Ortsname: Wohngebiet der Reichen Art: Freiraum Spezielles: ---
Beschreibung: Ein großes und famoses Wohngebiet, deutlich edler und feiner als die übrigen Wohngebiete in Crocus Town. Hier leben ranghohe Politiker, Militärs und allen voran die reichen Individuen. Mehrfamilienobjekte sucht man hier vergebens, dafür ist ein Haus prunkvoller als das andere. Ja, sogar größere Villen sind hier zu finden. Feine Restaurants und ein nobles Casino runden das Wohngebiet der Reichen natürlich ab, denn auch die Oberschicht sehnt sich nach Vergnügungsmöglichkeiten.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
#2 Nachdem die ungleichen Brüder gut gelaunt die Halle verlassen hatte, machten sie sich auf den Weg zum Haus ihres Auftraggebers. Da der Weg nicht all zu weit war, sofern er die Karte richtig studiert hatte, konnte sie diesen bequem zu Fuß zurücklegen. Cassius trug seinen schwarzen Mantel wie gewohnt offen, die Hände in den Hosentaschen, während Flux die Hände hinter dem Kopf verschränkte, um so sein Gewicht etwas nach hinten zu verlagern und so eher die höheren Gebäude und den Himmel betrachten konnte. Hier draußen waren sie in ihrem Element, fühlten sich wohl und konnte das tun, worin sie gut waren. Ein wenig Schmunzeln musste er schon über das Outfit seines Bruders. Aber wenn er sich in den Sachen wohlfühlte und er darin kämpfen konnte, dann wäre er der Letzte, der etwas sagte. Dann wäre er lieber glücklich, weil Slash es war. Das Grinsen jedenfalls blieb beiden Brüdern erhalten. Wieder aufgeschlossen zu jenem, lag es nun an dem Sansargiller, auf den Weg zu achten. Schon als Kind hatte seine bessere Hälfte die Angewohnheit sich zu verirren und das, obwohl es sich bei diesem um einen gebürtigen Waldläufer handelte. Scheinbar wurde nicht alles vererbet. Der Gunslinger hingegen hatte die ersten Jahre seines Lebens in einem Netzwerk aus Tunneln, Schächten und Räumen verbracht, deren kompletter Aufbau fortwährend optimiert wurden. Sich zu verlaufen war unmöglich. Kein Wunder also, dass die Welt jenseits der Kolonie ein kleiner Kulturschock war. Dennoch akklimatisierte er sich schnell und erwarb auch im Zuge seiner Jugend und jungen Adoleszenz Fähigkeiten, die ihm die Orientierung auch in er Stadt wie Crocus ermöglichten. Nicht nur emotional waren die beiden sich eine Stütze im Leben.
Die Aussage seines Bruders riss ihn aus den Gedanken und Flux schaute instinktiv hoch, ohne das Gefühl zu haben, wirklich hochschauen zu müssen. „Ich wette mit dir um den nächsten Nachtisch, dass der Bengel verzogen bis oben hin ist. Wir könnten ihn ja schön durch einen Fitnessparkour jagen, während wir uns den Inhalt der Küche einverleiben … aus Gründen der Sicherheit natürlich“ ergänzte er und erwiderte das Kichern Cassius' durch sein eigenes, verschmitztes Grinsen. Die Ausgabe hatte sich bestimmt etwas dabei gedacht, als sie die Neulinge losgeschickt hatte. Oder? Wieder in seine eigenen Gedanken abdriften, traf ihn die Frage des Schwertkämpfers unvorbereitet. Crash stolperte, fing sich und schaute dann etwas ungläubig zu seinem Partner. Wo kam das denn jetzt her!? Etwas süß war es schon, dass er von Mädchen und nicht von Frauen sprach. Jedoch war sein Partner gerade erst Erwachsen geworden. Die Sprache brauchte sicher noch ein paar Jahre. Aber Flux wäre nicht Flux, wenn seine Zunge nicht ebenso flink war, wie es seine Finger beim Ziehen seiner beiden Pistolen war. Kurz räusperte er sich ehe seine Stimme etwas neckisch-aggressives annahm: „Na kaum siehst du da unten so langsam aus wie ich, machst du jetzt auf dicken Macker, oder was?“ erwiderte er auf die dumme Fragen des Schwarzhaarigen. „Ich hab seit über zehn Jahren kein Sansargiller gesehen, was glaubst du wohl auf was ich stehe“ gab er daraufhin, relativ ehrlich, zum Besten. „Und du?“ lenkte er das Gespräch nun um „ich hab doch gesehen wie du diese Amelia anglotzt. Ist das dein Typ?“
Ihr spaßiges Geplänkel endete, als sie vor einem Haus, dessen Ausmaß von ihrer Position aus nur zu schätzen war, zum Stehen kamen. Viel eher befanden sie sich vor dem Tor, an welcher eine Art Wachposten aufgestellt war. Solche Leute reichten wohl, um nervige Menschen und Journalisten abzufangen. Wirkliche Eindringlinge hätten mit so jemandem sicher kein Problem. Aber den Akimbo Knight interessiertes es nun mehr, in das innere dieser Villa zu kommen. Wenn sie von innen genauso aussah wie von außerhalb, dann würde mindestens die Küche viel hergeben. Seinem bewundernden, erstaunten Blick fügte er noch ein paar Worte hinzu. Mit einem Pfeifen schaute er zu Cassius. „Schau dir die Hütte an! Allein der Garten ist so groß wie ein Park. Ich wette die haben ne goldene Toilette. Das ist das erste, was ich in dem Schuppen suche werden. Und dann…“ beendete er seinen Satz nicht sondern schaute mit einem frechen Blick zum anderen Velnarion.
Im Grunde konnten der Sansargiller und der Waldläufer gar nicht unterschiedlicher sein, aber doch verschwammen die Grenzen stets und ständig. Sie stammten aus unterschiedlichen Kulturen, besaßen unterschiedliche, angeborene Talente und doch glichen sie sich oftmals stärker als Zwillinge. Egal wie man es letztlich drehen und wenden wollte, die Velnarion Geschwister waren einfach etwas Besonderes. Sie ergänzten sich in ihren Persönlichkeiten, in ihren Zielen und Träumen und auch in ihren Befähigungen. Als Duo waren die beiden Ritter einfach unschlagbar und auch wenn es denen an Disziplin und militärischer Etiquette fehlte, so hatte Generia Kastillan dennoch erkannt, wie nützlich die Velnarion Brüder für die Rune Knights waren. Und ehe sie sich versahen, dienten sie dem König von Fiore und waren Teil des offiziellen Militärs. Einhergehend mit allen Verpflichtungen, erhielten die beiden aber auch eine Menge Möglichkeiten. Alles in allem war es eine Win-Win-Situation für beide Parteien.
Gemeinsam schritten sie durch die Straßen von Crocus, um das Wohngebiet der Reichen zu erreichen. Hier wohnte auch besagter Politiker, auf dessen Kind sie heute aufpassen mussten. Die Villa war bestimmt eine ziemlich prunkvolle, der Kühlschrank mit Sicherheit bis zum Erbrechen gefüllt mit leckeren Dingen. Flux ließ es sich nicht nehmen und verwettete sogleich den nächsten Nachtisch, denn er glaubte felsenfest daran, dass der Bengel verzogen war. Cassius stimmte dahingehend zu, aber eine Wette machte keinen Sinn, wenn beide auf dasselbe wetteten. „Meinetwegen. Ich bin zwar deiner Meinung, aber ich halte mal dagegen. Wetten wir!“, kicherte Cassius auch weiter, während Flux die generelle Orientierung übernahm. In Wäldern und ländlichen Umgebungen bekam der Waldläufer es ja echt spitzenmäßig hin, aber in Städten sah für ihn einfach alles gleich aus. Irgendwann hatte er das aber sicherlich auch gelernt. „Je verzogener der Bengel ist, desto härter müssen wir ihn rannehmen, ist doch klar!“, stimmte der Ritter zu und verschränkte die Arme ebenfalls hinter dem Kopf. „Der Kühlschrank, hm…ja. Toben wir uns aus“, kommentierte Cassius dann diesen Part und lächelte, ehe er gen Himmel blickte. Sie würden sich beide satt essen, aber sowas von.
Die letzte Frage vom Schwertkämpfer war wohl etwas zu viel für den Sansargiller, der sich beinahe gemault hätte, sich glücklicherweise aber wieder fing. Dann folgte das, was Crash immer tat, wenn er Slash aufziehen wollte. Abwehrend hob er die Hände. „Bleib mal geschmeidig, Bruder!“, mahnte Cassius und seufzte dann. Nicht einmal eine persönliche Frage konnte man stellen, ohne das Flux den Macker markierte. „Wenn ich es mir so recht überlege, würdest du bestimmt gern an Astoria schrauben. Mir war so, als hättest du Interesse an ihr“, grinste Cassius frech, nachdem Flux so fies war. Die Retourkutsche kam jedoch geschwind, als Cassius auf Amelia angesprochen wurde. Er hatte sie ein paar Mal intensiver angeschaut, na und? Hieß doch nicht gleich, dass man Interesse hatte. Erschrocken, dass Flux es wusste, blickte er den Sansargiller mit großen Augen an, ehe er seufzend den Kopf fallen ließ. „Zugegeben. Amelia ist hübsch. Aber…aber…oh, wir sind da!“
Gut abgelenkt, Thema vorerst beendet. Sie standen vor einem Tor, welches Zugang zum üppigen Gelände der Villa bot. Das Haus selbst war, wie erwartet, riesig und prunkvoll. Am Tor selbst befand sich ein Wachposten, der wohl eigentlich ausreichen sollte für das, was man hier an Kriminalität erwartete. Warum ausgerechnet zwei Ritter angefordert wurden, um auf den Bengel aufzupassen? Cassius hinterfragte kurzerhand den Sinn der Mission. Doch zuvor musste sein Bruder Flux seiner Begeisterung Ausdruck verleihen. „Und dann geht es zum Kühlschrank?“, lachte Cassius und schüttelte amüsiert den Kopf. Das Abenteuer konnte beinahe losgehen und er war sehr gespannt, was sie da drin alles erleben konnten. Sie gingen auf die Wachen zu und Cassius hob grüßend einen Arm. „Wir sind die Ritter und hier, um als Leibwächter für den Bengel…äh…dem Jungen des Hausherren zu fungieren!“, sprach der Requip-Magier und lächelte. Der Wachmann am Posten blinzelte ihn genervt an, überprüfte kurz die beiden Anwesenden und öffnete dann das Tor. „Es geht los, Crash!“, kicherte der Schwertkämpfer und eilte auf das Gelände, dicht gefolgt vom Sansargiller. Die Party konnte starten!
#3 Man musste ihnen eins auf alle Fälle lassen: die beiden ließen nie eine Chance ungenutzt den jeweils anderen unterzubuttern oder eins auszuwischen. Dennoch bewegte es sich immer in einem Rahmen, im welchem sich keiner der beiden angegriffen fühlte. Beleidigt? Bestimmt! Aber nie wirklich angegriffen. Sie waren wirklich etwas Besonderes, auf die ein oder andere Art und Weise. Cassius jedenfalls fackelte nicht lange damit die Wette, die man gut und gern als rhetorisch hätte bezeichnen können, anzunehmen. Flux für seinen Teil meinte so etwas immer sehr ernst. Die Nachtische in der Baracke waren der erste richtige Luxus, den die beiden sich seit einiger Zeit gönnen konnten. Das lag primär daran, dass dieser zur Verpflegung gehörte. Aber dieser Umstand machte die Nachspeise nur zu einem umso interessanteren Wetteinsatz, da es kein Eigenkapital benötigte. Ähnlich wie man Zigaretten in einem Gefängnis nutzen konnte, um sich Vorteile zu verschaffen, verwetteten also die zwei Frischlinge ihre „hart“ erarbeiteten Rationen. Ebenso fand auch die Idee des Fitnessparkour Anklang bei seinem Bruder. Das überraschte den Sansargiller weniger. Auch wenn er selbst nur bedingt etwas von körperlicher Ertüchtigung hielt, war seine schlechtere Hälfte in diesen Belangen Feuer und Flamme. Das war auch sehr gut so, denn ein Schwert musste ganz anders geführt werden als eine Pistole. Jedoch musste Crash ja die zukünftige Strecke nicht selber absolvieren, sondern nur einen Neunjährigen dabei drangsalieren. Was konnte dabei schon schiefgehen? Die wirkliche Retourkutsche erfuhr der selbsternannte Akimbo Knight erst beim Thema Frauen, bei welchem er eigentlich davon ausgegangen war, seinen Bruder schnell davon überzeugt zu haben das Thema fallen zu lassen. Dem war nicht so. Stattdessen durfte er sich fantasievolles, ausgedachtes Interesse an der Ritterin Astoria anhören. Nicht nur, dass er sich was von dem Jüngeren anhören musste, nein, der aufgebrachte Vergleich war dabei lächerlich danebengegriffen. Astoria war Holzmagierin. Holz! Niemand interessierte sich für einen so minderwertigen und nutzlosen Werkstoff wie Holz!. Der Grund für ihren Erfolg musste der chronische Mangel an Gartenscheren in Fiore sein. Eine andere, sinnvolle Erklärung konnte es wirklich nicht geben. Demnach war es nicht verwunderlich, dass er auf diese Aussage nur dreckig lachen konnte.
„Davor, aber eher danach“ antwortete er auf die Frage und drehte seinen Kopf wieder zum Gitter, ehe die beiden zu dem mageren Wachposten herüber schlenderten. Um nicht schon vor Beginn ihrer Aufgabe ein schlechtes Licht auf die Magier zu richten, überließ er Slash das Reden, welcher sich, sehr zur Belustigung des Fellritters, auch noch beinahe versprochen hätte. Wie kann man manchmal nur so doof sein. Aber die freundliche Art des jungen Mannes und die Identifikation reichte ihrem Gegenüber aus, um die erste und einzige Hürde an diesem Tag zu überwinden. Wenn sie vor ihrem Auftraggeber ankamen, mussten sie spätestens dann ihr dummes Lachen abstellen. Noch war aber die Tatsache, dass für so etwas triviales zwei Ritter abgestellt wurde, Witz genug. Der Weg vom Tor zum Eingang war gepflastert und bot so allen Arten von Fortbewegungsmitteln eine gut ausgebaute Strecke und Anbindung von Stadt zu Anwesen und umgekehrt. Ein solches Fortbewegungsmitteln schien auch vor dem geparkt zu haben, was als Haupteingang tituliert werden konnte. Von der magischen Kutsche, wie Flux aufgrund der von außen zu sehende Technik schloss, führte eine steinerne Treppe links und rechts in Richtung des massiven Eichentores. Vor diesem waren einige Bedienstete am Herumwuseln und es erweckte den Eindruck, dass die letzten Reisevorbereitungen getroffen wurden. Aus der Menge an Angestellten stachen zwei Individuen heraus, um die sich alles herumbewegte: Ein sehr wohlgekleideter Mann mittleren Alters und ein ebenso adretter Junge. Das muss wohl Takuya sein. Ein schelmisches Grinsen machte sich auf dem Gesicht des Sansargiller breit, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Er würde sich zumindest so lange zusammenreißen müssen, bis die Kutsche vom Hof gefahren war. Takayus Augen waren rot umrandet und auch etwas Rotz war an der Nase zu sehen. Der arme Junge hat wohl wirklich ein kleines Trennungsproblem von seinem Papa, der auf ihn einzureden versuchte und sich erst dann abwendete, als die beiden Knights die letzte Stufe erklommen hatten. Während ihr Auftraggeber sich auf die beiden zubewegte, blieb Flux Blick weiterhin auf dem Knaben fixiert. Cassius würde schon reden, wenn es nötig war. Kein Wunder also, dass Crash nicht schlecht staunte, als sich, kaum dass Papa ihm den Rücken zugewendete hatte, die ganze Mimik und Gestik veränderte. Der kleine Pe… der spielt seinem Vater schön was vor. Auch der Junge bemerkte den Blick und grinste daraufhin den Magier frech an. Das war etwas, dass er nur zu gut von Kindern kannte: Takuya hatte es faustdick hinter den Ohren. Fragte sich nur, wann er dieses Verhalten zeigen würde. Der Gunslinger jedenfalls war bereit für alles, was ihm dieses Monster entgegenwerfen konnte.
