Ortsname: Das Anwesen der Grynder Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Einst befand sich das Anwesen der Grynder in Aloe Town, doch mittlerweile findet es sich in einem guten Viertel in Magnolia Town. Beim Anwesen handelt sich um ein großes Gebäude, umgeben von einem schönen Garten, welcher zum Entspannen oder Faulenzen einlädt. Im Garten befindet sich ein kleiner Teich, in welchem Kois gehalten werden und es gibt viele Magnolien, unter denen man im Sommer Zuflucht von der Sonne suchen kann. Das Haus ist groß genug, um mehr als eine Familie zu beherbergen, doch die meisten Zimmer sind ungenutzt, seitdem Yuukis Familie verschwunden ist. Aktuell lebt neben Yuuki Grynder auch Iris Cerulean in dem Anwesen.
Change Log: Das Anwesen wurde auf magische Weise nach Magnolia Town transportiert. Passend zum Namen der Stadt, hat Yuuki einige Magnolien auf dem Grundstück pflanzen und einen kleinen Teich im Garten anlegen lassen.
"Sprechen" ~ *Denken* ~ *Wukong*
Character Theme | Battle Theme
Zuletzt von Yuuki am Di 5 März 2024 - 11:52 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Iris
Anmeldedatum : 04.05.21 Anzahl der Beiträge : 469 Alter : 32
# 04|15 Überhaupt mal wieder mit jemandem zu sprechen tat Iris unheimlich gut. Dass es dann ausgerechnet Yuuki war und sie vernünftig miteinander umgehen konnten, trotz der vielen Fragen des Rothaarigen und den filmreifen Vorkommnissen der letzten Tage, erfreute sie umso mehr. Seit ihrem Wiedersehen auf dem Anwesen in Crocus waren sie sich wieder nähergekommen, wenn auch nicht als Yuuki und Iris, sondern als Yuuki und Isabelle. Es schien sich ein neues, festes Band zwischen ihnen zu entwickeln, doch das hatte die Blondine jäh durchtrennt. Nun galt es den zwischenmenschlichen Bereich zum Rothaarigen neu zu erkunden. Die ersten Signale die Beide abgaben waren durchaus positiv. Eine ruhige Unterhaltung war kein Problem und hier und da zeigte sich ein Lächeln. Dieses Miteinander ebnete definitiv den Weg zu einer vernünftigen Aussprache, wenn die Zeit dazu gekommen war. Zuerst wollten sie sich mit den vermissten und dem verlorenen Artefakt auseinandersetzen. Zu diesem Zwecke wollte Iris sich dann auch ausgehfertig machen. Yuuki hatte sie schließlich gefragt, ob sie ihn begleiten wolle und auch sie sah es als durchaus positiv an, das Haus mal zu verlassen und auf andere Gedanken zu kommen. Zumal es ihr außerhalb vermutlich leichter fallen könnte, wieder die Nähe zum Rothaarigen zu suchen. Dort, wo weder Türen noch Wände sie trennten. Glücklicherweise fanden sich unter den ganzen Sachen der Familie Grynder auch Klamotten, die ihr halbwegs gut passten, sodass sie nicht in ihrem schwarzen Traueroutfit auf die Mission gehen musste. Für den Aufenthalt im Haus reichten weitere, unästhetischere Sachen aus. Natürlich dauerte es aber ein wenig, bis sie bei all den Sachen ein gutes, für sie passendes Outfit gefunden hatte. Dementsprechend wartete Yuuki bereits im Wohnzimmer darauf, dass sie fertig war. Kaum hatte Iris die Treppe nach unten hin betreten, sprach er auch schon zu ihr. Er erklärte, dass er sich mit seiner Krone, beziehungsweise dem Affengeist darin ausgetauscht habe, der ihm aber auch nicht helfen konnte. Die Magierin stieg die Treppe hinab und näherte sich Yuuki, während dieser die Optionen offenlegte, die ihnen zur Verfügung standen. “Ja, Wu ist schon schräg.“, kommentierte sie mit einem milden Lächeln auf den Lippen. Zweimal hatte sie bereits die Ehre mit ihm zu sprechen. Einmal verschreckte er sie, einmal war er sogar nützlich. Jedenfalls brauchte Iris keine Zeit um die vorgetragenen Möglichkeiten zu sondieren. “Hmmmmm…“, summte sie kurz überlegend, ehe sie entschieden antwortete. “Ich wäre für die Reise zu den Zeltdörfern, mit einem Abstecher zum Bäcker, ja.“ Ja, etwas zu Essen konnte sie noch vertragen, erst recht, wenn es an die Arbeit ging. Außerdem ließ Yuuki ja bereits anklingen, dass auch er dem nicht abgeneigt sei. “Die Recherche in der Bibliothek ist so trocken und ich glaube mit Augenzeugen zu sprechen hilft uns eher dabei den aktuellen Aufenthalt der Klinge auszumachen, oder was meinst du?“ Iris begründete ihre Entscheidung, ließ aber offen sich gegebenenfalls umstimmen oder überzeugen zu lassen.
Selbst in der jetzigen Situation, mit all den unbeantworteten Fragen, die in Yuuki’s Kopf schwebten, in all der Trauer und mit seinem Kloß im Hals, hinsichtlich der Beziehung zwischen Iris und ihm, reagierte er unbewusst sehr positiv auf sie. Seinem Unterbewusstsein waren die ganzen Zweifel, die das Bewusstsein verspürte, schnurzpiepegal. Bereits damals, auf dem Maskenball im Hause Monreau, hatte sein Unterbewusstsein erkannt, wer sich da vor ihm befand und entsprechende Signale an den Rest des Körpers gesendet. Der Herzschlag des jungen Mannes beschleunigte sich beim Klang der Stimme der Blondine und Berührungen führten dazu, dass sich Gänsehaut bildete. Beim Anblick der jungen Frau, wie sie die Treppe herunterkam, zuckten die Mundwinkel des Grynders wie von selbst hoch und ein kleines Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. Es blieb wirklich zu hoffen, dass es ihnen Beiden gelang, alles zwischen ihnen aus der Welt schaffen zu können!
Beim Kommentar der Blondine hinsichtlich des verrückten Affengeists musste der Rotschopf glucksen. *Stimmt ja! Sie kennt ihn ja auch!* Damit verband sie Beide ebenfalls etwas, dass Yuuki mit niemand anderem teilte: Das Wissen um den schrägen Geist, der in der Affenkrone hauste. Und Wukong schien auch recht angetan von Iris zu sein, denn ansonsten hätte sich der vornehme Herr sicher nicht zu einer Unterhaltung herabgelassen. Schräger Typ traf es nicht mal ansatzweise! „Schräg ist die Untertreibung des Jahrhunderts!“, antwortete er trocken und mit einem Lächeln auf dem Gesicht, während er sich erhob. Als sich die beiden Magier gegenüberstanden, betrachtete der junge Mann sein Gegenüber aus seinen rubinroten Seelenspiegeln heraus an. Es fühlte sich nach wie vor seltsam und unwirklich an, dass Iris vor ihm stand! Insofern sogen seine Seelenspiegel alles wie ein Schwamm auf. Möglicherweise hatte ja sein Unterbewusstsein Angst, dass die junge Frau wieder verschwand, weshalb jeder Moment aufgenommen und abgespeichert werden sollte! „Sehr schön, dann wäre das beschlossen!“, stieß Yuuki aus und freute sich insbesondere auf den Abstecher zur Bäckerei. „Ich denke auch, dass es uns gut tun wird, uns die Beine zu vertreten und uns mit anderen Menschen zu unterhalten, statt uns in den nächsten Raum einzusperren.“, gab er noch mit einem Glucksen von sich. Ja, sie Beide hatten sich schließlich von ihrem Umfeld abgekapselt und zurückgezogen. Da war es doch passend, dass sie sich Beide auch wieder öffneten und in die weite Welt hinaus gingen.
„Dann lass uns mal los!“ Und mit diesen Worten schritt der junge Mann durch den Eingangsbereich und öffnete die Tür, um Iris den Vortritt zu lassen. „Nach einem kurzen Abstecher zur Bäckerei „Laib und Seele“, sollten wir uns zur nächstbefindlichen Zeltsiedlung begeben. Meiner Information nach sollte das eine kleine Zeltsiedlung in der Nähe der Wüstenoase Vera sein.“ So weit, so gut. „Warst du schon mal in der Bäckerei? Oder der Oase? Falls nicht, keine Sorge. Ich habe schon öfters einen Zwischenstopp in der Oase eingelegt, falls es mich mal tiefer in die Wüste geführt hat. Und in der Bäckerei bin ich Stammkunde.“, gab er noch mit einem Lächeln von sich, während er sich mit der Hand am Hinterkopf kratzte. Sobald die Beiden mit ausreichend Proviant – in Form von Croissants, Plundertaschen, Brezeln, und vielem mehr – ausgestattet waren, konnte man den etwa halbstündigen Marsch zur Oase antreten. Yuuki war durchaus gespannt, was sie dort erwartete und was sie in Erfahrung bringen würden. Viel interessierter war er jedoch an den möglichen Gesprächen, die sie unterwegs führen könnten, sofern der jungen Frau nach Unterhaltung war. Nur auf diese Art und Weise ließe sich Stück für Stück der Berg an Ungewissheit zwischen ihnen Beiden aus dem Weg räumen. Ob das die Cerulean auch so sah?
# 05|15 Auch wenn Wukong so etwas wie ein Freund des Grynders war, beziehungsweise ihm gehörte oder wie auch immer man die Beziehung der Beiden bezeichnen sollte, waren sie sich einig. Der Affengeist war ein wirklich merkwürdiger Geselle. Yuukis Kommentar darüber und sein dazugehöriges Lächeln sorgten auch bei Iris für sichtbare Heiterkeit. Auch was die Vorgehensweise in dem neuen Fall anging, waren sie sich einig. Es sollte zuerst zum Bäcker und dann in die umliegenden Zeltdörfer gehen. “Das stimmt.“, entgegnete die Blondine verhalten, als der Hausherr davon sprach, dass besser war mal vor die Tür zu gehen und sich nicht einzusperren. Eigentlich war sie ja ursprünglich hergekommen, damit er jemanden sah und sich nicht alleine zurückzog. Geendet war es darin, dass sie genau das taten und zwar beide! Nun aber war Schluss damit. Doch Iris würde lieber handeln als davon zu sprechen. Von dem schlechten Gewissen, welches sie Yuuki gegenüber hatte, konnte sie sich leider nicht so schnell befreien. Sich davon abzulenken fiel ihr definitiv leichter als darüber zu reden. Darum war Iris auch froh, als der Rothaarige den Aufbruch verkündete. Die Blondine folgte ihm sogleich und nickte ihm zum Dank zu, als er die Tür öffnete und ihr den Vortritt ließ. Auf den Smalltalk, den er dabei begann, ging sie dann auch direkt ein. “Bäckerei Laib und Seele… Ja, da war ich schonmal!“ Von Stammkunde konnte bei ihr hingegen keinesfalls die Rede sein. “Dort habe ich Karma kennengelernt, eine rothäutige Oni, die mich dann zu Crimson Sphynx geführt hat. Eine merkwürdige, äußerst weltfremde Dame…“, sprach sie. Gegen Ende wurde Iris dabei immer nachdenklicher, entsann sie sich doch an den Tag ihres Gildeneintritts zurück. Über die Dächer der Stadt waren sie zum Gildengebäude gelangt, einfach weil das für Karma so üblich war und sie sich so besser orientieren konnte. Abenteuerlicher konnte ein Spaziergang durch Aloe kaum sein. “Die Oase kenne ich aber nicht.“, sprach die Magierin weiter, nachdem sie ins Hier und Jetzt zurückgekehrt war. “Stammkunde heißt, du holst dir dort jeden Morgen dein Frühstück? Oder ist das eine Art Ritual bevor du auf Quests gehst?“, erkundigte sich Iris dann. Dabei bemerkte sie gar nicht, wie einfach ihr diese Unterhaltung gleich wieder von der Hand, beziehungsweise Zunge ging. Ja es machte sie gar neugierig, mehr über den älteren Yuuki zu erfahren und das sogar aus erster Hand. War der junge Mann der, der er als Kind schon war oder hatte er sich etwa verändert? Verändert hatte er sich gewiss, schließlich formt sich der Charakter eines jungen Mannes sicher immer weiter, aber gab es irgendwelche Kehrtwendungen? Sympathisch war er der Blondine wie eh und je. Ein Bisschen fühlte es sich sogar so an, als wären sie nie auseinandergegangen, als hätten sie sich nie aus den Augen verloren. Aber eben nur ein Bisschen. Zu gewissen Teilen war Yuuki für sie auch ein fremder Mann, den es kennenzulernen galt. Eine wirklich merkwürdige Mischung. Jedenfalls plauschten die Zwei ein wenig, während sie zuerst zur Bäckerei Laib und Seele gingen, um sich dort mit Proviant einzudecken – Zumindest glich Yuukis Einkauf einer Vorratsaufstockung – und dann weiter zur Oase zu reisen.
