Ortsname: Café „Taurus“ Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Auf den ruhigeren Straßen von Maldina Town findet sich ein kleines Café, das man leicht übersehen kann, da es nicht so auffällig gestaltet ist wie die touristenorientierten Geschäfte, die diese Stadt dominieren. Bei Café Taurus handelt es sich um einen Geheimtipp für Anwohner der Stadt, die gerne eine köstliche Tasse Kaffee oder eine gute Tasse Tee trinken möchten und dafür nicht die teuren Preise bezahlen wollen, die überall sonst üblich sind. Die Besitzer des Ladens, Alina und Ezekiel, sind ein liebenswertes Pärchen und geborene Maldiner, die sich offen um all ihre Kunden kümmern.
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No statue would defy me
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Maxwell Schwarzer Geist
Anmeldedatum : 20.12.22 Anzahl der Beiträge : 454 Alter : 32
In seiner Zeit als verdeckter Ermittler in all den dunklen Gilden, die er zu Fall brachte, hatte er noch nie eine solch skurrile Gestalt getroffen wie diesen Reek. Dabei tummelten sich insbesondere in den dunklen Gilden echt seltsame Gestalten, doch diese Zusammenstellung aus Trottel, Kakerlake, Taube und riesiger Ratte schlug doch echt alles. Um die Gäste im Lokal nicht länger von ihrem Mahl abzuhalten und den Fokus der Bediensteten auf das Problem des Auftrages zu lenken, empfahl der Soldat dem seltsamen Kerl, seine Ratte draußen zu schicken. Es war für alle das Beste, wenn Bob nicht Teil dieser Unterredung war, selbst wenn die Ratte niemandem etwas tat. Reek gab der Ratte einen Befehl und streichelte dessen Kopf, doch zuvor hatte er noch eine Unterredung mit der Kakerlake auf seiner Schulter getätigt. An was für einen Spinner war der ehemalige Runenritter hier nur geraten?
Die Ratte verließ das Café und der seltsame Kerl wandte sich nunmehr dem Soldaten zu, um sich noch einmal akkurat vorzustellen. Dazu verneigte er sich übertrieben tief und die blutroten Augen des Liberty Phoenix Magiers konnten nicht anders, als überrascht zu blinzeln. „Die Freude ist ganz...meinerseits“, erwiderte der Davis mit einem Nicken und wurde dann mit einer Empfehlung hinsichtlich der riesigen Ratte konfrontiert. Er sollte doch seine Haltung gegenüber Bob überdenken, da dieser über gute Manieren verfügte und ein super Gast war. Daran zweifelte der Soldat tatsächlich nicht, aber die meisten gewöhnlichen Menschen waren mit Vorurteilen und gewissen kulturellen Abneigungen aufgewachsen und da zählten Ratten nun einmal mit hinein. „Ich habe nicht eine Sekunde an deinem Begleiter gezweifelt, Reek“, stellte Maxwell also klar. „Aber den Gästen schien es unangenehm, daher schien mir ein Warten vor der Tür eine sinnvolle Lösung für diese angespannte Situation“, fügte er also diplomatisch an.
Am liebsten würde der Soldat sofort wieder abreisen, aber Auftrag war Auftrag und das Geld schadete nicht. Seit er bei Royal Crusade eingeschleust war, war es nicht gerade einfach sich über Wasser zu halten. Mittlerweile schien sich auch die Bedienung gefasst zu haben und stellte sich noch etwas unsicher vor, nicht aber ohne sich für ihre Reaktion zu entschuldigen. „Ist schon in Ordnung“, besänftige Maxwell die junge Frau und ließ sich daraufhin erläutern, was hier eigentlich das genaue Problem war. Der Lieferant war also immer zuverlässig, meldete sich nun aber überhaupt nicht mehr. Das klang nicht gut, wie Maxwell fand, denn so etwas deutete immer auf einen Überfall durch Banditen oder ähnlichem hin. „Macht Euch keine So….“, wollte der Davis sie gerade beruhigen, als er sah, wie Reek sich die Handflächen rieb und dabei ein vorfreudiges Grinsen auf den Lippen trug. „Das ist nicht der richtige Augenbl…“, wollte Maxwell ihm hinsichtlich seiner Reaktion mitteilen, doch dann fuhr ihm der Kerl über den Mund.
Völlig baff und überrascht stand der Soldat nun da, die Kinnlade etwas offen und fassungslos blinzelnd. Alina tat es ihm in diesem Augenblick völlig gleich. Die fassungslosen Blicke von Alina und Maxwell trafen sich, doch es wurden keine Worte mehr gesprochen. Sämtliche Kommunikation fand über den Augenkontakt statt, der besagte, dass Maxwell bitte den Tag retten sollte, denn Alina schien Reek nicht gerade ihr vollstes Vertrauen in dieser Angelegenheit zuzusprechen. Maxwell sah zu Reek und räusperte sich. „Ja. Natürlich“, stimmte er dann also zu und schenkte der Bedienung noch kurz ein Lächeln, ehe er das Café verließ, um sich um den Auftrag zu kümmern. Je schneller das erledigt war, desto schneller war er diesen seltsamen Topfschnitt wieder los. Zuvor hatten sich die Magier noch die notwendigen Informationen zum Lieferanten geben lassen.
Vor dem Café schüttelte Maxwell leicht den Kopf. „Was ist hier nur los…“, murmelte er leise und er verstand gar nicht, wo er hier hinein geraten war. Dann blickte er zu Reek. „Wir müssen nach Crocus Town, Reek“, stellte der Soldat nüchtern fest. Crocus Town? Dort hatte er viele Jahre gelebt und er war ein Mitglied der dort ansässigen Rune Knights gewesen und würde es im Herzen auch immer bleiben. Maxwell war kein dunkler Magier, sondern lediglich ein aufopferungsvoller Mann, der zu Royal Crusade ging, um dort eine Frau aus den Fängen der Dunkelheit zu befreien. „Übrigens. Du kannst mich auch duzen. Wenn du mich siezt, fühle ich mich alt.“
Vor lauter Vorfreude bekam Reek gar nicht mit, dass er Maxwell mehrfach ins Wort fiel als dieser sich an die Besitzerin des Ladens wenden wollte. Das Magierdasein war aber auch aufregend! An jeder Ecke konnte man irgendwelchen Leuten helfen. Wie würde das erst sein, wenn er sein Ziel erreicht hatte und bei den Runenrittern war? Dort konnte er mit einem Schlag wahrscheinlich dutzenden Lebewesen helfen! Maxwells Tatendrang schien ähnlich hoch zu sein, denn kaum hatte Reek seine kleine Ankündigung beendet, verließ der Magier auch schon das Café. Ein toller Mann! Reek wollte keineswegs hinter ihn zurückfallen, weshalb er sich wieder tief verbeugte, um sich zu verabschieden und sich bereits rückwärts in Richtung der Tür bewegte, bevor er sich wieder aufgerichtet hatte. Jetzt ging es richtig los!
Vor der Tür wartete neben Maxwell, natürlich auch Bob auf ihn, der ihn gleich freudig begrüßte. „Gute Arbeit, Bob. Hier scheint immer noch alles ruhig zu sein!“ Reek hatte zwar nichts anderes erwartet, denn immerhin befanden sie sich mitten in einer Stadt, aber er wollte Bob trotzdem nicht das Gefühl geben, dass er einfach abgeschoben wurden. „Du hast nicht viel verpasst. Die Besitzerin hat nichts von ihren Kaffeelieferungen gehört und wir sollen der Sache auf den Grund gehen.“ Motiviert sprang Bob auf der Stelle einige Zentimeter in die Luft. Offensichtlich hatte er sich von Reeks Vorfreude bereits anstecken lassen. „Keine Sorge. Du kannst noch früh genug zeigen, was wir gelernt haben!“ Maxwell kam dann auch schon direkt zur Sache und Reek nickte energisch. Crocus Town war seine Heimat und der Gedanke, dass sich dort möglicherweise ein Verbrechen abspielte, machte ihn ganz ungehalten. „Da hast du, Maxwell von Liberty Phoenix, recht!“ Reek hatte seine Bitte natürlich direkt in die Tat umgesetzt und blinzelte Maxwell wissend zu. Er wollte nicht, dass sich irgendjemand aufgrund seiner Wortwahl schlecht fühlte. „Crocus Town ist meine Heimat und am schnellsten erreichen wir die Stadt wohl per Zug! Vielleicht hat sich die Ungerechtigkeit dort sogar schon geklärt, denn Crocus ist die Heimat der Rune Knights, weißt du? Sie sorgen in ganz Fiore für Recht und Ordnung!“ Seine Augen begannen ein wenig zu Glitzern, denn immerhin waren die Runenritter sein großes Ziel und seine Vorbilder. Heute würde er vielleicht ein kleines Stück der Arbeit leisten können, der auch sie nachgingen.
Bevor sie sich in Richtung Bahnhof machen konnten, musste noch das letzte Mitglied im Bund informiert werden, denn der weite Flug nach Crocus Town, war etwas zu viel für Gurr. Wahrscheinlich hatte sie das weitere Vorgehen schon mitbekommen, denn in der Regel hielt sie sich nicht weit entfernt auf, auch wenn Reek sie nicht immer sah. Also legte er die Hände an seinen Mund und rief laut, um die Aufmerksamkeit der Taube zu gewinnen. „GURR?! BIST DU DA? WIR MÜSSEN LOS!“ Er entfernte seine Hände vom Mund und legte sie an seine Ohren, um eine Antwort abzuwarten. Die Antwort folgte auf dem Fuße in Form eines Gurrens, auf das ein lauter Knall folgte. Einige Momente später schlug die Taube – die offensichtlich gegen ein Fenster des Cafés geknallt war – neben der Truppe auf den Boden. „Gurr!“ Was für außenstehende sicherlich sonderbar wirkte, war für Reek völlig normal, denn selten schaffte Gurr es, einfach irgendwo sicher zu landen. So ging Reek zu der gerupften Taube, nahm sie auf den Arm und wandte sich dann wieder an Maxwell. „Ich wäre dann so weit. Auf zum Bahnhof!“ Dann hüpfte Reek von einem Bein auf das andere und wanderte so mit seinen langen Stelzen die Straße herunter, um sich auf den Weg nach Crocus Town zu machen.
Der Davis war seit vielen Jahren im Geschäft der Magier unterwegs und hatte insbesondere bei den Rune Knights viel erlebt, doch eine solche Granate hatte er bisher noch nie getroffen. Reginald Eklund war definitiv ein Charakter völlig für sich, so viel lag bereits auf der Hand, doch damit nicht genug. Seine Ansammlung an tierischen Begleitern war nicht minder seltsam, weswegen der Soldat es schlichtweg nicht fassen konnte, wie er hier hinein geraten konnte. Und als wenn eine Riesenratte im Café nicht schon genug, spielte sich dieser Typ auch noch so auf, als wäre er ein Superheld, dabei wirkte er eher so, als könnte er nicht einmal einen Sack Reis umstoßen. Für einen gebrandmarkten und erfahrenen Soldaten wie Maxwell war es einfach nur schwer, sich auf eine Gesellschaft in Form von Reek und Co. KG einzustellen.
Dennoch benötigte er das Geld vom Auftrag, um über die Runden zu kommen und seine Ziele vorzubereiten, weswegen er diese seltsamen Tatsachen einfach auszublenden versuchte. Von Erfolg war das jedoch nicht gekrönt, denn außerhalb des Cafés ging es natürlich direkt weiter mit den Kuriositäten. Das Gespräch zwischen der Riesenratte und Reek musste er einfach mit anhören, denn diese Situation war wie ein Unfall. Man war keineswegs daran interessiert, aber man musste einfach zusehen, so zumindest würde Maxwell diese Situation beschreiben. Auf jeden Fall war es nun an dem Soldaten den Ton anzuschlagen, was Reek mit einer seltsamen Zustimmung abnickte. „Ja…vielen Dank…Reek…äh…von Fairy Tail“, entgegnete er blinzelnd, ein wenig baff über diese Anrede. Er wollte nicht gesiezt werden, aber die Gilde musste nun wirklich nicht wie ein Titel verwendet werden.
Es überkam Reek und er musste unbedingt die Rune Knights zur Sprache bringen, die unter Umständen die Angelegenheit schon geregelt haben könnten. Der Magier von Liberty Phoenix lauschte den Worten des Enthusiasten und schmunzelte kurz, schließlich wusste der Davis weit mehr über die Rune Knights als dieser Reek, doch das ließ er natürlich nicht heraushängen. Vielleicht verriet er ihm diese Information, wenn sich ihre Wege wieder trennten, denn er wollte keinen Auftrag lang über darüber sprechen, wieso er nicht mehr bei dieser heroischen Supergilde war. „Vielleicht hast du recht. Wir reisen dennoch nach Crocus und schauen einfach mal nach“, nickte der Soldat also und entschied sich dazu, den Auftrag einfach locker zu nehmen.
