Ortsname: Blutkreuz Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Die bekannte Schenke „Blutkreuz“ ist nicht nur ein Ort, an dem sich das Gesindel und der Abschaum der Stadt trifft, um gemeinsam zu trinken und dabei die Wechsel der Welt auf laustarke und eingenomme Art und Weise zu diskutieren, sondern wo auch mehrmals täglich das Blut über mehrere Tische schießt, weil man sich einer spontanen Eingebung folgend an irgendeiner Stelle im Raum wieder zu einer Schlägerei hinreißen lassen hat. Einen entsprechend räudigen Eindruck erweckt daher auch die gesamte Bar, welche mehr einer einsamen Absteige gleicht, als einem wirklich erfolgreichen Lokal.
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»Reden« - »Heimatsprache (Dalkan)« - Erdmagie
Main Theme | Battle Theme | Voice | Steckbrief The earth has music for those who listen.
Alles hatte seine Gründe. Die Dinge die man tat, Dinge die man nicht tat. Die menschliche Psyche war einen komplexes Gebilde, wie ein Knoten, aus Fäden der Zeit. Der Vergangenheit. Es gab immer Fäden, die man leicht aus dem Batzen herausziehen konnte und jene, bei denen es nicht möglich war. Jene waren mit anderen verwoben, verknotet. Wenn man einen dieser festen Knoten lösen wollte, musste man die anderen mitlösen. Um etwas neues aus den Fäden zu schaffen, musste man das Geflecht auseinandernehmen, ordnen und neu zusammenbauen. Doch manchmal sollte man es nicht. Manche Fäden waren nicht bestimmt dazu, gelöst und befreit zu werden. Manche Knoten sollten nicht gelöst werden. Es gibt Dinge, die für den Träger des Geflechtes zu schmerzhaft sind. Zu traumatisch. Man versuchte doch nur sich selbst zu schützen. Deswegen zogen sich die Knoten manchmal enger, anstatt dass sie sich lösten. So war es auch mit Mái. Jeden Tag zog der Vampir einen neuen Faden aus dem Geflecht der Daeva. Fand etwas neues an ihr, fand etwas neues über sie heraus. Doch dieses Mal hatte er einen Faden erwischt, der mit anderen eng verwoben war. Hatte zu fest daran gezogen. Zu tief gegraben. Nun musste er mit den Konsequenzen leben. Und die Untote musste damit leben, dass sie es zugelassen hatte. Sanft war die Berührung, sanft der Griff der sich um ihre nackten Beine legte. Erst war es ein Streicheln, ein tanzen auf ihrer Haut, dann wurde es fester und umgriff sie, legte sich um sie und hob sie hoch. Auch an ihrem Rücken tanzten seine Finger... Legten sich um sie und stützten sie, während sie in seinen Armen lag. Ihr Kopf fiel automatisch gegen seine nackte Brust und ihre Finger griffen nach dem Laken, das er ihr gab. Der Stoff war nicht sonderlich hochwertig, aber es würde wohl seinen Zweck erfüllen müssen und sie beide ein wenig abschirmen. Gemeinsam gingen sie die Treppen hoch, wobei Mái ja nicht selber ging. Rhys drückte mit seinem Arm die Türklinke herunter, stieß die Tür wieder zu als sie durch waren und wirkte zielich erleichtert und ein wenig erschöpft, als er die Untote auf den Boden der Dusche setzte. Er kramte ein wenig rum, schnappte sich Tücher oder sowas, bis er sich wieder hinter sie kniete, sodass sie sich an seine Brust lehnen konnte. Er war warm... Es mochte an seinem gefüllten Magen oder dem warmen Wasser liegen, dass aus dem Duschkopf prasselte. Doch irgendwie fühlte sich das gut an... Zu gut. Als Rhys sie aufforderte die Augen zu schließen, kam sie dieser Bitte nach, schloss die Lider und ließ ihn passieren. Sanft wischte er mit dem Handtuch über ihr Gesicht, erst ihre Stirn, dann die Augenbrauen, die Nase, die Wangenknochen... Die Wangen, das Kinn und dann die Lippen. Normalerweise hätte die Daeva ihn geärgert, ihm die Arbeit erschwert.. Doch irgendwie war ihr nicht danach. Sie fühlte sich ausgelaugt, energielos und schwach... Sie wollte einfach nicht. Rhys konnte die Beweise vernichten, das Blut von ihren Händen waschen, aber es würde nichts an der Tatsache ändern was passiert war, was sie getan hatte. Er fuhr weiter, über ihren Hals, ihre Schultern, ihre Schlüsselbeine, ihr Dekollté... In der Zwischenzeit hatte sie die Augen wieder geöffnet und ihre schwache Reflektion im Glas ins Visir genommen. Es war ihr egal, wie es für Rhys klang... Ob es klang als wäre sie verrückt, weil sie offensichtlich mit sich selbst sprach. Wobei sie eher zu sich sprach, als mit sich. Über sich und das nicht gerade positiv. Rhys sagte nichts, machte einfach weiter. Gute Entscheidung. Ein leises Kichern entrang ihr und wieder richtete sie das Wort an sich selber, während die Leere in ihr von Hass erfüllt wurde. Hass gegenüber ihrem Spiegelbild, ihr selbst. Máirín ging nicht auf Rhys ein, waren sie unbedeutend. Rhys hatte keie Ahnung. Wie alt war er nochmal? Nicht einmal 30 Jahre? Wie lange war er nochmal ein Vampir, ein Untoter? Bestimmt nicht einmal ein Jahr. Eigentlich hätte sie ihm dafür die Zunge rausreißen müssen. Das er es wagte, seinen Kontrollverlust mit ihrem zu vergleichen. Vor allem, wenn sie eine völlig andere Beziehung dazu hatten. Rhys war wie ein Kind, das glaubte die große Welt verstanden zu haben. Dabei wusste er rein gar nichts. Wagte es aber ihr zu sagen, dass sie nur üben konnten es zu verhindern. "Du weißt, was passiert, wenn sie es rausfinden...", kicherte sie, erstickte es schlussendlich in einem lauten Seufzen, als ihre Hand instinktiv den Weg in ihren Nacken fand. Rhys würde es wohl nur sehen, wenn er ihr Haar zur Seite schob, doch nach wie vor throhnte in ihrem Nacken das Tpyhon Symbol. Das Lacrima, dass man ihr in die Haut gebrannt hatte. Das sich wie ein Parasit an ihr zentrales Nervensystem geheftet hatte. "Ich bin eine Blutmagierin... Das was ich an Blut schöpfe und für Zauber aufbringe, regeneriert sich wieder... Sehr schnell... Man könnte auch fast meinen, dass ich extra Blut für meine Magie produziere...", erklärte sie, fuhr nachdenklich mit ihren Fingern über ihre Hand. "Denkst du wirklich, dass ich noch hier wäre, wenn meine Magie mich töten würde?", murmelte, fast schon spöttisch. Noch während sie sprach, war in ihr das Verlangen aufgebrannt... Das Verlangen das zutun was kein anderer tat. Sie war immer bestraft worden... So gehörte es sich. Eine Bestrafung musste sein. Dieses Verlangen, dieser Funke von brennendem Verlangen blitzte wie Wahnsinn in ihren orangenen Augen auf, ehe sie ihren Finger umschloss und das Knacken ertönte. Der Schmerz, der physische Schmerz überrollte sie wie eine Lawine, die sie unter sich zu begraben drohte, während sich ihre Tränen mit dem Wasser vermischten. Doch ihr Gesicht war keineswegs von Schmerz erfüllt... Nicht von Schmerz allein. Genugtuung zog sich darüber. Genügend, dass sie zuließ, dass Rhys den Griff ihrer Finger um den nun gebrochenen Ringfinger löste und diesen begutachtete. "Tu nicht so, als würde es dich überraschen... Als würde dich etwas daran stören... Knochenmagier.", murmelte sie, sah ihm ruhig in die Augen, schmunzelte aber. Wenn auch nur für kurze Zeit, denn sie schloss diese um den Schmerz weiter auszukosten. Das tat gut. Es schmerzte, aber sie fühlte sich von dem physischen Schmerz besser. Jemand der rational auf die Situation blickte, wusste, dass es ales andere als gut war, aber Mái war nicht rational. Sie ließ sich von Rhys auf die Beine ziehen und den Rücken waschen, summte leise, erfüllt von dem Adrenalin, dass immer noch durch ihre Adern pumpten. Sie ging mit ihm aus der Dusche, setzte sich wie er es ihr anwies und zog das Handtuch, dass er über ihre Schultern zog ein wenig enger. Auf seine Frage hin schmunzelte sie. "Vielleicht hätte ich mir den Zeigefinger oder Daumen brechen sollen... Dann würdest du diese Frage nicht stellen... Und selbst, wenn doch, hätte ich sagen können, dass ich es so nicht kann.", sprach sie provokant, auch wenn sie weniger charmant von ihrer Stimme untermauert wurden wie sonst. Im nächsten Augenblick griff sie dann aber hinter sich und löste den Verschluss ihres Oberteiles und warf es achtlos auf den Boden. "Schon schade... War gar nicht so billig.", meinte sie, zuckte dann mit den Schultern und ging an Rhys vorbei zurück in die Dusche, ließ das Handtuch vorher auf den Boden falle und wusch sich dann nochmal den Rest des Blutes ab, der unter dem Oberteil gewesen war. Danach lehnte sie sich in den Eingang der Dusche, verschränkte die Arme, sodass das nötigste bedeckt war. "Soll ich mein Höschen auch noch ausziehen?", fragte sie, breit grinsend. "Oder willst du das machen, Daddy?"
Es gab Momente, in denen Dinge unwichtig wurde. Situationen, die einen aus der eigenen Befangenheit rissen, mit großer Wucht an einem zerrten und einem keine Chance ließen, so zu bleiben wie man war. Es waren Augenblicke, in denen etwas anders viel, viel wichtiger wurde als noch Minuten zuvor gewesen war. Was spielte es für eine Rolle, was die rothaarige Frau in seinen Armen trug oder nicht, wenn sie sich erschöpft an seine Brust lehnte? Für den Vampir zählt nicht länger, ob sie ein Kleid trug oder nur in Unterwäsche vor ihm saß. Der einzige Unterschied war, dass das Blut direkt auf ihrer Haut klebte. Es war so viel. Wie ein roter Schleier trennte es sie von der Realität, die außerhalb dieses Ortes auf sie beide wartete. Es war, als hätte das Blutkreuz seinen Namen wirklich nicht umsonst. Ob es der Zauber der Schänke war, oder ob ihre Spielchen einfach zu viel geworden waren, ob das kochende Wasser einfach übergeschwappt war, das immer zu brodeln begann, wenn sie sich einander annäherten, vermochte er nicht zu sagen. Im Gegensatz zu ihrer Bekleidung war es aber essenzieller. Das Chaos, das sie umgab, musste sich entspannen. Wenn sie weiterhin von Drama in Drama stolpern würden, würden sie am Ende beide tot in diesem Badezimmer auf dem von Duschdampf feuchten Boden liegen. Erstmals kam Rhys der aktive Gedanke, dass sie sich vielleicht doch nicht gut taten. Oh, gute Laune hatten sie sich nicht verschafft, aber sie war ihm eine Rettungsleine zu seinem alten Leben gewesen. Vielleicht sollte er sie loslassen. Es lief doch auf nichts Gutes für sie hinaus. Doch der Vampir löste die Finger nicht von dem Tuch, mit dem er sanft ihr Gesicht von dem Blut reinigte. Seife sparte er sich, es ging nur darum, dass sie beide nicht länger, wie die irren Attentäter auf der Flucht aussahen, die sie waren. Auf der Flucht von Bosco, auf der Flucht vor sich selbst. Der Vampir machte an ihrem Oberkörper weiter, bis selbst das Wasser das Blut nicht mehr aus dem Handtuch waschen konnte, dass sich damit vollgesaugt hatte. „Ich hattet übrigens Recht“, murmelte er schließlich und betrachtete ihre geschlossenen Augen, die nassen, dunklen Haare, die ihm auf der Brust klebten. „Schön seid ihr.“ Dann schwieg er wieder, auch als sie das Wort erhob und mit sich zu sprachen begann. Mit dem Bild in der verschwommenen Spiegelung. Ihr Kichern passte nicht zu den hasserfüllten Worten, die sie an sich richtete. Rhys sagte erst nichts dazu, sondern machte mit seiner Arbeit weiter, ihre Haut wieder sauber zu bekommen. Er hatte geahnt, dass Lady Máirín nicht immer so war, so hart, so nur auf ihr Vergnügen bedacht und dass sie ihren Willen bekam. Nicht immer ein fieses, manipulierendes Miststück war, auch wenn man sich nur allzu leicht davon täuschen lassen konnte. Sie spielte es auch ausgezeichnet, wie er oft genug am eigenen Leib erfahren hatte. Doch darunter war jemand, der viel mehr zu fühlen schien. Rhys hatte einmal den Fehler gemacht, sie darauf anzusprechen. So fragte er nicht, wer erbärmlich war. Wer wen hasste. Die Daeva Máirín oder Máirín die Daeva. Er würde nicht wieder in ihr herumstochern wie in einem Bienennest. Ein Angriff der Bienen hatte ihnen beiden gezeigt, was er ausrichten konnte. Erst ein Stück später bezog er sich auf die Kontrolle, von der sie sprach. Zunächst dachte er schon, sie würde nicht darauf eingehen. Rhys war durchaus bewusst, dass er andere Erfahrungen mit der Kontrolle hatte, aber auch seine letzte Erfahrung damit war nicht lange mehr. Da hatte er sie beinah getötet, sie sie ihn jetzt erstickt hätte, hätte er sich nicht losgerissen und sie zurückgedrückt. „Sie? Was soll passieren, Lady Máirín?“ Er zog den Kopf zurück, um nicht ihren Ellbogen abzubekommen, als sie sich in den Nacken griff, über das Tattoo. „Sie werden es nicht herausfinden“, versprach er, alles was er glaubte, sagen zu können. Rhys würde nicht über diese Zeit hier sprechen. Mit wem auch? Erst ihre weiteren Erklärungen beruhigten ihn und er nickte langsam. Er war froh, dass es nicht der Fall war. Und abermals erstaunt, wie ähnlich und unterschiedlich sie sich zugleich waren. Ein Widerspruch in sich. Auch seine Knochen wuchsen augenblicklich nach, riss er sie sich heraus. Das musste ein ähnliches Prinzip sein … Eine Magie, die ihren Wirt nicht tötete, auch wenn es so wirken mochte.