Herausforderungen und Beleidigungen waren Gang und Gebe zwischen Brüdern. Da bildeten auch die Velnarion Brüder keine Ausnahme, obwohl sie nicht einmal vom selben Blute waren, das jedoch war auch überhaupt nicht wichtig. Familiäre Bindung entstand nicht nur durch das Blut, sondern in erster Linie durch Emotionen und an denen mangelte es den Beiden gewiss nicht. Sie würden sich ohne zu zögern für den jeweils anderen opfern, sich stets gegenseitig beschützen aber eben auch stets gegenseitig nerven, bis ein Wettkampf entbrannte. So bescheuert die beiden Brüder manchmal auch sein konnten, so waren sie dennoch eine unzertrennliche Einheit, denn Cassius wusste, dass sie mit vereinten Kräften einfach allen Widrigkeiten dieser Welt trotzen konnten. Die Ziele des jungen Ritters waren verhältnismäßig einfach gestrickt, aber nicht so einfach zu erreichen, doch er wusste, dass Flux ihm die notwendige Kraft dafür geben konnte. Gleiches galt auch für die Ziele des Sansargillers, der sich im Grunde den Zielen seines Bruders angeschlossen hatte. Egal wie man es drehte und wendete, die beiden gehörten einfach zusammen. Die Gerüchteküche um Amelia und Cassius schien wie ein Leuchtfeuer zu brennen, wenngleich der Velnarion sie bisher nur einmal gesehen hatte. Klar, sie war attraktiv, aber er konnte jetzt nicht behaupten, auf sie zu stehen. Sein – völlig an den Haaren herbei gezogener – Konter gegen Flux, wurde kurzerhand in der Luft zerrissen. Die gute Astoria war eine Holzmagierin und mit Holz konnte man den pelzigen Kumpanen des Schwertkämpfers einfach nicht beeindrucken, dabei musste Flux es nicht einmal aussprechen. „Hätte ja klappen können“, lachte Cassius amüsiert auf, nachdem Flux lediglich dreckig lachte. Er selbst mochte Astoria durchaus, aber er hoffte dennoch immer, ihr irgendwie entgehen zu können. Die überaus motivierte Ritterin hatte sich Cassius angenommen und versuchte Disziplin und Ordnung ihn in hinein zu bringen, doch bisher schien das Unterfangen weniger vielversprechend zu sein. Astoria war aber Feuer und Flamme, also gab sie nicht so leicht auf. Cassius fragte sich dabei jedoch mehr, wieso Flux von ihr verschont blieb? Unfair!
Am Tor hatten sie dann Einlass erhalten und bewegten sich über den gepflasterten Weg hinauf zum Anwesen. Cassius schaute sich fasziniert um und war echt beeindruckt, wie hochwertig und qualitativ man doch leben konnte. Er selbst lebte in der Unterkunft der Rune Knights und musste für dieses spärlich bewohnbare Doppelzimmer auch noch hart arbeiten, denn es zahlte sich schließlich nicht von allein. Bei so reichen Menschen wie hier, arbeitete das Geld jedoch schon für einen und im Umkehrschluss wurde man nur reicher, woraufhin die Armen jedoch nur Ärmer wurden. Der Velnarion war bereits jetzt kein Fan von Reichtum, denn er sah sich stets mit dem ärmlichen Volk verbunden, die wussten, was es hieß, im Leben verloren zu haben. Schon ironisch, wenn man bedachte, dass er für ein Königreich arbeitete, welches diese Gesellschaftsteilung ohne weiteres akzeptierte und davon profitierte. Auf dem Weg zum Anwesen zog der Schwertkämpfer etwas die Augen zusammen, denn in ihm brodelte ein neuer Wunsch auf. Ein Wunsch, dem einfachen Volk zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Er nahm sich in diesem Augenblick vor, ein so mächtiger Ritter zu werden, dass er das Königreich herausfordern und verändern konnte, um für mehr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung zu sorgen.
Die beiden Magier erreichten das riesige Eichentor, welches ins Innere des Anwesens führte und konnten dort beobachten, dass noch ordentlich Trubel am Gange war. Ein wohlgekleideter Mann mittleren Alters war hier das Zentrum der Aufmerksamkeit, denn offenbar war er der Vater des Jungen, auf den sie heute aufpassen mussten. Während Crash den Bengel Takuya als Rotzlöffel identifizieren konnte, kam der Auftraggeber und Vater auf die beiden Rune Knights zu und blieb vor diesen stehen. Sein Gesicht war Ernst, aber seine Ausstrahlung angenehm und solide, nicht abgehoben, wie eigentlich erwartet. „Ihr seid die Ritter, die meinen Sohn beschützen sollen?“, fragte er sogleich und schien dies nicht wirklich glauben zu können, aber wer konnte es ihm verübeln? Flux und Cassius sahen nun wirklich nicht wie Ritter aus. „Ganz genau, edler Herr. Wir sind die bestellten Ritter!“, bestätigte Cassius und nickte lächelnd. „Nun gut. Mein armer Junge Takuya ist wirklich anständig und liebenswert, aber er tut sich schwer, wenn ich dienstlich verreisen muss“, erklärte der Vater und lächelte dabei schwach, denn offenbar fiel es ihm nicht minder schwer. „Ihr werdet also keine Probleme mit ihm haben, während ich weg bin. Also passt bitte auf meinen Jungen und mein Haus auf“, bat er sogleich noch einmal und hielt Cassius die Hand hin. Dieser ergriff die Hand und schüttelte sie leicht. „Verlassen Sie sich auf uns, edler Herr!“, versicherte Cassius ihm, das alles gut werden würde und schon verabschiedete sich der Hausherr, um mit der Kutsche von dannen zu reisen. Cassius blickte der Kutsche eine Weile hinterher und wandte sich dann Takuya zu, der bereits seine Attitüde gewechselt hatte. „Das wird anstrengender als gedacht“, murmelte Slash leise zu seinem Bruder und seufzte etwas. Hier würde es Krieg geben, aber sowas von!
#4 Wenn jemals jemand Flux erzählt hätte, dass er in den Diensten eines fremden Königreiches einmal den Sohn eines reichen Mannes babysitten musste, weil es ihm noch dazu befohlen wurde, dann hätte er die Aussage dieser Person sehr wahrscheinlich mit schallendem Gelächter quittiert. Aber hier waren sie, er, Flux Velnarion, ganzer Stolz seiner Familie, Beschützer der Schwachen, Held der Armen und Cassius, sein weniger talentierter, jüngerer Bruder. Nun gut es konnte ja nicht jeder so ein Überflieger sein wie er. Mit diesem Gedanken hatte er noch einen letzten neckischen Blick zu jenem geworfen, eher auch er sich zusammenriss und eine professionelle Mine an den Tag legte. Da Takuya nicht lange damit gewartet hatte seine wahre Natur zumindest nach außen zu zeigen, wussten die beiden Ritter zumindest, dass sie mit dem kleinen nicht zimperlich sein mussten. Die Bediensteten konnte er vielleicht herumschubsen, zwei Magier würden sich jedoch sicher nicht so leicht geschlagen geben. Zudem vermutete Crash bereits, dass auch das Personal nicht zu gut auf den jungen Hausherren zu sprechen war, wenn diese mit ihm alleine im Haus waren. Lange konnte er allerdings keinen Gedanken an den Knaben verschwenden, denn obwohl sein Bruder zwar das Reden übernahm, kam es unter Umständen nicht sehr gut bei ihrem Auftraggeber an, wenn er diesem überhaupt keine Aufmerksamkeit schenkte. Wie bereits bei ihrer Rekrutierung, blieben sie auch außerhalb des Quartiers nicht von argwöhnischen Blicken verschont. Dabei musste sich der Sansargiller, so wie er den Herren wahrgenommen hatte, doch fragen, ob die Reaktion in diesem Fall dem ungleichen Duo geschuldet war, denn diesen Ausdruck kannten sie eigentlich relativ gut, oder, ob tatsächlich in diesem Moment an ihren Fähigkeiten gezweifelt wurde. Hauptgrund für diese, für den Akimbo Knight doch relativ ungewohnte, Reflexivität war das eher bodenständigere auftreten des Vaters. Musste so jemand wirklich davon ausgehen, dass die Questausgabe hier einen Fehler gemacht hatte. Nicht wirklich. Slash schien dies ebenso aufgefallen zu sein, vielleicht ging er auch schlichtweg souveräner damit um, denn er passte seine Sprache, Mimik und Ton gleich an das vor ihm stehende Klientel an. Er war eben nicht nur schnell mit der Klinge, sondern auch im Denken, wenn es wirklich drauf ankam. Das würde Flux zwar niemals laut sagen, zumindest nicht ohne Alkohol. Denken tat er es dennoch gerne und heimlich. Wie bei Aufträgen dieser Art so üblich, gab es keine nennenswerten neuen Informationen. Ihr Gegenüber musste dienstlich verreisen und brauchte pro Forma ein paar Leute, die etwas qualifizierter waren, als der eher unqualifizierte Wachdienst am Tor. Von einer wirklichen Gefahr ging er nicht aus, aber Leute in diesen Schichten konnten wohl nie vorsichtig gut sein. Ein weiterer Vorteil der beiden Geschwister. Wenn man nicht wirklich etwas besaß, geschweige denn lange an einem Ort verweilte, gab es auch praktisch nichts, dass einem abhandenkommen konnte. Alles was einem wichtig war, trug man in der Regel am Mann.
Etwas rührend war die Stimmlage des Vaters schon, das gestand sich auch der Fellritter ein. Die Abwesenheit einer weiblichen Person jenseits des Dienstpersonals war für den Sansargiller schon der erste Hinweis, dass auch Geld kein unerschütterliches Heim garantierte. Natürlich hielt er sich damit zurück zu erfragen, wo denn die Dame des Hauses war. Damit hätte er sich gewiss im Ton vergriffen und das letzte was er wollte, aus eigener Erfahrung sprechend, war, den Herren oder gar Takuya zu vergraulen. Auch wenn dieser bereits andere Tendenzen zeigte, so war das sicher auch auf die fehlende Elternfigur zurückzuführen. Noch hatte er für den kleinen Quälgeist Mitleid. Die Frage war wie lange noch. Als ob es beide einstudiert hätten, salutierte Crash auf das letzte Wort seines Begleiters, um die Seriosität noch etwas zu unterstreichen. Sich mit ihnen wohl zufriedengebend, bestieg ihr Auftraggeber das Gefährt und zog von dannen. Die Auffassung seines Bruders, die dieser ihm leise zu murmelte, teilte er. Aber einen so ganz dummen Spruch konnte er sich nicht. „Verlassen Sie sich auf uns, edler Herr“ äffte er Slash nach, um sich dann auf übertriebene Art und Weise vor diesem zu Verbeugen. Diese kleine Show Einlage war natürlich dazu gedacht, die Distanz zum Jungen zu überbrücken und ihm zu zeigen, dass die beiden keine Spießer waren. Oh, Karma war etwas sehr Böses. Vor Takuya angekommen, musste er sogar etwas hochschauen, denn der Bube überragte den Magier locker um 20 bis 30 Zentimeter. Jetzt wo er sein gegenüber so musterte, wollte er ihm zumindest einen kleinen Vertrauensvorschuss geben. Man musste ja nicht direkt gemein sein. „So du bist also Takuya? Ich bin Flux und das ist mein Bruder Cassius. Wir passen auf dich auf, bis dein Vater wieder da ist. Willst du uns nicht das Haus ein wenig zeigen?“ fragte er diesen auf eine tatsächlich ganz nette Art und Weise. Außerdem wollte er so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Den Job erledigen und die Küche finden. Einen Moment schaute Takuya den Rune Knight etwas verunsichert an, ehe er schelmisch grinste und jenem mit voller Wucht auf den Fuß trat. Da Crash wie fast immer Barfuß unterwegs war, waren die Schmerzen entsprechend intensiv. Noch während er seinen Fuß reflexartig hochzog, erwischte das Monster vor ihm sogleich den anderen Fuß, was darin resultierte, dass der Gunslinger rückwärts umkippte. Mit einem frechen Lachen machte sich der Bengel daraufhin aus dem Staub in Richtung Haus. Ich hasse Kinder.
Damit war alles unter Dach und Fach. Der Vater war beruhigt und konnte auf Dienstreise verschwinden, Takuya hatte bereits erste Anzeichen seiner wahren Persönlichkeit gezeigt und die beiden Brüder Velnarion waren nun endlich ohne Aufsicht. Damit konnte die eigentliche Quest beginnen, wenngleich sie viel schwieriger werden sollte, als sie bei der Questausgabe noch vermutet hatten. Der Gedanke hier einen jungen Burschen mit etwas Spielzeug zu beschäftigen und ihn dann rechtzeitig ins Bett zu verbrannen, konnte wohl getrost aus der Liste der Vorhaben gestrichen werden, denn um Takuya zu bändigen, sollte wohl um einiges mehr von Nöten sein. Tendenziell gesehen hatte dieser Takuya mit Slash und Crash aber eigentlich echt gute Spielpartner, denn die beiden Brüder waren im Grunde auch für jeden Scheiß zu haben. Vielleicht wäre das auch ein erster Anhaltspunkt, um die Kommunikation zu Takuya aufzubauen und die Distanz zu verringern? Cassius hatte sofort daran gedacht, allerdings war er damit nicht allein, denn Flux teilte diese unausgesprochene Ansicht bereits. Zwar war der Sansargiller erwachsen und damit wesentlich gereifter als der frisch erwachsene Cassius, aber man merkte deutlich, dass sie gemeinsam lebten. Sie waren sich auch in ihren Denkschemata äußerst ähnlich, gelegentlich zumindest.
Die Art und Weise wie Crash nun jedoch versuchte, das Eis zu brechen, beschmutzte natürlich wieder das Antlitz des Schwertkämpfers, was auch sonst. Wieder einmal wurde der Ritter von seinem Bruder nachgeäfft und bloß gestellt, nur weil er sich Mühe gab, einem wichtigen Politiker nicht auf die Füße zu treten. Genervt zuckte bereits die Augenbraue des schwarzen Schwertkämpfers, der bereits eine Faust ballte und nur darauf wartete, seinem Bruder damit eines auf die Fellrübe zu geben. Doch dazu kam der schwarzhaarige Ritter nicht, da der Akimbo Knight sich kurzerhand auf Takuya zu bewegte und die beiden zunächst ordentlich vorstellte. Cassius legte ein Lächeln auf und ging einige Schritte hinterher, hielt sich aber hinter seinem Bruder, um diesem nicht in die Quere zu kommen. Vielleicht konnte offene und ehrliche Kommunikation ja echt hilfreich sein, doch plötzlich trat Takuya dem Fellritter auf den Fuß und setzte sogleich nach, wodurch beide Füße des Sansargillers getroffen wurden und dieser zurückfiel. Cassius machte dabei keinerlei Anstalten seinen Bruder zu fangen und brach stattdessen in schallendem Gelächter aus, bis ihm der Bauch anfing weh zu tun. „Hahahahahaha“, lachte er und fiel beinahe zu Boden, so sehr musste er lachen. „Der kleine Penner hat es dir aber echt gegeben, Crash, hahahahaha“, lachte Cassius weiter und blickte dem wegrennenden Takuya hinterher.
Als sich Cassius beruhigt hatte, packte er seinen Fellbruder und hievte ihn auf die Beine zurück. „Das du dich echt von einem Kind hast verarschen lassen“, fing er an ihn zu ärgern und klopfte ihm dann aber auf die Schulter. „Ich dachte du hast durch mich gelernt, so etwas zu vermeiden“, fügte er dann aber ruhiger an und schenkte seinem Bruder ein warmes Lächeln. „Ich bin dafür, dass wir das kleine Monster jagen und ihm zeigen, was es heißt, sich mit Rittern anzulegen“, grinste der Schwertkämpfer und erhob sich wieder, um tiefer ins Haus zu stapfen. „Die Ehre gebührt natürlich ganz dir, großer Bruder!“
Und Takuya? Der war im Flur abgebogen, hatte eine Bedienstete angerempelt und war urplötzlich verschwunden, bevor diese sich darüber aufregen konnte. Stattdessen musste sie jetzt zerbrochenes Geschirr zusammen fegen. Sie wirkte jung und etwas geschafft, was wohl am Terror des Zwerges lag, doch lang allein blieb sie nicht. Zwei weitere Bedienstete, wesentlich älter, traten hinzu und halfen ihr. Diese Quest hatte sich so eben grundlegend verändert.
