickten erstaunt zu ihm auf, während ihr die Kinnlade nach unten klappte. Mit offenem Mund stand sie vor ihm und staunte für einen Moment einfach nur. „Tier... Mensch?“, fragte sie und legte den Kopf schief. Sophia gab keine große Acht auf ihre Umwelt. Sie spielte meist, während sie unterwegs war. Dass es Wesen wie ihn gab, hatte sie eventuell schon einmal gesehen, aber nicht wahrgenommen. Zuhause war es auch nie ein Thema gewesen. Das war tatsächlich ihr erster Kontakt mit einem Wesen seiner Art. Ihre Augen musterten ihn neugierig, mit einem gespannten Funkeln in den Augen. Sie mochte keine Tiere, aber Menschen ja schon... Was sollte sie von dem Wauwau denn halten? „Ich kenne keine Tiermenschen, Wauwau-san...“, stimmte sie ihm sogar zu. Ihre Augen blieben an seinen Ohren hängen... Nun wo er vor ihr kniete, musste sie auch gar nicht mehr aufblicken. Er hatte messerscharfe Krallen.... und Reißzähne. Ein Maul wie ein Wolf und die Nase eines Hundes. „Was genau ist denn Mensch an dir? Ich sehe nur Tier...“, stellte sie völlig unverblümt fest. In ihren Worten war keinerlei Urteil zu vernehmen. Allerdings hatte sie von so einer Art Wesen noch nicht gehört. Abgesehen von seiner Stimme war nichts an ihm menschlich. Menschen hatten keine Schnauze, keine Rute und kein... Sophia streckte ihre Hände aus und packte dem Wauwau ziemlich direkt an das flauschige Fell hinter seinen Ohren. Einem Menschen würde sie natürlich niemals direkt durch die Haare wuscheln - zumindest wäre es eher unwahrscheinlich. Aber diesem Tier... „Menschen, die ich kenne, haben kein so großes Maul... so spitze Zähne... scharfe Krallen... so viel Fell.“, murmelte sie nachdenklich und flauschte mit der Hand durch sein Fell - wenn er nicht bereits auf Abstand gegangen war. „Beim Spielen?“ Plötzlich erinnerte sie sich an die Frage, die er ihr gestellt hatte. „Nene, ich will mir was Süßes holen. Habe Hunger. Ich weiß schon wo ich hin muss. Meine Eltern wohnen nicht hier. Weißt du, Wauwau-san, ich wohne schon allein.“, plauderte sie fröhlich aus dem Nähkästchen und zeigte dabei ein herzerweichendes, naives Lächeln. Man merkte ja irgendwo schon, dass sie es gar nicht böse mit ihm meinte. Aber ein Tiermensch... So etwas hatte sie noch nie gehört. Sie mochte keine Tiere ... Aber eine so besondere Art Mensch ... Wo war er nur menschlich? Sophia wollte mehr darüber wissen.
#3 Scheinbar hatte er das arme Mädchen schon durch seine Statur verunsichert, aber jetzt, nachdem er sogar noch etwas gesagt hatte, war das arme Ding gänzlich verängstigt. Vielleicht war es ihrem Alter nach zu urteilen besser, wenn sich einer der anderen Umstehenden um sie kümmern würde. Zumal diese Leute sich hier sehr wahrscheinlich auch im Gegensatz zu Magier aus Maldina auskennen würde. Es war fast schon die einzig logische Entscheidung die Verantwortung an jemanden anderen abzutreten. Unter Umständen könnte er sich so in den Laden schleichen und als Belohnung gleich noch etwas mitnehmen. Immerhin stand er primär in der Schlange, um seine Neugierde zu befriedigen. Noch immer schaute sie ich mit geöffneten Mund, ehe sie scheinbar etwas ihrer Fassung zurückerlangte. Wenn er genau drüber nachdachte, konnte er doch recht freundlich aussehen, wenn er nicht gerade Zähne zeigte. Jedoch waren es genau diese, die er alltäglich sehr zurückhielt. So wäre es ihm gewiss aufgefallen, falls ihm ein Missgeschick passiert wäre. Den Begriff des „Tiermenschen“ wiederholend, schaute ihn die Rosahaarige an. Um nicht unfreundlich zu wirken und auch seine eigene Perplexität zu kaschieren, erwiderte er ihren Blick mit einem neutral-freundlich angehauchten Blick. Kinder mochten bekanntlich Tiere. Vielleicht musste sie auch erst etwas mit ihm warm werden. Dies schien auch der Wahrheit zu entsprechend, denn ihr Gesichtsausdruck änderte sich. Jetzt schien sie ihn auf eine Art und Weise zu mustern, die dem Lupinen nur all zu bekannt war. Allerdings hatte er damit nie wirklich ein Problem gehabt, besonders dann nicht, wenn es Kinder waren. Sie waren schlichtweg naive und wussten es in der Regel nicht besser. Wer wäre er, wenn er einem so unschuldigen Wesen Vorwürfe machen würde. Nicht wirklich überraschend folgte ihre Aussage, dass sie keine Tiermenschen kannte. Was sonst sollte eine solch extrovertierte Reaktion hervorrufen. Dann hatte die Kleine heute einen Glückstag gleich an ein so spannendes Individuum wie es der Hybrid war zu kommen, obwohl sie über seine wahren Hintergrund, wie jeder andere auch, nicht bescheid wusste. Das wäre auch zu komplex für ein so zerbrechliches Geschöpf.
Und wie es für diese Wesen üblich war, nahmen sie kein Blatt vor den Mund, sondern erkundeten die Welt auf eine ganz unverblümte Art. Taktgefühl und Wortwahl waren mehr noch als Fremdwörter in einem Alter, in welchem man als Eltern wohl froh sein konnte, dass man sich wenigstens einige Stunde um sich selbst kümmern konnte ohne Angst haben zu müssen seinen Nachwuchs geschunden in der Ecke zu finden. Zumindest war das Mädchen alt genug, um selbständig kleinere Einkäufe erledigen zu dürfen. So musste sie gewiss auch eine Schuldbildung genießen. Völker war demnach noch kein Unterrichtsgegenstand gewesen. Bevor er ihr jedoch eine adäquate Antwort geben konnte, packte seine Gesprächspartnerin das Fell hinter seinen Ohren und … kraulte ihn? Kein Wunder, dass Rownan nicht schlecht schaute. Er konnte sich nicht einmal mehr darin erinnern, wann ihn jemand das letzte Mal dort berührt hatte, vor allem auf diese Art und Weise. Dennoch war es kein schlechtes Gefühl, wie ihm seine Rute aber auch das wohlig-warme Gefühl verriet, welches nun in ihm aufstieg. Wo er nach außen Verwundern ausdrückte, konnte er innerlich nur seufzen. Es waren diese animalischen Dinge, die ihn selbst immer wieder überraschten. Dass er an dieser Stelle positiv empfindlich war, hätte er sich auch denken können. Wie in einem Märchen zählte sie dabei die Merkmale auf, die ihn so fremd wirken ließen. Es war Themen auf einer komplexeren Ebene. Vermutlich konnte sie ihm nicht mal erklären, warum ein Stück Kreide nicht lebte, während sie beide es taten. Dann erst schien sie sich daran zu erinnern, dass auch er ihr eine Frage gestellt hatte. Dabei hatte er diese Nachfrage zum Teil schon selbst beantworten können, je mehr er sich mit ihr unterhielt. Das Fräulein war nicht so jung, wie er sie initial eingeschätzt hatte, aber immer noch jung. Dann erst schaffte sie es ihn in kurzer Zeit von neuem zu verwundern. Diesmal jedoch wirklich und nicht nur oberflächlich. Sie wohnt … allein. Rownan wurde etwas nachdenklich. War sie etwa eine Weise? Aber würde man sie dann bereits alleine wohnen lassen? Wohlmöglich ältere Geschwister? Er musste erst einmal ihre Neugierde befriedigen, damit er selbst darüber nachdenken konnte, was er nun mit ihr machen würde. So jung und schon alleine wiederholte er in Gedanken ein letztes Mal, ehe er sich an ihre Aussage zurückerinnerte. „Na, ich kann sprechen. Ich kann aufrecht gehen. Ich trage Kleidung und kann lesen. Und ab und zu esse ich auch mal Süßigkeiten. Ist das nicht schon ziemlich menschlich?“ erwiderte er ihrer Feststellung, während er sie weiterhin an seinem Fell hantieren ließ. Erst jetzt, wo ihre Aussage ihn selbst nachdenklich gestimmt hatte, musterte er die Rosahaarige genauer. Und erst dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das Gildensymbol der Feen prangerte an ihrem Hals in der gleichen oder fast gleichen Farbe, wie es auch ihre Haarpracht war. Kein Wunder, dass sie alleine wohnt. Der Grauhaarige kam sich dezent dämlich vor. „Sag mal, wie alt bist du?“ fragte er sie nun direkt. Genau wie bei ihm schien es der Fall zu sein, dass der erste Eindruck täuschen konnte.
Sophia war kein Mensch, der an Herzdrücken starb. Wenn ihr etwas auf der Seele brannte, dann sprach die junge Magierin das aus. Es war ihr recht egal was andere Menschen davon halten könnten, wie sie dachte oder wie sie war. Sophia war einfach sie selbst und dabei für die meisten Menschen völlig in Ordnung. Wie es um den Wolf stand, der so auf sie herab blickte und mit ihr sprach, das wusste sie nicht. Die Magierin ging mit ihm nicht anders um, als sie es mit jedem anderen Wesen tun würde, das so aussah wie er... und in erster Linie hielt sie den Tiermenschen für einen freilaufenden Hund. Dass er aber mit ihr sprach - das musste nun selbst die unwissende, naive Magierin zugeben - war ein wenig unerwartet für ein Haustier, für das sie ihn ursprünglich gehalten hatte. Mit dem Wort Tiermensch warf er bei Sophia unzählige Fragen auf. Gab es solche Wesen? Hatte es sie schon immer gegeben? Wie kam es, dass sie niemals mit ihnen in Berührung gekommen war? Niemand hatte ihr von ihnen erzählt! In Marokkasu waren ihr keine aufgefallen und auch sonst... Okay, an der Stelle erkannte sie sogar selbst, dass sie als Kind vielleicht ein wenig sehr behütet aufgewachsen war. Erst seit kurzem war sie hier und gehörte zu Fairy Tail. Demensprechend war es wohl kaum verwunderlich, dass sie hier ganz neue Erfahrungen machte. Ein Tiermensch... und noch dazu einer, der so offensichtlich mehr Tier als Mensch war - zumindest optisch - das war etwas ganz Neues für sie.