Dann tat sie … etwas. Ein Knacken. Rhys beugte sich wieder vor, sah ihre Hand ihren Ringfinger umklammern. Das irritiere war Lady Máiríns Ausdruck. Ihr Gesicht zeigte den Schmerz, war er wurde überlagt von etwas anderem … etwas Falschem, das nicht hier hingehörte. Sie genoss es. Er hatte bereits gemerkt, dass sie es nicht störte, wenn er sie schmerzhaft biss, doch das … warum hatte sie das getan? Er sprach den Gedanken laut aus, doch die Daeva sah ihn nur ruhig an. „Ich bin Knochenmagier. Blutsauger. Kein Knochenbrecher“, korrigierte er sie und beobachtete ihren Finger. „Und ich breche mir selten mit Absicht die Knochen, wenn es keinen hohen Wert erfüllt. Und dieser Wert muss sehr, sehr hoch sein.“ Rhys hob sie mit sich hoch und er spülte ihren Rücken und ihre Haare durch. Dann führte er sie aus der Dusche. Sie tropften den Boden voll, als er sie bat, sich zu setzen. Rhys fuhr ihre Haar entlang um es etwas auszuwinden, ehe er sie betrachtete. Das Blut war zum Großteil weg, abgesehen von ihrer verschmierten, mit Rot und Wasser vollgesogenen Kleidung. Er verzog das Gesicht, presste die Lippen zusammen. „Ich bin sicher, Ihr könntet euch auch so noch ausziehen, wenn Ihr es wollt.“ Auch sein Nett-sein hatte seine Grenzen. Dann entledigte sie sich des BHs auch schon. Rhys konzentrierte sich, sich nicht ablenken zu lassen und ob das Ding stattdessen auf, um es in der Dusche ebenfalls auszuwinden. „Sauber wird es nicht mehr … was benötigt Ihr an Ersatzkleidung, um einkaufen zu gehen?“, fragte er und legte den BH auf dem Rand des Waschbeckens ab. Mit tropfnassen Haaren und Hose stand er so in mitten des Zimmers und sah fragend zu der Daeva hinüber. Diese hatte sich den restlichen Oberkörper gewaschen, so, als würde der Finger sie wirklich nicht groß stören. Rhys zog die Brauen zusammen. Das gefiel ihm wirklich nicht. Das war aber nichts gegen das, was folgte. Der Vampir legte irritiert den Kopf schräg. Daddy? Er kannte das Wort … aber er hatte keinen Schimmer, wie sie darauf kam. Das einzige was er sich erklären konnte war, dass sie ihn neckte, weil er sie Prinzessin genannt hatte. So ganz logisch erschien es ihm weiterhin nicht, dass sie genau jetzt darauf zu sprechen kam, aber durchschaubar war die Daeva für ihn sowieso nicht wirklich. Sie versteckte viel zu viel von ihr, als dass ihm es möglich gewesen wäre, sie zu verstehen. So zuckte er die Schultern und drehte ihr den Rücken zu, um sich im Spiegel zu betrachten. Nasse, violette Haare, die ihm an den hohlen Wangen klebten. Lange, gerade Nase. Hellgrüne Augen, schmale Lippen. Ein bisschen Blut. Rhys wuchs sich mit den Händen das Gesicht und den Oberkörper, sodass er ein Stück besser aussah. „Wascht Euch und trocknet Euch ab. Ich werde sehen, Kleidung ich für Euch auftreiben.“ Die Hose behielt er an, im Moment war das Blut gut durch den durchnässten Stoff getarnt. „Und versucht Euch bitte, nicht wieder wehzutun“, bat er noch, dann öffnete er die Türe.
Wieder einmal hatten sie einander auf die Spitze getrieben, von dieser heruntergestoßen und wurden nun von der Lawine des Desasters erdrückt, überrollt. Man konnte fast meinen das es fair war. Denn bisher hatte die Daeva den Vampir immer über die Kante, in de Abgrund gestoßen. Noch nie waren die Rolle vertauscht gewesen. Bis an diesen Tag. Rhys hatte Mái über die Kante, in den Kontrollverlust gestoßen und durfte nun mit anblicken, was eine mögliche Konsequenz davon war. Was passieren konnte, wenn man dies tat. Doch das sie einander herausforderten, auf die Palme brachten bedeutete doch nicht gleich, dass sie einander nicht gut taten? Denn wenn man danach ging, müsste die Daeva allein bleiben. Sie war schwierig, kompliziert und vor allem problematisch. Aber sie hatte es sich nicht ausgesucht. Es war nicht ihre Entscheidung gewesen, so zu Enden. Es war nicht ihre Entscheidung gewesen, in ihre Familie hineingeboren zu werden. Es war nicht ihre Entscheidung gewesen, an dieses Monster verkauft zu werden und von ihm misshandelt, missbraucht zu werden. Es war nicht ihre Entscheidung gewesen, von ihm getötet zu werden. Kaum etwas in ihrem Leben war ihre Entscheidung gewesen oder hatte in ihrer Kontrolle gelegen. Sie hatte sich durchgekämpft und war zu dieser Person, dieser Daeva geworden. Sie konnte nicht anders. Machte dies, sie gleich zu jemand schlechtes? Immerhin hieß es doch immer: Monsters are made, not born. Die Daeva wurde ein wenig hellhörig, als der Vampir meinte, dass sie recht hatte. Womit hatte sie recht gehabt? Wenn sie nicht gerade so in ihrem Film gefangen wäre, hätte sie sicherlich stärker, intensiver darauf reagiert, dass er sagte, dass sie schön war. Womöglich hätte sie sich darüber gefreut und ihn ein wenig damit aufgezogen. Doch das tat sie nicht. Sie hielt die Augen geschlossen und ließ ihn das Blut von ihrem Körper wischen. Danach hatte sie das Wort an sich selbst gerichtet und Rhys wirkte ein wenig verstört und überrascht davon. Sie wusste genau, was passieren würde, wenn sie es erfuhren. Rhys wusste offensichtlich und verständlicherweise nicht wen sie meinte. Wie sollte er auch? Er wusste im Prinzip nichts über die Daeva, nur das, was sie wollte, dass er es wusste. Von dem Zwischenfall gerade Mal abgesehen. Dann hatte sie sich auch schon den Finger gebrochen und bewunderte ihr Werk, was die meisten als selbstzerstörerisch und gefährlich, schlecht betiteln würden. Doch Mái brachte das Adrenalin das ihre Adern durchflutete ein Gefühl von Genugtuung und Zufriedenheit. Sie hatte sich bestraft, so wie es sich gehörte. Während Rhys das Wort erhob und irgendwas laberte, was Mái zeigte, dass er ihre Worte null verstanden hatte, legte sie ihren Finger auf seine Lippen. "Das mein ich nicht.. Ich meinte, dass du als Knochenmagier ziemlich abgehärtet sein müsstest. Das du dich an dem Anblick nicht stören dürftest... Nicht, weil du es selber oft oder willentlich getan hat. Ich mein, ich bin Blutmagierin. Ich störe mich am Anblick von Blut auch nicht.", erwiderte sie und löste ihren Finger dann wieder von ihm und kostete den Schmerz ein wenig weiter aus. Rhys hob sie hoch und setzte sie auf einen Hocker der im Bad stand ab. Auf ihren Kommentar hin, sagte der Vampir etwas, was die Daeva leise zum Lachen brachte. "Das stimmt wohl...", meinte sie während sie sich des Kleidungsstückes entledigte. Danach musterte sie das Gesicht des Mannes kurz. Sie streckte die Hand aus, strich sanft über seine Wange, öffnete kurz de Mund als wollte sie etwas sagen, schloss ihn dann aber wieder und ging wieder in die Dusche, um sich das Blut welches unter dem BH gewesen war abzuspülen. "Nichts... Ich hab ja noch das Kleid und das kann ich auch ohne Unterwäsche tragen.", erklärte sie und hatte bald auch schon das Blut vollends weggewischt und sich in die Duschtüre gestellt. Provokant hatte sie ihn gefragt, ob sie ihr Höschen auch noch ausziehen sollte oder ob er das machen würde. Dabei hatte sie ihn "Daddy" genannt. Das hatte mehrere Gründe... Einmal, weil er sich gerade um sie kümmerte, wie ein Vater sich um seine Tochter kümmerte. Außerdem wollte sie ihn ein wenig necken und ahnte, dass er nichts von dem sexuellen Hintergrund des Begriffes Daddy kannte. Rhys wirkte ziemlich standardmäßig... Zumindest schätzte Mái ihn so ein. Wirklich kinky wirkte er auf sie nicht. Dass er es nicht verstand, bestätigte sich, als er irritiert den Kopf schief legte. Danach zuckte er mit den Schultern und drehte sich von ihr weg. Mái schmunzelte und entledigte sich ihres Höschens und begann sich nochmal komplett abzuduschen. Als Rhys gehen wollte, war sie gerade aus der Dusche gestiegen war und wickelte ihren Körper in eines der große Handtücher. "Ich hab doch gesagt, dass ich einfach das Kleid anziehen werde...", meinte sie und verdrehte die Augen, während sie das Handtuch festknotete. Ihr Kopf schreckte hoch, als sie hörte wie Rhys die Tür öffnete. Er wollte wirklich jetzt einfach abhauen. "Ich kann für nichts garantieren... Vielleicht solltest du bleiben, um das sicherzustellen?", sprach sie und ging zu ihm, legte ihre Hand auf Rhys, die sich um den Türknauf gelegt hatte. "Nur für den Fall der Fälle?", meinte sie und kaute leicht auf ihrer Unterlippe. Wenn Rhys aufmerksam wäre und nachdenken würde, würde er vielleicht verstehen, was sie eigentlich wollte. Sie wollte nicht, dass er ging und sie alleine ließ. Sie wollte, dass er bei ihm blieb, schaffte es aber nicht, dies auch zu sagen. Während sie sprach, sah sie ihm nicht in die Augen, drängte sich stattdessen zwischen ihn und die Tür, drückte diese wieder zu. Oder versuchte es zumindest. Wenn Rhys seine Stärke nutzen würde, könnte sie ja nicht wirklich dagegen halten. Ein wenig zögerlich löste sie die Finger das Mannes von dem Türknauf, nahm sie in ihre Hand und strich sanft darüber. "Bleib bei mir..", sprach sie leise und hob unsicher den Blick, sah in seine Augen und schluckte. "Bitte..." Es kostete sie sehr viel Kraft, ihm in diesem Moment in die Augen zu sehen und diese Worte auszusprechen. Immerhin war es eigentlich nicht ihre Art, andere um Dinge, um Gefälligkeiten zu bitten. Meist forderte sie es oder befahl es. Doch sie war sich bewusst, dass sie Rhys nicht zwingen konnte... Okay, sie könnte schon, aber irgendwie wollte sie es nicht. Sie wollte, dass er blieb weil er wollte. Nicht weil sie ihn zwang.
Lady Máirín antworte ihm nicht. Seine Antwort ging im Prasseln des Wassers unter, dass über ihre Körper lief. Ein stetiges Rauschen, dass ihn nicht zu beruhigen vermochte. Unaufhörlich drehten sich die in Gedanken in seinem Kopf. Über das, was gerade geschehen war und die Gründe davon. All ihre Streitereien hatten sie am Ende zu einem Moment Frieden geführt, an dem die Daeva ihm Gutes tat und seine Neugierde, die er erstmals wagte herauszulassen, sie in den nächsten Graben stieß, tiefer mit spitzen Steinen am dunklen Grund, an denen sie sich aufkratzten. Wieder und wieder verspielte er durch, was er wusste, was sie ihm in den letzten Tagen gesagt hatte und auch an das, an was er sich mittlerweile erinnern konnte, was noch in Bosco gewesen war. Er fand keine Erklärung, nur die sich verfestigende Vermutung, dass sie etwas Grässliches hinter dieser Mauer versteckte, die sie um ihr Herz geschlossen hatte. Etwas, dass sie zwang, sich den Finger zu brechen, dass sie hasste, von dem sie gehasst wurde. Rhys hatte nie eine große Charakterentwicklung gemacht, und was er gemacht hatte, war wie ein Baum in einem engen Raum. Er hatte sich den Begebenheiten angepasst. Höflich, er konnte Freundschaften schließen, aber auch ein Mörder, der eine Grenzen hatte. Nur Reue, die ihn von nichts halbhielt. Dahingegen musste sie eine gänzlich andere Erfahrung gemacht hatte, mit Dingen, von denen er nichts ahnte. Er wusste nur mit Sicherheit, dass es ihm nicht gefiel. Er wollte nicht, dass sie sich so behandelte, doch eine kleinen Versuche ihr zu widersprechen hatte sie entweder ignoriert oder widersprochen. Sie schien keine Hilfe zu wollen, oder zu glauben, sie hätte diese nicht verdient. Zugleich wollte er nicht, dass sie wieder die alten Mauern hochzog. Es war eine Gradwanderung, ein jedes Wort … und das ohne seinen eigenen Gefühlsmix, der bei der Daeva immerzu herauszubrechen schien. Als schwächte sie seine Selbstbeherrschung. „Ah … ja, das mag stimmen. Es spielt für mich allerdings eine Rolle, welche Knochen gebrochen sind. Bei Euch stört es mich nämlich, wenn Ihr Euch den Finger brecht.“ Zumal er noch immer nicht wusste, warum. Zur Ablenkung? Um sich zu besinnen? Zu bestrafen? Weil sie den Schmerz einfach genoss? Weil sie süchtig danach war? Doch er unterließ es, weiter zu bohren. Rhys glaubte nicht, dass es die Situation verbessern würde, das zu tun.
Der Vampir hob die Daeva aus der Dusche. Er war erleichtert, als ihr Lächeln nicht länger so irre, erfüllt von Selbsthass und krankem Vergnügen war. Rhys lächelte leicht, dann zog Lady Máirín sich den BH aus und ging zurück zur Dusche. Er hängte den BH über den Rand des Waschbeckens, nachdem er den Stoff ausgespült und gewunden hatte, so gut es eben ging. Kurz schoss ihm das Bild der der Daeva nur mit dem Kleid durch den Kopf und er schüttelte leicht den Kopf, um es zu vertreiben. Nachdem er auf ihr Daddy nur mit Verwirrung reagiert hatte, zog sie sich ganz aus und er drehte sich zur Türe um. Er hörte, wie sie den Hahn abstellte und heraustrat, als er gerade die Türe öffnete. „Dann hole ich eben Euer Kleid“, meinte er und warf einen vorsichtigen Blick über die Schulter. Sie hatte sich in ein Handtuch gehüllt. Rhys hatte wenig Vertrauen in Handtücher. Lady Máirín kam näher und legte ihm die Hand auf seine, hielt ihn auf. Rhys sah in ihr Gesicht hinab. Er verspannte sich, biss die Zähne zusammen und verengte die Augen. Drohte sie ihm oder meinte sie es ernst? Für ihn war es kein Spaßthema, sich wehzutun. Abwartend, zögernd betrachtete er ihre Miene, versuchte darin zu lesen. Sie löste seine Hand, hielt sie in der ihren. Und sprach wieder. Rhys hob die Augenbrauen überrascht an. Sie bat ihn? Lady Máirín bat ihn um etwas, darum, bei ihr zu bleiben. Vielleicht war sie wirklich nicht mehr in Ordnung. Oder vielleicht war das auch nur die Frau, die hinter der Daeva versteckt war? Wenn dem so war, lernte er gerade etwas ganz Neues an ihr: Den Wunsch, nicht alleine zu sein, wenn es ihr nicht ganz gut ging. Rhys ließ die Hand sinken und legte den Kopf schräg. „Ich mag mich irren, aber ich glaube, Ihr habt mich noch nie um etwas gebeten“, stellte er fest. Dann lächelte er. „Ihr mögt Euer Kleid ja noch haben, aber ich sollte mir eine neue Hose besorgen. Und Ihr Euren Finger vorsorgen lassen. Dass der Knochen schief zusammenwächst, ist nicht was Ihr wollt, oder?“ Er betrachtete ihre andere Hand und griff seinerseits danach, um sie zu betrachten. „Wir können zusammen gehen und Kleidung holen.“ Rhys sah an sich hinab. „Allerdings muss ich dann noch einmal unter die Dusche.“ Er sah zurück zu der Dusche, dann zur Türe. Irgendwie wollte er sie jetzt nicht alleine losschicken, förderlich um statt Máiríns Schutzwalle unten zu halten, war es vermutlich nicht. „Vermutlich sind wir am schnellsten, es auf einmal zu erledigen. Lasst mich kurz nachsehen, ob es noch Handtücher gibt." Er löste sich vom ihren Händen und kehrte zurück. Zwei fand er noch, den Rest sammelte er zu einem Haufen. Dann warf er einen unsicheren Blick zu der Daeva. Nun denn, auch zu Hause hatte er sich bereits umgezogen. Rhys kämpfte sich aus der Hose. Sie war ihm zwar etwas zu breit, aber klebte jetzt nass an seiner Haut. Dann trat er in Boxershorts unter die Dusche, um sich ihr Blut vom Oberkörper und von Beinen zu waschen.