#5 Jede Situation der beiden Brüder war, obwohl sie beide, Flux noch eher als Cassius, Erwachsen waren, immer eine Situation, in welcher sie ihre Stellung untereinander und miteinander in Frage stellen konnten. Da passte es eigentlich sehr gut, dass es sie zu den Runenrittern verschlagen hatte, die einzige Gilde bei der Hierarchie tatsächlich eine Rolle spielte. Zumindest seiner Empfindung und seines Wissens nach. So bekam er zwar nicht mit, wie die Augenbraue seines Gegenübers zuckte, worüber er vermutlich nur gelacht hätte, hatte aber felsenfest damit gerechnet während seiner überladenen Verbeugung den Boden zu küssen. Stattdessen blieb diese Schelle aus und der Sansargiller nahm sich des kleinen Gnoms an. Wenn er gewusst hätte, was ihn erwarten würde, hätte er sich gleich zehn Schellen abgeholt. Wie das Treffen zwischen ihm und Takuya ausgegangen war, wusste alle Anwesenden ja. Man konnte die Show ja nicht wirklich verpassen.
Wie nicht anders zu erwarten, man hätte eine Uhr nach stellen können, ertönte das schallende Gelächter seiner schlechteren Hälfte, die nah genug gewesen wäre ihn aufzufangen, aber sich bewusst dagegen entschieden hatte. Nun gut, Flux hätte nicht anders gehandelt. Jetzt ging es jedoch nicht um ihm! Also doch, schon irgendwie aber nicht so wie… ach egal. Jedenfalls lag er nun dort und durfte sich über Kopf ansehen, wie sich der schwarze Ritter amüsiert den Bauch hielt. Kein Wunder, dass auch seine eigene Wut sich schneller abbaute. Normalerweise wäre Crash direkt aufgesprungen und hätte die Verfolgung aufgenommen. In diesem Moment, nachdem ihn dieser Bube auf das Übelste bloßgestellt hatte, war er so perplex, dass er schlichtweg liegen blieb. Neben der schlechte Laune waren es auch die Schmerzen, die schnell nachließen. Es war schon eine verdammt witzige Aktion des Kleinen. Moment! Entwickelte er gerade Sympathie für das Teufelchen. Das hingegen war inakzeptabel. Takuya würde seine gerechte Strafe erhalten, sobald sie ihn eingefangen hatten. Immerhin waren sie die Verttreter von Recht und Ordnung! Ihrer pervertierten Version von Recht und Ordnung zwar, allerdings war das jetzt erstmal nebensächlich. Jetzt wo sie alleine waren, waren sie das Gesetz. Das zusammen mit der Reaktion des Jüngeren machte aus der frustrierten Mine wieder eine glücklichere. Mit einer Sache hatte er Recht: Es stand 1:0 für Takuya.
„Ja, ja sehr witzig. Ha, Ha“ säuselte der Fellritter „hilf mir lieber mal hoch“. In dieser Hinsicht konnten sie aufeinander zählen. Natürlich machten sie sich über den jeweils anderen lustig. Nie würde der eine dann jedoch das Schlamassel alleine ausbaden müssen. So dauerte es noch einen Moment, bis Slash sich soweit gefangen hatte, um seinen Bruder mit einem beherzten Ruck erst über den Boden und dann auf seine Füße zu platzieren. Augenrollend nahm er die nächste verbale Erniedrigung auf, während er den Dreck und den Staub seines Onsies abklopfte. „Maaan ey“ schimpfte der Sansargiller als Antwort „als ob du damit gerechnet hättest. Der war Flink wie ein Wachbä… wie ein Wiesel“. Der freundschaftliche Klopfer auf den Rücken ließ ihn einen Ausfallschritt nach vorne machen. Ernüchtert hob er daraufhin die Arme nach oben und schmatze ein paar Mal. „Wenn du die gleiche Talente in deinen Alter gezeigt hättest, wäre ich heute bestimmt nicht hier. Du hast doch gerade so einen Fuß vor an anderen bekommen ohne dich umzubringen“. Natürlich erinnerte sich Flux nur zu gut daran, wie anstrengend sein Bruder in jungen Jahren war. Wie hielten Menschen ihre Kinder nur so lange aus. Unbegreiflich. Die Idee seines Partners traf dementsprechend auf offene Ohren. Das aufrichtige Lächeln Cassius‘ wurde durch das sinistre Grinsen seinerseits komplementiert. Nur einen Punkt würde er an dem Plan definitiv ändern, denn natürlich wollte er nicht der einzige bleiben, der in ihrer heutigen Quest eine Schmach erleiden würde. „Das hättest du wohl gerne, dass ich hier in sämtliche Fallen hineinlaufe“ begann er seinen Satz während man just das leise Klirren von Geschirr wahrnehmen konnte „die Ehre gebührt ganz ihnen, edler Herr“ ergänzte er mitsamt der Verbeugung einiger Minuteb zuvor. Jemand forderte sein Glück heraus.
Eigentlich hätten die Brüder ahnen müssen, dass Takuya mit schmutzigen Tricks spielte, aber trotzdem hatte der Sansargiller gehofft, dass offene und direkte Kommunikation der Schlüssel war. Da hatte sich der Fellritter jedoch gekonnt geirrt und musste nun die Schmach einer ersten Niederlage ertragen. Wie es sich für Brüder gehörte, die sich liebten, half Cassius ihm natürlich nicht und lachte ihn stattdessen gehörig aus. Der Waldläufer lachte dabei so stark, dass er sich schon den Bauch halten musste, da dieser beinahe zu platzen drohte. Irgendwie war es natürlich auch sehr gemein, aber so waren die zwei eben. Sie übertrumpften einander immer und immer wieder, denn so war es unter Brüdern nun einmal. Der erste Punkt hier ging deutlich an Takuya, aber das war bisweilen noch zu verkraften. Der junge Bursche flitzte davon und erzeugte ein weiteres Chaos, welches die beiden Velnarion jedoch nur akustisch wahrnehmen konnten.
Kurzerhand half der Ritter seinem Fellbruder auf die Beine und blickte dann Takuya hinterher, der längst über alle Berge war. Da hatten sie wirklich einen Klasse Auftrag an Land gezogen. Man wollte sie unbedingt bei den Rune Knights haben, weil sie eine ernst zu nehmende Kombination waren und jetzt beauftragte man sie mit Babysitten. Und zu allem Überfluss war das Balg auch noch ein echter Pisser. Im Geiste musste Cassius unweigerlich an den netten Vater denken, der vermutlich gar nicht wusste, dass sein Sohn so ein Monster war. Aber warum sagten denn die Bediensteten nichts? Standen sie etwa unter Takuyas Pantoffel? Nachdenklich legte Slash eine Hand an sein Kinn und observierte die Lage, während Flux sich zu Wort meldete. Cassius prustete, als Flux beinahe den Waschbären genannt hatte und erntete dafür natürlich wieder nur einen bösen Seitenblick. Er wusste nur zu gut, dass der Akimbo Knight äußerst ungern mit den äußerst ähnlichen Tieren verglichen wurde. „Ach hab dich nicht so, Crash“, kicherte der Ritter und wuschelte dem Fellritter den Kopf.
Cassius hatte gehofft, seinen Bruder dazu zu animieren, die Verfolgung aufzunehmen, doch den Schuh gab er sofort an Cassius zurück. Dieser seufzte nur und blickte wieder in das Anwesen hinein, während er im Augenwinkel erneut mit ansehen musste, wie Flux ihn nachäffte. Der hochgewachsene Waldläufer packte den Akimbo Knight kurzerhand am Kragen und marschierte dann in das große Hinaus hinein, warf die Tür hinter sich zu und begab sich den langen Flur entlang bis zur Unfallstelle, wo die Bediensteten gerade aufräumten. Cassius hielt ihnen Flux hin und grinste. „Ich habe hier einen streunenden Waschbären in Eurem Garten gefunden. Vielleicht taugt der ja wenigstens als Abendessen etwas“, berichtete er den Hausangestellten und warf Flux in die Arme der älteren, rustikalen Frau, die ehrenvoll den Namen Huberta trug. Der Ritter hockte sich zu der jungen Bediensteten. „War das Takuya?“, fragte er sogleich und schenkte ihr ein Lächeln. Sie nickte eifrig und räumte weiter auf. „Der Sohn des Herren ist ein Monster. Wir haben überhaupt keine Chance gegen ihn. Wann immer der Herr des Hauses auf Reisen geht, bricht hier die Hölle herein“, berichtete sie hektisch und packte die aufgesammelten Scherben auf das Tablett. „Wo kann ich Takuya finden?“, fragte Cassius und die Bedienstete schüttelte nur den Kopf. Das war nicht gut.
Der Ritter erhob sich wieder und sah sich um. Er achtete dabei nicht länger auf seinen Bruder, den er zur Rache einfach an die Hausfrau gegeben hatte. „Ich werde ihn suchen gehen“, kündigte er also an und entschied sich für eine Richtung, um tiefer ins Haus vorzudringen. Langsam und entspannt lief er den Flur entlang, das Requiem auf dem Rücken und die Hände in den Hosentaschen. Takuya sollte es nur versuchen, denn anders als Crash würde sich Slash nicht so schnell einschüchtern lassen. Cassius bog nach links ab, um die Wohnbereiche zu erreichen und spürte plötzlich, wie sich eine Schlinge um seinen Fuß zog. „Na toll…“, kommentierte er das und wurde plötzlich von den Füßen gerissen, an die Raumdecke gezogen und zusätzlich etwas verschnürt. Was war Takuya nur für ein Teufel?!
#6 Außenstehende mussten, wenn sie Flux und Cassius so beobachten würden, sich tatsächlich fragen, ob es sich bei diesem sonderbaren Duo wirklich um zwei Magier in Ausbildung handelte, die im Dienste er Runenritter standen, oder was zum Henker diese zwei Verrückten auf dem Eingangshof des respektablen Anwesens trieben. Sehr wahrscheinlich hätte es der Dialog nicht wirklich besser gemacht, im Gegenteil, man konnte ab diesem Punkt nur mit dem Kopf schütteln. Aber genau solche Situationen waren es, in welche sie brillierten. Ohne Supervision, zu zweit, mit einer mehr oder minder klaren Agenda. Das Lachen auf seinen Versprecher hin quittierte er seinem Bruder gegenüber mit einem Blick, der nicht nur den Getroffenen dahinraffen würde, sondern auch das Waldstück hinter ihm, bis an die Grenze des Horizonts. Ein angenehmer Gedanke. Ebenso angenehm, wenn auch selten, war die kleine Aufmerksamkeit des Schwertkämpfers. Natürlich schüttelte er diesen relativ schnell von sich, dennoch genoss er still und heimliche diese Arten der Zuneigung. Jedoch nicht unbedingt, wenn er gerade von einem Neunjährigen veralbert und bloßgestellt wurde. Dass seine wirkliche Erniedrigung noch auf ihn warten würde, hatte er zwar provoziert, allerdings nicht so schnell erwartet. Noch relativ selbstsicher vor Slash verbeugend, wollte er sich gerade aufrichten, als er merkte, dass ihn eben dieser gerade am Kragen gepackt hatte.“EEEEEEeeee“ rief der Sansargiller als der Boden bereits gut ein Meter unter ihm war und die beiden auf dem Weg ins eigentliche Gebäude. Sie hatten es noch immer nicht geschafft überhaupt einen Fuß in das Haus des frechen Kindes zu setzen! Warum war der Aufschrei des Akimbo Knights so laut gewesen? Natürlich, zumindest ging er davon aus, hätte er sich aus seiner misslichen Lage befreien können. Wenn ihn jemand Fremdes so gepackt hätte, dann hätte dieser gewiss ein wenig mehr als seine Hand dafür einbüßen müssen. In Cassles Fall konnte der Crashmagier ein paar Gänge herunterfahren. Einerseits erhielt er gerade einen relativen komfortablen Transport und konnte so seine lädierten Füße schonen, anderseits war er auch viel zu neugierig darauf, was sein Bruder mit ihm vorhatte. Würde er ihn einfach nur ins Haus tragen? Oder war das alles hier nur das Vorspiel zum eigentlichen Arschtritt? Würde er sich jetzt befreien, konnte er das nicht mehr herausfinden. Und wenn es eines gab, dass den unverwechselbaren Rune Knight ausmachte, dann war es seine Neugierde. Ein wenig musste er seinen trotzdem vorhandenen Unmut freien Lauf lassen. „Lass. Mich. Auf. Der. Stelle. Los. Ich schwöre bei allem was dir heilig ist, du wirst deines Lebens nicht mehr froh, wenn du mich wieder in die Mülltonne steckst. Du hast mich in den Restmüll getan! Papier wäre ja noch ok, aber Restmüll…“ schimpfte er noch lauthals, als sie letztendlich die Eingangshalle betraten.
Dann kam dieses Grinsen. Dieses Grinsen kannte Flux nur zu gut. Bevor er jedoch reagieren konnte, waren die Worte des anderen Velnarions bereits über dessen Lippen gekommen. Viel schlimmer war jedoch, als jener merkte, wie der schwarze Ritter einmal kräftig Schwung holte und ihn vollkommen stumpf in die Arme einer Bediensteten warf. Die gute war etwas kräftiger und so durchaus in der Lage den Sansargiller aufzufangen, was sie glücklicherweise auch tat. Dennoch hockte er jetzt im Arm einer völlig fremden. Mit einer Mischung aus neckischem und peinlich-berührten Lächeln, erweckte er in diesem Moment den Eindruck eines Säuglings in den Armen seiner Amme. Einfach göttlich! „Bonjour Mademoiselle Huberta. Parlez-vous français?“. Statt einer Antwort bekam er ein genervtes Augenrollen, ehe sie ihre Arme hob und auseinanderzog, wodurch er zwar gekonnt, jedoch unsanft auf seinen zwei Füßen ankam. Der Boden spiegelte sich so stark, als ob er gerade frisch poliert wurden war. Vermutlich würde er hier den ein oder anderen Pfotenabdruck hinterlassen. Was solls. Der Schwarzhaarige hatte derweil seinen Charme spielen lassen und bezirzte die jüngere der Angestellten. Allem Anschein nach war es nicht das erste Mal, dass die Bediensteten den Schikanen des jungen Herren ausgesetzt waren. Umso besser, dass die Velnarion Brüder heute auf der Bildfläche erscheinen waren. Wenn sie das Haus wieder verlassen würden, dann war sich Flux sicher, dass Takuya sich nie wieder so verhielt. Dafür würde er schon sorgen. Cassius wurde ebenso von einem Aktionismus dazu getrieben, sich nun selbst auf die Suche nach ihrer Zielperson zu begeben. So kam er immerhin seinem zuvor geäußerten Wunsch nach. Das Crash jedoch alle seine Wünsche erfüllt bekam, damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Im Gegensatz zu seinem Bruder, der nichtsahnend durch die Gänge schlenderte, waren es die Augen des Fellritters, die hektisch Boden, Wände und Decke absuchten, währende eine seiner Hände bereits über einer seiner Pistolen darauf wartete, diese gefechtsbereit zu machen. Sie würden den Jungen sicher nicht verletzen, dafür aber sehr, sehr wehtun. Ein Gedanke der wieder ein echtes Lächeln in sein Gesicht zauberte. Mit Sicherheitsabstand folgend, konnte Flux nur noch die Seilwinde vernehmen, ehe mit einem stumpfen Knall das Gegengewicht zu Boden kam. Aus dem Lächeln wurde ein Grinsen und dieses noch breiter, als er nun selbst um die Ecke bog und dort seine schlechtere Hälfte von der Decke hingen sah. Erst Luft an seinen Lippen vorbeipressend, verfiel auch der Gunslinger nun in das Lachen, welches der von der Decke Hängende ihm auf dem Hof spendiert hatte. Es gab doch noch etwas wie Gerechtigkeit. „Hör mal zu Bruderherz: Wie wäre es, wenn wir uns aufteilen du gehst hier weiter und ich schnappe mir die andere Seite des Hauses. Wer ihn findet muss ihn in die Halle bringen. Jetzt geht es nicht mehr um Nachtische, jetzt geht es um unsere Ehre!“. Eine flammende Rede nach welcher sich der Sansargiller in besagte Richtung aufmachte. Erst einige Schritte später hielt er inne und drehte sich, neckischen grinsend, zu Cassius um. „Du kommst doch klar, oder?“ und mit dieser rhetorischen Frage machte er sich auf den Weg.