Sein Fell war ganz flauschig. Sophia mochte Tiere nicht besonders. In der Regel ekelte sie sich vor den meisten Wesen dieser Art. Die junge Magierin hatte es hier aber mit etwas zu tun, was zwischen den Welten tanzte. Zum Teil Mensch und zum Teil Tier. Sein Fell war gepflegt. Es fühlte sich ein bisschen an wie eine teure Schmusedecke... Ein richtiger Hund oder Wolf wäre wohl kaum in der Lage dazu sich so zu pflegen. Die Existenz dieses Mannes warf für Sophia mehr Fragen auf, als er ihr beantworten konnte. Sie fragte sich, ob sie bisher blind durch die Welt gelaufen war - und jeder, der nicht sie war, wusste vermutlich auch, dass dem so war. Als sie durch das Fell flauschte, zeigte sein Ausdruck eine gewisse Überraschung. Dennoch tat er das, was ein Hund eben tat... zumindest seine Rute. Sophia beobachtete das sehr genau. Sie wollte wissen wo die Grenzen lagen. Von so einem Wesen hatte sie nie gehört und ihre angeborene Neugier ließ sich nicht so einfach abwürgen! Es war sicherlich respektlos und viel zu direkt wie sie danach fragte, ob und wie er denn ein Mensch war. Ihr selbst war das nicht bewusst. Rownan zeigte ihr schließlich auch überhaupt nicht, dass sie gerade irgendwelche Grenzen überschritt. Der Wolfsmann sprach weiter, als wäre gar nichts dabei. Als er ihr erklärte, was ihn menschlich machte, legte Sophia nachdenklich den Kopf schief. Richtig... Ein aufrechter Gang war bei Tieren seiner Art untypisch... Sprache... Ja gut. Das machten Hunde auch nicht. Kleidung und Süßigkeiten konnte sie nur so halb zählen. Sie hatte von Hunden gehört, die alles fraßen - auch wenn sie es nicht so gut vertrugen... und sicherlich gab es in Marokkasu viel zu viele Läden mit Tierkleidung, die Sophia schon immer irgendwie schräg gefunden hatte. Sophia ließ nun ihre Hände von seinem Fell ab und zog sie zurück. Nachdenklich legte sie eine Hand an ihr Kinn. „Mhm... Da hast du wohl recht... Es fällt einem gar nicht so sehr auf, weil die anderen Merkmale viel markanter sind.“ Wieder einmal viel zu direkt. Sie hätte auch gleich sagen können: Du siehst halt so krass nach Hund aus, da ist mir das gar nicht aufgefallen! Stattdessen fragte sie sich gerade für einen Moment wie er unter seiner Kleidung aussah. In Anbetracht der Tatsache, dass er eben nicht nur ein Hund war, wäre es wohl unangemessen danach zu fragen. Das erkannte sogar Sophia! Jene hob beide Hände flach vor sich und hielt sie vor ihrer Brust, mit der Handfläche nach oben übereinander. „Mensch und Tier...“ Dann bewegten sich ihre Hände auseinander. Links und rechts hielt sie eine Hand, nach wie vor mit der Handfläche nach oben, in der Luft. „Wenn etwas zwei Dinge vereint, dann ist es selten zu gleichen Teilen dasselbe.“ Wie bei einer Waage bewegten sich die Hände der Magierin nach oben und unten. Wenn eine nach oben wanderte, ging die andere herunter. „Siehst du dich eher als Tier oder als Mensch? Und wenn du die Wahl hättest, wärst du lieber nur eines von beidem?“ Man sah in den Augen der Magierin, dass hinter ihren viel zu direkten Fragen keine böse Absicht stand. Die kindliche Neugier funkelte in den rosafarbenen Iriden. Ihr Blick war zuckersüß - ein bisschen wie ein Bonbon. Allerdings hat auch die süßeste Köstlichkeit ihre Schattenseiten. Sophia sprach keine besonders einfühlsamen Worte, auch wenn dahinter kein böser Wille stand. Als der Mann sie erneut etwas fragte, kehrte ein herzliches Lächeln in ihre Gesichtszüge zurück. Die Neugier war für einen Moment gewichen. Wenn sie ihn schon so löcherte, dann gehörte es sich selbstverständlich ihm ebenfalls offen und ehrlich zu antworten. „Ich bin sechzehn Jahre alt und du, Wauwau-san?“ Wenn man sie betrachtete, sollte eigentlich auffallen, dass sie kein kleines Mädchen eher war. An dem kleinen Körper war schon eine gewisse Weiblichkeit zu erkennen. Aber wer starrte da schon hin? Nur Perverse! So einer war der höfliche Tiermensch ja offensichtlich nicht. Vielleicht sollte er ihr mal seinen Namen verraten, wenn er nicht länger so genannt werden wollte. Sophia hatte da zwar auch so ihre Probleme damit sich die zu merken, aber sie würde es zumindest versuchen. Für sie war das hier ein ganz normales Gespräch. Jeder Andere würde das wohl ziemlich eigenartig und respektlos finden. Sophia war wohl etwas zu behütet und abgeschottet großgezogen worden... Jedenfalls vergaß sie mal wieder beinahe, wo sie gerade überhaupt war. Immerhin war diese neue Erfahrung so spannend. Tiermenschen. Wer hätte den gedacht, dass es so etwas gab?
#4 Das sein Aussehen für Blicke sorgte, das war er gewohnt. Eine Mutter, die ihr Kind näher zu sich zog, ein Gruppe, die tuschelte, wenn er vorbeilief. Das alles waren Dinge die er zuhauf erlebt hatte. Natürlich war nicht jeder in Fiore so, immerhin gab es noch Wesen, die viel außergewöhnlicher waren als er, obwohl seine Herkunft durchaus ungewöhnlich schien. Dass aber jemand so völlig fasziniert und dabei gleichzeitig so unwissend war, war auch ein Novum für Rownan. Vielleicht war es diese Perplexität gepaart mit seiner, zu dieser Zeit im Gespräch noch vorhanden, eigenen Unwissenheit über ihr tatsächliches Alter, die ihn dazu brachte, so entspannt zu reagieren. Für jede Schmach die er erlebte, musste er doch auch alles dafür tun, dass Treffen mit Leuten, die ihn zumindest wahrnahmen, mit einem guten Eindruck endeten. Ob Kind oder Erwachsener spielte dabei keine Rolle, wobei man behaupten könnte, dass ein positiver Kontakt einen Heranwachsender doch deutlich nachhaltiger prägen konnte, als er bei den ausgewachsenen Exemplaren der Fall war. Seine doch sehr einfache Erklärung sorgte dafür, dass das Mädchen ihm nur zustimmen konnte, wobei er ihre Worte keineswegs als Angriff wertete. Sie zeigte nur das auf, was sonst nur die wenigsten ansprachen, dessen Fakt er sich aber allgegenwärtig bewusst war. Noch schien ihr Denkprozess jedoch nicht abgeschlossen, als sie beide ihrer Hände nach vorne richtete, wie eine Waage, und diese genau so bewegte. Die Worte, die sie dazu äußerte, bestätigten nur die Frage, die er ihr wiederum gestellt hatte, denn entweder war es diese kindliche Naivität, die so manchen Philosophen an den Rand seiner Erklärungen gebracht hätten oder aber sein Gegenüber war deutlich reifer als es körperlich den Anschein hatte.
Wenn etwas zwei Dinge vereint, dann ist es selten zu gleichen Teilen dasselbe … siehst du dich eher als Tier oder Mensch? Und wenn du die Wahl hättest, wärst du lieber eines von beidem?
Mit nur drei Sätzen schaffte es seine Gesprächspartner ungefähr alle Bereiche zu tangieren, mit welchen sich der Lupine doch schon seit er sich erinnern konnte rumschlug. Der Konflikt in seinem Inneren, der Konflikt um Identität, Kontrolle und die bloße Existenz. Kein Wunder, dass ihn diese Aussage sprachlos machte. Natürlich hatte er diese Fragen schon hundert-, schon tausendfach durchexerziert. Im Kopf. Allein. Für sich. Aber sie so laut ausgesprochen zu hören, lösten etwas aus, das selbst der Wolf nicht so richtig beschreiben konnte. Unterbewusst wusste er, dass er diese Fragen nie für sich beantwortet hatte. Das war nicht ganz korrekt. Als er noch frisch im Waisenheim war, wollte er natürlich keineswegs ein Tiermensch sein. Besonders dann nicht, wenn man wusste, dass es eine Zeit davor gab. Aber so schnell, wie er sich damals akklimatisiert hatte, so schnell kam für ihn die vermeintliche Erkenntnis, dass er einfach der war, der er war. Rownan. Ein Tiermensch, halb Mensch halb Wolf, geschult in diversen Künsten, versiert mit dem Degen und magisch begabt. Warum sollte er etwas anstreben oder über etwas nachdenken, dessen Zustand er nicht ändern konnte? Und doch bewegten ihn diese Fragen, weil das Fundament, auf welchem seine Zufriedenheit mit seiner Statur beruhte, heftig ins Wanken geraten war, seit er als Magier unterwegs war. Er hatte nie wirklich damit abgeschlossen aber war noch bei weiten in den Kinderschuhen, wenn es darum ging, eine konkrete Antwort zu haben. Kein Wunder, dass er erst einmal selbst eine Frage stellte, um seine Gedanken zu sortieren und die neuen Eindrücke, die des Gildensymbols beispielweise. Wauwau-san. Es war diese Anrede, die wie ein Mantra in seinem Kopf nachhalte und ihn wiederum ablenkte. Sechzehn Jahre also kommentierte er innerlich. „Ich bin 24 Jahre. Und da hast du mir ja gleich einige schwierige Fragen gestellt“. Er atmete einmal kurz ein und aus, um sich um eine Antwort zu bemühen. Sie war alt genug jedes Wort nicht nur akustisch zu verstehen, sondern auch inhaltlich. Nie hätte er gedacht, dass er sich in einer Schlange zu einem Süßwarengeschäft über derartige Themen unterhielt. Zudem zögerte er trotz dessen er wusste, wie alt die junge Frau dort vor ihm war nicht eine Sekunde mit einer Antwort. Unter Umständen war es die bereits erwähnte Naivität, die ihn öffnete für Themen, über die er eigentlich nie sprach und schon lange nicht mehr gesprochen hatte. Aber einer Fremden konnte man doch alles erzählen, würden sich ihre Wege womöglich nie wieder kreuzen, oder?
„Wenn ich so spontan darüber nachdenke, dann ist es ganz schwierig das zu beantworten. Eigentlich denke ich da nicht drüber nach, wenn ich ehrlich bin“. Vorsichtig legte er seine Hände auf die ihren, um ihre Waage zu bewegen, stets darauf achtend, sie mit den Krallen nicht zu verletzen. „Du hast schon ganz recht mit deiner Geste. Aber genau da ist auch das Problem. Wenn ich mich eher als Mensch sehe, ist meine tierische Seite nicht ausgewogen, sehe ich mich als Tier, so ist es der Mensch, der darunter leidet. Am besten ist es vielleicht“ und es überraschte ihn sogar selbst „,wenn die Dinge im Gleichgewicht sind". Zumindest fürs erste. Es war eine Antwort, die er eher sich selbst gab als der Magierin vor sich. Um sich wieder in den Zustand zu versetzten, in welchem er nicht darüber nachdachte, was er war oder wie er es geworden war, dabei die Möglichkeit missachtend, dass die Waage vielleicht noch nie im Gleichgewicht war. Der Grauhaarige war in seinem aktuellen Zustand eher der Meinung, die Waage müsse zerstört werden. Nur war dann immer noch die Frage, mit welchem Gewicht er zurückblieb. Oder noch viel genauer: Was von ihm würde übrig bleiben? Unabhängig hatte sie ihm etwas mitgegeben, worüber er noch eine Weile nachdenken würde. Eventuell hatte er auch einen Ansprechpartner, mit welchem er laut denken konnte. Aber das war für eine andere Zeit, einen anderen Ort. Vorsichtig zog er seine Hände zurück und schaute sie dann wieder freundlich an. „Ich glaube, dass ich einige Dinge vermissen würden. Die Wärme, das Riechen. Aber Fingernägel statt Krallen wären auch nett. Du fragst dich doch aber sicher auch nicht, ob du lieber etwas anderes wärst als du bist, oder?“. Leute waren schnell darin, bei Dingen, die ihnen fremd erschienen, diese zu fragen, in welcher Richtung sie sich eher sehen würden, ohne sich selbst dabei die gleiche Fragen zu stellen. Aber so war das menschliche Denken nun mal. Kategorien machten das Leben leichter. Was das Leben auch leichter machte, waren Namen. Und diese hatten sie noch gar nicht ausgetauscht. Der Länge der Schlange nach zu urteilen, hatten sie noch dezent Zeit sich weiter zu unterhalten. Erneut behutsam streckte er ihr seine Hand entgegen. „Ich bin übrigens Rownan, sehr erfreut. Und du bist?“.
Das Gespräch zwischen Rownan und Sophia mochte einen an die Geschichte vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf erinnern. Mit einer ähnlichen Naivität ging die kleine Magierin schließlich an das für sie völlig fremde Wesen heran. Der Wolf war clever, so wie in dem Märchen. Er wusste sich zu formulieren, konnte mit dem ahnungslosen, naiven Kind gut sprechen und wenn er ihr das blaue vom Himmel versprochen hätte - sie hätte es diesem völlig neuen Wesen abgenommen. Doch war der Wolf denn auch gefährlich, wie er es im Märchen war? Waren die Klauen und die messerscharfe Zähne Rownans eine Gefahr für die kleine Sophia? Jene zweifelte keine Sekunde daran, dass der Magier ihr nichts tun würde. Sein Fell war gepflegt, seine Kleidung beinahe penibel von seinem Fell befreit, seine Aussprache die eines adligen Sirs, wie sie ihn nur aus der Villa ihrer Eltern kannte und trotz ihrer durchaus kritischen und ungeschminkten Fragen hatte er sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefressen. Wenn hier einer wirklich eine Gefahr war, dann war es in dieser moderneren Version des Rotkäppchens wohl eher das kleine Mädchen und nicht der böse Wolf... Der wirkte angesichts ihrer Fragen eher wie ein begossener Pudel.
Schließlich formulierte die junge Magierin Fragen, die sonst keiner zu stellen wagte. Mit ihren großen, rosafarbenen Augen blickte sie das für sie fremde Wesen mit einer kindlichen Neugier ganz unverschlossen und neugierig an. Manch einer mochte die Straßenseite wechseln, wenn er ein Wesen wie Rownan sah - selbst wenn er wusste was er war. Doch Sophia... Die packte das flauschige Fell hinter seinen Ohren, um zu fühlen, ob es wirklich so fluffig war, wie es aussah. Sie hatte keine Hemmungen, sprach den Fremden mit Wauwau-san an... und fragte ihn, ob er denn glaubte, dass er mehr Mensch oder mehr Tier war... Wenn hier einer seine Beute mit Reißzähnen packte, dann war es Sophia... Allerdings eher, weil ihre Worte schärfer als Messerstiche sein konnten. Ob ihr bewusst war, was ihre Worte bewegten? Ganz sicher nicht. Doch so etwas nahm sie in Kauf. Die Welt erklärte sich schließlich nicht von allein.