Ihn störte es, dass sie ihren Finger gebrochen hatte? Bei diesen Worten wurde die Daeva ein wenig hellhörig und vor allem nachdenklich. Warum störte es ihn? Weil sie es sich selbst angetan hatte? Oder weil es ihn störte, wenn sie verletzt wurde und es ihr nicht gut ging? Irgendwie hatte sie bei beidem das Gefühl, dass das nicht so richtig sei konnte. Rhys hasste sie. Ertrug sie nur. Dass er sie fast getötet hatte, hatte ihn auch nur gestört, weil es bedeutet hätte, dass er wieder die Kontrolle verloren hatte. Nicht weil er Máirín mochte und sich um sie sorgte. Er hatte ihr mehrfach deutlich gemacht, wie wenig er sie leiden konnte. Dass er sich von ihr ausgenutzt fühlte und sie ihn nervte. Sie schüttelte sich und ging nicht auf die irritierenden Worte des Mannes ein. Er hob sie aus der Dusche, wirkte erleichtert, als sie allmählich wieder zur Besinnung kam und wieder sie selbst wurde. Das manische Lächeln war verschwunden und sie sprach sanft, lieb mit ihm ehe sie sich wieder ihres Oberteiles entledigte und wieder abduschte. Gerade als Rhys verschwinden wollte, um ihr Kleid zu holen, stieg sie aus der Dusche, umhüllte ihren Körper mit einem Handtuch und versuchte ihn vom Gehen abzuhalten. Sanft hatte sie ihre Hand auf die seine gelegt. Man konnte ihre Worte als Drohung, Erpressung wahrnehmen und verstehen, aber tatsächlich waren sie nicht gelogen. Mái hatte nicht gerade das Gefühl, dass sie wieder die komplette Kontrolle über sich zurückbekommen hatte und irgendwie keimte in ihr das Gefühl, sich selbst weiter bestrafen zu wollen. Sie wollte jetzt nicht alleine sein. Weil sie es per se nicht wollte, weil sie Rhys bei sich haben wollte, aber auch weil sie sich selbst nicht wirklich vertraute in diesem Moment. Sie sah wie Rhys die Zähne aufeinander biss und sich sein Kiefer verspannte, während seine Augen schmal wurden. Mái wäre beinahe zurückgeschreckt, unsicher warum er sich so verspannte. War es wegen ihren Worten? Dass sie ihn berührte? Sie schluckte, aber drückte ihre Finger unter Rhys, schob die Tür mit ihrem Körper zu und nahm seine Hand letzten Endes in ihre. Auch wenn Rhys deutlich schmaler war als sie, war seine Hand dennoch deutlich größer als ihre. Sanft strich sie darüber, während sie zu ihm aufblickte, ein wenig um den heißen Brei herumredend. Ihren Wunsch, dass er bei ihr blieb. Ja, sie hatte ihn noch nie um etwas gebeten. Aus gutem Grund. Dennoch hatte sie es nun getan und anstelle sie von sich zu stoßen und dennoch zu gehen, blieb er. Lächelnd erklärte er, dass sie zwar noch ihr Kleid hatte, er allerdings nicht. Ja... Seine Hemden waren ruiniert und die Hose die er trug nun auch... Unsicher blickte sie auf seine Hand, strich darüber und nickte. Ja, sie sollten ihm ein paar neue Klamotten kaufen und ihr Finger sollte womöglich versorgt werden. Sie wehrt sich nicht, als er danach griff, entfernte sich stattdessen von der Türe, nun wo sie sich ziemlich sicher war, dass er nicht einfach herausstürmen würde. Wieder nickte sie, auf seinen Vorschlag hin. Sie seufzte, als er meinte, dass er sich vorher nochmal abduschen sollte. Am liebsten hätte sie sich an seine Brust geschmiegt, ihre Arme um ihn geschlossen, doch irgendwie traute sie sich nicht. Also ließ sie ihn los, beobachtete, wie er in die Dusche stieg, nachdem er noch ein paar Handtücher geholt hatte. Mái machte es sich wieder auf dem Stuhl bequem, schob diesen ein Stück weit nach hinten, sodass sie den Kopf an die Wand lehnen konnte. Ihre Beine überschlug sie, drückte den Rücken etwas durch und seufzte, schloss ihre orangenen Augen. Sie lauschte dem Wasser das aus der Dusche auf Rhys hinabprasselte, atmete tief ein und aus. Allmählich verschwand das Adrenalin aus ihrem Körper und die Schmerzen in ihrem gebrochenen Finger wurden stärker. Sie biss sich auf die Unterlippe, spürte wie sie allmählich nervös wurde. Sie begann ein wenig an dem Handtuch, das um ihren Körper geschlungen war herum zu zupfen. Erst ganz wenig, so als würde sie es nur zurecht ziehen, doch irgendwann konnte man merken dass sie unruhig war. Sie richtete den Kopf wieder auf und schlang ein wenig die Arme um ihren Körper. Da hörte sie, dass Rhys aus der Dusche kam, wartete einen Augenblick ab ehe sie zu ihm spickte. Er hatte sich in ein Handtuch gehüllt. Ein wenig zu energetisch stand sie auf, ging zu ihm und nahm seine Hand, ehe sie ihn mit sich zurück ins Zimmer zog. Ihre Atmung wurde ein wenig schneller und kaum sie das Zimmer erreicht hatten, schloss Mai diese hinter Rhys und schmiegte sich an seine Brust, als würde sie Schutz in seinen Armen suchen. Sie sagte nichts, schmiegte ihr Gesicht an seine blanke Brust, hatte die Augen geschlossen und die Arme um ihn gelegt. Ihr Atem ging sehr unregelmäßig und man merkte ihr an, dass sie sich alles andere als wohl fühlte. Verdammt, warum verschwanden die Bilder und Erinnerungen nicht einfach? Warum wurde ihr Herz gerade von dieser Angst umklammert und erdrückt? Sie spürte wie ihre Augen wieder feucht wurden und die Tränen kurz darauf wieder über Wangen rannen. "Bitte nicht...", murmelte sie. Irgendwie hatte Rhys es geschafft, dass es ihr mehr als schwer fiel, ihre Erinnerungen, die Ängste, die Schmerzen die sie unterdrückt hatte, wieder zu verdrängen. "Ich will nach Hause... Rhys, bitte.", murmelte sie an seine Brust und zog ihn noch näher an sich. Ja, sie wollte nach Hause. Sie wollte in ihr gewohntes Umfeld. Dort wo sie sich sicher fühlte. Sie wollte in ihr Bett klettern, unter die Decke kuscheln und ein paar Flaschen Wein vertilgen. Hauptsache weg von hier.
Rhys hasste sie nicht. Ihm war nicht einmal bewusst, dass sie von ihm dachte, dass es so war. Zugegeben, er hatte sie oft verflucht. Sich oft gewünscht, er könnte sie in einen anderen Raum sperren, aber Hass? Rhys hatte noch nie wirklich Hass empfunden, nicht einmal auf seine Mörder. Dem widersprüchlichen Teil in ihm war bewusst gewesen, dass er es verdient hatte, zu sterben. Wenn Raoul nicht überlebte, dann sollte er das auch nicht. Dass er dennoch hier saß, gab ihm die Hoffnung, dass auch sein Freund zurück ins Leben gefunden hatte. Er runzelte die Stirn. Vielleicht konnte er doch auf seine eigene Art und Weise verstehen, warum sie getan hatte, was sie getan hatte. Warum sie sich den Finger gebrochen hatte. Rhys wusste nicht, ob er sich ohne seinen verdienten Tod ins Gesicht hätte sehen können. War das ihre Art, mit Kontrollverlust fertig zu werden? Bestrafte sie sich dafür? Dann … verstand er es. Was nicht hieß, dass er es ihm gefiel. Obwohl Lady Máirín ihn behandelte wie sie es tat und er hier nur der Puffer war, derjenige, der ihr ihr Ziel versaut hatte und dann unbeabsichtigt die Ketten ihrer Kontrolle gesprengt hatte, wollte er nicht, dass es ihr schlecht ging. Er wollte, dass sie mit allen zehn Fingern Klavier spielen konnte. Rhys war nicht ganz bewusst, woher dieser Gedanke kam. Hatte er davon gehört? Sie es erwähnt oder in Bosco je getan? Er war sich nicht ganz sicher … Sein Kopf war selbst über ein Jahr später noch wie ein Schrank voller Bücher und Notizen, das jemand umgeworfen hatte. Ein Chaos, dass er nur nach und nach zurücksortierte. Lady Máirín nahm seine Hand und löste sie von der Klinke. Die Türe fiel ins Schloss, als sie diese zudrückte. Sie sprach nicht mit ihm. Ob sie nicht wollte oder konnte … ein weiteres Rätsel der vielen, die sie ihm aufgab. Sie strich seine Hand und unwillkürlich musste er an ihre Massage denken. Was auch immer es war, dass es ihr verboten hatte, sich damit mehr zu beschäftigen, es hatte verhindert, dass Lady Máirín eine großartige Masseurin geworden wäre. Ein Jammer. Rhys wog einige Momente laut ab. Im Gegensatz zu den ersten Tagen war er plötzlich in der Position, sie vorwärtszuführen, doch automatisch teilte er seine Gedanken, sodass sie ihn unterbrechen konnte, wenn sie wozu einen Einwurf oder Einwand hatte. Wo mit Raoul oft Gespräche entstanden waren, schwieg die Daeva und überließ es ihm, was er tun wollte, als er seine Entscheidung endlich gefällt hatte. Rhys löste sich von ihr und trat zu der Dusche. Er zog die blutige, durchweichte Hose aus und ließ sie in der Kabine liegen. Dann drehte er den Wasserstrahl auf und wusch sich den Oberkörper, wo ihr Blut hingelaufen war. Er sah zu Lady Máirín hinüber, die ihre Sitzgelegenheit an die Wand geschoben hatte und die Beine unter dem Handtuch verschränkt hatte. Sie hatte das Gesicht gen Zimmerdecke gerichtet und die Augen geschlossen. Rhys nützt die Zeit, sich ganz auszuziehen, sich zu Ende zu waschen und sich eines der Tücher um die Hüfte zu wickeln. Er wand die Haare aus und strich sie zurück, sodass sie wie gegelt an seinem Kopf anlagen. Dann trat er aus der Wärme, trocknete sich ab und kam wieder auf die Daeva zu, kaum das er das Handtuch zu den anderen geworfen hatte. Hatte sie zu Beginn entspannt dagesessen, so zupfte sie unruhig an dem Tuch herum. Rhys erwartete schon, dass sie die Nummer von vorhin abzuziehen würde, als er erwacht war, doch Lady Máirín stand nur auf und schlang dabei die Arme um sich selbst, als suche sie Halt in dieser kleinen Geste. Ohne weitere Worte schnappte sie wieder seine Hand und zog ihn mit sich aus dem Bad in ihr Zimmer. Das Chaos mit blutigen Handtüchern und Kleidung hinterließen sie so, wie es war. Allerdings hatte Rhys auch kaum mehr als einen halben Gedanken dafür übrig. Anstatt sich hier ihr Kleid anzuziehen, überraschte sie ihn ein weiteres Mal. Sie drehte sich ihm zu und … drückte sich an ihn? Einen Augenblick war er zu überfordert, um irgendetwas zu tun. Ein paar viele. Dann fiel ihm wieder ein, dass er Muskeln hatte, wenn auch nicht sonderliche viele starke, und diese bewegen konnte und er sah auf die Rothaarige hinab, deren Atem schnell und unregelmäßig ging. „Lady Máirín …“, murmelte er. Schlau wurde er aus ihr wirklich nicht, zumindest, solange er nicht genauer über sie nachdachte und wirklich versuchte sie zu verstehen. Aber das gefiel ihm. Die Daeva fiel einem nicht zu, man musste sich bemühen, sich ehrlich mit ihr beschäftigen, um sie zu sehen. Rhys ging rückwärts zur Kante des Bettes und setzte sich, wobei er sie mit sich zog. Ihr Gesicht an seiner Brust, erwiderte er die Umarmung mit etwas Verspätung und legte die Hände an ihren Rücken. Sein Plan, sich anzuziehen, Verbandszeug zu suchen und dann den Ort zu verlassen, scheiterte ein weiteres Mal. Er spürte die Feuchtigkeit ihrer Tränen. Rhys glaubte nicht, dass es der Schmerz des Fingers war. Dazu wirkte sie zu … er konnte es nicht beschreiben. Es war, als hielte er eine zerbrochene Vase in der Hand. Rhys hielt sie fest, das Kinn auf ihrem Kopf und sah die Tür an. „Ich bringe Euch nach Hause, Prinzessin.“ Er atmete tief durch. „Könnt Ihr mich dabei helfen? Wir müssen uns anziehen und Ich weiß nicht, wo genau Euer Daheim liegt.“ Bei ihrem Finger würden sie eben improvisieren, aber so würden sie nicht viel weiter kommen, als wenn sie voller Blut gewesen wäre. „Würdet Ihr das für mich tun?“, fragte er und senkte den Kopf, lehnte sich etwas zurück, um ihr halb ins Gesicht sehen zu können. Er drückte sie ein kleines Stück zurück, ohne sie loszulassen und fuhr über ihre verweinten Wangen, wischte die Tränen ab, bis neue kamen. „Was haltet Ihr davon?“
Ob Rhys verstand warum Máirín so handelte wie sie es tat? Ob er auch nur im Geringsten eine gewisse Vorstellung von ihren Beweggründen hatte? Konnte er? Würde er? Tat er es? Das würde sie wohl nie in Erfahrungen bringen können, außer sie sprach ihn direkt darauf an oder er tat es von sich selbst aus… Sie konnte ihm nicht in den Kopf gucken, sie konnte es nicht… Die Frage war aber auch… Wollte sie es? Wollte sie wissen was er dachte? Was er fühlte? Sie war doch zum Teil schon mit ihren eigenen Gedanken und Emotionen überfordert, wie sollte sie da dann mit denen von anderen klarkommen? Wen man von dem ausging, was sie bisher erwartete in seinen Gedanken und Gefühlen ihr gegenüber vorzufinden, würde es sie wohl nur verletzen. Sie redete sich zwar immer ein, dass es sie nicht interessierte was andere von ihr hielten… Dies mochte nach außen hin so wirken und womöglich auch zum Teil stimmen, doch war es nicht ein natürliches Bedürfnis geliebt und gemocht zu werden? Das man anderen gefiel? Von ihnen angenommen, aufgenommen wurde? Denn auch wenn die Untote sich ihre Menschlichkeit zum Großteil absprach, diese verleugnete, war sie doch trotz ihres Untoten-Daseins tief in ihr verankert. Sie war Tod, gestorben, doch immer noch ein Mensch. Tief in ihrem Inneren. Sanft strichen ihre Finger über die seinen, die um die Klinke der Tür geschlossen waren. Sie saugte diese kleinen, unscheinbaren Berührungen in sich auf, wie ein Alkoholiker an dem letzten Tropfen aus einer Flasche. Sie nahm das, was sie kriegen konnte, lächzte sich danach, in dem Glauben, dass sie nur schwer mehr bekommen könnte. Glücklicherweise hatte sie ihn davon überzeugen können, bei ihr zu bleiben. Nicht durch diese Türe zu schreiten, sie nicht in dieser Leere zurückzulassen. Er war also in die Dusche gestiegen, während sie sich den Stuhl, der hier im Bad stand und auf dem Rhys sie bereits einmal abgesetzt hatte an die Wand stellte und sich darauf niederließ. Sie hatte den Kopf in den Nacken fallen lassen, ihre Augen geschlossen und dem Prasseln des Wassers gelauscht, das aus der Dusche zu ihr heran dröhnte. Doch lange währte die Entspannung nicht. Sie hielt nicht lange genug an, bis Rhys mit dem Duschen fertig war. Die Anspannung, die Angst und die Sorge wurden immer stärker, drückten auf ihr Herz, zerquetschten es allmählich. Die Angst die sie überkam, war gleiche, wie sie damals in Bosco gespürt hatte. Wenn sie wusste, dass sie etwas falsch gemacht hatte. Dass sie bestraft würde. Sie glaubte sogar das Geräusch von Schritten hören zu können. Schritte die eine Treppe hinunter gingen. Kurz bevor diese Angst zu stark wurde und sie unruhig an ihrem Handtuch herumzupfte, kam Rhys aus der Dusche und richtete das Wort an sie. Sie hob den Blick, ließ das Handtuch ruhen und erhob sich relativ fix. Danach schnappte sie sich seine Hand und zog den etwas überforderten Rhys hinter sich her. Die blutigen Handtücher warne ihr egal gewesen in diesem Moment. Es war nicht ungewöhnlich, dass in dieser Schänke Blut floss und Handtücher gebraucht wurden. Außerdem hatte sie auch einfach andere Prioritäten in diesem Moment. In ihrem Zimmer angekommen hatte sie die Tür zugestoßen und sich an die nackte Brust des Vampires gepresst. Sie war noch feucht, noch warm unter ihrem Gesicht, ihren Fingern und Armen. Er sprach ihren Namen aus, sagte ihn ganz sanft. Es war ein liebevolles Murmeln, Flüstern. Fast schon glaubte sie es sich einzubilden. Mit ihr im Arm schritt er zurück zu dem Bett, legte seine Arme um sie und zog sie letzten Endes auf seinen Schoß. Die Tränen rannen über ihre Wangen, während sie ihren Wunsch äußerte. Sie wollte nach Hause. Sie wollte sich in ihr Bett vergraben und nicht wieder herauskommen. Sie wollte sich an ihrer Decke wärmen. Ein schwaches, kaum erkennbares Lächeln legte sich auf ihre geröteten Lippen, während sie leicht nickte. Ja, sie konnte ihm dabei helfen. Sie würde es tun. Sie würde ihn hinbringen. Es war riskant dies zu tun, doch sie brauchte es. Sie brauchte ihre Zuflucht und sie wusste, dass sie es nicht alleine dahinschaffen würde. Rhys löste sich ein wenig von ihr, blickte auf sie hinab und fragte weiter, ob sie das für ihn tun würde und was sie davon halten würde. Er wischte die Tränen von ihren Wangen doch es half nichts, kamen direkt neue nach. “Ich werde es tun und ich kann es kaum erwarten, zuhause zu sein.