Ortsname: Rhys Zimmer Art: Zimmer Spezielles: (darf auch von anderen frei bespielt werden) Beschreibung: Rhys Zimmertüre ist meist nur angelehnt mit einem silbernen Schlüssel innen, der allerdings das Schloss nur sehr alten abschließt. Entsprechend einfach kann man sein Zimmer betreten. Dieses ist nicht wirklich ein großes Zimmer mit weiteren Einrichtungen, eher ein einfacher Raum, den er mit einem Bett und Kasten vollstellt hat. Das Zimmer selbst spiegelt den Vampir gut wieder. Der Boden ist aus Stein, die Steinwände mit bunten Gemälden behängt. Der gesamte Raum ist voller Farbspritzer, der Boden, die Wände, ja sogar die Decke. Nur das große, schwarze Bett, dass der Türe gegenüber steht, ist davon unbetroffen. Dieses ist voller warmer, schwerer Decken. Irgendwo in dem Kuddelmuddel liegt der Brief, der ihm den Tod von Esmee anordnet. Daneben an der Wand steht ein dunkler Kasten, der voll mit kostbarer Kleidung ist. Der restliche Raum ist voll mit Leinwänden und Farbeimer und Pinsel. Eine Besonderheit ist der Holzhaufen neben der Türe. Diesen nützt Rhys, um mitten im Zimmer in einer Schale, die ein Stück über den Boden steht, ein Feuer zu entzünden. Etwas brandgefährlich, doch es wärmt den Raum immerhin auf!
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Zuletzt von Rhys am So 8 Mai 2022 - 20:29 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
C: Bis das der Hass uns scheidet! silber Mantel † schwarze Jeans, Pullover & Stiefel schwarze Sonnenbrille in den Haaren
Das Licht des Feuers beleuchtete die vielen Gemälde, die an den nackten Steinwände hingen. Manche groß, manche klein, in allen möglichen Formen verdeckten sie die graue, graue Wand. Nur an manchen Stellen lugte der Stein hervor, rötlich im Schein der Flammen. Tanzende Schatten jagten über die Bilder und sammelten sich in den Ecken des Raumes, wo sie die abstrakten Gemälde verschluckten, die Pinsel und Farbeimer, die an den Wänden standen. Rote, grüne, blaue, violette Farbflecken bedeckten den mit Fellen ausgelegten Boden, wo nicht die große Schale mit dem Feuer hing und die Kammer erwärmte. Es war unverkenntlich das Heim eines Künstlers, eines Malers, der sich vollkommen in die Farben hineinfühlte. Er malte, wie es ihm aus der Seele kam und dessen Pinselstriche voll Gefühl waren. Mal harsch, als wäre ihr Schaffer voller Wut gewesen, mal sanft geschwungen mit der Eleganz einer Tänzerin. Nur das Bett, dass wie ein schwarzes Loch auf seinen Besitzer wartete, war leer jeder Farbe. Die weichen, schweren Laken, die es bedeckten, die Decken am Fußende und an der Seite, alles in pechschwarz. Wie ein Gegenstück zu der Explosion an Farben rings herum. Denn selbst über dem hohen, geschnitzten Kopfteil hing ein Bild, beinah breit wie das Bett selbst, in rot, violett und dunklem blau. Die Farben verschwammen ineinander, als würde das Meer die untergehende Sonne verschlingen. Die Stille des Raumes wurde von der sich öffnenden Türe unterbrochen und der Kopf eines Mannes tauchte im Türrahmen auf. Er hatte sie nach innen aufgedrückt, der silberne Schlüssel lag auf dem Nachttisch anstatt das Schloss zu verschließen. Dann trat er ein und die Farbspritzer auf dem schwarzen Pullover offenbarten ihn als den Künstler dieses Raumes. Im Gegensatz zu dem Blut war es der Kleidung nicht gelungen, die hellgrünen Tupfen zu verbergen, die von dem noch feuchten, unfertigen Gemälde stammten, dass etwa einen Meter von der Feuerschale auf einer Staffelei ruhte und trocknete. Der Vampir trat weiter ein, seine Stiefel auf dem weichen Boden lautlos. Sein Gang war ruhig, doch seine Miene verkniffen. Der Grund war hinter ihm. Eine Frau, die er nur allzu gut kannte.
Nach der Quest, die ihm aufgeschwätzt worden war, hatte Rhys sich zurückgezogen und war früh zu Bett gegangen. Er hatte sich an der Daeva genähert und eine ruhige, warme Nacht verbracht, bis er früh am nächsten Morgen erwacht war. Sein Zimmer hatte keine Fenster und so hatte er keine Möglichkeit, die genaue Uhrzeit festzustellen. Ob es gar noch mitten in der Nacht war? Wie es auch sein mochte, Schlaf hatte er keinen mehr gefunden. Entsprechend hatte er Pinsel und Farbe ausgepackt, um der Malerei nachzukommen. Er hatte die Augen geschlossen und sich blind leiten lassen, bis er vor etwa zehn Minuten sich aufgemacht hatte, das öffentliche Bad zu besuchen, um sich die Farbe vom Gesicht zu waschen. Auf seinem Weg zurück war er dann der Person über den Weg gelaufen, von der er gehofft hatte, sie nicht allzu schnell wieder zu sehen. Máirín. Und als wollte das Schicksal ihm sein schlechtes Karma schickten, war in eben jenem Moment eines der anderen Mitglieder zu ihnen kommen und hatte sie gebeten, eine Quest in Aloe zu übernehmen, die frisch angekommen war. Oder besser gesagt … es hatte sie mit strengem Blick aufgefordert. Und nun stand er hier in seinem Zimmer, um sich seinen Mantel zu holen. Rhys stampfte durch das Zimmer und betrachtete seine Brust. Hm. Nein. So konnte er nicht reisen. Leise knurrend zog er sich den Pullover über den Kopf, was nur noch das dünnere Shirt überließ, dass wie eine zweite Haut an seinem mageren Körper klebte. Er legte den Pullover sorgfältig zusammen neben das Bett, nahm einen neuen aus dem Schrank und zog ihn über. Dann wählte er den silbernen Mantel vom Vortag und berührte kurz sein Ohr, um den kleinen Anhänger zu ertasten, ehe er die Sonnenbrille vom Kopfkissen nahm und sie sich in die Haare schob, um diese zurückzuhalten. Dann blickte er die Daeva an. Er hatte keine Zeit für die Sonnencreme, wenn sie einen frühen Zug nehmen wollte, also steckte er eine kleine Tube nur in die Jackentasche. „Benötigt Ihr noch etwas?“, richtete er das Wort an Máirín.
Kunst... Was genau verstand man unter Kunst? Unter Kunst konnte man einmal das Musizieren verstehen. Die Kunst Noten zu lesen und mit sanftem Zupfen, Blasen, Streichen oder Drücken mehrere Töne hintereinander zu erzeugen, fließen zu lassen in einem Rhythmus, eine Melodie schaffend, die die Zuschauer mit sich riss. Unter Kunst, konnte man die Kunst des Tanzes verstehen. Die Kunst, seinen Körper im Takt geschaffener Töne und Melodien zu bewegen. Die Kunst darin, den Körper in den Armen der Musik schweben zu lassen und seine Gefühle auszudrücken. Unter Kunst, konnte man aber auch die Kunst des Malens verstehen. Die Kunst. die unterschiedlichsten Farben zu mischen. Die Kunst, den Pinsel geschickt über eine Oberfläche streifen zu lassen und somit verschiedene Formen und Strukturen zu schaffen. Die Kunst, aus Strichen Welten zu schaffen. Wesen zu schaffen. Zwei dieser genannten Arten Kunst zu verstehen hatte die Daeva erlernt. Nur eines, da war sie her durchschnittlich, nicht herausragend oder geschult. Womöglich lag es daran, dass man beim Malen nicht vortäuschen konnte was man fühlte, konnte nicht herausfiltern, was der Zuschauer fühlen oder sehen wollte. Man musste seinen Gefühlen freien Lauf lassen, diese zum Ausdruck bringen und dann abwarten, was die Wahrheit in anderen auslöste. Davor hatte die Daeva unheimliche Angst. Angst davor, echt und ehrlich zu sein. Womöglich hatte sie deswegen seit Jahren keinen Pinsel mehr in die Hand genommen, auch wenn sie ihre ganze Kindheit vor dem Untergang damit zugebracht hatte. Mit ihrer Seele war auch ihr Interesse und ihr Können in der Kunst vergangen. Als sie starb, war die wahrhaftigste Kunst in ihren Augen mit ihr gestorben. Ein Tag vergangen, seit sie mit Hilfe der attraktiven oder viel mehr heißen Vampirin @Gin dem Frischling Rhys geholfen hatte, mit seinem Dasein als Vampir besser klar zu kommen. Sie hatten viel gesprochen und viel.. Naja, brutales aber in Máis Augen viel mehr erotisches gemacht - für sie waren die gefährlichen Bisse eine Art (Vor-)Spiel gewesen. Die dabei mitschwingende Lust wurde zur Freude der Untoten gestillt. Was weniger gestillt wurde war der Zorn auf den Vampir. Rhys hatte sich zunehmend respektlos ihr gegenüber Verhalten und war nach der Quest einfach abgezischt, wie ein feiger Köter. Die Daeva hatte sich dies natürlich nicht gefallen lassen und am nächsten Tag direkt das Ruinenversteck von Royal Crusade aufgesucht. Sie war sich ziemlich sicher das er dort war und wenn nicht, dass sie zumindest über seinen Auffenthaltsort etwas erfahren konnte. Wie erwartet hatte sie den attraktiven, wenn auch mageren Mann gefunden, wurde allerdings von einem anderem Royal Crusade Magier unterbrochen. Als hätte es nicht gereicht, dass sie erst am Tag zuvor eine Quest bestritten hatte, brummte man ihr und Rhys direkt die nächste auf. Es war anscheinend eine Quest im Westen Fiores, Aloe Town. Soweit sie das von der Questausschreibung verstanden hatte ging es um einen Bräutigam der seine eigene Hochzeit boykottieren oder viel mehr verhindern wollte. So hatten die beiden also eher wneiger die Möglichkeit ihr Gespräch fortzusetzen und mussten sich direkt auf den Weg machen. Allerdings nicht ohne einen Zwischenstopp bei Rhys Zimmer einzulegen. Mái für ihren Teil war wie immer elegant und sexy gekleidet, trug ein enges, figurbetontes, schwarzes Kleid, dass wie eine zweite Haut saß. Ein goldener Reisverschluss zog sich von oben bis unten zum unteren Ende des Kleides. Weiter Reißverschlüsse umsaunten die schmale Taille der Daeva. Das Kleid ging ihr nicht einmal bis zur Hälfte der Oberschenkel und hatte lange Ärmel. Den Reißverschluss hatte sie nicht geschlossen, hatte ihn eher großzügig weit offen, sodass ihr Dekollté gekonnt in Szene gesetzt wurde. An ihrem Handgelenk trug sie ein goldenes Kettenarmband und um ihren Hals ebenfalls eine goldene Kette die ihr bis in den Ausschnitt reichte, sowie ein goldenes Paar High Heels, welches der offen war und sie um ihre Beine binden musste. Ihr Haar trug sie lang und in einem hohen Dutt, zusammengebunden und so das links und rechts neben ihrem Gesicht sanft dünne Strähnen heraushingen. Sie war Rhys in sein Kämmerchen gefolgt, wo er sich umzog. Mái hatte in der Tür gestanden und ihn beobachtet, aber als er sich wieder einen Pullover