Es war wahrlich nicht das erste Mal, dass Cassius seine Körpergröße ausnutzte, um sich den Sansargiller habhaft zu machen. Diesen pelzigen Ritter nach Belieben ergreifen und herum werfen zu können erfüllte den jungen Velnarion mit einem tollen Machtgefühl. Egal wie stark Crash war und egal wie überlegen der Pelzritter auch sein konnte, in dem Punkt würde er ausnahmslos immer verlieren. Beim letzten Mal hatte Cassius seinen Bruder kurzerhand in die Mülltonne gestopft, was dafür gesorgt hatte, dass das Fell des kleinen Ritters bestialisch gestunken hatte. Der Velnarion hatte natürlich nicht darauf geachtet, dass er seinen Bruder zum Restmüll stopfte. Papier wäre ja wirklich noch in Ordnung gewesen, aber die Restmülltonne war schon echt gemein gewesen. Doch dieses Mal hatte der schwarze Schwertkämpfer eine viel bessere Idee, denn er warf ihn dieser Bediensteten Huberta zu und preiste ihn als Abendessen an. Cassius wusste aber in dem Augenblick bereits, dass die Rache dafür noch ausstand, sowie es das immer tat. Sie schenkten einander nichts und doch so viel. Sie waren ihre größten Befürworter, ihre stärksten Unterstützer, ihre besten Freunde und zugleich ihre größten Kritiker und ihre schlimmsten Feinde. Sie waren eben einfach: Brüder.
Nun war es immerhin an Cassius, sich um Takuya zu kümmern, also schlug er eine Richtung im Anwesen ein und entschied sich für den linken Flügel. Sonderlich weit gekommen war er allerdings nicht, denn ehe er sich versah, hing er bereits unterhalb der Decke und war dort stranguliert. Es war ein gewöhnliches Seil, aber ziemlich gewieft angebracht, denn es hielt den Ritter nicht nur oben, sondern fesselte ihn auch noch relativ akkurat. Nun hing er also dort und baumelte etwas vor sich hin, womit dieser Punkt wieder an Takuya ging. Die beiden Ritter hatten überhaupt keinen Anhaltspunkt, wo sich der Bengel aufhalten konnte, denn das Areal innerhalb des Anwesens war bombastisch groß. Gerade wollte sich Cassius daran machen, sich zu befreien, als er die pelzigen Schritte seines Bruders hörte und diesen dann auch schon unten am Boden stehen sah. Slash verzog das Gesicht und wurde kurzerhand Opfer eines schallenden Gelächters, welches ihm nur zu bekannt vorkam. Er bekam dies häufiger ab, genauso wie der Sansargiller oft hart von ihm ausgelacht wurde. Sie schenkten einander eben nichts und doch so viel. Sei es Freundlichkeit oder eben Spott. Fairerweise musste Cassius seine Niederlage hier anerkennen.
Immerhin beendete der Akimbo Knight sein Gelächter in annehmbarer Zeit wieder und schwang eine wundervolle Rede, mit welcher auch absolut recht hatte. Sie mussten Takuya aufspüren und ihm zeigen, wer hier nun das Sagen hatte. Die Ritter sollten zwar eigentlich nur auf ihn aufpassen, ihm aber ordentlich die Leviten zu lesen und das Leben der Hausangestellten qualitativ zu verbessern war aber nicht explizit verboten worden. Sie vertraten zwar das Gesetz und sollten für Recht und Ordnung sorgen, aber diese kleine Grauzone konnte ruhig mal genutzt werden. Der Sansargiller lief dann auch schon los, nachdem der Plan stand und ließ den Schwertkämpfer oben an der Decke hängen. „Hey! Hol mich gefälligst hier runter, hörst du?!“, rief er seinem Bruder hinterher, der ihn einfach der Decke hatte hängen lassen. „Crash! Komm sofort zurück, du pelziges Ungeziefer!“, rief er erneut, doch der Akimbo Knight war bereits von dannen gelaufen. „Blöder Waschbär“, fauchte der unzufriedene Cassius, wissend, dass Flux diese Beleidung nicht mehr wahrnehmen konnte.
Der schwarze Schwertkämpfer bewegte sich in seinen Fesseln hin und her, bis er sie etwas lösen und seine Hand hervorholen konnte. „Geht doch“, murmelte er und griff nach dem Griff seines Schwertes, nur um dieses aus der Scheide zu ziehen. Mit einem gezielten Hieb durchtrennte er das Seil an der Stelle, wo er an der Decke festgehalten wurde und stürzte daraufhin in die Tiefe. Leider Gottes konnte er sich noch nicht völlig bewegen, da sich nicht zuvor entfesselt hatte und klatschte kurzerhand auf den Boden und blieb dort zunächst benommen liegen. „Autsch…“, kommentierte er seine eigene Bruchladung und seufzte laut. Dieser Takuya ging ihm richtig auf die Nerven, oh ja das tat er. Mühsam hievte sich der Ritter auf die Beine und steckte das Schwert wieder weg, ehe er sich den Staub abklopfte und tief Luft holte. Zeit den kleinen Bengel zu finden. Cassius eilte dann weiter den linken Flügel entlang. Vielleicht konnten sie Takuya ja in die Enge treiben!
Doch Takuya hatte bereits seinen nächsten Plan vorbereitet. Sein Ziel: Flux.
#7 Ein wenig hatte ihm der Schwertkämpfer schon leidgetan, wie er da so hilflos an der Decke hing. Aber in Anbetracht dessen, was am heutigen Tag schon wieder alles vorgefallen war, war die Bilanz immer noch auf seiner Seite. Ein wenig Karma hatte er noch, das er verbrauchen konnte, ehe ihm wieder etwas schlimmes widerfahren würde. Spätestens wenn er Takuya zwischen seinen Pfoten hatte, wäre dieses Konto sehr, sehr schnell aufgebraucht. Die härtesten Entscheidungen verlangten stets den stärksten Willen. Die Beleidigungen Cassius nur noch als entferntes Rufen wahrnehmend, hatte sich Flux schnurstracks in den rechten Flügel des Gebäudes begeben. Wenn dieses Haus, oder viel eher Villa, quadratisch aufgebaut war, dann hätten sie eine gute Chance den Kleinen zwischen sich in die Enge zu treiben. Wie von selbst fielen dem Sansargiller abertausende Möglichkeiten an sich zu rächen und dem ungehobelten Buben eine Lektion zu erteilen. Freudig rieb er sich kurz die Hände, ehe er seine Pistolen von neuem zog, die er verstaut hatte, nachdem sein Bruder in die, für ihn, ach so missliche Lage gekommen war. Im Gegensatz zu Slash war er im Führen einer Klinge alles andere als versiert. Natürlich könnte er sich mithilfe seiner Zähne aus einer so schwachen Fessel befreien. Es würde nur vermutlich deutlich länger dauern und ihm eine erneute Schmach nicht ersparen. Er für seinen Teil hatte heute bereits genug gelitten. Den erste Teil des Flures ohne irgendetwas verdächtiges wahrnehmend hinter sich gebracht, erreichte er wie erwartet eine Ecke, die nach links bog. Entweder endete das Anwesen in diesem Gang, was ebenso nicht unvorteilhaft wäre, oder aber er würde am andere Ecke eine weitere Rundung erspähen können, die ihre These bestätigen würde. Das Problem an der Sache: Zwischen ihm und dem nächsten Flur lag, nun ja, ein Flur. Eventuell hatte es Takuya gar nicht auf die Angestellten abgesehen, vielleicht wussten diese auch, wo die Fallen war, die der Giftzwerg aktiviert hatte. Flux jedenfalls musste weiterhin auf der Hut sein, wenn die stolzen Runenritter nicht eine weitere Klatsche erleiden wollten. Vorsichtig um die Ecke schielend, zog er seinen Kopf sofort wieder zurück, als eine Kugel nur knapp an ihm vorbeischoss und mit einem gelben Fleck das Fenster vor ihm verdreckte. Paintballkugeln? Von der Stärke waren sie ähnlich den Geschossen, welche seine beiden Vertrauten ohne das Zuführen von Mana verschossen. Wie er bereits im Bezug auf den Jungen gesagt hatte: Nichts was einen umbringt, aber schön ist es auch nicht. Das Problem mit den Dingern hier war, dass sie wehtaten UND hässliche Flecken hinterließen. Allem Anschein nach legte er Hausherr sehr viel Wert darauf, dass er die Auswirkungen seiner Taten auch im Nachhinein sehen konnte. Kein Wunder aber, dass ihn die Angestellten nicht wirklich mochten. Es war sicher nicht Takuya, der diesen Dreck wieder aufräumen würde. Crash seufzte. Entweder stand der Frechdachs bewaffnet im Gang. Damit würde er irgendwie klarkommen. Oder aber es handelte sich um eine Selbstschussanlage. Vermutlich hatten sie die Angestellten deswegen einfach in den Hauswirtschaftsräumen verkrochen, bis das Spektakel zu Ende war. Zumindest erklärte es ihre sehr auffällige Abwesenheit im ganzen Haus. Er musste einen Weg finden, in erster Linie einen Blick zu erhaschen. Irgendwie musste er in diesem Moment schon etwas den Einfallsreichtum ihres Peinigers bewundern. Natürlich war der Magier im gleichen Alter schon wissenstechnisch viel weiter. Eine solche Apparatur ohne Hilfe zu bauen erforderte dennoch etwas technisches Geschick und auch ein Händchen für diesen Bereich. Ein möglicher Punkt, um an den Jungen heranzukommen? Vielleicht.
Der Vorteil an den Heimen der Reichen? Sie hat meist unschätzbare aber unglaublich nutzlose Dekoration herumstehen. Was für den einen nur schmückendes Beiwerk war, konnte für jemanden von Flux Statur durchaus ein Wende zu seinen Gunsten sein. Er brauchte nur den Gang zurückblicken, als er die erste von drei Ritterrüstungen sah. Im Ganzen konnte er diese nicht tragen. Dafür waren sie sowohl zu sperrig als auch zu schwer und für seinen filigranen, durchtrainierten und überaus attraktiv Körper sowie so nicht gemacht. Damit konnte er sich natürlich nicht blicken lassen. Interessanter für ihn war die mittlere Rüstung, die neben einem Morgenstern in der einen, ein Turmschild in der anderen hielt, welcher die ungefähre Größe des Sansargillers hatte. Es wäre zwar unschön für den Boden aber jetzt musste er das Ding nur noch durch den Todesstreifen schieben. Mit etwas Mühe gelang es ihm der leblosen Hülle ihre Verteidigung zu entreißen und diese soweit zu halten, dass er sie beim ersten Gegentreffer nicht direkt verlieren würde. Well, here goes nothing gab sich der Akimbo Knight einen sehr mageren Pep Talk. Mitsamt des Schildes um die Ecke tretend, prasselte in schneller Abfolge die Kugeln auf den altertümlichen Schild, der seine Sache hervorragend machte. Die wenigen Farbspritzer, die über den Schild schossen, landeten obendrein nicht auf, sondern hinter ihm. Ein Erfolg auf ganzer Linie. Allerdings vermisste Crash irgendeine Reaktion eines lebenden Wesens, weshalb er vorerst davon ausgehen musste, dass der Angreifer nur eine Maschine war. Mühsam legte er Meter für Meter zurück, während weiter unaufhörlich Kugeln auf ihn einschlugen und der Boden ein paar hässliche Schrammen erhielt. Erst nach ungefähr zwei Minuten hörte der Regen auf. Ein Blick zu seiner linken zeigte ihm eine Tür, die einen spaltbreit offen war. Jetzt inmitten der Stille konnte er leise aus diesem Zimmer vernehmen, wie eine Art Rost oder ähnliches bewegt wurde. Was das wohl war? Vorsichtig an seiner Verteidigung vorbeischielend, konnte er tatsächlich die provisorische Selbstschussanlage bauen. Definitiv keine schlechte Arbeit. Die beschmutzte und nun nutzlose Deckung fallen lassend, zog der Fellritter von neuem seine Pistolen. Was auch immer ihn in diesem Raum erwarten sollte, er wäre bereit.
Was für ein elendiges Balg dieser Takuya doch war. Wie konnte der Vater von all diesem Terror nichts wissen? War der kleine Bengel ein so schlimmer Teufel, das niemand der Hausangestellten es auch nur wagte, ein Wort beim Hausherrn darüber zu verlieren? Der Knabe war mit ziemlich schweren Geschützen aufgefahren, was den Umgang gewöhnlicher Streiche und Scherze bei weitem überstieg. Es war wenig verwunderlich, dass die Bediensteten hier allesamt so aufgelöst waren, wann immer etwas vorfiel. Die beiden Ritter waren gerade einmal eine halbe Stunde vor Ort und sie sahen sich schon mit einem Kleinkrieg konfrontiert. Und da diese Familie ziemlich reich war, verfügte Takuya offenbar auch über haufenweise Mittel, um sich nützliches Zeug für seine Streiche zu beschaffen. Seilfallen an der Decke und sogar eine automatische Selbstschussanlage, wie Flux feststellen durfte. Slash konnte sich immerhin von der Decke befreien und nach einem schmerzhaften Sturz auf den Boden endlich weiter vorrücken. Die beiden Brüder hatten einen gewieften Plan. Sie flankierten von beiden Seiten und würden den Bengel hoffentlich in die Mitte des Anwesens treiben, um ihn dort dingfest zu machen. Cassius hatte sich vorgenommen, dem Jungen derart viel Erziehung zukommen zu lassen, dass die Bediensteten hier nicht mehr in Angst und Schrecken leben mussten.
Während der schwarze Schwertkämpfer durch den linken Flügel des Anwesens eilte, hielt er bestmöglich die Augen offen, um nicht direkt in die nächste Falle zu geraten. Das schränkte seine Geschwindigkeit allerdings etwas ein, da er definitiv nicht zu unvorsichtig sein wollte. Hoffentlich dauerte dieses Katz und Maus Spiel nicht den ganzen Tag, denn dafür hatten sie nicht die Zeit. Sie wollten noch den Kühlschrank plündern und etwas das Luxusleben hier genießen. „Wo steckt der nur?“, murmelte Cassius und blieb dann an einer T-Kreuzung stehen. Würde er nun rechts abbiegen, dann käme er zurück in den vorderen Teil des Anwesens, also musste er geradeaus um in den zentralen Teil des Anwesens zu gelangen. Allerdings gab es keine Garantie, dass Takuya auch wirklich auf dieser Route war. Offenbar verfügte er über Möglichkeiten, sich in diesem Haus zu bewegen, ohne über die Flure rennen zu müssen. Instinktiv blickte Cassius an die Decke und dachte an irgendwelche Schächte darüber oder sogar in den Wänden. Er seufzte. Takuya war kein normaler Bengel und allen voran kein normaler Gegner.
Gerade wollte Cassius weiter gehen, als er von der Abzweigung rechts die junge Bedienstete wahr nahm, die er zuvor schon im Eingangsbereich gesehen hatte. Sie war diejenige gewesen, die bereits von Takuya aufs Korn genommen wurde und ordentlich damit zu kämpfen hatte. Ein mitfühlendes Lächeln zog in seine Gesichtszüge, als er plötzlich etwas Klirrendes hörte und erschreckend sah, wie die Bedienstete einen Stolperdraht auslöste und nach vorn stürzte. „Verdammt!“, fluchte der Ritter und machte einen Satz nach vorn, um die Bedienstete aufzufangen, als die eigentliche Falle auch schon ausgelöst wurde. Mehrere Ballons platzten und es wurden haufenweise Reißzwecken auf dem Flurboden verteilt, auf welche die Bedienstete zu stürzen drohte. Cassius riss die Augen auf, sprang ab und fing das arme Hausmädchen in seinem Flug und schloss sie dabei eng in seine Arme. Sie wusste gar nicht so recht, wie ihr geschah, als der Velnarion sich auch schon eindrehte und mit seinem Rücken auf den Reißzwecken landete, die sich dabei in seinen Rücken bohrten und einige, tiefe Furchen rissen. „Argh“, stöhnte Cassius schmerzhaft auf und atmete tief durch, ehe er die Umarmung des Hausmädchens etwas lockerte. Sie atmete tief durch, hievte sich etwas hoch und blickte errötet zur Seite. Der Velnarion blinzelte sie zunächst verwirrt an, fühlte dann aber, dass sich eine Hand von ihm auf ihrem Po befand. Schnell nahm er die Hand weg. „Verzeih“, entschuldigte er sich bei ihr. Sie schüttelte leicht den Kopf. „Geht es Euch gut?“, fragte sie in Sorge, konnte dem Ritter aber nicht in die Augen schauen. Cassius hievte sich auf die Beine, hielt die Bedienstete weiterhin auf den Armen und begab sich außerhalb des Reißzweckenmassakers, um sie dort abzusetzen. „Macht Euch um mich keine Sorgen. Dem kleinen Bengel werde ich es zeigen!“, fauchte Slash und zog sich einige Reißzwecken aus dem Rücken. Das tat echt unangenehm weh.