“, murmelte sie schwach und man konnte sicherlich auch in ihrem Blick erkennen, wie schwach sie sich fühlte. Sie fühlte sich als hätte man ihr mit einem Mal jegliche Kraft entzogen. Danach löste sie ihre Finger von ihr, erhob sich und schlüpfte in ihr Kleid, das sie am vorherigen Abend getragen hatte. Das Handtuch ließ sie neben sich auf den Boden fallen. Sie nahm sich ihre hohen Schuhe, ging damit an das Bett zurück und begann diese wieder anzuziehen. Dabei zog sie ihr Bein auf das Bett und schloss den Schuh dann. Als sie damit fertig war, stand sie auf, sammelte die Sachen zusammen, die sie in die Schänke mitgenommen hatte. Die Sachen, die sie auf dem Basar gekauft hatte, aber auch die Körperkette, die sie über ihre Schultern getragen hatte. Dies würde wegen dem Verband um ihren Hals nicht mehr so gut klappen. Außerdem hatte sie nicht so das starke Bedürfnis sich da rein zu zwängen. Sie band sich ihre Haare zusammen, auch wenn ihr Dutt dieses Mal ein ganzes Stück weniger ordentlich war, als davor. Sie hatte einfach keinen Nerv dazu, sich damit jetzt auseinanderzusetzen. Als sie fertig war drehte sie sich zu Rhys und strich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr, ihr Blick war dabei leicht gesenkt und man merkte, dass sie in diesem Moment neben sich stand. Dass sie sich nicht wohl, nicht so sicher fühlte wie sonst. Von der hochmütigen, selbstsicheren Daeva war gerade wirklich wenig zu sehen.
Weil der Hass uns verbindet … dunkle hose † braunes shirt mit flecken
Das zweite Mal in kurzer Zeit weinte sie. Oder das dritte Mal? Hatte sie aufgehört, zwischen dem ersten Mal im Bett und dann in der Dusche. Welcher Schmerz war es, der sie gerade ergriff? Der seelische, der, den er nicht sah und verstand. Hervorgerufen durch die Wunde, die er unabsichtlich aufgerissen hatte. Oder war es der körperliche Schmerz, den sie sich selbst zugefügt hatte. Vielleicht auch beides ein wenig, ob sie das in dem Chaos noch unterscheiden konnte, dass wie das wilde Meer um sie wogte? Rhys setzte sich, die Daeva auf dem Schoß und hielt sie im Arm. Was war jetzt schon normal, was für einen Wert hatte es. Wenn Lady Máirín sich fallen ließ, konnte er das auch. Einige Minuten mehr, in denen er nicht die kalte Mauer fühlte, die sie beide um sich hatten … aus je ihren eigenen Gründen. Er hatte nicht gewusst wie es war sich so zu fühlen, auf seltsame Art … es fehlten ihm die Worte, es zu beschreiben. Vielleicht … ja vielleicht als nicht alleine. Er hatte auch noch nie groß darüber nachgedacht, ob er einsam war oder nicht. Rhys war immer nur eine Waffe gewesen, verkauft für das eigene Wohl seiner Eltern und geschmiedet, um ihren Zweck zu erfüllen, was auch immer sie dabei an Bindungen fand. Es hatte nie Raum für ihn gegeben, aber gerade empfing er das erste Mal das Gefühl, nicht alleine zu sein. Obwohl nicht er es war, dessen Tränen flossen, obwohl er sie hielt statt umkehrt, zog auch er Kraft daraus. Wo sie sich noch zuvor gegenseitig die Energie geraubt hatten, gaben sie sich diese. Zumindest versuchte er es, während er den leisen Worten zuhörte und ihr antwortete. Er spürte ihren Kopf sich an seiner Brust bewegen, als sie nickte. Er drückte sie ein kleines Stück von sich weg, um sie anzusehen. Ob sie wusste, dass ihr Gesicht auch voller Tränen schön war? Für ihn sogar schöner, weil der Ausdruck darauf ehrlich war. Ob sie sich je in den Spiegel sah, wenn die Gefühle aus ihr hervorbrachen? Er versuchte die Tränen von ihren Wangen zu wischen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Aber sie stimmte zu und er nickte langsam. „In Ordnung. Dann werden wir dort hin gehen.“ Wo es auch war … das würde er noch herausfinden müssen. Einer Eingebung folgend beugte er sich vor und fuhr mit den Lippen über ihre Wange, die linke die rechte. Es war kein wirklicher Kuss, keine Bewegung seines Mundes, die dies verlauten ließ. Nur ein Streifen von Haut auf Haut. Als er sich zurückzog und sie aufstand spürte er den salzigen Geschmack ihrer Tränen auf seinen Lippen. Einen Augenblick blieb er dort sitzen wo er war, und sah auf seine Oberschenkel hinab, wo sie gerade noch gewesen war. Die leichte Angst, etwas verloren zu haben, hielt ihn in ihren Klauen, als er sich erhob. Es war ihm etwas unangenehm, wenn sie nackt vor ihm herumlief, doch zugleich fürchtete er den Moment, wenn sie sich anzog. Als könnte sie sich ihre Hülle anziehen, die sie von ihm abschotten würde. Das wollte er nicht. Dennoch erhob er sich und sah zu ihr hinüber. „Ich eben werde versuchen, für mich eine Hose zu besorgen.“ Er wartete kurz ab, ob sie ihn wieder aufhalten würde, dann verließ er das Zimmer und steuerte Richtung Tresen. Viele Gäste gab es so früh dort nicht, ein paar verwirrte Blicke bekam er dennoch ab, als er sich an die Kellnerin wandte, die gerade Gläser wusch. „Entschuldigt die Störung, doch habt ihr hier Kleidung, die ich mir ausleihen dürfte?“ Nicht, dass Rhys im Sinn hatte, sie zurückzugeben. Die Frau nickte und deutete ihm zu warten. Rhys stand also mit dem Handtuch um die Hüften da und war sehr, sehr froh um die Wärme der Wüste, dass er dabei nicht zitterte. Die Frau stellte das Glas ab, dass sie gerade in der Hand gehabt hatte und bat ihm, ihr zu folgen. Rhys ging ihr hinterher, die Treppe hoch und einige Zimmer weiter, wo sie ihm die Türe offen hielt. „Hier haben wir unsere Ersatzkleidung. Das muss wohl genügen.“ Rhys nickte, nahm sich eine Hose die passend aussah und ein langes Shirt mit ein paar Flecken. Es ekelte ihn, die Sachen anzuziehen, aber er nahm sie mit und verschwand noch einmal kurz im Bad um sich abzutrocknen, anzuziehen und das Tuch dort liegen zu lassen. Dann kehrte er mit dem zu weiten Hemd zu Máirín zurück. Unruhig zupfe er an dem Stoff herum. „Solch Kleidung ist wirklich widerwertig“, murmelte er und sah sich um. Die Daeva trug wieder ihr Kleid und die Schuhe und hatte die Haare hochgebunden. Es war nicht richtig von ihm zu hoffen, dass sie noch war wie zuvor. Er wollte nicht, dass es ihr schlecht ging, aber auch nicht, dass sie zu der wurde, wie er sie kannte. „Gehen wir?“, fragte er leise und griff sich seine Sachen. Die Sonnenbrille steckte er sich an den Kragen, statt sie wie sonst aufzusetzen und seine Augen vor der Welt zu verschließen. „Sollen wir zum Bahnhof und dann fahren wir dahin, wo dein Zuhause ist?“ Er trat zur Türe zurück und wartete auf ihre Antwort, um diese zu öffnen und sich mit ihr auf den Weg zu machen. Er hoffte wirklich, sie kämen rasch an und er konnte dieses Shirt wieder ausziehen.
Es war seltsam, kontrovers. Mái konnte sich genau daran erinnern mit wlecher Intention sie hierhergegangen war. Sie konnte sich an ihren Plan erinnern, der beeinhaltet hatte, Rhys hierher zu bringen und mit ihm noch ein paar Drinks und Zeit in dem Auffenthaltsraum der Schänke zu verbingen. Mit etwas Glück wäre hier eine blutige Prügelei ausgebrochen, die Rhys Selbstkontrolle hätte testen sollen. Getestet hätte. Mái hätte ihm wieder unter die Nase gerieben wie schwach er war. Wie dumm er war, zu glauben, dass er es jemals kontrollieren könne. Danach hätte sie ihn womöglich mit ins Zimmer genommen und ihm ein wenig Blut gespendet. Sie hatte nicht geplant gehabt, dass Rhys sie verletzen und provozieren würde. Dass er einen wunden Punkt bei ihr treffen würde, als er meinte, dass sie sich Mal behnehmen sollte. Auch hatte sie nicht damit gerechnet, dass er ihr ihre Nummer mit dem Barmann der Schänke versauen würde. Ihre eigene Reaktion darauf überraschte sie nicht gerade. Sie hasste es, wenn man ihr ihr Spielzeug wegnahm. Sie war immer noch eine Daeva des Zornes, also konnte sie dies nicht einfach so hinnehmen. Auch ihren verletzten Stolz hatte sie nicht einfach akzeptieren können und Rhys dann auf andere Art und Weise Blut gespendet. Immerhin dies hatte er ihr nicht verwährt. Doch das wäre wahrlich ein Wunder gewesen. Das hätte sie wohl am meisten überrascht. Wenn er sie, ihr Blut abgelehnt hatte. Alleridngs hatte sie nicht damit gerechnet, dass sie die Kontrolle verlieren würde. Das sie Rhys erlaubte, so viel Blut von ihr zu nehmen, dass sie zuerst das Bewusstsein und später fast ihr Leben verlor. Als sie wieder aufwachte, hatte sie zwar relativ entspannt reagiert, doch innerlich frustrierte es sie extrem. Dass sie sich an ihn verloren hatte. Ihn, den Mann der sich ihr hingab, aber auch verwehrte, als würde er selbst nicht wissen was er wollte. Ihm, der er sie immer wieder verletzte, obwohl sie sich geschworen hatte, das nicht wieder zuzulassen. Ihm, der in ihr Dinge hervorholte, die sie an sich verabscheute. Máirín störte sich immens daran, dass sein Messer zu tief durchgedrungen war, ihr Herz gestriffen hatte. Das sie wieder die Kontrolle verloren hatte. Über sich, ihren Körper und ihre Magie. Sie brachte gerne andere um, das war kein Geheimnis. Sie störte es auch nicht, wenn dies aus einer intensiven Emotion herauskam, hatte jede der ihren ihre Daseinsberechtigung: Vor allem jene, die den Todsünden entsprangen. Doch ihr gefiel es nicht, wenn sich ihr Körper ihr widersetzte. Wenn sie wieder in eine Schiene geriet, aus der sie sich herausgekämpft hatte. Dies musste einfach Konsequenzen mit sich bringen. Das tat es auch, bestrafte sie sich anschließend selber. Und nun? Nun brach sie komplett zusammen. Sie konnte nicht mehr. Sie war so vollgestopft mit Gedanken, Gefühlen und Erinnerungen, dass ihr Körper taub wurde. Es fiel ihr schwer, die Realtität, ihre Erinnerungen und ihre Gedanken voneinander zu unterscheiden. Es fühlte sich an, als würde sie in der Luft hängen und nicht wissen was wahr war und was nicht. Was echt war und was nicht. Der einzige klare Gedanke den sie hatte war der, dass sie nach Hause wollte. Nicht das Heim, dass sie mit @Raziel und Valerian in der Darkwood Manor gefunden hatte. Aber auch nicht Bosco, war ihr Heimatland nie wirklich ihre Heimat gewesen. Es war eher ihre persönliche Hölle, brannte sie jedes Mal, wenn sie dessen Boden betrat. Nein, sie wollte zu dem einen Ort, der ihr immer ein zuhause gewesen war. Der, den sie wirklich als Zuhause betrachtete. Wo sie sich sicher und geborgen fühlte. Noch immer rannen die Tränen über ihre rosanen, geröteten Wangen, als wäre ihre Quelle unendlich. Als wäre diese nicht in der Lage zu verenden. Auszutrocken. Auch Rhys Wegwischen half nichts, kamen direkt Neue nach. Allmählich begannen ihre Wangen zu brennen, von all der Tränenflüssigkeit. Doch in dieser Hinsicht war sie mehr als ratlos. Sie wusste nicht wie sie es beenden konnte, war sie sich nicht einmal sicher, ob sie es überhaupt wollte. Zum Glück stellte Rhys nicht zu viele Fragen und kam ihrer Bitte nach oder versprach zumindest, dass er es tun würde. Hoffentlich konnte sie auf seine Worte bauen. Für noch mehr Probleme, hatte die Untote keine Nerven mehr übrig. Sie wollte nur, dass dieser Tag endete. Dass sie ihre Ruhe bekam. Die die sie brauchte, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Nicht noch mehr Drama, wie sie beide erzeugten. Einander brachten. Das wollte sie nicht mehr. Sie wollte Luft zum Atmen haben. Frische Luft, nicht diese hitzige und stickige, die sie hier umgab. Rhys tauschte nachdem er ihrer Bitte zugetsimmt hatte, noch eine kleine Zärtlichkeit mit ihr, fuhren seine Lippen sanft und zart über ihre nassen Wangen. Mái war danach aufgestanden und hatte begonnen, sich ihr blaues Kleid wieder überzuziehen. In der Zwischenzeit verschwand Rhys um eine Hose für sich aufzutreiben. Mái reagierte nicht auf diese Information, fuhr einfach mit dem fort was sie tat. Das Kleid zog sie an, die Schuhe... SIe band ihre Haare zusammen und sammelte ihren Kram beisammen. Als sie damit fertig war, war noch keine Spur von Rhys zu sehen, weshalb sie sich wieder auf das Bett fallen ließ. Je länger er weg war, desto ruhiger wurde ihr Atem wieder. Die Last um ihr Herz wurde leichter, auch wenn damit auch die letzte Emotion aus ihr wich, als wäre sie eine Weinflasche, aus der man auch den letzten Tropfen geschöpft hatte. Es war seltsam, hatte sie vorhin noch die Angst umgriffen, als Rhys geduscht hatte. Nun kehrte Ruhe in ihr ein. Seltsam. Dann kam der junge Vampir aber wieder und sagte etwas verächtliches über die Kleidung die er bekommen hatte. Rhys musterte sie. Er würde sie in ihrer Kleidung erkennen, aber auch den leeren Blick der ihre Augen durchflutete. Als er sie fragte, ob sie gehen wollten, stand sie auf, nahm ihre Sachen und nickte erst, als er sich erkundigte ob sie erst zum Bahnhof und dann zu ihr fahren sollten. Es war ein halbherziges Nicken, nur ganz leicht und womöglich schwer als solches zu erkennen. Sie ging durch die Tür, die ihr der Mann aufhielt, verließ mit ihm an ihrer Seite wieder die Schänke. Sie war ihrem Namen treu geblieben. Blut und Tränen waren geflossen... Von Máis, aber auch Rhys Seite aus. Man könnte meinen, dass dies ein Kreuz darzustellen vermochte, bestand ein Kreuz immer aus zwei Strichen... Ihre Füße führten sie über den schwach beleuchteten Pfad, war es immer noch sehr früh und die Sonne noch nicht ganz aufgegangen. Der Wind war frisch, von der kühlen Wüstennacht und die Haarsträhnen die nicht in ihrem herzlosen Dutt steckten, tanzten sanft um ihr Gesicht. Sie drückte ihre Wertgegenstände ein wenig näher an ihre Brust, desto weiter sie gingen. Es dauerte nicht allzu lange, bis sie den Bahnhof in der Ferne entdecken konnte. Sie erinnerte sich, wie sie vor einigen Tagen, wenn nicht sogar Wochen an diesem Ausgestiegen waren. Zu diesem Zeitpunkt ging es ihr gut. Und nun? Nun ging es ihr scheiße und sie konnte es kaum erwarten hier weg zu kommen.