Bevor sie jedoch zum Bahnhof eilen konnten, musste Reek offenbar noch den letzten Teilnehmer dieser verrückten Gruppe zusammentrommeln und brüllte durch die halbe Stadt, was jedoch prompt mit einer Antwort belohnt wurde. Maxwell staunte nicht schlecht, als die Taube tatsächlich auftauchte, doch dann wurde es wieder eigenartig. Gurr krachte gegen die Scheibe des Cafés und blieb am Boden liegen, bis sie von Reek aufgelesen wurde, den es überhaupt nicht wunderte. „Eh…ja…gehen wir“, blinzelte der Soldat fassungslos und marschierte los. Noch hatte Maldina ja keinen eigenen Bahnhof, also mussten sie bis zum Wiesenbahnhof spazieren, was locker zwei Stunden dauern sollte. Unterwegs konnte Maxwell einfach nicht anders als nachzuhaken. „Geht es deiner Taube gut?“, fragte er also und erkundigte sich um Gurrs Wohlergehen.
Nachdem sie den Weg zum Wiesenbahnhof überbrückt hatten, stellte Maxwell wieder einmal fest, wie sporadisch dieser eingerichtet wart. Ein kleines Häuschen, ein Gleis und eine Fahrplanhalterung. Bis der Zug nach Crocus Town kam, mussten sie hier noch eine halbe Stunde ausharren, also versenkte Maxwell seine Hände in den Hosentaschen und wartete gemütlich vor sich her. An einem Gespräch war er gar nicht so interessiert, denn Reek zu beobachten reichte bereits aus, um unterhalten zu werden.
Asher konnte also nicht kochen und hatte schlechte Erinnerungen mit Nudeln? Die Verwirrung war Mary wohl deutlich im Gesicht abzulesen, als die beiden gemeinsam auf die sonnendurchfluteten Straßen des malerischen Maldinas hinaustraten, denn ihre Begleitung erläuterte sofort. Sie selbst war froh, einfach einen Moment zuhören zu können und tat dies auch mit aufmerksamen Blick, der zwischen den gepflasterten Straßen und dem Gesicht Ashers wechselte. Von Unfällen in Küchen verstand Mary durchaus etwas - sie war immerhin als Tochter einer Gasthausbetreiberin aufgewachsen und hatte mehr als einmal in ihrem Leben Kartoffeln geschält, Wasser aufgesetzt und Soßen umgerührt. Dabei kam es schon einmal zu allen möglichen kleinen Malheurs, allem voran natürlich im Umgang mit Messern. Bei Asher schien es aber weniger um so etwas zu gehen - vielleicht war ihm ja das Nudelwasser übergegangen? Das konnte beim Stärkegehalt des Essens schonmal passieren. Und wenn die Küche nicht die Seinige war, dann mochte das am Ende peinlich werden. Kam aber auf den Koch an, denn Stärkeflecken bekam man ja mit den richtigen Hausmitteln ganz gut weg ...
Statt aber nun ihre Hausfrauentipps mit Asher zu teilen, legte Mary hinter dem Rücken die Hände ineinander und streckte das Näschen in die Sonne, als könnte sie die heute großzügig gespendeten Strahlen nicht nur angenehm warm auf ihrem Gesicht spüren, sondern auch ihren Duft wahrnehmen. Auf den Straßen wimmelte es von Menschen. Straßenkünstler standen mit ihren Leinwänden an den Ecken, Pärchen hielten Händchen, während sie über die Brücken der Stadt schlenderten und Familien hielten sich rund um den Vorplatz auf oder hielten ihre Kinder davon ab, sich an den Schaufenstern der vielen kleinen Geschäfte die Nasen plattzudrücken. Es schien zuerst, als wollte sie gar nicht wirklich auf die Fragen ihrer Begleitung antworten, dann hörte man sie aber doch mit sanfter Stimme sprechen - offenbar überlegte sich Mary nur gerne, was sie sagte und genoss nebenbei die Natur in ihrer reinsten Form. Ob das etwas mit ihrer Lichtmagie zu tun hatte, dass ihr Sonnenlicht so sehr gefiehl? "Ich mag hausgemachtes Essen, bei dem einem warm ums Herz wird. Hey, wenn du magst, dann koche ich demnächst einmal für dich. Das muss doch ganz schön ins Geld gehen, wenn du dauernd essen gehen musst." Und gerade Maldina war als Stadt des Tourismus mit vielen schönen Plätzchen nicht gerade günstig, wenn man nicht wusste, wo man hingehen musste (Mary wusste es zum Beispiel nicht). Das klang jetzt vielleicht, als wollte Mary hier direkt das zweite Date sicherstellen, aber tatsächlich hatte sie gar keine derartigen Ambitionen - sie wollte einfach nur freundlich sein und einer neuen Bekanntschaft aushelfen. Sie selbst kam nicht gerade aus einer reichen Familie und wenn sie jeden Tag irgendwo Essen kaufen müsste, weil sie nicht kochen könnte, würde sie wahnsinnig werden. Das mit der Kleidung verstand sie zwar auch nicht direkt, doch das mochte auch daher rühren, dass die meisten ihrer modischen Stücke gefühlt aus dem letzten Jahrhundert stammten. Sie passte eben auf die Dinge auf, die sie besaß und ging sorgfältig damit um, dann ging auch nichts kaputt ...
Die beiden durchquerten die Straßen und gelangten in eines der ruhigeren Seitenviertel Maldinas, wo sich der Touristensturm in Grenzen hielt und die Schaufenster nicht mehr ganz so bunt und kreischend waren. Hier befanden sich hauptsächlich Wohnhäuser und kleinere Restaurants, doch die meisten davon würden erst in den Abendstunden öffnen. Ein kleines Café, das mit einer Kreidetafel warme Mittagsküche anpries, erweckte Marys Aufmerksamkeit. Taurus ... wie einer der goldenen Stellargeister, von denen sie einmal gelesen hatte! "Wollen wir vielleicht dorthin?" Draußen war noch jede Menge Platz. Neben ihnen saß nur eine junge Dame mit einem Buch in der Hand und ein älteres Pärchen draußen, um die Sonne zu genießen. Die Kreidetafel pries zwar keine direkten Nudelgerichte an, dafür jedoch lecker klingende Salate und Sandwiches zu einem erschwinglichem Preis. "Oh, sie haben Limonade ..." Vor Kurzem war Mary in den Genuss dieses Getränkes gekommen, als sie in der Nähe von Ardea Olivenhaine abgeerntet hatten - Zuhause hatte es soetwas nicht gegeben. Süße Getränke hatten dort aus Fruchtsäften bestanden, nicht aber aus prickelnder Limonade mit Eiswürfeln und Zitrusfrüchten ... Mary bemerkte kaum, wie sie auf die Kreidetafel starrte und ihr bereits das Wasser im Mund zusammenlief. Der Magen der Jugendlichen, der heute wegen der ganzen seltsamen Situationen noch nicht gefüttert worden war, riss daher das Ruder an sich und knurrte laut.
6 Chris hatte vor sich hin erzählt, in der Hoffnung, dass es Mary vielleicht beruhigen würde, wenn er von seinen Unfällen erzählte. Er verzichtete darauf, genauer in die Details zu gehen, zum Beispiel darauf, wie Elion ihn an die Wand gedrückte hatte und ihn vermutlich erwürgt hätte, wenn der Koch nicht wieder gekommen wäre. Der Teenager rieb sich nur abwesend den Hals. Man hätte meinen können, dass er nach dem Vorfall seine Klappe gehalten hatte, was den Elben betraf … aber das war nicht wirklich etwas, das zu ihm passte. Hier war allerdings kein rosafarbener Typ mit Aggressionsproblemen, sondern Mary, mit der er die Straße hinablief. Die warme Sonne im Gesicht genoss Chris das Treiben um sich herum. Aloe Town war hübsch gewesen, aber hier war es weniger heiß und unter Tags mehr los. Außerdem gab es mehr Künstler und auffällige Gestalten, etwas, mit dem er sich auch wohler fühlte. Er vermisste seine alten Klamotten wirklich. Vor allem als er von seinem Bruder welche borgen hatte können, hatte er gerne alles mögliche gemixt. Gefallen hatte es natürlich nicht jedem, aber er hatte es gemocht. Zu tun, als wäre man tot, war wirklich beschissen … besser man verbrachte nicht zu viel Zeit damit, darüber nachzudenken. Chris ließ sich schnell ablenken und hatte seine eigenen Fragen fast schon wieder vergessen, als er einem kleinen Hund hinterher sah, als Mary ihm doch noch antwortete. Er zuckte leicht die Schultern. „Meine Mutter war nicht so …“, er unterbrach sich. Chris‘ Mutter war nicht so gewesen. Aber Ash’s … „Äh, ich bin ein Stück von daheim weg, zur Schule gegangen. Da war das nicht so mit hausgemacht, eher Kantinenessen.“ Dann hellte seine Miene sich auf. „Du kochst gern? Also du musst echt nicht, aber dass wäre ja cool!“ Dass es als zweites Date gesehen werden könnte, daran dachte er gar nicht erst. Chris hatte nur das Essen im Kopf, dass ihm da angeboten wurde.
Mary deutete auf ein Restaurant und Chris hob die Augenbrauen anerkennend. „Oh ja, das sieht gut aus.“ Die beiden steuerten darauf zu und suchten sich draußen einen Platz. Chris setzte sich auf einem kleinen Tisch der Blonden gegenüber und beugte sich vor, um auf auf die Tafel gucken zu können. „Ah Mist“, murmelte er, als ihm die Haare ins Gesicht fielen und er sie zurückstrich. Er mochte das rot schon, auch wenn es noch immer komisch war, wie kurz sie in dieser Form waren. Immerhin wuchsen sie nicht wie seine eigentlichen Haare, die er sich selbst schnitt, wenn er nicht Temu darum bitten konnte. Er grinste, als Mary die Limonade entdeckte und daran förmlich festzuhängen schien, bis selbst ihr Magen knurrte. Chris schnipste vor ihrem Gesicht mit den Fingern. „Hey hey? Du musst die schon bestellen, wenn du sie haben willst. Oder kannst du sie herzaubern?“ Zugegeben, er meinte die letzte Frage ein Stück weit ernst. Es gab immerhin allerlei Magie. Er drehte die Tafel halb herum und überflog das Angebot. „Also, wie viel Hunger hast du?“ Chris selbst hatte schon recht Hunger. Er deutete auf eines der Gerichte, Salat mit Hühnerbruststreifen: „Ich nehm mir das da … und diesen alkoholfreien Cocktail. Was willst du?“
Nein, Mary Baumgardner war kein Limonadenmagier, auch wenn sie eine besondere Vorliebe für das süße Erfrischungsgetränk besaß. Die junge Satyr war Lichtmagierin aus vollster Überzeugung, obwohl sie sich manchmal wünschte, dass diese Magie in ihr einen spannenden Ursprung gefunden hätte. Das Zauberbuch für Lichtmagie war nun eben das Einzige gewesen, was ihre Eltern hatten auftreiben können, als ihre Tochter den schockierenden Wunsch geäußert hatte, Magie erlernen zu wollen. Nichtsdestotrotz hatte die Bemühung ihrer Familie ihr diese Sehnsucht zu erfüllen in Dankbarkeit und Freude von Mary resultiert und bald hatte sich gezeigt, dass die Baumgardner eine besondere Begabung für Magie besaß, die so wie Lichtmagie vom Herzen kam. Zumindest glaubte sie das, aufgrund der angenehmen Wärme, die sie beim Wirken eines Zaubers durchströmte. Allerdings hatte Mary dahingehend auch nicht viele Vergleichswerte ... Immerhin war Lichtmagie nicht nur die Magie ihres Herzens, sondern auch der einzige Magieausleger, den sie beherrschte.
All diese Gedanken tanzten durch Marys Kopf, während sie überlegte, was sie bestellen könnte. Dass Asher dabei die ganze Zeit mit ihr sprach quittierte sie mit einem Nicken, zuckte beim Schnippsen aber dennoch kurz in den Schildkrötenmodus zurück. Zwar lagen ihre Gedanken gerade vor allem beim Essen, aber sie hörte durchaus zu, alleine schon ob der Nervosität mit jemandem essen zu gehen. Dass dieser Jemand ein junger Mann war und ihre Großmutter vermutlich ohnmächtig geworden wäre, wenn sie davon erfahren hätte, unterstrich dieses Gefühl nur zusätzlich. Aber auch ganz generell gesehen war Mary einfach noch nicht oft mit jemandem ausgegangen, immerhin führe ihre Mutter eine Gaststube ... Nicht nur gab es dort, wo sie herkam nicht sonderlich viele Restaurants, wenn man jeden Tag in einem solchen verbrachte, wollte man nicht auch noch zum Abendessen dorthin gehen. Solche Ausflüge waren eher etwas für Feiertage und Geburtstage, wichtige Ereignisse eben. Hier, im modernen Maldina, schien man aber einfach so in solche Etablissements zu spazieren, wenn einem danach war. Asher hatte ja bereits durchblicken lassen, dass er kaum selbst den Kochlöffel schwang, entsprechend lag er sicher am Puls der Zeit. Mary kam sich ein wenig altmodisch vor, deshalb runzelte sie auch die Stirn und betrachtete angestrengt die Tafel, als Asher von Cocktails sprach. "Ich nehme so ein belegtes Brot und ... auch einen Cocktail!"