5) Was tat man, wenn die Zeit angehalten wurde und man sich erklären sollte? Wie sollte sie in nur 60 Sekunden über 20 Jahre Geschichte erzählen? Wie sollte sie Yuuki glaubhaft verkaufen, dass sie nicht einfach nur irgendeine verrückte war? Shiori tat das einzige, was ihr noch Hoffnung gab, Yuuki wenigstens zum Stutzen und zum zuhören bringen zu können. Ihre Familienfotos! Die Zeit war kurz vor dem Ablaufen als sie diese aus ihrer Hosentasche hervorzog und eines zu ihrem Großvater rüber schob. Schwer schluckte Shiori als der Zauber aufhörte zu wirken und das normale Weltgeschehen wieder an ihr vorbeizog, während Yuuki das Foto kritisch mustern würde. Ob ihm das reichte? Ob er verstehen würde? Ihre Hände hatten sich im Stoff ihrer Hose vergraben, unwissend was nun auf sie zukommen würde. Trotz der eigentlich entspannende Atmosphäre hier vor ihrer Lieblingsbäckerei hatte sie sich noch nie so angespannt an diesem Tisch gefühlt. Tatsächlich schien Yuuki jedoch wirklich zu stutzen als er die rechte Seite des Fotos sah und zu erkennen schien, wen er dort sah. Yuukis Mund klappte auf als deutliches Zeichen seiner Erkenntnis, die er wahrscheinlich kaum zu glauben vermochte. Shioris Herzschlag wurde noch schneller - würde er das abtun? Würde er es als Fälschung bezeichnen? Oder würde er ihr glauben und verstehen, was sie zu sagen versuchte, aber nicht gewusst hatte, wo sie eigentlich anfangen sollte? Doch als Yuuki seinen Blick hob, war da nur Unglauben in seinem Blick, doch nicht als wenn er es gleich als Unsinn abtun würde, sondern eher als wäre er nur sehr erstaunt und würde erst Zeit brauchen, dass zu verarbeiten. Yuuki musterte erneut das Foto und Shiori wagte nicht zu besprechen. Schließlich brach Yuuki die Stille zwischen ihnen mit einem einzigen, ungläubigen Worte in ihre Richtung. „Enkelin“ Eine Erkenntnis zu der Shiori nur schwach nickte. Ein Moment in dem Shioris Augen feucht wurden und sie mit trauriger, gequälter Stimme leise sagte: „Ich hab dich so vermisst, Oyu.“ Für Jahre unterdrückte Emotionen wollten hervorbrechen. Es war schwer sich wieder zu fangen und doch musste sie versuchen einen kühlen Kopf zu bewahren. Yuuki hatte nicht gesagt, dass er ihr glaubte. Sie schob das Medaillon zu ihm rüber und hoffte, dass es ihre Glaubhaftigkeit untermauern konnte. Als Yuuki es öffnete und andere Bilder vorfand als er wahrscheinlich vermutet hatte, fügte sie an: „Ich... keine Sorge, deine Bilder sind noch da, aber nachdem du ... später“ Nein, sie wusste nicht wie sie weitersprechen sollte oder konnte und so brach sie mitten im Satz ab. Yuuki schüttelte nur erneut ungläubig den Kopf und übergab Medaillon und Foto. Sie legte ihre Hände auf die zwei Schätze ihrer Vergangenheit. Als sie Yuukis Worte hörte, füllten sich Shioris Augen erneut mit Tränen und sie sah seitlich zu Boden. Dieses Medaillon war ein Versprechen gewesen, ein Versprechen, dass sie sich wiedersehen würden. Eines Tages. Und Shiori hatte daran geglaubt. Ihr Großvater war ihre Welt gewesen und plötzlich hatte sie als kleines Mädchen einsehen müssen, dass es nie wieder so sein würde wie früher. Dass er sie alleine gelassen hatte. Dass er nie wieder zurückkehren würde. Etwas das ein Sturkopf sehr ungerne einsah und dementsprechend war das damals eine Zeit gewesen, die von vielen Tobsuchtsanfällen und kaputten Objekten geprägt war. Sie war wütend gewesen auf Yuuki, auf ihren Vater, ihre Mutter, die Welt, die Menschen, die Yuuki beschützt hatte, eigentlich auf alles und jeden, selbst auf ihren Patenonkel, der sie bereits zwei Jahre zuvor alleine gelassen hatte. Schon das hatte sie damals nicht verkraften können und dann war ihr etwas genommen worden, was ihr noch wichtiger gewesen war. Es hatte lange gedauert, bis sich ihr Verhalten veränderte. Ob es zum Besseren oder doch eher zum Schlechteren war, würde sich bestreiten lassen. Shiori wischte sich über die Augen mit ihrem Handrücken und trotz diesen sie übermannenden Gefühlen, musste sie für einen kurzen Moment auflachen. /Er hat sein Versprechen gehalten./ Es war eine merkwürdige Erkenntnis und sie war selbst verwundert, sie gerade jetzt zu haben. Aber es schenkte ein wenig Trost. Und wer wusste bitte, dass der S-Rang Magier von damals nicht sogar in die Zukunft hatte sehen können? Vielleicht hatte er gewusst, dass er sterben würde, aber ebenso gewusst, dass Shiori eines Tages in die Vergangenheit reisen würde und ihn dort wieder treffen würde? Sie würde es ihrem Großvater zutrauen und irgendwie linderte das ihren Schmerz. Egal wie abwegig dieser Gedanke gerade erschien. „Das werde ich.“ sagte sie schließlich als Yuuki ihr sagte, sie sollte das Medaillon gut aufbewahren. Ihre Hand schloss sich fester um das Medaillon. Niemand sollte ihr ihren Schatz wegnehmen! Doch kurz darauf lösten sich ihre Finger, damit sie es sich wieder umbinden konnte. Yuuki schien schließlich selbst nach Worten zu suchen und trotz den vielen Informationen in kurzer Zeit, schien er deutlich gefasster als Shiori. Tja, das dort vor ihr, war schließlich auch mal der Fels in der Brandung gewesen. Der Anker der Menschheit, die Hoffnung versprüht hatte und sie stets ermahnt hatte, nicht den Kampf gegen die Todsünden aufzugeben. Und etwas in Shiori sagte ihr, dass er das selbst in der aussichtslosesten Zukunft wohl tun würde - aber vielleicht war das auch nur ihr Wunsch nach seiner Anwesenheit in der Zukunft. Als Yuuki schließlich sprach, schüttelte Shiori nur den Kopf. Nein, sie waren alles andere als Fremde. „Ja, wir kennen uns gut.“ sagte sie nur mit schwacher Stimme und war schon fast daran, sich erneut vorzustellen ohne nachzudenken, doch das wäre dumm. Sie durfte nicht vergessen, wo sie waren. Daher sah sie sich um, vergewisserte sich, dass niemand in Hörreichweite war und senkte ihre Stimme: „Mein Name ist Shiori, Shiori Kurumi, geborene Grynder. Hotaru ist nur Papas Spitzname für mich. ... Und du bist mein Großvater,... Oyu. Ich habe dich sehr lange gesucht.“ Sehnsucht spiegelte sich in ihren Augen wieder. Sehnsucht, aber auch Erleichterung und Glück. Er war hier. Bei ihr. Es war schwer zu unterdrücken, ihn einfach nur umarmen zu wollen. Als Yuuki verkündete, dass sie nach Hause aufbrechen würde, konnte er Shiori sogar ein leichtes Lächeln abverlangen, doch es erstarb zum Ende seines Satzes hin als Yuukis Finger erneut auf dem Foto lag. „Nein!“ platzte es aus Shiori mit einem panischen Unterton. „Ich meine, bitte, Oyu, du darfst es ihr nicht erzählen.“ Sie legte ihre Hand für einen kurzen Moment auf seine, um sie vom Foto zu lösen und es wieder einzustecken. „Niemand darf wissen, wer ich bin. Niemand außer dir. Ich habe die Vergangenheit schon viel zu sehr beeinflusst. Ich darf nichts kaputt machen.“ Es war nicht nur Sorge, die sich in ihrer Stimme, ihren Augen, ihrer Gestik und Mimik widerspiegelte sondern auch Angst. Was wäre schließlich, wenn sie wichtige Schlüsselereignisse zerstörte? Was wäre, wenn es plötzlich gar keine Shiori geben würde? Oder jemand anderes ihrer Familie? Wenn sie es nur noch schlimmer machen würde? „Bitte, erzähle Oma nicht, wer ich wirklich bin.“ bat sie ihren Großvater gerade wirklich darum seine größte Liebe anzulügen? Das würde sicher gut funktionieren, so gut, wie die beiden sich kannten und nach allem was sie gemeinsam durch hatten oder? Auch für Shiori würde es jedoch nicht gerade leicht werden ihre Großmutter ebenfalls wieder zutreffen und die Wahrheit für sich zu behalten. Da war sie nicht gerade eine Expertin. So hoffte Shiori einfach nur, dass Iris nicht zu Hause wäre. Das würde für den Anfang viel erleichtern.
Was Yuuki auffallen könnte, als sie zum Anwesen der Grynder gingen, war, dass Shiori den Weg sehr gut zu kennen schien. Schließlich waren sie diesen Weg sehr oft zusammengegangen. „Ich... muss mich auch entschuldigen.“ ergriff Shiori das Wort. „Falls du dich gefragt hast, ob jemand bei dir im Haus, tut es mir leid.“ Sie wusste nicht, wie häufig Yuuki in den Gästezimmer überhaupt nach der Ordnung sah. „Nach meiner Ankunft habe ich in meinem Zimmer...“ Sie stockte kurz, denn schließlich gehörte es ihr offiziell gar nicht. “... ich habe in einem deiner Gästezimmer geschlafen, meine Wunden versorgt und mir von eurer Kleidung was neues zum Anziehen besorgt.“ gestand die junge Frau auslassend, dass sie zudem einen Schlüssel zum Anwesen besaß. Ob die Kleidung von Yuukis Mutter und von Iris gewesen war, hatte sie in dem Moment nicht sagen können. An diesem Abend hatte sie das erstbeste genommen. „Ich hatte auf einen von euch gewartet, aber als ihr nicht kamt, habe ich dich in ganz Fiore gesucht und als ich heute aufgeben wollte...“ Den Part der Geschichte kannte Yuuki bereits. Während sie redete, nestelte sie am Gurtband ihrer Umhängetasche herum, die sie sich wieder über die Schulter geworfen hatte.
Hatte Yuuki allen Ernstes erwartet, dass Hotaru ihm in den sechzig Sekunden, die er ihr gegeben hatte, alles erzählen würde? Natürlich nicht! Wenn überhaupt hatte er lediglich mit einigen Schlagwörter oder einer Zusammenfassung gerechnet. Irgendetwas, dass ihn davon überzeugte, dass die Dringlichkeit der Rothaarigen berechtigt war und zudem geklärt wurde, wieso sie das gleiche Medaillon wie er selbst besaß. Auf der einen Seite waren sie dadurch ungehört, aber auf der anderen Seite löste eine Zeitbegrenzung natürlich auch einen entsprechenden Druck aus. Kurz hatte der rothaarige Magier gezweifelt, dass sein Gegenüber diesen Test bestehen und diese ihr gebotene Chance verpuffen lassen würde, aber letzten Endes hatte sie noch die Kurve gekriegt und ihn mittels ihrer Bilder vollends überzeugt. Selbstverständlich verspürte der Grynder eine Mischung aus Verwirrung und ein überwältigendes Gefühl, als ihm beim Studieren des Bildes klar wurde, dass er dort selbst abgebildet war – nur zwanzig, dreißig Jährchen in der Zukunft. Das bedeutete wiederum, dass die dort abgebildeten Menschen vor seinem Zuhause seine Familie waren und Hotaru damit seine Enkelin. Die Erkenntnis – und der Unglauben – welches in seinem Gesicht geschrieben stand, rief auch ihrerseits eine Reaktion hervor, die eine enorme emotionale Schwere offenbarte. Die Augen der jungen Frau füllten sich immer wieder mit Tränen, egal wie oft sie diese mit ihrem Handrücken beiseite wischte. Sichtlich ergriffen teilte sie ihm mit leiser Stimme mit, dass sie ihn unglaublich vermisst hatte. Dabei sprach sie Yuuki mit dem Namen „Oyu“ an, was vermutlich ihr Spitzname damals für ihn gewesen war, für ihn jedoch erst zukünftig sein würde. Das Ganze war echt enorm verwirrend! Zwar war ihm der Klang dieses Spitznamens gänzlich unbekannt, doch spürte der Grynder definitiv die Wärme, die dabei in Hotaru’s Stimme mitschwang. Sie so aufgelöst zu sehen, löste ein seltsames Gefühl in ihm aus, dass ihn dazu drängte, sie trösten und sicher sehen zu wollen. Doch gleich wie viele Emotionen ihn selbst überkamen, seinen Verstand hinderte es nicht, pausenlos weiterzuarbeiten und zu rattern. Sie hatte ihn vermisst … bedeutete das etwa, dass er in ihrer Zukunft nicht mehr war? Das würde er definitiv als nächstes in Erfahrung bringen müssen, doch würde er es erst ansprechen, sobald sie etwas mehr Privatsphäre hatten.
Als der Zeitmagier seine Entschuldigung ausgesprochen und den Verdacht geäußert hatten, dass sie sich kannten, bestätigte ihm das die emotionale Frau mit leiser und schwacher Stimme. Es war eine Sache, aufgrund von Bildern entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen und die vor ihm sitzende Frau als seine zukünftige Enkelin zu identifizieren. Ein ganz anderes Kaliber war jedoch ihre Vorstellung zu hören. Shiori „Hotaru“ Kurumi, geborene Grynder. Und Yuuki Grynder war der Vater ihres Vaters, was ihn wiederum zu ihrem Großvater machte. Das Ganze hätte für jemand anderes sicherlich verrückt geklungen, doch nicht für ihn. Das lag vor allem an den Erfahrungen, die er in den vergangenen Jahren mit Zeitmagie gemacht hatte. Insofern wusste er durchaus, zu was man mit diesem seltenen Magieausleger in der Lage war. Außerdem glaubte er nicht, dass die vor ihm befindliche Frau ihre Emotionen nur fakte und schauspielerte. „Wenn ich nicht bereits selbst mal eine Reise fünfzig Jahre in die Vergangenheit gemacht hätte, würde ich sicherlich nicht so gefasst reagieren.“, gab er mit einem kleinen Lächeln kopfschüttelnd von sich, wobei er durchaus die Wahrheit sprach. Es war jetzt nicht so, dass er das Ganze mit einem Schulterzucken anerkannte und sich nichts weiter dabei dachte, oh nein. Diese Informationen drohten auch ihn zu überwältigen, denn wie oft im Leben wurde man mit so einer Situation konfrontiert? Dadurch, dass er ja selbst die Erfahrung der Zeitreise erlebt hatte, wusste er zumindest, dass es möglich war und hatte diesbezüglich keinerlei Zweifel. Schließlich blickte er seine Enkelin aus der Zukunft mit einem aufmunternden und warmen Lächeln an. „Dann hast du mich jetzt gefunden. Gut gemacht.“, lobte er sie und spielte nicht nur auf die physische Suche an, sondern auch die Überzeugungsarbeit, die ihr in den sechzig Sekunden gelungen war. Wer konnte schon sagen, was die junge Frau alles dafür durchgemacht hatte?
Dass Hotaru plötzlich panisch reagierte und ihn darum bat, dass er Iris nichts von ihrer zukünftigen Enkelin erzählen sollte, nahm Yuuki mit einem wohlwollenden Nicken zur Kenntnis. An dieser Stelle mochte man denken, dass er sich darüber ärgern würde, dass er der Cerulean so etwas verheimlichen musste, doch weit gefehlt. Vielmehr verspürte er bei der Aussage der Rothaarigen Stolz, denn sie bewies damit, dass sie die Konsequenzen gut durchdachte und darauf basiert handelte … wie eine wahre Grynder also. Gott, das klang so komisch und doch war es echt! Als jemand, der bereits viel über die verlorene Arc of Time in Erfahrung gebracht hatte – immerhin konnte er sogar die Zeit anhalten – war ihm ziemlich klar, was ein unüberlegtes Eingreifen in die Vergangenheit ausrichten konnte. Erst kürzlich hatte er einer ehemaligen Gildenkollegin einen kleinen Vortrag dazu gehalten, denn auch sie hatte sich sehr für das Thema zeitreisen und die Möglichkeiten interessiert, die so eine Fähigkeit mit sich brachten. „Keine Sorge.“, antwortete der junge Mann ruhig auf die ängstliche Reaktion seiner zukünftigen Enkelin. „Ich bin mir dessen bewusst, dass man auch versehentlich viel Unheil anrichten, indem man arglos mit Dingen aus der Vergangenheit interagiert, gleichwohl was man für Gutes im Sinn hat.“ Nicht, dass sie die Vergangenheit so stark veränderte, dass ihre eigene Existenz auf dem Spiel war. „Kein Wort werde ich ihr über dich erzählen. Was hältst du stattdessen davon, dass du meine Cousine bist? Aufgrund unserer Ähnlichkeit sollte das doch glaubwürdig erscheinen, denkst du nicht?“, fragte er sie und zeigte dabei abwechselnd auf ihr Gesicht und dann auf seines. So langsam schmiedete er einen Plan, wie man Hotaru möglichst ohne Aufsehen in dieser Zeit unterbringen konnte, zumindest bis er erfuhr, was sie hierher geführt hatte und wie sie zurückzukehren gedachte. „Falls sie da ist, kannst du sie ja trotzdem sehen … das wäre doch auch sicherlich schön, oder?“, erkundigte er sich mit einem vorsichtigen Lächeln bei seiner zukünftigen Enkelin. Immerhin war sie über seine Erscheinung sichtlich ergriffen, von daher ging er davon aus, dass es bei ihrer Großmutter genauso war? Was Hotaru an dieser Stelle jedoch nicht erkannte – vor allem, da es sich Yuuki nicht anmerken ließ – war das warme Gefühl in seinem Inneren, als sie von ihrer Oma sprach. Im Umkehrschluss hieß das doch, dass sie und er … ach, lassen wir das, bevor sich wirklich etwas im Zeitgefüge änderte. Alles zu seiner Zeit!