Nach einem Moment des Schweigens folgte ein Satz, der Sophia ein Kichern entlockte. Er war also vierundzwanzig Jahre alt... und ihre Fragen schafften es ihn in Erklärungsnot zu bringen. Sophia wurde von den meisten Menschen nicht einmal als junge Dame betrachtet und doch brachte sie einen gestandenen Mann um die Worte? Das war etwas witzig für sie. Vermutlich rechnete man nicht mit einer solch folgenschweren und überlegten Frage aus ihrem Mund, wenn man ihr niedliches Antlitz so betrachtete. Rownan schien sich jedenfalls Gedanken dazu zu machen. Neugierig beobachtete Sophia, wie er die Hände auf ihre legte. Im Vergleich zu ihren waren seine so viel größer, haariger... Richtige Wolfsklauen eben. Er konnte sich bemühen es zu verbergen, doch es war allgegenwärtig. Es ging also um Ausgewogenheit? Er war Tier und Mensch zugleich... und es war ihm lieb, wenn es im Gleichgewicht lag. Sophia legte den Kopf etwas schief. Man konnte regelrecht sehen, wie es in ihrem Kopf ratterte. Wenn man wollte, könnte man vermutlich sogar danach fassen... Als er seine Hände zurückzog, blickte sie ihn weiterhin neugierig an. Es würde ihm Einiges fehlen, doch er vermisste so viel, was die Anderen hatten. Sophia stellte es sich schmerzlich vor, immer nach etwas zu dursten, was man nicht bekommen konnte. Könnte er sich verwandeln, wie ein Gestaltenwandler, dann wäre sein Schicksal nur halb so wild - im wahrsten Sinne des Wortes. Doch so lebte er mit dem, was er nun einmal war... und derart existenzielle Fragen hatten ihren Ursprung in dem, was noch viel offensichtlicher war. Immerhin bemerkte Sophia durchaus, dass die Dame, die vor Rownan in der Reihe stand, ein ganzes Stück mehr Abstand zu ihm, als zu ihrem anderen Vordermann hielt. Tiermenschen... Etwas, was Sophia nicht gekannt hatte. Rownan hatte ihr quasi die Augen für etwas ganz Neues geöffnet. Es zu verstehen, fiel ihr schwer... und doch fühlte sie mit ihm, wie sie es selten für andere Menschen tat. Dabei mochte sie Tiere ganz und gar nicht, fand sie gar eklig. Rownan... Der war nicht wirklich abstoßend.
„Ich hab's!“, entfleuchte es ihr plötzlich, wie aus der Pistole geschossen. Ein warmes, herzliches Lächeln zierte die Lippen der naiven, kindlichen Magierin. Sie nahm die angebotene Pranke des Tiermenschen mit beiden Händen an und legte ihre kleinen Kinderhände um seine Klaue. „Mein lieber Rownan, ich mag Tiere so gar nicht, aber dich... dich mag ich. Weil du ein Mensch bist, der denken und fühlen kann und einer, der reden kann, wie jemand, der viel von der Welt gesehen und gelernt hat.“, plapperte sie fröhlich drauf los und machte sich dabei nach wie vor absolut keine Gedanken darüber, wie sie dabei auf andere wirken könnte. Dahingehend machte sie sich allgemein keinen Kopf. „Du bist der Mensch im Wolfspelz und das ist vermutlich genau so, wie es sein sollte. Ich bin froh, dass ich, dank dir, nun weiß, was ein Tiermensch ist.“ Dankbar verneigte sie sich. Immerhin hatte sie dank Rownan etwas Wichtiges für ihr Leben gelernt. Sophia war nie ein Freund der Tiere gewesen, aber ein Tiermensch, der war eben nur ein Mensch - mit einem bisschen Tier. So war es sicher bei allen, richtig? Dementsprechend wäre es gemein ihn nicht wie einen Menschen zu behandeln. Da fiel ihr ein... „Oh, ich bin übrigens Sophia. Freut mich auch!“, strahlte sie ihn an. Nun war die Skepsis und das Unwissen von vorhin völlig erloschen. Rownan war eben ein Tiermensch, was ganz Normales. Das wusste sie nun auch. Wenn es nur immer so einfach wäre, oder?
#5 Rownan konnte bemerken, wie sie über seine Worte und seine Geste nachdachte, immerhin legte sie den Kopf schief, kicherte über seine Aussagen. Es war ein Austausch wie er ihn schon lange nicht mehr führte und das wohlgemerkt noch immer in einer Schlange zu einem Süßwarenladen, den er am Anfang des Tages noch gar nicht in Betracht gezogen hatte überhaupt zu betreten. Zu Beginn ihres Gespräches hatte er sich auf Augenhöhe begeben, um ihr Respekt zu zollen. Jetzt, wo sie tatsächlich existenzielle Themen seiner Natur, gewollt oder ungewollt, tangiert hatten, fühlte es sich für ihn auch so an als ob sie tatsächlich auf Augenhöhe miteinander sprachen. Ihm war es egal, dass sie aussah wie ein kleines, verlorenes Mädchen, denn es waren ihre Worte, die ihn interessierten. Und Sophia, wie sie sich später noch vorstellen sollte, erfasste gerade etwas ganz Neuartiges für sich und war dabei wert- und urteilfrei. Beides Qualitäten, die der Wolf in diesem Kontext doch sehr schätzte. Witzigerweise hatte die Pinkhaarige eine Überlegung, die in nicht all zu ferner Zukunft auch den Hybriden ereilen würde. Das Ergebnis dieser Überlegung jedoch war etwas, dass vermutlich keiner der beiden hätte vorhersehen können. Aktuell war er allerdings noch deutlich reiner mit sich als er es nach dem Schicksalhaften treffen in Aloe sein würde. Noch einige Augenblickte schaute die beiden sich wortlos an, ehe seine Gesprächspartnerin plötzlich ausrief. Es wirkte beinahe so als ob sie eine Eingebung erhalten hatte. Gespannt, was genau sie für sich herausgefunden hatte, schaute er zu ihr. So überraschte ihn, ebenso wie ihn zuvor der Griff in sein Fell überrascht hatte, ihre weichen Hände, die sich erst um seine Hand legten und dann langsam zu seiner Kralle wanderten. Erneut konnte er für sich nur feststellen, wie ungewohnt aber gleichzeitig nicht unwillkommen diese Gesten waren. Sofern das Setting passte. Niemand mochte es einfach angefasst zu werden, vor allem dann nicht, wenn man angefasst wurde, weil man anders war. Die Art, wie die beiden miteinander umgingen, erlaubten jedoch Gesten dieser Art. So unterschiedlich, wie die Statur der beiden war, hatte er beinahe Angst, dass sie sich selbst verletzten würde einfach nur, weil sie ihn berührte. Eine ganz und gar eigenartige Erfahrung.
Die Erkenntnis, die sie schließlich äußerte, ließen seinen Kopf zur Seite kippen, während er dabei amüsiert schnaufte und den Kopf schüttelte. Es passt einfach so gut zu ihr. Sie mag also keine Tiere, aber mich? Natürlich hatte sie auch mit den weiteren Aussagen nicht unrecht, im Gegenteil. Es war genau das, was er nach außen hin lebte und nun von Sophia erkannt wurde. Er hatte für einen vermeintlichen Waisen eine außerordentliche Ausbildung erfahren, die er keineswegs verborgen hielt. Seine Belesenheit trug zu seiner Bildung bei, ein Mann von Welt, der erst seit kurzen die eigentliche echte Welt erkundete. Ein wohlig warmes Gefühl machte sich in ihm breit. Es gab nur wenige Personen, die dies vollbringen konnten. Was ihn jedoch wirklich traf, im positiven Sinne, war der zweite Teil ihrer Offenbarung. Ein Mensch im Wolfspelz? Genau so wie es sein sollte? Da hatte die junge Dame nun ganz schön was losgetreten. Mensch im Wolfspelz beschrieb sehr gut, wie er sich selbst sah. Wenn er die Augen schloss trennte ihn auch nichts mehr von diesem Fakt, unter Umständen nur die Gerüche, die auf ihn einprasselten. Alles in allem beschrieb es seine Selbstwahrnehmung sehr gut. Aber sollte das wirklich so sein? Sollten Mensch und Tier in einem Körper koexistieren? Wie er schon mehrfach festgestellt hatte, gab es einen großen Unterschied zwischen den klassischen Tiermenschen und ihm: Sie waren so geboren worden, kannte es nicht anders. Dieses Glück war ihm nicht vergönnt. Rownan wusste, dass in seiner Vergangenheit noch vieles schlummerte, was erst nach und nach während seiner Tätigkeit als Magier ans Licht kam. Und er, doch diese Erkenntnis hatte der Hybride in diesem Moment nicht, wäre solange im Ungleichgewicht, bis er diese Balance auch für sich akzeptieren würde, dabei war unklar, ob diese Balance überhaupt möglich war, wenn die Teile ungleich verteilt waren. Aber für ihn war es noch immer ein Kampf, den nur eine der zwei Seiten gewinnen konnte. Der Lupine sucht noch immer den dritten, vierten… irgendeinen Weg, der ihn ihm das Gefühl von Kontrolle geben konnte und dabei blendete er die Möglichkeiten aus, die direkt vor seiner Nase, oder Schnauze, waren. Daher war das vermeintlich naive Mädchen vor ihm wohl um einiges weiter als er selbst, obwohl er sich das nie eingestanden hätte. Die Tatsache, dass ihn diese Konversation begleiten würde, festigte sich.
Dank mir weiß sie jetzt was ein Tiermensch ist. Es war das erste Mal, dass er diese Hybridität tatsächlich erklären musste und dabei war er eigentlich das schlechteste Beispiel. Jedoch wäre die junge Fee jetzt offenen Gegenüber Mitglieder seiner Art. Unter Umständen könnte diese ihr noch einige Dinge erklären, die möglicherweise eher der breiten Masse entsprach als es sein Verhalten tat. Immerhin hatte er indirekt eine gute Tat vollbracht, das durfte er sich durchaus anrechnen. Ihre kleine Verbeugung zeigte ihm zum wiederholten Mal, dass auch sie wohl eine bessere Erziehung genossen hatte als es die meisten Bürger dieses Königreiches hatten. Ihre rechte Hand zärtlich ergreifend deutete er einen Handkuss an, ehe er diese wieder lockerließ und sie ebenso freundlich ansah. Aufgrund ihrer Abneigung der eigentlichen Tierwelt entschied er sich dagegen die Geste vollständig auszuführen. Man wollte sie ja nicht verschrecken. „Die Freude ist ganz meinerseits, Sophia. Wenn ich euch nun ein besseres Bild der Tiermenschen vermitteln konnte, werden es mir die anderen der Gattung sicher hoch anrechnen. Ihr seid mehr als sehr gescheit für euer Alter. Ich genieße diese Konversation sehr, ihr gebt mir viel mit, worüber ich nachdenken muss und doch weiß ich selbst noch sehr wenig über euch. Ihr wirkt selbst sehr belesen, darf ich fragen, wie es eine Dame eures Schneids nach Magnolia, nach Fairy Tail verschlagen hat?“. Eigentlich hätte er gerne gewusst, an welchem Hofe sie aufgewachsen war, denn er glaubte nicht, dass es sich bei ihr um eine ehemalige Bedienstete oder ähnlichem handelte. Die Frage wäre, ob sie ebenso offen über ihre Herkunft sprach, wie sie sich nach seiner Existenz erkundigte.