überziehen wollte löste sie sich vom Türrahmen und ging auf den jungen Mann zu, packte den Pullover, was ihn womöglich daran hindern würde ihn vollends überzuziehen. "Vergiss es. Wir haben es mit Adel zu tun. Du musst dich entsprechend kleiden.", sagte sie streng, moppste ihm den Pulli wieder und ging zu seinem Kleidervorrat. Sie kramte durch diesen und fand etwas, was sie eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte. Sie stockte für einen Augenblick, strich über das hochwertige Material. "Du hast ihn ja noch...", murmelte sie und holte einen Stapel Kleidung heraus. Es war ein Anzug, bestehend aus einer roten Hose, einer roten Jacke und Weste, sowie einem schwarzem Hemd und einer schwarzen Krawatte. Mit der Kleidung in der Hand drehte sie sich um, einen überraschten Ausdruck auf den rosanen Lippen. Sie sah kurz zu Rhys auf, ehe sie die Sachen auf dem Bett platzierte und Rhys ungewöhnlich sanft zu sich zog. Sie breitete die Sachen aus, ehe sie Rhys noch seines T-Shirts entbehrte, ignorierend, ob es ihm passte oder nicht. Sie nahm sich das schwarze Hemd und zog es ihm an und begann es Knopf für Knopf zuzuknüpfen. Ihr Blick verwandelte sich zu einem sanften Lächeln, während sie ihn fürs erste wortlos umkleidete. Nach dem Hemd zog sie ihm die Krawatte an, ging sicher, das diese perfekt und vorbildlich saß. Anschließend nahm sie die Weste, zog sie über und knüpfte auch diese zu. Dann reichte sie ihm die Hose, das er diese selbstständig wechseln konnte. Als das erledigt war, nahm sie das Jacket und zog es ihm über, zupfte dann noch einmal alles zurecht. "Erinnerst du dich daran, als du den Anzug das letzte Mal anhattest?", sagte sie, sah einmal flüchtig zu ihm hoch, zupfte weiter. "Das war noch in Bosco... Auf dem Prinzenball.", fuhr sie fort, falls er sich nicht erinnern konnte. Die Bilder an den Ball spiegelten sich vor ihren Augen, während sie das Gefühl von Friedseligkeit einnahm. "Es hat atemberaubend geduftet, überall die Damen und Herren in ihren schicken Kleidern, die Menschen auf der Tanzfläche...", sie seufzte wohlig. "Und wir mitten drinnen. Den ganzen Abend haben wir getanzt... Selbst als wir bereits dabei waren aufzuräumen haben wir noch getanzt. Du warst ein unglaublich guter Tänzer.", sie kicherte leise, richtete die Krawatte noch einmal. "Ich glaub an diesem Abend hab' ich verstanden, warum all die Hofdamen und Dienstmägde so vernarrt in dich waren.", fuhr sie fort, ließ ihre Finger über das fein gearbeitete Material wandern. "An diesem Abend konnten wir einmal alles vergessen, haben einander in den Armen gehalten und nur einander und der Musik Aufmerksamkeit geschenkt... Für einen Augenblick konnten wir vergessen, warum wir überhaupt in diesem Palast und auf diesem Ball waren.", murmelte sie, ließ ihren Blick nach oben wandern, legte unbewusst ihre Hand auf seine Wange und strich sanft über diese. Für einen Augenblick sah sie ihm ein wenig verträumt in die strahlenden Augen, schwelgte in Erinnerungen. Es mochte zwar sein, dass die Daeva schon über 200 Jahre alt war, aber sie hatte die guten Momente nie vergessen, auch wenn sie versuchte diese zu verdrängen und zu verbannen. Und ob man es glaubte oder nicht, Rhys hatte einen großen Anteil daran geleistet, dass Mái nach ihrem Zusammenbruch wegen @Valerian wieder zu kräften kam. Das ihr Herz wieder ein wenig stärker, wenn auch wieder kälter wurde. Ihre Beziehung war nie tief gewesen, aber Rhys war damals von allen Personen die sie kannte neben @Esmée am nächsten an ihrer Definition eines Freundes dran gewesen. Jedoch realisierte die Daeva was sie da tat, worin sie sich verlor und wie schlecht das für sie war. Mit einem Mal verschwand die ehrliche Wärme in ihrem Blick und ihr übliches, freches und ein wenig überhebliches Grinsen kam zurück, benetzte ihre Lippen. Sanft klopfte ihm sie auf die Wange. "So gefällst du mir auf jeden Fall viel besser. In dem Outfit können wir da hin reisen.", wisperte sie, kicherte dann ehe sie wieder von ihm abließ. "Deine Sonnenbrille kannst du gerne mitnehmen, deine Augen scheinen ja durch die ganze Vampirsache sehr empfindlich geworden zu sein.", meinte sie, ging an ihm vorbei und stieß ihm die Sonnenbrille vom Haarschopf, sodass diese auf seine Nase rutschte.
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Zuletzt von Máirín am So 15 Mai 2022 - 17:55 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
C: Bis das der Hass uns scheidet! roten Hose, Jacke & Weste, schwarzem Hemd und Krawatte, schwarze Sonnenbrille in den Haaren
Rhys hatte sich auf einen ruhigen Tag gefreut. Seinen Magen hatte er an den Tagen zuvor gut gefüllt, entsprechend war sein Hunger kaum zu hören. Nur ein leises Flüstern, der Hauch eines Flehens nach dem kostbaren Rot, dass sich in großen Hallen verlor. Das Trinken, der Schlaf, das Malen, all das hatte den Vampir beruhigt. Es war ihm selbst, als wäre er in einer Art Trance, in einem Zustand von seltener, innerer Ruhe und Gelassenheit. Ausnahmsweise fühlte er sich nicht fremd in seinem eigenen Körper. Es erinnerte an die Zeiten, die er mit Sylvester verbracht hatte. Als dieser ihm ein warmes Bett und Essen geschenkt hatte. Damals war er ruhig gewesen, zufrieden, dankbar. All dies war auf Hofe zwar geblieben, doch mit einem schalen Beigeschmack. Man wollte Rhys als Monster bezeichnen, doch er besaß Gefühle. Er verspürte Reue, Schuld. Und so hatte das immer im Hinterkopf gelauert, zusammen mit dem Wissen, sie alle verraten zu müssen. Und jetzt war ihm die Person, die ihn immer wieder daran erinnerte, dass er am Tod des Prinzens schuld war, erneut über den Weg gelaufen. Wie es das Schicksal wollte, hatte es beschlossen, die beiden Untoten ein weiteres Mal auf eine Quest zu schicken. Rhys hoffte einfach, diesmal würde er nicht für einen Mord missbraucht werden. Nicht, dass es ihm Leid um Isabella war. Im Gegensatz zum Prinzen mochte er sie nicht. Doch er hasste es, von anderen für so etwas ausgenutzt zu werden. Es gab nur eine Person, der er das gestattete und diese war nicht Máirín.
Dennoch trat die Daeva nun in sein Zimmer ein. Rhys hörte sie über den Boden gehen, drehte sich ihr aber nicht zu. Womöglich töricht, doch er hatte keine Angst vor ihr und so blieb er dabei, sich das Oberteil über den Kopf zu ziehen. Er wollte dieses gerade zur Seite lege und sich einen sauberen, frischen Pullover suchen, da wurde ihm dieser abgenommen. Der Vampir erstarrte und blickte mit zusammengekniffenen Augen auf die Frau hinab, die ihn daran hindern wollte, sich anzuziehen. Er war nur kurz ohne Kleidung und das Feuer brannte noch, dennoch bildete sich leichte Gänsehaut auf seinen Armen. Er griff nach ihrer Hand, um diese zum Pullover zu lösen, doch die Daeva setzte an, ihre Tat zu erklären. Er wollte es nicht, doch instinktiv hielt er inne, um ihrer Stimme mit leicht schräg gelegtem Kopf zu lauschen. Und leider musste er zugeben, dass sie nicht ganz unrecht hatte. Dennoch … er hatte den Mantel nicht umsonst. Er war perfekt, um die Kleidung darunter zu verbergen, die hauptsächlich dafür gemacht war, ihn warm zu halten. Allerdings verstand er sie durchaus. Er hatte mehr als die Hälfte seines Lebens zu Hofe verbracht, er wusste, dass seine Kleidung nicht gut genug war. Leider hatte er auch deutlich weniger Reichtum als zuvor zur Verfügung und weniger Anlässe. Dafür mehr Schnee und Nacht. Während Rhys mit dem Pullover in der Hand noch da stand hatte Máirín begonnen, seinen Schrank in Augenschein zu nehmen. Auch an dessen Holz waren Farbspritzer zu sehen, die Kleidung darin aber sauber. Langsam, widerstrebend, legte er das Kleidungsstück wieder zusammen, trat hinter sie und streckte sich, um ihn zurück in den Schrank zu legen. Dann trat er zurück und wartete ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Als Mai sich schließlich umdrehte und ihren Fund präsentierte, weiteten sich seine Augen. Sie hatte den Anzug gefunden. Sein letztes Überbleibsel neben dem Brief, dass er mitgenommen und behalten hatte. Der Brief … Rhys warf einen Blick auf das Stück Papier, dass halb unter einer Decke verloren lag und schluckte. Ob Máirín von seinem … zweiten Auftrag wusste? Warum er hier war? Rhys hatte das Papier seit Wochen nicht mehr in Händen gehalten. Er ignorierte es, und doch teilte er damit das Bett. Der sanfte Kontakt von Máiríns Händen schob ihn rückwärts, bis sie an ihm vorbei zum Bett gehen konnte. Nur das schwarze Hemd behielt sie und begann, es ihm anzuziehen. Rhys war nicht Kontaktscheu, aber es gefiel ihm nicht wirklich, so von ihr behandelt zu werden. Dennoch ließ er es zu, dass sie die Knöpfe schloss. Immerhin konnte er seine Hose eigenständig wechseln. Nur weil er eine hohe Toleranzgrenze aufgebaut hatte, was den Umgang von anderen mit ihm anging, hieß das nicht, dass er alles mit sich lassen ließ. Auch wenn er Máirín als höhergestellt ansah. Dann war er ganz angezogen. Der Anzug schlackerte etwas, hatte er in Bosco doch mehr auf den Rippen gehabt. Dennoch fühlte er sich seltsam vertraut an. Er war wie ein Seil, dass ihn mit seinem Land verband, mit den Erinnerungen von dort. Langsam nickte er, als Máirín weiter sprach, von dem Ball. Rhys atmete einmal tief durch. Er vermisste den Ballsaal. Vermisste die Kronleuchter an den hohen Decken. Vermisste das Geräusch der Tanzschuhe auf dem polierten Boden. Rhys hatte oft getanzt, sobald er zu Raouls Wächter und Freund geworden war. Allerdings hatte er das Interesse der Frauen eher darauf bezogen, nicht auf sich selbst. Als Diener war er nicht die Nummer eins gewesen. Was die Daeva aber sagte, ließ ihn die Augenbrauen heben. „Vernarrt“, wiederholte er. leicht skeptisch. Dennoch musste er gestehen, dass sie recht hatte. Im Gegensatz zu den anderen hatte er Máirín nicht verraten müssen und so war es ihm viel einfacher gefallen, die Welt zu vergessen. „Es gab mehr, als jenen Abend, nicht wahr? Aber an diesem …“ Er runzelte angestrengt die Stirn. „War es der Geburtstag eines der Königskinder?“, stellte er seine Vermutung in den Raum.