Natürlich entging dem Rotschopf nicht, dass Shiori zielstrebig den Weg zum Anwesen der Grynder entlangschritt. Der Wüstenmagier schritt neben ihr entlang, während er ihren Worten lauschte. „Mach dir keine Sorgen darüber, das Haus ist schließlich groß genug. Außerdem war ich die letzten Wochen nicht da, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass du mich nicht angetroffen hast.“, antwortete er ihr mit einem verständnisvollen Lächeln. Wenn er das Ganze richtig verstanden hatte, war es ja damals bzw. in der Zukunft auch ihr Zuhause gewesen. Dementsprechend war es doch eine völlig natürliche Reaktion, sich zunächst an einen bekannten Ort zurückzuziehen, wenn man in einer völlig fremden Zeit ankam. Allerdings entging ihm nicht, dass sie von Wunden versorgen sprach. Hmm, ein ganz mieses Gefühl überkam ihn. Der männliche Grynder entschloss sich dafür, sich die weiteren Nachfragen aufzuheben, bis sie endlich daheim waren, was auch gar nicht mehr lange dauerte. Jetzt war er selbst äußerst gespannt, weshalb er schnell zur Tür wuselte, diese öffnete und Shiori Vortritt ließ. Als sie schließlich eingetreten war, schloss der junge Mann die Tür hinter sich und begleitete die Gute zum Wohnbereich. „Fühl dich wie zuhause.“, sprach er zu ihr und nutzte absichtlich diese Formulierung, damit sich Hotaru entsprechend auch entspannen konnte. Immerhin handelte es sich tatsächlich um ihr Zuhause, wenn auch in ferner Zukunft. Yuuki selbst nahm auf dem Sofa Platz und wartete darauf, dass sich auch die junge Frau setzte. Gebannt und konzentriert blickte er die Rothaarige aus seinen rubinroten Seelenspiegeln heraus an. „Und jetzt erzähl mir alles, was du mir erzählen kannst.“, forderte er sie mit einer dazu passenden Handbewegung auf. Jetzt war er aber mal wirklich gespannt, wie noch nie zuvor in seinem Leben!
6) „Dann hast du mich jetzt gefunden. Gut gemacht.“
Die ganze Situation war bereits sehr nervenaufreibend für die emotionale Frau. Wie sollten ihr auch nicht die Tränen kommen, wenn sie ihren Großvater derart vermisst hatte? Trotzdem versuchte sie sich in der Öffentlichkeit zusammenzureißen – wohl wissend, dass das auch mit ihren Wutausbrüchen nur selten funktioniert hatte. Als Yuuki dann noch lobende Worte für sie in den Mund nahm, schien Shiori zwar aufzulachen und es bildete sich ein mildes Lächeln vor Stolz und trotzdem flossen einige Tränen ihre Wangen herunter, die sie nicht stoppen konnte. Sie war immerhin damit beschäftigt, nicht aufzuspringen und Yuuki war Freude zu umarmen. Denn, und das durfte sie nicht vergessen, war das vor ihr eigentlich ein Fremder und nicht ihr Großvater. Shiori kannte einen späteren Yuuki, doch dieser Yuuki hier kannte sie überhaupt nicht. Es war bemerkenswert, dass er sich bisher ihre Geschichte angehört hatte. Und anscheinend glaubte er ihr? Vertraute ihr? Noch konnte sie nicht abschätzen, wie viel Wahrheit in seinen Worten ist und nur hoffen – aber darin hatte sie nun bereits schon viele Jahre Übung. „Danke… für alles.“ Etwas an den Worten oder vielleicht war es auch die Stimmlage mit der die junge Frau sprach, als sie sich die Tränen weggewischt hatte, ließ vermuten, dass es hier um mehr ging als nur das Anhören einer Geschichte. Sie erinnerte sich nicht, ob sie als Kind jemals ihrem Großvater oder Onkel gedankt hatte – für all die wunderbaren Zeiten und Abenteuer. Für all die Lehren und Erfahrungen. Für alles.
Als Yuuki ihr offenbarte womöglich auf Iris zu treffen, geriet Shiori in Aufruhr. Statt sie umzustimmen, nickte der Grynder nur. Um darüber überrascht zu sein, war die Kurumi jedoch zu aufgewühlt und mit ihren Gedanken nicht stetig in der Gegenwart. Die letzten Augenblicke waren für sie sehr intensiv gewesen. Sie war bemüht in ihrer inneren Welt ein wenig Ruhe hineinzubringen. Soweit das eben möglich war. „J-ja, wem erzähle ich das. Es sind schließlich deine Notizen, die wir genutzt haben.“ Murmelte Shiori etwas kleinlaut lächelnd. Schon peinlich, dass Yuuki dachte, sie wollte ihn, den Meister der Zeit belehren. Wirklich unangenehm. Schnell weiter im Text. „Du meinst meine roten Haare? Weißt du, dass du immer gesagt hast, dass es eigentlich meine Au-…“ Sie biss sich selbst auf die Zunge. Das war wohl kein gutes Thema. „dass wir viel charakterlich gemein haben. Aber ich glaube ja, dass ich dich als Kind in vielen Hinblicken einfach nur kopiert habe.“ Das war eigentlich nichts, was sie wirklich hatte erzählen wollen, aber es war trauriger Weise das allererste was ihr stattdessen in den Sinn kam. „Sorry, deine Frage. Cousine klingt gut.“ Wirklich überzeugt klang sie jedoch anders. Das lag jedoch nicht an ihrem Wunsch, Iris rauszuhalten und die Geschichte nicht zu sehr zu beeinflussen, sondern eher an ihrer eigenen Skepsis, ob sie es wirklich schaffte, sich nicht selbst zu verraten. Iris war wie Yuuki nicht gerade dumm. Ihre noch viel größere Angst als enttarnt zu werden, war, dass Iris sie womöglich als Konkurrenz sehen könnte und es wäre katastrophal, wenn die Beziehung zwischen ihnen dadurch erst gar nicht entstehen würde. Vielleicht hätte sie darüber vorhernachdenken sollen. Yuuki riss sie mit einer anderen Frage aus ihren Gedanken und Shiori lächelte leicht. „Ja“ nickte sie ihm zu. Aus ihrer Reaktion könnte man erahnen, dass der Tod ihrer Großmutter für Shiori nicht derart schlimm gewesen zu sein schien, wie der ihres Großvaters – oder sie war einfach nur sehr gefasst in diesem Moment. Die Wahrheit lag bei ersterem. Shiori liebte ihre Großmutter wie jeden Teil ihrer Familie, aber das Band zu ihr war ein anderes gewesen und sie war erst vor kurzem gestorben. Ein Tod, der erwartet worden war und Shiori hatte sich verabschieden können. Einer der wenigen Tode, nein eigentlich sogar der einzige Tod, wo sie glaubte, dass sie sich wirklich verabschieden konnte ohne danach Reue gespürt zu haben. Ein Tod, dessen Traurigkeit sie danach wirklich hatte verarbeiten können. Der Gedanke sie noch einmal zu sehen, war daher kein ausfüllendes Verlangen und trotzdem eine Verlockung. Doch das was sie ihnen alles zeigen wollte, aber Jahrzehnte von ihnen getrennt. „Oyu… Ich meine Yuuki.“ Noch war er immerhin nicht ihr Opa. „Ich habe da noch eine Frage. Du und Iris… wie steht ihr aktuell zueinander? Du musst das nicht erzählen. Ich würde es nur gerne wissen, damit nichts schief geht.“ Für die Zukunft.
Shiori ging zielstrebig auf das Grynderanwesen zu. Yuuki ging neben ihr. Sie beide kannten den Weg, auch wenn der Grynder ihn bereits deutlich öfter gegangen war und noch gehen würde. Auf dem Weg entschuldigte Shiori sich für ihr selbstverständliches Handeln im Haus. Sie hatte sich benommen wie zu Hause, denn immerhin würde es einmal ihr zu Hause werden. „Deine Kollegen aus der Gilde haben das auch gesagt. Früheren Gilde meine ich. @Charon hat es mir erzählt als ich dort nach dir gesucht habe. Er hat sich zu später ziemlich verändert… und eigentlich auch nicht.“ Die Zeit und die Umstände veränderten Menschen. Charon war jedoch der erste auf ihrer Reise gewesen, bei dem sie das wirklich gesehen hatte. „Dich kenne ich wahrscheinlich auch nicht gut, wie ich glaube.“ Da war wieder der Gedanke, dass sie Yuuki neu kennenlernen würde müssen. Immerhin war das hier Yuuki Grynder wie er früher gewesen war. Alles irgendwie konfus, es machte einem Kopfschmerzen.
Als sie beim Anwesen angekommen war, ging Yuuki nun doch vor und schloss die die Tür auf. Shiori blieb kurz vor der Treppe stehen und lächelte ihm dankend zu. „Ich komme gleich. Es ist nur… ich habe es schon lange nicht mehr…“ erneut brach sie ihren Worten ab, ging ein paar Schritte rückwärts und musterte das Anwesen der Familie mit einem sehnsuchtsvollen Blick. Viele glückliche Erinnerungen waren mit diesem Ort verknüpft. Nach einigen Augenblicken wandte sie ihren Blick nach rechts. Dort war sie angekommen. In der Nacht war sie nur hineingestolpert und am nächsten Morgen schnell weitergeeilt ohne dem Anwesen eines Blickes zu würdigen. Jetzt, wo sie ihn endlich gefunden hat, wollte sie es nachholen und dieses Anwesen noch einmal in seiner vollen Blüte sehen. Wie gerne würde sie durch seine Gärten streifen, den Baum suchen, an dem sie Schaukel festgebunden war. Sie wollte die Mauern und Bäume sehen, an denen sie emporgeklettert war, nur um runter zu fallen. Sie wollte den Baum sehen, unter dem sie gelesen hatte oder die Hecken unter denen sie sich vor ihren Brüdern versteckt hatte. Vom Anblick mit schwerem Herzen losreißend, eilte sie die Treppe hoch und folgte Yuuki hinein. Ihre Tasche ließ sie im Eingangsbereich fallen. „Das ist wohl die erste Erzählstunde ohne Kakao und Kaminfeuer.“ Entkam es Shiori, während sie sich auf dem Sofa niederließ. Sie hatte sich im Schneidersitz hingesetzt und blickte Yuuki direkt an. „Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wo oder wie ich anfangen soll.“ Erklärte sie ihre Unsicherheit. „Alle meine Gedanken waren bisher nur darauf ausgerichtet, dich zu finden. Jetzt, wo ich das habe, bemerke ich, dass ich mir früher über den nächsten Schritt Pläne hätte machen sollen. Genauere Pläne.“ Sie lachte leicht auf, wobei ihr ehrlich gesagt nicht mal zum Lachen zumute war, Außerdem bemerkte sie, dass ihre Worte gerade auch ein wenig aufschiebend waren. „Weißt du, ich glaube, dass ich doch erst noch was zu trinken brauche. Willst du auch etwas? Wahrscheinlich würde sich sogar was mit Alkohol empfehlen. Und dabei mag ich es weder, noch vertrage ich es.“ Dann hatte sie immerhin ein Glas, mit dem sie ihre Hände beschäftigen könnte.
Shiori setzte erneut an. Ein paar Mal und jedes Mal kam kein Wort aus ihr heraus. Wo sollte sie anfangen? Was war zu viel? Was war zu wenig? Was durfte sie erzählen? Was konnte sie gefahrlos erzählen ohne etwas zu ändern, was nicht geändert werden durfte? Dieses Gespräch machte ihr große Angst. „Den Anfang deiner Geschichte kennst du.“ Presste sie schließlich heraus und spielte mit ihren Händen an ihrer Hose. Sie hatte das Glas doch lieber abgesetzt. „Aber die Todsünden werden in den nächsten Monaten und Jahren viele weitere Länder übernehmen und werden auch die Drachen korrumpiert haben. Zu dieser Zeit gab… wird es Gerüchte geben, von Dörfern, die von Drachen zerstört wurden, doch keiner wird ihnen glauben und keiner wird die Verbindung sehen. Am Ende fielen auch viele der großen Dämonen unter ihrer Kontrolle. Vor etwa 20 Jahren kam es zu den ersten großen Schlachten. Schon ein Jahr später fiel der Magierrat und wenig später die letzten Gilden und schließlich auch das Königreich. Wir lebten fortan in einer Dystopie. Als wir schon alle Hoffnung aufgaben, kamen plötzlich Magier aus der Vergangenheit. Sie haben in Crocus mit dir und anderen Magier eine Vereinigung gegründet. In den nächsten 10 Jahren konnten wir das Böse zurückdrängen. Wir dachten sie alle besiegt zu haben. Also hast du die Reisenden wieder in ihre Welt geschickt. Aber der Sieg war nur eine Illusion. Sie haben in der Zeit eine Chaosgottheit vergangener Zeit wiedergeboren und unter ihre Kontrolle gebracht.“ Shiori brach ab, sie konnte nicht weiter erzählen. Sie wollte nicht weitererzählen. Erneut fühlten Tränen ihre Augen und sie sah Yuuki traurig an. Das war der Tag gewesen, an dem er gegangen war. All die Erinnerungen kamen plötzlich über sie. Gepaart mit einem Schuldgefühl, was sie schon länger mit sich herum trug. Und plötzlich kamen die Worte erneut aus ihr, auch wenn es nicht die waren, die ihre Geschichte weiter erzählen sollten. „Es tut mir leid.“ Sagte sie plötzlich und im nächsten Satz wurde klar, dass sie sich nicht für die nicht erzählte Geschichte entschuldigte. „Ich… wir… wollten früher da sein. Wir wollten deine Eltern und Onkel Ryo retten, aber unser Plan hat nicht funktioniert. Sie sind alle wegen mir… selbst Papa und Katsuo. Wahrscheinlich sind sie mittlerweile bereits alle … Es tut mir so leid, ich wollte ihn doch retten, weil er dir so viel bedeutet hat… Ich wollte schon längst zurück sein…“ Shiori konnte ihre Gefühle nicht länger in sich behalten und fing an zu weinen. Sie war unglaublich frustriert und wusste schon seit Monaten nicht wohin mit ihren Gefühlen. Dieses Gespräch hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie hatte sie Chance verbockt Ryo zu retten. Sie hatten nicht wie geplant verhindert, dass Yuukis Eltern entführt wurden. Und sie wusste nicht einmal, ob in ihrer Welt überhaupt noch irgendjemand lebte. Ihre Brüder und ihr Vater taten es auf jeden Fall nicht mehr. Ob ihr Mann und ihre Tochter lebten war nicht mehr als ein wager Streifen am Horizont. „Wir wollten dich holen, dich und andere… wie damals.“ Sagte sie unter Tränen schniefend. „Aber jetzt weiß ich nicht einmal, ob es überhaupt noch etwas zu retten gibt.“ Und trotzdem war sie bis hierhergekommen, weil sie sich an diesen wagen Hoffnungsschimmer geklammert hatte. Oder wollte sie die Zukunft vielleicht doch mehr verändern, als sie zugab?