Wenn Rownan und Sophia sich unterhielten, dann war es ein wenig so als würden zwei Welten aufeinandertreffen. Es war ein bisschen wie im Märchen, in denen es immer die Guten und die Bösen gab. In jedem Märchen, das Sophia als Kind gelesen hatte, war der Wolf ein böses Tier. Er schlich sich ins Haus der Geißlein, wenn die Mama fort war, trickste die Kinder aus und fraß sie... und er legte das Rotkäppchen herein, nachdem er die Mutter gefressen hatte. Am Ende wurden immer alle gerettet und der Wolf... den ereilte ein übles Ende. Erschossen und den Pelz angezogen oder mit einem Bauch voller Ziegelsteine in den Brunnen geworfen. Das hatte er stets von seiner List... Man fürchtete den Wolf. Ein gefährliches Maul voll spitzer Zähne, große Klauen mit scharfen Krallen... All das hatte Rownan auch und trotzdem war er nicht der Wolf aus den Märchen. Das war es wohl, was einen echten Tiermenschen ausmachte? Es gab gute Menschen auf der Welt. So viele, dass selbst die junge Sophia sagen konnte schon einige davon getroffen zu haben... und dann gab es aber auch die bösen Menschen. So gab es in den Märchen die bösen Wölfe, welche ihre Kraft, mit der sie den Menschen überlegen waren, nutzten, um jenen wehzutun und sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Rownan aber... der war einer von den Guten. Schließlich hatte er sich nicht nur die Zeit genommen Sophia zu erklären was und vor allem wer er war... und hatte sie mit einer Engelsgeduld alles anschauen und anfassen lassen. Manch ein Mensch würde den Wolf fürchten, weil er in ihm das sah, was in den Märchen vorkam... Sophia aber, die fürchtete Rownan nicht. Selbst wenn er seine Zähne zeigte, dann war es für ein Lächeln und wenn er ihre kleinen, zarten Hände mit seinen Pfoten voller scharfer Krallen anfasste, dann achtete er darauf, dass sie sich nicht verletzte. Das war kein böser Wolf. Und so wie jeder Mensch ein Guter sein konnte, konnte das auch ein Tiermensch. Das war etwas, was Sophia heute gelernt hatte. Nicht nur von deren Existenz, sondern auch davon, dass Vorurteile und Märchen gern mal daneben lagen...
Tiere hatte sie nie gemocht. Schon als Kind hatte man ihr damit keinen Gefallen tun können. Papa hatte ihr einmal eine Katze geschenkt, weil er dachte, dass sie so allein war. Doch Sophia hatte das aufdringliche Tier eher gestört. Überall waren Haare, ständig machte es Krach und warf die Sachen um, die ihr lieb waren. Wenn sie gerade an einem Mech bastelte, dann schwang die Katze ihre Tatze und warf ihn einfach vom Schrank! Tiere waren also ein Stück weit wie Tiermenschen, mit ein paar mehr Macken und weniger kontrolliert. Fell mochte sie ja eigentlich auch nicht, aber bei Rownan, wo es so gepflegt und ordentlich war, da sprach gar nichts dagegen. Und auch die Krallen und das große Maul waren keine Gefahr, wenn man so vorsichtig war. Deshalb war ihr die Aussage, dass er ein Mensch im Wolfspelz war so einfach über die Lippen gegangen. Sie sah, abgesehen von seiner Hülle, nicht das in ihm, vor dem man in den Märchen warnte. Sophia sprach über das, was sie lernte. Rownans Existenz hatte für sie viele Fragen aufgeworfen. Eines hatte er aber nicht hinterlassen: Angst. Warum auch? Er war so höflich und geduldig. Wer weiß, wie ihre Gedanken aussähen, wäre er nicht der erste Vertreter seiner Art, die sie traf? Schwer zu sagen. Menschen waren nicht immer gleich. Das wusste selbst die kleine Magierin... aber ein gutes Vorbild konnte man ja trotzdem sein.
Ein bisschen verrückt, dass sie trotz dieses erstaunlich fremden und tiefgründigen Gespräches noch immer in der Schlange eines Süßigkeitengeschäftes standen. Die Menschen um sie herum hatten diesen, zu Beginn noch recht sonderlichen Austausch schon längst ausgeblendet. In Magnolia gab es wohl andere Dinge, welche die Aufmerksamkeit der Anderen auf sich zogen. Ein wenig überrascht beobachtete Sophia, wie der Wolf einen Handkuss andeutete. Er hielt dabei dennoch ein wenig Abstand. Es hing wohl mit seiner Vorsicht zusammen. Sophia musste kichern. Sie kannte das sonst nur von ihrem alten Zuhause, wo man extrem höflich mit ihr war. Dabei hatte sie den jungen Mann direkt geduzt. Dennoch machte er sich die Mühe sie zu behandeln wie eine Prinzessin. Aber nicht so, wie man es in ihrer Familie getan hatte. Er sprach mit ihr auf Augenhöhe. Eine willkommene Abwechslung für sie. Es überraschte sie ein wenig, dass er etwas über sie wissen wollte. Die meisten Menschen betrachteten sie nur als ein kleines Mädchen, das mit einem Kuscheltier und einem plüschigen Kätzchenrucksack durch die Welt lief. Man fragte sie nicht selten, wo sie ihre Eltern verloren oder den Weg nach Hause vergessen hatte. Rownan war da zu Beginn ähnlich gewesen, doch das schien er nun zu revidieren. Freundlich lächelte das Mädchen ihn an. „Hihihi.“, musste sie erst einmal nochmal kichern. „Vielleicht hilft es, wenn ich meinen vollen Namen sage. Ich heiße Sophia De Nostredame. Ursprünglich komme ich aus Marokkasu Town. Der Name meiner Familie ist dort recht bekannt, weil es viele Erfinder und eine große Firma gibt, die den Namen tragen.“, begann sie geduldig zu erklären. In diesen Hintergrund mochte die kleine Prinzessin ja gar nicht so recht passen. Es hatte ja auch seinen Grund, dass sie sich davon abgewandt hatte, um ihren eigenen Weg zu gehen. „Firmenangelegenheiten und Geschäfte liegen mir aber nicht... Ich bin eine Hextech Magierin und so zu Fairy Tail gekommen. Dort ist es immer lustig und die Leute sind sehr nett. Wie eine große Familie!“ Kurz drückte sie ihr Plüschtier ein wenig an sich und lächelte selig. Dann aber legte sie den Kopf schief. Rownan war ein Tiermensch, aber viel mehr wusste sie gar nicht über ihn. „Was machst du eigentlich in Magnolia? Du kommst nicht von hier, oder? Zu Fairy Tail gehörst du ja jedenfalls nicht. Das wüsste ich. Bist du auch ein Magier?“, fragte sie neugierig. Schließlich hatte sie irgendwie den Eindruck, dass auch er ein guter Magier wäre. Vermutlich lag das nur daran, dass die kleine Dame aktuell absolut vernarrt in Magie war. Ihre war ein wenig einzigartig im Vergleich zu den Anderen, aber das machte diese nicht weniger interessant! Vielleicht würde er ihr ja ein bisschen was über sich verraten?
#6 So mancher Opportunist hätte durch sein Handeln jetzt fröhlich in die Hände geschlagen und sich gefreut, dass all die Mühe und Geduld ein überaus ansehnliches Resultat geliefert hatten. Nicht jeden Tag traf man eine Person mit einem Namen, der solche Signifikanz besaß. War der Satyrs aus ähnlichem Holz geschnitzt? Sicher nicht und würde man auch keinesfalls behaupten, wenn man die Konversation der letzten Minuten verfolgt hatte. Gelassen beobachtete er sie, auch während er seine zuvorkommende Geste vollführte. Sie kicherte. Es waren diese Momente, bei denen er bereits jetzt in der Interaktion mit ihr vergaß, dass sie dennoch sechszehn Jahre alt war. Er konnte es nicht verneinen, dass auch ein dauerhafter Impuls ihn darzubringen wollte, sie zu verhätscheln. Aber es waren ihre Worte, die ihn davon abhielten und sie so nicht nur symbolisch auf Augenhöhe miteinander sprachen. Rownan war wirklich fasziniert von der Fee und ihrem Blick auf die Welt. Wieder auf das Geschehen konzentriert, fragte der Lupine sich schon, ob es seine feinen Haare an der Schnauze waren, die ihre durchaus süße Reaktion ausgelöst hatten oder ob auch in ihr Dinge vorgingen, die zu dieser sichtbaren Freude geführt hatten. Nachdem sie allerdings so durchgehend höflich zu ihm gewesen war, übertrug sich diese Stimmung zum Teil auch auf ihn. Ein Schmunzeln konnte er sich nicht ganz verkneifen. Erst dann ergriff die Magierin das Wort, um auch endlich etwas mehr über sich Preis zu geben. Kaum hatte er ihren Nachnamen vernommen, entglitten ihm beinahe die Gesichtszüge. Für die Rosahaarige musste es so ausgesehen haben, als ob er etwas wichtiges vergessen hatte, die Augen kurz aufgerissen, das Maul nicht ganz geschlossen, ehe er eine neutrale Miene annahm. So ganz wollte er sich nicht verraten, zumindest nicht über seine Körpersprache. Der Wolf hatte gut daran getan sie so zu behandeln, wie er es getan hatte. Nicht nur, weil jede Dame diese Behandlung verdient hatte, sondern auch, weil sie eine de Nostredame war. Selbst in den entlegensten Winkeln von Crystalline hatte man von den Errungenschaften dieser Familie gehört nicht zuletzt deshalb, weil irgendein Gegenstand des täglichen Lebens direkt oder indirekt auf sie zurückzuführen war. Zwar konnte er sich nicht genau daran erinnern, aber er hätte schwören können, dass auch seine Gönnerin oder eine ihrer Gesprächspartner diesen Namen hatten fallen lassen. Quintessenz war, wie Sophia es bereits selbst angedeutet hatte, dass man sie allein aufgrund ihrer Abstammung zuordnen konnte und sie wohl gut daran tat, diesen Namen nicht in übermäßiger Lautstärke herauszuposaunen, obwohl ihre Gilde ihr sicher auch einen gewissen Schutz verlieh. Trotzdem taten sich etliche Fragen im Tiermenschen auf. Allen voran allerdings die, die sehr wahrscheinlich jeden Fremden interessierte: Wie trieb es ein junges Mädchen mit einem solchen Gewicht nach Magnolia, allein und dann noch zu der Chaos Gilde Fairy Tail? Wirklich lange musste er auf eine Antwort nicht warten, wobei ihre weitere Erklärung zwar überaus freundlich, jedoch für ihn natürlich unwahrscheinlich redundant war. Keineswegs ein Grund sie zu unterbrechen! Nun schon deutlich interessierter, als es zu beginn seiner Frage war, lauschte er gespannt ihren weiteren Erklärungen. Was verbirgt sich wohl noch alles hinter dieser gescheiten Fassade?
Allem Anschein nach konnte der Apfel doch weiter vom Stamm fallen, wenn man ihren Erzählungen Glauben schenken durfte. Der Art nach, wie sich ihre Konversation bis jetzt entwickelt hatte, hatte Rownan doch etwas Zweifel zu glauben, dass es ein so simpler Fakt war, der sie von einem Vermögen trennte. Dann wiederum hatte ihre Familie zwar einen Ruf zu verlieren, aber die Personen hinter diesen Namen kannte er nicht. Natürlich war der Magier jemand, der die Leute nach ihrem ersten Eindruck einschätzte. Ohne weitere Informationen konnte es aber ebenso gut sein, dass es eine äußert liberale Politik innerhalb der eigenen Reihen gab und Sophia sich frei entscheiden durfte, was sie mit ihrem Leben anfing. Zumal er von ihrer Magie, Hextech-Magie, noch nie etwas gehört hatte. War es etwas Seltenes? Wie eine große Familie wiederholte er in Gedanken ihre Worte. Eventuell ein Indiz, weshalb es sie nach Magnolia verschlagen hatte? Wenn die Truppe nicht so chronisch chaotisch wäre, hätte er auch der Lupine sie in Erwägung gezogen. Dauerhaft mit diesen Eskapaden wollte er dann jedoch nicht in Verbindung gebracht werden. Vor allem jemand wie er es war. Man musste den Zweifler nicht noch mehr Munition geben. Und so trieb es ihn zu einem ebenso bunten Haufen voller Exzentriker und Selbstdarsteller. Eine Mischung an die er sich langsam gewöhnt hatte. Ihr seliges Lächeln erwiderte weiterhin mit einem freundlichen Gesichtsausdruck. Selbst wenn ihre Worte nicht hundertprozentig der Wahrheit entsprachen, gab sie diese so von sich, dass man eigentlich keinen Zweifel daran hegen konnte. Ein wenig überlegte der Wolf, ob sie nicht gerade eine Gemeinsamkeit entdeckt hatten: den Hang dazu Dinge so darzustellen, wie sie in die eigene Anschauung hineinpassten und nicht so, wie sie vielleicht wirklich waren. Dabei war er natürlich völlig davon überzeugt, dass die Abwesenheit dieses Status nur von begrenzter Zeit war. Ein geringfügiges Hindernis. „Das hört sich wundervoll an Sophia de Nostredame“ erwiderte er in der kurzen Pause, in welcher sie ihr Plüschtier ein wenig drückte, was ihre Niedlichkeit, selbst in seinen rationalen Augen, nur um ein Vielfaches erhöhte. Ihre nächste Frage irritierte Rownan jedoch sogar etwas, weil sie etwas beinhaltete, was er dachte bereits geklärt zu haben: Seine Gildenzugehörigkeit. Immerhin hatte sie seine Rute sogar berührt. Wohlmöglich war sie mit den Gedanken noch immer bei der Tiermenschen-Sache gewesen. Wer konnte es ihr dann verübeln, wenn sie nicht gleich alles aufgenommen hatte. Um den gleichen Fehler nicht noch einmal zu begehen, nickte er ihr kurz zu, ehe er sich erhob. In ganzer Statur kam das Zeichen auch viel besser zu Geltung. „Ihr habt ganz Recht, ich komme aus Maldina, gebürtig sogar aus einem anderen Ort. Genau wie ihr bin ich Magier der dort ansässigen Gilde, Satyrs Cornucopia“ erwiderte er ihrer Neugierde und holte die Rute zum zweiten Mal an diesem Tag nach vorne, um ihr diesmal mit den Krallenspitzen die Silhouette des Symbols auf dem Fell zu zeigen. „Ich hatte einen kleinen Botengang zu erledigen und der Geruch dieses Geschäftes hat mich neugierig gemacht. Apropos“ fing er seinen Satz und deutete auf die Eingangstür, welcher sie sich während ihres Gesprächs Schritt für Schritt genähert hatten „So gerne ich diese Konversation weiterführen würde, so ist mir doch meine Zeit ausgegangen. Ich werde mich daher leider ohne Proviant zum Bahnhof begeben“. Es war natürlich nicht ganz korrekt, aber er hatte doch mehr Zeit in der Schlange verbracht als er wollte, was nicht zuletzt Sophia geschuldet war. Von dieser verabschiedete er sich natürlich entsprechend, ehe er seinen Platz räumte und den Weg zum Bahnhof einschlug. Im Gepäck zwar keine Süßigkeiten, dafür viele neue Dinge zum Nachdenken.
