Ortsname: Hafenpromenade Art: Freifläche Spezielles: --- Beschreibung: Die Hafenpromenade Hargeon Towns ist ein wunderschöner, gepflasterter Weg direkt am Hafenbecken der Stadt. Der Blick über das gesamte Hafenbecken ist von hier aus möglich. Viele Geschäfte, Restaurants und Cafés haben sich deswegen hier angesiedelt. Bis zum späten Abend ist dieser Ort voller Touristen, da der Sonnenuntergang über dem Meer von hier aus besonders gut zu sehen ist.
„Keine Chance. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher“, meinte Norah mit einem Kopfschütteln. „Zwischen Miya und Akio ist null romantisches Interesse.“ Nach Allem, was er gehört und gesehen hatte, hatte der N'doul keinen Zweifel an seiner Schlussfolgerung. Keine Chance, dass zwischen den beiden je was laufen würde. Sie hatten praktisch keine Chemie miteinander. Die nächste Frage von Kitani irritierte ihn dann aber, ließ das Weißhaar die Augenbrauen zusammen ziehen. „Was? Was ist der Unterschied? Wenn sie keinen Freund hat, hat sie auch keine Freunde. Das ist nämlich die Mehrzahl“, meinte er und Schüttelte den Kopf. „Ich hab gar keinen Freund, hat sie gesagt. Das ist ziemlich eindeutig, meinst du nicht auch?“ Offenbar legte Kitani ihre Worte ein bisschen anders aus, als Norah es tat. Um fair zu sein: Der Fuchs war im Allgemeinen der Klügere von den beiden, also neigte der Schakal dazu, sein Vertrauen in dessen Gedanken zu legen. „Wenn du das sagst...“, murmelte er und verzog leicht das Gesicht, offensichtlich nicht sehr zufrieden mit der Situation, aber gut. Wenn der Tahimora Recht hatte, dann machte das ihre Arbeit einfacher. Dann weiteten sich seine Augen. „Du-!“ Nach diesem ersten, lauten Wort zuckte er zusammen und senkte seine Stimme: „Was soll das heißen, auch? Du magst Miya?“ Nein... nein. Es war ein Missverständnis. Ein Missverständnis! Erleichtert atmete er auf. „Diese Quest macht mich fertig...“
Okay, sie waren sich also jetzt sicher, dass die Zuneigung tatsächlich da war... Kit zumindest. Herausbringen mussten sie sie aber noch. Komplett verschwendet war die Zeit, die sie bisher aufgebracht hatten, nicht: Norah hatte es geschafft, dass Miya sich gedanklich stark mit ihrer Einsamkeit und ihren Bedürfnissen beschäftigte – und damit, wessen Nähe sie gerne als Erlösung aus dieser Einsamkeit nehmen würde. Akio dagegen spürte mehr Druck denn je. Nicht länger war er in einer Situation, in der er einfach warten und hoffen konnte. Ein verdammt gutaussehender Typ hatte Interesse an der Frau entwickelt, die er liebte, und der war deutlich gewillter, direkte Fragen zu stellen und sich in den Mittelpunkt zu rücken. Wenn er nicht handelte... dann würde es ein anderer tun. Und das war angsteinflößend. Gedanklich waren also beide schon am richtigen Ort. Jetzt fehlte nur noch der letzte, große Anstoß. „Ja! Die Feuer-Taktik! Machen wir das!“, nickte Norah entschlossen und warf einen fokussierten Blick an der Seite des Regals vorbei. Gut, Miya und Akio standen noch hinten bei der Umkleidekabine, Köpfe hochrot. Sie sprachen miteinander, nervös, hastig. In diesem Moment würden sie nicht merken, was passierte. „Legen wir los!“ Es war deutlich einfacher für Norah, mit seiner Magie zu punkten, als mit seiner Empathie oder seinem Intellekt. Achtsam streckte er seine Hand aus, darauf achtend, dass er nicht beobachtet wurde, und legte sie an eine der schicken Damenjacken, die nebeneinander an diversen Kleiderhaken hingen. Schnell zogen sich Flammen den Stoff entlang, umschlossen die gesamte Jacke. Wer es nicht besser wusste, würde denken, dass sie am Verbrennen war, nicht ahnend, dass das Feuer dem Gegenstand selbst nicht schaden konnte. Mit einem verschmitzten Lächeln hüpfte Norah von den Jacken weg, baute Distanz auf, um nicht mit dem Feuer in Verbindung gebracht zu werden, ehe er ausrief:
Element Enchantment: Fire TYP: Elementlose Magie ELEMENT: Feuer KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 25 MAX. REICHWEITE: Berührung SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Manaregeneration Level 2, Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Dieser Zauber erlaubt es dem Anwender, Teile eines Gegenstandes mit einer Flamme zu überziehen, die nicht durch einfaches Schwingen erlöschen wird. Diese ist hell, heiß und tut bei Berührung weh. Der Zauber kann auf eine Waffe gewirkt werden, damit diese Gegner bei Kontakt verbrennen kann, eignet sich aber auch als Lichtquelle im Dunkeln.