Die Baumgardner würde nicht so weit gehen, Alkohol zu konsumieren, aber sie war durchaus bereit, ihren kulinarischen Horizont zu erweitern. Gerade, als sie diese Auswahl mit überraschender Entschlossenheit verkündet hatte, wenn auch noch etwas quietschig ob der Aufregung, die in ihr vibrierte, kam die Bedienung des Cafés an und fragte mit freundlicher, fröhlicher Stimme nach ihren Wünschen. Mary wiederholte ihre Bestellung und wartete, bis auch Asher seine Vorlieben geäußert hatte. Erst, als die Bedienung sich mit einem "Kommt gleich, ihr Täubchen!", verabschiedete, wandte sich Mary wieder ihrer Begleitung zu. Noch immer kam es ihr etwas seltsam vor, wie schnell und unkompliziert sie scheinbar nur aufgrund eines dummen Unfalls Freundschaft geschlossen haben sollte, aber das schien hier bei Satyrs Cornucopia wohl irgendwie ein Trend zu sein. Vielleicht machte man das in großen Städten einfach so? Und es hieß, die Dörfler wären vertrauenselig ... "Du hast erwähnt, dass deine Heimat und deine Schule weit entfernt waren? Woher kommst du denn?" In jedem Fall wollte Mary mehr über ihren neuen Freund erfahren ... Und was war da ein besserer und unverfänglicherer Gesprächspunkt als die Herkunft? Sie selbst war ja auch besonders stolz auf ihre Heimat ...
7 Die Bedienung kam heran und Chris lehnte sich zurück. Sein Magen knurrte hungrig, als er seine Bestellung wiederholte und auch Mary erklärte, was sie gerne essen würde. „Gute Wahl.“ Er grinste sie an. Bevor er aber fortfahren konnte, verabschiedete sich die Bedienung. Chris sah ihr mit gerunzelter Stirn hinterher. Ihn und Temu hatte man noch nie Täubchen genannt. Er war nicht so dämlich, um nicht zu verstehen, was sie Frau meinte, aber es störte ihn dennoch. Chris sah zu Mary zurück. Sie konnte nichts dafür, dass die Welt war, wie sie war. Unfair und dass keiner zwei Jungen, von denen einer Gefühle hatte, Täubchen nennen würde, aber viele einen Jungen und ein Mädchen, die nur essen waren. „Sorry“, murmelte er und schüttelte leicht den Kopf, um sich aus den Gedanken zu lösen. Chris überschlug die Beine und kam rasch zu dem zurück, von dem er zuvor gesprochen hatte. „Cocktails sind wirklich gut, da gibt es einiges an Geschmacksauswahl. Und einige auch ohne Alkohol, wie den hier.“ Er deutete mit dem Kinn in Richtung Restauranttüre. „Alkohol ist nicht so meines, ich mag meinen Kopf ohne mehr.“ Nicht, dass er ohne mehr oder weniger Chaos darin hatte. Wobei dass das falsche Wort war. Manchmal kamen chaotische Worte aus seinem Mund, nicht überdacht, aber in seinem Kopf war alles in kleine Kästchen sortiert. Aber er mochte es dennoch nicht, betrunken zu sein. Das machte ihn immer emotional und er hasste es zu weinen. So weit ins Detail ging er aber nicht. „Oh äh, vom Norden. Zumindest lebt meine Mutter dort. Aber wie gesagt, ich war im Internat weiter im Süden.“ Auch hier zwang er sich, nicht zu genau zu werden. Chris Vergangenheit war nicht Ashs, auch wenn es Chris zu schwergefallen war, sich von den Grunddaten zu trennen. Die Schule, oder Schulen, denn von einer war er nach einer gewissen Eisbär-Aktion geflogen, waren ein großer Teil in seinem Leben, der ihn ausmachte. Einen, den er nicht aufgeben wollte. „Wo bist du her? Du wirkst nicht wie von der Gegend hier, oder von der Stadt“, gab er statt weiter über sich zu reden die Frage zurück. Während des Gesprächs wurde ihr Trinken gebracht und Chris schnüffelte am Cocktail, ehe er probierte. „Mhm, der ist nice. Den muss ich Temu mal zeigen.“ Er grinste und richtete den Blick dann auf Mary zurück, um deren Antwort abzuwarten.
Ja, die Welt hatte schon seltsame Ansichten. Natürlich bedeutete ein Ausflug zwischen zwei gleichaltrigen Individuen unterschiedlicher Geschlechter augenblicklich eine Verabredung romantischer Natur! Der Eindruck wurde durch Marys Nervosität und Ashers Lächeln gewiss noch verstärkt, denn wieso sonst sollten sich die beiden anlächeln und miteinander quatschen, als aus offensichtlich niederen Motiven? Auch Marys Urgroßmutter hätte da einen schnellen Trugschluss gezogen und war maßgeblich daran beteiligt, dass es der Baumgardner gerade ähnlich ging wie der Kellnerin und sie nicht so recht wusste, was das hier gerade war. Ein Teil von ihr wollte einfach die Freundlichkeit ihres Gegenübers genießen und versuchte nicht auf die mahnenden großmütterlichen Stimmen in ihrem Hinterkopf zu hören, die andere fragte immer wieder mit fieser Fistelstimme, ob sie gerade etwa ihr erstes Date hatte.
Vermutlich war es ihr da nicht ganz zu Lasten zu legen, dass sie auf sichere Gesprächsthemen wie die Heimat auswich, die ihr ganz persönlich sehr wichtig waren. Sicher war die Herkunft nicht für alle Menschen ein angenehmes Thema und man konnte sich damit schnell in die Nesseln setzen, aber im Augenblick schien sie damit ja Erfolg zu haben. Es erleichterte die Lichtmagierin auch ungemein, dass Asher kein großer Freund von Alkohol war, denn obwohl die Baumgardner als Kind durchaus einmal am Bier ihres Vaters hatte nippen dürfen, war sie noch nie betrunken gewesen und kannte viele Alkoholika nicht. Sie wusste nur - übrigens ein wenig wie ihre Urgroßmutter sie vor Männern gewarnt hatte - dass zu viel schlecht war und dass man Vorsicht walten lassen musste, wenn man trinken wollte. Abgesehen davon würde sie solche Experimente sowieso nicht am hellichten Tag machen ... Äh, ja. Mary hatte sich ein wenig an Ashers hübschem, ausdruckskräftigem Gesicht und seinen vor Begeisterung funkelnden Augen festgestarrt, ohne zu bemerken, dass ihr neuer Freund allerlei Informationen vorenthielt und sich mit beeindruckendem Geschick durch seine Aussagen manövrierte. Er kam also aus dem Norden und hatte ein Internat besucht. Das waren, soweit Mary wusste, größere Schulen, in denen man wohnte. Sie selbst hatte eine Dorfschule nahe Ardea besucht, wo sie maximal zehn Schüler in der Klasse gewesen waren und sie neben den üblichen Fächern Blumen gepresst und Tannenzapfenmännchen gebaut haben, also konnte man da nicht gerade von prestigeträchtiger Ausbildung sprechen ... "Meine Eltern haben einen Gasthof in der Nähe von Ardea, an der Landstraße.", erklärte Mary bereitwillig auf die Frage hin, wo denn sie ihre Heimat sah. "Dort ist es sehr ruhig und friedlich. Wenn du einmal für eine Quest in der Gegend bist, sag einfach, dass du ein Freund von Mary Baumgardner bist, dann bekommst du leckeres Abendessen." Ungeachtet dessen, dass mit einem solchen Kontakt vermutlich nicht zu prahlen war, wurde Mary plötzlich rot auf den Wangen, denn sie hatte Asher recht dreist als Freund bezeichnet. Diese Tatsache fiel ihr aber erst auf, als zum Glück schon ihre Getränke kamen, so dass sich die Baumgardner einen Moment hinter Cocktailschirmchen und zuckrigem Mischgetränk verstecken konnte. Da sie aber nicht dreihundert Schlücke auf einmal trinken konnte, räusperte sie sich danach und griff nach einer Serviette, um sich peinlich berührt das rötliche Getränk vom Mund zu tupfen. "Lecker, ja! Haha! Temu ... ist das auch ein Mitglied der Gilde?" Ablenken, einfach ablenken ...
8 Chris war so im Erzählen, dass er nicht genau darauf achtete, wie Mary ihn ansah. Er verstand es als Interesse an dem, was er erzählte – oder dass sie sich einfach von dem ablenkte, was sie etwas verunsicherte. Das er dieses etwas war … das hatte er nicht auf dem Schirm. Auch wenn ihn der Kommentar der Kellnerin auf den Trichter eines Dates gebracht hatte, lag es ihm zu fern, mit Mary auf ein Date zu gehen, als dass er daran denken würde. Das lag auch nicht an ihr oder etwas, dass sie falsch gemacht hatte, sondern daran, dass er noch nie so ein Interesse für eine junge Frau gehabt hatte. Und an seinem eigenen Gefühlschaos. Als er aber endete und sie ihn noch immer ansah, runzelte er die Stirn. Es mochte ja für ihn klar sein … aber für Mary? Chris rieb sich mit dem Handrücken über die Stirn. Oh man. Er wollte echt nicht, dass sie Hoffnungen auf irgendetwas hatte, aber zugleich wusste er nicht recht, was er dagegen sagen sollte. Ansprechen war sonst etwas, dass ihm recht einfach viel, aber es mag Themen, da steckten die Worte wie halb verschluckte Käsefäden in seiner Kehle fest. Zum Glück ging sie auf seine Fragen ein und stoppte ihn, bevor er weiter darüber nachdenken konnte. „Oh, das klingt hübsch. In Ardea war ich noch nie, aber vielleicht schau ich da mal vorbei.“ Mit vor Freude funkelnden Augen nickte er. Ein leckerer Abendessen klang nach etwas, auf das man hinarbeiten konnte! Er musste sich echt eine Quest suchen, die dort in der Nähe war und mal vorbeischauen. „Das mach ich, wenn du mal Lust hast, können wir uns gemeinsam eine suchen und du zeigst mir Ardea ein wenig?“, schlug er vor und erst als die Worte schon draußen waren, viel ihm wieder seine Sorge von vorhin gerade ein. Mist. Chris spann zu gerne Kontakte und suchte nach Zeit mit anderen, als dass er das einfach aus seinen Fragen und Vorschlägen streichen konnte. „Ist Mary eigentlich dein voller Name oder ein Spitzname?“, erkundigte er sich rasch, um nicht zu lange dabei zu verharren.
Ihre Getränke kamen und Chris schnappte sich seinen Cocktail und kostete. Auch Mary schien mit ihrem Getränk zufrieden, schien aber weiterhin etwas peinlich berührt, weshalb er darauf verzichtete zu fragen, ob er mal kosten durfte. Es viel ihm schwer, sich zurückzuhalten, aber er hatte das Gefühl, dass Mary sonst so rot werden würde wie er gerade, als sie Temu ansprach. Chris gelang es zum Glück recht flott, seine Miene wieder unter Kontrolle zu bekommen, von dem freudigem Leuchten in seinem Gesicht abgesehen, als er nickte. Als er Temu getroffen hatte, war der noch gildenlos gewesen und Chris Teil einer mörderischen Gilde, ohne davon auch nur Bescheid zu wissen. Und jetzt waren sie beide hier, wo sie hingehörten: Zu den Künstlern. „Ja, ist er. Er ist Musiker und Gestaltwandler, wie ich.“ Auch wenn es bei Temu etwas anders funktionierte als bei ihm. Und etwas freiwilliger, denn Temu hatte den Skinwalker Teil zum Großteil unter Kontrolle. Chris mochte ihn aber in allen Formen und auch umgekehrt war sein bester Freund der einzige, bei dem er sich als Nachtmahr mittlerweile wohl fühlte. „Temu ist mein bester Freund dort, er wohnt schon etwas länger hier. Aber ich glaube, das Restaurant kennt er noch nicht.“
So langsam musste sich doch einmal irgendeiner der ganzen Götter, die am laufenden Band Halbgötter produzierten und Slayer trainierten erbarmen, oder nicht? Der Strohhalm ihres Cocktails übernahm diese Funktion nicht allein gegenständlich, sondern war auch weiterhin metaphorisch das, woran sich die Baumgardner inmitten dieses gewaltigen Missverständnisses klammerte. Um ihre Reaktionen zu deuten, musste man nämlich verstehen, dass Mary a) noch nie mit einem jungen Mann ausgegangen war und b) sich auch noch nicht vorgestellt hatte, dies zu tun. Nicht etwa, weil ihr Herz für andere Personen pochte, so wie es bei Asher zu vermuten war, sondern weil sie sich bisher eher für eine Kartoffel auf Beinen gehalten hatte. Nicht hässlich, aber eben auch nicht ... für derlei Dinge in Betracht zu ziehen. Da gab es ja wohl eine atemberaubende Auswahl in der Gilde, wieso sollte jemand wie Asher also ein Landei wie sie ausführen? Und doch waren sie nun hier, die Täubchen, und bekamen ihre Speisen mit einem unterstützendem Grinsen der Kellnerin, die wahrscheinlich insgeheim schon die Einladungen für das Verlobungsdinner hier im Café anfertigte.