„Sagt mir, Fräulein“, sprach Cassius das Hausmädchen wieder an, welches in seinem Alter war. Sie errötete wieder etwas und drehte sich etwas weg, was Cassius mit einem Blinzeln quittierte. „Wie kann ich Takuya am besten finden? Hat er irgendwelche Verstecke?“, fragte der Ritter offen und das Hausmädchen nickte. „Geht den Flur entlang. Unter dem Tisch mit den zwei Vasen ist eine Klappe. Ich habe ihn mehrfach dort verschwinden sehen“, berichtete sie leise. „Habt Dank“, entgegnete Cassius und verneigte sich leicht, ehe er sich abwandte und los eilte, um diese Klappe in der Wand zu erreichen. Es dauerte auch nicht lang und er hatte besagte Klappe erreicht, griff danach und plötzlich durchfuhr ihn ein starker Schock. Es knallte kurz und Cassius fiel zurück an die Wand, wo symbolisch rauchend an der Wand lehnte. Hatte Takuya die Klappe echt unter Strom gesetzt? Hatte er sie etwa belauscht und Abwehrmaßnahmen eingeleitet? Das würde heißen, dass die Bedienstete in Gefahr war. Mühsam hievte sich Slash auf die Beine und eilte zurück, um das Hausmädchen zu finden, bevor sie in die Rache des Bengels verwickelt wurde.
#8 Die Tür vorsichtig mit Plaint öffnend, schielte er in den Raum, der durch ein paar wenige Fenster in den Innenhof erhellt wurde. Darauf wartend, dass durch das Knarzen der Tür irgendetwas ihm Leid zufügen wollte, sprang er erst einen Satz von der Tür weg, ehe er sich wieder vorsichtig anschlich. Das erwartete Feuerwerk blieb aus und so machte Flux den ersten Schritt in den neuen Raum. Erst jetzt, wo er nicht direkt nach Fallen oder schlimmer noch Takuya ausschauhalten musste, nahm er seine Umgebung erst als das war, was sie wirklich war: Ein Kinderzimmer. Wobei nur wenige Kinder vermutlich ein Zimmer ihr eigenen nennen durften, welches diese Größe hatte. Kein Wunder, dass auf dem restlichen Gang kaum noch Türen waren, denn der rechteckige Raum erstreckte sich parallel zum Flur nach hinten. Wenn es richtig einschätzen konnte, sogar fast bis zum Ende des Flures. Nur in vereinzelten Abständen befanden sich die Fenster, die er zuvor gesehen hatte und die zum Gebäudeinneren gerichtet waren. Die fehlende Helligkeit wurde durch die an der Decke angebrachten Kronleuchter wieder relativiert, deren Schein dafür sorgten, dass auch die letzte Ecke beleuchtet war. Seine Pistolen nur vorsichtig senkend, schaute er sich um. Es war wahrlich ein Traum. Der Junge hatte wirklich alles: Von einem eigenen, kleinen Karussell über Spielzeug jedweder Art. Auf Anhieb fiel Crash nicht eine Sache ein, die dieser Raum nicht hatte, denn selbst das Bett wirkte so, als ob es in Handumdrehen in einen Kissenburg verwandelt werden konnte. Wer glaubte, dass der Sansargiller neidisch war, der irrte sich gewaltig. Zumindest, wenn es um das Spielzeug und die Ausstattung ging. Was ihn tatsächlich neidisch machte war die Werkbank, die relativ neu im Raum angebracht worden schien, aber bereits etliche Gebrauchsspuren aufwies. Scheinbar hatte der Magier gerade die Zentrale des Unruhestifters entdeckt, obwohl von jenem immer noch jede Spur zu fehlen schien. Die Waffen wieder in ihre Holster verstauend, durchstreifte der Fellritter das Refugium weiter. Und schließlich wunderte er sich, warum ein Junge, der so viel bespaß, so böse war, aber vor allem wunderte er sich darüber, dass der kleine Hausherr lieber seine Zeit damit verbrachte, die beiden zu ärgern, statt hier zu spielen. Erst als er das Bett erreichte, wurde er eines Besseren belehrt. Nicht nur das, ein mulmiges Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. Fast verlassen, auf dem, im Vergleich zum Zimmer, fast winzigen Nachttisch stand ein kleiner Bilderahmen. Es zeigte den Herren des Hauses mit Takuya auf dem Arm; er schätze ihn auf dem Bild gut drei Jahre jünger. Neben diesen beiden stand eine Frau, deren Schönheit auch Flux nicht verkennen konnte. Der Grund für das mulmige Gefühl? Der Akimbo Knight hatte gerade eins uns eins zusammengezählt. Der Vater, der alleine auf Reise ging, der Sohn, der ein Ventil gefunden hatte und das Hauspersonal, welches fast schon geistig abwesend seine Arbeit verrichtete. Nirgendwo sonst hatte er diese Frau gesehen. War Takuya schlichtweg einsam? Tat er diese Dinge, um irgendeine Art von Aufmerksamkeit zu bekommen? Wenn dem wirklich so wäre, dann durften sich die beiden Rune Knights mehr als zurecht schlecht fühlen. Statt den Jungen zu drangsalieren, brauchte er vielleicht einfach mal das Ohr von zwei Brüdern, die ihrerseits auch schon die Schattenseiten des Lebens gesehen hatten. Ein paar Gleichgesinnte. Den Rahmen in seiner Klamotte verstauend, führte er seinen Rundgang fort.
Letztlich stieß er auch so auf den Grund, weshalb er kein fieses Kinderlachen vernommen hatte, während er sich mit der Selbstschussanlage auseinandergesetzt hatte: Es war ein Eingang zu einem Lüftungsschacht. Ein Erwachsener würde dort nicht hereinpassen, aber ein Kind wie Takuya problemlos. Gut, dass der Magier geballte Power in 1m gepresst war. Das einzige Problem war, dass er sich nicht wirklich wehren konnte, wenn er auf den Quälgeist traf. Aber dafür war es eng genug, dass auch dieser nicht wirklich einen Handlungsspielraum hatte. So hoffte er zumindest. Sich blindlings durch die Gänge bewegend, hörte er plötzlich Schritte, die ihm nur allzu bekannt vorkamen. Zu Crashs Glück war genau hier ein Ausgang, weshalb er sein Glück versuchte. „Bruderherz“ rief er, um dafür zu sorgen, dass dieser nicht einfach an ihm vorbeirannte, während er mit einem kraftvollen Schwung die Klappe öffnen wollte. Was dann folgte, durfte sich nach außen wie ein Haufen undefinierter Geräusche anhören gepaart mit einem unkontrollierten Klopfen innerhalb des Schachtes, ehe etwas Rauch aufstieg. Ein weiteres Mal klopfte etwas gegen die Klappe, die sich diesmal öffnete und den Blick auf einen Sansargiller preisgab, der eine neue Ganzkörperföhnfrisur trug. Ich hasse ihn trotzdem noch ein wenig dachte er im Stillen, während er zu dem anderen Velnarion aufschaute. Statt über die Situation zu lachen, schaute er ernst zum Jüngeren und kramte das Bild heraus. „Ich muss dir glaube was erzählen“.
Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die beiden Ritter den aufgeblasenen Streichespieler Takuya aufgespürt hatten, um diesem ordentlich die Leviten zu lesen. Immerhin wusste Cassius schon mal von dem Tunnelsystem, welches sich der kleine Quälgeist zu Nutze machte, um blitzschnell überall im Anwesen auftauchen oder verschwinden zu können. Leider war der Velnarion mit den schwarzen Haaren viel zu groß, um diese Tunnel zu nutzen und daher war es für ihn unmöglich, die direkte Verfolgung aufzunehmen. Eigentlich wollte er gerade darüber nachdenken, wie man mit gewissen Hilfsmitteln alles und jeden aus diesem Tunnel drängen könnte, doch der Stromschlag hatte ihn rücklings an die Wand befördert und von diesen Gedanken abgebracht. Der kleine Kerl spielte echt mit unfairen Waffen und Cassius? Der besaß nur sein Schwert, aber er konnte schlecht den Sohn des Auftraggebers in zwei Hälften schneiden. Lange hielt er sich aber nicht mit dieser Niederlage auf, denn nun galt es, die Bedienstete von Eben ein weiteres Mal zu retten, denn Takuya sie belauscht hatte, dann war auch sie in Gefahr.
Gerade wollte der Velnarion loseilen, um die Bedienstete zu retten, als er plötzlich einen Haufen undefinierte Geräusche und ein seltsames Klopfen wahrnahm. Es kam aus diesem Tunnel, also drehte sich der Schwertkämpfer um und fixierte die Klappe. Kam Takuya etwa hierher? Vorsichtig hob Cassius seine rechte Hand und griff nach oben über die Schulter an den Griff seines Schwertes. Er zog es nicht, allerdings hielt er sich bereit, wusste er schließlich nicht, was da nun kam. Eine bekannte Stimme gab jedoch Entwarnung und Cassius ließ das Schwert wieder los. Es war sein Bruder Crash, der seine Körpergröße gewinnbringend einsetzte und diese Tunnel offenbar auch entdecken konnte. Für einen Augenblick wurde der Ritter von einer Siegessicherheit übermannt, schließlich befanden sie sich hier in einer Art Wettstreit mit Takuya. Der Sansargiller verließ den Tunnel und verfügte gegenwärtig über eine neue Föhnfrisur, was dem Schwarzhaarigen bereits das Kichern entlockte. Dieser hielt sich jedoch zurück, da Flux ziemlich ernst wirkte und offenbar kein Interesse an einem Schlagabtausch hatte.
Flux kramte ein Bild hervor und gab kund, dass er ihm etwas erzählen musste. „Und das wäre, Bruderherz?“, fragte Cassius und kam nicht umhin, Flux abermals zu mustern. Er grunzte mit der Nase, kicherte und brach dann kurz in einem Gelächter aus. Es dauerte einige Augenblicke, bis der schwarze Schwertkämpfer sich wieder gefangen hatte. Cassius räusperte sich und hob abwehrend die Hände. „Tut mir leid, tut mir leid“, entschuldigte er sich und räusperte sich abermals, ehe er auf das Bild deutete. Sie sollten sich nun wirklich um die ernsten Dinge vor Ort kümmern. Cassius warf einen Blick auf das Bild und konnte einen glücklichen Takuya sehen, neben seinem Vater und einer bildschönen Frau, die offenbar seine Mutter zu sein schien. Es dauerte keine Minute, da weiteten sich die Augen von Cassius und der Mund leicht stand leicht offen. Ein ganzer Schwall an Gefühlen übermannten den jungen Ritter, der sofort die gleiche Interpretation verspürte, wie auch Flux beim Anblick des Bildes bekam: Einsamkeit.
Der schwarzhaarige Velnarion kannte diese Gefühle nur zu gut, schließlich hatte er beide seine Eltern verloren, dann noch Faramir und schlussendlich auch noch Vysela. Wäre Flux nicht gewesen, dann wäre er ganz allein auf dieser Welt und wäre mit absoluter Sicherheit im kaiserlichen Heer des Alvarez Imperiums gestrandet, dazu bestimmt, arme Völker anderer Kontinente zu unterdrücken. Flux war die Stütze im Leben, die er so dringend gebraucht hatte und noch immer brauchte. Mit seinem Bruder an seiner Seite, konnte er all die Einsamkeit abschütteln und die guten Seiten des Lebens genießen. Etwas, was Takuya wohl trotz der Lebendigkeit seines Vaters nicht vermochte. „Der Arme…“, sprach Cassius leise und atmete tief durch. „Komm‘ mit“, wies Cassius an und eilte los, hoffentlich gefolgt vom Sansargiller. Der Ritter wollte das Gespräch mit der Bediensteten suchen, um mehr über die Frau auf diesem Bild zu erfahren, bevor sie eventuell Takuya damit konfrontierten. Es dauerte eine kleine Weile, aber schlussendlich haben die Ritter endlich eine Bedienstete gefunden. „Entschuldigt, bitte“, sprach Cassius sie an und zeigte das Bild, welches Flux hatte mitgenommen. „Wer ist diese Frau?“, fragte er vorsichtig und die ältere Bedienstete wischte sich eine Träne vom Augenwinkel. „Das ist die Mutter von Takuya. Sie ist leider vor zwei Jahren in Folge einer schweren Krankheit verstorben“, erzählte sie und wimmerte danach etwas, denn offenbar gab es einst viel Liebe und Zuneigung in diesem Haus. „Seit Sie fort ist, ist hier alles so dunkel und trist geworden. Mein Herr und sein Sohn, der junge Takuya, sind nicht mehr dieselben. Es ist alles so tragisch“, erzählte sie weiter, während Cassius ihr behütend die Hand auf die Schulter legte. „Ist schon gut. Habt Dank für diese Informationen“, sprach der Ritter und die Bedienstete verneigte sich leicht.
Nun war es an der Zeit, einen Plan zu entwerfen, um an Takuya heran zu kommen. „Denkst du das, was ich denke, Bruderherz?“, fragte Cassius und referierte damit auf eine brüderliche Unterhaltung mit Takuya, um diesem zu zeigen, wie schön das Leben trotz herber Verluste sein konnte und allen voran um ihm einige Lektionen mit auf den Lebensweg zu geben, die sein Vater ihm unbewusst verwehrte.
#9 Natürlich konnte sich sein Bruder ein kurzes Kichern nicht verkneifen, obwohl er den ernsteren Gesichtsausdruck gewiss wahrgenommen hatte. Das war so typisch! Die beiden waren selten wirklich ernst, deswegen sollte der andere eigentlich wissen, dass es jetzt um etwas Wichtiges ging. Dann wiederum sprach er mit der Person, die ihn jedes Mal schief angrinste, wenn sie aus der Dusche kamen und die Bearbeitung mit dem Handtuch sein Fell in alle Richtungen abstehen ließ. So war er nun mal geboren, dafür konnte er nix. Er sollte den Moment ruhig noch genießen, denn Flux war sich sicher, dass das, was er ihm gleich mitteilen durfte, ihn bestimmt auf eine Art und Weise traf, als es ihn getroffen hatte. Einen bestimmten, empfindliche Nerv. Das zweite Grunzen, welches in ein kurzes Lachen mündete, quittierte der Sansargiller mit einem müden Schmatzen. „Wenn du dann so weit wärst?“ fragte er etwas ungeduldig, nachdem Cassius eine mehr als halbherzige Entschuldigung von sich gegeben hatte und er endlich das Bild an sich nahm, welches seine bessere Hälfte mitgebracht hatte. Mit den Händen frei konnte er nun seine Haare wieder etwas glattstreichen. Der offene Mund und die überraschte Mimik reichte Crash, um ihm mitzuteilen, dass jener die gleichen Schlüsse gezogen hatte, wie es dieser zuvor selbst getan hatte. Familie war für die beiden Velnarion Brüder schon irgendwie ein zentrales Thema. Der eine, der alle seine Verbindungen zurückgelassen hatte und dadurch eine neue, besondere dazu gewonnen hatte, während dem anderen nach und nach alle seine genommen wurde und nur die neuste seine wichtigste und intensivste wurde. Eltern waren ein Konzept, dessen Sinn sich der Sansargiller durchaus zusammenreimen konnte, jedoch würde er nie wirklich verstehen, welche Verbindung Menschen in der Regel zu ihren biologischen Schöpfern hatten. Wohlmöglicher war das der Kultur seines Volkes geschuldet, vielleicht war er auch in vielerlei Hinsicht einfach anders als die anderen der Kolonie. Das war immerhin der Grund, weshalb er gegangen war. Nichtsdestotrotz fühlte er in diesem Augenblick den Schmerz Slashs. Alles was diesen betraf, konnte der Gunslinger um einiges besser nachvollziehen als etwa die Probleme, die Takuya etwa mit sich brachte. So standen die beiden Rune Knights einen Moment in stiller Andacht, ehe es der Jüngere war, der die nächsten Worte äußerte. Kurz stellte sich der Akimbo Knight darauf ein, etwas Seelensorge für den Schwertkämpfer leisten zu müssen, doch anscheinend hatte sich dieser wieder schnell gefangen. Gott sei Dank. Natürlich hatte er kein Problem damit, im Gegenteil, er hatte sogar Erfahrung damit Trost zu spenden. Unter Umständen wollte sich sein Geschwisterchen diese Emotionen für ihren Quälgeist aufheben, um so noch mehr aus den Gefühlen heraus zu sprechen, als es eventuell zu rationalisieren. Flux konnte sich vorstellen, dass der Junge einen Ansprechpartner brauchte, der nachvollziehen konnte, was so ein Verlust bedeutete. Er für seinen Teil würde sich dann um die Aufmunterung kümmern. So würden die beiden sich wieder wunderbar ergänzen. „Wo willst du denn jetzt hin. Hey, HEY!“ rief er dem anderen kurz hinterher, ehe er hinterher hechtete. Ich hasse es, wenn er das macht.