A wise mage once said: Understand what works against you, and it will work for you instead. That mage was me, of course!
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Kitani
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"Hundertprozentig?", wiederholte der Fennec und ließ resigniert die Ohren hängen. Wie konnte das bloß sein? Die Auftraggeberin war doch so überzeugt, dass die Beiden verliebt waren und nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung brauchte. Das alles wurde immer und immer komplizierter und verwirrender ... liefen alle diese Quests so ab? "Naja, je nachdem, was sie genau gemeint hat ist da schon ein Unterschied", erklärte Kit, "Es ist ja so, dass es verschiedene Arten von Freund gibt." Und wenn Miya es genau so ausgedrückt hatte, wie Norah es nun wiederholte, dann war nicht ganz klar, welchen Freund sie nun meinte. "Ich weiß ja nicht... so ganz eindeutig finde ich das nicht." Er mochte es überhaupt nicht, dem N'doul zu widersprechen, weshalb er mit dem Blick auswich. Sein Kumpel wirkte schließlich so überzeugt von seiner Annahme. Vielleicht hatte er ja auch Recht und der Tahimora irrte sich? Vielleicht wollte er einfach nur daran glauben, dass es da eine gewisse Anziehung zwischen den Beiden gab, sodass sie ihren Auftrag erfolgreich erfüllen konnten? Vielleicht wollte er es so sehr, dass er die Realität nicht sehen konnte? Was auch immer nun die Wahrheit war, auf keinen Fall wollte Kit einfach aufgeben, bevor sie es überhaupt versucht hatten! Vorher mussten sie aber noch unbedingt alle Unklarheiten aus dem Weg räumen. "I-ich? Was? Nein!!" Wieso glaubte nun sogar der Schakal, dass der Untote romantisches Interesse an Miya hatte? Er kannte sie doch nicht einmal! "Ich habe doch schon einen besten Freund, da ist kein Platz mehr für jemand anderen, schon gar nicht für eine Fremde. Also wirklich", murrte er leise und verschränkte die Arme vor der Brust. Er brauchte und wollte gar niemanden außer Norah und er glaubte auch nicht, dass er jemals jemandem so vertrauen würde wie dem Weißhaarigen. Wieso sollte er sich da noch eine feste Freundin anschaffen wollen? Er war wirklich voll und ganz zufrieden! "Aber warte mal ... ich kann ja so tun!" Ein freches Lächeln huschte über die Lippen des Fennecs. "Wenn Akio glaubt, dass Miya ihm weggeschnappt wird, dann muss er handeln! Egal ob er sie nun als eine oder als die Freundin sieht, oder?!" Das passte doch perfekt mit ihrem Feuer-Plan zusammen. Wenn Kit so tat, als würde er der Rothaarigen ebenfalls zur Hilfe eilen, dann realisierte Akio womöglich, wie dringlich die Situation war. Dann musste sich der Untote nur noch langsam machen, um 'zu spät' zu kommen und die Sache war gegessen! Vielleicht war er ja dann auch ein wenig nützlich, auch ganz ohne Magie! Sein Herz hüpfte aufgeregt. Norah war mit von der Partie, also konnten sie direkt loslegen. "Ja! Auf geht's, gemeinsam schaffen wir das!" Er legte seinem besten Freund kurz die Hand auf die Schulter und nickte ihm zu, ehe er zu einem Kleiderständer lief, der ein Stück entfernt war. Es durfte auf keinen Fall auch nur die Idee aufkommen, dass sie das hier geplant hatten. Zumindest nicht, bevor sie den Plan komplett durchgezogen hatten. Ein wenig nervös machte ihn die Distanz zu seinem besten Freund allerdings schon. Zwar wusste er, dass keine wirkliche Gefahr herrschte, aber was, wenn trotzdem irgendwas schief ging? Sein Schweif zuckte unruhig, während er einige Kleiderbügel hin und her schob. Er musste einfach an Norah, aber vor allem auch an sich selbst glauben. Bisher hatten sie doch immer