Ende Off: Man kann ohne Wölfe leben, es lohnt sich nur nicht.
Der heutige Tag ließ die Menschen hoffen, dass der kalte Winter bald vorbei war und nun der Frühling vor der Tür stand, auch wenn bis dahin sicherlich noch einige Wochen oder gar Monate waren. Obwohl es nach wie vor kalt war, waren die Temperaturen in den letzten Tagen seit Neujahr etwas angestiegen, sodass es nicht mehr bitterkalt war. Vermutlich handelte es sich dabei um den Grund, warum sich unglaublich viele Menschen auf den Straßen Magnolias befanden und gut gelaunt ihren Einkäufen nachgingen. Am Morgen dieses wunderschönen Wintertags hatte es jedoch nicht wirklich den Anschein gemacht, dass heute ein guter Tag werden würde. Nebelschwaden, die in den Straßen hingen, und graue Wolken am Himmel hatten sich lange Zeit gegen die schwachen Sonnenstrahlen dieser Winterzeit gewehrt. Doch zum Glück hatten diese schließlich Erfolg und setzten sich gegen Nebel und Wolken durch, sodass die Stadt in ein goldenes Licht getaucht wurde und das Herz der Menschen erwärmte. Kein Wunder also, dass so viele Menschen unterwegs waren und sich am neuen Jahr erfreuten!
Unter ihnen befand sich auch Maenor Fice, Magier aus Satyrs Cornucopia. Gekleidet war er wie üblich, wenn er sich im Freien befand und nicht etwa in seiner Wohnung oder dem Gildenhaus: Gehüllt in einen dunklen Reisemantel mit Kapuze, welche er sich stets tief ins Gesicht zog. Die untere Gesichtshälfte indes wurde von einem passenden Halstuch verdeckt, sodass man gerade noch seine haselnussbraunen Seelenspiegel erblicken konnte, wenn man Glück hatte! Darunter trug einen beigen-hellbräunlichen Kapuzen-Pullover, welchen er selbst gestaltet und verziert hatte! Das konnte man anhand seiner Initialen, MF, erkennen, die sich ganz klein jeweils in der Zeichnung, an Stellen, an denen sie nicht wirklich herausstachen, befanden. Wer allerdings ein Auge fürs Detail hatte, würde seine Signatur durchaus erkennen. Als Inspiration hatten Motive und Symbole gedient, welche er auf Reisen mit Ra entdeckt hatte. Die Zeichnung auf der Vorderseite seines neuen Kapuzen-Pullis hatte etwas Düsteres und Gefährliches, auch wenn das Ganze durch die goldenen und roten Töne aufgewärmt wurde. Genau so besonders war das Motiv auf der Rückseite: Hierbei handelte es sich um die Zeichnung eines blau-goldenen Drachen, der einen vollendeten Kreis bildete, indem er seinen Schwanz fraß sowie die Zeichnung eines arkanen und finsteren Wesens. Hier war mal wieder seine Fantasie mit ihm durchgegangen, aber schließlich bekam man diese Zeichnungen auf seinen Pullover nur zu Gesicht, wenn er sich seines langen Reisemantels entledigte. Und das geschah äußerst selten, für gewöhnlich nur in den Gildenräumen oder seinem eigenen Apartment.
Der junge Mann war jedoch nicht aus Jux und Laune hier in Magnolia, um es den ganzen Leuten gleich zu tun und Geld auszugeben, oh nein. Erstens konnte er das nicht, da er dauerpleite war und somit keinen Cent über hatte, um hier einfach shoppen zu gehen. Und zweitens, hatte er auch gar keine Zeit, weil er einen Auftrag angenommen hatte! Etwas, dass hoffentlich Geld in seine Kasse spülen würde. Interessanterweise war es jedoch die Quest selbst, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Etwas, dass nicht allzu häufig vorkam. Eine Mutter aus Magnolia hatte diverse Gilden um Hilfe gebeten, denn ihr zehnjähriger Sohn war vor zwei Tagen verschwunden und niemand hatte ihn seitdem gesehen. Da der braunhaarige Magier selbst um dieses Alter herum ausgerissen war, fühlte er sich unwillkürlich an seine eigene Geschichte erinnert. Und ehe er es sich versah, befand er sich auch schon auf der Zugtoilette im Zug von Maldina nach Magnolia und fuhr schwarz, um sich dem Auftrag anzunehmen. Da er sich auch als Experte auf dem Gebiet sah – wie gesagt, er war ja selbst ausgebüchst und konnte sich dementsprechend wohl gut in den davongelaufenen Jungen hineinversetzen – hatte er sich sogar als Questleiter angeboten … freiwillig! Und das ohne jegliche zusätzliche Bezahlung. So langsam wurde er wirklich weich. Das einzige Hindernis, was es nun zu überwinden galt, war den Aufenthaltsort der Auftraggeberin auszumachen. Der Fice konnte zwar nicht lesen und dementsprechend war der Questzettel in seinen Händen recht nutzlos, aber ein Kommentar in der Gilde zu seinem Auftrag war ihm nicht entgangen: Bei der Auftraggeberin handelte es sich um die Besitzerin des Süßwarenladen "Sweet Tooth Fairy"! Wer wusste schon, möglicherweise sprangen ja einige gratis Süßigkeiten bei diesem Auftrag raus? Was redete er da? Wenn er den Sohn fand, dann erhielt er sicherlich lebenslang freie Süßigkeiten von der besorgten Mutter!!! Und hier erkannte man wieder mal die wahre Motivation des jungen Mannes, warum er so Feuer und Flamme war und sich schnurstracks in Richtung Magnolia begeben hatte.
Ganz in Gedanken an all die Süßigkeiten verloren, die er sicherlich bald essen würde, bemerkte er nicht, wie sich seine Wege mit denen einer jungen Frau kreuzten und sie schließlich zusammenstießen. „Autsch!“, gab er verdattert von sich, als er ein Stück zurückruderte, wobei er einerseits den Questzettel aus der Hand fallen ließ und andererseits sein Reiseumhang so bewegte, dass man kurz einen Blick auf das Motiv des darunterliegenden Pullovers werfen konnte. Sogleich griff der Fice mit seiner Hand nach dem Questzettel, der nun durch die Luft flatterte. Zum Glück nicht sehr weit, sodass er ihn mühelos und elegant – nicht – aus der Luft schnappte und dafür nur fünf oder sechs Versuche brauchte. „Sorry, hab‘ dich nicht gesehen. Wenn ich mich nicht aufgrund dieser blöden Groupies verhüllen müsste, wäre das nicht passiert. Alles okay bei dir?“, erkundigte er sich nach dem Wohlbefinden der rothaarigen Frau und gab dabei ungefragt eine seiner Ausreden zum Besten. Hoffentlich fehlte ihr nichts, damit er sich wieder auf die Suche nach dem Süßwarenladen machen konnte. Nichts und niemand sollte sich zwischen Maenor Fice und einer gratis Mahlzeit stellen!
blaue, zerrissene jeans | schwarzes top | schwarze lederjacke | schwert | schwarze stiefel Xaviera hatte wie immer innerhalb der letzten Tage ihre Kopfhörer in den Ohren. Der MP3-Player war in der Tat das Beste, was sie je gestohlen hatte. Ihr einziges Problem, sie hatte die Songs mittlerweile auswendig. Der Vorteil, Xavi wurde immer besser darin, diese mit zu rappen. @Jae war wirklich verdammt gut, dass musste die Rothaarige der unbekannten Frau, die der Typ, von dem sie das Gerät gestohlen hatte, gerne gehört hatte.
„Young Jae, pustet Zeilen in dein Ohr wie kalter Wind Ich reiße das Game an mich, wie den Lolli von nem Kind Komme aus dem Nichts, bin einfach aufgetaucht Dieser Newcomer sorgt dafür, dass euch Toys die Birne raucht!“
Xaviera murmelte den Text mit, nickte im Takt zum Beat, ganz versunken in dem Song. Ein Lächeln auf den roten Lippen, passend zu ihren Augen und Haaren, die ihr offen über die Schultern fielen. Wie immer trug sie ihre schwarze Lederjacke dazu, zusammen mit dem Schwert auf dem Rücken, darunter ein … nun, ein Top war es nicht. Eigentlich war das Ding eher ein schwarzer BH mit Spitze an den Rändern, den sie mit einigen Ketten kombiniert hatten, die um ihren Hals begannen und wo von vorne und hinten je weitere Ketten an ihren Seiten entlang verliefen. Ein paar Ketten baumelten vorne lose über ihrem nackten Nabel. Ihre Hose war ähnlich … freizügig. Löchrig und zerrissen, bis wo ihre schwarzen Stiefel das ganze abrundeten. Auf den meisten Stellen war ihr Haut einfach zu sehen, doch unter ihren Armen und unter der Lederjacke tanzten Schatten. Die Hände hatte sie in den Hosentaschen, aber auch von ihrem Nacken schlängelten sich Schatten wie dichter, dunkler Rauch hervor, ein zwei Zentimeter über ihrer Haut, wo ihr Körper und ihr Kleidung diesen warf. Versunken in der Musik hatte sie ihr Ziel erreicht. Es war vielleicht nicht das richtige Outfit für eine Quest, in der es darum ging, ein verlorenes Kind zu finden, aber Xavi hatte sich diese Ketten und den BH ganz sicher nicht umsonst gekauft. Bis sie wirklich dort war, ging es also und wenn es nötig war, konnte sie ja die Lederjacke zumachen. Außerdem kümmerte es Xavi nicht groß, was die Mutter davon hielt. Sie war nicht schlecht in ihrer Aufgabe oder würde diese halbherzig erledigen. Die junge Magierin mochte nur sieben Jahre älter sein und ein Hitzkopf, der nur allzu gerne Streit suchte, aber sie wusste, wann sie sich zusammenreißen musste. Es machte Xavi nicht weniger direkt oder ehrlich, aber eindeutig … rücksichtsvoller im Umgang. Das konnte sie jetzt aber nicht davor retten, in einen Typen zu laufen, als sie das nächste Lied übersprang. „Verdammt, pass doch auf!“ Sie wich zurück und sah zu dem vermummten hinauf, der in sie hineingelaufen war. Vielleicht hätte sie Interesse daran gehabt, warum er denn Groupies hatte, aber im Moment fauchte sie ihn nur an: „Schön für dich, kannst du nicht zumindest deine Augen offen lassen oder sind die ein großes Erkennungsmerkmal?“ Eindeutiger Sarkasmus. Xavi starrte ihm direkt in diese Augen, ignorierte alles andere an ihm, und legte es nur darauf an, den Blickkontakt zu halten. Zumindest länger als er, während sie eine verächtliche Handbewegung machte. „Husch, ich muss da weiter.“ Sie deutete hinter ihn, wo in einem Stück Entfernung der Laden wartete, auf den sie zugesteuert war.