Weil der Hass uns verbindet … dunkle hose † braunes shirt mit flecken
Gefangen. Abgestürzt. Er hatte nie das Gefühl gehabt, Lady Máirín wirklich persönlich zu kennen. Er hatte es auch nicht gewollt, keinen Gedanken daran verschwendet, dass sie mehr war als die Daeva, die ihn immer wieder auf die Palme trieb. Öl in die Glut eines Seins goss. Bis zu dem Moment, indem sie ihm gezeigt hatte, was sie noch aufmachte, hatte er nicht damit gerechnet, dass es etwas dahinter gab, was er sehen wollte. Etwas, dass ihm nicht egal war. Schön war es nicht, was sie ihm zeigte. Zumindest nicht das Schön, was andere als das bezeichnen würde. Sie war mehr wie seine Bilder. Zerrissen, in sich zerstört. Nicht gesund, nicht normal und doch gefiel es ihm, sie so zu sehen. Es machte es ihm schwerer, wegzusehen und dass es ihm einfach nicht möglich war, sorgte dafür, dass er sich damit nicht länger beschäftigen musste. Wenn sie die Kontrolle verlieren konnte, vielleicht konnte er es sich auch erlauben. Ein kleines Stück. Er würde sie nicht wieder anfallen, zumindest nicht hier und jetzt. Wie es in einigen Tagen sein würde, wusste er nicht. Wie morgen, wenn sein Körper das Blut verarbeitet hatte, dass sie ihm gegeben hatte. Obwohl er langsam mehr zu sich nahm, war Rhys ausgehungert. Es würde lange dauern, dass er den Hunger, in nur kleiner Form, nicht bald wieder spüren würde. So kostete er den Moment von Sättigung aus, solang er anhielt. War ihm Dankbar, dass seine Augen nicht auf ihrem Hals lagen, dass es ihm gelang, seine Finger von der weichen Haut fernzuhalten. Von der Wunde, die er ihr gebissen hatte. Wie schnell es wohl heilen würde? Wie viele Tage würde sie seinen Biss tragen, sichtbar. Ein Gefühl, dass er lange nicht verspürt hatte, keimte in ihm auf. Stolz. Es glich den Empfindungen, wann immer er einen besonderen Anlass mit Raoul besucht hatte. Wann immer er sein privater Diener gewesen war, seiner. Der, des künftige Königs des Landes. Und jetzt hatte er seine Spuren an Lady Máirín hinterlassen. Rhys berührte die Stelle unter dem Verband nicht, seine Finger streiften den Stoff kaum auf dem Weg zu ihrem Hinterkopf. Nach wie vor flossen Tränen wie kleine Bäche über ihre Wangen, viele und doch zu wenig sie von dem Ort wegzuspülen, an dem sie gefangen war. Rhys hielt ihren Körper, aber er war nicht sicher, wo ihr Geist sich befand. Er konnte ihr nur versprechen, worum sie ihn bat. Sie nach Hause zu bringen, wo dieses auch war. Und wenn es bis zur Grenze von Bosco war … Mit den Lippen strich er über ihre Wangen, fing die Tränen auf. „Ihr kommt nach Hause“, bestärkte er es ein letztes Mal, dann löste er die Hände von ihr und ließ sie aufstehen. Kurz sah er ihr zu, dann erhob er sich seinerseits und verabschiedete sich. Er trieb eine Hose und ein Oberteil auf, zog sich um und kehrte mit noch immer nassen Haaren, die gewiss rasch in der Sonne trocknen würde, zurück. Beides war ihm zu breit und schlackerte um seinen Körper und auf dem Hemd waren Flecken, bei deren Herkunft er nicht sicher war, ob er ihn überhaupt wissen wollte. Rhys wollte sich wirklich eine Alternative zulegen. Lady Máirín hatte ihrerseits ihr Kleid, ohne Unterwäsche, wieder angezogen und die Haare hochgebunden. Sie hatte ihre Sachen eingesammelt und lag auf dem Bett, zwischen den Flecken. Wie gut sie hier her passte, zu dem Blut. Wie unpassend sie hier war, die schöne Daeva auf diesem abgeranzten Bett. Was ihn aber wirklich nervös machte, war ihre Ruhe. Sie weinte nicht mehr, sah ihn nur stumm an. Ausdruckslos, wie eine Puppe. Auch auf seine Frage nickte sie nur leicht. Rhys packte seine Sachen, steckte die Sonnenbrille widerwillig in den Kragen des Shirts und verließ mit ihr das Blutkreuz. Er hatte nicht vor, es je wieder zu betreten.
Vermutlich war es dumm und abergläubisch. Was zwischen ihnen war, hatte nicht der Ort verursacht. Sie beide waren die Schuldigen in diesem Spiel. Sie hatten Blut vergossen, nicht das Blutkreuz selbst. Es war nur wahrscheinlich gewesen, dass es irgendwann eskalieren hatte müssen. Ob es das wieder tun würde? Ob sie den Kurs hinab zur Ruhe weiter folgen können würden, ehe der nächste Berg an Kontrollverlust vor ihnen stand? Wie hoch würde er werden? Wie tief der Fall … würden sie ihn ein weiteres Mal überstehen können? Die Luft war unangenehm kühl. Gänsehaut überzog seine Arme und er wünschte sich sehnlichst seine Pullover und Mäntel herbei. So beschloss er, sich lieber dem Hemd als der Kälte zu opfern. In der Morgendämmerung waren seine Augen vom Licht noch nicht geblendet, es war ein schönes Licht auf ihrem Weg. Rhys atmete die frische Luft ein. Wie Pefferminz verbrannte sie sauber seine Kehle. Stahl ihm Wärme, Energie, was er von Lady Máirín genommen hatte. Rhys ging einen Schritt schneller, ohne die Daeva dabei zu berühren. Er wollte sie nicht wieder hinabwerfen, nicht so rasch. Als sie den Bahnhof erreichten er und mit ihr zu den angeschriebenen Zügen trat, betrachtete er sie besorgt. Es kam ihm falsch vor, wie still sie geworden war. Wie Feuer, dass plötzlich kalt statt heiß brannte. „Wann fährt unser Zug?“, fragte er und rieb sich die nackten Oberarme. Er hatte sich ein wenig daran gewöhnt, in Aloe keine langärmlichen Oberteile zu tragen, wodurch er in Fiore auch das erste Mal die Tattoos gezeigt hatte, die er sich von Raoul aufschwatzten lassen hatte. Rhys drehte sich zum Bahnsteig und entdeckte den Ticketschalter. „Kommt, lasst uns das Ticket dafür kaufen.“ Er deutete mit dem Kinn hinüber und machte sich auf den Weg.
Colette zog den Kopf ein und hielt schützend die Arme über sich, als ein halbleerer Krug knapp an ihr vorbei geworfen geräuschvoll auf dem fleckigen Boden zerbrach. In der Luft stand der Dunst. Eine unheilige Mischung aus Zigarettenrauch, Hanf und womit man sonst noch die Luft verpesten konnte. Zu ihrem Bedauern war ihre Schwester keine Ausnahme. Sie zündete sich eine ihrer furchtbar ungesunden Sargnägel an und lehnte sich auf dem knarzenden Stuhl zurück. Ihren Tischplatz hatte sich Angra gerade eben noch mit vorgehaltenem Messer gesichert, welches griffbereit zu ihrer Linken lag. Eine einäugige Schankmaid mit dunklen Teint trat unterwegs einen übergriffigen Schmerbauch von seiner Sitzgelegenheit, ehe sie fluchend ihre Drinks abstellte. Mit zweifelnder Miene betrachtete die Jüngere ihre Ziegenmilch und vergewisserte sich, dass nicht noch ein Haar - oder Schlimmeres an seiner Oberfläche herumschwamm. "Uh...M-Mai-chan, glaubst du...Das wir hier schon fündig werden? Hier versteht man kaum sein eigenes Wort. Und, hust-hust- atmen ist auch alles andere als einfach..." Sie wedelte eine dicke Rauchschwade vor ihrem Gesicht weg, aber es war ein Kampf mit den Windmühlen. Die Ältere würdigte sie vorerst keines Blickes und ließ selbigen stattdessen über die Köpfe der schmuddeligen Kundschaft wandern. Die Geräuschkulisse machte es tatsächlich nicht leicht, über die dunkle Gilde zu lästern. Sie hatte sich bewusst die schlimmste Entschuldigung für eine Taverne ausgesucht. Vielleicht war sie doch ein bisschen zu hart für diese Lästerschwestern. Unglaublich, dass sie sich mit einer Bande von Besoffenen herumschlagen sollten. War ihre Zeit dafür nicht zu schade? Und dafür mussten sie extra anreisen. Wenigstens war es in diesen Breiten ordentlich heiß. Eine nette Abwechslung von Zuhause. Ihre Schwester hatte während der Zugfahrt zum Glück die Klappe gehalten. Oder wenn doch, dann hatte sie davon zumindest nichts mitbekommen. Immerhin hatte es nicht einmal mehr anschließendes Genörgel darüber gegeben, dass sie im Gepäckraum mitreiste. Zwischen Koffern, Vogelkäfigen und Hundekisten. Sie sollte froh sein, dass sie nicht selbst in eine Kiste gesperrt worden war. Wie bei einer gewissen Waljagd. Das hatte ihre Laune an dem Tag ansatzweise gehoben. "Was? Ugh, hast du irgendwas gesagt? Hier versteht man kaum etwas. Ich glaube fast, dieser idiotische Wirt war nicht einmal völlig verblödet, nur taub." Den hatte sie bereits angequatscht, um etwas über die Lästermäuler zu erfahren. Wenig überraschend hatte er sich stur gestellt. Vielleicht sollte sie wieder auf bewährte Methoden zurückgreifen und ein paar Kugeln fliegen lassen. Keine Kundschaft, kein Lärmpegel. Die Option behielt sie für später im Hinterkopf. Die vernarbte Ältere hob ihr nicht ganz einwandbares Glas Whiskey und kippte den größten Teil in einem Sitz hinunter. Colette rieb sich nervös die Hände. Angra hatte es eilig gehabt, also hatten sie dem Neuzugang einfach eine kurze Nachricht zukommen lassen. Dass sie sich ausgerechnet hier trafen. Hoffentlich stieß er unterwegs nicht auf Schwierigkeiten. Solange er nicht von rauen Typen geschubst oder mit Krügen beworfen wurde, war am Tisch immer noch ein Platz reserviert. Angra hatte sich überraschenderweise sogar zu einem kurzen Abstecher im örtlichen Andenkenladen hinreißen und ein hübsches Geschenk einpacken lassen. Für etwas Selbstgebackenes war unterwegs keine Zeit mehr, hatte sie gemeint. Es war etwas gemein, aber Colette erleichterte das ein wenig. Sie schätzte ihre Schwester. Umso mehr, dass sie solche Rücksicht beim Kochen auf sie nahm. Ihre letzte Vergiftung lag schon eine gute Weile zurück. Aber für einen ersten Eindruck waren ihre etwas eigenwilligen Koch- und Backkünste vielleicht nicht das Beste. Vorsichtig nippte sie an ihrem Krug und hielt Ausschau nach...Wie sah der Neue überhaupt aus? Irgendwie nach dunkler Gilde, aber das traf auf so ziemlich jeden in diesem fragwürdigen Lokal zu. Zumindest waren sie ja schwer zu übersehen. Wie üblich trugen sie die Uniformen ihrer alten Schule. Ihre Schwester als eine Art Statement und sie selbst...Weil die Ältere den Partnerlook mochte. Das nahm sie jedenfalls an. Wenn man genauer hinsah, besaß sie durchaus liebenswerte Seiten. Hinter der rauen Schale steckte eigentlich doch ein-
"Was soll das werden, hmm? Ich glaube, du willst ein paar Finger verlieren." Ehe sie sich versah, hatte Angra ihren Revolver hervorgeholt und zielte auf einen unscheinbaren Mann, der abwehrend die Hände vor sich hielt. "Ein Missverständnis! Versehen!" Erklärte er noch mit einem schweren Akzent und warf Colette die entwendete Geldbörse hin, bevor er sich hastig entfernte. Noch alles da. Ein Glück! Errötend verbarg sie ihre untere Gesichtshälfte hinter dem Leder und schaute die Ältere aus dankbaren Augen an. Ihre Schwester war so zäh! Oder auch cool, wie manche Leute sagten. Jetzt musste nur der Neue auftauchen und sie aus dieser Taverne hinauskommen, dann war das ein schöner Tag!