Mit dem Aufbau des Hauses langsam vertraut, dauerte es doch noch einige Minuten, bis sie anscheinend das Ziel seines spontanen Aufbruchs fanden: Es war eine von den Bediensteten, die zuvor am Eingang versammelt waren. Das Plan war scheinbar Informationsbeschaffung. Und wer konnte ihnen besser sagen, was in diesem Anwesen vorgefallen war, als die Leute, die hier selbst wohnten und tagtäglich ihre Arbeit verrichteten. Guter Einfall! Die Ritter hatten die Geschichte schon halbwegs gut erfasst und so füllten die neuen Details die letzten schwarzen Flecken. Die Herrin des Hauses war Dreh- und Angelpunkt des Lebens in dieser Gemeinschaft und mit ihrem abrupten Verschwinden hatte sie ein Loch hinterlassen, welches seit zwei Jahren noch nicht geschlossen wurde. Mit dem Herrn des Hauses als einziges, richtiges Mitglied übrig wunderte das den Crashmagier wenig. Männer hatten es selten mit Gefühlen, auch die beiden Magier ärgerten sich lieber, als sich zu sagen, dass sie einander brauchten. In Anbetracht dieses Auftrags schien der Vater zudem deutlich gravierendere Baustellen als den Haussegen zu haben. Ein Trugschluss wie der Fellritter für sich kommentierte. Noch immer in der Reaktion, mussten sie allmählich in die Aktion treten. Selbst ihre Idee sich aufzuteilen hatte sie nur so weit gebracht. Etwas mehr gespielt grummelig antworte er auf die Worte Cassius: „Ich würde ihn immer noch gern vermöbeln. Aber natürlich hast du Recht“ bestätigte er die Idee und rollte mit den Augen „,wenn der so geiles Spielzeug hat, können wir danach vielleicht noch etwas Spaß haben, bis der Vater wieder zurückkommt. Und vergiss nicht: wir wollten noch die Küche plündern“. Mit Spielzeug waren natürlich all die Gadgets gemeint, die der Junge gebastelt hatte. Das waren die Fähigkeiten, bei dem der Bastler der Rune Knights punkten konnte. Mit dem Tunnelsystem nun zu ihrer Verfügung mussten sie ihn eigentlich nur in die Enge treiben. Immerhin hatten sie es mit einem Kind zu tun. Der wird sicher heulen und dann ist nach drei Sekunden alles wieder gut. Nun deutlicher präziser vorgehend, dauerte es nicht lange, bis Flux, innerhalb des Schachtes, weitere Geräusche hörte. Der Vorteil war, dass man von draußen sehr gut wahrnehmen konnte, wohin der Lärm sich bewegte, während der kleine Hausherr, jetzt möglicherweise in Panik, unvorsichtig wurde. „Oh Takuyaaaa“ rief Crash und seine Worte hallten jenem hinterher, wodurch die Krabbelgeräusche intensiver wurden. Just als sich der Quälgeist in Sicherheit wog und eine Klappe öffnete, schaute er in das Gesicht des schwarzgekleideten Ritters.
Allmählich wurde das Puzzle gelöst. Anfangs schien Takuya einfach nur ein unerträgliches Kleinkind zu sein, welches die beiden Ritter gehörig in die Mangel nehmen sollten, doch alles hatte sich verändert. Die Informationsgewinnung hatte ihnen wertvolle Eindrücke verschafft, mit denen die beiden Ritter dem Kernproblem auf den Grund gehen konnten. Ganz offenbar handelte es sich bei Takuya nämlich um einen sehr einsamen Jungen, der mit seinen fiesen Streichen und Spielchen einfach nur nach Aufmerksamkeit suchte. Lieber wurde er bestraft und angeschimpft, als letztlich gar nicht beachtet. Cassius konnte das gut nachvollziehen, denn ohne Flux würde er sich nicht weniger aufdringlich und gemein verhalten. Selbst mit Flux ließ er sich manchmal zu solcherlei Verhalten verleiten, wenn die Stabilität zu zerfallen drohte. Ein seltsames Gefühl von Schuld machte sich in dem Schwarzhaar breit, der Takuya all die Zeit zu Unrecht verurteilte, dabei waren sich die beiden Jungs am Ende des Tages ähnlicher als gedacht. Gemeinsam hatten die beiden Ritter weitere Informationen bei einer Bediensteten eingeholt, um ihre Vermutungen zu untermauern und sich absolut sicher zu sein. Die Mutter von Takuya war Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, also war es nun an Slash und Crash dafür zu sorgen, dass der Quälgeist austherapiert wurde. Etwas, worum sich der Vater unlängst hätte kümmern sollen, doch dieser schien aufgrund seines Berufs wohl nicht sonderlich viel Zeit dafür erübrigen zu können.
Der schwarzhaarige Ritter nickte, als Flux die Tatsache mit dem Spaß im Anschluss und dem Kühlschrank zum Besten gab. Das klang nach einer wunderbaren Idee und würde dem Jungen bestimmt gut tun. Und hoffentlich lief es auch so gut, dass es längerfristig erhalten blieb, andernfalls müssten sie wohl wieder kommen, um nachzusteuern. „Legen wir los“, grinste der jüngere Bruder und ließ sich vom Sansargiller instruieren, damit Takuya ihnen ins Netz ging. Die Geräusche aus dem Schacht vereinfachten es natürlich ungemein, also konnte Flux dafür Sorge tragen, dass er auch ins Netz ging. Der Schacht öffnete sich und Takuya blickte hinaus, wobei er dabei direkt in das Gesicht von Cassius blickte. Damit war er umstellt, denn der Sansargiller würde ihn im Schacht sofort hinterher eilen können, während Cassius alle Ausgänge absperren könnte. Der Fisch war im Netz und die eigentliche Arbeit konnte endlich beginnen. Der Velnarion atmete tief durch und ging dann in die Hocke, wobei er ein Lächeln auf den Lippen trug, um Takuya nicht zu verunsichern. Langsam hob der Ritter seine Hand und hielt sie dem jungen Hausherren hin, um ihm zu zeigen, dass er ihm wirklich nichts Böses wollte.
Stille kehrte ein und alle verharrten in ihren Positionen. Takuya atmete schwer, sein Blick wich nicht von der Hand von Slash, während sein Körper überall zu zittern begann. Langsam streckte Takuya seine Hand aus und berührte damit letztlich die Hand des Ritters, als Takuya auch schon aus dem Schacht huschte und in Tränen ausbrach. Dabei fiel er dem schwarzgekleideten Magier direkt in die Arme, wodurch Cassius etwas nach hinten fiel, sich aber halbwegs fangen konnte. Takuya krallte sich in seinen schwarzen Umhang und heulte was das Zeug hielt. Der Blick von Cassius füllte sich unterdessen vollends mit Mitleid, weswegen er eine Hand auf den Schopf des Jungen legte und ihn mit dem anderen Arm festhielt. Kurz flammten einige Erinnerungen aus den früheren Jahren vor seinem inneren Auge auf. Jahre, in denen auch er ständig heulend am Fell seines älteren Bruders hing und vor Verzweiflung nicht mehr weiterwusste. Wenn Takuya doch nur einen Bruder, wie Cassius ihn besaß, hätte, dann wäre eine gewaltige Stütze da gewesen, aber völlig allein konnte man den Kampf gegen diese Einsamkeit nicht gewinnen. „Ist schon gut“, sprach der Velnarion leise und spendete dem jungen Takuya Trost.
„Wir sind uns sehr ähnlich, Takuya, weißt du?“, sprach Cassius dann weiter, während der Junge schluchzte. „Ich habe meine Mutter auch verloren, meinen Vater und meine Aufpasserin ebenfalls. Ich weiß genau, wie du dich fühlst“, fügte er an. Man konnte in der Stimme des Ritters hören, dass er die Wahrheit sprach und denselben Schmerz teilte. „Es ist nie leicht einen geliebten Menschen zu verlieren. Diese Leere wird dich dein Leben lang begleiten“, erzählte Cassius. „Aber das macht das Leben nicht ungenießbar, denn man ist nie allein, verstehst du?“, sprach er weiter. Takuya nickte nur, während er weiter schluchzte. „Ich kann mein Leben leben und viel Spaß haben, obwohl ich so viele Menschen verloren habe. All das verdanke ich meinem Bruder Crash“, erzählte Cassius und deutete auf den pelzigen Sansargiller, der jeden Tag aufs Neue der Anker für den jungen Schwertkämpfer war. „Und ich bin mir sicher, dass du jede Menge Spaß und Freunde haben kannst, wenn du ehrlich zu deinen Gefühlen stehst und offen auf die Menschen zugehst, die hier mit dir unter einem Dach leben.“ Cassius atmete tief durch und löste sich etwas von Takuya, der sich allmählich zu beruhigen schien. „Ich weiß, dass du gemocht und geschätzt wirst, wenn du aufhörst, ihnen Streiche zu spielen. Ihr seid schließlich eine Familie“, setzte er dann weiter fort. „Und für den Anfang…werden wir deine Brüder sein und dir zeigen, wie viel Spaß man haben kann!“
#10 Der Gunslinger hätte lügen müssen, wenn er sich nicht eingestanden hätte, dass der Anfang der Quest zwar alles andere als optimal lief, sie jetzt haben nicht nur die Oberhand hatten, sondern auch etwas taten, dass sich gut anfühlte. Die letzten Meter hinter ihrem Opfer her kriechend, hörte er bereits das Schluchzen des Jungen. Wie er schon bei der Besprechung für sich im Stillen überlegt hatte, war die erste Baustelle diejenige, für die sein Bruder besser ausgestattet war. Sich den Dreck von der Uniform abklopfend, schloss er den Eingang hinter sich, und lehnte sich lässig an die Wand, während er die beiden beobachtete. Aus dem Schluchzen war zwischenzeitlich ein richtiger Heulkrampf geworden und Flux schenkte Cassius ein aufrichtiges, zustimmendes Lächeln für dessen Handlung. Fast schon nostalgisch wie Takuya seine aufgestaute Trauer und den Frust über die Ohnmacht herausließ. Es war gar nicht lange her, da hing der kleine, schwarzhaarige Waldläufer auch an seinem Zipfel. Sie werden so schnell groß kommentierte er die Situation etwas scherzhaft, um nicht ganz der Gefühlsduselei zu erliegen. Die Worte, die Slash an den jungen Hausherren richtete, war keineswegs vorformuliert oder gar geheuchelt. Der Akimbo Knight war sich sicher, dass der andere Velnarion gerade die Dinge aussprach, die er selbst fühlte. Diese „das Glas ist halb voll“ Mentalität war aber genau das, was der Gebeutelte brauchte und daher war es umso passender, dass es der Schwertkämpfer war, der diese Worte äußerte. Als sein Name dann als die Stütze erwähnt wurde, salutierte er Laissez-faire mir zwei Fingern, eher er sich tatsächlich etwas beschämt und gerührt wegdrehen musste, um seine eigenen, nun feuchten Augen zu trocken. Du alter Schleimer. Natürlich teilte er diese Eindrücke. Seine Ziehfamilie hatte die beiden relativ früh auf sich alleingestellt zurückgelassen und nur mit mehr Glück als Verstand überlebten sie den Angriff, der auch die letzten ihrer Verbindungen kappte. Trotz dessen hatte er nie daran gedacht in die eigene Heimat zurückzukehren, sondern stattdessen den Weg mit Cassius zu wählen, wo auch immer dieser sie hinbringen würde. Jetzt hatte sie ihr gemeinsamer Weg in diese luxuriöse Villa gebracht, in der ein junger Mensch ihre Hilfe brauchte. Schon spannend, wie sich dieser Auftrag entwickelt hatte. Eigentlich waren sie ja hier um ihn vor eventuellen Gefahren zu beschützten. In diesem Augenblick spielten sie eher den Familientherapeuten. Anders als die Velnarions, hatte Takuya eine ganzes Haus voller verschiedener Charaktere, die sich scheinbar auch nichts sehnlicher wünschten als dass Normalität einkehrte. Unter Umständen hatten sie heute diesen Stein ins Rollen gebracht. Und dann endlich kam der Teil auf den sich der Sansargiller schon sehnlichst gefreut hatte: der Spaß!
Da sie nun auf der gleichen Seite waren, war es Flux, der sich nach den Erfindungen und dem Ideenreichtum des Jungen erkundigte. Mit einem Strahlen in den Augen führte er die Ritter zurück zu seinem Workshop, während er unaufhörlich davon sprach, wie er diese Fallen und Apparaturen kreiert hatte. Crash kam nicht drum herum den Verstand Takuyas zu loben. Nur wenige Menschen in diesem Alter, die er im Verlauf seines Lebens kennengelernt hatte, besaßen in so jungen Jahren eine solche Intuition für mechanische Vorgänge. Die teure Schulbildung schien sich immerhin zu lohnen. Zusammen tüftelten sie einige Zeit an diversen Spielereien, während der Schwertkämpfer näher mit dem Personal beschäftigte. Was genau er tat, das wusste wohl nur der Schwarzhaarige. Als er die beiden Schrauber das nächste Mal traf, jagten sie ihn nun gemeinsam durch die Villa. Und das Lachen, welches der Sohn ihres Auftraggebers von sich gab, erfüllte das zuvor so trist und leer wirkende Anwesen. Diese überschwängliche, gute Laune steckte auch das restliche Personal an und so kümmerte sich vor allem das Küchenpersonal einige Stunden um den Quälgeist, der in ihrer Domäne ein wahres Schlachtfeld angerichtet hatte, während sich die Rune Knights etwas ausruhen konnten. Am Ende schmeckte das gemeinsame Essen allen umso besser und auch diese Mahlzeit transportiere den frischen Wind, der jetzt ins Haus gebracht wurde. Es folgte weitere Aktivitäten und es war vor allem der Sansargiller, der alles über sich ergehen ließ zum Wohle des anderen. Natürlich würde er das Cassius gegenüber leugnen, aber es erinnerte ihn eben an eine unbeschwertere Zeit zurück. So war es nicht verwunderlich, dass der Fellritter zusammen mit Takayu im großen Ohrensessel des Kinderzimmers aneinander gekuschelt eingeschlafen war, sodass es Cassle war, der mit dem Sicherheitspersonal die Nachtschicht unter sich aufteilte.
Eine ereignislose Nacht später, das gemeinsame Frühstück war erneut gemeinsam absolviert wurden, horchte die Mannschaft auf als sich eine magische Kutsche dem Haupteingang näherte. Das Ziel ihres Auftraggebers war die erste Person, die mit einem freudigen „Papa!“ nach draußen eilte, ehe der Rest vom Fest folgte. Wie sich herausstellte, blieb das Treffen des Hausherren relativ ereignislos, die stürmische Begrüßung verwunderte ihn jedoch. Natürlich konnte dessen Sohn seine Worte kaum geordnet herausbringen, nach allem, was passiert. „Langsam, Langsam. Ich versteh ja gar nicht was du mir alles erzählen willst. Geh doch schon mal rein, ich komme gleich nach“. Einen sentimentalen Abschied von den Ritter später, waren sie mit de Vater allein. „Ich bin euch wohl zu mehr als nur Dank verpflichtet. Ich weiß nicht, wie sie es gemacht haben, aber ich habe Takuya schon lange nicht mehr so erlebt. Wenn sie sich also zukünftig ein paar Jewel dazu verdienen wollen, steht ihnen meine Tür jederzeit offen … und natürlich werde ich ihre Leistung bei ihren Vorgesetzten erwähnen“. Die Formalia ausgetauscht, stapften die beiden Ritter vom Anwesen herunter. Die Arme hinter dem Hinterkopf verschränkt, eröffnete Flux die ersten Worte ihrer Rückreise. „Ich glaube der Kleine könnte auch nen guten Knight abgeben. Besser als du allemal“. Natürlich konnte er ihren Weg nicht ohne eine Stänkerei beginnen. Alte Muster und so. So schnell vergessen würden die Velnarions den Tag sicher nicht so schnell. Und hassen taten Takuya jetzt ein paar Leute weniger.