Doch weiter kam er nicht. Die Wärme verschwand aus ihren Augen und ihre Hand, erst nach weich auf seiner Wange, klopfte darauf. Kichernd drehte sie sich weg und brach den Moment damit. Dann schob sie ihm die Sonnenbrille auf die Nase, wodurch seine Haare ihm ins Gesicht fielen. Rhys knurrte leise, schüttelte den Kopf und schob sie zurück. Er war nicht sicher, was das eben gewesen war, doch er wurde viel darum geben, es nicht zu vergessen. „Seid Ihr bereit?“, wiederholte er seine Frage von zuvor und ging zugleich vor zu der offenstehenden Türe um darauf zu warten, dass Máirín vor ihm hindurchging.
Es war eine seltsame und ungewohnte Situation in der sich die Daeva befand. Sie hatte nicht geglaubt, dass sie diese Seite an sich, je wieder sehen würde. Diese Seite die so sanft, ehrlich und warm war. Und doch hatte der Vampir es geschafft diese, nicht einmal bewusst oder absichtlich hervorzuholen, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick. Der Anblick von seinem alten Anzug hatte etwas in Mái bewegt, sie an eine Zeit erinnert, wo sie sich zwar nicht wirklich gut, aber auch nicht zu schlecht gefühlt hatte. Eine Zeit, wo sie den Schmerz für einen Augenblick hatte vergessen können. Wo sie für einen Augenblick den Moment sehen und genießen konnte. Wenn man so lange lebte wie sie, vergaß man manchmal wie besonders manche Momente gewesen waren. Immerhin konnten sich diese, je nachdem wie man selbst drauf war, sich ziemlich anstauen und es würde schwer den Überblick zu verlieren. So viele Erlebnisse und so viele Erinnerungen... Für jemanden wie Mái war es schwer, sich an die positiven Dinge in ihrem Leben zu erinnern. Vor allem die kleinen Dinge. Schließlich war der Großteil ihrer Vergangenheit von Negativität, Schmerz und Leid geprägt. Da vergaß sie manchmal, dass es auch wenige Momente gegeben hatte, wo es nicht so gewesen war. Diese Erinnerungen konnte sie meist nicht aktiv abrufen, sondern sie kamen urplötzlich hoch, wurden manchmal von Dingen oder Worten ausgelöst. So war es nun der Anzug gewesen, der sie hatte erinnern lassen. Die Daeva war sich durchaus bewusst, dass ihre Handlungen übergriffig waren und dem jungen Mann, der sie erdulden musste keineswegs gefielen. Dies war ihr allerdings egal. Der Auftrag musste glatt gehen und da war ihr egal, was für Gründe Rhys nennen wollte um zu begründen, warum er sich unangemessen kleidete. Der erste Eindruck war wichtig und sie waren ja auch Repräsentanten ihrer Gilde. Da mussten sie sich schon ein wneig Mühe geben. Es dauerte nicht allzu lange bis der Vampir den Anzug vollständig anhatte und so vor ihr stand. Klar, er saß deutlich lockerer als damals in Bosco, hatte der Mann durch seine Verwandlung in einen Vampir und die anschließende strenge Blutdiät ziemlich viel an Masse, vor allem Muskelmasse abgebaut. Mái erinnerte sich zu gut daran, was für ein Schrank der Mann einmal gewesen war. Aber auf eine ästhetische und nicht fanatische Art und Weise. Er hatte gesund und fit ausgesehen, ganz anders als jetzt, wo seine Augen ein wenig dunkel unterlaufen waren, seine Haut noch blasser war als durch sein Vampirdasein eh schon und sein Gesicht war ein wenig eingefallen und er wirkte ein wenig kränklich. Naja, das konnte der Anzug zumindest ein wenig kaschieren, da der Fokus somit wo anders hingelegt wurde. Wäührend sie sich an die Bälle und vielen Tänze von ihnen erinnerte, fasste die Untote den Entschluss, dem Vampir zu helfen. Klar, er provozierte und nervte sie manchmal, aber irgendwie wollte sie, dass er wieder zu seiner alten Form wiederfand, war diese offensichtlich gesünder als seine momentane. Sie musste ihn dazu bringen wieder mehr zu essen, aber auch mehr Sport zu machen, dass er sich wieder ein wenig Masse antrainierte und in Form kam. Vielleicht konnte sie ja @Raziel auch dazu motivieren? Ihm würde es sicherlich auch nicht schaden ein wenig Sport zu machen und vielleicht konnte er Rhys dabei helfen. Vielleicht würde es ihm sogar mit seinem Hungerproblem helfen, wer wusste das schon? Möglicherweise oder viel mehr sehr wahrscheinlich beschloss die Dame es nicht nur aus Freundlichkeit, sondern mehr aus Eigennutz. Sie hatte Rhys viel attraktiver gefunden, als er mehr auf den Rippen gehabt hatte und hoffte auch ein wenig, dass sie den beiden dann zuschauen und die Show genießen konnte. Irgendwie hatte sie schon immer eine Schwäche dafür gehabt, andere beim Trainieren zu beobachten. Als sie meinte, dass sie verstand, warum die Hofdamen und Mägde so in ihn vernarrt gewesen waren, wiederholte Rhys dies ein wenig skeptisch, was die Daeva nicken ließen, um ihm zu zeigen, dass sie es ernst meinte. Denn das tat sie. Sie hatte sich schließlich mit vielen der anderen Dienstmägde unterhalten und gesehen, wie sie und die Hofdamen sich verhalten hatten, wenn Rhys und Raoul in Sichtweite gewesen waren. Sie hatten ziemlich geschwärmt, manchmal die beiden Jungs ein wenig mit den Augen ausgezogen, aber dies schien Rhys wohl nicht mitbekommen zu haben. Entweder wollte er es nicht glauben oder er hatte es einfach nie mitbekommen - Jungs eben. Die bemerkten nicht immer, wenn man sie mochte. Auch wenn Mái sich selbst sehr davon abhob. Im Gegensatz zu den meisten Damen am Hofe in Bosco hatte sie nie Probleme gehabt, die anzusprechen, die sie interessant gefunden hatte. Manchmal war es besser einfach mit der Sprache rauszurücken, waren nicht alle so aufmerksam und verstanden die versteckten Botschaften. Rhys sprach weiter, fragte ob es mehr Abende wie diesen gegeben hatte, aber dieser, von dem sie sprach, einer zum Geburtstags eines der Königskinder war. Erneut nickte die Daeva, lächelte warm. "Von Raoul genau genommen. Er war ja auch derjenige, der dich ständig mit irgendwem verkuppeln wollte oder an Tanzpartnerinnen vermittelt hat.", sagte sie kicherte ein wenig, als sie sich daran erinnerte, wie Raoul Rhys mehr oder weniger zu ihr geschleppt hatte, weil Rhys der Meinung war, dass Raoul selber tanzen und ihn nicht vorschicken sollte, erst recht nicht an seinem Geburtstag. Es war ein toller Anblick gewesen und man hatte sehen können, wie innig die Beziehung zwischen dem Prinzen und Rhys gewesen war. Jedoch war der Augenblick, in dem sie sich erinnerte und die damit einhergehenden Gefühle zuließ daraufhin auch schon wieder vorbei. Sie hatte sich zu ehrlich gezeigt und sie hatte sich ja eigentlich vorgenommen, niemanden zu zeigen, wie es ihr wirklich ging. Außerdem fühlte sie sich in solchen Momenten schnell schwach und verletzlich, wollte somit ihre schützende mauer schnell wieder hochziehen, aus Angst, dass sie sonst verletzt würde. Das war nämlich etwas, was die Daeva nicht mehr wollte. Sie wollte niemanden mehr so sehr an sich heranlassen, dass er sie verletzen konnte. Da war es ihr dann auch egal, ob sie andere damit verletzte. Sie war sich selbst immer am nächsten. Rhys fragte sie, ob sie bereit war, was die Daeva mit einem Nicken bestätigte. Sie ging durch die Tür, wartete kaum das sie durch die Tür war darauf das Rhys ihr folgte und sie neben einander herlaufen konnten. "Hast du heute eigentlich schon was gegessen?", fragte sie dann und blickte ihn fragend an.