Yuuki konnte nicht mal ansatzweiße nachempfinden, was Shiori durchgemacht hatte und fühlte. Anhand ihrer emotionalen Reaktion vermochte er wahrscheinlich lediglich einen Bruchteil dessen erkennen, was wirklich in ihr vorging – und das sollte schon etwas heißen. Bei diesem Anblick und der ganzen Geschichte drohte auch er überwältigt zu werden und es war einzig und allein seiner Erfahrung und seiner Willensstärke zu verdanken, dass er die erhaltenen Informationen möglichst effizient verarbeitete und in die entsprechenden Schubladen einordnete. Die rothaarige Frau so emotional und sogar Tränen vergießen zu sehen, weckte im Grynder jedoch das seltsame Bedürfnis, sie beschützen zu wollen. Das war seltsam, da sie sich vor dem heutigen Tag noch nie zuvor über den Weg gelaufen waren – zumindest aus seiner Sicht – und sich erst seit gut einer halben Stunde kannten. Tja, die Beiden waren eben auf eine besondere Art und Weise durch Raum und Zeit verbunden!
Während die junge Frau Sachen über sich und die Zukunft preisgab, schnappte der junge Mann hier und da Informationen auf, die ihn besonders interessierten. *Meine Notizen?*, schoss es ihm durch den Verstand, als er den Worten seiner zukünftigen Enkelin lauschte. Das klang interessant, sehr interessant sogar! Möglicherweise enthielten diese Notizen Informationen, aus denen er etwas zu lernen vermochte. Im besten Falle sogar Formeln und Zauber, die ihn in seinen aktuellen Forschungen und Weiterentwicklung unterstützen konnten! Yuuki entging jedoch nicht, dass sich Shiori aus irgendeinem Grund mitten im Satz unterbrach und kurz zögerte, ehe sie mehr oder weniger widerwillig seinem Vorschlag zustimmte. Der Grynder kannte die Rothaarige noch nicht allzu lange, doch verfügte er einerseits über eine ausgeprägte Menschenkenntnis und andererseits über eine recht hohe Auffassungsgabe, sodass er erkannte, dass die Gute nicht wirklich von seinem Vorschlag überzeugt schien. War es ein Anflug familiären Gehorsams, dass sie den Worten ihres Großvaters blind vertraute und somit ihren eigenen Vorschlag hinter’m Zaun ließ? Hmm, wie dem auch sei, erfreute sich der Rotschopf stets über Diskussion und Gegenvorschläge, da man nur so zum bestmöglichen Ergebnis kam – sofern die Diskussion mit fundierten und rationalen Argumenten geführt wurde. „Sicher?“, erkundigte er sich deshalb bei Shiori, während er bei dieser Frage den Kopf schieflegte. „Ich bin auch für Gegenvorschläge offen. Du scheinst eine andere Idee zu haben?“ Dabei schaute er seine Gegenüber interessiert aus seinen rubinroten Seelenspiegeln heraus an. Hoffentlich zierte sich Shiori nicht zu sprechen, nur weil ihr Großvater aus der Vergangenheit vor ihr saß!
Zumindest schien sich seine zukünftige Enkelin darüber zu freuen, dass sie möglicherweise ihre zukünftige Großmutter mal zu Gesicht bekam. Ein Lächeln bildete sich auf dem emotionalen und tränenverschmierten Gesicht der jungen Frau ab, was der Grynder einfach mal als gutes Zeichen sah. Dieses positive Zeichen nahm er als Anlass darauf zu schließen, dass sie auch mit der Cerulean eine gute Beziehung gehabt hatte oder noch hatte – er hatte ja noch keinen Plan darüber, wie es um ihre Zukunft aussah! Als Shiori sich jedoch nach seinem aktuellen Beziehungsstand zu Iris erkundigte – und ihn dabei erneut Oyu nannte –, wirkte der junge Oyu zum ersten Mal etwas überrumpelt. Beim Gedanken an Iris beschleunigte sich sein Herz und sein Hals wurde etwas trockener. Ähem, ähem, blöd, dass er gerade nichts mehr zu trinken hatte. Den meisten Leuten hätte er bei einer solchen Frage einfach geantwortet, dass sie das Thema nichts anging. Aber Shiori war nicht die meisten Leute, sondern jemand ganz Besonderes, die sich aus einer weit entfernten Zeit auf die Suche nach ihm gemacht hatte. Insofern zögerte er kurz, während sein Verstand nach einer Antwort ratterte, die er der jungen Frau geben und mit der er selbst leben könnte. Schließlich entschloss er sich für die Wahrheit, weshalb er der rothaarigen Magierin mit einem kleinen Lächeln mitteilte: „Wir lernen uns langsam wieder kennen.“ Iris und Yuuki hatten Jahre ihres Lebens auseinander verbracht, von daher galt es, einander wieder besser kennenzulernen. Etwas, dass die Beiden mit genügend Zeit sicher schaffen würden!
Erfreut stellte Yuuki fest, dass es seinen ehemaligen Gildenkollegen Charon Dargin auch noch in der Zukunft gab. Er hielt nach wie vor viel auf seinen Kollegen, was man durchaus an dem breiten Lächeln erkennen konnte, welches er als Reaktion auf die Aussage der jungen Frau aufgesetzt hatte. „Ich bin vermutlich noch nicht die Person, die du kennst – aber es wäre zu hoffen, dass zumindest Teile davon erkennbar sind?“, fragte er recht interessiert nach. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Charakter in der Zukunft eine Hundertachtzig-Grad Wendung gemacht hatte … oder etwa doch? Das war etwas, dass ihm nur Shiori offenbaren konnte! Nachdem die beiden Grynder den Weg zum Anwesen zielstrebig hinter sich gebracht hatten, betrat Yuuki schon mal das Haus, während sich seine zukünftige Enkelin noch einen emotionalen Moment der Rückkehr erlaubte. Verständnisvoll nickte der Rotschopf und überließ es der gleichhaarfarbigen Magierin, ihre Rückkehr emotional zu verarbeiten. Kurz daraufhin eilte sie ihm hinterher und nahm schließlich auf dem Sofa ihm gegenüber Platz. Höchst interessiert und neugierig, beugte sich der junge Mann etwas vor und ließ die junge Frau nicht aus den Augen. Er wollte kein Fitzelchen Information aus ihrem Munde verpassen. Was er als Erstes lernte: Scheinbar gab es Erzählstunden immer mit Kakao am Kaminfeuer. Das zu hören, löste eine emotionale Achterbahn in seinem Inneren aus, denn so hatten sein Bruder Ryo und er als kleine Kinder ebenfalls oft den Geschichten ihres Vaters gelauscht – Shioris Urgroßvater. Der Grynder schluckte schwer und nickte schließlich. „Verstehe. Ich mag auch keinen Alkohol und vertrage es ebenfalls nicht. Das hast du also wohl von mir.“, gab er ihr mit einem aufblitzenden, kleinen Lächeln zu verstehen. „Ich weiß nicht, ob ich zuhause Alkohol habe, aber die Getränke- und Speisekammer sollte noch dort sein, wo du sie kennst – vorausgesetzt, dass es hier in der Zukunft ebenfalls eine solche Kammer gab?“ Eigentlich war es unvorstellbar, dass es in seinem Haus in Zukunft keine Speisekammer mehr gab. Nicht bei ihm, dem alten Schleckermaul und Vielfraß!
Nachdem Shiori einige Versuche startete, begann sie letzten Endes mit ihrer Geschichte. Der Zeitmagier ließ sein Familienmitglied aus der Zukunft während ihrer Erzählung keine Sekunde lang aus den Augen und sog all ihre Informationen wie ein Schwamm auf. Bei der Erwähnung der Todessünden überkam ihn ein klammes Gefühl, denn seine heilenden Wunden über den Verlust seines Bruders wurden wieder aufgerissen. Doch er schuldete es seiner zukünftigen Enkelin und allen aus der Zukunft, dass er ihrer Geschichte lauschte, ungeachtet seiner eigenen Befindlichkeiten. Todessünden. Drachen. Dämonen. Der Fall des Magierrats, der Gilden und schließlich des gesamten Königreichs von Fiore. Es war weitaus schlimmer, als Yuuki es sich jemals hätte vorstellen können! Die Wege des jungen Mannes hatten sich bereits des Öfteren mit den der Avatare der Sieben Todessünden gekreuzt, weshalb er sich über die Boshaftigkeit dieser abscheulichen Kreaturen im Klaren war. Jedoch hatte er ihre Macht und ihren Plan unterschätzt, weshalb es vermutlich teils seine Schuld war, dass die Zukunft solch eine finstere Wendung genommen hatte. Dann wurde das Ganze durch Zeitreisen und Magiern aus der Vergangenheit noch komplizierter. Deutete das etwa daraufhin, dass bereits jemand in Shioris Zeitlinie versucht hatte, den Lauf der Geschichte zu ändern? Aber was viel wichtiger war … eine Chaosgottheit vergangener Zeit? Was sollte das sein? Was mochte es damit auf sich haben? Indes hatte die Kurumi den ersten Teil ihrer Erzählung mit gebrochener Stimme beendet und Tränen sammelten sich in ihren Augen. Mit einem Mal entschuldigte sie sich, was dazu führt, dass Yuuki die Augenbrauen hob. Den Grund dafür erfuhr er sogleich … sie entschuldigte sich nicht etwa für ihre Geschichte, sondern dafür, dass ihr eigentlicher Plan nicht funktioniert hatte. Sie wollte … seine Eltern retten? Bei der Erwähnung seiner verschollenen Eltern, konnte der männliche Grynder nicht verhindern, dass sich auch Tränen in seinen Augen sammelten und diese seine Wangen hinabperlten. Auch sein Bruder Ryo war verstorben und fügte seinem kleinen Herzen einen weiteren Stich zu. Und irgendetwas schien mit ihrem Vater – also seinem zukünftigen Sohn – und Katsuo geschehen sein. Das alles zu hören war auch für jemanden, der so gefasst war wie Yuuki Grynder, enorm schwer zu hören. Während sich Shiori ihren Emotionen hingab und weinte, starrte auch der Rotschopf einfach gerade aus, während die Tränen sein Gesicht hinabflossen. In der Stimme der jungen Frau war eine Hoffnungslosigkeit zu vernehmen, die ihm das Herz zerbrach. Sie hatte so viel gewagt und war in die Vergangenheit gereist, doch hatte sie ihr ursprüngliches Ziel nicht erreicht und wusste nicht mal, ob ihre Liebsten noch am Leben waren. Nein, das war kein Schicksal, welches er seiner (zukünftigen) Familie wünschte. Und wenn er ein Wörtchen mitzureden hatte, dann würde er alles dran setzen, dass es nicht dazu kam!
Der Rotschopf wischte sich mit seinem Handrücken übers Gesicht, um die Tränen in seinen Augen zu entfernen und blickte dann die rothaarige junge Frau vor sich an. „Ich mag mir nicht ausmalen, was du und all die anderen Menschen aufs Spiel gesetzt haben, um diese Reise in die Vergangenheit zu machen. Was ihr alles aufgeben musstet, um nichts unversucht zu lassen, dieses grausame Schicksal in der Zukunft zu verhindern.“, begann der Grynder mit brüchig klingender Stimme aufgrund des trockenen Halses, der sich während der Geschichte von Shiori gebildet hatte. „Ich rechne es dir hoch an, dass du … meinen Bruder retten wolltest … weil er mir wirklich alles bedeutet hat. Aber … es gibt nun mal Dinge, die man nicht ändern kann.“, sprach er mit einem Kopfschütteln und ihm wurde klar, dass sein Bruder Ryo wirklich tot war. Für immer. Und kein Zeitreisen würde das verändern, denn man konnte nie sicher sein, welche Auswirkungen das auf die Vergangenheit, Gegenwart oder sogar Zukunft haben mochte. Yuuki nutzte einen kleinen Moment, um sich zu sammeln und zu räuspern, ehe er mit kräftigerer und sicherer Stimme fortfuhr. „Gib‘ die Hoffnung nicht auf! Du hast mich gefunden und mich über die Ereignisse der Zukunft informiert. Das gibt uns die Möglichkeit, jetzt gemeinsam zu handeln und hoffentlich früh genug etwas gegen die Pläne der Avatare der Todessünden unternehmen zu können! Und dann finden wir sicherlich einen Weg, dich hoffentlich zurück in eine bessere Zukunft zu schicken.“, sprach der junge Mann sowohl der jungen Frau als auch sich selbst Mut zu. Bevor er weitere Fragen stellte, atmete er mehrmals tief ein und aus, um seinen Verstand zu lichten und klar auf die Lage blicken zu können. Dabei konnte der Einundzwanzigjährige jedoch nicht mehr stillsitzen, weshalb er sich erhob und einige kleine Runden im Wohnzimmer umherlief, während er sich seine Fragen im Kopf zurechtlegte. Schließlich blieb er stehen und fixierte seine Enkelin aus der Zukunft mit seinen Seelenspiegeln. „Ich benötige mehr Informationen, bevor wir unser weiteres Vorgehen planen können. Hast du zufällig noch die Notizen meines zukünftigen Ichs bei dir? Was hat es mit dieser Chaosgottheit auf sich? Weißt du mehr darüber? Und wann und wo genau schlagen die Todessünden als nächstes zu? Was habe ich in der Zukunft übersehen, dass es überhaupt so weit kommen konnte?“ Oh ja, hier war ein Meister im sich-selbst-Schuld-geben am Werke, wie Shiori nun feststellen an erster Hand erleben durfte. Und dann gab es noch eine Information, die an ihm nagte. „Wieso wolltest du so weit zurückreisen, um meine … Eltern zu retten?“ Seine Gedanken rasten. „Ihr Verschwinden hat doch nicht etwa … mit den Avataren der Todessünden zu tun?“ Allmählich fügten sich alle Puzzleteile zusammen und es ergab ein Bild, welches er zuvor nicht erkannt hatte…
7) „Ich...“ begann Shiori ertappt und hielt mit einer Hand den Arm der anderen Seite. „Keine Ahnung... es einfach ... nicht einfach.“ Wie dämlich das gerade klingen musste. Shiori merkte, dass sie wütend auf sich selber wurde. Wunderbar. Das hatte ihr in ihrem Gefühlschaos noch gefehlt. Wenn sie jetzt noch jemand schief anschaute, explodierte sie womöglich vor Wut mal wieder. Ein besseres Bild konnte sie wohl gar nicht mehr vor ihrem Großvater abgeben. Und das werden meine Nachkommen, würde er sich wohl genervt denken. „Ich weiß nicht, ob ich es vor ihr verbergen kann. Oma ... naja, sie schien schon immer zu wissen, wenn was im Busche war. Genau wie du. Aber ich will sie da nicht mit rein ziehen. Weil...“ Nein, dass sollte wohl auch Yuuki lieber nicht hören. Verdammt sie war wirklich erbärmlich. Ihre Angst, Iris alles offenbaren zu müssen, überwog jedoch nicht die Freude, sie wiederzusehen. Auch wenn ihre Beziehung nie der von Yuuki und ihr hatte gleichen können, war auch Iris ein wichtiger Teil der Grynderfamilie gewesen. Ob sie das aktuell auch war? Das war gar nicht so uninteressant, wenn sie die Cerulean gleich treffen sollte! Yuuki schien bei Frage sich etwas unwohl zu fühlen, antwortete jedoch nach kurzem mit einem kleinen Lächeln. Es war keine richtige Antwort, aber Shiori nickte trotzdem. Sie überlegte und ging Erinnerungen durch. Yuuki und Iris hatten sich in ihrer Kindheit lange nicht gesehen. War das Wiedertreffen erst vor Kurzem? Das war nichts gewesen, was sie recherchiert hatte. „Oh... oh nein. Dann habe ich wohl bereits zu viel gesagt.“ kam ihr plötzlich ein Gedanke. Dann waren Yuuki und Iris also noch gar nicht zusammen? Und sie hatte ihm das Foto gezeigt und von ihrer Familie erzählt. Und jetzt? Würde Yuuki nun wirklich noch mit Iris zusammenkommen? „Also ...“ sollte sie jetzt irgendetwas sagen, um die Situation zu retten? Aber was? Und wie? Nein, sie hatte schon zu viel gesagt und würde es wohl nur verschlimmern
Auf dem Weg zum Grynderanwesen, kamen sie von der Familie zu Freunden der Familie. So etwa Charon, der als einer der letzten hohen Magier noch lebte. Wie Yuuki war auch Charon in der jetzigen Zeit noch eine andere Person. „Vielleicht erkenne ich dich wieder, wenn du deinen Bart wieder wachsen lässt.“ konterte sie mit einem Witz, der einer Übersprungshandlung entsprang. „Nein, ich glaube, dass du bereits zu großen Teilen der Oyu bist, denn ich kenne. Vor allem, wenn ich dem glaube, was die Leute hier über dich erzählen.“ Ihr Lächeln wirkte plötzlich gezwungen, ihre Worte klangen traurig. Denn genau das, was Yuuki zu Yuuki machte, hatte ihr ihn schließlich am Ende weggenommen. „Aber wie ich dich kenne...“ Es klang als wenn sie lieber schnell das Thema wechseln wollte und erneut durch ihr Gefühlschaos mit den Tränen kämpfte. „Willst du gar nicht wirklich wissen, wie du sein wirst. Oder?“ Immerhin nahm das doch viel vorweg.