alles geschafft, was sie sich in den Kopf gesetzt hatten. "Es brennt?!", wiederholte er laut und schockiert, nachdem die Stimme des N'douls den Raum erfüllt hatte. Seine Augen huschten einen Moment lang hinüber zu der 'brennenden' Jacke. Es war wirklich unglaublich, wie real die Flammen wirkten. Wüsste er es nicht besser, hätte er garantiert geglaubt, dass sie echt waren. Seine Bewunderung und Faszination musste er sich jedoch für später aufheben, denn er hatte Norah ja versprochen, so zu tun, als würde er der Verkäuferung zur Rettung eilen wollen. "Miya??" Hektisch setzte er sich in Bewegung, flitzte in die Richtung, in der er sie nur wenige Minuten zuvor noch gesehen hatte. Als er um eine Reihe Kleiderständer schlitterte, trafen sich schließlich Akios und sein Blick. Der Blauhaarige stand noch immer neben der Rothaarigen, doch er regte sich keinen Millimeter, während sie immer wieder an seiner Schulter rüttelte und seinen Namen wiederholte. Erst, als er seinen 'Rivalen' erblickte, schien er sich aus seiner Schockstarre lösen zu können. Er packte die junge Frau an der Hand und setzte sich in Bewegung. "Ich werde dich retten, keine Angst!" War das nicht etwas dramatisch? Naja, egal. Bei ihr schien es zu ziehen, denn ihr Gesicht wurde knallrot. Ihre Augen lagen ausschließlich auf ihren Händen, während sie von ihm inrichtung Ausgang geführt wurde. "A-aber mein Laden ... i-ch kann nicht einfach gehen!", versuchte sie, leise zu widersprechen, doch er ließ keine Diskussion zu. "Dein Leben ist viel wichtiger!" Ein zufriedenes Lächeln zeichnete sich auf Kitanis Gesicht ab. Er hatte wirklich nicht viel Ahnung von all dem Zeug, aber das klang doch ziemlich gut, oder? Mehr oder weniger hatte er ihr doch gerade gesagt, dass sie ihm ziemlich viel wert war, oder? "Keine Sorge, mein Freund und ich sind Magier, wir kümmern uns darum, dass sich das Feuer nicht weiter ausbreitet!", rief Kitani ihnen hinterher. Ihm war vollkommen bewusst, dass er im Falle eines echten Brands vollkommen nutzlos wäre, doch zum Glück war das hier nicht der Fall, er konnte die Lüge also ohne Bedenken aussprechen. Jetzt blieb also nichts weiter übrig, als abzuwarten und zu hoffen, dass sie den Rest alleine hinbekamen, oder?
„Verschiedene Arten?“ Sichtlich irritiert starrte Norah Kitani an. Was meinte der denn bitte mit verschiedenen Arten von Freund? Gut, konnte schon sein, dass der N'doul irgendwann mal so etwas gehört hatte, aber so wenig Interesse, wie er an dem Thema hatte, war nicht viel davon hängen geblieben. Den Kopf schüttelnd seufzte er. „Warum müssen Leute über solche Sachen immer in Rätseln reden...?“ Aber gut. Kitani war der Meinung, dass noch nicht alle Hoffnung verloren war, und solange das der Fall war, würde Norah nicht aufgeben. Nur die Methodik gefiel ihm irgendwie gar nicht. „Du... willst so tun, als würdest du... auf Miya stehen?“ Die Zähne bleckend und die Wangen gerötet musste sich Norah sehr auf die Zunge beißen, um seinen besten Freund nicht entrüstet anzusehen. Das... das war okay. Das war vollkommen okay. Es war sogar sinnvoll. Zielführend. Gab keinen Grund, es nicht zu tun. „Ja... ja, mach das“, nickte er angestrengt und presste die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Das tat Kit sicher nur, weil es sein musste, und es gab keinen anderen Grund. Wenn er sagte, dass er kein Interesse an ihr hatte, dann stimmte das auch. Schließlich war niemand auf der Welt so vertrauenswürdig wie der Tahimora. Langsam ausatmend beruhigte sich Norah wieder. Richtig. Er konnte Kit vertrauen. Daran, zumindest, gab es keinen Zweifel.