Questende - Alle hassen Takuya
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Eohl The Sun's Shade
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Hach je, wie war es nur so weit gekommen? Mit einem Seufzen spürte Eohl ihre eigene Handfläche auf ihrer Stirn, erfühlte den Kern der Schmerzen, die sich wie ein Riss durch ihren Kopf zogen, doch sie wusste, dass sie sie nicht finden würde. Langsam senkte sie die Hand wieder. Immerhin, hier, wo die Reichen und Schönen lebten, war es nicht ganz so schlimm. Die Hauptstraßen Crocus Towns waren wirklich schmerzhaft für Eohl. Sie konnte selbst nicht recht einschätzen, woran das lag, auch wenn Thana es sicher wusste. Thana wusste so Vieles. Aber gut, welche Wahl hatte die Yihwa? Sie war heute eigentlich nur in der Stadt gewesen, um sich mit Lily zu treffen. Thana hatte ihr einen Auftrag gegeben, dessen Erfüllung auf sich warten ließ. Eohl hatte nach dem Rechten gesehen, sehr zur Panik ihrer blonden Vertreterin hier. Die hatte ihr erklärt, dass es dieses Mal nicht so ganz einfach war. Der reiche Schnösel, der ihnen das Produkt besorgen wollte, das sie brauchten, war im Auge eines anderen reichen Schnösels, der wohl gute Kontakte zu den Runenrittern hatte. Natürlich waren es wieder Eohls Erzfeinde, die sich ihr in den Weg stellten. Dadurch war ihr Dealer nicht in der Lage, zu liefern, und Lily war nicht fähig genug, sich selbst um das Problem zu kümmern. Einfach den problematischen Menschen auszuschalten wäre zu auffällig, meinte sie, und Eohls Vorschlag, einfach alle Rune Knights zu töten, fand irgendwie keinen Anklang. Also musste ein anderer Plan her. Ein komplexer Plan. Zu komplex, als dass die Yihwa sich alles davon hätte merken können. Jetzt gerade, wo sie ihre wie ein Bumerang wiederkehrenden Kopfschmerzen bekämpfte, konnte sie sich gerade so noch daran erinnern, dass Lily sie auf eine Questanfrage gestoßen hatte, die wohl auch ihren Weg in den Untergrund gefunden hatte. Eine Quest, die nicht für Royal Crusade, sondern für die lieben Gilden gedacht war. Eine Quest, die sie hier zu dieser Tür führte.
„Einen schönen guten Tag! Mein Name ist Seohl, und ich möchte mich für den Auftrag von Herrn Laurent bewerben!“
Mit lieblicher, hoher und optimistischer Stimme stand Eohl vor dem Gegensprechlacrima und klatschte einmal in die Hände, um ihre Vorstellung abzuschließen. Hier, in einem der Randgebiete von Crocus Town, musste sie darauf achten, nicht als die Person erkannt zu werden, die sie wirklich war. Dementsprechend hatte sie auch ihre übliche Rüstung gegen eine etwas modernere Verkleidung ausgetauscht. Ihre lange, beige Hose passte gut zu ihrem weißen Oberteil – eine Art Wollpulli mit hohem Kragen, der aber wie eine Weste keine Arme besaß. Das war wohl heutzutage „Mode“. Die schwarze Lederjacke, die dazu gehörte, hatte sie sich hübsch um die Hüfte gebunden, sodass man den dunklen Teint ihrer schlanken, frei liegenden Arme ohne Einschränkung bewundern konnte. Natürlich reichte ein anderer Kleidungsstil alleine nicht! Auch ihr Gesicht hatte sie verändert. Ihre Frisur lag minimal anders als sonst, gehalten durch zwei dünne Haarspangen, und auch, wenn ihre orange Haarsträhne zwischen den Augen noch immer ein wenig aus ihrem ansonsten grünen Haar hervorstach und damit ziemlich charakteristisch war, machte der Verzicht auf ihre goldenen Hörner doch einen merklichen Unterschied. Außerdem hatte sie zwei Geheimwaffen! Als erstes Lippenstift, der nach Blaubeere schmeckte. Sie leckte sich noch einmal über die Lippen, ehe sie sich zur Besinnung rief. Der sollte da bleiben, wo er war! Geheimwaffe Nummer zwei war die Brille, die sie trug! Schlicht, aber modern! So würde niemand sie erkennen können, bestimmt nicht! „Meinen Sie Laurent le Magnifique?“, fragte eine kratzige Stimme von der anderen Seite des Gerätes, und Seohl nickte, als würde der Andere sie sehen können. „Da sind sie am falschen Haus. Er wohnt in der Nummer vierundzwanzig.“ „Oh.“ Überrascht hob Eohl ihre Brille von den Augen und sah sich die Zahl noch einmal ordentlich an. Jetzt, wo die Welt nicht mehr so verschwommen war, sah das mehr wie eine zweiundzwanzig aus. „Oh nein! Ich bin ja falsch! Entschuldigen Sie die Störung!“, rief sie erstaunt aus, ehe sie auch schon hinweg eilte und die Brille wieder über ihre Augen sinken ließ. Wieder wurde alles, was sie sah, ein gutes Stück weicher, und sie legte sich eine Hand auf die Stirn. Wo kam nur dieser elende Kopfschmerz her...?
Ja, Erial hatte gesagt, sie solle sich zurückhalten. Er hatte immer wieder betont, wie wichtig es für Esmée sei, im hiesigen Königreich unterzutauchen, sich möglichst unauffällig zu verhalten, damit man nicht auf sie aufmerksam wurde. Da draußen liefen Leute herum, die auf ihr Leben aus waren, die nicht damit zögern würden, die de Bosco zu töten, sollten sie sie in ihre Finger bekommen. Und obwohl Esmée noch nicht wusste, wie nah diese Gefahr in Wirklichkeit bereits gekommen war, so wusste sie doch, dass die einstige Palastwache, die zu ihrem Schutz mit nach Fiore gekommen war, durchaus mit seinen Bedenken Recht hatte.
Und trotzdem… trotzdem konnte sie es einfach nicht lassen.
„Laurent le Magnifique!“, quiekte die 19-Jährige erfreut im Selbstgespräch, während ihre hellblauen Seelenspiegel zum wiederholten Male das Schreiben studierten, das sie von ihrer Gilde erhalten hatte. Dass ausgerechnet sie dazu auserkoren worden war, dem aufstrebenden Pop-Sternchen dabei zu helfen, ein ungestörtes Date erleben zu können, war für die de Bosco ein unglaublicher Glücksfall! Warum? Weil ihre Agentur zuletzt betont hatte, dass sich Esmée darum bemühen musste, Kontakte zu knüpfen, wenn sie als Model bekannter werden wollte. Ja, sie erhielt bereits einige Aufträge, vor allem in Süd-Fiore konnte man auf diversen Leinwänden und verschiedenen Klatschblättern das Gesicht der Schwarzhaarigen erhaschen. Aber darüber hinaus? Nein, wenn Esmée wirklich hoch hinaus wollte, dann kam sie nicht drumherum, ihre Kontakte zu pflegen und sich darum zu bemühen, in Fiore ausreichend Menschen kennenzulernen.
Menschen wie Laurent le Magnifique.
Wenn man Esmée fragen würde, wäre es natürlich reiner Zufall, wie sie sich heute gekleidet hatte. Gar nichts Besonderes! Aber in Wirklichkeit… hatte sie doch ziemlich viel Zeit im Badezimmer verbracht, um das perfekte Outfit zusammenzustellen, dass hochwertig und edel aussah, aber auch nicht zu aufgesetzt wirkte. Sollte ja immer noch alltagstauglich sein. So hatte sich die 19-Jährige das lange, dunkle Haar zu einem Dutt hochgesteckt, wobei einzelne Strähnen das dunkle Gesicht von Esmée umrahmten. Die hellblauen Augen waren durch ein dezentes Make-Up hervorgehoben worden, während ihr Oberkörper passend zu den sommerlichen Temperaturen nur durch ein bauchfreies, verhältnismäßig enganliegendes Shirt in weißer Farbe verdeckt wurde. Dazu eine helle Jeans und Sportschuhe, um einen möglichst lässigen Eindruck zu vermitteln. Ja, die de Bosco fand ihr Outfit ziemlich schick – wenn das Laurent le Magnifique nicht auf sie aufmerksam machen würde, dann wusste sie auch nicht weiter! Was? Es ging bei dem Auftrag gar nicht darum, die Aufmerksamkeit des Auftraggebers auf sich zu ziehen und Kontakt zu ihm herzustellen, sondern ihm eher ein paar ruhige Stunden alleine mit seinem Date zu verschaffen? Oh… das musste Esmée in ihrer Aufregung glatt überlesen haben. Die Prinzessin löste den Blick von dem Zettel in ihren Händen, zählte stattdessen die Häusernummern ab, an denen sie vorbeikam. 18… 20… 22…, zählte sie gedanklich die Nummern herunter, sah gar nicht richtig vor sich… und da passierte es – sie lief gegen ein Hindernis. Obwohl, man konnte es noch weiter spezifizieren: Sie lief gegen jemanden. „Oh!“, rutschte es aus ihr heraus, ehe sie einen Schritt zurücktaumelte, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden. „Entschuldigung!“, rief sie sofort hinterher, ehe sie die Lider anhob, um nachzusehen, mit wem genau sie da eigentlich zusammengestoßen war. Esmée war ja nicht bewusst, dass es sich hier nicht um irgendeine Person handelte… sondern um ihre Kollegin für den heutigen Auftrag! Natürlich war es das Outfit der anderen Person, das dem geschulten Auge des Models zuerst auffiel – das passte echt ziemlich gut zusammen. Und dieses Oberteil! Wo hatte sie das her? Nach so einem Oberteil suchte die de Bosco schon ewig! Die 19-Jährige war so eingenommen von diesem Gedanken, dass sie für ein paar Sekunden lang glatt vergaß, sich nach dem Wohlbefinden der anderen Frau zu erkundigen. „Geht es Ihnen gut?“, fragte sie mit ein paar Sekunden Verspätung förmlich nach und sah in die rötlichen Seelenspiegel, die hinter einer Brille lagen. Irgendwie… sahen die Augen ziemlich angestrengt aus. Oder bildete sich Esmée das nur ein?
Ein Ärgernis, diese Unfähigkeit zu sehen, auch wenn Eohl auf Anhieb keine Alternative einfiel. Solange sie die Brille aufhatte, war das eben so, und die war ein essenzieller Teil ihrer Verkleigung. Trotzdem fühlte sie sich nicht ganz sicher damit, die Straßen des Reichenviertels zu navigieren, solange sie mit diesem Handicap besetzt war... und das zurecht. Kaum hatte sie sich von Haus Nummer 22 zurückgezogen, lief sie auch schon geradewegs in eine andere Person, die Eohl sicher mit Leichtigkeit umrundet hätte, hätte sie sie nur sehen können. So stießen die beiden schnurstracks gegeneinander und Eohl, von Natur aus nicht unbedingt dazu gemacht, andere Menschen zu rammen, purzelte zurück, sodass ihr Hintern direkt auf dem harten Gehweg landete. „Autsch!“, kommentierte sie das eher unglückliche Ergebnis und stellte fest, dass ihre Brille ein Stück weit verrückt war – weit genug, um die junge Dame zu erkennen, die da vor ihr stand. Ein gutes Stück größer als die Yihwa zeigte die junge Schönheit einen dunklen Teint, vergleichbar mit der exotischen Haut Eohls, und wie auch sie Haare in zwei verschiedenen Farben. Es mochten Blautöne sein, kein direkter Vergleich zu Eohls Grün und Orange, aber dennoch fiel es ihr auf. Sie hatte eine Neigung dazu, erst einmal zu schauen, was sie an Fremden so für Gemeinsamkeiten mit sich selbst fand, und hier stachen gleich mehrere Merkmal hervor. Insofern musste sie kichern, während sie die Brille wieder ordentlich aufsetzte und die Worte ihres Gegenübers aufnahm. „Oh, kein Grund zur Entschuldigung. Es ist nichts passiert, hehe“, kicherte sie fröhlich und stand in einer geschickten, flüssigen Bewegung wieder auf, sodass sie auf beiden Beinen vor der Fremden stand. Grüßend hob sie eine Hand. „Ich habe leider selbst nicht gut genug aufgepasst. Ich war gerade auf der Suche nach Hausnummer 24, verstehen Sie. Da muss ich nicht richtig darauf geachtet haben, was direkt vor mir passiert.“ Oder vielleicht hatte sie es auch deswegen nicht bemerkt, weil sie nicht ordentlich sehen konnte. Schwer zu sagen. So oder so juckte es die Crusaderin unter den Fingernägeln, diese Fremde auf ihre Ähnlichkeiten anzusprechen. Das würde ihren Auftrag nicht gefährden, richtig? Was sollte schon passieren? Sie musste bereits hinter Lilys Inkompetenz aufräumen, also würde es schon kein Problem darstellen, das Treffen mit dem Auftraggeber noch ein paar Minuten zu verschieben.
„Hehe... da fällt mir auf, wir haben ein paar Gemeinsamkeiten, nicht wahr?“, lächelte sie fröhlich und legte ihren Kopf leicht schief. „Diesen Teint sieht man hier in Fiore eher selten. Kommen Sie auch von woanders her? Oh, und der Haarstil. Er gefällt mir sehr. Es ist fast, als würde ich in einen Spiegel sehen, ehehe...“ Instinktiv fuhr sich Eohl durch die Haare, spielte dabei kurz mit ihrer orangen Strähne, um hervorzuheben, dass sie beide ihre Haare zweifarbig trugen. Dann musste sie kurz blinzeln, zog schnell die Hand wieder weg. Nein, darauf sollte sie vermutlich niemanden aufmerksam machen. Ihre markante Haarfarbe gehörte zu den Details, an denen man sie selbst in dieser Verkleidung relativ schnell erkennen konnte, wenn man wusste, wonach man Ausschau zu halten hatte. Beschwichtigend die Hände hebend lachte die Crusaderin. „Ah, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, nicht war? Mein Name ist Seohl, freut mich sehr.“ Sie nickte. Die Fremde sollte sich auf ihren Namen fokussieren, nicht auf ihre Haare. Der enthielt immerhin keine Hinweise auf ihre wahre Identität. „Und wie heißen Sie, junge Dame?“
Oh nein! Die Fremde war ja sogar auf den Boden gefallen! Hoffentlich hatte sie sich bei dem unerwarteten Sturz auf den harten Untergrund nicht irgendwie verletzt. Fast noch mehr sorgte sich die de Bosco allerdings um die hübsche, beige Hose der anderen Dame… die Flecken bekam man aus solchen Kleidungsstücken unwahrscheinlich schwierig wieder heraus, wie die Schwarzhaarige aus eigener Erfahrung wusste. Müsste sie dann für eine Reinigung aufkommen? Beziehungsweise… müsste Erial dann für die Rechnung aufkommen?! Früher, als sie noch im Königspalast ihres Heimatlandes residiert hatte, hatte sich Esmée um solche Kleinigkeiten wie das Entfernen von Flecken auf Kleidungsstücken nicht sorgen müssen – sie trug die wenigsten Kleidungsstücke öfter als einmal. Aber seit sie geflohen war und nun mit einem normalen Einkommen auskommen musste – wenngleich sie hier Unterstützung durch Erial erhielt – sah die Welt schon anders aus. In einer auffallend eleganten Bewegung stellte sich die Fremde dann allerdings wieder zurück auf die Beine und Esmée atmete erleichtert aus, als ihr mitgeteilt wurde, dass nichts Schlimmeres geschehen war. Ein kurzer Blick auf die Kleidung der kleineren Frau zeigte auch keine unschönen Flecken, was die Erleichterung in der Prinzessin nochmal verstärkte. Da hatte sie nochmal Glück gehabt.
Aber Moment – hatte die Grünhaarige gesagt, sie suchte nach der Hausnummer 24?