Vor dem Anwesen der Grynder nahm Shiori sich einen Moment, um ihr zu Hause in seinem jetzigen Zustand noch einmal anzusehen. Das klang vielleicht albern, aber es bedeutete für sie viel. Als sie Yuuki hinein gefolgt war, ließ sie ihre Tasche im Eingangsbereich und setzte sich auf das Sofa. Wo genau sie anfangen sollte, wusste sie nicht. Nachdem sie es mehrmals versucht hatte, schoss sie nur doch wieder in die Höhe, um sich etwas zu trinken zu holen und so Zeit zu schinden. „Ja.... Papa hat immer gesagt, dass ich eine Mischung aus dir und Mama bin. Tja außer mein nicht vorhandenes Talent.“ Das letztere klang verbittert. Worauf oder auf wen blieb in dem Moment im unklaren. „Eigentlich haben wir nichts am Haus geändert...“ meinte Shiori und ging zielstrebig auf die Speisekammer zu. Als sie diese öffnete, entkam ihr jedoch ein: „Ich hatte sie irgendwie größer in Erinnerung...“ Nachdenklich betrachtete sie die Kammer eine Weile. Vielleicht lag es daran, dass sie früher auch deutlich kleiner gewesen war. Sie zuckte mit den Schultern und nahm sich ihr Getränk. Auch damit war es nicht einfacher geworden, aber schließlich begann sie einfach. Im Nachhinein wirkte ihr Kurzreport vielleicht etwas zu kurz. Ob Yuuki diese vielen Informationen überhaupt gut verarbeiten konnte? Docch das war nur ein flüchtiger Gedanke, wo sie gerade viel mehr von Schuldgefühlen übermannt wurde. Tränen liefen erneut an ihren Wangen herab. Doch ihre Worte lösten auch das gleiche bei dem Grynder ab. Etwas, dass die junge Frau verstummen ließ, lautlos liefen ihr die Tränen nun die Wangen hinab. Sie hatte ihren Großvater noch nie so gesehen. Er war immer das starke, lächelnde Vorbild gewesen. Jetzt wirkte er plötzlich so verletzlich. „Es tut mir wirklich leid.“ entschuldigte sie sich noch einmal, dieses mal war ihre Stimme jedoch nur gehaucht. Ob Yuuki sie überhaupt noch wahrnahm? Er starrte gerade aus, während die Tränen an seinen Wangen hinab perlten. „Oyu?“ fragte sie mit gebrochener Stimme und wartete auf eine Reaktion. Es schmerzte ihn so zu sehen. Als Yuuki sich die Tränen fortwischte, wirkte Shiori ein wenig erleichtert. Noch immer konnte sie mit dieser Situation jedoch nicht umgehen. Jetzt gerade brauchte sie ihren starken Großvater. Stattdessen hatte sie ihn „Kaputt gemacht“. Doch Yuuki schien sich wieder zu fangen und begann, wenn auch mit brüchiger Stimme, zu reden. Als er davon sprach, dass manche Dinge nicht zu verändern waren, fühlte SHiori sich als würde ihr alles aus den Händen gleiten. Was wenn es bei ihrem Schicksal genau so wäre? Und dann war er da. Ihr starker Großvater, ihr Oyu, der ihr immer Mut gemacht hatte. Der sie immer einem Worten und einem Lächeln dazu ermuntert hatte, an die Zukunft zu glauben und nicht die Hoffnung zu verlieren. Bei seinen Worten konnte die Grynder nicht anders als zu Lächeln und vor Glück erneut zu weinen. Dabei schluchzte sie, weil ihrer Kehle ein Lachen entkommen wollte. Erst jetzt schien sie es richtig zu realisieren. Sie hatte ihn gefunden. Sie hatte ihn wieder. Ihren Oyu. Dann tat Shiori etwas, was sie womöglich nicht hätte tun sollen und was sie doch schon die ganze Zeit tun wollte. Sie überwand sie Entfernung zu Yuuki und umarmte ihn. Früher hatte sie noch an ihm hochspringen müssen, um den Größenunterschied zu überbrücken, doch das war jetzt kein Thema mehr. „Danke... für alles.“ wiederholte sie ihre Worte erneut, bevor sie die Umarmung zu dem wahrscheinlich sehr überraschten Yuuki wieder abbrach. Sie wischte sich die Tränen aus ihrem Gesicht und nickte schließlich. „Ja, ich verspreche es. Ich gebe die Hoffnung nicht mehr auf. Mit dir können wir es schaffen. Ich möchte ihnen allen eine bessere Zukunft ermöglichen.“
Um nachzudenken, so glaubte Shiori, stand der Grynder schließlich auf und lief rastlos im Wohnzimmer umher. Shiori folgte ihm mit ihrem Blick. Als er stehen blieb, wandte er sich mit neuen Fragen an sie. „Ich hab dein Tagebuch bei mir, aber die Ausarbeitung zum Zeitzauber sind noch in Sunsetvillage... in der Zukunft meine ich.“ Sie stand auf und ging in den Flur. Aus ihrer dort abgestellten Tasche holte sie ein sehr abgenutzt wirkendes Buch hervor. Es musste schon mehrere Jahrzehnte alt sein. „Hier.“ sagte sie und hielt es Yuuki hin. „Sie heißt Se‘straz. Die Todsünden haben ihn erweckt. Das es solange gedauert hat, muss bedeuten, dass sie lange für das Ritual... oder was auch immer gebraucht haben. Sie war in jeder der Schlachten an vorderster Front und wenn es keine gab, zog sie am Himmel durch die Lande und griff von dort aus Menschen auf, die sich nicht rechtzeitig versteckten. Wir konnten sie häufig dort oben sehen. Sie war wie der Mond. Immer da, aber als Bedrohung, die über uns schwebte. Sie scheint allein der Zerstörung zu dienen, aber ich glaube, dass die Todsünden sie irgendwie kontrollieren müssen.“ Yuuki begann sich selbst die Schuld zu geben. Shiori streckte die Hand nach ihm aus und berührte ihn leicht am Oberarm. „Oyu bitte, es ist nicht deine Schuld. Es ist doch nur, dass.... dass du...“ Nein, sie konnte nicht weitersprechen. Stattdessen wandte sie den Blick erneut von ihm ab. Der Themenwechseln zu seinen Eltern, ihren Urgroßeltern half. „Weil ich weiß, wo sie sind und ich glaube, dass sie noch leben. Auch jetzt noch. Und vielleicht kommen wir noch nicht zu spät. Ich konnte nicht alleine hin, aber mit deiner Hilfe und vielleicht mit der HIlfe von anderen Magiern...“ Shiori stoppte, sich daran erinnernd, dass sie Yuuki noch nicht die Fragen beantwortet hatte. „Als Crocus fiel, als Fiore fiel, konnten wir einen großen Teil der Aufzeichnungen nach Sunset Village retten. Ich habe Informationen über deine Eltern gefunden und ich glaube, dass ihre Entführung der Anfang von allem sein könnte. Oder zumindest einer der ersten Fehlschritte in die diese Richtung. Ich glaube, dass sie mit ihrer Position Informationen hatten, die den Todsünden all das erst ermöglicht hat. Sie wurden gefangen als ihre Mission fehlschlug und da es noch nicht begonnen hat, werden sie diese Informationen noch nicht haben. Sie müssen also noch immer in Gefangenschaft und am Leben sein. Wir könnten sie womöglich noch retten. Dein Bruder ist nicht umsonst auf ihrer Fährte gewesen. Er hatte sie fast gefunden, da sind wir uns alle sicher!“ Doch wer wäre schon blöd genug ihren Mutmaßungen zu glauben und aufzubrechen? Vor allem, wenn er gerade erst seinem Bruder verloren hatte und geglaubt hatte ihn doch noch retten zu können? „Ich habe keine Beweise mitbringen können, du musst mir glauben. Aber ich weiß, wo die Beweise in der heutigen Zeit sind. Oder wo du Fragen stellen kannst. Aber ich weiß nicht, ob sie dir etwas sagen werden. Das war damals alles sehr geheim.“
# 01 Es war ein geschichtsträchtiger Tag. Ein Tag, in dem die Geschichte gewissermaßen umgeschrieben wurde, da eine junge Frau aus einer Zeit, die noch gar nicht angebrochen war, in eine Zeit reiste, in der sie noch gar nicht hätte existieren sollen. Iris jedoch bekam davon herzlich wenig mit. Für sie war es ein Tag wie jeder andere. Ein guter, wenn sie ihn bewerten müsste. Seit die Sache zwischen Yuuki und ihr zumindest grob ausgesprochen war, hellte sich die Stimmung der Magierin von Tag zu Tag weiter auf. Sie kamen nach anfänglichen Schwierigkeiten wieder wunderbar miteinander aus, auch wenn das Geschehene für eine gewisse Distanz zwischen ihnen sorgte. Eine größere Distanz als damals jedenfalls. Es war, als müssten die Zwei sich neu kennenlernen. Sie waren einander bekannt, doch irgendwie auch fremd. Eine wirklich merkwürdige Situation, in der Iris da steckte. Dass sie an diesem Tage noch merkwürdiger werden sollte, ahnte sie allerdings nicht. Gut gelaunt hatte sich die Blondine auf den Weg gemacht um einkaufen zu gehen. Sie war über den Markt geschlendert und hatte neben den eigentlich geplanten Alltagseinkäufen noch ein paar Früchte aufgegriffen. An einem normalen Tag in Aloe war es immer gut eine Erfrischung parat zu haben. Die Magierin freute sich bereits darauf, etwas davon vorzubereiten um es dann Yuuki zu präsentieren, sobald er heimkam. Nachdem sie das Haus so verwüstet hatte, war sie ihm eine Entschuldigung schuldig. Ein bisschen ihres schlechten Gewissens war noch verblieben. Aber mit einer schön saftigen Melone und etwas Mango war der Grynder bestimmt zu bestechen! Er wirkte zwar nicht so, als würde er ihr etwas übelnehmen, aber sicher war sicher. Freudig vor sich her summend, spazierte Iris den Weg zum Anwesen der Grynder entlang. Sie nahm beide Einkaufstüten in den linken Arm, um mit der Rechten die Tür aufsperren zu können. Als sie die Tür hinter sich schloss und dabei Stimmen vernahm, brach ihr Summen abrupt ab. Die Magierin war überrascht, dass überhaupt jemand zuhause war. Sie ging davon aus, dass der Hausherr noch unterwegs war, wegen seiner Quest. Dass zudem außer ihm noch jemand da war, irritierte sie auch. Besuch brachte er eigentlich kaum mal mit, das war schon eine echte Seltenheit. “Bin da!“, rief Iris dennoch in gut gelauntem Ton durch die untere Etage. Sie hängte ihren Schlüssel neben der Tür auf und machte sich auf den Weg in die Küche, um ihre Einkäufe dort auszuladen. Als sie am Wohnbereich vorbeiging blieb sie dann aber irritiert stehen. Yuuki unterhielt sich mit einer hübschen jungen Frau, die sie nie zuvor gesehen hatte. Es war keine Magierin ihrer Gilde, keine alte Kollegin des Grynders. Der erste Gedanke, der Iris kam war aber dennoch, dass es sich bei ihr um eine Magierin handelte. Vielleicht eine, mit der er nun zusammenarbeiten würde? Stürzte er sich etwa wieder in die nächste Quest, kaum dass er von einer nachhause gekommen war? “Oh, wer ist das?“, fragte sie also neugierig. Es war doch bloß irgendeine Magierin, die er auf irgendeine Quest mitnahm, oder? Ein seltsames Gefühl in der Magengegend hatte die Cerulean ja schon. Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass er… “Ah, warte. Ich bring kurz die Einkäufe weg. Mögt ihr etwas Melone haben?“ Sie durfte sich auf gar keinen Fall anmerken lassen, dass sie an irgendetwas zweifelte. Nein, Iris war den ganzen Tag gut gelaunt gewesen, da würde sie nun doch nicht damit aufhören. Das Lächeln der Diebin fror ein, als sie in der Küche ankam und sich damit dem Blick der Beiden entzogen hatte. Wie automatisiert räumte sie die Einkaufstüten aus, bis sie schließlich die Melone in den Händen hielt. Diese wurde nicht verstaut, sondern zum Schneidebrett getragen, um zur Hälfte mehr oder minder Präzise in mundgerechte Stückchen zerteilt zu werden. Iris war bereits Feuer und Flamme zu erfahren wer diese rothaarige Schönheit war und was es mit ihr auf sich hatte.