Verdammte scheiße, was war das hier bitte für ein Wetter? Klar, Hyun befand sich hier in einer Wüste, aber das war doch echt menschenunwürdig. Er schwitzte an Stellen, von denen er nichtmal wusste, dass man dort schwitzen konnte. Und er war ehemaliger Zirkusartist, man! Schwitzen hatte zu seiner Arbeit gehört. Noch schlimmer traf es wohl Chime, der neben ihm her schlich, als wären seine Knochen aus Zement, die Zunge hing ihm aus dem weit aufgerissenen Maul. Während sein Herrchen sich zumindest leicht einkleiden konnte, steckte er in seinem Pelz fest. Obwohl ... der Pan war sich gar nicht so sicher, ob es wirklich einen Unterschied machte, ob er die Straßen in einer dicken Winterjacke oder in dem schwarzen Muscle-Shirt und der gleichfarbigen Schlabberhose, die er gerade trug, entlanglief. Viel heißer konnte einer Person doch gar nicht mehr sein! In einer Jacke fühlte er sich immerhin wohl, im Gegensatz zu seiner aktuellen Kleidung. Sie war zwar angenehm locker, doch das Oberteil war ihm eigentlich zu freizügig. Als er es angezogen hatte, hatte er nicht damit gerechnet, dass es ihn so sehr stören würde. Es blieb ihm aktuell aber nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die Wüstennacht nicht allzu lange auf sich warten ließ und dafür sorgte, dass es hier ordentlich abkühlte. Dann konnte er bedenkenlos seinen Cardigan überziehen. Klar konnte er das auch jetzt tun, aber er wollte diesen nicht auch noch vollschwitzen. Als er endlich die Kneipe fand, die ihm als Treffpunkt genannt wurde, ergriff ihn einen Moment lang die Hoffnung, darin ein wenig Abkühlung zu finden. Diese verpuffte jedoch direkt wieder, als er die Tür aufschwang und von einer dicken Wand aus Rauch, Akohol und verbrauchter Luft empfangen wurde. Naja, konnte schlimmer sein, war ihm noch immer lieber als draußen zu sein. Kaum war er eingetreten, flog ihm auch schon das erste Messer entgegen und blieb wenige Zentimeter neben seinem Gesicht in der Tür, die er gerade erst wieder geschlossen hatte, stecken. Ach, das fühlte sich ja fast schon familiär an. "Sorry Jungchen, war nich' für dich gedacht!", kam es von irgendwo her. Das 'Jungchen' schüttelte nur den Kopf und ließ den Blick durch den prall gefüllten Raum wandern. Überall hockten Kerle mit Bierhumpen und diversen Waffen in den Händen, fast alle von ihnen hatten Zigaretten oder Zigarren zwischen den Lippen. Die meisten wirkten deutlich älter als Hyun. Dieser hatte es alleine durch sein Auftauchen geschafft, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Man sah wohl nicht allzu häufig einen Jungspund und sein schräges Haustierchen an einem Ort wie diesem. Er verzog kurz das Gesicht, das war ihm doch etwas unangenehm. "Ein Gildenfuzzi!", schrie irgendwer durch den Raum, woraufhin es doch tatsächlich kurz still wurde - bis auf ein leises Raunen. Da hatte wohl jemand sein Zeichen entdeckt, das durch die schmalen Träger seines Oberteils nur minimal verdeckt wurde. Fantastisch. "Das is' aber kein Sphynxler...", wurde geflüstert, "Aber was, wenn er uns trotzdem einbuchten will...?" Als hätte der Blonde seine Kleiderwahl nicht schon genug bereut, jetzt auch noch das. Notiz an ihn selbst: Nächstes mal dringend informieren, in was für einen Schuppen er bestellt wurde und entsprechend entscheiden, ob er sein Gildenzeichen offen präsentieren wollte. Einige zwielichte Gestalten erhoben sich aus ihren Stühlen und marschierten auf den Tättowierten zu. Viele hielten sich aber auch noch zurück, tuschelten stattdessen leise weiter. "Chillt mal, ich bin einer von euch." Eigentlich kannte er diese Art von Mensch, wusste genau, dass seine Worte nichts brachten, doch er wollte es zumindest versucht haben. Wie erwartet kam als Antwort aber nur "Jaja, das hab'n wir alles schon gehört. Bist wohl noch 'n Neuling, eh? Oder glaubst du wir sind so dumm? " zurück. Ugh. Eigentlich hätte er sich gern noch gemütlich eine Kippe gegönnt, bevor er sich nach seinem Marsch durch die Hölle ins Gefecht stürzte, doch das war ihm wohl nicht vergönnt. "Wie ihr meint", entgegnete er, zuckte mit den Schultern. Wer nicht hören wollte, musste fühlen. Er zog seinen Rucksack von den Schultern und warf ihn Chime entgegen, welcher sich damit direkt zurückzog. "Wie vielen von euch muss ich auf's Maul geben, bis ihr mir glaubt, dass ich nicht hier bin, um Stress zu machen?" Eine Aussage, die sich eigentlich komplett widersprach, doch in diesen Ecken der Welt lernten die Leute oft nur durch Gewalt. Hyun war ja selbst nicht besser. Dementsprechend nahm er es auch nicht persönlich, als die ersten Fäuste auf ihn zusausten. Diesen wich er mühelos aus, duckte sich hier und da einfach unter den Angriffen hinweg. Betrunkene (und sicherlich auch teils Bekiffte...) waren zum Glück alles andere als treffsicher und schnell. So hatte der Pan nicht das geringste Problem damit, einfach seinen Fuß in ein paar Unterkiefer zu rammen und hier und da einigen Kniekehlen seine Ellenbogen vorzustellen. Sein Herz hüpfte dabei fröhlich auf und ab, ganz so wie damals, als er noch in der Manege stand. So anders war das hier auch gar nicht. "Ich suche doch nur eine Freundin, man", fluchte er laut vor sich hin, während er einen großen Schritt zur Seite machte, um seiner Schläfe den unschönen Kontakt mit einem Bierkrug zu ersparen. "Sie heißt Angra. Vielleicht kennt ihr sie ja?" Irgendwie hatte er das Gefühl, dass ihm niemand so recht zuhörte. "Nein? Schade." Zack, war da schon ein Messer, das einige Zentimeter entfernt an seiner Kehle vorbeisauste. War das nicht sogar das, das eben noch in der Tür gesteckt hatte? "Angra?", wiederholte er noch lauter, "Falls du hier bist wäre es echt chill, wenn du mir mal kurz helfen könntest." So viel Spaß er auch dabei hatte, mit diesen Idioten zu tanzen, er war ja eigentlich hier, um was zu tun.
Auch Colette schwitzte im Gegensatz zu ihrer Schwester ganz schön. Die lag ihr oft in den Ohren, dass sie als Mensch noch weniger zu gebrauchen war als ohnehin schon. Und dieses Mal wollte sie ihr insgeheim zustimmen. In diesem Augenblick wäre sie auch gern halb Feuerdämon und so hitzeresistent wie eine Folienkartoffel. Zu allem Überfluss war ihr auch der Sonnenhut verwehrt worden, damit sie auf jeden Fall im Partnerlook unterwegs waren. Es war in ihren Augen schon irgendwie liebenswert, dass ihr das so wichtig war. Trotzdem war ihr danach, so wie sie war in den nächsten Pool zu springen. Wenn diese Mission sich noch ein paar Stunden hinzog, konnte sie sich zumindest auf eine kühle Nacht freuen. Sogesehen war es doch praktisch, dass sie nicht zu luftig gekleidet war. Ja, genau. Ihre Schwester hatte vorgesorgt, damit sie nicht fror. Damit konnte sie leben. Mit einem schwachen Lächeln nippte sie an ihrer Ziegenmilch. Zum Glück wurden sie einstweilen von den anderen Gästen nicht weiter behelligt. Dafür hatte die Halbdämonin gesorgt. Während sie schweigend tranken und warteten, wurde schließlich der Neuzugang freundlicherweise angekündigt. Jedenfalls nahm sie an, dass es ihr 'Gildenfuzzi' war, so wie der Kerl es ausdrückte. Ob er es in einem Stück zu ihrem Tisch schaffte? Angra lehnte sich zurück, nachdem sie ein paar Messerkerben auf der Oberfläche hinterlassen hatte. Im Räuchernebel machte sich Geflüster breit. Abwartend kippelte die Halbdämonin auf ihrem Stuhl. Der Neue kam mit Worten nicht sonderlich weit. Das schien er immerhin schnell zu bemerken. Anstatt den Schwanz einzukneifen, zettelte er eine Schlägerei an. Das war ja einigermaßen vielversprechend. "Kukuku...Warum bist du ihm nicht behilflich?" Kichernd wandte sie sich an ihre Menschenschwester und schenkte ihr ein unheilvolles Lächeln. Colette schreckte leicht zusammen und öffnete den Mund, um zu protestieren. Stattdessen starrte sie auf ihren Kruginhalt und schluckte leicht. Nachdem die Ältere sie mit sanften Tritten unter dem Tisch ermuntert hatte, richtete sie sich nervös auf und rieb sich das Schienbein. "H-Hier..." Meldete sie sich schwach und hob die Hand, als wollte sie möglichst keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Aber das blieb ihr wohl kaum erspart, wenn sie den jungen Mann an ihren Tisch lotsen wollte. Warum mussten diese Gäste auch so ein beschämendes Verhalten an den Tag legen? Unter den amüsierten Augen der Älteren bewegte sie sich mit hölzernen Schritten auf den Anderen zu. Dann sah sie etwas aus den Augenwinkeln. Es blitzte auf - ein weiteres Messer! Ohne lange nachzudenken schüttete sie dem Turbanträger ihr Getränk ins Gesicht. "W-w-wer das Schwert zieht, wird durch das Schwert umkommen..." Eine junge Frau, eher noch ein Mädchen. Ihre dunklen Haare waren zu einem losen Pferdeschwanz gebunden. Kurioserweise trag sie eine altmodische Schuluniform - wie die, die zu gut betuchten Privatschulen gehörten. Der milchgetränkte Kerl wischte sich über seinen fuzzeligen Bart und starrte sie an, als würde er sie gleich fressen wollen. "Was du nicht sagst..." Murrte er mit schwerer Zunge. Für seinen Zustand erstaunlich geschickt warf er das Messer von seiner linken in die rechte Hand und ließ die Klinge kaltblütig auf ihr Gesicht zuschnellen. Colette blieb kurz die Luft weg, als sie mit einem Ruck zurückgezogen wurde und sich im Arm der Älteren wiederfand.
"Hmhm...Du hättest ihm den Krug ins Gesicht donnern sollen. So zimperlich~" Ohne lange Vorwarnung schoss sie dem angetrunkenen Straßendraufgänger in den Fuß. Ein gefährliches Grinsen legte sich auf das vernarbte Gesicht, als sich der Alte auf dem Boden vor Schmerzen krümmte wie ein zerteilter Wurm. "Du wolltest doch frische Luft? Sorgen wir dafür, dass hier weniger Menschen herumkriechen." Wahllos feuerte sie in die Menge. Der Revolver in ihrer Hand war auffallend dunkel gefärbt und mit befremdlichen Schriftzeichen geschmückt, die bei jedem Schuss in ein lilafarbenes Licht getaucht wurden. Die ersten Gäste suchten bereits hinter der Theke Deckung vor dem gemeingefährlichen Kugelhagel, andere tauchten unter die Tische. Eine Schlägerei war das Eine - aber mit einer waschechten Schießorgie bekam man es selbst an diesem Ort nicht alle Tage zu tun! Während Angra mit einem schnellen Zauber nachlud und ihr Revolver dabei eigenartige Geräuschte machte, wandte sie sich beiläufig an den Neuling. Hatte er sie da wirklich gerade als Freundin bezeichnet? "Du. Erzähl keine Märchen, sondern beweise mir, dass wir nicht umsonst gewartet haben. Für ein nettes kleines Gespräch braucht es Ruhe...Du verstehst?" Kurz darauf ertönte ein dumpfes Klonk. Und wieder...und noch einmal. Als sich Angra nach der Jüngeren umsah, hatte sie zumindest einen der Gäste mit ihrem Krug auf die Erde geschickt. Keuchend ließ sie ihn fallen und rieb sich die Hände. Die Vernarbte lächelte abschätzig und stellte ihren Fuß auf das Gesicht des demolierten Typen. "Nur zu, legt es darauf an. Ich spiele gern mit meinem Essen." Während Colette sich in eine wackelige Kampfhaltung neben ihr aufbaute, legte die Halbdämonin erneut an. Irgendwo zerbrach unter dem Beschuss eine Flasche. Ein Gast wurde im Rücken getroffen, als er auf den Ausgang zuhechtete. Sofern Hyun darauf achtete, konnte er möglicherweise erkennen, das es die volle Absicht von der vermeintlichen Schülerin war. Aufmüpfige Menschen, feige Menschen - sie hasste sie alle gleichwertig. Ihr einziger verdienter Platz war auf dem dreckigen Bogen. "U-uhm...Angra ist übrigens meine Schwester. Ich heiße Colette. F-freut mich." Stellte sich die Jüngere dem jungen Mann vor, während sie nervös auf weitere Angreifer achtete.
Zauber:
Reload TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 10 MAX. REICHWEITE: --- SPEZIELLES: --- Voraussetzungen: Willenskraft Level 3, Schusswaffen Rang I Beschreibung des Zaubers: Mit diesem Zauber kann der Anwender Munition aus einer Taschendimension direkt in eine gerade verwendete Schusswaffe hineinbeschwören. So kann er "freihändig" und deutlich schneller als von Hand eine leergeschossene Schusswaffe einmalig pro Verwendung des Zaubers nachladen.