Gut, ganz so schlimm mochte es nicht sein, aber Mary fühlte sich nach wie vor wie ein Kaninchen vor der Schlange, bloß hatte so ein Fellknäuel wenigstens eine recht stichhaltige Ahnung, was mit ihm passierte. Hier war sie eher beim Freischwimmen, weswegen sie sich recht panisch an allen Fetzen Konversation entlanghangelte, die Asher ihr bot. "Ich kann dir gerne Ardea zeigen!", erklärte sie also frei heraus, und nahm da auch gleich das Angebot an, man könnte ja auch eine Quest erledigen. Sicher, zusammen arbeiten, ihre Eltern besuchen, das waren alles gute Ideen, Asher plante wohl gerne voraus ... Mary wiederum starb ein paar Tode, ließ sich aber nichts anmerken. Da war nur der Strohhalm und der konstante Strom an Saft aus dem Glas in ihren Mund, damit sie so wenig wie möglich sagen musste und bloß kein Fettnäpfchen erwischte. "Uh ... Mary ist mein voller Name! Ich heiße nach meiner Großmutter." Marylena wusste wahrscheinlich, was in einer solchen Situation zu tun war - sie würde einfach gerade heraus fragen, was gerade passierte, einmal herzhaft lachen, nachdem die Peinlichkeit geklärt war und alles wie beim Alten lassen. Aber sie war auch verheiratet und hatte Kinder großgezogen, während Mary in etwa so viel Ahnung von dergleichen Dingen besaß wie von Quantenphysik.
Ashers ganzes Wesen schien sich zu verändern, als Mary ihn auf seinen Freund ansprach. Er strahlte geradezu. Die Baumgardner kam nicht umhin, das Lächeln ehrlich zu erwidern, denn wenn sie etwas gerne hatte, dann war es, anderen dabei zuzuhören, wie sie über ihre Leidenschaften sprachen. Dafür war sie der Gilde beigetreten - sie wollte ebenso für etwas brennen. Erstaunlicherweise erkannte die sonst recht empathische Mary in dieser Reaktion allerdings noch keine Entwarnung für ihre eigene Situation mit Asher, sie fühlte sich lediglich etwas vertrauter und atmete tief durch. Die Worte ihres Gegenübers nutzte sie, um einmal von ihrem Essen abzubeißen, denn vielleicht ließ sich die spontane geistige Umnachtung auch einfach mit Essen bekämpfen. "Dann kannst du ihn doch einmal hierhin mitnehmen! Aber was genau ist denn ein Gestaltwandler? Macht ihr Kostüme?"
9 Irgendwie wurde es mit allem, was Chris sagte, nur noch schlimmer. Vermutlich dachte sie jetzt, er wollte ein Date mit ihr in ihrer Heimat oder so. Chris wollte echt kein Date … er hatte ganz andere Probleme was das anging. Aber falls er damit recht hatte, warum sie so peinlich berührt war, seit sie das Kunstzimmer verlassen hatte … Chris hielt sich selbst nicht für den besten. Er war zwar auffällig, aber sein Selbstbewusstsein und sein Selbstwert waren ziemlich weit unten. Er tat nur so als ob, spielte und plusterte sich auf, wo doch das doch nur heiße Luft war. Aber genervt schien sie bisher nicht von ihm zu sein. Sein Aussehen hingegen … Chris mochte das Aussehen. Er hatte keinen Crush auf den Typen gehabt, von dem er es geklaut hatte, aber er hatte ihn schon hübsch gefunden. Nicht so wie Temu, aber dennoch … Dahingehend verstand er schon, dass man es hübsch finden könnte. Außer aber sie tat das nicht und es war ihr einfach nur unangenehm. Oh man. Chris war wirklich nicht bereit für so etwas. Er hatte keine Ahnung, wie er das anreden sollte, ohne dabei komplett rot zu werden – einfach nur, weil er mit dem Thema nicht vertraut war. Er redete nicht gern über solche Dinge. Es war ihm zu echt, zu persönlich, zu … alles. Immerhin stimmte sie zu, ihm Ardea zu zeigen. Das war gut. Bis dahin könnte er das schon lösen. Er könnte ja einfach Temu fragen, was er tun sollte und wie … und dann müsste er dabei verhindern, den Grund zu erwähnen, dass er mit Mary auf kein Date wollte. Und mit Lio konnte er auch nicht reden, oder mit Raziel. Sie hielt ihn ja für tot und der Wendigo und er hatten sich seit Chris ‚Ermordung‘ nicht mehr gesehen. Er wollte Raz nicht wieder am Bein hängen, nachdem dieser seinen Platz bei Royal Crusade und damit sein Leben für ihn riskiert hatte. Das ließ ihm verdammt wenig Möglichkeiten.
Mary war offenbar nur Mary. „Cooler Name, ist schön kurz.“ Chris war mit dem Namen Asher wirklich zufrieden. Auch der war nicht so lange und gut zu merken und schreiben. Sein alter Name Alessandro Christoff Necrologia war ein Alptraum gewesen und kaum jemand hatte Christoff richtig geschrieben. Dann kam das Gespräch auf Temu, etwas, über das er ewig hätte sprechen können. Vielleicht auch etwas schwärmen … Auch wenn Chris noch nicht sicher war, was er von seinen Gefühlen halten sollte und sich weigerte, sie wirklich zu benennen … ihm war bewusst, dass seine Gefühle eine Grenze überschritten. Er nickte zustimmend. „Oh ja. Das würde ihm gefallen, aber mal das Essen testen.“ Er grinste und schob die Gabel in das Essen, dass ihnen eben gebracht worden war. Hmm. Ja. „Doch, ich schätze, ich muss ihm hiervon erzählen, wenn wir zurückkehren.“ Chris war einige Bissen lang leise, als der sich hungrig über sein Essen hermachte. „Du würdest ihn sicher auch mögen … Wie bist du eigentlich in der Gilde gelandet? Hast du da etwas, was du hier machen möchtest? Du weißt schon … Malen, Musik, Theater, Kampfsport und so. Ich hoffe nicht Kampfsport, das macht Leute gruselig.“ Aber in seiner Stimme lang der Witz, dass er den letzten Satz nicht wirklich so meinte. „Äh, jain. Also ich manche auch Kostüme, aber er nicht. Er kann sich verwandeln.“ Chris machte sich gerne Kostüme, um sie mit den Fähigkeiten seiner Magie zu kombinieren. „Ich kann das auch – mich verwandeln. Ich kann mich in Menschen oder Tiere oder Dinge verwandeln, aber ohne Requisiten macht Theater spielen dennoch nicht so viel Spaß. Man kann damit so viel mehr anstellen und basteln.“ Seine Augen leuchteten, als er von dem erzählte, was er wirklich liebte. „Was kannst du, als Magierin?“
Na, wenn Asher noch nicht bereit für diese Form der Verantwortung war, was sollte da nur die arme Mary sagen, die dachte, dieser Typ wollte direkt bei ihren Eltern vorstellig werden?! Wie auch immer die Baumgardner es drehte und wendete, sie bekam einfach keine gute Erklärung hin, die ihre Begegnung nicht seltsam erscheinen ließ. Mama, Papa, das ist der Typ, der meinen Schuh gewaschen hat. Romantisch. Nicht. Mit wachsender Verzweiflung (denn Mary wusste ja nicht einmal, ob sie das Ganze hier romantisch finden sollte) biss sie in ihr Sandwich, als müsste sie das Fleisch darin eigenhändig erlegen. Wer futterte, der musste nicht sprechen! War ja wie beim Strohhalm. Hätte ihr das Gegenüber eröffnet, dass er eigentlich für einen anderen Kerl schwärmte, wäre sicher viel von der Anspannung zwischen den beiden abgefallen, doch so suhlten sich beide Gesprächspartner noch etwas weiter im Schlamm des Missverständnisses, der allmählich zu Treibsand wurde. Wie wenn jemand etwas zwischen den Zähnen stecken hatte, begann sich so langsam das Zeitfenster zu schließen, in dem eine Erklärung der Gegebenheiten nicht mehr seltsam war. Zum Glück war das Essen einigermaßen schmackhaft und der Stoff für Dialoge ging ihnen auch nicht aus, so dass sie nicht dazu gezwungen waren, sich tief in die Augen zu blicken oder andere Dinge zu tun, die man von einem jungen Pärchen beim Mittag erwarten könnte.
Mary lächelte etwas mechanisch, als Asher ihren Namen lobte. Dass er ihr keineswegs seinen echten Namen genannt hatte, wusste die Baumgardner natürlich nicht - ebenso wenig, worum es sich denn nun bei diesem Wesen auf der anderen Seite des Tisches tatsächlich handelte. Ob Mary Temujin mögen würde? Bisher konnte sie sich noch nicht vorstellen, eine Person in dieser Gilde nicht zu mögen. Die meisten Mitglieder waren sehr freundlich zu ihr gewesen, auch wenn sie natürlich noch bei Weitem nicht alle kannte, die sich so im Füllhorn tummelten. Sie würde die Empfehlung Ashers dennoch einmal für bare Münze nehmen, denn der Freund einer Person, die sich sofort mit ihr angefreundet hatte und überdies seine Hilfe angeboten hatte, wenn niemand es sonst tat, konnte ja eigentlich gar nicht so übel sein. Gerade hatte Mary noch in der Hoffnung, Chris würde weiter von seinem Freund erzählen einen gigantischen Bissen Brot genommen, da wechselte das Gespräch zu ihr. Die Lichtmagierin sah mal wieder aus wie ein Hamster, als sie mit geweiteten Augen zu Asher blickte und sich beeilte, den Bissen herunterzubekommen. Nach einem panischen Schluck Limonade und einem Keuchen war alles wieder gut. "Ich?", schnaufte Mary, als gäbe es hier im Umkreis noch einen Gildenfrischling. "Ich wollte schon immer Magier werden, seit ich klein war. Ich erzählte ja, dass ich aus der Nähe komme und Satyrs Cornucopia erschien mir passend, wo ich doch noch so unerfahren bin. Ich ... habe leider nicht wirklich so etwas wie die anderen Mitglieder, also kein besonderes Talent oder so. Ich möchte eigentlich nur, dass es den Menschen, die ich mag und den Bewohnern von Südfiore gut geht. Viele haben hart dafür gearbeitet, was wir jetzt genießen dürfen und ich möchte ihnen etwas zurückgeben." Obwohl die Jugendliche bei ihren Worten ein wenig verlegen klang, war die Ernsthaftigkeit deutlich aus ihnen herauszuhören - sie stand offenbar hinter allem,w as sie soeben von sich gegeben hatte. "D-du kannst dich verwandeln? Also so mit Magie? In Menschen? Bist du jetzt auch gerade verwandelt?" Das musste ja unfassbar praktisch sein und nützlich sein. Marys Augen leuchteten nicht weniger stark wie die von Asher. Zwar mochten sie nicht geklärt haben, ob sie sich nun auf einem Date befanden oder nicht, doch das Eis war definitiv ein weiteres Mal gebrochen worden ... Vergessen war die seltsame Stimmung zwischen ihnen. Sie machte der Neugierde im Herzen der Lichtmagierin Platz. "Oh, ich kann ein wenig Lichtmagie! Wie ist es denn, wenn man ein Tier ist? Ist das nicht verwirrend, wenn man plötzlich anders sieht und ... alles riechen und hören kann? Ist das sehr anstrengend?" Fragen über Fragen ... offenbar konnte Mary nicht nur verschüchtert sein, man musste nur eine Möglichkeit finden, den Wasserhahn bei ihr aufzudrehen!