Aufgrund von Shioris Verhalten hielt Yuuki einfach mal fest, dass sie sich nicht sicher im Umgang mit ihrer Großmutter aus der Vergangenheit war: Iris. Wenn man den Worten der Rothaarigen Glauben schenken durfte – und das tat der Zeitmagier, denn ansonsten würden sie Beide diese Unterhaltung nicht führen – fiel es ihr schwer, Iris zu belügen. Mehr noch, sie wollte sie aus irgendeinem Grund nicht miteinbeziehen und ihn überkam das Gefühl, dass es darüber hinausging, dass es die Zukunft verändern konnte. Sollten sie im Laufe des Tages oder der nächsten Tage auf die Cerulean treffen, so würde der junge Mann die Vorstellung so einleiten müssen, dass seine Enkelin aus der Zukunft ein passendes Alter Ego präsentierte, an welches sie selbst glaubte. Es war überhaupt nicht zielführend, ihr den Titel seiner Cousine auf die Stirn zu stempeln, wenn sie diese Rolle nicht glaubhaft spielen konnte. Dass sich Shiori außerdem darüber sorgte, dass sie vielleicht etwas zu viel gesagt hatte, ließ den Grynder ganz entspannt abwinken. „Keine Sorge, es ändert rein gar nichts an meinen … Gefühlen.“, antwortete er kurz und knapp, aber nicht unfreundlich. Es war stets schwer, sich jemandem zu öffnen. Und obwohl die rothaarige Magierin bereits einige Sympathiepunkte und einen Vertrauensvorschuss für sich verbuchen konnte, kannte er sie gerade mal ein paar Stunden. Das war ein bisschen zu kurz dafür, dass er sich und sein Herz ihr wie selbstverständlich präsentieren konnte. Allerdings hatte die junge Frau bereits mit ihrer Reise in die Vergangenheit die Zeitlinie geändert, ob sie nun wollte oder nicht. Damit blieb nur noch abzusehen, ob sie die Zukunft zum Besseren oder Schlechteren verändert hatte…
„Ich werde einen Bart tragen?“, fragte der Grynder erstaunt nach, als ihm seine zukünftige Enkelin eben dies mitteilte – dass sie ihn mit Bart vielleicht eher wiedererkennen würde. Zwar lächelte seine Gesprächspartnerin, doch war er sich nicht sicher, ob sie nun scherzte oder nicht. Hmm, ein Bart also …. ob das Iris gefallen würde? Gute Frage, nächste Frage! Als Reaktion auf die Aussage, dass die Leute Gutes – zumindest interpretierte er das so – über ihn erzählten, bildete sich ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht. „Du kennst mich offensichtlich wirklich gut. Nein, ist keine Information, die ich benötige … außer, ich bin in der Zukunft zu einem despotischen Tyrann geworden. Dann wäre jetzt vermutlich der Zeitpunkt, die Hand zu heben und allerhöchste Eisenbahn, dieser Entwicklung vorzubeugen.“, gab der Grynder mit einem kleinen Witz von sich. Das war natürlich nur ein Scherz, denn den bisherigen Erklärungen und Reaktionen der jungen Frau zufolge, handelte es sich bei seinem Zukunfts-Ich um alles andere als das. Während Shiori so über die ihre Vergangenheit beziehungsweise die Zukunft sprach, entging Yuuki nicht, dass sie sich selbst als untalentiert bezeichnete und dies mit einer Hauch Verbitterung von sich gab. Der männliche Grynder zog die Augenbrauen hoch, denn er wunderte sich, auf was sie hinauswollte. Auf ihn machte sie nicht unbedingt den Eindruck, untalentiert zu sein. Außerdem waren der Linie der Grynder mächtige Magierinnen und Magier entsprungen, sodass er sich in einem Anflug ehrlicher Arroganz nicht vorstellen konnte, dass Shiori gerade diese Ausnahme darstellen würde. „Was meinst du damit, dass du untalentiert bist?“, erkundigte er sich mit schiefgelegtem Kopf. Ein Schutzinstinkt überkam ihn, der seine Enkelin verteidigen und ihr Mut zusprechen wollte. Dabei kannten sie sich – zumindest aus seiner Brille – gerade mal einige Stunden. Verrückt, was?
Ja, Yuuki wurde ziemlich von Shioris Umarmung überrascht. Gerade noch hatte er sich mit dem Handrücken über das tränenverschmierte Gesicht gewischt und seiner Enkelin aus der Zukunft Mut zugesprochen, und schon fand er sich in einer festen, aber liebevollen Umarmung wieder. Während die rothaarige Magierin weitere Tränen vergoss und sich bei ihm bedankte, erwiderte der Grynder langsam die Umarmung und tätschelte ihr tröstend den Rücken. Wie bereits gesagt, konnte er sich nicht mal im Ansatz ausmalen, was die junge Frau alles durchgemacht haben musste, bis sie ihn endlich hier gefunden hatte. Von dem Verlust ihrer Geliebten, bis hin zur Reise in die Vergangenheit, in welcher sie ihn auch erst nach einigen Monaten der unermüdlichen Suche gefunden hatte. Als sich die Kurumi endlich wieder gefangen hatte und seinen zugesprochenen Mut wiederholte, blickte er sie lächelnd an und nickte bestätigend. „Sieben Avatare der Todsünden gibt es. Drei wurden vernichtet, zwei davon durch meine Hand. Bedeutet, dass wir es im besten Fall noch mit vieren zu tun haben.“, erklärte der junge Mann nachdenklich und formte mit seinen Fingern die entsprechende Zahl, die er jeweils nannte. Der warme Ausdruck auf seinem Gesicht wich jedoch sogleich einem interessanten Ausdruck, als die junge Frau schließlich von seinem Tagebuch aus der Zukunft berichtete. Zwar hatte die Rothaarige leider nicht die Aufzeichnungen zu seinen Zeitzaubern bei sich, aber dieses Tagebuch war Gold wert! Damit sollte es ihnen gelingen, einen Vorteil gegenüber den Avataren der Todessünden und den kommenden Schlachten zu haben. „Se’straz…“, murmelte der Rotschopf leise vor sich hin, während er das Tagebuch entgegennahm, es öffnete und durch einige Seiten blätterte. Dieser Name sagte ihm überhaupt nichts, doch den Erzählungen von Shiori zufolge, war diese Chaosgottheit der Big Bad der Zukunft. All diese Informationen würde er nicht in aller Kürze verarbeiten können. Dafür brauchte er Ruhe und Zeit. Dann konnte er alles schön strukturiert aufarbeiten und auswerten, sodass sich daraus weitere Schlüsse für die zukünftige Vorgehensweise kristallisieren konnten. Noch gab es viel zu viele unbekannte Variablen in dieser Geschichte, doch der Grynder war davon überzeugt, dass es ihm gelingen würde, Licht ins Dunkel zu bringen. Und dann gab es noch das Thema seiner verschwundenen Eltern! Ungläubig erkundigte er sich bei seiner Enkelin, ob es da irgendeine Verbindung zu den Todessünden gab … und die bestand tatsächlich! All die Jahre war er unwissend über ihren Auftrag gewesen. Aber allmählich ergab sich ein klares Bild, auch wenn ihm dieses alles andere als gefiel. War das der Grund dafür, dass Ryo vor all den Jahren damals die Ruine am Clover Lake betreten und die Todessünden aufgefordert hatte, den Aufenthaltsort seiner Eltern preiszugeben? „Du … du weißt … wo meine Eltern sind? Wirklich?!“, erkundigte er sich zunächst bedächtig nach dem Aufenthaltsort seiner Eltern, ehe die Aufregung dazu führte, dass er seine Emotionen nicht mehr im Griff hatte und die Lautstärke seiner Stimme zunahm. „Wo sind sie? Wo werden sie gefangen gehalten?!“ Mit aufgerissenen Augen und offenem Mund starrte Yuuki Shiori an und konnte es nicht fassen, dass sie davon sprach, dass seine Eltern noch lebten. Damit sollte ganz deutlich sein, dass er ihr Glauben schenkte, Beweise hin oder her. Konnte es wirklich wahr sein? Nach all den Jahren …
Und dann geschah etwas völlig Unerwartetes in diesem Moment, denn Iris kam tatsächlich heim. Kaum ertönte die helle Stimme der Blondine aus dem Eingangsbereich, blickte der Grynder seine Enkelin an und nickte ihr zu. Sie musste jetzt schauspielern, was das Zeug hielt! „Hallo Isi.“, teilte Yuuki der Cerulean mit einem warmen Lächeln mit, wobei er sich die Aufregung und die Emotion der letzten Minuten nicht wirklich anmerken ließ, auch wenn es ihn all seine Willenskraft kostete. „Das ist Shiori!“, stellte er die rothaarige Magierin vor und wies mit der Hand auf sie, ohne jedoch zu konkretisieren, wie ihre Beziehung war. Falls er sie jetzt als Cousine betitelte, flog sie vielleicht auf, wenn sie nicht an diese Ausrede glaubte. Aus diesem Grund lag der Ball jetzt bei Shiori, sich selbst vorzustellen. Der Rotschopf hatte ja gar keine Ahnung, was für eine Wirkung die größere Magierin auf ihre zukünftige Großmutter hatte … da war er wohl einfach zu blauäugig. Oder einfach zu ehrlich mit sich selbst, denn in seinem Herzen gab es nur Platz für Iris – so war es immer schon gewesen. Aus diesem Grund dachte er nicht mal im Ansatz daran, wie es wirken mochte, wenn eine unbekannte Frau sich hier plötzlich im Haus aufhielt. „Gerne! Benötigst du Hilfe?“, erkundigte er sich bei Iris, die jedoch einfach mit den Einkäufen in die Küche voranschritt und diese dort sogleich einräumte. Voller Vorfreude auf die Anwesenheit der Blondine – die Melone war natürlich auch nicht zu verachten – nahm Yuuki auf dem Sofa Platz und wies seinen Besuch an, ebenfalls irgendwo Platz zu nehmen, damit sie sich zu dritt unterhalten konnten. „Wie war's in den letzten Tagen? Geht's dir gut?“, rief der Rotschopf zur Blondine gen Küche. Das würde sicherlich eine interessante Unterhaltung werden!
8)Yuuki schaffte es mit seinem Scherz Shiori ein Lächeln abzuringen und sie schüttelte nur kurz den Kopf. Seine Art tat ihr in ihrer emotionalen Instabilität gut. Gerade wusste sie nicht, wie sie das Chaos in sich ordnen konnte. All ihre Pläne hatten zu diesem Moment geführt und nun wo sie mitten in diesem Moment steckte, schien sie keinen Fuß vor den anderen setzen zu können. Plötzlich schien ein noch tieferer Ozean vor ihr zu liegen und sie drohte ständig zu ertrinken. Sie musste selbst über sich lachen, wie dramatisch sie wieder einmal war. „Na ja sieh mich an… wenn es nicht meine Haare gäbe, würde wohl keiner glauben, dass ich zur Familie gehöre.“ Sprach Shiori bitter aus. „Alle in unserer Familie sind talentiert. Sie besitzen große Magien und veränderten die Welt oder… Stattdessen habe ich nicht mal eine Magie richtig meistern können. Und dabei müsste ich gerade älter als du sein. Alle aus der Familie haben in meinem Alter schon drei oder vier Magien gemeistert. …“ Sie seufzte und rang sich zu einem kleinen Lächeln durch als Yuuki ansah. „Du und Onkel Mareo habt immer versucht, dass ich an mich glaube, aber dann…“ Sie brach erneut ab und sah erst zur Seite, bevor sie kurz in den Himmel schaute. „Eigentlich ist es gar nicht so lange her, dass ich dieses Gespräch mit @Charon geführt habe. Unserem Charon. Er hat mich für meine Willensstärke gelobt, obwohl sie sonst oft als Frevel abgetan wurde. Na ja keine Magierin, aber mit dem Kopf durch die Wand gehen kann ich. Er sagte ich sei mutig, aber eigentlich fühle ich mich überhaupt nicht mutig. Eigentlich habe ich große Angst einen Fehler zu machen, der uns die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nimmt.“ Ja sie hätten in der Zukunft wahrlich jemanden wie Mareo oder Yuuki brauchen können, die mit Optimismus vorausgingen und ihnen ein Licht waren. „Tja du hättest wohl jemand besseres erwartet für die Rettung der Welt?“ Sie verlangte viel von Yuuki und eigentlich konnte sie ihm doch gar nichts als Gegenleistung darbringen.
Yuuki schien jede Information, die Shiori ihm gab aufzusaugen. Besonders, dass Shiori Informationen zum Verbleib seiner Eltern, ihrer Urgroßeltern hatte, interessierte ihn besonders. „Sie gehören einer geheime Operation an, die Quests für die Regierung erledigen. Als sie verschwanden wurde sie auf eine solche geschickt. Wir sind uns sicher, dass sie in diesem gefangengenommen wurden. Es gibt Papiere von Fiore über einen Austausch, aber in der Antwort an die Regierung hieß es, dass sie nicht mehr leben würden. Aber sie müssen gefälscht gewesen sein. Wir fanden in Beweise, dass sie schließlich Gefangene der Todsünden waren. Seven muss eines der ersten Länder gewesen sein, die im Geheimen von den Avataren übernommen wurden. Im Bericht stand etwas darüber das sie in einer Festung nahe Vorlanthus gewesen seien. Ich denke jedoch, dass man sie nach Fort Manarch brachte, nahe der Grenze zu Iceberg und Bosco. Dort errichteten sie später ihren Hauptsitz um auch diese Länder weiter zu infiltrieren.“
Weitere Pläne konnten sie für den Moment nicht mehr schmieden. Das Klappern eines Schlüsselbundes und das Aufstoßen einer Tür verriet das Eintreffen einer weiteren Person. Shiori versteifte sich, dass konnte nur Iris sein. Die Stimme, die plötzlich durch den Flur hallte. Na wunderbar. Jetzt saß sie hier, mit einem verweinten Gesicht und würde ihrer Großmutter begegnen, immer noch nicht wissend, wie genau sie eigentlich die Wahrheit vor Iris geheim halten sollte. Es musste nicht noch jemand aus ihrer Familie in diese Tragödie mit hineingezogen werden. Schnell wischte sie sich erneut die Tränen weg und bemühte sich einigermaßen emotional stabil drein zu blicken. Das Amulett von Yuuki versteckte sie lieber halb unter ihrer Oberbekleidung. Yuuki begrüßte seine Freundin zuerst und stellte dann die Feuermagierin vor. Shiori wollte schon zur Erklärung ansetzen als Iris sich dazu entschied eine Melone in die Küche zu bringen. In diesem Moment war Shiori selbst von der simplen Frage überfordert, ob sie auch etwas von der Melone haben wollte. Ja? Nein? Während Yuuki Iris Hilfe anbot, setzte er sich schließlich wieder auf das Sofa und auch Shiori tat es ihm gleich. Dabei setzte sie sich ihm jedoch gegenüber, um Iris die Möglichkeit zu geben, neben Yuuki Platz zu nehmen. Sobald Iris wieder in die Küche kommen würde, würde Shiori kurz aufstehen und ihr zur Begrüßung die Handreichen. Es fühlte sich falsch und merkwürdig an, aber Shiori war eine Fremde und sollte wohl besser so handeln. „Hi, ich bin Shiori, Shiori Kurumi. Eine reisende Magierin. Ich kenne Yuuki von… früher. Freut mich dich … kennenzulernen, Iris.“ Dabei war ihr nicht aufgefallen, dass es nicht der Name war, mit dem Yuuki sie vorgestellt hatte. Aber wenn sie ehrlich war, würde dieses Schauspiel wohl auch nicht lange vorhalten, oder etwa doch?