C: Bis das der Hass uns scheidet! roten Hose, Jacke & Weste, schwarzem Hemd und Krawatte, schwarze Sonnenbrille in den Haaren
Es war doch immer der Grad. Darauf kam es an. Immerzu auf dem Grad zu wandeln, auf der dünnen und doch alles aussagenden Mauer, die Gut und Böse trennte. Schatten und Licht. Máirín wankte offensichtlich auf eben jener Messers Schneide, indem sie ihm den Anzug von Bosco reichte und damit die Türe zu einer Flut von Erinnerung öffnete, die auf sie beide einzuströmen schien. Es war, als wären sie wieder dort. Dort, wo die Räume Säle waren, wo Feierlichkeiten von Abends die Nacht hindurch bis zum frühen Morgen gefeiert wurden, wenn seine Augen vom ersten Sonnenlicht geblendet wurden und seine Beine vom stundenlangen Tanzen schmerzten. Wenn die Musik ihn so erfüllte, dass er ein Teil von ihr wurde, mit ihr durch den Saal schwebte, als wäre er eine ihrer Noten. Sich im Takt bewegte, den sie vorgab, mal schnell, mal langsam. Mal ruckartig, mal geschmeidig. Es hatte ihn damals erfüllt und auch jetzt, auch jetzt vermisste er es. Rhys sehnte sich zurück in den Palast, weg von seinem Zimmer, von den Zeichnungen, die sein zerrissenes Inneres zur Geltung brachten wie sonst nichts. Die meiste Zeit merkte man es ihm zum Glück kaum an. Dass er Dinge, Namen vergas, dass geschah doch jedem einmal. Dass er seinen Durst nicht unter Kontrolle hatte, kein Wunder bei seinen Essengewohnheiten und der kurzen Zeitspanne, die sein Untotes Leben nun schon andauerte. Mal ein seltsamer Blick, wenn er unfähig war zu lesen und dennoch mit Seidenmäntel sich einkleidete, doch womöglich war er nur ein Töppel, der tat, als wäre er ein Charmeur. Dass er nur selten in der Lage war zu sagen, wie es ihm ging, fiel nicht auf, nicht hier in Royal Crusade wo sich jeder selbst am nächsten war. Dass er seine Gefühle nur schwer benennen konnte, etwas, dass man auch auf fehlende, emotionale Bildung zurückführen konnte. Dass die Zacken in den Bildern aus Versehen passiert waren, wenn seine Muskeln die Befehle falsch verarbeiteten, konnte doch auch Kunst sein. Seine fehlende Feinmotorik? Töppel. So einfach ließ es sich erklären, das alles. Doch es war nicht einfach, denn auf jenem Ball hatte er all das noch gekonnt. Seine Bewegungen geschickt, seine Augen wach, sein Geist und Körper im vollständigen zustand, nicht als hätte man ihn zerfetzt und willkürlich wieder zusammengebaut. So war auch dass ein Grund, dass er zurückwollte. Denn er tanzte mit Máirín auf dem Drahtseil, und auch wenn sein persönlicher Grund ein klein wenig … anders war als ihrer, auch wenn er nur mutmaßen konnte, was ihren betraf. Rhys Tanz war jener zwischen Diener, Rebell und Sklave. Gewesen war er alles, gehasst hatte er die letzten beiden Dinge und so grenzte er vor allem letzteres klar ab. Ja, Máiríns Handlungen mochten ihm etwas aufdrängen, doch noch war es seine Entscheidung, das auch anzunehmen, anstatt sie aus dem Zimmer zu stoßen. Etwas, für dass er zu sehr Diener, zu wenig Rebell war.
Als die Daeva wieder sprach, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. „Raoul“, murmelte er. „Raoul.“ Einer der drei Namen, die er nicht vergessen hatte. Raoul. Silvester. A’Rhys. Eine makabrere Kombination, diese Namen zusammen zu denken, hatten sie sich doch gegenseitig in alle Winde zerstreut. Einer tot. Einer in Bosco. Einer hier. Dennoch floss ein Lächeln über Rhys Züge, eines, dass ehrlich war, dass die Erinnerung guter Tage in sich trug, die für immer vergangen waren. „Aber auch er hat getanzt. Mit …“ Er runzelte angestrengt die Stirn, dass wollte ihm das Name der gesichtslosen Frau in seinem Kopf nicht einfallen. „Er hat immerzu von ihr geschwärmt, hatte sie nicht ansprechen wollen, in Sorge. Es könnte jemanden missfallen. Ihr.“, erinnerte er sich leise zurück. Unbewusst hatte Rhys begonnen, regelmäßiger zu atmen, seine Augen glitzerten und strahlten nicht den kalten, irren Hunger aus, der sonst in ihnen lag, wenn er sie sich verdeckte. Raoul hatte ihm gut getan und selbst jetzt, nach seinem Tod, tat er es noch. Dann schüttelte der Vampir den Kopf, vertrieb die lückenhaften Erinnerungen und folgte Máirín zur Türe, die Brille in den Haaren. „Nein“, antworte er knapp und schloss die Türe hinter ihr so weit, dass sie abgelehnt war. „Das Blut, dass ich gestern und am Tage zuvor zu mir genommen habe, reicht noch aus, um wirklichen Hunger zu vermeiden.“ Er lächelte zynisch. „Allerdings konnte ich vier Schlucke Wasser trinken“, berichtete er seinen Erfolg, als er neben ihr in Richtung Ausgang des Gildenheims ging. Er hatte schon geplant zu schweigen, dann sah er dies allerdings als mögliche Retourkutsche für den Anzug – wenn sie es denn überhaupt unangenehm oder ekelig fand, es direkt von ihm zu hören. „Den fünften habe ich ins Waschspecken zurückgespuckt.“
Es fühlte sich jetzt bereits wieder an, als würden die beiden Untoten einander mehr Aufmerksamkeit schenken als der anstehenden Quest. Gemeinsam tanzten sie in alten Erinnerungen, Erinnerungen aus einer Zeit wo man eine gewisse Pause von all dem Bösen und Finsteren hatte nehmen können. Wo sie hatten vergessen können, welche Gräueltaten und welchen Verrat sie in Zukunft zu begehen hatten. Vor allem Rhys hatte es schlimm getroffen. Aber diese Zeit, diese Bälle und dieser Prinzenball... Dort war alles anders. Dort waren sie nur einfache Leute, Diener des Königshauses, wenn auch die besten Freunde des königlichen Nachwuchses. Oft sehnte sich die Daeva in diese Zeit zurück, während Rhys den Anschein machte, als hätte er fast alles vergessen. Oder es wurde durch seine Verwandlung in einen Vampir in die hinterste Ecke seines Bewusstseins gescheucht, wo es nicht aktiv abgerufen werden konnte. Wo er nicht frei auf diese Erinnerungen zurückgreifen konnte. Ein wenig Mitleid empfand die Blutmagier schon mit dem Frischling. Es musste für ihn immer noch alles sehr verwirrend sein und es musste ihm unglaublich schmerzen und überfordern, dass er alles vergessen hatte. Das er sich an manche Teile nicht erinnerte. Das er sich selbst mit den Erinnerungen zum Ball, zum Tanzen schwertat, weckte in Mái den Willen, ihm zumindest mit seinen Erinnerungen an Bosco zu helfen. Die, die sie kannte. Die sie mit ihm geteilt und was sie von ihm gehört hatte, immerhin hatte sie, als sie der Dienerschaft beigetreten war, eine Einführung in alles bekommen. Also auch in die anderen Diener und den allgemeinen Klatsch und Tratsch. Ihre Arbeitskolleginnen hatten durchaus viel über die Königskinder und Raouls Leibwache zu sagen, waren die gesprächigen Diener meist im gleichen Alter wie jene. Mái hatte zu der Zeit nie Absichten verfolgt, irgendwen von dem Königshaus an sich heranzulassen, außer vielleicht körperlich gesehen die eine oder andere lüsterne Wache, die ihren zweiten, ihren persönlichen Daeva Magen gefüllt hatten. Aber sonst nicht wirklich. Rhys und @Esmée waren die einzigen gewesen, die der sonst eher zurückgezogenen und ungebundenen Daeva irgendwie am leblosen Herzen lagen. Rhys war in der Zeit in Bosco ihr Arbeits- und vor allem Tanzpartner gewesen. Esmée hingegen war das gewesen, was bei ihr am nähsten als eine Freundin gewertet werden konnte. Auch wenn die Daeva das wohl ungern zugab. Sie hatte immer versucht, sie und die Inkompetenz ihrer Familie für ihr Leid und ihren Tod verantwortlich zu machen, aber Esmée hatte es irgendwie geschafft, durch den Wirrwarr von Hass durchzufinden und ein Licht in den dunklen, dichten Nebel des Hasses zu setzen. Und dann hatte sie diese verloren... Rhys schien entweder taub zu sein oder an einem starken Gedächtnisschwund zu leiden, so wie er sich die gesamte Zeit über verhielt. Ständig plapperte er ihr nach oder widerholte die Worte. In gewissen Zusammenhängen (die sicherlich nicht weiter erläutert werden müssen!) hätte sie sicherlich Gefallen daran gefunden, aber jetzt gerade, versetzte sie es in einen ziemlichen Zwiespalt. Einerseits schwelgte sie ja selbst in Erinnerungen, aber andererseits nervte es sie auch immens. Rhys Verhalten ließ ihn dumm wirken, degradierte ihn und Mái wusste, dass er dies eigentlich nicht war und es nicht verdiente. Zumindest hatte er es damals in Bosco nicht verdient. Aber er hatte sich schließlich sehr gewandelt und verändert, seit er nach Blut lächzte. Vielleicht war dies eine Sache, die Mái nicht ändern könnte, aber man! Es fing an ihr gewaltig auf den Sack zu gehen! Irgendwann entschied er sich, dass er den Namen des Prinzen ausreichend widerholt hatte und wandte sich anderen Worten (Unfassbar, er kann auch noch andere Worte!) zu. Er erzählte, dass Raoul an diesem Abend ebenfalls getanzt hatte, mit einer Magd, für die er Gefühle gehegt hatte, mit der er aber aus moralischen Aspekten nicht zusammen sein konnte. Mái wusste, dass sie es nicht war. Damals hatte sie bereits ein recht gutes Gespür dafür gehabt, ob man sich für sie interessierte. Für Raoul war sie nur die Dienerin von Esmée gewesen und eines der Opfer, seiner Verkupplungsversuche mit Rhys. Aber nahe hatten sie sich nie wirklich gestanden. Sie lösten sich von ihren Erinnerungen und machten sich daran, das Schlafgemach des Vampires zu verlassen. Mái hatte sich erkundigt, ob Rhys bereits gegessen oder getrunken hatte, was dieser verneinte. Er erklärte, dass er noch genügend Blut im Organismus und somit keinen Hunger hatte. Außerdem berichtete er davon, dass er bereits vier Schlücke Wasser heruntergebracht hatte. Dann sagte er, als wäre es etwas vollkommen besonderes oder ekliges, dass er den fünten Schluck ins Waschbecken gespuckt hatte. Mái drehte im Gehen den Kopf zu dem Mann, hob fragend eine Augenbraue. "Ja und? Jeder spuckt irgendwann Mal ins Waschbecken, zum Beispiel nach dem Zähneputzen.", sagte sie, aber man konnte womöglich heraushören, dass sie sich von Rhys ein wenig verarscht und beleidigt fühlte, weil er glaubte, dass er sie damit ekeln könnte. Nein, er nervte sie stattdessen weiter. Eine Taktik, die der Vampir besser nicht weiter verfolgen sollte. Sie verließen also das Gildenheim von Royal Crusade und machten sich auf den Weg zum Bahnhof, wo sie in den nächsten Zug stiegen, der sie nach Aloe Town bringen würde. Es würde eine lange Fahrt werden. Tbc: Dünen hinter dem Bahnhof