10 Eigentlich redete Chris gerne. Er redete auch ziemlich gerne über Temujin … wenn man ihn hier und da kleine Fragen stellte, würde er einfach loslabern, oder schwärmen, bis es ihm auffiel. Und dann wäre es unangenehm, aber sein Mund war einfach oft schneller als sein Kopf mitdenken konnte. Jetzt schob er das Gespräch über zu Mary hinüber. Ein Grund dafür war auch, dass er mittlerweile echt hungrig war. Er hatte zwar heute noch keine Tanzübungen gemacht, aber er war ein Teenager, der hoffte, noch ein paar Zentimeter zu wachsen. Natürlich futterte er da, was das Zeug hielt! Er nickte also und schob sich eine Gabel voll in den Mund. Mary erzählte von ihrer Kindheit, als sie Magierin werden wollte. Chris hatte das nie so geplant gehabt. Er wollte nicht Magier sein, er wollte Gestaltwandler sein. Er wollte Theater spielen und Menschen zum Lachen bringen. Seine Mutter war zwar Magierin, aber sie hatte ihre Papiermagie anders verwendet und in seinen Schulen hatte er keine Magie verwenden dürfen. Nicht, dass das einen Wandler gestoppt hätte, der nur Unfug im Kopf und viel zu viel Langeweile gehabt hatte. Mary schien kein solch ein Ziel wie er oder Temujin zu haben, aber was sie erzählt, ließ sein übliches Grinsen zu einem ruhigerem Lächeln werden. Sie klang zwar etwas verlegen … aber Chris bewunderte ihre Bewegungsgründe. „Das hört sich echt cool an. Satyrs gibt uns die Möglichkeit zu machen, was wir echt wollen. Wenn du Leuten helfen willst, ist das ein gutes Ziel. Soweit ich weiß, gibt es in der Gilde auch Magier, die da sind, um anderen zu helfen. Ich glaube, eine hat sogar eine Praxis oder so in der Stadt.“ Die Freundin seines Bruders Nero. Nachdem er Nero aber nicht gut kannte und seit seinem Tod von ihm für tot gehalten würde, hatte er diese Magierin nie kennengelernt.
Chris erzählte von dem, was er konnte. Die Begeisterung schwang in seiner Stimme mit, als er kurz die Gabel ablegte. Er nickte. „Ja. Ich könnte mich in dich verwandeln. Oder in Temu oder eine andere Person, die ich kenne.“ Er grinste und behielt diesen Gesichtsausdruck bei, auch wenn in ihm alles eiskalt wurde. Es war dämlich, Mary war ein Sonnenschein in Aussehen und Charakter, soweit er sie kannte … aber er kannte sie bisher auch kaum. Was wenn sie wie Heohl war? Wenn sie, wenn sie wüsste, wer er war, ihn in den Norden schleifen würde? Chris Handflächen wurden feucht, auch wenn er das Lächeln aufrecht hielt und den Kopf schüttelte. „Nein“, log er, ohne mit der Wimper zu zucken. Das Lügen hatte er daheim und im Internat perfektioniert. „Aber es ist ganz amüsant, nicht in einem Körper festzustecken.“ Chris sah auf seine Hände hinab, die neben dem Teller auf dem Tisch lagen. Seine Finger trommelten leise auf der Tischplatte wie immer. „Man kann alles sein.“ Außer wenn es Nacht wurde. „Deine Magie passt wirklich gut zu dir“, stellte er fest und zwang sich, die Gedanken an sein Erlebnis in Oak Town zu verdrängen. Das Prasseln des Feuers. Das Blut in seiner Kleidung. Das Weinen des Mädchens. „Oh ja. Es haut mich manchmal über meine vier Pfoten. Aber nein, meine Sinne und Fähigkeiten bleiben gleich. Ich rieche nicht besser, wenn ich ein Hund bin. Es ist nur verwirrend, so viele Gliedmaßen zu haben“, erzählte er schmunzelnd und schloss mit jedem Wort einen Schlüssel zur Tür, die zu diesem Nachmittag führte.
Mary hatte kleine Ziele, doch diese kamen aus tiefstem Herzen. In der Lichtmagierin schlummerten keine Ambitionen nach Reichtum und Macht - nur der aufrichtige Wunsch, dass es den Menschen (und natürlich auch allen anderen Völkern), die ihr etwas bedeuteten, gut ging. Zwar fehlte ihr das künstlerische Talent, das viele Personen in Satyrs Cornucopia verband, doch damals, als sie zitternd und nervös vor der Gildenmeisterin gestanden hatte und mit demselben Herzblut in den goldenen Augen deklariert hatte, wieso sie der Gilde beitreten wollte, hatte diese beinahe genau so reagiert wie Asher - man hatte ihr geglaubt. In ihrer Gemeinschaft ging es nicht nur darum, berühmt zu werden und der Gilde Geld zu bringen. Es ging darum, seine Leidenschaft zu verfolgen, das zu tun, wonach es einem in seinem tiefsten Innerem verlangte. Und Marys Leidenschaft war es nun einmal, ihre Magie für das Gute zu nutzen und all jene zu beschützen, die es selbst nicht auf dieselbe Art konnten. Dafür übte sie, dafür arbeitete sie an sich und reizte immer wieder ihre persönlichen Grenzen aus. "Ich weiß", meinte sie mit einem fröhlichem Lächeln im Gesicht, als Asher ihr davon erzählte, dass es in der Gilde auch andere gab, die Leuten gerne halfen. Zwar hatte sie von der Praxis bisher noch nicht gehört, doch bestätigten ihre bisherigen Erfahrungen die Aussage doch recht eindeutig. Als sie zum ersten Mal das Gildenhaus betreten hatte, war eine laute Oni auf sie zugegangen und hatte ihr geholfen. Und so hatte sich das einfach immer wieder wiederholt, bis zum jetzigen Zeitpunkt. "Eine solche Person sitzt gerade vor mir, oder nicht?" Mary grinste Asher entgegen, denn er hatte ihr ja auch geholfen, deshalb saßen sie ja hier und unterhielten sich. Nicht wegen irgendwelchen seltsamen Dates, die Mary geflissentlich in die tiefsten Gefilde ihres Geistes schob.
Die Fragen der Baumgardner zu den Verwandlungsfähigkeiten des Anderen wurden mit einem Lächeln beantwortet. Nun war Mary an der Reihe, ihr Sandwich weiter zu dezimieren und ihren Cocktail zu genießen, während sie mit großen Augen lauschte. Konnte er sich wirklich in jede mögliche Person verwandeln und alles an sich verändern, was ihm nicht passte? Die Möglichkeiten erschienen dem Mädchen endlos, aber auch verwirrend ... Sicher konnte man mit einem solchen Talent allerlei Unsinn anstellen. Dass Asher sie belog, das realisierte Mary nicht, denn sie hatte ja keinerlei Grund anzunehmen, dass ihr neuer Freund ihr irgendetwas verschweigen könnte. Goldene Augen folgten Ashers Blick auf seine Hände, trommelnd und energetisch, ganz wie er. Sie lächelte. "Klar, aber wenn du dich verwandelst, dann ändert sich ja nur dein Aussehen. Du bist noch immer du - tief drin! Ich glaube irgendwo kann jeder alles sein, was er will, wenn er es nur fest genug versucht. Es heißt zwar manchmal, dass Kleider Leute machen und so, aber das glaube ich nicht." Mary spürte nur eine leichte Veränderung in der Stimmung - nicht genug, um einen Finger darauf legen zu können, was gerade passiert war. Vielleicht machte er sich Sorgen, dass sie ihn nun komisch fand, weil sie wusste, dass er kein normaler Mensch war? Beherzt beugte sie sich etwas über den Tisch und streckte eine Hand aus, um Ashers Hand zu greifen und ihre Hände mit den Handflächen aneinanderzubringen, so als wären sie in einem High-Five in der Luft eingefroren. Bis auf den offensichtlichen Größenunterschied hatten sie natürlich dieselbe Form. "Schau! So verschieden sind wir gar nicht!"
11 Chris kam nicht dagegen an, dass seine Wangen sich leicht rosa färbten. Eigentlich war seine Haut dunkel genug, dass man die leichte Röte nicht wirklich gesehen hätte, aber bei Asher war es zu erkennen. Er hatte von der Gilde erzählt und die Magierin erwähnt, von der er Nero und Barbatos hatte, erzählen hören. Ihr Name war ihm entfallen, aber wenn Mary sich etwas durchfragte, würde sie die Besagte sicher finden können. Wenn sie das wollte. Sie stimmte ihm zu, was die Gilde betraf und er lächelte. Satrys Cornucopia war das nächste, was sich für ihn je wie ein Daheim angefühlt hatte. Obwohl nicht wirklich er hier war, fühlte er sich hier willkommen und akzeptiert. Unterstützt mit seinen Träumen, anstatt das man ihn wie überall zuvor versuchte in eine Lade zu stopfen und seine Wünsche als dämlich und falsch abstempelte. Es war ein Geschenk für den Jungen, aber als Mary ihn mit in den Topf der Personen warf, von denen er gerade noch voller Freude erzählt hatte, verlor sein Lächeln das schalkhafte Grinsen und wurde etwas peinlich berührt. Chris war es nicht gewöhnt, Komplimente zu bekommen und er wich ihrem Blick aus. Er hielt bei weitem nicht so viel von sich, wie man durch seine vorlauten Worte oft vermuten könnte. Zwar wollte er auch, dass es anderen gut ging … aber seine Erfolgsrate war fraglich. Der Gestaltwandler zuckte leicht die Schultern. „Ich- ähm“, oft kam es auch nicht vor, dass ihm die Worte fehlten. „Denke … hoffe, ja?“ Wirklich sicher klang er dabei nicht. Chris war gut darin, sich selbst von seinen Problemen abzulenken und versuchte auch anderen so zu helfen. Es war nicht das Beste, aber die einzige Art, wie er damit umgehen konnte. Aber das machte ihn auch zu seinem Feigling, der weglief, wenn es darauf ankam …
Es fiel ihm deutlich einfacher die Worte zu finden, als es um ihre Magien ging. Er erzählte, was er alles tun konnte und log Mary an, was seinen aktuellen Zustand anging. Obwohl seine Miene nichts davon verriet, fühlte es sich ekelig an, sie anzulügen. Sie lächelte, unwissend über das, was in ihm los war. Es verwunderte ihn nicht, Chris hatte sein Leben lang versuchte, das zu verbergen. Es stresste ihn, wenn ihn jemand wirklich sehen wollte. Mary sprach weiter und obwohl sie es nicht wissen konnte, zog der Junge ihre Worte wie ein Schwamm auf. Ashers Augen blieben trocken und ein Grinsen überspielte die Schatten, die kurz über sein Gesicht huschten, aber innen drinnen weinte Chris.
„Du bist noch immer du - tief drin!“
Es sollte ihm vielleicht Angst machen, wie nahe sie der Wahrheit kam, aber eigentlich wollte er sich nur zusammenrollen und sich wie ein Kind halten lassen. Temu sagte ihm das auch immer, dass er noch er selbst war, und es bei seinem besten Freund auch sein konnte. Aber manchmal fühlte es sich dennoch an, als würde er Teile von sich selbst verlieren. „So einen Satz habe ich in einem Notizbuch ganz vorne. ‚Ich kann alles sein‘“, erzählte er. „Meine tägliche Motivation in den Tag zu starten.“ Ein Lachen lag in seiner Stimme und er spülte den Klos in seinem Hals mit einem großen Schluck hinunter. Als sie dann aber nach seiner Hand griff und ihre Handflächen zusammenlegte, war der wieder da und Chris musste tief Luft holen. Er sah auf ihre Hände, auf Marys kleiner Hand und konnte nichts dagegen tun, eine Mischung aus Wut und Trauer zu empfinden. Chris wagte nicht, das nächstegrößte Wort zu denken, nach Wut, aber es war in seinem Magen wie ein heißes Stück Eisen. Er schüttelte den Kopf. Sie waren nicht viel anders, nicht so. Aber dieses so war eine weitere Lüge. Selbst wenn er Chris hier gewesen wäre, war das nur die eine Form. Selbst dann, wäre er nicht wirklich wie Mary gewesen – auch wenn er es gerne gewesen wäre. „Wenn du dir die Nägel auch noch ein bisschen anmalst, hast du Recht“, überspielte er die Gefühle mit einem kleinen Witz und zog die Hand zurück, bevor er sich an Marys Hand festhalten konnte. Chris liebte Nagellacke. „Wobei ich sagen muss, auch wenn Kleider Leute nicht machen, Leute reagieren ziemlich empfindlich darauf. Du glaubst nicht, was ich für Blicke bekomme, wenn ich einen Rock anziehe. Als ob die alle dann nichts Besseres zu tun haben, als wir aufn Ar- Hintern zu schauen.“ Er schüttelte den Kopf und zog sich mit dem Thema auf sicheres Terrain. „Ich war letztens auf ner Quest mit einem kleinem Kobold in nem Dorf. Die Kleine hatte es noch schlimmer, aber wir haben denen dann die Zunge rausgestreckt, bis sie weggeguckt haben“, erzählte er mit mehr Lockerheit in der Stimme.
Als die beiden jungen Magier sich getroffen hatten und es irgendwie durch eine Aneinanderreihung eigenartiger Ereignisse dazu gekommen war, dass sie nun eine Art "Date" miteinander hatten (von dessen Nicht-Date-igkeit man Mary noch immer nichts erzählt hatte, um das arme Mädchen zu erlösen!), hatte die Baumgardner nicht gedacht, dass es einmal der Andere sein würde, der sprachlos wäre. Sie selbst fühlte sich hier trotz aller Freundlichkeit wie ein Fisch auf dem Trockenen und freute sich, immerhin bisher noch nicht alle Fettnäpfchen mit Anlauf getroffen zu haben. Mary war zwar durchaus eine reflektierte Person, aber das betraf vor allem sie selbst: Anderen gab sie viel mehr Freiheiten und gestattete ihnen auch viel größeren Raum, bis sie sich ein Urteil bildete, daher kam sie gar nicht auf die Idee, Asher könnte ihr bei irgendeiner Sache hier einen Bären aufbinden.