# 02 Dass jemand außer Yuuki da war, brachte die junge Magierin ganz schön aus dem Tritt. Vermutlich rührte es daher, dass es sich dabei auch noch um eine junge Frau handelte. Iris, die vom Rotschopf sogleich als Isi begrüßt wurde, bemerkte ihre eigene Reaktion und sie begann damit sich selbst zu hinterfragen. Den Besuch stellte er hingegen als Shiori vor, bevor sie ihren eigenen Namen auch selbst noch in ein paar freundlichen Worten verpackte. Höflich schien sie zu sein. Eine hiesige Magierin Crimsons Sphynx war sie allerdings schon mal nicht. Jedenfalls nicht, dass Iris wüsste. Dass sie sich gleich in die Küche zurückgezogen hatte, verschaffte ihr jedenfalls etwas Zeit um alleine und ungestört reflektieren und die unnötige Eifersucht verarbeiten zu können. Das jedenfalls erhoffte die Blondine sich. Der Prozess begann bereits, während sie die Einkäufe verstaute. “Nein, ich mach das schon.“, rief die Magierin auf Yuukis Frage hin aus der Küche, wobei sie sich erfolgreich zu einem positiven Ton zwang. Als sie schließlich nach dem Messer reichte, um die Melone zu schneiden, spürte Iris aber wie sich ihre Hand fester und fester um den Griff schloss. War sie etwa… sauer? Auf wen? Auf Yuuki? Auf die Frau? Auf sich? Das machte doch gar keinen Sinn! “Ach, wie immer. Ich finde mich mittlerweile wieder gut zurecht!“, antwortete Iris extra laut, in der Konversation mit dem Hausherren, die sich quer durch die untere Etage zog. Keine Lüge. Seit sie wieder in Aloe war, fand sich die Cerulean mehr und mehr zurecht. Außerdem fühlte es sich mit der Zeit weniger ungewöhnlich an dort zu sein. Ein richtig heimisches Gefühl blieb bisher aber trotzdem noch aus. Viel zu lange war es her, dass sie der Stadt den Rücken gekehrt hatte. “Wie ist es mit dir? Warst du erfolgreich?!“ Was auch immer Yuuki wieder genau getrieben hatte. Es zog ihn schließlich häufiger mal ein paar Tage, wenn nicht Wochen von Zuhause weg. Ab und an unterhielten sie sich über seine Abenteuer. Es war aber nicht so, dass er ihr stets Bericht zu erstatten hatte. “Ich-!“ Grade wollte die Magierin von ihrem eigenen, jüngsten Erlebnis sprechen, da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Es hatte einen Moment gedauert, bis sie die Worte des netten Mädchens verarbeitet hatte. Ihre Reaktion kam also deutlich verspätet. “Moment mal!“, merkte Iris an. Das Messer in ihrer Hand war bei dem letzten Schnitt erst zur Hälfte durch die Melone geglitten, ehe sie innegehalten hatte. Die Blondine zog es wieder heraus und legte es neben dem Schneidebrett auf die Arbeitsfläche. “Hast du…“ Woher kannte Shiori ihren Namen? Verwundert und definitiv verärgert trat Iris aus der Küche heraus, hinaus in den Flur. Es dauerte nicht lange, da stand sie im Türrahmen zum Wohnzimmer. “Yuuki? Auf ein Wort?“ Die Magierin hätte gerne demonstrativ ihre Arme unter der Brust verschränkt, doch hatte sie ihre Hände schmutzig gemacht. Also rieb Iris etwas nervös ihre Hände ineinander, während sie darauf wartete, dass der Rothaarige aus dem Wohnzimmer zu ihr trat. Was sie ihm zu sagen hatte, war nicht für die Ohren ihres Gastes bestimmt. Darum zügelte Iris auch die Lautstärke ihrer Worte. Gedrungen, aber deutlich verärgert, die Stirn in Zornesfalten gelegt, flüsterte sie Yuuki entgegen, kaum hatte er den Raum verlassen. “Hast du ihr etwa meinen richtigen Namen genannt? Du weißt doch, dass du den niemandem sagen sollst.“ Als er ihr näher kam, wandte sich Iris mit dem Rücken zum Wohnzimmer, damit Shiori möglichst wenig von diesem Gespräch mitbekam. “Wer ist sie überhaupt? Können wir ihr wirklich trauen? Was, wenn sie sich verplappert?“ Iris hasste es, so ernst zu ihm zu sein. Aber in letzter Zeit war sie von so vielen Zweifeln geplagt, was die Geheimhaltung ihrer Identität betraf. So viele Jahre war sie untergetaucht, hatte die Welt glaubend gemacht, sie sei Tod. Wenn dieser Name nun in die falschen Ohren gelangte, war all das hinfällig und ihr Leben war in akuter Gefahr. Das konnte Iris einfach nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Zunächst schien alles bei bester Ordnung zu sein. Yuuki begrüßte die heimkommende Iris mit ihrem Spitznamen und er bemerkte im ersten Augenblick nicht, dass die Blondine etwas irritiert durch die Anwesenheit einer anderen Frau war. Der junge Mann hatte sich die Aufregung der letzten Stunde nicht anmerken lassen, doch die Schwachstelle im Getriebe war die rothaarige Grynder. Es war nicht abzuschätzen, wie sie auf ihre Großmutter aus der Vergangenheit reagieren würde. Und dann platzte die Bombe. „Hi, ich bin Shiori, Shiori Kurumi. Eine reisende Magierin. Ich kenne Yuuki von… früher. Freut mich dich … kennenzulernen, Iris.“ Kaum vernahm der Rotschopf, dass Shiori Iris mit ihrem richtigen Namen ansprach, weiteten sich seine Augen vor Schreck. *Oh, Mist …* Er bekam gar nicht die Möglichkeit, seine Enkelin aus der Zukunft auf ihren Fauxpas hinzuweisen – vermutlich hatte da einfach der Automatismus übernommen – als eine verärgerte Großmutter in Spe am Türrahmen zum Wohnzimmer erschien und ihn auf ein Wort sprechen wollte. Die rubinroten Seelenspiegel blickten kurz zu seiner Enkelin, die ihn wohl gerade in mächtig Ärger reingeritten hatte, ehe er sich wieder Iris zuwandte. Die Arme unter ihrer Brust verschränkt, deuteten alle Signale daraufhin, dass sie höchst verärgert war – und er konnte es ihr noch nicht mal verübeln. Dennoch fühlte er einen Kloß im Hals, denn er war es nicht gewohnt, diese Reaktion von ihr zu bekommen. Der Grynder nahm all seinen Mut zusammen und setzte sich in Bewegung. Kaum hatte er den Raum verlassen, wurden ihm auch schon im Flüsterton Vorwürfe an den Kopf geworfen. Wieso er dieser Unbekannten Iris‘ richtigen Namen verraten hatte. Wer sie überhaupt war? Was wenn sie sich verplapperte? Die Blondine war verärgert und zornig und verspürte sicherlich alles andere als positive Gefühle für Shiori. Oh man, wie war das Ganze nur so schnell so schiefgelaufen? „Isi, ich …“, begann Yuuki und suchte nach den richtigen Worten, um die Situation wieder zu kitten. Doch leider wollte ihm im Augenblick nichts einfallen, wie er sowohl Iris besänftigen als auch ihre zukünftige Beziehung mit der Grynder aus der Zukunft auf eine bessere Schiene bringen konnte. Der junge Mann schluckte und es fiel ihm wirklich schwer, der jungen Frau vor ihm in die Augen zu schauen. Das Schlimmste war doch, dass er ihre Sicherheit niemals gefährden würde, sie das aber genau jetzt von ihm dachte und es ihm vorwarf. In Gedanken fiel ihm auf die schnelle eine einzige Lösung ein, wie er die Situation wieder geradebiegen konnte. Mit traurigem Gesichtsausdruck blickte er in das schöne Antlitz vor sich, welches nach wie vor verärgert und zornig dreinblickte. „Es tut mir sehr leid, Isi.“, sprach der Rotschopf mit schwerer Stimme, ohne genau zu erklären, was er genau bereute und hob seine Hand vor sich hin. Last Ages. Mit einem Schnipsen entfesselte er sein Mana, was zur Folge hatte, dass die Zeit im Schnelllauf zurückgespult wurde. Der Grynder sah keine andere Möglichkeit, als einen kompletten Neustart zu wagen…
Als Shiori ihre Zweifel hinsichtlich ihrer magischen Fertigkeiten offenbarte, verplapperte sie sich erneut versehentlich, als sie von der Zukunft und seiner sowie der Fürsprache von … Onkel Mareo erzählte. „Onkel Mareo?“, fragte Yuuki laut aus und blinzelte seine Enkelin aus der Zukunft verwundert an. So überraschend diese Aussage auch kam, arbeitete der Verstand des jungen Mannes in Höchstgeschwindigkeit, um einen Sinn in dieser Aussage zu finden. Bei Mareo handelte es sich um einen seiner engsten Freunde und einen Ordensbruder des Weißen Lotus, einer geheimen Gemeinschaft, derer sie Beide angehörten. Hatte dieses Band selbst in Zukunft gehandelt, sodass er eine Onkelfigur für Shiori eingenommen hatte? Eigentlich Wissen, über welches er nicht verfügen durfte, weshalb er gleich daraufhin mit einem seltsamen Lächeln auf dem Gesicht den Kopf schüttelte. Eigentlich durfte er es gar nicht wissen, also sollte die rothaarige Magierin lieber nichts darüber berichten. Stattdessen nahm sich der Grynder vor, die Selbstzweifel der jungen Frau zu adressieren, die sie in gehörigem Maße zu plagen schienen. „Ich bin mir sicher, dass auch du über das Potenzial für etwas Großes verfügst. Möglicherweise hast du es noch nicht gefunden, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass dem nicht so ist. Lass mich dir helfen, dein Talent vollends zu entfalten, damit du an dich glauben und wieder Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben kannst. Vergiss nicht, du hast es schließlich geschafft, in die Vergangenheit zu reisen und mich zu finden! Du brauchst also dein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen.“, sprach der Grynder seiner von Selbstzweifeln geplagten Enkelin Mut zu. „Möglicherweise hast du noch nicht die richtige Magie erweckt. Das ist etwas, bei dem ich dir helfen kann.“, fügte er mit einem Lächeln hinzu. Ja, mithilfe seiner Zeitmagie war er in der Lage gewesen, die Second Origin von Akay und sich zu aktivieren, womit es ihnen gelungen war, den Avatar der Hochmut zu bezwingen. Wie schwer konnte es also dann sein, eine schlummernde Magie in jemandem zu erwecken? Vielleicht konnte er ja mit den Magien beginnen, über die er selbst verfügte? Falls eine Kompatibilität genetisch weitervererbt wurde, war die Chance vermutlich groß, dass Shiori diese erwecken konnte! Und falls nicht, würden sie sicherlich auch eine Lösung dafür finden, daran zweifelte der Zeitmagier keine Sekunde lang.
Gebannt lauschte Yuuki Shioris Erzählung über den Verbleib seiner Eltern. Er sog die Informationen wie ein Schwamm auf, denn es waren die ersten konkreten Hinweise auf den Aufenthaltsort seiner Eltern, die er jemals in Erfahrung gebracht hatte! Wieder Seven also! Nahe der Grenze zu Bosco und Iceberg! Darüber würden sie sich noch im Detail austauschen müssen, doch zunächst galt es, einen zweiten Kennenlernversuch mit Iris zu wagen! “Bin da!“, ertönte erneut die helle Stimme von Iris. Es kam dem Grynder ziemlich surreal vor, dass er das Ganze jetzt zum zweiten Mal erlebte, ohne dass Shiori oder sie eine Ahnung davon hatten! „Hallo Isabelle!“, grüßte er dieses Mal die Cerulean mit einem warmen Lächeln und adressierte sie mit ihrer Tarnidentität. „Das ist Shiori!“, stellte er erneut seine Enkelin aus der Zukunft vor, ohne sich seine Nervosität anmerken zu lassen. Um einen weiteren Fauxpas zu vermeiden, flüsterte er der anderen rothaarigen Person im Raum etwas zu, kaum dass Iris in der Küche verschwunden war, um die Einkäufe zu verstauen. „Isabelle ist ihre aktuelle Tarnidentität, also adressiere sie bitte damit.“, erfolgte das Flüstern mit einem eindringlichen Nicken. Nicht, dass es schon wieder schief lief... Hoffentlich klappte dieses Mal alles! „Gerne hätte ich ein Stück Melone.“, rief er nun wieder mit normaler Lautstärke. „Kann ich dir irgendwie behilflich sein? Wie war's in den letzten Tagen? Geht's dir gut?“, rief der Rotschopf zum wiederholten Mal – aber nur für ihn – zur Blondine gen Küche. Mit laut pochendem Herz wartete er gespannt auf eine Antwort und wie das Gespräch dieses Mal ablaufen würde!
Eingesetzte Zauber:
Last Ages TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: V ART: Support MANAVERBRAUCH: 800 für bis zu 60 Sekunden MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 10, Manaregeneration Level 10 BESCHREIBUNG: Dieser Zauber ist einer der stärksten dieses Magieauslegers, denn der Anwender ist in der Lage, die Zeit für alles und jeden bis zu 60 Sekunden lang zurücklaufen zu lassen. Lediglich jene Personen, die während des Zurückspulens Körperkontakt mit dem Anwender haben, sind sich dessen bewusst, dass die Zeit zurückgedreht wurde. Weiterhin sind sie in der Lage, sich an die Zeit zu erinnern, die aufgrund des Zaubers nie wirklich existiert hat. Alle andere Personen bekommen davon nichts mit.