Einen kurzen Zauber später war das vermeintliche Feuer auch schon gelegt und mit aufmerksamen Augen beobachtete Norah auch schon, wie Akio sich ein Herz fasste und Miya mit sich aus dem Laden zog. Wenn es darauf ankam, konnte er wohl doch ein bisschen Mut zeigen, hm? Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen gab der N'doul der Tür hinter sich einen Stoß, um diese zu schließen, damit die beiden Verliebten in Ruhe reden konnten – und nicht hören würden, was er und Kitani besprachen. „Lief doch gut“, meinte er, zufrieden, während er auf die brennende Jacke zutrat, und legte eine Hand an deren Kragen. Das gute an seinen Verzauberungen war, dass sie nicht das ganze Objekt gleichermaßen betreffen mussten. Er musste Sachen berühren, um die Verzauberung wieder aufzulösen, da wäre es schlecht, wenn jedes letzte Stückchen in Flammen gehüllt war. Dementsprechend hatte er diesen Teil hier freigelassen, und kaum berührte er ihn, löste Norah seinen Zauber auch schon auf. „Bitte sehr, alles wieder sicher... hm?“
Eine interessante Eigenheit der Feuer-Verzauberung war, dass nur die Flammen direkt am verzauberten Gegenstand magischer Natur waren. Sie verhielten sich größtenteils wie jedes andere Feuer auch, war heiß genug, um auch andere Dinge in Brand zu stecken. Diese übergesprungenen Flammen waren dann nicht mehr Teil des Zaubers, sondern ganz normales Feuer, und wurden nicht ausgelöscht, wenn der Zauber beendet wurde.
Norahs Augen weiteten sich, als er schnell einen Schritt zurück huschte, und sein Blick fokussierte die beiden Jacken, die direkt neben der hingen, die er verzaubert hatte. Sie... sie brannten! An den Ärmeln waren sie sich wohl nah genug gewesen, dass das Feuer übergesprungen war, und nun breiteten sich die Flammen rasant auf dem trockenen Stoff aus. Als wäre das nicht genug, sprangen sie jetzt wieder zurück und umschlossen somit auch die Jacke, die bis vor wenigen Sekunden noch verzaubert und damit sicher gewesen war. „F-Feuer!“, rief Norah aus, dieses mal tatsächlich schockiert, und blickte sich schnell um. „Ich... ich kann es nicht mit Magie löschen“, stellte er fest und sah besorgt seinen besten Freund an. „Was... was machen wir jetzt?“
Oh man, brachte man Schmanen denn überhaupt nichts über Gefühle und Beziehungen bei? Auch der Krieger selbst hatte in dieser Hinsicht nicht viel gelehrt bekommen, aber das wusste man doch! "Ich glaube ich muss mir, wenn wir hier fertig sind, mal die Zeit nehmen, dir das zu erklären", kicherte er kopfschüttelnd. So wie er Norah kannte, würde dieses Gespräch etwas länger dauern und dafür hatten sie gerade eben wirklich keine Zeit. Die Gefühlswelt des N'douls war wirklich manchmal eine Sache für sich. Wieso war er bloß so schockiert, dass Kitani sich bereit erklärte, für einen kurzen Moment so zu tun, als hätte er Interesse an der Rothaarigen? Er tat doch nur so! Wenn jemand wusste, dass er sich nicht wirklich für fremde Frauen interessierte, dann war das ja wohl Norah! Glücklicherweise gab er ihm trotz seines Entsetzens das Okay. Dankbar legte der Schwarzhaarige seinem Freund die Hand auf die Schulter. "Ich werde dir jetzt mal beweisen, dass ich am besten Schauspieler geworden wäre", scherzte er, um die angespannten Nerven seines Gegenübers hoffentlich ein wenig zu beruhigen. Auch für ihn selbst war die Sache durchaus komisch, doch einen kurzen Moment später war es auch schon vorbei. Die zwei Turteltäubchen waren aus dem Laden geflüchtet und ließen die Magier auf Geheimmission alleine zurück. Der untote Fennec unterdrückte ein aufgeregtes Quietschen, sprang stattdessen einige Male auf der Stelle auf und ab. "Besser hätte es gar nicht laufen können!", erwiderte er begeistert, hüpfte hinüber zu seinem Kumpel und hielt ihm die Hand zum Einschlagen entgegen. Sie waren eben doch das allerbeste Team auf dieser Welt! Wenn sie zusammenarbeiteten, dann konnte