Als ihre Hände sich berührten, hatte Mary demnach keine Hintergedanken - weder der verdächtigen noch der romantischen Natur - sondern wollte ihr Gegenüber aufrichtig aufheitern. Sie waren sich ganz ähnlich darin, dass sie es wohl nicht wollten, wenn ihre Umgebung traurig oder schweigsam war. Zwei kleine Lichter strahlten einander an, und es blieb nur die Frage, wer dem anderen besser leuchten konnte! Da Mary keine Ahnung hatte, dass selbst die Hand nur ein Teil von Ashers wahrer Gestalt war, kamen der jungen Magierin natürlich auch keine Gedanken, wie sie ihrem Gesprächspartner seine Zweifel nehmen konnte. Stattdessen ging sie beim Themenwechsel mit und ließ sich vom charismatischen Asher wie eine Puppe durch die Konversation führen - sie selbst war besser im Zuhören. "Klingt nach einer guten Motivation. Wenn du erlaubst, dann hänge ich mir den Satz an die Wand in meinem Zimmer." Zwar trachtete niemand nach Marys Leben und sie hatte auch nicht solch brandgefährlichen Geheimnisse wie Asher, doch auch die Lichtmagierin kannte Selbstzweifel und den Gedanken, nicht gut genug für ihre Umgebung zu sein.
Mittlerweile waren sowohl das Getränk als auch das Sandwich vernichtet. Mary achtete kaum noch auf die aufdringliche Kellnerin, die sie wohl gerne miteinander verkuppelt hätte, und hatte auch kaum Augen für die kleine Straße, in der sie sich befanden - ihre ganze Aufmerksamkeit galt den Worten ihres Gegenübers. "Ein ... Rock?", wiederholte das Landei mit einer Stimme, die an Verwirrung kaum zu übertreffen war. Man musste dazu sagen, dass Mary ein behütetes Leben auf dem Land geführt hatte, bevor sie nach Maldina gekommen war - und in der Künstlerstadt und der Künstlergilde sah sie öfter einmal Dinge, sie sie demnach herausforderten. Ein Junge in einem Rock wäre etwas, das ihre Urgroßmutter schockieren würde, und sie selbst erkannte auch bei sich ein unangenehmes Gefühl von "Aber so geht das doch nicht!". Der Unterschied war nur, dass Mary diese Empfindung, obwohl sie ihre Nachfrage nicht hatte zurückhalten können, als problematisch erkannte. Sicher ... Wieso sollte er keinen Rock tragen? In einer Welt voller Wunder und magischer Gestalten konnte man sich ja wohl über andere Dinge aufregen. "Röcke sind sehr bequem, ich mag sie auch gerne!", meinte die Jugendliche also nicht nur bemüht diplomatisch, sondern auch ehrlich. "Aber was ist ein Kobold? Und wieso hatte sie Probleme?" Hatte das auch mit Röcken zu tun? War das so bei spannenden Quests? Asher muss ja ganz schön rumkommen, dass er solche Dinge sieht, schoss es Mary durch den Kopf, ungeachtet dessen, wie sie damit unfreiwillig ins Schwarze traf.
12 Chris hatte seine Zweifel für den Moment vergessen, also was Marys Gedanken anging. Ob sie das Hände-Zusammenhalten irgendwie romantisch ansah … Er starrte nur ihre Hände an und kämpfte darum, die Kontrolle über seinen Gesichtsausdruck zu behalten. Eigentlich fiel es ihm ziemlich einfach, immer die lachenden Maske zu tragen. Lächeln war ihm lieber und Chris verbrachte seine Zeit alleine gern damit, vor dem Spiegel verschiedene Gesichtsausdrücke zu üben. Immerhin bräuchte er das im Theater auch! Aber das hier war ernst, viel ernster, als es ihm lieb war. Er fühlte sich unwohl, als zwickte ihn etwas, als sie mit ihm sprach. Obwohl es aufbauende, schöne Worte waren … Chris tat sich schwer, sie wirklich in sich aufzunehmen und nicht metaphorisch gesprochen sich die Ohren zuzuhalten. Er wusste nicht einmal, warum er das Bedürfnis hatte, also tat er, was er immer machte. Er verpackte seine Worte in einen halben Scherz und wechselte das Thema.
Über Kleidung zu reden, gefiel ihm viel mehr und das Leuchten kehrte in seine Augen zurück. „Klar. Mach das gern! Ist ne gute Phrase, um sie im Kopf zu behalten, wenn jeder rundherum einem sagen will, wie man zu sein hat.“ Er schmunzelte leicht und sprach dann weiter über Klamotten, wobei er Mary wohl ein wenig aus dem Konzept warf. Chris kicherte über die Verwirrung in ihrer Stimme und nickte, während er sich zurücklehnte und mit der Gabel die kleinsten, verbliebenen Restchen aufspießte, oder das zumindest versuchte. „Jep. Ich hatte einmal einen in der Wüste. Das war ne beschissene Idee, aber ansonsten sind die ganz praktisch. Vor allem, wenn es heiß ist.“ Der Teenager grinste die Lichtmagierin an. „Nice! Hast du auch Kleider oder bist du nur der Rock-Typ?“ Bei ihm lag das irgendwie in der Familie … Auch wenn diese sehr zerstritten und weit über das Land verteilt war, trug drei der vier Geschwister Kleider. Nero kam da wohl eher nach ihrem gemeinsamen Vater, zumindest hatte Chris ihn noch nie mit einem Rock gesehen!
„Oh, gute Frage.“ Wie beschrieb man einen Kobold. „Okay, stell dir mal son Kind vor, ja? So einen Meter hoch. Und jetzt stell dir einen Bauarbeiter in der Größe vor, also ein Mix der zwei. Und dann verpass dem noch ne rote Haut und … kannst du mit dem Begriff Knom etwas anfangen? Also, sieht auf jeden Fall etwas so aus. Und wir waren in nem kleinen Dorf, da haben alle geguckt und getuschelt, weil sie jemanden wie Erin noch nie gesehen haben. Ich mein, man kann schon neugierig sein, aber die machen das so …“ Er lehnte sich zur Seite und hielt seine Hand seitlich vor den Mund, um die Personen nachzuspielen, die getuschelt hatten. „Was ist denn das? – Also nicht recht cool.“ Chris setzte sich wieder auf. Sein Teller war mittlerweile wirklich sehr, sehr leer und er legte die Gabel ab. Er drehte sich herum, bis er einen Kellner entdeckte und winkte. „Hey, können Sie kurz kommen?“ Dann an Mary: „Willst du noch eine Nachspeise oder zahlen wir und zischen ab?“ Chris hatte zwar viel gefuttert … aber ein wenig was würde schon noch reinpassen. Vielleicht würde er dann doch noch einen Zentimeter dazuwachsen!
Tatsächlich brauchte Mary einen Moment, um Ashers Lebensstil für sich einzuordnen. Ihre recht konservative Erziehung mochte hier als Ausrede hinhalten, doch in Wirklichkeit lag es nicht nur daran. Zwar störte sich die Baumgardner nicht persönlich an der Auslebung seines inneren Selbst, aber den Drang nachzufragen und erst einmal alles einordnen zu wollen, konnte sie nicht ganz abschütteln. Dabei hatte sie immer mehr das Gefühl, dass man Asher nicht einordnen konnte. Von seiner wahren Gestalt wusste Mary nichts, doch auch als die Person, die sich ihr offenbart hatte, wirkte er wie das perfekte Mitglied ihrer Gilde. Freiheit stand bei ihm ganz oben und er kam dem Landei viel selbstsicherer und gefestigter vor als sie selbst - insofern ging die gutmütige Jugendliche ihrem Gegenüber also vollends auf dem Leim.
"Kleider und Röcke, beides", beantwortete sie seine Nachfrage nach ihrem Kleidungsstil. Den konnte man wirklich als alles andere als zeitgenössisch bezeichnen. Die meiste Zeit sah Mary eher aus, als hätte sie sich an Großmütterchens Schrank bedient. Da kamen fehlendes Modebewusstsein und der Respekt vor handgemachten Kleidungsstücken zusammen. Wieso etwas nicht tragen, das noch gut war? Bei sich Zuhause hatte es kaum eine Modenschau gegeben, ihr Interesse dahingehend belief sich auch aufs Negative. Auch wenn sie öfter einmal hübsche Mädchen für ihren Stil beneidete, gefiehl sich Mary eigentlich ganz gut. Von einer Erin hatte sie noch nicht gehört, aber sie war ja ohnehin noch dabei, sich den Mitgliedern der Gilde vorzustellen. Die Vorstellung eines Kobolds verursachte zum zweiten Mal an diesem Nachmittag Verwirrung bei der Lichtmagierin, die ihr Möglichstes tat, um sich das vorzustellen. Irgendwie wurde das Endresultat eine Mischung aus einer Tomate und einem Gartenzwerg. Das konnte nicht stimmen! "Viele Leute hassen, was sie nicht verstehen oder lehnen es erst einmal ab." Eine ähnliche Reaktion hatten auch ihre Großeltern auf ihren Wunsch, Magie zu erlernen. Von "Hass" zu sprechen war in der Hinsicht zwar etwas zu viel des Guten, aber auch sie waren erst einmal aus Unwissenheit dagegen gewesen. Es hatte einiges an Überzeugungsarbeit gebraucht, bis sie nun hier sitzen konnte.
Auch wenn ihre Großeltern (zumindest die weiblichen) aus ganz anderen Gründen ausflippen würden, wenn sie Mary hier so sahen. Ohne Zweifel würden jene das hier ähnlich wie die Kellnerin als Date interpretieren - etwas, von dem sich die "Datende" selbst immer weiter entfernte. Sie glaubte nicht, dass Asher und sie als Partner kompatibel waren (ein bisschen wie ein Pfau und eine Henne) und selbst Mary checkte so langsam, dass das hier eher ein Austausch unter Freunden war. Das half mit der Nervosität und ließ sie auftauen. So weit, dass sie bei der Nachfrage für die Rechnung sofort "Ich mach das!" ausrief und ihre Geldbörse hervorkramte. "Ich weiß, wo wir unseren Nachtisch herkriegen." Nachdem sie die monetären Angelegenheiten geregelt hatte, stand Mary auf und schob die Bestecke so zusammen, dass sie am einfachsten gegriffen werden konnten - ein Reflex aus ihrer eigenen Erfahrung von der Gaststube ihrer Eltern.
Auf dem Heimweg, den Asher ihr teilweise lotsen musste, hielt Mary an einer Bäckerei und bestellte ein paar Törtchen für sich und ihren neuen Gildenfreund. Sie hörte ihrer kuriosen neuen Bekanntschaft bei seinen unerschöpflichen Worten zu, während sie gemeinsam ihren Nachtisch verspeisten und durch die hübschen Straßen Maldinas spazierten. Auch wenn sie Asher nicht ganz verstand und von der neuen Gilde, in der sie sich befand noch eingeschüchtert war, wusste Mary eines: Als sie an diesem Morgen aufgestanden und in die Halle der Freiheit gestolpert war, hatte sie noch einen Freund weniger gezählt. Und das ... Das war es wert, ein bisschen verwirrt zu sein.
schwarze jeans und bauchfreies top | schwert | schwarze Stiefel Xaviera war etwas mehr aufgeregt, als sie laut zugeben würde. Nicht ganz ohne Grund, aber dennoch … Obwohl sie an sich alles wie immer dabei hatte, fühlt es sich anders an. Sie hatte nicht mehr oder weniger Make-Up wie sonst aufgelegt, ihre Lippen und Wimpern etwas dunkler gemacht, aber sie hatte einen Blick mehr in den Spiegel in der Toilette des Gildenheims geworfen als normal. Es irritierte sie. Nicht zwingend auf eine schlechte Art und Weise, es warf sie nur ein wenig aus dem Konzept. Sie hatte Maenor nicht mehr gesehen, seit er das Krankenhaus verlassen hatte. Und viel gesprochen hatten sie nicht mehr, immerhin war der Lichtmagier nicht gerade in bester Verfassung gewesen. Aber Xavis Gedanken waren gekreist und gekreist. Das alles mochte für ihn vielleicht nichts bedeuten, vielleicht war es eines seiner Spiele, mit denen er sie immer wieder aufzog, aber für sie war es nichts, was sie einfach wieder vergaß. Unter den Teppich kehren konnte, auch wenn sie es versuchte. Das irritierte sie noch mehr, ärgerte sie. Xavi war stolz, vor allem darauf, nicht wegzulaufen, wenn es unangenehm wurde. Und sie lief auch nicht wirklich weg, immerhin war sie auf dem Weg nach Maldina Town, aber es fühlte sich dennoch so an, als würde sie jeden Moment umdrehen und laufen. Ein Stück weit erinnerte sie das Gefühl an Norah und Delia, diesen Funken von Angst, der immer dann aufkam, wenn jemand drohte, ihr wichtiger zu werden als eine flüchtige Bekanntschaft. Und dazu kam noch die Verwirrung und die … Freude. Xavi hatte keine Angst vor Maenor selbst, nur vor dem, was in ihr selbst los war. Und ja, der andere Künstler war Profi darin, die richtigen Knöpfe zu drücken, damit sie in die Luft ging, aber zugleich lag darin eine gewisse Sicherheit. Sie musste selbst nicht darauf achten, etwas zu finden, in das sie sich hineinsteigern konnte. Sie musste nicht Angst haben, kalt zu werden, nichts zu fühlen. Sie musste auch keine Angst haben, dass es ganz Dunkel werden würde. Das Einzige, wovor sie Angst hatte, war, dass sie sich daran gewöhnen würde.