C: Bis das der Hass uns scheidet! roten Hose, Jacke & Weste, schwarzem Hemd und Krawatte, schwarze Sonnenbrille
Rhys war etwas … an seinem Ziel vorbeigeschossen. Sein Pfeil traf Máirín, allerdings nicht dort, wo es beabsichtigt, gewesen war. Trotz seiner meist noblen Umgangsform und meist fehlender Widerworte oder Widerhandlungen, war Rhys hier und da doch geneigt, ein paar kleine Seitenhiebe zu verpassen. Dann, wenn er an dem ihm eingetrichtertem Verhalten eines Dieners sich vorbeibog und mit dem Finger versuchte, wunde Stellen zu verpassen, um ihr heimzuzahlen, wie sie ansonsten mit ihm umging. Gerade jetzt war wieder so einer gewesen, der kleine Kommentar. Ein Test, wie sie darauf reagieren würde. Es war nicht ganz die gewünschte Antwort, doch er hatte sie gekränkt und damit einen anderen, wunden Punkt getroffen. Welcher genau es war, konnte er nicht sagen, doch es befriedigte ihn genug, dass er lächelnd das Kinn hob. Seine Augen etwas schmaler, war es doch ein ehrliches Grinsen. Vergnügt wurde sein Schritt etwas weicher, seine Beine weniger steif als zuvor. „Ich muss gestehen, da liegt Ihr richtig. Scheint, als hätte ich Euch empfindlicher eingeschätzt, Miss Máirín, als Ihr es tatsächlich seid.“ Er blickte kurz auf sie hinab. Es war seltsam, fast so, als hingen die schönen Erinnerungen in ihm noch genug nach, um ihn genug zu beeinflussen, dass sein Körper glaubte, noch dort zu sein. Sich tanzend zu bewegen zum schnellen Takt der Musik. Entsprechend leichtfüßig folgte er ihr, blieb instinktiv ein Stück seitlich hinter ihr, wie es sich gehörte, auch wenn seine Stimme gerade noch weicher geklungen hatte als zuvor. Immerhin hatte er sein Ziel erreicht. Es war ein kleines Ziel, doch es war sein Ziel. „Erlaubt mir die Frage, Miss. Nächtigt Ihr ebenfalls in dem Heim?“, fragte er, als er nach ihr das Gildenhaus verließ. Es gab durchaus Mitglieder, die nicht hier schliefen, doch Rhys konnte sich nicht erinnern, ihr hier begegnet zu sein. Nun, vielleicht spielte auch sein Kopf ihm einen Streich und verbarg die Erinnerungen an sie? Dieser Gedanke zog ihn merklich vom weiten Himmel der Hochstimmung, in den er aufgestiegen war. Nicht zu wissen, was mit ihm, was um ihn herum geschah, machte ihn verrückt. Es war ein Zustand von Hilflosigkeit, der ihn zwang, den Geschichten von anderen blind wie ein neugeborenes Kätzchen zu vertrauen. Der Vampir biss die Zähne zusammen und schob die Sonnenbrille von den Haaren in sein Gesicht, während er und seine Begleiterin sich vom Heim entfernten. Ein Stück weiter, nahe des Gildenhauses der Scheingilde lag ein Haltpunkt der Kutschen und Rhys hielt an, hob die Hand, um einen Kutscher auf sich aufmerksam zu machen. „Wir möchten zum Bahnhof.“ Der Kutscher nickte und ließ sie hinten einsteigen. Froh darum, dem kühlen Wind zu entkommen, nahm er Máirín gegenüber Platz. „Ich hoffe, Euch stört die Fahrt nicht? Mir war nicht danach, durch die Stadt zu gehen.“ Einen Augenblick sah er sie prüfend an, dann begann er in dem Mantel zu graben. Er zog ein Bündel Scheine hervor und sah es sich durch. Die Zahlen konnte er nicht lesen, doch ihre Farben halfen ihm, einen Betrag zu sammeln, der für die Fahrt hoffentlich angemessen war. Am Bahnhof verließen sie die Kutsche und Rhys zahlte. Er hatte sich verzählte, reichte einen Schein nach, woraufhin der Kutscher schnaufend nickte und sie ziehen ließ. Das Kaufen des Tickets überließ er seiner Begleiterin, ansonsten würden sie noch im falschen Ort ankommen. Dann stiegen sie in den Zug. Rhys überließ ihr den Fensterplatz, ehe er neben ihr Platz nahm und den Kopf zurücklehnte. Langsam atmete er durch. „Wann werden wir ankommen?“ fragte er, als der Zug sich in Bewegung setzte. Bis heute war er noch immer fasziniert von dem Gefährt, dass ihn zu leise und geschmeidig, so schnell und leicht zu seinem Wunschort brachte.
Erstmals lächelte der Fremde leicht, was Aurea ein wenig ruhiger stimmte. Dann verriet er ihr sogar seinen Namen, obwohl sie aus Höflichkeit und auch aus Angst nicht gefragt hatte. Sie hoffte, dass es ein gewissen Entgegenkommen seinerseits war und nickte lächelnd, da sie die Information zur Kenntnis genommen hatte. A’Rhys Vaeth lautete der Name des Fremden und er klang fremd und fern. Weder im Norden noch im Zentrum des Landes hatte die Dhakalis schon einmal so einen Namen gehört. Dass er nicht einmal aus dem Königreich Fiore stammte, zog Aurea grundsätzlich in Erwägung, bedachte es aber in diesem Moment nicht. Überhaupt wäre die junge Frau nicht einmal in ihren kühnsten Träumen darauf gekommen, dass es sich bei ihrem Gegenüber um einen Vampir handelte. Eine untote Kreatur, welche ihr Blut trinken würde. Mit derartigen Gestalten hatte die Dhakalis in ihrem jungen Leben schließlich noch nie zu tun gehabt und manchmal war sie nicht einmal sicher, ob es diese Wesen tatsächlich gab.
Ob sie auch einem Vampir angeboten hätte, seinen Mantel zu nähen? Nun, womöglich nur unter Zeugen. Doch so bot die ängstliche Frau ihm eben blauäugig einen Gefallen an, einfach weil Aurea eine gute Seele war. Und ihr war es um einiges lieber, ihre Zeit damit zu verbringen, anderen Mitgliedern die Klamotten zu nähen, statt mit ihnen Mord und Totschlag zu vollführen. Doch dann stutzte sie kurz. Wenn sie es gut genug konnte? Hatte er das gerade wirklich gesagt? So reagierte man doch nicht auf eine freundliche Geste! Ungeheuerlich. Doch während dieser Gedanken lächelte sie nur sanft, wie immer. „Für dieses Stück werde ich mir besonders viel Mühe geben“, versicherte sie ihm wohlwollend und schaffte es, diese Aussage zu tätigen, ohne den Sarkasmus darin nach außen dringen zu lassen. Dann erklärte er ihr den Weg zu seinem Zimmer. Dort sollte sie also nähen? Insgeheim hatte sie gehofft, das hier erledigen zu können. Aber aus der Sache kam sie nun nicht mehr raus. Sie spürte bereits, wie sich ihr Puls vor Sorge erhöhte. Hoffentlich hatte sie nun keinen Fehler gemacht.. Bitte? Hatte er sie jetzt auch noch daran erinnert, zu klopfen? Für wen hielt er sie? Für ein ungehobeltes Fischweib? Beinahe wäre ihr das sanfte Lächeln, welches automatisch auf ihrem Gesicht lag, entglitten. Sie verkniff sich jede Bemerkung dazu, sei sie auch noch so undurchsichtig und taktiert. Aurea stand nur da und lächelte. „Entschuldige mich“ Dann würde sie wohl mal ihr Nähzeug holen..
An der richtigen Tür angekommen und mit der Schachtel voll Nadel, Faden und anderen Hilfsmitteln klopfte sie schließlich an, wie er es gewünscht hatte. Na ein Glück, dass Aurea das nicht vergessen hatte! Als sie eintreten durfte, bemerkte sie zu aller erst die Wärme in seinem Zimmer. Das war wirklich schön.. Und dann fingen all die bunten Farben und Gemälde ihre Aufmerksamkeit ein. Mit großen Augen stand sie da und sah sich um. Das war der bunteste Raum, welchen sie je gesehen hatte. „Diese Gemälde sind einzigartig“, stellte sie mit aufrichtiger Bewunderung fest, woraufhin ihr all die Pinsel auffielen. Die hellgrauen Augen wurden noch größer, verwundert sah sie Rhys an. „Du bist der Künstler dieser abstrakten Bilder, nicht wahr? Das ist beeindruckend“ Malen konnte Aurea nicht besonders gut, ihre Kreativität spiegelte sich in der Musik wieder. Doch sie wollte Rhys nicht unnötig seine Zeit stehlen, davon abgesehen konnte sie den Mann kaum einschätzen. Und was die Farbspritzer an Wänden und Decke sollten, das wollte sie vielleicht auch gar nicht wissen. Sie hob ihre Schachtel mit dem Nähzeug leicht an, ehe sie sich kurz suchend umblickte. Ob sie sich dafür setzen dürfte? Es wäre zumindest einfacher. Und der Mantel lag also auf dem Bett. Ihn einfach zu nehmen wäre wohl unhöflich.
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Rhys konnte sehr, sehr höflich sein. Und war hatte meistens, wie es ein oder zwei Personen schon genannt hatten, wohl ziemlich einen Stock im Arsch. Einen Ausdruck, den der Vampir ganz sicher nicht verwenden würde. Aber trotz seiner Art und Aussprache war Rhys nicht wirklich nett. Er verhielt sich nur wie für einen Diener angemessen und jetzt war gerade nicht er in dieser Rolle. Also machte er sich wenige Gedanken über Aureas Lächeln. Ob es echt war oder nicht. Er ging nicht unbedingt davon aus, aber es spielte auch nicht wirklich eine Rolle, solange sie ihr Wort hielt. Für Rhys war die Sache damit ziemlich erledigt und er schickte sie, ihr Nähkästchen zu holen, zu suchen, was sie benötigte, um auch den Mantel wieder zusammenzuflicken. Er sollte sich wohl einen widerstandsfähigeren Mantel zulegen. Einen, der auch wärmer war, sodass er sich die Pullover darunter sparen konnte. Der Vorteil an seinen Mäntel aber allerdings die Farbauswahl. Rhys könnte sich unmöglich für eine Farbe entscheiden. Er hatte sich schon bei seinen Haaren mehr als schwer getan, das violett zu wählen. Das war etwas, dass er mochte, Farben. Und wenn er die Diversität seiner Mäntel streichen oder zumindest minimieren müsste … er könnte es tauschen. Könnte andere Haarfarben probieren, vielleicht irgendwann sein altes Blond. Zumindest später, wenn er sicher sein konnte, dass man ihn von Bosco aus nicht mehr suchen oder erkennen würde. Rhys alterte nicht und auch wenn er es vermied über die genaue Bedeutung dessen nachzudenken war ihm bewusst, dass es vermutlich in einigen Jahrzehnten nur noch wenige gäbe, die ihn im Fall der Fälle erkenne würden. Womöglich könnte er gar irgendwann zurück? Der Vampir schluckte den Kloß im Hals hinab, während er auf sein Zimmer zusteuerte. Die einzige Person, der er je seine Loyalität gegeben hatte, würde dann auch alt sein. Würde sterben. Wieder flogen seine Gedanken zu Lady Máirín. Wie alt sie wohl war? Wie viele sie schon hatte altern und sterben sehen?