Esmées Augenbrauen wanderten weit nach oben, ihr Mund öffnete sich überrascht. Sie schienen das gleiche Ziel zu haben. Aber das war eindeutig nicht Laurent le Magnifique. Wer dann? Die Schwarzhaarige erinnerte sich an ihren Auftrag: Die Paparazzi von der Berühmtheit fernhalten. War diese Frau Teil der Paparazzi? Ging der Auftrag jetzt schon los?! Ehe sie die Frage stellen konnte, die ihr auf der Zunge brannte, wurden ihr umgekehrt Fragen gestellt. Die Fremde fragte, woher Esmée kam, die durch ihren auffälligen Teint in der Hauptstadt Fiores durchaus auffiel. Es missfiel der Prinzessin sehr, ihre Heimat leugnen zu müssen, denn sie liebte Bosco bis heute und wollte das Land grundsätzlich auch repräsentieren. Sie mochte ihren Teint und hätte es unter normalen Umständen auch als Kompliment aufgefasst, dass man ihr ansehen konnte, nicht aus Fiore zu kommen. Allerdings… wusste die Dunkelhaarige auch, dass sie hier in der Öffentlichkeit vorsichtig damit sein musste, den Namen Bosco zu erwähnen. „Oh, ähm, ja“, antwortete sie recht kurz angebunden, überlegte fieberhaft, was sie sagen sollte und was nicht. „Ich stamme aus einem kleinen Dorf, sehr, seeeeehr weit weg, sag ich Ihnen. So weit, dass leider niemand den Namen kennt. Nicht einmal vom Königreich! So weit weg, dass mein Cousin und ich nicht dort bleiben wollten und uns stattdessen ein neues Leben in dem wunderschönen Fiore aufbauen wollten.“ … Ja, das war eine Antwort, die doch absolut gar keine Fragen offenließ, oder? Jetzt, wo die Fremde die Gemeinsamkeiten zwischen ihnen ansprach, achtete auch die Prinzessin darauf. Und so, wie es bei erkannten Gemeinsamkeiten meist der Fall war, wurde die Fremde der de Bosco dadurch gleich viel sympathischer. Und Esmée dadurch redseliger. „Ihr habt Recht, wir haben wirklich ein paar Gemeinsamkeiten. Ihr kommt auch nicht aus der Gegend? Sagt, findet Ihr die Bräuche und Sitten hier im Land auch manchmal merkwürdig?“ Als sich die Fremde als Seohl vorstellte, zögerte die Satyrs Magierin nicht damit, auch sich selbst vorzustellen… allerdings mit ihrem richtigen Namen. „Es freut mich auch, Seohl! Ihr könnt mich Esmée nennen. Sagt mal, wo habt Ihr diesen Pullover gekauft? So einen suche ich schon seit einer Weile…“, munter plauderte die 19-Jährige vor sich hin… bevor sie sich mit einem Schlag wieder an ihren Auftrag heute erinnerte. Und daran, dass es sich bei Seohl um Paparazzi handeln könnte! Das Lächeln verschwand, wich einem strengen Gesichtsausdruck, mit dem sie Seohl musterte. „Sagt, Seohl, Ihr sucht nach der Hausnummer 24? Ihr wollt doch nicht etwa zu Laurent le Magnifique?“, stellte sie die Frage, hob die Nase ein bisschen in die Höhe. „Wenn doch, dann muss ich Euch auffordern, diesen Ort zu verlassen. Ich bin Magierin und heute damit beauftragt worden, Laurent le Magnifique vor Paparazzi zu schützen…“ Eine kurze Pause, ein verstohlener Blick in Richtung Pullover, bevor sie ergänzte: „Also… woher Ihr den Pullover habt, könnt Ihr mir vorher aber trotzdem noch sagen…“
Esmées zuhause war so weit weg, dass niemand den Namen kannte? Etwa nicht einmal sie selbst? Etwas überrascht legte Eohl den Kopf schief. Die meisten Leuten würden so eine dreiste Lüge augenblicklich durchschauen. Glücklicherweise war sie nicht wie die meisten Menschen. Ein strahlendes Lächeln zeichnete sich auf den Lippen der Yihwa ab. „Oh, Sie auch?“, meinte sie fröhlich und klatschte in die Hände. Es war schön, jemanden zu treffen, der ihre Erfahrungen nachvollziehen. „Ich kann mich an mein Heimatland selber kaum erinnern. Ich musste es vor langer, langer Zeit verlassen... glaube ich. Da muss ich ganz jung gewesen sein“, erklärte sie, auch wenn all diese Erinnerungen für sie extrem schwer abzurufen waren, wenig mehr als ein Hauch von einem Schleier in einem Meer aus Spiegelscherben. Sie kicherte, während sie Esmées Gesichtsausdruck studierte. „Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr davon erzählen. Wenn nur mein Gedächtnis ein wenig besser wäre...“, murmelte Eohl vor sich hin, tippte sich mit einem Finger nachdenklich an die Wange. „Aber ja, es überrascht mich immer wieder, wie die Menschen hier so denken. Es gibt ganz, ganz viele liebe Menschen in Fiore, aber auch so viele, die irgendwie total komische Vorstellungen haben. Ich hab nie darüber nachgedacht, dass das eine kulturelle Sache sein könnte...“
Bis hierher lief das Gespräch ja ziemlich gut. Beide Damen erkannten an, wie gut sie zueinander passten, und hatten ein interessantes Thema in Bezug auf ihre Heimat und ihr Leben hier in Fiore gefunden. Dann kippte die Stimmung aber ein wenig, als Esmée plötzlich vorsichtiger wurde. Die Yihwa blinzelte überrascht, nicht ganz sicher, was gerade geschah. Man konnte ihr die Verwunderung sicher ansehen. „Pa-pa-pa-was?“, fragte sie ahnungslos und ließ zwei ihrer Finger mit einer grünen Haarsträhne spielen, unsicher, wie sie darauf reagieren sollte. „Ähm... mein Name ist Seohl. See-oohl. Sie haben ihn schon einmal gesagt...“, meinte sie und schenkte Esmée ein entschuldigendes Lächeln. Eventuell hatte sie da etwas falsch kommuniziert und für ein Missverständnis gesorgt. „Ich heiße nicht Papapai. Es tut mir leid, wenn ich da was falsch gesagt hab.“ Ihre Hand von ihren Haaren nehmend hielt sie sie sich kurz vor den Mund, verbarg ein wenig ihr Kichern, ehe sie am Kragen ihres Pullovers zupfte. „Den hier meinst du? Oh, ich darf doch du sagen, oder Esmée? Ähm, den Pullover hier hat mir eine Freundin besorgt. Aber nach dem Auftrag heute brauch ich den eh nicht mehr. Wenn du magst, geb ich ihn dir später gern, hehe.“ Für eine gute Freundin tat man das doch gerne! Eohl für ihren Teil hatte herzlich wenig Interesse an diesem Kleidungsstück, es war im Prinzip wie jedes Andere. Eine temporäre Verkleidung, die zweimal zu nutzen vermutlich mehr schaden als helfen würden. Wenn sie Esmée damit eine Freude machen konnte, wieso sollte sie es nicht tun? Lily war es vermutlich eh egal, ob sie es zurückgab. Wenn sie so darüber nachdachte, war Eohl gar nicht mal so sicher, ob das Mädel aus dem Untergrund überhaupt wusste, dass sie sich ihre Kleidung geborgt hatte... „Oh, apropos Auftrag! Wie du schon sagst, ich muss zu Herrn Laurent!“, nickte sie, legte wieder die Hände vor ihrer Brust zusammen. „Er hat eine ganz, ganz wichtige Quest für mich! Also... du weißt, wo die 24 ist, ja? Dann wäre es voll lieb, wenn du mich hinbringst!“ Mit einem strahlenden Lächeln streckte Eohl ihre rechte Hand aus, wartete darauf, dass Esmée sie in ihre nahm. Es fiel ihr gerade nicht ganz leicht, jemandem einfach zu folgen, weil sie sich schon schwer damit tat, die de Bosco rein optisch von der nächsten Wand zu unterscheiden. Da war eine Führung an der Hand doch deutlich sicherer...
Oh? Seohl litt unter Gedächtnisverlust? Kurz fragte sich Esmée, ob die andere Frau sie nur veralberte, um sich über sie und ihre Aussage lustig zu machen. Sie musterte nachdenklich das Gesicht der Grünhaarigen, suchte nach Indizien, die darauf hinwiesen, dass sie angelogen wurde. Aber ganz davon ab, dass die Prinzessin nicht unbedingt die raffinierteste Persönlichkeit war, die tatsächlich die Fähigkeit besaß, die wahre Natur anderer Leute durchschauen zu können… sie fand auch wirklich nichts, das ihr Misstrauen weckte. Seohl schien – zumindest ihrer Ansicht nach – die Wahrheit zu sagen. Oh… das musste wirklich schlimm sein, oder? So gar kein Gedächtnis an die eigene Heimat zu haben? Die de Bosco wusste, woher sie kam, konnte sich an jedes noch so kleine Detail ihrer Kindheit erinnern, an ihre Familie, ihre Liebsten, an die besonderen Momente, die sie zu der Person gemacht hatten, die sie heute war. Ganz egal, ob sie sich selbst nun gut fand oder nicht. Bei Seohl schien das anders zu sein und je länger die Schwarzhaarige darüber nachdachte, desto verlorener wirkte diese Frau auf sie. Gut möglich, dass sich Esmée hier nur mal wieder in ihre eigene, ziemlich blühende Fantasie hineinsteigerte und Dinge sah, die so gar nicht da waren. Aber sie war sich sicher: Seohl brauchte Hilfe! Brauchte jemanden zum Reden! Und Esmée fühlte sich wie berufen dazu, diese gute Seele zu sein, die tiefer in das Gespräch einstieg und der Grünhaarigen dadurch half, ihren Platz im Leben zu finden! Ja, genau das war es, was man von einer gutherzigen Prinzessin erwartete.
Vorausgesetzt, Seohl war kein Teil der Paparazzi.
Und so, wie sie reagierte, deutete alles darauf hin, dass sie das nicht war, oder? Sie schien nicht einmal mit der Begrifflichkeit etwas anfangen zu können. Esmée stutzte und hob dann sogar erschrocken die Hände, als ihr angeboten wurde, den Pullover, den sie so sehr begehrte, einfach so am Ende des Tages geschenkt zu bekommen. „Aber… nein… ich meinte doch nicht…“, stotterte die 19-Jährige erschrocken vor sich hin. Das wäre ja fast so, als würde sie Almosen annehmen. Sie war eine Prinzessin! Eine Prinzessin bekam doch nicht irgendwelche getragenen Kleidungsstücke geschenkt! Außerdem… warte, hatte die andere Dame von einem Auftrag gesprochen?! Ehe die junge Frau darauf eingehen konnte, spezifizierte Seohl ihre Aussagen noch weiter. Nicht nur, dass sie zu Herrn Laurent wollte, sondern auch, dass sie eine wichtige Quest zu erledigen hatte. Es hatte verdammt lange gebraucht, bis die Glühbirne im Köpfchen der de Bosco endlich gezündet hatte, aber endlich verstand Esmée: Eine Magierin! Die strahlend blauen Seelenspiegel sahen hinab auf die ihr dargebotene Hand und mit einem Schlag fiel alle Skepsis von der Prinzessin ab. Seohl war kein Paparazzi, sondern eine Magierin mit einer Quest. Und sie wollte zu Laurent. Das ließ nur einen einzigen Schluss zu: „Seohl, wir sind heute Partnerinnen!“, rief Esmée sichtlich erfreut aus, ergriff die Hand ihrer Kollegin und schüttelte sie begrüßend… dem Fehlschluss folgend, dass das die Intention von Seohl gewesen war. Und nicht jene, dass sie einfach nur zur Hausnummer geführt werden wollte. So ließ sie die Hand sofort nach dem Schütteln wieder los, legte sie stattdessen auf den eigenen Oberkörper und führte stolz aus: „Ich bin eine Magierin aus der Gilde Satyrs Cornucopia, weißt du? Und eine wirklich gute Magierin noch dazu. Oh, ich freue mich, dass du kein Paparazzi bist, Seohl. Du bist mir so sympathisch! Ich hätte dich nur ungern von hier verjagt, weißt du? Sag, aus welcher Gilde kommst du denn? Welche Magie beherrschst du? Hast du schon viele Aufträge erledigt?“ Esmée plapperte, plapperte und plapperte… ehe ihr einfiel, dass sie doch zu Herrn Laurent mussten! „Ach, lass uns das auf dem Weg besprechen. Natürlich führe ich dich hin!“ Ohne darauf zu achten, wie die Kollegin reagierte, drehte sich die Explosionsmagierin auf dem Absatz herum, machte sich auf den Weg und öffnete den Mund, um weiterzusprechen. Aber… Moment. Da fehlte doch noch jemand! „Seohl, wo bleibst du denn?“, rief sie zurück in Richtung der Grünhaarigen, die – anstatt ihr zu folgen – ein bisschen desorientiert in der Gegend herumstand. Wenn Esmée mal verstanden hätte, dass die Brillenträgerin kaum die Hand vor Augen erkennen konnte… „Seooooohl!“ Und schwupps, hatte die Schwarzhaarige nun doch noch die Hand von Eohl gegriffen und zog sie lachend hinter sich her. „Was machst du denn? So kommen wir doch nie bei Herrn Laurent an!“
„P-Partnerinnen? Bist du sicher?“, fragte Eohl überrascht, während ihr Gesicht hochrot anliefen. Peinlich berührt blickte sie zur Seite, auch wenn das nicht wirklich etwas daran änderte, was sie sehen konnte und was nicht. Die Spitzen ihrer Zeigefinger tippten nervös vor ihrer Brust aneinander. „I-ich... also, ich habe doch eigentlich schon...“ Sie stockte. Ja, was hatte sie eigentlich? Seit ihrem letzten Besuch in der Wüste hatte die Yihwa einen etwas anderen Blick auf ihre Beziehung zu ihrer Göttin, bei der sie aktuell lebte und für die sie ihr leben geben würde, aber... war das nur sie? Sie musste sich daran erinnern, Thana einmal danach zu fragen, wenn sie wieder zuhause war. Für den Moment schluckte sie nur, unsicher, was sie mit Esmées plötzlichem Enthusiasmus anfangen sollte. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass Esmée nicht nur Seohls Partnerin werden wollte, sondern auch Lust darauf hatte, mit ihr zu arbeiten. Ja, das ließ sich sicherlich einrichten. Fröhlich klatschte die Grünhaarige in die Hände. „Oh, das klingt wundervoll! Ich mag dich auch sehr, Esmée!“, stimmte sie nickend ein. „Satyrs Cornucopia kenne ich gar nicht! Was macht ihr denn so? Ich bin von Aries Wool, einer kleineren Gilde im Norden.“ Eohl log so natürlich, wie sie atmete. Ob der Gildenname ihr wirklich spontan in den Kopf kam oder ob ihn ihr irgendwer vorher mal genannt hatte, das wusste sie selbst nicht, aber sie sprach ihn einfach so aus, wie er ihr auf die Zunge fiel. Demonstrativ hielt sie eine ihrer Hände offen vor sich und lenkte Esmées Blick darauf, ehe sich über ihrer Handfläche Glasstaub sammelte und zu einem kleinen, runden Spiegel mit goldenem Rand wurde, verziert mit altertümlichen Schriftzeichen. „Tada! Das macht meine Magie! Ich hab noch nicht viele Quests gemacht, aber meine Magie ist ziemlich cool, nicht wahr? Was macht denn deine so?“, meinte die Yihwa stolz und hielt ihrer neuen Freundin den kleinen Handspiegel hin. „Hier, bitte! Den darfst du gern behalten! Du musst mir nur versprechen, an mich zu denken, wenn du ihn benutzt, hehee!“ Hoffentlich mochte sie das kleine Geschenk. Eohl konnte sich gut vorstellen, dass so ein hübsches, junges Mädel gerne Make-up benutzte, so wie Gin es tat. Dafür waren diese kleinen Spiegel total nützlich! Nun, da sich die beiden Magierinnen einig waren, zusammen zu ihrem Ziel zu gehen, musste Esmée sie ja nur noch zu dem Haus führen. Wieder hielt Eohl ihre Hand bereit, aber... irgendwie wurde sie nicht genommen. „... Esmée?“, fragte sie, etwas unsicher. Jetzt, wo sie so drüber nachdachte, fehlte irgendwie die Hautfarbe der Prinzessin in dem verschwommenen Bild vor ihren Augen. Sie blickte sich ein wenig um, irritiert und desorientiert, sah aber nicht wirklich etwas. „E-Esmée?“ Oh, da war sie ja. Erleichtert atmete Seohl auf, als sie die Hand ihrer neuen Partnerin spürte, und folgte ihr ohne jeden Widerstand. „D-danke dir“, meinte sie mit einem schwachen Lächeln. „Bitte... nicht loslassen...“
Gemeinsam kamen die beiden dann doch sehr schnell ans Ziel – kein Wunder, war es doch nur ein Grundstück weiter. Auch wenn es ein großes Grundstück war. Für ein paar Momente hob Eohl die Brille von den Augen, um durch das goldene Gittertor hindurch auf die bunte Rasenfläche zu blicken, über die ein schicker, weißer Kiesweg hin zur Eingangstür führte. Ein Rütteln am Tor half allerdings nicht groß. Auch hier mussten sie wohl den Kontaktlacrima benutzen, der in die Wand eingelassen waren. „Ha-hallo! Wir sind Seohl und Esmée, zwei Magierinnen, die sich gerne um Herrn Laurents Auftrag kümmern möchten“, sprach sie hinein, ein breites Lächeln auf ihren Lippen. Endlich hatte sie es an den Start ihrer Quest geschafft. „Lassen Sie uns bitte herein?“
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