Xaviera stieg aus dem Zug, die Haare offen und Nea wie immer auf ihrem Rücken. Sie hatte keine Jacke dabei, war der Himmel doch blau und keine Wolke in Sicht, und völlig in schwarz gekleidet. Hose, ihre Stiefeln und das bauchfreie Top mit den dünnen Kettchen, die davon herabbaumelten. Ihre Kopfhörer wie stets in den Ohren. Weniger Schatten als sonst tanzten um ihren Körper. Sie hatten sich dorthin zurückgezogen, wo wirklich Schatten auf ihrer Haut lag, in ihrem Nacken, unter ihren Haaren. Xavi versuchte ihre Gedanken von dem Braunhaarigen wegzulenken, der heute vermutlich wieder in seiner Verkleidung auftauchen würde. Zumindest vermutete sie so, auch wenn sie noch immer nicht wusste, warum genau er diese trug. Sie hatte nichts von ihm in Zeitungen oder Magazinen gefunden und ein Monster war er auch nicht. Ihre Füße trugen sie durch die ihr noch fremde Stadt, auf der Suche nach ihrem Treffpunkt, von dem aus sie sich zu seiner Wohnung aufmachen würden, um mit seinem Vermieter zu sprechen. Xavi hinterfragt nicht zum ersten Mal die Menschen, mit denen sie sich umgab. Norah, Maenor. Beide eine Katastrophe, was ihren Umgang mit Geld anging, ihre Forderungen oder in dem heutigen Falle, was sie bereit waren, zu zahlen. Immerhin da war sie in einem Gebiet, in dem sie sich auskannte. Xavi hatte noch nie eine Wohnung gehabt, aber ihre Mutter hatte ihr Bestes gegeben, ihr Interesse an Geschäften zu wecken und die Rothaarige hatte die letzten Tage genützt, sich etwas mehr Informationen zu den üblichen Preisen anzueignen. Maenor würde zwar kein Geld zurückbekommen, aber immerhin etwas mehr übrig haben. Vor ihr tauchte der Eingang zum Café Taurus auf und Xavi drückte die Tür auf. Ihr Blick glitt über die Anwesenden, aber sie entdeckte den anderen Magier nicht. Die Lippen zusammengepresst und den Anflug von Unsicherheit demonstrativ zur Seite schiebend, trat sie ein und wählte einen Platz nicht unweit der Tür, um diese im Blick zu haben. Sie lehnte das Schwert an den Stuhl und setzte sich. Und … wartete. Wartete. Die Bedienung kam und Xavi bestellte einen schwarzen Tee. Als Maenor noch immer nicht auftauchte und ihre Jae-Playlist beinah durch war, wandelte sich die Unsicherheit langsam in ein bitteres Gefühl, dass nichts mit dem Tee zu tun hatte. Und in etwas Wut, denn damit konnte sie viel besser umgehen, als mit Enttäuschung.
Maenor hätte sich niemals im Leben ausmalen können, dass er den heutigen Tag noch erleben durfte - es würde eine Preisverhandlung für die Miete seiner Wohnung mit seinem Vermieter stattfinden. Doch wie kam es überhaupt dazu, dass der Analphabet des Jahrhunderts sich auf die - horrenderweise hohe - Summe auf seinen Vertrag beziehen und sich darüber echauffieren konnte, wenn er nicht in der Lage war, in der fiorischen Landessprache zu lesen und zu schreiben? Tja, das war Xaviera Aralies zu verdanken, einer Bekannten aus Fairy Tail. Vor einiger Zeit hatten sich ihre und die Wege des Fice erneut gekreuzt, als sich letzterer in einer ziemlich unglücklichen Verfassung befand: Kurz vor ihrem Aufeinandertreffen, war der entflohene Kronprinz von einer Frau erkannt worden, die ihn kurzerhand angegriffen hatte, in dem Versuch, ihn zu schnappen und Pergrande auszuliefern. Maenor hatte sich zwar seiner Angreiferin erfolgreich erwehren können, wobei er in Notwehr ihr Leben nahm - zumindest dachte er da fälschlicherweise - wurde dabei jedoch schwer verletzt. In Panik erkannt worden zu sein und deutlich geschwächt durch den ganzen Blutverlust, schleppte sich der junge Mann so weit er konnte und brach schließlich unweit der Hütte der rothaarigen Fairy Tail Magierin zusammen. Ihr war es zu verdanken, dass der Lichtgodslayer noch am Leben war, versorgte sie doch seine Wunden und sorgte dafür, dass er ins Krankenhaus von Magnolia eingeliefert wurde und überlebte. Währenddessen erfuhren die beiden Magier die eine oder andere interessante Information übereinander und es folgte sogar - basierend auf einem Missverständnis - eine Annäherung der Beiden. Eine Erinnerung, die dem jungen Mann ein flüchtiges Lächeln aufs Gesicht zauberte. Wohlwahr, hatte er nicht damit gerechnet, aber irgendwie hatte es sich ergeben. Seitdem er jedoch wieder das Bewusstsein verloren hatte und im Krankenhaus erwacht war, hatten sie sich nicht mehr gesprochen. Umso interessanter würde als das heutige Aufeinandertreffen von Maenor und Xaviera werden!
Bis es jedoch endlich dazu kam, galt es noch eine schier unüberwindbare Aufgabe zu bewältigen: Café Taurus zu finden. Die Schattenmagierin hatte ihm via der Gilde den Treffpunkt ausrichten lassen, schön und gut. Das Problem war nur, dass der Fice selten solche Etablissements besuchte - aufgrund seiner chronischen Pleite - und wenn er mal dort war, kannte er den Namen nicht. Immerhin war er nicht in der Lage, das Schild zu lesen. Also hatte er sich in Schale geworfen, was in seinem Fall bedeutete, dass er komplett verhüllt war, und machte sich auf den Weg, ein Café Maldinas nach dem anderen abzuklappern. Nach der dritten guten Stube, in welcher er die Aralies nicht vorfand, fluchte der Fice vor sich hin und wunderte sich darüber, warum zum Ficklappen Maldina Town über so viele Cafés verfügte. Frustriert stapfte der verhüllte Magier zu Laden #4, der sich in einem etwas ruhigeren Gebiet der Stadt befand. Ohne große Erwartungen, betrat der junge Mann schwer schnaufend das Etablissement ... und erblickte endlich Xaviera! Ihrem Gesichtsausdruck zu folge, war sie wieder mal in bester Laune. Was konnte also schon schiefgehen, wenn er nochmal ins Bienennest stocherte? Mit einem Anflug von Freude und einem Grinsen auf dem Gesicht, welches natürlich durch die Verhüllung nicht zu erkennen war, schritt er zu ihrem Tisch und nahm schließlich ihr gegenüber Platz. "Hey Viera, schön dich zu sehen. Gut siehst du aus.", flötete der Fice unbeschwert und ließ sich nicht anmerken, dass er viel zu spät war. Aber zu seiner Verteidigung hatte er auch nicht damit rechnen können, dass es sich als so schwierig erweisen würde, das blöde "Café Taurus" zu finden. Man mochte es dem Lichtmagier nicht anmerken, doch aktuell war er etwas angespannt und nervös, was jedoch nicht mit der Rothaarigen, ihrem Erscheinungsbild oder dem vergangenen Kuss zusammenhing - darüber freute er sich vielmehr und dafür würden sie später noch Zeit haben. Xavi sah zweifelslos sehr gut aus, keine Frage, aber jetzt ging es um etwas viel Essenzielleres - Geld. Ziemlich viel Geld, wenn man der Fairy Tail Magierin Glauben schenken durfte. Und die Xaviera, die er bis dato kennengelernt hatte, gab unverblümt das von sich, was ihr durch den Kopf ging. Und das wusste der Fice durchaus zu schätzen. Der exzentrische Künstler erinnerte sich nur allzu gut an die Reaktion der Rothaarigen, als sie die Höhe seiner monatlichen Miete vernahm - vierhunderttausend Jewel. Pro Monat verstand sich! Der junge Mann wusste das natürlich nicht, aber damit zahlte er gut das Doppelte von dem, was seine Nachbarn zahlten.
Ohne sich seine Nervosität anmerken zu lassen, platzierte der Lichtgodslayer seinen Ellenbogen auf den Tisch und stützte seinen verhüllten Kopf auf seiner Hand ab, während er die Rothaarige mit seinen flammenfarbenen Seelenspiegel anblickte. "Ich hätte mich ziemlich über diesen Anblick gefreut, als ich im Krankenhaus aufgewacht bin.", schmunzelte der exzentrische Magier der Aralies zu. "Stattdessen war da eine alte Schreckschraube, die mir eine Spritze in den Allerwertesten verpasst hat.", führte Maenor trocken aus und es ließ sich anhand seiner Stimme nicht feststellen, ob er nun scherzte oder nicht. Ersteres entsprach zumindest der Wahrheit, aber Zweiteres? Schwer zu sagen. Auch dem Fice war die Begegnung nicht aus dem Kopf gegangen, was nicht nur daran lag, dass er beinahe ins Gras gebissen hätte. Wenn er sich recht erinnerte, dann hatte sie seinen Kuss nicht nur erwidert, sondern hatte ihn - nachdem sich ihre Lippen zum Atemholen kurz trennen mussten - von sich aus wieder geküsst. Nur allzu gerne hätte er das Ganze thematisiert ... doch sein Vermieter würde bald in seiner Wohnung eintreffen. Da sie nur noch ungefähr eine Stunde hatten, lehnte er sich also wieder zurück, griff in seine Tasche und kramte einen etwas zerknitterten Mietvertrag hervor, welchen er der Rothaarigen beinahe verschwörerisch über den Tisch schob. Das gute Stück Papier hätte genauso gut mit Hieroglyphen versehen sein können, das hätte der Fice nämlich genauso wenig identifizieren können. "Wie besprochen, mein Mietvertrag." Eine kurze Pause, ehe der junge Mann gespannt nachhakte. "Und, was denkst du? Ist die Miete wirklich zu hoch? Meinst du, da kann man noch etwas rausholen?" Hoffnung schwang in seiner Stimme mit. Der Fice schuldete der jungen Frau schon sein Leben, aber sein Dank würde wohl ins Unermessliche steigen, wenn es ihr gelang, die unerhört teure Miete für seine Wohnung neu zu verhandeln!
schwarze jeans und bauchfreies top | schwert | schwarze Stiefel Xaviera saß auf ihrem Stuhl. Ihr Tee war mittlerweile fast leer und kalt und das letzte Lied in ihrer Jae Playlist begann. Sie sollte einfach aufstehen und gehen. Wenn Maenor nicht kam, wenn ihm das Geld nicht so wichtig war, dass er zu viel zahlte, war das sein Problem. Sie war nicht davon abhängig, ihn wieder zu sehen. Sie konnte einfach gehen und die Sache damit abhaken. Aber sie blieb sitzen. Und sie kannte sich selbst gut genug, dass sie die Stadt nicht verlassen würde, ohne ihn gefunden zu haben und ihm gesagt zu haben, dass er sich seine Wohnung und Geld sonst wo hinstecken konnte … beziehungsweise gerne weiterhin seinem Vermieter geben. Dann würde sie ihm sagen, dass er das nächste Mal nicht ihre Zeit verschwenden sollte, wenn sie sich überhaupt wieder sahen, sich umdrehen und gehen und … Eine Person erschien in der Tür. Eingehüllt und schwer atmend. Xavis Herz setzte einen Schlag aus und ihre Augen fixierten auf den jungen Mann in der Verkleidung. Die Erinnerung, wie er vor ihrer Hütte, ebenfalls außer Atem aufgetaucht war, schoss durch ihren Kopf und sie hatte, bevor sie nachdenken konnte, den Stuhl mit so viel Schwung zurückgeschoben, dass er fast umkippte. Xavi trat um den Tisch herum, musterte seine Kleidung. Keine dunklen Flecken … aber. Das war er. Sein unbeschwerter Gang, der nicht von Verletzungen sprach. Gefolgt von seiner Stimme, die nicht nach Schmerz klang, sondern wie bei ihrem ersten Treffen nur darauf aus schien, sie anzustacheln. Für den Moment war das aber zweitrangig, was ein Beweis für sich war, wie sehr sie sein Ankommen an ihre letztes Treffen erinnerte. Und nachdem sie ihre Miene sowieso nie unter Kontrolle hatte, war ihr ihre Sorge sicher anzusehen, als sie die Hände gegen seiner Oberkörper legte. „Du bist wieder geheilt?“ Nicht die netteste Art, das mit etwas Druck auf die Stellen, wo die Wunden gewesen waren, zu testen, aber mit dieser verfluchten Verkleidung sah sie nichts. Konnte nicht sicher gehen, dass er wirklich wieder in Ordnung war.