Rhys hatte sein Zimmer erreicht und ein kleines Feuer entzündet. Er hatte seine blutigen, angekratzten Pullover abgelegt und sich gesäubert. Einige langsame Herzschläge lang sah er stirnrunzelnd an sich hinab. Sein Körper war noch immer viel zu mager, aber unter den Rippen und dazwischen, sowie Hüftknochen füllte sich langsam wieder auf. Rhys löste sich und zog einen frischen, ebenso schwarzen Pullover an. Zumindest dabei und bei den Hosen hatte er wortwörtlich keine Farbauswahl. Als es dann schon klopfte, drehte der Vampir sich herum. „Komm herein!“, rief er und sah zu, wie die Hellhaarige ihren Kopf in das Zimmer steckte. Der Vampir trat zu dem Feuer und legte größere Scheite darauf, während die Heilerin sich mit sichtlich großen Augen umsah. Für Rhys war der Anblick gewohnt, aber vermutlich hatte sie nicht erwartet, dass die Wände mit Bilder behängt waren. Er folgte ihrem Blick. Auch wenn sie nur grob etwas konkretes darstellten, für ihn waren sie wichtig. Für ihn erzählten sie eine Geschichte. Er hatte Farben gemixt, die ihn an Bosco erinnerten. Kräftiges Grün für die Wiesen und Büsche, die Farben des Palastes. Raouls Haarfarbe und Lady Máiríns orange Augen. Und vor allem spiegelten sie seinen Geist in den letzten Monaten wieder. Die ersten Gemälde waren wild und kaum mit Form, ein Chaos, während das letzte an Schnee und Gestein erinnerte. Grobe, dunkle Flecken wie Felsen. Er nickte auf Aureas Kommentar hin, lächelte leicht. Es freute ihn ehrlich, dass sie die Gemälde zu schätzen wusste. Rhys hatte sie bis auf Lady Máirín noch keinem gezeigt und da war sie ihm auch eher einfach gefolgt war, als dass sie die Bilder angesehen hatte. Seine Mundwinkel zuckten. „Ja, das sind meine Bilder“, sprach er laut aus und trat ein Stück näher an das aktuelle Bild, betrachtete es kurz, ehe er sich zurück zu Aurea wandte, die sich suchend umsah. Rhys hatte keine anderen Möbeln außer den Schrank und das Bett im Raum. Er deutete auf das Bett. „Einer der Pullover hat am Arm und an der Brust Risse. Den anderen kannst du lassen, wie er ist“, erklärte er. „Setz dich.“ Kurz dachte er an den Brief, er unter seinem Kopfpolster lag. Der, den er nicht mehr wirklich lesen konnte, aber er wusste, was darauf stand. Töte Esmée. Doch wie würde schon nicht in seinem Bett herumkramen, also war dieses die beste Sitzmöglichkeit. Rhys ließ sie machen, was sie hoffentlich neben dem Heilen am zweitbesten konnte und ging vor dem Gemälde in die Hocke. Er griff sich den Pinsel und runzelte die Stirn. Es war nicht nur die Landschaft, die er abstrakt versuchte einzufangen, sondern auch das Gefühl, dass er damit verband. Die Ruinen vom Schnee bedeckt, trostlos und kalt. Tot und leer. Er tauchte den Pinsel in Farbe, um sich wieder an die Arbeit zu machen.
Aurea konnte nicht unbedingt behaupten, dass sie sich in diesem Raum wohlfühlte. Dabei lag es nicht an dem Raum selbst, denn dieser war wunderbar warm durch das prasselnde Feuer und die bunten Farben der abstrakten Gemälde gefielen ihr gut. Vielmehr war es die Anwesenheit des Fremden, dessen Person sie bisher kaum entschlüsseln konnte. Es hatte Aurea geärgert, dass er ihr grundlegende Formen der Höflichkeit abgesprochen hatte, indem er sie daran erinnert hatte. Und sie wurde das Gefühl nicht los, dass er sich ihr erhaben fühlte. Sie sah das Nähen seines Mantels als einen Gefallen, doch sah er das genauso? Oder glaubte er, es wäre ihre Aufgabe, das nun für ihn zu machen? Es würde zumindest zu den Strukturen der Gilde passen und solange Aurea nicht wusste, wie sie diesen Mann zu nehmen hatte, würde sie weiterhin gut damit fahren, sich nach seinen Regeln auf ihn einzulassen. Doch ihr Interesse an den Bildern und die Bewunderung für seine Werke waren aufrichtig. Die Dhakalis hatte schon immer viel für solche Dinge übrig. Zwar malte sie nicht, sondern musizierte, aber ein Gemälde zu betrachten und darüber zu sinnieren konnte sie durchaus.
Sein leichtes Lächeln über den Ausdruck ihrer Bewunderung überraschten Aurea sehr. Es bewirkte, dass sie dieses herzlich erwiderte. Immerhin eine erste Regung der Menschlichkeit, das war doch beruhigend. Unangenehm hingegen war es der Dhakalis, dass sie nun auf dem Bett Platz nehmen sollte. Sie hatte natürlich keine Hintergedanken, doch war das Bett durchaus ein persönlicher Ort. Sie selbst würde nicht wollen, dass Fremde auf ihrem saßen. Und neben dem Mantel würde sie also noch einen Pullover nähen? Innerlich seufzte die junge Frau auf, nahm aber dann schließlich auf dem Bett Platz und sah sich zunächst den Mantel an. Dann glich sie die Farben ihrer dunklen Fäden mit dem Stoff des Mantels ab und hatte letztendlich den passenden gefunden. Aurea bemerkte nebenbei, dass A’Rhys zu malen begann. Immer wieder blickte sie auf seine Leinwand, lauschte dem Knistern des Feuers und fokussierte sich dann wieder auf den Mantel. Nach einiger Zeit war dieser wieder wie neu. Somit begann das Spiel von vorn, die Heilerin suchte sich den farblich passenden Faden für den Pullover und begann, die Risse zu flicken und abgetrennte Nähte auszubessern. Still ging sie dieser Tätigkeit nach, bis sie auch den Pullover wiederhergestellt hatte. Ihre hellen, graublauen Augen glitten daraufhin prüfend über den Mantel und den Pullover, damit sie sich noch einmal genau vergewissern konnte, dass beide wieder frei von Rissen und Löchern waren.
Fragend sah sie in die Richtung des Künstlers, welcher in sein Werk vertieft zu sein schien. Aurea reckte sich ein wenig zur Seite, um auf die Leinwand zu spicken. Auch dieses Werk hatte ihr Interesse geweckt und es war spannend, A’Rhys beim Malen zuzusehen. Langsam und vorsichtig ging sie näher heran und blieb mit etwas Abstand seitlich hinter ihm stehen, um ihm weiterhin zuzusehen. Sie hoffte, dass es ihn nicht allzu sehr störte, aber es hatte etwas beruhigendes, ihm bei der Pinselführung zuzusehen. „Dieses Bild wirkt anders, als die anderen“, murmelte Aurea irgendwann leise. Es war weder bunt, noch bestach es allgemein durch knallige Farben. „Es löst aufgrund der Farbgebung ein Gefühl von Unbehagen aus. Stellt es eine triste, seelenlose Landschaft dar?“, fragte sie vorsichtig nach, doch ihre Augen strahlten eindeutiges Interesse aus. Natürlich hoffte sie, ihm nun nicht auf den Schlips getreten zu sein. Aber vorhin hatte Aurea zumindest kurz den Eindruck gehabt, als habe er sich über ihre Wertschätzung seiner Bilder gefreut. Sie vergaß sogar für einen Augenblick die Kleidungsstücke, welche sie für ihn genäht hatte.
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Rhys hatte nicht mit Besuch gerechnet. Eigentlich kam auch nie jemand in sein Zimmer, um es sich hier bequem zu machen, was hauptsächlich wohl daran lag, dass es nicht unbedingt bequem war. Gut, sein Bett war gut zu liegen und durch die vielen Decken kuschelig und mit dem Feuer wurde es langsam wärmer, aber es gab von den Bildern abgesehen nicht viel zu sehen. Er hatte keinen Tisch oder Stuhl, keine Bücher im Schrank, die er lesen könnte – oder es zumindest üben. Das wäre noch etwas, dass er zeitnah in Angriff nehmen müssen würde, Lesen. Rhys verzog das Gesicht leicht und deutete Aurea sich auf das Bett zu setzen. Es gehörte sich nicht wirklich, aber eine bessere Möglichkeit fand er im Moment leider nicht. Er selbst kehrte zu dem Bild zurück, das er am Abend zuvor so zum Trocknen gelassen hatte, bevor er zu Bett gegangen war. Wenn Rhys auch vieles nicht hatte, er hatte einen ziemlich guten Schlafrhythmus, wenn nicht eine Quest forderte, dass er lange aufblieb. Durch seine Jagdzeit früh am Morgen ging er meist eben auch früh zu Bett. Er ging in die Hocke und rollte die Ärmel ein Stück weit auf, bevor er sich an die Arbeit machte. „Aurea – ist deine Heilfähigkeit auch dazu in der Lage, Narben zu heilen?“, fragte er, als er den feinen Pinsel in weiß tauchte und dünne Striche über das Bild zeichnete. Wie Flecke, wo sich die Sonne im Schnee spiegelte. In all dem Wald und verschneiten Wiesen im Norden von Fiore würde der Ort unmöglich auszumachen sein, den er da abbildete. Außerdem war er zu undetailliert, oder er hob den Schnee anstatt der Ruinen mit mehr Sorgfalt hervor. Er hörte irgendwann Aurea aufstehen und warf einen kurzen Blick zu ihr hinüber, als er in dunklere Schattierungen wechselte. „Bist du fertig?“ Er sah kurz auf die Farbe auf seinem Pinsel und fuhr mit der Zunge nachdenklich über seine Oberlippe. Seine Hände hatten weiße Flecken. Er konnte den Stoff somit nicht ansehen, ohne ihn zu beschmieren. Widerwillig beschloss er, erst die Farbe zu vertun und machte sich wieder ans Werk. Aureas leise Schritte hielten nahe bei ihm an, während er den Hintergrund dunkler färbte. Etwas überrascht davon, dass sie die Stimme erhob, warf er ihr einen kurzen Blick zu, ehe er nickte. Es war in der Tat anders. Es war kalt und leere, als fehlte etwas, dass nicht mit Händen zu greifen war. Rhys wusste, was fehlte und er hatte nicht vor, es hinzuzufügen. Das Bild war eine Hülle, eine Mauer um den Kern einer Person herum. „Du hast ein feines Auge für Kunst“ stellte er laut fest. „Interessiert es dich, Bilder und Gemälde?“ Rhys begann den Pinsel in dem kleinen Wasserbehälter vorerst notbedürftig auszuwaschen, bevor er aufstand und einen Schritt zurücktrat. „Deine Beschreibung trifft es gut. Es … es könnte eines Tages ein Geschenk an jemanden werden, dem es gewidmet ist.“ Auch wenn er nicht wusste, ob er es Lady @Máirín je geben würde. Vielleicht dann, wenn er einen neuen Blick hier ihre kalte Mauer werfen konnte, kalt wie der Schnee über ihrem Versteck in den Ruinen. Eine Spur von Ärger und Frust, aber auch Sorge, huschte über sein Gesicht. Er hatte seit fast zwei Wochen nichts von ihr gehört, nachdem sie ihn hinausgeworfen hatte. Etwas, das er ihr übel nahm – aber nachdem sie ihn nicht getötet hatte wie alle anderen, die sie mit zu sich genommen hatte, sollte er sich vermutlich nicht allzu stark beschweren.