Geschickt, fast als wäre es für den Blonden etwas alltägliches, wich er fliegenden Fäusten und unkoordinierten Kopfnüssen aus. Für ihn waren die betrunkenen Schwachköpfe eigentlich keine große Herausforderung ... zumindest wenn es nur zwei oder drei waren. Doch die Massen, die sich auf ihn zubewegten und auf sein Blut auswaren, waren dann doch etwas viel. Vorerst blieb ihm nichts anderes übrig, als in die Defensive zu gehen, denn für einen Gegenangriff hatte er einfach nicht genug Luft. Lange musste er diese unangenehme Situation jedoch nicht ausharren, denn ein unsicheres, aber definitiv feminines "H-Hier" versprach Aushilfe. Seine Augen huschten in die Richtung der leisen Stimme, die er beinahe überhört hätte und sah einer jungen Frau entgegen, die ganz offensichtlich gar nicht hier sein wollte. War das ernsthaft seine Kollegin? Ein verdammtes Schulmädchen? Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, hatte er jedoch nicht, denn bevor er sich versah, tauchte auch schon die Klinge eines Messers vor seiner Nase auf. Instinktiv wich er zurück, gerade noch rechtzeitig, sonst hätte er vermutlich auch einen Teil des Getränks der Dunkelhaarigen abbekommen. Er war ja durchaus dankbar für ihre Unterstützung ... aber besonders effektiv war diese nicht. Der Angreifer wischte sich leise schnaubend die Milch aus dem Gesicht und setzte auch schon zum nächsten Angriff an, doch so weit kam er nicht, denn plötzlich fiel ein Schuss. Der Pan zuckte sichtbar zusammen, zog den Kopf ein und suchte hektisch nach dem Ursprung der Kugel, die nun tief in dem Fuß des Dicken steckte. Ein weiteres Mädel, das dem ersten beinahe zum Verwechseln ähnlich sah. "Was zur Hölle?!" Er konnte gerade noch rechtzeitig hinüber zu seinem vierbeinigen Begleiter huschen und diesen mit dem eigenen Körper blockieren, ehe ein regelrechter Kugelhagel auf die Kneipe niederprasselte. Zwar flog keine Einzige in seine Richtung, doch ein Risiko würde er sicherlich nicht eingehen. Er vertraute diesen verfluchten Knarren und ihren Besitzern einfach nicht. Innerhalb kürzester Zeit verringerte sich die Anzahl an Personen in dem Raum rapide, doch einige wenige Rüpel schienen genug Mumm zu haben, sich dem ungewöhnlichen Team entgegen zu stellen. "Tss, du hast vielleicht Nerven" murrte Hyun, gefolgt von einem Schnauben, "Sei doch einfach froh, dass ich dich nicht als meine Freundin bezeichnet habe." Auf so eine Idee würde er niemals kommen, doch das konnte die Trulla ja nicht wissen. Ein wenig verwirrt war er jetzt aber schon. War das junge Mädel, das ihr wie aus dem Gesicht geschnitten war, nun Angra oder die Waffenbesitzerin? Zeit, um sich darüber viele Gedanken zu machen, hatte er jedoch nicht. Der nächste Rüpel setzte bereits zum Faustschlag an, wollte wohl den kurzen Moment der Unachtsamkeit des Blonden nutzen, um ihm gehörig eins zu verpassen. Dabei hatte er die Rechnung aber wohl nicht mit Chime gemacht, der seinen gesamten, massigen Körper in die Seite des Kerls warf und ihn so zum Schwanken brachte. Diesen Moment nutze Hyun direkt, um seinen Kopf zu packen und ihn runter zu seinem heraufsausenden Knie zu ziehen. Der Treffer saß und katapultierte den Typen in die Traumwelt. "Braver Junge." Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen tätschelte er Jimmy den Hinterkopf, ehe er seine Aufmerksamkeit den letzten paar Schlägern widmete. Mit einigen geschickten Tritten und Schlägen kehrte innerhalb kürzester Zeit vollkommene Ruhe in der Kneipe ein. Die letzten Idioten nahmen schließlich reißaus, nachdem sie realisierten, dass sie in der Unterzahl waren und gegen das Team keinerlei Chance mehr hatten. Erleichtert atmete der Pan auf und ließ sich auf einen der Stühle sinken. "Yo, Colette. Danke für die Hilfe." Er ließ seinen Kopf nach hinten über die Lehne klappen. Man, das war echt unnötig gewesen, vor allem bei den Temperaturen. Er griff sich mit einer Hand an den Kragen seines Oberteils und schüttelte dieses kräftig durch, um sich so ein wenig Luft zuzufächern. Nach einigen, tiefen Atemzügen, zog er seinen Oberkörper schließlich nach vorne und stützte die Ellenbogen auf den Tisch, ehe er seinen Schädel in den Händen platzierte. So konnte er seine Gesprächspartnerinnen wenigstens ansehen. "Mir wurde nur etwas von einer Angra erzählt. Sorry, dass ich so doof frage, aber wer bist du, Colette?" Seine Stimme war nicht unhöflich, doch seine Vorsicht und einen Hauch von Misstrauen konnte man sicherlich heraushören. Er war kein Fan von unangemeldeten Gästen, denn seiner Erfahrung nach brachten diese häufig Probleme mit. Bisher hatte sich die Dunkelhaarige zwar als nützlich erwiesen, doch wer wusste, was der eigentliche Grund für ihre Gegenwart war? "Ich wäre übrigens auch echt dankbar, wenn man das nächste Mal darauf verzichten könnte, mir Kugeln um die Ohren zu jagen." Einige davon waren viel zu knapp gewesen. Hatte Angra überhaupt darauf geachtet, wohin sie geschossen hatte? "Eine Sache will ich im voraus klarstellen, bevor wir uns über unseren Auftrag unterhalten. Wenn nur eine einzige Kugel meinen Jimmy auch nur streifen, dann gibt es hier Tote, verstanden?" In dieser Hinsicht verstand er wirklich keinen Spaß. Dieser Mist war saugefährlich und sobald die Munition einmal die Pistole verlassen hatte, hatte man quasi keine Kontrolle mehr darüber. Genau deswegen hasste er diese Art von Waffe.
Ganz unfähig schien der Blondschopf immerhin nicht zu sein, wie die Halbdämonin feststellte. Mit ein paar betrunkenen Menschenviechern kam er offensichtlich zurecht. Und er war auch geistesgegenwärtig genug, vor ihren Kugeln in Deckung zu gehen. Das war ja fast vielversprechend. "Hmhm~ Was dann passiert, willst du auch nicht erleben. Augen nach vorn, du hast noch ein paar übersehen." Die Vernarbte überließ den restlichen Kleinkram ihrem Anhang und nahm seelenruhig das Messer von ihrem Tisch. Das sollte sie gleich nicht vergessen. Sie wollten doch noch ein paar Fragen stellen. Während der Junge noch etwas beschäftigt blieb, wagte sich nur noch ein übermütiger Typ in ihre Richtung. Colette war bereits zur Stelle und stellte sich ihm in den Weg. Ein mächtiger Schwinger sauste in ihre Richtung, der sie ein wenig ungelenk auswich. Zum Glück waren diese Gestalten wirklich nicht auf der Höhe, sonst hätte sie das aus den Socken gehauen! Angra warf ihr mit einem vielsagenden Lächeln ihr Messer zu und deutete mit einer wenig subtilen Geste über ihren Hals an, was sie erwartete. Stattdessen umfasste Colette den Griff mit beiden Händen und donnerte dem Kerl das untere Ende gegen die Birne, bevor er sich wieder gerade aufrichten konnte. Wie ein gefällter Baum ging er in die Knie und wankte bedrohlich. Die Schülerin setzte gezwungenermaßen noch einmal nach. Damit war auch dieses unselige Problem vom Tisch. "So schwach...Aber wenigstens stehst du noch." Beurteilte die Ältere gehässig und richtete ihr Augenmerk wieder auf den Neuen, der einem der Gäste gerade mithilfe seines...Haustieres ausknockte. Er hatte ganze Arbeit geleistet, wie Colette beiläufig feststellte. Glücklicherweise hatten sie sich nicht gleich mit allen prügeln müssen. Der Rest verzog sich. Das war besser für alle Beteiligten. Erleichtert zog sie ein Stofftaschentuch hervor und fuhr sich über die Stirn. "H-Huh? Oh. Nicht der Rede wert..." Erwiderte sie auf seine anerkennenden Worte und reichte ihrer Schwester das Messer lieber wieder zurück. Verlegen fuhr sie sich über die Hand. "Ich? Uh...Ich bin Angras Schwester. Halbschwester..." Murmelte sie das letzte Wort, auch wenn sie optisch vielmehr wie ein Zwilling - wenn nicht fast wie ein waschechter Klon aussah. Ihre Ausstrahlung, ihre Frisur und die Narben unterschieden die Ältere von ihr. Zumindest oberflächlich. Wenn man die Andere fragte, betonte sie gern ihre eigene Unmenschlichkeit. Etwas, von dem sie selbst nicht so recht überzeugt war. "Angra hat mich gern um sich...Um Kleinigkeiten zu erledigen und sowas. Sieh mich einfach als Statisten, ahaha~" Die Rollenverteilung wurde ziemlich schnell klar. Die Ältere musste im Mittelpunkt stehen, das Kommando übernehmen. Von Menschen ließ sie sich gar nichts sagen. Etwas zuckte in Angras Gesicht auf, als er sie zurechtweisen wollte. Unterstellte er ihr etwa, dass ihre Kugeln nicht genau dort landeten, wo sie hinsollten? "Das wird schon nicht passieren. Nicht, wenn du es nicht verdienst. Jimmy, hm? Verstehe, verstehe. " Die selbsternannte Hexe musterte das Wolf...Misch...Ding ein wenig genauer. Etwas daran wirkte beinahe vertraut. Jemand musste viel Freude am Experimentieren gehabt haben. Ein düsteres Lächeln huschte über ihre Gesichtszüge. "Ist Jimmy sein alter Name? Das erinnert mich an mein Würstchen. Wenn du es in der Gilde durchältst, triffst du ihn vielleicht eines Tages." Belustigt sah sie sich den geschlagenen Haufen unter ihren Füßen an und suchte sich einen heraus, den sie gleich vernehmen konnten. Colette nestelte nervös an ihrem Kragen und wandte sich an den jungen Mann. "So...Also, uh...Nur um sicher zu gehen: Kannst du mir dein Gildenzeichen zeigen? Und...ich glaube, wir wissen deinen Namen noch nicht. Ich, ähm...leite ihn dann weiter..." Die Halbdämonin war offensichtlich gerade zu beschäftigt, einen benommenen Typen mit ihrer Klinge zu bedrohen, das sie ihm warnend unter die Nase hielt. "Ich sollte dir das Gesicht abziehen, Mensch. Vielleicht fange ich damit an, bevor ich Fragen stelle. Ich weiß doch, wie gern ihr lügt...Meine wertvolle Zeit verschwendet..." Und damit stach die Spitze durch die obersten Hautschichten unter seinem Ohr, bis ein Blutstropfen hervorquoll. "Wa- Halt, w-was wollt ihr wissen? Ich sage alles, was ich weiß!" Stammelte der Mann, der wohl mehr als doppelt so alt wie das Trio war. Seine zuvorkommende Behandlung sorgte zumindest dafür, dass er schnell wieder nüchtern wurde. Mit einem resignierenden Lächeln machte Colette den Anfang und zeigte Hyun ihr eigenes Zeichen. Es war nichts, das sie nicht von der Anderen gewohnt war. So viel ließ sich leicht erkennen. Angra machte derweil weiter und schien geradezu darauf zu lauern, dass ihr der Kerl einen Grund lieferte. "Du bist doch aus dieser Gegend? Dann hast du bestimmt schon von ein paar armseligen Banditen gehört, die gern dummes Zeug erzählen. Vielleicht waren sie sogar hier schon einen heben? Hmm?" Der ältere Kerl nickte hastig. "J-ja, ich glaube, eh...ich weiß, wen du meinst! Sie reden die dunkle Gilde schlecht, richtig? Die trauen sich nicht mehr hierhier. Zu viel Konkurrenz, das gibt nur böses Blut. Ich weiß nicht, ob es ihr Stammlokal ist, aber ein paar von ihnen habe ich in einem anderen Schuppen gesehen. Zur Kupferstube heißt der. Eine Straßen weiter auf der rechten Seite. Uh...Als ich da war, kamen sie ziemlich spät nach. Eine Stunde vor Mitternacht vielleicht? Braucht ihr noch mehr?" Hakte er hastig nach, als Angra sich aufrichtete und abfällig den Blick abwandte. "Das reicht. Krieche zurück in dein Loch und lass dich nicht mehr vor mir blicken. Ah...Und denke gar nicht erst daran, dieses Pack vorzuwarnen. Sonst verteile ich deine Überreste mit der Post an deine restliche Sippe." Nachdem die Halbdämonin ihn entlassen hatte, wandte sie sich an Hyun. "Du solltest wissen, worum es geht. Wir werden diese Lästerschwestern finden und zum Singen bringen. Und danach...Murksen wir ihre restliche Bande ab." "Wir bringen sie zum Schweigen...W-würde ich sagen." "Sag ich doch."