Bevor die junge Frau mit ihrer Tirade begann, hatte Maenor durchaus ein paar Augenblicke Zeit, zäher zu begutachten, mit wem er da zusammengestoßen war. Die junge Frau verfügte nicht nur über rotes Haare und rote Augen, ihre roten Lippen rundeten das Ganze ziemlich passend ab. Das Outfit selbst war alles andere als Null-Acht-Fünfzehn und alles in allem verdammt cool. Dass die junge Frau so viel Haut zeigte, zeugte von einer gewissen Selbstsicherheit, die ihr innewohnte. Alles in allem war der Fice durchaus beeindruckt von der Erscheinung der jungen Frau, die – zugegebenermaßen – auch gar nicht mal schlecht aussah. Allerdings ließ er sich nicht wirklich von ihrem Gefauche aus der Bahn bringen, denn dafür nahm er schlicht und weg das Leben einfach nicht ernst genug. Statt also beschämt den Kopf zu senken und sich erneut zu entschuldigen, hielt er den Blickkontakt und setzte ein schiefes Grinsen auf, welches die junge Frau natürlich nicht sehen konnte. Wäre sie doch in der Lage dazu gewesen, dann wäre es die Ankündigung für den nächsten dummen Spruch gewesen, den er gleich von sich geben würde. Und so sollte es auch kommen. „Doch schon, aber ich dachte, es wäre eine tolle Art, neue Leute kennen zu lernen. Wenn man sie anrempelt, dann hat man gleich einen guten Gesprächseinstieg. Hi, ich bin Maenor.“, gab er trocken von sich und winkte einmal mit seiner Hand zum Gruß. Ironie und Sarkasmus waren tatsächlich Fremdsprachen, die auch der Fice meisterhaft beherrschte.
Als ihm die junge Frau schließlich verächtlich mitteilte, dass sie weiter musste, zuckte der braunhaarige Magier nur mit den Schultern. „Ich hab‘ zwar heute Morgen trainiert, aber so breit bin ich dann auch nicht. Wenn du also kein Autogramm haben willst, dann lass dich von mir nicht abhalten.“, gab er freundlich zurück, wobei er einen leicht ironischen Ton aufgesetzt hatte. „Das sollten wir wirklich öfter machen, aber ich muss selbst weiter. Von daher: Tschö mit Ö!“ Und bei diesen Worten führte er noch mal eine spöttische Handbewegung aus, löste den Blickkontakt mit seinem Gegenüber und wandte sich um, damit er weiter seines Weges gehen konnte. Viel weiter musste der gute Fice tatsächlich gar nicht laufen, denn just kam eine Frau mit Kind an der Hand aus dem Laden – vielmehr zerrte sie den Jungen aus dem Laden, aber das sind ja nur Details – sodass Maenor das Quengeln des Kindes mitbekam. „Ich will aber noch mehr Süßigkeiten!“ „Wir waren lange genug im Sweet Tooth Fairy. Jetzt geht’s nach Hause.“ „Och menno! Du bist blöd!“ Joa, perfekt. Damit hatte der exzentrische Künstler doch sein Ziel gefunden und huschte durch die Tür, die sich gerade automatisch schloss.
Im Laden selbst ging es recht geschäftig zu, doch zunächst ließ der junge Mann seine Seelenspiegel durch den Raum wandern. Es waren Süßigkeiten zu sehen, so weit das Auge auch nur reichte und in allerlei Formen. Sorten, die der junge Mann bereits kannte und liebte, aber auch viele neue Süßigkeiten, von denen er nie zuvor gehört hatte. Ein ewig-süßlicher Duft hing im Raum und führte dazu, dass er unwillkürlich lächeln musste und auch noch gleich Hunger bekam. Höchste Zeit den verschwundenen Knirps zu retten, damit er seinen All-You-Can-Eat Gutschein bekam – ja, in der Zwischenzeit hatte Maenor weitergesponnen und war fest davon überzeugt, dass er nach erledigtem Auftrag alles essen durfte, was er wollte. Warum auch immer. Gerade wollte der Satyrs Cornucopia Magier zur Kasse gehen, als er feststellte, dass die junge Frau von vorhin, die er leicht touchiert hatte, sich ebenfalls hier befand. „Ich geb‘ heute keine Autogramme mehr! Ich bin jetzt beruflich hier!“, teilte er ihr mit und versuchte sie mit einer Handbewegung zu vertreiben. „Maenor Fice aus Satyrs Cornucopia meldet sich zum Dienst!“, rief der junge Mann in den Laden rein, wobei sich beinahe sämtliche Augenpaare zu ihm herumdrehten. Oh ja, er wusste schon, wie er sich die Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen sicherte. Was er aber wohl dazu sagen würde, wenn er erfuhr, dass die rothaarige Frau seine heutige Questpartnerin war? Naja, wahrscheinlich würde er erst von seinem Glück erfahren, sobald die Ladenbesitzerin zu ihnen kam und ihn aufklärte. Und da kam die Gute ja auch …
blaue, zerrissene jeans | schwarzes top | schwarze lederjacke | schwert | schwarze stiefel Das der vermummte Typ sie fast schon abcheckte, bemerkte Xaviera gar nicht. Erstens sah man von ihm nichts, zweitens war sie nicht gut darin, in anderen zu lesen und drittens zu sehr damit beschäftigt, ihn ihrerseits anzugehen. Wörtlich. Sie fauchte ihn an, dass er doch aufpassen und die Augen offen halten sollte. Anstatt sich wie die meisten Leute davon einschüchtern zu lassen, hielt der Fremde ihren Blick fest. So cool wie Jae war der definitiv nicht, wenn er den wirklich berühmt und nicht einfach hässlich war. Vielleicht ja ein Monster, verborgen unter dem Mantel, dass man nicht vor ihm davonlief? Ein Biest wie in manchen der Romane, die sie im Geheimen gelesen hatte. Das kurze Aufblitzen von Interesse auf ihrem Gesicht wurde rasch wieder durch Wut ersetzt. Eine Entschuldigung bekam er nicht hin, sondern stellte sich ihr sarkastisch vor. Xavi hätte das vielleicht cool gefunden, wenn es nicht gegen sie gegangen wäre. Wo sie mit dem Kopf durch die Wand lief, hasste sie es, wenn das jemand bei ihr machte. „Dann wünsche ich dir Glück, dass du jemanden findest, der auch darauf steht, bevor dir ein anderer deinen Anzug vom Körper reißt und sich an deine sogenannten Fans verfüttert.“ Ihren Namen sagte sie nicht. „Und nein danke, der versaute Morgen ist mir Diagramm genug.“ Etwas extrem … egal. Ehe sie ihn einfach zur Seite stoßen konnte … oder es versuchen, wenn er wirklich trainierte, wäre sie dazu kaum stark genug, wo ihr Talent eher im Geschick als in der Kraft lag, machte er sich vom Acker. „Arsch!“, rief sie ihn unverblümt hinterher und stampfe dann weiter auf ihr Ziel zu. Zu dem sowieso eher auffälligen als seriösen Aufzug kam jetzt noch ein verbissener Kiefer und schmale Augen. Die Schatten unter ihrer Jacke tanzten wie Feuer über ihre Seiten, ihre nackte Haut an Kinn und Hals. Sie erreichte den Laden. Es roch süß, zu süß für ihren Geschmack. Xavi hasste scharfes Essen, tolerierte Süßes, aber würzig und salzig lag ihr doch am meisten. Salzig wie ihre Laune, als kurz darauf der verdammte Arsch wieder auftauchte und sie ansprach. Die Rothaarige wirbelte herum, starrte ihn aus vor Wut funkelnden, roten Augen an. „Hast du’s nicht geschnallt? Deine Autogramme kannst du behalten, wenn du mit dem Zeug über deinen Händen überhaupt schreiben kannst.“ Sie deutete auf den Mantel und trat näher auf ihn zu, die Augen fest auf ihn gerichtet. „Also lass den Scheiß und denk dir eine bessere Erklärung aus, warum du so herumrennst, wenn du nicht erkannt werden willst. Das hier-„ sie deutete auf ihn, „fällt auf.“ Immerhin blieb es bei ihrem Finger, nicht bei dem Schwert auf ihrem Rücken. Xavi hatte auch schon mit ihm auf Leute gedeutet, sehr zum Unwillen Neas, die obwohl eingeschlossen in das Schwert, unsinnige Kämpfe vermeiden wollte. Xavi provozierte sie, aber auch sie war nicht so dämlich, ihn hier mit einer Waffe zu bedrohen. Bei dem, was Maenor dann enthüllte, klappte ihr der Mund auf. Das war nicht sein Ernst. Das war nicht Maenors Ernst. „Beim Tod!“, fluchte sie, eine alte Angewohnheit, daraus geboren, dass Xavi das Konzept vom Tod bis zum heutigen Tag nie erklärt bekommen hatte, und doch immer von ihm umgeben gewesen war, bis er für sie wie eine Art Naturgewalt oder Gott geworden war. Jemanden, den man verfluchen oder anbeten könnte, je nach Situation. Ehe Xavi mehr dazu sagen konnte, kam eine Frau mittleren Alters auf sie zu und Xavi sagte ihrerseits, den Blick wieder zurück auf Maenor: „Xaviera Aralies, Fairy Tail, hier um den berühmten Maenor vor seinen Groupies zu beschützen.“ Sie betonte berühmt mir sehr, sehr viel Sarkasmus.
Wo die zwei jungen Magier sich seit ihrem Zusammenstoß nur gereizt hatten und Xavi kurz davor war, dem größeren an die Grugel zu gehen, hielt die besorgte Stimme der Ladenbesitzerin sie davon auf. Brachte sie sogar dazu, sich am Absatz der Stiefel herumzudrehen. „Ihr seid die Magier, die hier sind, um meinen Sohn zu finden?" Sie sah zwischen dem vermummten Kerl und der aufgebrachten Rothaarigen hin und her, die Augenbrauen zusammengezogen. Xavi nickte und die Frau winkte ihnen, ihr in den hinteren Teil zu folgen. Sie ging absichtlich vor Maenor und nützte es vollkommen aus, dass die helle Hose relativ eng saß.
Die cool gekleidete Kratzbürste befand sich also auch im Süßwarenladen und Maenor war natürlich klar, dass sie auf alles andere als ein Autogramm aus war. Dass er „berühmt“ war und Autogramme verteilte, hatte er ja gerade erfunden, da es zum Sichtschutz vor Groupies passte. Allerdings hielt es ihn nicht davon ab, weiter auf der Sache herumzureiten und die junge Frau etwas aus der Reserve zu locken. Da die Rothaarige die Ruhe in Person war, ging sie natürlich nicht darauf ein, sondern ignorierte ihn … nicht. Ein Grinsen bildete sich auf dem Gesicht des Fice, als ihn die junge Frau wütend anstarrte und weiter anfuhr. Der junge Mann konnte sich gar nicht daran erinnern, dass ihm jemand so auf den Leim gegangen war und sich so einfach provozieren lief. „Ja, aber du weißt nicht, wer hier drunter steckt! Jeder andere könnte auch meinen Platz einnehmen und niemandem würde es auffallen. Keiner erkennt mich also. Eins zu Null für mich!“, antwortete er mit einem Hauch von Spott in der Stimme, völlig unbeeindruckt, dass ihm die Gute mit funkelnden Augen langsam auf die Pelle rückte. Zum Glück hatte er selbst kein Gefühl für die Comfort Zone von anderen Menschen, weshalb es ihn auch nicht wirklich kümmerte, ob jemand zwei Meter oder zwanzig Zentimeter von ihm entfernt stand. Zwanzig Meter war dementsprechend auch für ihn okay. Das Grinsen des Satyrs Cornucopia Magiers verflog jedoch für einen kurzen Moment, als der Rothaarigen der Mund aufklappte und sie fluchte. Im ersten Augenblick dachte er noch, dass sie keinen Konter mehr in petto hatte, doch im nächsten Moment offenbarte sie, wer sie war: Xaviera Aralies aus Fairy Tail. Also war das seine heutige Questpartnerin? Das würde ja lustig werden … sofern sie ihm nicht an die Gurgel ging!
Gerade zur rechten Zeit trat ihre Auftraggeberin auf die Bühne und sah in den beiden Gestalten wohl die Magier, die sie engagiert hatte. Der Gesichtsausdruck verheimlichte nicht unbedingt, was sie von diesem Chaos in ihrem Laden hielt, weshalb es ihr wohl recht gelegen kam, sich zur weiteren Besprechung zurück ins Arbeitszimmer zu ziehen. Nicht, dass sie hier noch Kunden verschreckten! Maenor wollte ihrer Auftraggeberin schon folgen, als ihm Xaviera dazwischen schritt und sie vor ihm hinter der Auftraggeberin herlief. Kurz blickte ihr der Fice mit seinen haselnussbraunen Seelenspiegeln etwas unschlüssig hinterher, ehe er selbst nachzog. War es nur seine Einbildung oder lief sie mit extra schwungvollem Gang vor ihm her? Nun ja, da es nicht die schlechteste Aussicht war, würde er sich mal nicht beschweren. Das Grinsen war zurück auf seinem Gesicht, denn ihn überkam das Gefühl, dass es noch lustig werden würde, sehr lustig. Die Frage war nur, für wen?