Narben heilen? Grundsätzlich war das möglich. Aber diesen Dienst könnte Aurea ihm nicht erweisen. Zumindest noch nicht. Zwar war es ein einfacher Zauber, aber in der Ausbildung hatte sie sich auf die wichtigen Formen der Heilmagie fokussiert. Also blickte sie von ihrer Näharbeit auf und antwortete ihm: „Allgemein ist das möglich, ja. Es gibt einen Zauber dafür, allerdings müsste ich ihn erst erlernen. Er ist nicht kompliziert, allerdings brauche ich dafür Narben, um zu üben“ Anspielung angekommen? Aurea fragte nicht direkt danach, aber sie ließ die Aussage einfach mal im Raum stehen. Es wäre eine Win-Win-Situation. A’Rhys wäre die Narben los und sie hätte einen weiteren Zauber gelernt. Aber alles zu seiner Zeit.
Als Aurea seine Sachen fertig genäht hatte, war sie sogar noch so freundlich, die Teile ordentlich und akkurat zu falten, um sie sorgfältig auf dem Bett abzulegen. Natürlich widerstrebte es ihr, dass sie ein wenig als Dienstmagd ausgenutzt wurde, andererseits war das eben der Weg des geringsten Widerstands, welchen sie in Royal Crusade gewählt hatte. „Ja, ich bin fertig“, hatte sie auf seine Frage geantwortet, als sie den Pullover noch vorsichtig auf seinem Bett abgelegt hatte. Es wunderte Aurea, dass er nicht gleich ihr Werk prüfte, doch anscheinend hatte ihn gerade die Muse geküsst und er wollte erst sein Gemälde vollenden. Oder zumindest jenen Teil, welcher ihm gerade vorschwebte.
Es machte Aurea neugierig und sie wagte sich ein wenig Näher an A’Rhys heran, um seine Arbeit zu betrachten. Sie hoffte natürlich, dass er sich nicht daran störte, doch die junge Frau achtete darauf, gebührenden Abstand zu halten und sich leise und diskret zu verhalten. Dennoch kam sie nach einer Weile nicht ohnehin, sich zu dem schönen Gemälde zu äußern, weswegen sie ihre Beobachtungen offen kundtat. Sichtlich überrascht darüber blickte er kurz zu ihr, nickte aber dann bestätigend, ehe er ihr sogar ein feines Auge für Kunst zusprach. Unbemerkt atmete Aurea erleichtert auf und antwortete: „Ja, das interessiert mich durchaus. Früher habe ich öfter das Kunstmuseum in Crocus Town besucht. Ich selbst male nicht, aber ich finde es faszinierend, wie es anderen Personen gelingt, innere Prozesse wie Gedanken oder Emotionen in Bildern auszudrücken“, erzählte sie ihm und hatte wohl das erste Mal an diesem Tag wirklich viel mit A’Rhys gesprochen. Aurea konnte nicht behaupten, dass sie sich gut in der Kunst auskannte, aber einige Grundlagen hatte sie während ihres Studiums an der Universität in Crocus über freiwillige Kurse gelernt.
Aurea wurde hellhörig, als er ihr verriet, dass speziell dieses Gemälde ein Geschenk für jemanden sein könnte. Es war schön, das zu hören. Denn es verriet der Dhakalis, dass ein Herz in diesem Mitglied der dunklen Gilde schlug. Sie lächelte sanft und bemerkte jedoch im nächsten Augenblick, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Erst hatte sie geglaubt, er würde sich ärgern, doch sie meinte auch eine gewisse Qual, vielleicht Sorge erkannt zu haben. Sicher konnte sie es nicht sagen und sie war bei weitem nicht in der Rolle, ihn darauf anzusprechen. Aber um aufbauende, freundliche Worte war Aurea niemals verlegen: „Das ist ein schönes und sehr persönliches Geschenk. Diese Person kann sich sehr glücklich schätzen“, erwiderte sie also lächelnd, ehe sie sich wieder dem Gemälde zuwandte, um es noch einmal zu betrachten. Nachdenklich verschränkte sie die Arme, ehe sie ein vorsichtiges Resümee zog: „Umso länger ich es betrachte, desto mehr erinnert es mich an das Ruinenversteck“
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Rhys Finger fuhren über nachdenklich über seinen Hals und hinterließen einen weiße Farbfleck darauf. Er konnte die Narbe darunter spüren. Sie war nie wirklich schön zugewachsen, dass hatte die Tatsache, dass er daran gestorben und ein wenig zu lange im Graben gelegen hatte, mit sich gebracht. Es hatte ihn bisher nicht gestört, weil er sowieso immer mit Pullover und Mantel unterwegs war und er draußen gerne Pullover wählte, sie den Hals und Nacken auch bedeckten, aber wenn er das weniger werden ließ … es wäre nicht schlecht, die Narbe verschwinden zu lassen, wenn es möglich wäre. Allerdings war er nicht sicher, ob es eine gute Übung war. Er hatte bessere Narben, kleine Kratzer, die man kaum sah, von seiner Arbeit als Kind und Junge, bevor er zum Diener der Familie geworden war. „Benötigst du nur Narben oder auch Hilfsmittel, dir den Zauber anzueignen?“, erkundigte er sich danach, wie sie ihre Zauber überhaupt erlernte. Gelang es ihr einfach, folgte die Magie ihrem Willen, oder benötigte sie ein Buch oder eine andere Anleitung dafür?
Rhys hatte sich wieder seinem Bild zugewandt, als sie seine Kleidung zusammenlegte. Er konnte ihre Arbeit nicht überprüfen, ohne die schwarze Kleidung wie in Asche getaucht aussehen zu lassen, aber er vertraute darauf, dass Aurea gewusst hatte, was sie tat. Schlimmer hätte sie es sowieso nicht machen können. Also nickte er ihr kurz zu, während er sich daran machte, die restliche Farbe zu vermalen. „Gut, danke.“ Während er noch mit dem Bild beschäftigt war, kam die Heilerin näher und sah ihm über die Schulter dabei zu. Seine Miene entspannte sich, zeigte gar ein erfreutes und ehrlich interessiertes Lächeln, dass gerades so nicht die Spitzen seiner Fangzähne zeigte. Eine Kunstinteressierte. Gewiss hätte ihr Bosco mit den schönen Hallen und dem Mosaik an den Wänden gefallen. „In diesem Museum war ich noch nicht.“ Rhys war überhaupt noch in keinem Museum gewesen. „Hat es dir gefallen? Was gibt es dort alles zu sehen?“, fragte er nach. Er hatte die meiste Zeit seines Lebens zwar einen ziemlich schönen, großen Ort gesehen, aber eben auch nicht viel mehr gesehen und hier hatte sie ein Thema angesprochen, dem er neugierig gegenüberstand. Zudem freute es ihn, dass sie erkannte, was er mit dem Gemälde zu vermitteln versuchte. Rhys sah von ihr zu seinem Werk und dann zur Wand, wo weitere, wildere Bilder hingen. Er nickte langsam und strich sich mit dem Handrücken die Haare zurück aus dem Gesicht. Bei ihrem Kommentar zu der Person, die es bekommen würde, zuckte sein Mundwinkel leicht, auch wenn seine Miene düsterer wurde. Nachdenklicher, zweifelnd. „Ich bin nicht sicher, ob sie sich darüber glücklich schätzen wird. Persönliche Geschenke … sind denke ich nicht das, was sie bevorzugt.“ Er konnte nur mutmaßen, aber von dem, wie er Lady Máirín wahrnahm wirkte sie wie jemanden, der ihre Persönlichkeit gerne hinter vielen Schichten Eis und Feuer verbarg. Hinter hautbetonte Kleidern und Make-Up. Es stand ihr, aber sie schien sich oft wie eine Ertrinkende daran zu klammern. Zugegeben, nachdem er gesehen hatte, was war, wenn sie es nicht tat, verstand er es auch. Der Vampir blinzelte und wurde von Aureas Stimme zurück ins Zimmer gerissen. Für einen Moment wäre sein Herz stehen geblieben, wenn es nicht so langsam schlug, dass es im Augenblick sowieso ausgesetzt hatte. Dann runzelte er die Stirn, ehe ihm klar wurde, dass Aurea wohl das Versteck von Royal Crusade meinte. Mit den Ruinen lag sie richtig, nur war unter dem Schnee in seinem Gemälde ein anderes Geheimversteck verborgen. „Es ist nicht das Versteck, auch wenn du richtig liegst, dass es Ähnlichkeit aufweist.“ Rhys war sich, selbst wenn man es erkennen sollte, aber ziemlich sicher, dass auch Lady Máirín es nicht verkaufen würde. Vielleicht zerstören, aber nicht der Welt präsentieren.
Rhys schien wirklich aufrichtiges Interesse an diesem Zauber zu haben, welcher Narben verschwinden lassen konnte. Aurea sah seinen nackten Körper nicht, aber sie ahnte bereits, dass er wohl von zahlreichen Narben - oder einer besonders schrecklichen Narbe - gequält wurde, wenn er sie schon so danach fragte. Aurea hatte wahrlich ein gutes Herz und sie würde dem jungen Künstler helfen. Sie hatte sowieso überlegt, sich diesen Zauber anzueignen, hatte es allerdings für nicht dringlich empfunden. Damit er sein Gesicht wahren konnte, formulierte sie die Sache als ein Vorhaben ihrerseits, wobei sie Rhys natürlich die Wahl ließ, ihr Angebot anzulehnen oder eben nicht: „Ich müsste ihn noch einmal nachschlagen, um ihn mir in Erinnerung zu rufen. Würdest du dich etwa bereit erklären, mir zu helfen, ihn zu erlernen?“, fragte sie ihn also freundlich lächelnd. Damit würde sie seine Narben heilen können, wenn es das war, was er wollte.