Der Blonde schnaubte. Er wollte gar nicht wissen, was dann passierte? Hah, glaubte sie wirklich, dass sie ihm auch nur ein bisschen einschüchterte? "Wer sich im Kampf auf seine Waffe verlassen muss, macht mir echt kein bisschen Schiss", murrte er, ehe er sich wieder den herannahenden Trunkenbolden widmete. Hier ein gut platzierter Tritt in den Magen, dort eine Faust mitten in die Fresse und zack war Ruhe. Je weniger es wurden, desto einfacher wurde der Mist hier, schon bald war es keinerlei Herausforderung mehr und Ruhe kehrte in dem Schuppen ein. Jetzt war endlich Zeit für ein wohlverdientes Päuschen. Es war nur bedingt die körperliche Anstrengung, die an seinen Kräften zehrte, viel mehr war es die ungewohnte Hitze, die in diesem Teil des Landes herrschte. Hinzu kam natürlich noch die mit Schweiß, Zigrettenrauch und Alkohol verpestete Luft, die sich im Blutkreuz ansammelte. Echt nicht der ideale Ort für eine Prügelei. "Halbschwester? Statistin? Mh, meinetwegen." Was genau er wirklich von der Sache hielt, würde sich schon noch zeigen. Bisher war die unangekündigte Begleitung ja ganz nützlich, also konnte er sie wohl dulden. Seine Aufmerksamkeit wanderte zurück zu der Person, die er eigentlich erwartet hatte. Angra. "Es ist mir egal, was in deinen Augen verdient oder unverdient ist. Wenn du nicht sterben willst, hälst du deine beschissene Waffe nicht einmal in die Richtung von Jimmy. Ich reiß' dir deinen beschissenen Arsch auf, kapiert?" Der Blick, mit dem sie den niedlichen Flauscheberg musterte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Was sollte diese Begeisterung? Ja, er war knuffig wie sau, aber das hieß noch lange nicht, dass seine Existenz für einen Fremden etwas gutes darstellen durfte. "Lass' deine dreckigen Finger von unserer Vergangenheit." Er kniff die Augen zusammen. Kollegin hin oder her, das ging sie überhaupt nichts an, selbst, wenn es nur um die Namensherkunft des Mischlings ging. "Und deine dummen Sprüche kannst du dir auch in den Arsch schieben." Dass er es nicht in der Gilde aushielt war ja woh eine rotzfreche Behauptung. Da interessierte es ihn reichlich wenig, dass sie auch ein Haustier zu haben schien, das machte sie nur gering sympathischer. Während sich seine vernarbte Kollegin irgendeinen Loser vorknüpfte, winkte der Pan die Kellnerin herbei und bestellte sich irgendeinen billigen Stoff. Innerhalb kürzester Zeit landete dieser in seinen Händen. "Mh? Ernsthaft? Alter, ich hab' an eurer Seite gekämpft und ihr traut mir nichmal so weit?" Er schnaubte abfällig, jegliche Begeisterung wich aus seinem Gesicht. Trotzdem kehrte er ihr den Rücken zu und zog den Träger seines Tanktops komplett beiseite um die pechschwarze Tättowierung komplett sichtbar zu machen. Mit der anderen Hand führte er sein Getränk an die Lippen und nahm einen großen Schluck. Oh ja, der Shit war wirklich billig, das Brennen in seiner Kehle war kaum ignorierbar. "Hyun." Wie sein Vierbeiner hieß, hatte er ja bereits verraten. Kein Grund, sich zu wiederholen. Innerhalb kürzester Zeit hatte Angra einiges an sinnvollen Informationen aus ihrem Opfer herausgequetscht. Natürlich entging dem Tättowierten dabei nicht die Begeisterung, die sie an den Tag legte, doch das ignorierte er getrost. Solange sie es nicht vollkommen übertrieb, würde er nicht einschreiten. Klang, als würde das hier eine lange Nacht werden, wenn die Gesuchten ihren üblichen Treffpunkt erst so spät aufsuchten. Ihn selbst störte das getrost wenig, doch es gefiel ihm nicht, dass Chime die Sache ebenfalls mit durchziehen musste. Der Kleine brauchte eigentlich seinen regelmäßigen Schlaf. Aber eine kleine Ausnahme würde ihm hoffentlich nicht schlafen, dafür würde er morgen was tolles zum Fressen bekommen. In einem Schwung kippte er seinen restlichen Drink herunter und hievte sich zurück auf die Beine. "Geht klar." Ein paar Idioten die Leviten lesen und sie ihr dummes Verhalten bereuen lassen war keine große Sache, das sollten sie mit links erledigen. "Abgemurkst wird hier aber sicherlich keiner." Nur zu gerne katapultierte er ein paar Schwachköpfe für die nächsten Wochen ins Krankenhaus. Morden würde er jedoch nicht und dabei zusehen erst recht nicht. Er hatte überhaupt keinen Bock, dass das Blut eines Toten an seiner Kleidung haftete. Beweisvernichter am Arsch, er hatte keine Ahnung, wer diese Typen waren, dementsprechend würde er sich auch nicht auf sie verlassen. Seinen Scheiß regelte er selbst, von Anfang bis Ende. "Was bringt es uns, denen das Licht komplett auszuknipsen, eh? Lass sie leben, damit sie erzählen können, was passiert, wenn man Shit über uns labert." So ein Quatsch, echt jetzt. Falls sie Dunkelhaarige es bisher nicht geschnallt hatte, dann hoffentlich jetzt. Der Pan kuschte nicht wie die Schwester, er vertrat seinen Standpunkt und rückte davon auch nicht ab, egal was sie vor sich hinschwafelte, was für Drohungen sie in seine Richtung warf. Wenn sie wollte, dass er ihr Folge leistete wie ein braves Hündchen, dann musste sie ihn zwingen, doch dagegen würde er sich mit aller Kraft wehren. "Dann würde ich sagen, wir schauen uns mal den potentiellen Stammschuppen von diesen Losern an, hm?"
Colette fuhr sich verlegen über den Arm und nickte nach kurzer Sichtung seines Gildenzeichens, ehe sie ihrer Schwester etwas zuflüsterte. Angra lächelte unbekümmert und musterte den Jungen wie einen unartigen Hund. Aufbrausend, emotional. Und offensichtlich hing er an seinem...Haustier. Das versprach, amüsant zu werden. Sie schätzte unterwürfige Menschen normalerweise mehr. Aber widerborstige Subjekte, die laut bellten, winselten am Lautesten. Seine Worte waren überaus deutlich. Es erinnerte sie fast an alte Zeiten. Der Kerl hätte gut in ihre alte Gang gepasst. Wer weiß, ob er inzwischen auch zu ihrer Sammlung gehört hätte? Die Halbdämonin gab einen spöttischen Ton von sich und warf das rabenschwarze Haar zurück, das wie milchige Spinnenseide schimmerte. "Hmm...Ich frage mich, wie du das verhindern willst. Jeder Kampf ist gefährlich. So viel kann passieren. Du nimmst dir ganz schön viel heraus, Menschlein. Solange dir und deinem...armen Ding nicht das Gleiche passiert, kann es dir egal sein, nicht wahr? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir müde Moralapostel in unsere Gilde lassen. Wir werden mit aller Härte gegen sie vorgehen. Wer übrig bleibt, soll sich noch lange an uns erinnern. Gebrochen und für immer gezeichnet. Wie dieser Tisch hier." Bedeutsam fuhr sie über ein paar fremdartige Zeichen, die sie vorhin abwesend hineingeritzt hatte. Ähnlich wie schon die Zeichen auf ihrer Waffen konnte man das Gefühl bekommen, dass allein der Anblick schon schmerzte. Nervös rieb sich Colette die Hände, nestelte an ihrem Kragen und biss sich leicht auf die Unterlippe. "U-uhm...Ich glaube, wir sind uns mehr oder weniger einig. Das ist doch...gut! Du hattest natürlich schon das Gleiche im Sinn, nicht wahr, Mai-chan?" Versuchte die Jüngere behutsam zu vermitteln und zog den Kopf vorsichtshalber leicht ein, in Erwartung sich eine zu fangen. Stattdessen tätschelte die Andere ihr herablassend die Wange. "Richtig erkannt. Unser Hyund würde gerne den Ton angeben, aber dafür muss er ein paar Jahrhunderte früher aufstehen. Ich habe das Kommando. Und ich sage...Wir sehen uns diesen Laden einmal genauer an. Lassen Blut fließen. Ich will Gewalt sehen, keine Teestunde. Du siehst aus, als würdest du es kapieren, wenn du nur willst. Wir sind hier, um ihnen ihr Lästermaul auszutreiben. Nachhaltig. Wenn du sie schon am Leben lassen willst, lasse sie wenigstens leiden. " Menschen. So viel Mitgefühl. War das etwa Nächstenliebe? Was hatte er davon, wenn ein paar fremde Banditen lebten? Hoffte er, dass sie ihm dankbar waren? Wollte er sein nagendes Gewissen erleichtern? Sie hatte gute Lust, ihre Schwester wieder einmal durch die Mangel zu nehmen. Warum hatten diese Frischlinge immer so ein loses Mundwerk? Eine Kugel im Knie würde dem vielleicht Abhilfe schaffen, aber das kostete mehr Zeit, als dieser Spaß wert war. Unsanft stieß sie einen Arm hervor und hinderte Colette daran, weiterzugehen. "Weißt du was? Ich bin ein wenig ungehalten. Trage mich." "M-muss das sein? Es ist doch so warm...Na schön..." Widerwillig krempelte sie die Ärmel hoch und atmete leise durch. Dann nahm sie die augenscheinlich relativ leichte Halbdämonin in ihre Arme. Wie eine Prinzessin, nur war es eben eine Hexe, die die Haut der echten Prinzessin wie einen Mantel trug.
...
Diese Kupferstube war auch nicht aus der Welt. Zum Glück für Colette, die sich bei dieser Hitze sichtlich mühsam abschleppte. Sie schien kräftiger als ihre Schwester zu sein, aber das bedeutete noch nicht viel. Eine unauffällige Steintreppe führte nach unten in eine Art rustikale Kellerbar. Hier ging es deutlich ruhiger zu als im Blutkreuz. Selbst der Dunstschleier der Raucher war nicht ganz so dicht wie eine dicke Gewitterwolke. Angra ließ sich die Treppe hinunter bis zum Eingang tragen, bis sie Colette erlöste und wieder auf ihren eigenen Füßen stand. Wortlos tastete sie nach einem getrockneten Irgendetwas und hielt es ihr vor den Mund wie ein Leckerli, was die Andere hektisch ablehnte. Stattdessen deutete sie auf einen der Tische, wo sich zwei raue Gestalten mit roten Bandanas lautstark unterhielten und lachten, während eine bemüht geduldige Kellnerin ihnen neue Getränke servierte. Der allgemeine Lautstärkepegel hielt sich davon abgesehen in diesem Laden in Grenzen, was zumindest der Jüngeren ganz gelegen kam.
"...Und dann sollen die noch so eine Bekloppte haben. Re-ohl oder so. Dackelt hinter allen anderen her und macht jeden Scheiß mit wie ein Hofnarr. Len hat mir neulich gesteckt, die frisst sogar alles, was man ihr hinwirft." "Passt ja zu dem Saftladen. Wo die herkommt, gibts noch mehr davon. Was für Spaten, haha!"
Alter, wieso waren so viele Gildenkollegen des Blonden so abgefuckt? Ihm selbst fehlten ja auch einige Tassen in seinen Schränken, das verneinte er überhaupt nicht, aber je mehr er gezwungen war, sich mit anderen Crusadern abgzugeben, desto mehr merkte er, dass viele von ihnen schon komplette Regale leergeräumt hatten. "Bruuh, normal hat man genug Kontrolle über seine eigenen Taten, um sichergehen zu können, dass man niemanden killt." Vielleicht rechnete er der Schwarzhaarigen damit auch zu viel zu? Bisher hatte sie nicht gerade durch ihr souveränes, logisches Denken bestochen. "Am Arsch, Alter. Mach doch was du willst, aber ich werde deinen beschissenen Befehlen sicher nicht folgen." Er verdrehte die Augen, machte sich nicht einmal die Mühe, die Geste hinter gesenkten Lidern zu verstecken. "Unser Auftrag besteht nicht darin, irgendjemanden umzubringen. Ich halte mich an meinen Auftrag und nicht an die Worte von nem Zwerg, der seine Schwester als Bodyguard benötigt." Und dazu noch nicht einmal selbst kämpfen konnte, sondern sich hinter ihrer Knarre versteckte. Pah. Er trat auf sie zu und beugte sich ein wenig hinab, um ihr in die ziemlich schrägen Augen sehen zu können. "Was willst du schon dagegen tun?" Ihm wortwörtlich die Pistole auf die Brust setzen? Ohweh, mal sehen, wie schnell er ihr diese aus der Hand getreten hatte. Was würde sie dann tun? Heulen? Man, die Sache hier ging ihm echt gehörig auf die Nerven. Wieso musste er hier jetzt ernsthaft diskutieren, ob sie irgendwen abmurksten oder nicht? Einig? Wer war sich hier bitte einig? Niemand. Aber gut, dann mussten sie die Sache eben klären, sobald es soweit war. "Wenn du das Kommando haben willst, dann benimm dich halt auch wie n gescheiter Anführer. Dann hätten wir hier überhaupt kein Problem." Er zuckte mit den Schultern. Gut, er war generell kein Fan von Authorität und stellte diese nur zu gerne infrage, doch er konnte seine Abneigung herunterschlucken, wenn er sein gegenüber als kompetent genug ansah. Das konnte man von Angra echt nicht behaupten. Die wirkte einfach nur batshit crazy. Glaubte die Olle doch wirklich, dass es ihn juckte, wenn sie seinen Namen verhunzte. Leider hatte sich in ihrer kleinen Analyse des Tättowierten ein Fehlerchen eingeschlichen. Ja, er konnte sich aufregen und man konnte ihm durchaus leicht ans Bein pissen, aber nur, wenn es um Dinge ging, die ihm wichtig waren. Dazu gehörten neben Jimmy nur wenige Dinge, er selbst allerdings nicht. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, als sie seinem Namen ein nettes, kleines 'd' hinzufügte. Und mal ganz ehrlich, als ob 'H(y)und' eine Beleidigung war, Köter waren fucking niedlich und cool. Da war es fast schon beleidigender, dass sie ihn als Mensch bezeichnete. Warum er überhaupt so scharf darauf war, seine Feinde am Leben zu lassen? Die Antwort war eigentlich ganz simpel: Das Leben war so viel beschissener als der Tod. Die Schmach, die Schande nach einem glorreich verlorenem Kampf war doch die größte Strafe für einen Rüpel. Umso besser war es natürlich, wenn er sich danach noch an das Gesicht des Pans erinnern konnte und die Sache weitererzählte. So und nicht anders musste es sein damit das Leben spannend blieb. Alles andere war langweilig, da konnte er es ja gleich lassen. In dieser Hinsicht würde er aber wohl kaum mit seiner Kollegin auf einen Nenner kommen. Sie schien - genauso wie er selbst - ihren eigenen, verschrobenen moralischen Kompass zu besitzen, von dem sie nicht abwich. Leiden lassen würde er die Idioten sowieso, das brauchte sie ihm nicht zu sagen. Doch jetzt, wo sie es ausgesprochen hatte, hatte er schon aus Prinizip keinen Bock mehr darauf. Ugh. "... Alter is das peinlich, muss das sein?" Wie ein dummer Handlanger folgte Colette dem mehr als lächerlichen Befehl ihrer Schwester, sie auf den Arm zu nehmen. Was genau daran jetzt schlimmer war, wusste Hyun selbst nicht. Dass die Halbdämonin offensichtlich zu faul war, selbst zu laufen oder dass die Jüngere es ohne großen Widerstand einfach so machte. Da konnten sich einem doch nur die Fußnägel hochrollen. Einfach cringe. Ob die Bemühungen des Zirkusclowns, auf dem Weg zur Kupferstube nicht mit dem Geschwisterpaar in Verbindung gebracht zu werden, nun erfolgreich waren oder nicht war unklar. Zumindest waren die meisten Blicke ausschließlich an den Schwarzhaarigen hängen geblieben, ohne dann auffällig zu ihm hinüberzuwandern. Eilig huschte er die schmale Treppe, die zum Eingang der Kneipe führte, hinab, wartete eher widerwillig darauf, dass das Dämonenprinzesschen wieder auf ihren eigenen Füßen stehen durfte. Aus dem Inneren drangen bereits zwei Stimmen, die jedoch erst, nachdem er die Tür aufgedrückt hatte und eingetreten war, klar verständlich wurden. "Eh?" Als ob. Das war ja mal viel zu einfach gewesen. Der Pan hatte gehofft, dass diese Schwachköpfe wenigstens versuchen würden, ihre Lästerei zu verbergen, doch da hatte er ihnen einfach zu viel zugetraut. Gleich zur Sache zu kommen hatte er allerdings nicht vor. Erstmal wollte er hören, was die zwei Hübschen noch zu sagen hatten und ob es womöglich noch mehr Loser gab, die auf eine Abreibung scharf waren. Er zog einen Stuhl vom Nachbarstisch herbei und hockte sich, mit der Lehne Richtung Tisch, genau zwischen die Beiden. "Reohl eh? Diese Spinnerin, die angeblich das Schoßhündchen der dunklen Gilde ist?" Die Arme verkreuzt legte er diese auf der Stuhllehne ab, ein freches Grinsen auf den Lippen. Chime verzog sich, genauso wie zurvor, erneut unter seine Beine, wartete geduldig darauf, ob sein Einsatz erwünscht war oder nicht. "Ganz ehrlich, der ganze Haufen ist doch nichts mehr als ne komplette Shitshow. Ich hab' letzt gehört, dass sie nen Schwachkopf in die höheren Ränge aufgenommen haben sollen, der nichtmal selbst kämpft, sondern einfach irgendwelche Viecher vorausschickt. Hyun oder so. Wie lächerlich ist das bitte? Und vor sowas sollen wir uns fürchten?" Ohne mit der Wimper zu zucken verknüpfte er Lüge mit Wahrheit. Wenn er schon hier war, konnte er sich ja auch mal einen kleinen Spaß erlauben, oder?
» Crocus Lotus Mo 18 Nov 2024 - 23:17 von Sirviente
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