9) Erneut war ihr eine Information herausgerutscht. Auf Yukis Nachfrage entkam ihr zunächst ein: „Ja, natürlich er...“, doch schließlich zögerte sie und lächelte verhalten. „Das fällt wohl wieder unter für mich behalten.“ fing sie erneut an. Es gab so vieles, dass sie mit Yuuki teilen wollte, so so vieles - wie früher. Doch wenn sie diesem Drang nachgab, dann konnte sie womöglich die Zukunft deutlich mehr beeinflussen als sie es wollte. Sie musste versuchen, sich weniger dem familiär-vertrauten Gefühl hinzufügen und aufpassen, welche Informationen sie preisgab. Manche Informationen, egal wie gerne sie darüber reden wollen würde, sollten verschleiert bleiben. Bei Yuukis Worten über ihre Selbstzweifel, trat ein trauriges Lächeln auf ihre Lippen und ihre Augen zeugten von einer leichten Feuchtigkeit. Noch rannen keine Tränen über ihre Wangen und doch fühlte sie sich emotional sehr berührt von diesen Worten. Worte, die sie schon so oft gehört hatte - vor langer langer Zeit. Sie brauchte einen Moment, bis sie etwas gefasster sagen konnte: „Ich habe mir so oft gewünscht, diese Worte noch einmal zu hören. Ihr habt immer an mich geglaubt, ohne euch fiel es mir deutlich schwerer im Angesicht der Dunkelheit. Danke, Oyu, aber du das ich hier bin, hast du Papa zu verdanken. Er und ... oh na ja ich rede wieder zu viel. Jedenfalls hab ich nur dein Tagebuch gefunden und Informationen gesammelt. Und falls das hier schiefgegangen wäre, hätten sie wenigstens keinen weiteren Kämpfer verloren.“ Ob ihre mangelnde Kampfkraft wirklich daran, dass sie noch nicht ihre richtige Magie erweckt hatte, konnte Shiori weder bestätigen noch verneinen. Es war ein schöner Gedanke, dass sie irgendwann eine starke Magie erwecken würde und dadurch ihren Platz an vorderster Reihe noch verdienen könnte. Aber bisher würde sie wohl weiterhin nur einen Platz in den hinteren Reihen einnehmen. Sie wollte keinem illusorischen Traum nachjagen, wenn es bereits viele andere Probleme gab, die kaum zu lösen waren. „Wenden wir uns zunächst dem Weltuntergang zu. Wenn wir den nicht verhindern können, bringe ich auch mit einer zweiten Magie keinen Nutzen.“
Als Iris Stimme durch den Raum schallte, horchte Shiori auf. Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augenwinkeln, um einigermaßen vorzeigbar auszusehen. Das Amulett versteckte sie unter ihrer kleidung. Es gab nun keine Chance mehr, sich weitere Gedanken über das Zusammentreffen mit ihrer Großmutter zu machen. Früher als geplant würde es in wenigen Sekunden so weit sein. Es gab kein „nicht bereit dazu“. Selbst wenn sie nun in ihr Zimmer laufen würde, würde Iris sie sicherlich bemerken. Bevor Shiori ihre Stimme ertönen ließ, begrüßte Yuuki Iris bereits und stellte die Kurumi sogleich vor. Er gab ihr den Hinweis, dass sie Iris nur mit Isabelle ansprechen durfte. Shiori verzog kurz ihre Augenbrauen etwas, nickte dann jedoch. Sie erinnerte sich verschwommen an ein Kapitel aus Yuukis Tagebuch dazu und fragte sich im ersten Moment, warum ausgerechnet innerhalb der Familie ein Tarnname genutzt werden musste. Doch dann erinnerte sie sich wieder daran, dass sie (noch) nicht Teil dieser Familie war und sie ihre wahre Identität nicht zu kennen hatte. Auf so viel war zu achten. Tat ihr vom weinen schon der Kopf weh, so schmerzte er nun noch mehr. Wie gern hätte sie Iris einfach eingeweiht, aber nein, sie hatten sie heraus halten wollen. So war es besser. „Hallo, ... Isabelle. Freut mich deine Bekanntschaft zu machen.“ gab Shiori steif von sich und setzte ein Lächeln auf. „Ich bin eine reisende Magierin und kenne... Yuuki... von früher.“ Ob es dieses Mal besser laufen würde?
# 03 Iris war entsetzt. Jahre lang hatte sie ihre Identität vor allen geheim gehalten, denen sie begegnet war und zwar ausnahmslos. Niemand durfte wissen wer sie war, weil jeder, der zu viel Informationen über sie hatte, sie und auch sich selbst in Gefahr brachte. Es war erst Yuuki, nach all den Jahren, dem sie sich gezeigt hatte. Ihre Identität war bis dahin verschleiert gewesen, sah man von Lian ab, der von ihr doch mehr erfahren hatte, als je einer zuvor. Nun aber hatte Yuuki dieser Fremden ihren Namen genannt und das obwohl er von ihren Problemen wusste. Was hatte ihn da geritten? Ist er ihm etwa herausgerutscht? Um das zu klären, zitierte die Magierin den Hausherren zu sich, heraus aus dem Wohnzimmer, weg vom Besuch. Als die Cerulean den Rotschopf mit ihrem Missmut konfrontierte, konnte sie ihm seine Schuldgefühle gleich ansehen. Dass diese sich aber nicht darauf bezogen, dass er tatsächlich Fehler gemacht hatte, sondern darauf, dass Iris Anschuldigungen falsch waren, er es ihr aber nicht sagen durfte, konnte sie ja nicht ahnen. Die Entschuldigung des Magiers hatte etwas Hilfloses an sich und das tat Iris auch leid, doch musste sie auf ihrem Standpunkt beharren. Es ging schließlich um ihr Leben! Sie schnaufte, wusste aber nicht so recht, was sie nun sagen sollte. Als Yuuki plötzlich seine Hand erhob und schnipste, schaute Iris irritiert drein. Dann… war der gesamte Streit plötzlich ungeschehen. Die Magierin hatte nicht nur keinerlei Erinnerungen daran, sie befand sich auch ganz woanders. Es war so, als wäre all das nie geschehen. Als käme sie grade erst wieder heim, ohne dass es vorab schon einmal so war. Die Zeit war zurückgedreht.
“Bin da!“, rief Iris in gut gelauntem Ton durch die untere Etage. Sie hängte erneut ihren Schlüssel neben der Tür auf und machte sich auf den Weg in die Küche, um die mitgebrachten Einkäufe dort auszuladen. Als sie am Wohnbereich vorbeiging blieb sie wieder irritiert stehen. Yuuki unterhielt sich mit einer hübschen jungen Frau, die sie nie zuvor gesehen hatte. Es war keine Magierin ihrer Gilde, keine alte Kollegin des Grynders. Der erste Gedanke, der Iris kam war aber dennoch, dass es sich bei ihr um eine Magierin handelte. Vielleicht eine, mit der er nun zusammenarbeiten würde? Stürzte er sich etwa wieder in die nächste Quest, kaum dass er von einer nachhause gekommen war? Fragen, die sich Iris abermals stellte. “Oh, wer ist das?“, fragte sie wieder neugierig. Es war doch bloß irgendeine Magierin, die er auf irgendeine Quest mitnahm, oder? Ein seltsames Gefühl in der Magengegend hatte die Cerulean ja schon. Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass er… Yuuki stellte die Dame als Shiro vor, woraufhin sie ebenfalls grüßte. “Hallo Shiro! Freut mich.“, entgegnete die Blondine also höflich. “Ah, warte. Ich bring kurz die Einkäufe weg. Mögt ihr etwas Melone haben?“ Sie durfte sich auf gar keinen Fall anmerken lassen, dass sie an irgendetwas zweifelte. Nein, Iris war den ganzen Tag gut gelaunt gewesen, da würde sie nun doch nicht damit aufhören. Das Lächeln der Diebin fror ein, als sie in der Küche ankam und sich damit dem Blick der Beiden entzogen hatte. Wie automatisiert räumte sie die Einkaufstüten aus, bis sie schließlich die Melone in den Händen hielt. Diese wurde nicht verstaut, sondern zum Schneidebrett getragen, um zur Hälfte mehr oder minder Präzise in mundgerechte Stückchen zerteilt zu werden. Iris war bereits Feuer und Flamme zu erfahren wer diese rothaarige Schönheit namens Shiori war und was es mit ihr auf sich hatte. Diesmal richtig!
“Nein, nein. Ich mach das schon!“, rief die Magierin aus der Küche, als Yuuki ihr seine Hilfe anbot. “Ach, alles wie immer. Habe mich mittlerweile wieder gut hier zurechtgefunden!“, antwortete sie laut auf die Frage nach ihrem Wohlergehen. Natürlich nicht ohne erneut eine Gegenfrage zu stellen. “Und dir? Warst du erfolgreich?“ Sie hatte gar keine Ahnung, was er zuletzt getrieben hatte, aber in der Regel trieb er sich irgendwo im Land oder sogar außerhalb dessen herum und erledigte wichtige Arbeit! Als Iris die Melone zurechtgeschnitten und ordentlich auf einem Teller zurechtgelegt hatte, brachte sie diesen sogleich ins Wohnzimmer. “Hier, bedient euch!“ Mit diesen Worten präsentierte sie den Beiden den Snack, während sie ihnen freundlich entgegen lächelte.
Out: Seltsame Situation, um wieder in ein Posting hineinzufinden, aber wird schon wieder xD
Eine ziemlich vertrackte Situation, was? Auf der einen Seite Yuuki Grynder, eine ziemliche neu- und wissbegierige Person und auf der anderen Seite Shiori Kurumi – geborene Grynder – die mit ihrem wiedervereinten Opa aus der Vergangenheit alles wie gewohnt teilen wollte. Und doch war sich der Rotschopf bewusst darüber, dass er möglichst nichts in Erfahrung bringen durfte, was den Verlauf der Zukunft gefährden durfte, weshalb er nicht nachhakte und sich stattdessen auf die Zunge biss. Und auch Shiori gelang es, sich mitten im Satz zu stoppen, als sie von „Onkel Mareo“ berichtete. Glücklicherweise war der Opa in spe jemand, der solche Informationen für sich behalten konnte und nicht gleich zum Godslayer gehen würde, um ihm diese Information auf die Nase zu binden. Dementsprechend nickte Yuuki bei den Worten Shioris, dass sie diese Information für sich behalten würde. Aus irgendeinem Grund löste die geknickte und traurige Gestalt der jungen Frau das Gefühl in ihm aus, sie beschützen und trösten zu wollen. War es sein Unterbewusstsein, welches ihm zu erkennen gab, dass er es hier mit einem Familienmitglied zu tun hatte? Ein Familienmitglied, welches es zu schützen galt? Möglicherweise lag es an unterbewusster Gestik und Mimik, welche dieses besondere Gefühl der Vertrautheit bei ihm hervorrief. „Mach dir keine Sorgen.“, sprach der junge Mann seiner Enkelin aus der Zukunft mit einem warmen und wohlwollenden Lächeln zu. „Zuerst kümmern wir uns um den Weltuntergang und dann um deine Magie. Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinbekämen!“ Der junge Mann konnte sich nicht vorstellen, dass die junge Grynder ausschließlich über Feuermagie verfügte. Möglicherweise gelang es ihm ja, eine seiner eigenen Magien in ihr zu erwecken?
Schließlich war Iris wieder da und der Grynder fühlte sich ziemlich nervös. Würde die Rothaarige wieder in ein Fettnäpfchen treten oder würde es ihr dieses Mal gelingen, sich nicht zu verplappern? „Hallo, ... Isabelle. Freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Ich bin eine reisende Magierin und kenne... Yuuki... von früher.“ Puh, Schwein gehabt! Das kam zwar ziemlich steif rüber, aber zumindest reagierte die Cerulean ganz anders als zuvor. Irgendwie fühlte es sich für den Zeitmagier ziemlich seltsam an, dass sich diese Situation genauso nochmal abspielte wie zuvor – und doch nicht ganz. Yuuki schluckte. Fühlte er sich schuldig, einfach die Zeit zurückgedreht zu haben, wegen persönlicher Gründe? Ein Stück weit schon. Allerdings redete sich der Rotschopf ein, dies aus einem guten Grund getan zu haben. Aber mal ehrlich, wäre die Situation wirklich unmöglich zu revidieren gewesen, wenn sie die Blondine eingeweiht hätten? Der Rotschopf wischte diesen nagenden Gedanken in seinem Hinterkopf beiseite und fokussierte sich stattdessen voll und ganz auf die Cerulean. „Das freut mich.“, antwortete der junge Mann mit einem warmen Lächeln, als Iris ihm mitteilte, dass sie sich mittlerweile hier gut zurechtfand. Als der Blick des Rotschopfes auf Shiori fiel, fühlte er sich ziemlich ertappte und setzte wieder einen ernsteren Gesichtsausdruck auf. Ähem. „Ja, mein Auftrag war ziemlich erfolgreich, sodass ich jetzt wieder zurück bin und mich freue, endlich zu Hause zu sein.“, erklärte er nun weiter und schaute dabei zur rothaarigen Grynder, der er zunickte. „Dabei bin ich über eine alte Bekannte gestolpert.“, sprach Yuuki weiter, während sein Hirn ratterte und überlegte, wie er am besten die Anwesenheit Shioris erklären konnte. Die Ähnlichkeit der Beiden war unverkennbar, sodass der junge Mann seine vorherige Idee aufgriff und hoffte, dass seine Enkelin aus der Zukunft einfach auf den Zug aufsprang und mitmachte. Iris kannte seine näheren Verwandtschaftsverhältnisse, sodass eine Schwester ausgeschlossen war. Aber wie sähe es aus mit einer … „Shiori und ich sind nämlich verwandt, haben uns aber lange nicht mehr gesehen. Sie ist meine Cousine aus der Familie meines Vaters.“ Erstaunlich, wie leicht Yuuki diese Lüge über die Lippen ging. Er fühlte sich durchaus schuldig darüber, dass er der Blondine einen Bären auf die Nase band, aber niemand vermochte zu sagen, wie es sich auf die Zukunft auswirken würde, sollte sie zu diesem Zeitpunkt erfahren, dass es sich bei Shiori um ihre Enkelin aus der Zukunft handelte. Allerdings sprach der Grynder durchaus die Wahrheit: Die junge Frau stammt tatsächlich aus der Familie seines Vaters. Wenn man sich die Bilder an den Wänden anschaute, so war die Ähnlichkeit der jungen Frau zu seinem Vater oder seinem Bruder oder sogar Yuuki selbst durchaus zu erkennen. Ihm war nicht bewusst, dass Iris einen Hauch der Eifersucht über die Anwesenheit der rothaarigen Magierin verspürte. Dass es sich vermeintlich um Yuukis Cousine handelte, würde diese doch sicherlich in Luft auflösen lassen, oder?
Mit einem Lächeln nahm der junge Mann ein Stück Melone und biss herzhaft rein. Mhh, frisch! „Vielen Dank!“, mampfte Yuuki Iris zu und schluckte danach erst runter. „Und, hast du schon Pläne für heute?“ Vielleicht konnten sie ja etwas zu dritt unternehmen und Shiori damit die Möglichkeit geben, auch ihre Oma aus der Zukunft in jüngerem Alter kennenzulernen? Und Yuuki selbst war stets dankbar für jede Möglichkeit, um Zeit mit der Blondine zu verbringen. Von daher wäre das eine Win-Win Situation!
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