Bald schon war das vorherrschende Thema die Kunst und Aurea hatte Rhys erzählt, dass sie öfter im Kunstmuseum von Crocus Town gewesen ist. Sie bemerkte, dass er Interesse daran hatte und wollte wissen, ob es ihr gefallen hatte und was es dort alles zu sehen gab. Schade, dass der junge Mann selbst noch nicht die Chance dazu gehabt hatte, das Museum zu besuchen. „Es ist ein unglaublich großes Kunstmuseum. Grundsätzlich wird dort jede Form von Kunst ausgestellt. Den Großteil machten tatsächlich die Gemälde aus, aber es gab auch abstrakte Skulpturen oder Statuen von Bildhauern. Selbst eine Abteilung für Fotografie gab es“, erzählte sie ihm mit leuchtenden Augen. „Es gab Werke, welche dauerhaft dort ausgestellt wurden. Andere wurden geliehen und nur über eine gewisse Zeit ausgestellt. Und an ein paar ausgewählten Tagen im Jahr konnten die ortsansässigen Künstler oder Hobbykünstler ihre Werke dort ausstellen. Wäre das nicht auch für dich interessant?“, fragte sie Rhys mit aufrichtiger Begeisterung.
Es fiel Aurea durchaus auf, dass Rhys‘ Mundwinkel ab und an zuckten, einmal hatte er sogar ein Lächeln gezeigt. Fiel ihm das etwa so schwer? Tja.. die Dhakalis konnte im Grunde nur für sich sprechen. Sie würde sich über ein persönliches und solch mühevolles Geschenk freuen, mehr als über etwas lieblos Gekauftes. Aber natürlich kannte sie die Person, für welches dieses Gemälde gedacht war, nicht. Vielleicht war es ihr unangenehm, so etwas geschenkt zu bekommen? Nicht jeder konnte mit so etwas umgehen. „Hm“, meinte Aurea also nachdenklich über die Einschätzung des Künstlers. „Es verliert ja nicht an Wert, wenn du es nach der Fertigstellung noch ein wenig behältst. Dann schenkst du es dieser Person vielleicht, wenn du dir sicher sein kannst, dass sie sich freuen wird“, schlug sie vor und lächelte Rhys sanftmütig wie immer an.
Es war Aurea nicht entgangen, dass der Künstler nach ihrer Interpretation ein wenig.. erschrocken wirkte. Aber warum? Hatte bisher noch niemand seine Gemälde treffend interpretiert? Natürlich konnte die Heilerin nicht einmal erahnen, warum Rhys so reagiert hatte. Nun, immerhin lag sie nicht völlig daneben, mit Ähnlichkeiten konnte die junge Frau leben. „Unabhängig davon, woran du dachtest, als du es gemalt hast: Mir gefällt es gut“, gab sie ein abschließendes Resümee über sein Werk und meinte es auch so. Ein wenig sah sie ihm noch beim Malen zu, allerdings wollte sie ihn mit ihrer Anwesenheit nicht überstrapazieren. „Na gut, A’Rhys. Ich möchte dich nicht länger stören. Wenn du mit deinem Mantel und deinem Pullover nicht zufrieden bist, dann sag mir Bescheid“
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Rhys zögerte kurz, ehe er nickte. „Natürlich.“ Auch wenn er Aurea nicht als jemanden sah, der über ihm stand, waren manche Phrasen und Antworten fest in seinen Kopf eingebrannt. Es war vielleicht nicht wirklich seine Sache, wie es ihr ging oder wie viele Zauber sie konnte – zumindest, solange er nicht mehr als gerade mit ihr zu tun haben würde. Allerdings musste er zugeben, dass ihre Magie und ihr Können mit Nadel und Faden ziemlich praktisch war. Zudem war es nicht so, als fände er ihre Anwesenheit unangenehm. Und selbst wenn, hätte er das nur diskret gezeigt. „Wenn du den Zauber nachgeschlagen hast, solltest du mich unter Tags meistens hier finden können, sofern mich keine Quest an einen anderen Ort zieht.“ Nach seinem frühen Frühstück hatte er hier Zeit für sich und die Bilder. Was ihn daran erinnerte, sich irgendwann in die helle Sonne zu wagen, die hier oben nicht einmal warm war, um sich in der Bibliothek ein Buch auszuleihen. Morgen, bevor er zurückkehrte, könnte gut passen und er könnte es noch mit einem ordentliches Frühstück verbinden, wie er es als Mensch gegessen hatte.
Wie es schien, wurde seine Liste an Dingen, die er kaufen, besuchen oder ausborgen wollte, immer länger. Nicht zum ersten Mal wunderte es, was diese paar Worte von Lady Máirín mit ihm gemacht hatten. Das Gitter um ihn herum war vor etwa einem Jahr verschwunden, aber bisher war er dennoch auf den vertrauten Quadratmetern geblieben, als hätte ein Teil von ihm nicht gewusst oder daran geglaubt, dass er wirklich … frei war zu tun, was er wollte. Er hatte noch nie das erforschen können, was ihn ausmachte und was er wollte und was nicht. Kunst allerdings liebte er und auch Aurea schien davon angetan. Der Vampir entspannte sich und ein ehrliches Lächeln verzog seine Mundwinkel nach oben. Fotografie war ihm ebenfalls noch eher neu, aber was sie erzählte … Er spürt den Zug, den Funken von Interesse, der immer heller zu brennen begann. „Das klingt nach einem schönen Ort.“ Er nickte zustimmend und legte schließlich auch den Pinsel weg, um sich die Hände zu waschen. „Ich nehme an, man kann dafür vor Ort mit den Personen sprechen?“, fragte er, während er sich das Weiß vom Handballen schrubbte. Und selbst wenn nicht, hingehen würde er auch so gerne einmal. Die Heilerin hatte weiterhin nette Worte für ihn, munterte ihn auf, was sein Vorhaben mit dem Bild betraf. Er zuckte leicht die Schultern und trocknete sich die Hände an dem Tuch ab, dass neben der Wasserschale lag. „Da hast du Recht.“ Ob es der Daeva aber jemals gefallen würde? Er würde nicht darauf zählen. Doch wie sie gesagt hatte, sie beide hatten ziemlich viel Zeit, um das Bild auszutauschen – mehr, als Aurea vermutlich ahnte. Der Vampir hatte sich während dem Gespräch seiner Kleidung genähert und sah diese mit einem zufriedenem Gesichtsausdruck durch. „Du hast gute Arbeit geleistet.“ Er hob die Kleidung hoch, um sie später in den Schrank zu hängen, und drehte sich noch einmal zu der Heiler um, um ihr zuzunicken. „Danke.“ Er verkniff sich ein: „Du kannst jetzt wegtreten“, gerade so. Es gab einen feinen Unterschied zwischen dem, wie Diener miteinander umgingen – also sie beide, oder ein Diener und ein Adeliger. Und letzteres war Rhys nicht. So sah er ihr zu, wie sie das Zimmer verließ, um dann seine Sachen auf die linke Seite zu hängen; die, wo er bereits getragene für den nächsten Tag aufbewahrte.
Aureas Plan schien aufgegangen zu sein. A’Rhys war damit einverstanden, dass sie den Zauber, welcher seine Narben verblassen ließ, an ihm erlernte. Ob er bemerkt hatte, dass sie nur deshalb ein Angebot gemacht hatte, damit er sie nicht bitten musste? So war die Dhakalis nun einmal, sie war eine gute Seele und selbstlos. Wenn sie diesem Mann damit eine Freude machen konnte, dann würde sie es tun. Abgesehen davon würde es nicht schaden, diesen Zauber zu erlenen. „Dann werde ich in der nächsten Zeit auf dich zukommen. Vielen Dank“, versicherte sie ihm also, dass sie mit dem nötigen Theoriewissen zurückkehren würde.
Es entging Aurea nicht, dass Rhys aufrichtig lächelte, als sie ihm von dem Kunstmuseum in Crocus Town erzählte. Es machte ihn sympathischer und nahbarer, dass er so für seine Leidenschaft brannte. Manchmal hatte Aurea das Gefühl, dass sich hier in Royal Crusade so manch Seele verirrt hatte. War sie die einzige, die völlig unfreiwillig hierher geraten war? Oder bot diese dunkle Gilde auch für diejenigen eine Zuflucht, die nicht wussten, wohin? Waren sie Unschuldige, die für niedere Zwecke aufgenommen worden waren? Diese Sache stimmte die Dhakalis wirklich nachdenklich. Natürlich konnte sie nicht in die Köpfe der anderen schauen, aber sie hielt ihre Theorie nicht für unmöglich. So, wie Rhys sprach, schien er die Welt nicht zu kennen. Er liebte die Kunst, kannte aber keine Kunstausstellungen oder Museen? Dort könnte er sich mit Gleichgesinnten und Experten austauschen. Das würde ihm doch Freude machen, oder? Es war vieles wirklich undurchsichtig. „Richtig, dort arbeiten viele Personen, die dich darüber aufklären würden“, bestätigte Aurea seine Frage, an wen er sich wenden müsste. Er schien ehrliches Interesse daran zu haben, seine Kunst selbst einmal auszustellen.
Als der Vampir, über dessen eigentliche Identität Aurea nichts wusste, seine Kleidung betrachtete, hielt sie trotz ihrer eingeleiteten Verabschiedung inne und sah gebannt zu ihm. Aber er war zufrieden, na ein Glück. Aurea lächelte ihn sanftmütig an und nickte. „Schön zu hören“, schmunzelte sie, schließlich machte er schon wieder den Eindruck, als meinte er, sie sei einer Pflicht nachgekommen. Sein Glück also, dass er sich seinen Satz verkniff. Aber Aura kam nicht ohnehin, noch etwas in diese Richtung anzumerken, als er sich bedankt hatte: „Ich habe dir den Gefallen gern getan. Es war wohl einfacher, es eben selbst zu machen, als erst jemanden zu finden, der nähen kann“, erklärte sie ihm sanft lächelnd und hoffte insgeheim, dass ihre Botschaft, dass es nur ein Gefallen ihrerseits war und keine Pflicht, angekommen war. So oder so, es war an der Zeit zu gehen. Doch Aurea hatte das letztendlich heute ganz angenehm gefunden. Sie nahm sich vor, die Augen offen zu halten und vielleicht könnte sie ja eine Zeitschrift oder wenigstens einen Flyer vom Kunstmuseum besorgen, dann könnte er sich das in Ruhe ansehen. So marschierte die Heilerin wieder zurück auf ihr Zimmer, vielleicht war Norman ja bereits da.
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