Das Arbeitszimmer der Ladenbesitzerin war recht nüchtern gehalten und weitaus weniger chaotisch, als es der Fice geschätzt hätte. Die Dame nahm an ihrem Schreibtisch Platz und zeigte auf zwei Stühle, auf denen die beiden Magier Platz nehmen sollten. „Alter vor Schönheit.“, flüsterte er Xaviera provokant zu und streckte seinen Arm aus, um ihr den Vortritt zu lassen. Während er sich selbst saß, räusperte er sich, um sich die Aufmerksamkeit ihrer Auftraggeberin zu sichern. „Keine Sorge, mein Bodyguard hat vorhin im Laden nur gescherzt. Wir sind natürlich da, um den verschwunden Sohn zu finden. Mein persönlicher Schutz ist auf dieser Quest zweitrangiger Natur.“ Hätte man einen Blick auf sein Gesicht werfen können, dann hätte man ein verschmitztes Grinsen erkennen können. Doch unter all den Kleidungsschichten konnte man von Glück sagen, wenn man seine Augen erkannte! „Wie? Was?“ Tja, scheinbar hatte sie gar nicht mitbekommen, was die Fairy Tail Magierin da im Laden gesagt hatte, weshalb Maenor einfach mit den Schultern zuckte. „Wie auch immer. Ihr müsste unbedingt meinen Sohn Katsu finden! Er ist jetzt schon zwei Tage verschwunden und niemand hat ihn gesehen. Ich bin schon ganz krank vor Sorge.“ Zugegeben, sonderlich gesund sah sie nicht aus. Der Fice legte den Kopf schief. „Gab es irgendeinen Streit in letzter Zeit?“ Er erinnerte sich nur zu gut an seine eigenen Streitigkeiten mit seinem Vater. Das war stets der Zeitpunkt gewesen, an dem der Drang zur Flucht am größten war. „Nein, natürlich nicht. Er ist einfach nicht vom Spielen zurückgekommen.“ Hmm, also kein Streit. „Können wir uns mal in Katsu’s Zimmer umschauen?“ Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass sie dort vielleicht etwas Nützliches vorfanden. Ihre Auftraggeberin nickte und anschließend neigte Maenor seinen verhüllten Kopf zu seiner heutigen Questpartnerin, die vielleicht noch die eine oder andere Frage stellen wollte. Falls nicht, war jetzt Detektivarbeit gefragt!
blaue, zerrissene jeans | schwarzes top | schwarze lederjacke | schwert | schwarze stiefel Xavi hasste es, provoziert zu werden. Natürlich, sie hatte ihn zuerst angefahren, nachdem er nicht auf seinen Weg geachtet hatte … was sie auch nicht ganz getan hatte. Maenor lieferte sich nicht einmal einen wirklichen Streit mit ihr, sondern schwankte mit der roten Fahne vor ihrem Gesicht herum, während er seine Rolle frech weiterspielte und anstatt sie offen anzugehen, verarschte. Verarschte. Sie kniff die roten Augen zusammen, als sie ihm näher rückte. Den Kopf in den Nacken gelegt starrte sie bestmöglich unter diesen Umhang, um seine Augen darunter zu erkennen. Es war etwas, dass sie früh gelernt hatte, anderen zu nahe zu kommen, in ihren privaten Bereich, bis sie zurückwichen. Er wich nicht zurück, sondern spielte sein bescheuertes, nervenaufreibendes Spiel weiter. „Das können wir ändern. Ich fände den Gedanken ziemlich verlockend, diejenige zu sein, die dir diesen Mumien-Schwerverbrecher-alter Magier-Verkleidung vom Gesicht reißt.“ Xavi hielt das Kinn erhoben. Sie war es gewöhnt, dass die meisten, mit denen sie sich anlegte, größer waren als sie. Bevor sie genau das machen konnte, und es kribbelte ihr wirklich in den Fingern, seine Lügen aufzudecken, hatte die Auftragsgeberin und Besitzerin des Ladens die zwei Streithähne erreicht. Maenor stellte sich vor und Xavi klappte die Kinnlade runter. Kurz. Dann nannte sie fluchend ihren eigenen Namen und griff seine Geschichte auf. Die Unruhe im Laden beseitigte das nicht und die ging der Rothaarigen auch ziemlich am Arsch vorbei, als sie sich grob vordrängte und vor Maenor der Frau folgte, besagtes Körperteil in der engen Jeans ausnützend. Xavi war jung und leichtsinnig, verlor leicht die Kontrolle über sich und ihre Gefühle, aber sie hatte einen verdammt guten Plan davon, wie man sich in Nachtclubs bewegte, wenn man etwas Aufmerksamkeit und einen gratis Drink wollte. Irgendwo musste sie ja sparen.
Im Arbeitszimmer angekommen hatte die Mutter Platz genommen und Maenor deutete ihr, sich zu setzen. Xavi blieb im Schritt kerzengerade stehen und drehte sich zu ihm um, die Augenbrauen erhob. „Dann setz dich, alter Mann.“ Sie machte keine Anstalten, ihm aus dem Weg zu gehen. Sicher war der älter als sie. Nicht viel, seiner Stimme nach, aber sie ging von der Wahrscheinlichkeit aus, dass er wie die meisten Magier, die sie getroffen hatte, bereits mindestens 18 Jahre alt war und damit zumindest eines älter als sie. Zum Thema Schönheit konnte sie bei ihm ja wenig sagen. Sie schnalzte ungeduldig mit der Zunge und machte sich nichts aus dem ungeduldigen Blick der Ladenbesitzerin. Erst wenn Maenor saß, würde sie sich setzen. Ein Bein über dem anderen lehnte sie schließlich im Stuhl und warf Maenor einen giften Blick zu. „Sein Schutz ist in der Tat letztraniger Natur“, ergänzte sie, ohne die Sache mehr richtig zu stellen. Die Frau sah verwirrt zwischen den beiden hin und her, ehe sie auf den eigentlichen Grund kam, warum sie hier mit Maenor saß, anstatt ihm diese Verkleidung zum Gesicht zu reißen. Xavi schüttelte den Kopf und wandte sich zurück an die Mutter. Es ging um ein Kind. Ein Kind. Sie musste zugeben, dass Maenors Frage nicht schlecht war, sie war selbst oft über die Nacht oder auch mal mehrere Tage verschwunden, mit ihrer Gruppe herumgehängt. „Was spielt er? Wo?“, hakte sie nach, als ihr nächstes Ziel beschlossen war. „Haben Sie schon bei Freunden nachgeschaut, ob er dort ist? Oder an anderen Orten, die er mag?“ Zugegeben, sie hatte ihren Eltern nie ihre Lieblingsplätze gesagt. Ihrem Bruder, später ihren … Freunden. Den Jungs von der Parallelklasse, mit denen sie sich herumgetrieben hatte. „War er schon einmal länger weg? Was hatte er dabei, als er gegangen ist?“, fügte sie noch hinzu. Wäre es geplant, hätte er sich etwas mitgenommen oder eine Ausrede gehabt. Xavi erhob sich kurz darauf, um nach den Antworten die Frau und Maenor hinauf zu begleiten, natürlich sich wieder vordrängend und das nicht nur, weil sie gerne voraus ging.
Xaviera machte einen fundamentalen Fehler im Umgang mit Maenor: Statt ihn ins Leere laufen zu lassen und ihm so den Spaß an seinem Schabernack zu nehmen, ging sie voll drauf ein und keilte zurück, was das Zeug hielt. Natürlich konnte sie nicht um die Gründe seiner Verhüllung wissen und dass er dahingehend eigentlich keinen Spaß verstand. Deshalb reagierte der Fice auf die Drohung der jungen Frau, dass sie ihm seine Verkleidung vom Gesicht reißen würde, mit einem raubtierhaften Grinsen. Das konnte sie natürlich aufgrund des Halstuches nicht erkennen. Aber was sie durchaus bemerken sollte, war, dass seine Augen schwarz aufleuchteten. Und so, wie sie ihm auf die Pelle rückte, gab es eigentlich keine Möglichkeit, dass sie es nicht bemerkte. Sollte sie ruhig versuchen, Hand an seine Verkleidung zu legen. Dann setzte es was!
Nach dem kleinen Theater, wer zuerst Platz nahm – natürlich der junge Mann, denn er war schließlich der Erwachsene von ihnen – konnte man also endlich den Fall des vermissten Sohnes besprechen. Sonderlich viel Nützliches kam nicht bei herum, denn die Ladenbesitzerin machte auf den Satyrs Cornucopia Magier einen ähnlichen Eindruck wie sein Vater. Und damit bezog er sich nicht auf die Einstellung von diesem, dass er sich besser als alles andere hielt. Vielmehr bezog sich diese Einschätzung darauf, dass die Frau einen zu beschäftigten Eindruck mit ihrem Laden machte, als dass sie sonderlich viel Zeit mit ihrem Sohn verbrachte. Woher Maenor dieses Gefühl hatte? Tja, das lag an den Antworten der besorgten Mutter auf die Fragen seiner feurigen Questpartnerin. „Oh … äh … ich glaube draußen, mit den Nachbarskindern. Die Mütter wissen allerdings auch nicht, wo er stecken mag.“ Tja, und damit ging der Titel „Elternteil des Jahres“ definitiv an diese Mutter. „Nein, noch nie! Er ist sonst immer pünktlich zum Abendessen immer hier.“ Die Quintessenz des Ganzen war also, dass die Mutter keine Ahnung hatte und es scheinbar keinen Stress gegeben hatte, der eine Flucht begründet hätte. Hmm, vielleicht fanden sie ja tatsächlich mehr raus, wenn sie mal durch die Sachen des Verschwundenen stöberten? Sogleich führte die Frau sie noch ins obere Stockwerk, wobei sich seine heutige Kollegin wieder vor ihn drängelte. Gut, daran konnte er sich bestimmt gewöhnen, denn einerseits genoss er somit einen guten Ausblick und andererseits musste er weniger damit rechnen, ein Bein gestellt zu bekommen. Und nach dem kurzen Austausch, den er bisher mit der Rothaarigen gehabt hatte, traute er ihr das definitiv zu!
Oben angekommen, nahm die Mutter die erste Tür links im Gang und gewährte den beiden Magiern den Vortritt. „Das ist sein Zimmer. Ich lasse euch jetzt allein. Falls ihr noch etwas benötigt oder weitere Fragen habt, findet ihr mich unten.“ Und mit diesen Worten und einem letzten besorgten Blick, überließ sie die beiden professionellen Magier sich selbst und ihrer Suche nach Hinweisen. Der braunhaarige Magier betrat nach Xavi das Zimmer und schaute sich um. Alles in allem ein ziemlich ordinäres Kinderzimmer. Leise ein Lied summend, lief Maenor umher und begutachtete alles aus seinen haselnussbraunen Seelenspiegeln heraus. „Manchmal denk ich, wie's wohl wär … Wenn ich nich' wär, wer ich bin. Aber kein Mensch steht mir so gut wie ich … Deshalb bleib ich wie ich bin!“ Beim letzten Wort entdeckte er eine Gitarre, welche er sogleich ergriff und gleich mal ein paar Saiten zupfte, sodass er eine Melodie anschlug. Joa, die war gut gestimmt. Schon hatte er das Interesse verloren und legte das Instrument behutsam ab, ehe er sich seiner Questpartnerin zuwandte. „So sehr ich unsere kleinen Gespräche und deine "subtilen" Drohungen auch genieße, sollten wir uns vielleicht doch ein bisschen besser kennenlernen. Und damit beziehe ich mich nicht auf was hier drunter ist.“, ergänzte er trocken und zeigte auf seinen Mantel. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es wirklich gefährlich werden wird, aber man kann ja nie wissen.“, erklärte der Fice schulterzuckend. „Ich beherrsche Lichtmagie. Und kann gut zeichnen. Und du?“ Bei diesen Worten öffnete er den Reisemantel ein wenig, sodass man einen Blick auf den darunterliegenden Pullover mit der Zeichnung werfen konnte. Aber würde ihm Xavi glauben? Schwarzes Licht? Oder würde sie davon ausgehen, dass er weiteren Bullshit von sich gab? Nun, gleich würde er es erfahren, wobei er sich innerlich schon auf einen weiteren Schlagabtausch vorbereitete. Aber Xaviera hatte bisher einen außerordentlich interessanten und alles andere als gewöhnlichen Eindruck auf ihn gemacht. Würde sich dieser erste Eindruck nun bestätigen?