Maenor schien wirklich wieder ganz zu sein, sodass Xavi von ihm zurückwich und wieder Platz nahm, ihre Tasse zur Seite schob und den Stuhl zurück an seinen Platz zog. Die Sorge wurde wieder vom Ärger abgelöst, oder mischte sich zumindest damit. „Warum bist du zu spät? Eine … über eine halbe Stunde.“ Wenn sie das nach der Länge ihrer Playlist schätzte. „Ich habe besseres zu tun, als hier mein Geld für Tee hinauszuwerfen.“ Der Tee war zwar gut, aber dennoch. Ihre Stimme nahm wieder Schärfe an, nicht nur aber, weil sie gewartet hatte, sondern auch um ihre vorherige Reaktion zu überspielen. Die Angst, die sie für einen Moment im Griff gehalten hatte und noch immer in ihren Adern hing. Maenor nahm ihr gegenüber Platz und sie erwiderte seinen Blick ohne Zögern. Ärger und Sorge wechselten sich weiterhin auf ihrem Gesicht ab, zusammen mit einer Spur von Schuldgefühlen. „Die Ärztin … die alte Schreckschraube, hat mich aus dem Zimmer geworfen. Sie meinte, ich störte und soll mir ein ordentliches Bett suchen, anstatt auf dem Stuhl zu schlafen.“ Xavi hatte diskutiert, aber sich schließlich vertreiben lassen, um die Frau ihre Arbeit machen zu lassen. Auch wenn sie seitdem kein Update mehr zu seinem Zustand bekommen hatte. „Aber es scheint, du bist zurück in deinem alten Ich, dem ich ebenfalls gerne etwas Spitzes in das Hinterteil verpassen würde.“ Xaviera hatte keine Ahnung, wo sie stand, fühlte sich, als würde sie versuchen zu fliegen, ohne zu wissen, wie Flügeln funktionierte. Sie tat ihr Bestes, aber kippte immer wieder seitlich um. Sie hatte keinen Moment in der Hütte vergessen, oder danach, aber sie hatte zu viel Chaos in sich, um es wirklich zu beschreiben. Ihre Wut auf die Person, oder das Wesen, dass ihn verletzt hatte. Ihre Panik, ihn an den Tod zu verlieren. Ihren Ärger jetzt. Und dann war da noch der Kuss, der die ganze Sache nicht einfacherer machte. Das er ihr gefallen hatte. „Was ist eigentlich passiert, bevor … bevor ich dich gefunden habe?“ Sie war nie dazu gekommen, das herauszufinden. Und es war ein einfacheres Thema als das, was ihr im Kopf herum spuckte.
Der Lichtmagier seinerseits bot ebenfalls eine willkommene Ablenkung von all dem in ihr drinnen an, was man vermutlich auch in ihrem Gesicht sehen konnte, und legte ihr ein verknittertes Papier vor die Nase. „Passt keiner auf seine Dokumente auf?“, murmelte sie, den Kopf schüttelnd. Ihre Haare fielen ihr dabei über die Schultern in die Augen und sie streifte die meisten davon zu. Genug, um einen Blick auf das Stück Papier zu werfen. Sie überflog den Vertrag. Die Auflistung der Dinge, die er mit dem Vertrag bekam … die Fläche der Wohnung. Den Standort und den Preis. Xavi pfiff leise. „Ich habe nicht viele Mitverträge bisher gesehen, meine Mutter war mehr auf Gegenstände fokussiert, aber von dem, was ich mich erkundigt habe … ja. Definitiv ja.“ Vierhunderttausend Jewel im Monat. „Wie viel arbeitest du, um die Summe zusammen zu bekommen?“ Entweder sehr viel oder er hatte Schulden. Beides war nicht die beste Wahl. Xavi hob den Blick des Papiers und begegnete wieder seinem Blick. Zwang sich dazu, ihm standzuhalten. „Ich habe deine Wohnung nicht gesehen, also wenn wir früher dort sind als dein Vermieter, wäre das gut.“ Sie verdrängte, wie der Gedanke ihr Herz ein klein wenig schneller schlagen ließ. „Hast du vor dem Einziehen keine anderen Preise und Wohnungen verglichen? Ich bin sicher, die meisten zahlen knapp die Hälfte von dem hier.“ Sie deutete auf den Zettel.
Als sich Xaviera wie von der Tarantel gestochen erhob und um den Tisch herumging, um den ankommenden, verhüllten Maenor aus nächster Nähe betrachten zu können, musste dieser schmunzeln. Es schien, dass sie Beide einen weiteren Charakterzug teilten: es interessierte sie nicht, was ihre Mitmenschen um sie herum dachten. Die abrupte Bewegung der Rothaarigen hatte nämlich für einiges an Aufsehen gesorgt, doch weder sie noch der Verhüllte schienen sich groß daran zu stören. Allerdings gelang es der Aralies letzten Endes doch noch ihn etwas zu überraschen, als sie ihre Hände auf den Stoff über seine Narben an der Brust legte und probeweise Druck ausübte. Der Fice besaß den Vorteil, dass die Schattenmagierin nicht sein Gesicht lesen konnte - aber er zog die Augenbrauen hoch und grinste. "Ich könnte dir meine Narben ja zeigen, allerdings glaube ich, dass ich damit etwas zu viel Aufsehen erregen könnte.", teilte er ihr schmunzelnd mit, während er seine eigenen Hände auf die weichen und zierlichen Gegensätze der rothaarigen Feenmagierin legte.
Die anfängliche Nähe der Beiden war jedoch schnell wieder verflogen, kaum hatte Xaviera festgestellt, dass er kein Geist war und es ihm gut ging. Als sich die junge Frau mit einem teils verärgertem, teils vorwurfsvollem Ton danach erkundigte, warum er sie so lange hatte warten lassen, wäre der Hang zur Dramaturgie beinahe mit Maenor durchgegangen. Schon wollte er seinen Handrücken theatralisch an die Stirn legen und eine Show zum Besten geben ... ehe er es sich spontan anders überlegte. "Eigentlich wollte ich gerade von meiner heldenhaften Rettung eines Kindes berichten, weshalb ich leider zu spät bin ... aber die traurige Wahrheit ist, dass ich den verdammten Laden hier nicht gefunden habe. Das ist das vierte Café, in welches ich wie ein Depp reinstapfe, mich nach dir umschaue und wieder gehe. Hast du eine Ahnung, wie viele Cafés es hier gibt? Die sprießen echt wie Pilze aus dem Boden! Die Besitzer waren echt nicht begeistert, aber nun habe ich dich ja gefunden!", führte der junge Mann mit einer Handbewegung aus. Hmpf, wieso hatte er sich für die Wahrheit statt irgendeiner flapsigen Lüge entschieden? Wollte er etwa die Aralies nicht anlügen, sondern ihr einen Einblick in seine wahre Gedankenwelt offenbaren? Nein, das konnte nicht sein, bestimmt war es nur eine seiner Launen. Diese ungewohnten Gedanken beiseite schiebend, stützte der verhüllte Magier seinen Kopf auf seiner Hand ab, während er den Erzählungen der Rothaarigen bezüglich der alten Schreckschraube lauschte. Offensichtlich hatte auch Xaviera so ihre Differenzen mit ihr gehabt, die Maenor dann hatte ausbaden dürfen. Schön, oder? Jedenfalls musste er bei der letzten Aussage der Aralies herzlich auflachen, was wieder dazu führte, dass einige der Gäste den beiden Magiern neugierige Blicke zuwarfen. "Ich stehe ja darauf, wenn es etwas wilder zu sich geht, aber "mein Allerwertester" und "spitze Gegenstände" in einem Satz höre ich dann doch weniger gerne.", gab der junge Mann einen Konter zum Besten und grinste seine Gegenüber frech an - was diese natürlich nicht sehen konnte. Möglicherweise konnte sie aber sein Grinsen am Klang seiner Stimme raushören. Das breite Lächeln auf dem Gesicht des jungen Mannes erstarb jedoch etwas, als sich die junge Frau nach den Hintergründen seiner schweren Verletzungen einige Wochen zuvor erkundigte. "Lass uns später darüber reden, wenn wir unter uns sind, die Wände hier haben Ohren. Das ist nichts, was ich gerne in der Öffentlichkeit besprechen möchte." Tja, aber was würde er ihr alles erzählen? Dass er angegriffen worden war? Das würde die Frage nach sich ziehen, wieso. Andererseits verdankte er ihr sein Leben, also hatte sie zumindest ein bisschen das Recht, etwas zu erfahren? Schwierig, schwierig ... naja, egal! Das war ein Problem für den Maenor der Zukunft - sprich, den Maenor in ein bis zwei Stunden.
Gebannt beobachtete der Fice die Aralies dabei, wie sie die Dokumente studierte. Etwas dümmlich und ertappt drein blickend, kratzte sich der Fice am Kopf, ehe er zu einer Antwort ansetzte. "Verstehst du jetzt, wieso ich ständig pleite bin? Und von den Möbeln will ich gar nicht erst anfangen..." Als ihm die Fairy Tail Magierin mitteilte, dass sie sich vor Ankunft seines Vermieters die Wohnung ansehen wollte und ihm außerdem verriet, dass etwa die Hälfte der Miete angemessen wäre, stand nun der braunhaarige Magier wie von der Tarantel gestochen auf. "Die Hälfte? Ernsthaft? Na worauf warten wir, nichts wie los!" Voller Begeisterung nahm er Xavis Hände in seine eigenen und schüttelte diese vor Aufregung. Außerdem freute er sich bereits darauf, der Schattenmagierin seine Wohnung und vor allem seine Zeichnungen zu zeigen. Die junge Frau war alles andere als 0815, von daher freute er sich besonders über diesen Besuch. Ganz zu schweigen, dass da ja etwas zwischen ihnen war, was sie vielleicht noch erörtern würden! Den Kommentar zum Preisvergleich ignorierte der exzentrische Künstler einfach. Als ob ihm das als Analphabet irgendwas gebracht hätte, mal ernsthaft. Dann aber schnell nichts wie los, ehe noch ein Kellner kam und den Fice fragte, was er trinken wollte!
Am federnden Schritt des Lichtgodslayers konnte man erkennen, dass er gespannt wie ein Flitzebogen war. Die Höhe der Miete seiner Wohnung wurde neu verhandelt. Und Xaviera war da und würde diesen Kampf für ihn übernehmen. Zwar waren einige Erinnerungen an den Abend, an dem sie ihn gefunden hatte, etwas verschwommen... doch an das meiste konnte er sich noch gut erinnern. Aber zunächst ging es ums Geschäftliche! Die Wohnung war ironischerweise nicht mal allzu weit vom Café Taurus entfernt. Da hatte der Gute ja mal eine richtig unnötige Odyssee in Maldina durchgemacht und all die Cafés besucht, die er nie wieder betreten würde. Dementsprechend erreichten die beiden Magier alsbald die Wohnung und es blieb mir zu hoffen, dass ihm die Rothaarige deswegen keinen Spruch drückte. Aber wie er sie kannte, würde sie den Fakt sicher nicht unerwähnt lassen, nicht wahr? Die Wohnung des jungen Mannes befand sich in einem Mehrfamilienhaus, in unmittelbarer Nähe zum Maldina Park. "Nach mir, würde ich sagen.", gab Maenor mal wieder flapsig von sich und lief ins oberste Stockwerk, ehe er nach seinem Schlüssel kramte. Die Haustür öffnete und dieses Mal er der rothaarigen Magierin den Vortritt ließ. Ordnung würde sie hier vergebens suchen: der Esstisch quoll über vor Zeichnungen arkaner Symbole, die er einst auf Reisen mit Ra gesehen hatte sowie diverse Bilder seiner Albträume von Apophis, einer riesigen Schlange und der Erzfeind seines Vaters, die ihm aus irgendeinen Grund ans Eingemachte wollte. Puh, er konnte es kaum erwarten, endlich diese Ganzkörperverhüllung abzulegen und wieder frische Luft zu haben! Aber wichtiger war doch: was hielt Xavi von seinem bescheidenen Heim?
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