blaue, zerrissene jeans | schwarzes top | schwarze lederjacke | schwert | schwarze stiefel Einen Herzschlag lang hielt sie inne. Blinzelte. War das Einbildung gewesen? Sie wich keinen Zentimeter zurück, war zu stolz dafür. Und Angst hatte sie auch nicht, eher hatte etwas ihr Interesse geweckt. Sie hatte seine Augen bislang nicht wirklich ausmachen können, aber sie hätte schwören können, diese gerade gesehen zu haben. Schwarz und leuchtend wie die Klinge ihres Schwertes im Licht. Nicht ganz natürlich. Auch ihre roten Augen aber nicht wirklich üblich, doch seit Jahrzehnten Teil ihrer Familie. Vielleicht kam es von dem Blut, der sie zu dem machte, was sie waren, der Tod, mit dem sie ihr Geld verdienten: Grabläufer. Xavi war mit dem Tod an ihrer Seite aufgewachsen, wissen, eines Tages mit ihrem Bruder das Gewerbe zu übernehmen oder wenn es einer der zwei alleine tat, sich voll damit zu beschäftigen oder zumindest auszuhelfen. Sie hatte früh die Berührungsangst mit Dingen verloren, die andere abschreckten und so stand viel mehr Neugierde in ihrem Gesicht als Schreck. Vielleicht das erste Mal, dass sie ihn nicht verärgert ansah. Das mit dem Ausziehen musste aber warten, denn zuerst hatten sie ihre kurze Unterhaltung mit der Mutter. Maenor hatte sich schließlich zuerst gesetzt und Xavi auf der Stuhlkante des zweiten Platz genommen, sodass sie ihr Schwert nicht abnehmen musste, dass sie zum Großteil unter der Lederjacke verbarg. Die Antworten der Mutter erinnerten Xavi verdammt gut an ihre Eltern, nur dass diese sich wirklich bemüht hatten, in Kontakt zu ihrer Tochter zu bleiben, als diese sich immer mehr vor ihnen verschloss. Außerdem war sie beinah nie zum Abendessen bekommen, auch wenn ihr Vater es nie aufgegeben hatte, sie darum zu bitten. Ein bitterer Geschmack auf ihrer Zunge, als ein Anflug von altem Hass und Trauer über ihr Gesicht huschte und sie die Lippen zusammenpresste. Ob er ahnte, warum sie gegangen war? Das die Rache, die brennende Wut, in ihr ihr keine Ruhe gelassen hatten? Sie hatte sich in ihrer Verzweiflung verloren, bis das Feuer sie gerettet hatte und jetzt züngelte es heiß in ihr. So heiß, dass sie es nicht mehr kontrollieren konnte. „Hat er noch nie bei seinen Freunden übernachtet?“, hakte sie erneut nach, ohne die Mutter aus den Augen zu lassen. Doch viel bekamen sie nicht aus ihr heraus, nur ein: „Manchmal, nicht oft.“ Zufriedenstellend war das Gespräch nicht, aber der Auftrag brachte Xavi dazu, sich immerhin soweit zu bemühen, nicht weiter zu diskutieren – vorerst. Stattdessen lief sie vor Maenor nach oben und ließ sich von der Ladenbesitzerin das Zimmer ihres Sohnes zeigen. Die Rothaarige blieb mittig im Raum stehen, als die Mutter sie alleine ließ. „Klar“, war ihre knappe Antwort darauf, dann sah sie dem verhüllten, jungen Mann dabei zu, wie er summend durch das Zimmer lief und zwischendurch ein Liedchen auf der Gitarre spielte. Kurz. Xavis Augenbrauen wanderten immer hoher. „Das ist echt professionell“, meinte sie schnaubend und zog sich die Lederjacke aus, um sie sich um die Hüften zu binden. Nea stellte sie mit Schwerthülle neben der Tür gegen die Wand gelehnt ab und rollte die Schultern. Ohne Jacke war ihr Rücken bis auf die Ketten nackt und die Luft kühl auf ihrer Haut, die Schatten zogen sich zurück. „Na dann, kennst du dich hier in der Umgebung aus? Orte, wie er sich herumtreiben könnte?“, fragte sie und trat an sein Bett und begann damit, die Schubladen aufzuziehen, Ihr Hoffnung auf ein Tagebuch blieb unerfüllt, auch als sie Polster und Decke ausschüttelte. Die Hände anschließend in die Hüften gestützt, betrachtete sie Maenor. Er genoss es? Sie verengte die Augen. „Ich bin wirklich nicht sicher, ob du ein gruseliges Monster bist oder einfach feige, aber gut. Ich kann dich mit Nea“, ein Deuten mit dem Kinn auf das Schwert, „aufschlitzen.“ Vielleicht etwas übertrieben, aber das brauchte er ja nicht so genau zu wissen. „Und ich bin Schattenmagierin.“ Sie hob die Arme, um ihm die dunklen Schatten zu zeigen, die über ihre Haut tanzten wie dunkler Rauch, wo bei anderen nur ein normaler Schatten gelegen hätte. Sie wandte den Blick kurz von seinem Gesicht, oder zumindest wo es sein sollte, ab und betrachtete den Pullover. „Hübsch. Wo hast du das abgezeichnet?“ Xavi fand es wirklich cool. Es missfiel ihr nur, dass er das wohl gezeichnet hatte. Sie liebte das Zeichnen, wenn er auch hier ein Konkurrent war … „Ich zeichne ebenfalls, aber hauptsächlich Menschen. Ein Jammer, dass du nicht in meine Sammlung kommst mit dem Aufzug.“ Sie zuckte die Schulter und drehte ihm den Rücken zu, um sich dem Schreibtisch zu nähern. Xavi trommelte mit den Fingern auf dem Holz und betrachtete die Stifte und Zetteln. Das gewöhnliche Chaos eines Kindes. „Okay. Findet dein magisches Auge hier irgendetwas? Wenn nicht könnten wir seine Freunde fragen gehen. Die werden ihn besser kennen als seine Mutter.“
Da die Mutter über keine weiteren nützlichen Informationen verfügte, machte sie sich vom Acker und überließ die Magier sich selbst. Na wenn das mal kein Fehler war, den sie bereuen würde? Hoffentlich verwüsteten die Beiden nicht die ganze Wohnung, wenn sie sich an die Gurgel gingen. Der bisherige Austausch war nämlich … sagen wir mal so, weniger freundlich und gepflogen. Vielmehr teilten sie aneinander Giftspitzen und sarkastische Kommentare aus, wobei die rothaarige Frau bereits mehrmals Drohungen angekündigt hatte. Nicht, dass es Maenor verunsichern oder stoppen würde, sie zu triezen – ganz im Gegenteil. Das Ganze trieb ihn dazu an, es auf die Spitze zu treiben und seine Questpartnerin weiter zu provozieren und triezen. Ironie und Sarkasmus waren nämlich die einzigen Sprachen abgesehen von seiner Muttersprache, die er fließend sprach!
Als der Fice meinte, ein Ironisches Kompliment hinsichtlich seiner Gitarrenkünste vernommen zu haben, zuckte er als Reaktion darauf lediglich unbeeindruckt mit den Schultern. „Tja, du solltest mich erstmal Freestylen oder Schlagzeug spielen hören.“, erwiderte er freundlich, jedoch mit einem Hauch von Trockenheit in seiner Stimme, wobei er sich zu Xaviera umdrehte. Gut, dass er so verhüllt war und sie deshalb nicht seine Überraschung sehen konnte, als er mit ansah, wie sie ihre Jacke auszog. Kurz stutzte er, aber das konnte man ihm ja glücklicherweise nicht ansehen. So warm war es hier doch auch nicht, oder? Vielleicht handelte es sich ja bei ihr auch um eine Warmblüterin. Das ergab Sinn, wenn man sich mal ihr hitziges Temperament vor Augen hielt. Aber gut, wer wollte sich bei einem solchen Anblick schon beschweren? Maenor nicht! Er war zwar bescheuert, aber nicht dumm! Deshalb pfiff er innerlich, warf ihr noch einen Blick zu und wandte sich schließlich wieder ans Suchen nach möglichen Hinweisen. Höchst professionell tat es ihm die Fairy Tail Magierin nach und durchstöberte subtil die Schubläden und Schränke des verschwundenen Kindes, während sie weiter gepflogen Konversation führte. „Nö!“, antwortete Maenor kurz und knapp auf ihre Frage, ob er sich hier in der Gegend auskannte. „Ich lebe in Maldina und komme von weit her, also hab‘ ich gar keinen Plan, was hier in Magnolia so abgeht. Ich dachte, dass Fairy Tail hier seinen Sitz hat? Kennst du dich hier selbst nicht aus, oder was?“, erkundigte er sich recht höflich bei der Aralies. Ob sie das aber genauso sah, stand in den Sternen!
Ach, es machte wirklich Spaß, diesen Tanz mit der Rothaarigen zu führen. Scheinbar wusste sie nicht, ob er seine Aussage ernst meinte oder nicht, aber auf jeden Fall drohte sie ihm, ihn mit ihrem Schwert aufzuschlitzen. Das führte dazu, dass der braunhaarige Magier den Kopf etwas zurücklehnte und anschließend laut – und falsch – nieste. „Sorry, ich bin echt allergisch gegen Bullshit.“, teilte er ihr schniefend mit und zog sogleich seine eigene Klinge in der Schwerthülle hervor, um diese zu präsentieren und an die Wand neben ihr eigenes Schwert zu legen. Sollte sie doch ruhig versuchen, ihn mit ihrer Klinge anzugreifen, dann würde sie feststellen, dass er sich durchaus wehren konnte. Aber es war doch interessant, wie viele Ähnlichkeiten, aber auch Gegensätze sie Beiden vereinte. Sie Beide schienen den Weg des Schwertes zu beschreiten, waren Beide recht ausgefallen in ihrem Modegeschmack und benutzten viel Ironie und Sarkasmus. Auf der anderen Seite beherrschte sie Schattenmagie – welche sie eindrucksvoll an ihrem eigenen Körper präsentierte – und er Lichtmagie. Sie trug kaum Kleidung, er zu viel. Sie war hitzig, er tiefenentspannt. Eine durchaus interessante Kombination und willkommene Abwechslung zu den üblichen Null-Acht-Fünfzehn Futzis. „Licht und Schatten. Interessante Kombination.“, gab er leise von sich, ohne zu erläutern, was er genau interessant fand. Ob es hier mögliche Synergien ihrer Magie gab?
Kurioserweise offenbarte Xaviera eine weitere Gemeinsamkeit, die sie hatten: Leidenschaft fürs Zeichnen. Überrascht zog der Fice die Augenbrauen hoch, als er das erfuhr. Die Rothaarige wurde von Sekunde zu Sekunde interessanter! Ihre Aussage zu seiner Zeichnung führte dazu, dass sich der exzentrische Künstler scheinbar ergriffen an die Brust griff. „Abgezeichnet? Wie kannst du es wagen, mich in meiner Künstlerehre zu verletzen?“ Kurz ließ er diese Aussage in der Luft stehen, ehe er gluckste und schließlich auflachte. „Hab’s mal vor Jahren irgendwo gesehen. Weiß aber nicht mehr genau wo das war, glaube Desierto oder Joya.“ Dass er einfach mal so andere Reiche Isghars erwähnte, warf möglicherweise Fragen auf. Aber für ihn war das völlig normal, hatte er doch die zweite Hälfte seines Lebens reisend mit Ra durch den Kontinent und all die verschiedenen Reiche verbracht. Die Rothaarige mit dem feurigen Temperament teilte ihm mit, dass sie Menschen zeichnete. Nur, dass er mit diesem Aufzug nicht in ihre Sammlung käme. Wie schade. „Oh nein. Ich werde sicherlich Wochen nicht schlafen können.“, antwortete er mit Sarkasmus in seiner Stimme. „Wenn du wissen möchtest, wie ich aussehe und ob ich somit infrage komme, in deine Sammlung aufgenommen zu werden, musst du nur fragen.“ Ob sie aber die Antwort bekam, die sie sich erhoffte, dass war natürlich etwas ganz anderes. „Ich laufe natürlich nicht überall so herum, wenn es dich so brennend interessiert.“ Wieder eine leichte Provokation, die sicherlich eine entsprechende Reaktion nach sich ziehen würde. Deshalb trat der Fice einen Schritt auf seine Questpartnerin zu. „Ich bin ein Freund direkter Worte. Wenn du also irgendeine Frage hast, dann raus damit! Und nein, meine magischen Augen entdecken hier nichts von Belang. Nun, zumindest nichts, was mit dem Jungen zu tun hat.“, antwortete er flötend und mit schelmischer Stimme auf die Frage der Frau, wobei er es ihrer Fantasie überließ, worauf er sich bezog. Wenn sie mehr als nur ein paar graue Zellen hatte, dann wusste sie sicher, worauf er anspielte. „Deshalb würde ich auch vorschlagen, dass wir mal seine Freunde aufsuchen gehen. Oder hast du noch was auf dem Herzen, was du loswerden möchtest?“
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