gar nichts schief gehen! Naja, fast. Begeistert beobachtete er, wie der Weißhaarige die Hand über sein 'Feuer' legte und dieses dadurch wieder verschwinden ließ. Es gab kaum etwas, das er faszinierender fand als diese Magie. Oh, wenn er doch auch selbst mit so einem Talent gesegnet wäre! Was für coole Dinge er dann wohl hätte anstellen können? Geduldig wartete er darauf, dass Norah das Selbe auch mit den anderen Jacken tat, die in Flammen standen ... doch das geschah nicht. Sein Blick löste sich von der brennenden Kleidung und sprang hinüber zu seinem Kumpel. Sofort wusste er, dass etwas nicht stimmte. Er kannte ihn inzwischen lang genug um sofort an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen, wenn etwas nicht nach Plan verlief. "W-wie? Feuer? Ich dachte das ist kein echtes Feuer!" Angst ergriff sein Herz und begann, dieses regelrecht zu zerquetschen. Seine Muskeln begannen, schwer zu werden, weigerten sich, sofort auf seine Befehle zu hören. "Ich ... ich ... i-" Er fühlte sich wie gefesselt. Würde er hier erneut sterben? Nur wegen so einem dummen Auftrag? Das ... das konnte nicht sein. Er wollte nicht wieder sterben, er war doch gerade erst zurück gekehrt!! Sein Blick war an die heißen, hungrigen Flammen geklebt, doch aus den Augenwinkeln konnte er noch immer Norah erkennen, der sich hilfesuchend an ihn wendete. Richtig. Falls er hier starb, dann würde er nicht der Einzige sein. Wenn er nichts tat, dann würde sein bester Freund hier womöglich ebenfalls sein Leben verlieren. Das konnte er auf gar keinen Fall zulassen! Der Griff der Angst um seinen Körper löste sich wie Ketten, die in ihre Einzelteile zersprangen. "Kannst du keinen Kälte- oder Wasserzauber??", fragte er, bevor er den Flammen entgegen schritt und all die umliegende Kleidung, die noch nicht betroffen war, packte und fortriss. Auf gar keinen Fall durfte es sich weiter ausbreiten! Gierig leckte das Feuer nach seinen Ärmeln und Haut, doch sie schafften es noch nicht, ihn zu erreichen. Die Hitze spürte er aber durchaus. "Ich lasse nicht zu, dass dir was passiert! Wenn das hier ausartet, will ich, dass du fliehst, okay?" Seine Stimme zitterte, doch er war entschlossen. Er wollte nicht sterben, doch er war bereit, sein Leben für seinen besten Freund zu geben, wenn es sein musste.
Vermutlich hätte Norah damit rechnen sollen, dass in einem Laden voller trockener Klamotten das Risiko bestand, dass der Funken überspringen könnte… aber so weit hatte er mit seinem spontanen Feuerplan dann nicht gedacht. Wie zuvor erwähnt: Er war nicht der große Stratege in dem kleinen Duo. Er war nur ein Schamane. Es gab Dinge, mit denen kannte er sich aus, und seine Magie hatte ihren Nutzen, aber das war es auch schon mit Norahs mentalen Fähigkeiten. Er schüttelte den Kopf, nervös, aber nicht so furchtsam wie der Fennec. “Es sind schon richtige Flammen”, erklärte er die Wirkungsweise seiner Magie. “Die Verzauberung legt sich um den Gegenstand, auf dem sie liegt, deswegen wird nicht die verzauberte Kleidung verbrannt. Andere Sachen kann man trotzdem verbrennen.” Da der Zauber in erster Linie für den Kampf gedacht war, wäre es auch nicht sonderlich clever, wenn er nichts verbrennen könnte. Nur in diesem Fall war das halt… ein bisschen unglücklich.
“Hä? Was redest du?” Überrumpelt bleckte Norah die Zähne, als Kitani sagte, dass er fliehen und den Krieger zurücklassen sollte. Meinte er das ernst? Glaubte er, dass das funktionierte? Auch wenn der N’doul sich schwer damit tat, seinem besten Freund Wünsche abzuschlagen, würde er ihn auf keinen Fall zurücklassen. “Keine Chance, Kit! Wenn überhaupt, dann haust du ab und ich deck dir den Rücken!” Der Schakal hatte damals den Körper des Tahimora nicht beschützt, um ihn noch einmal zu verlieren. Es war schon ein Wunder, dass er einmal wiederauferstanden war. Ein zweites Mal würde er dieses Risiko nicht eingehen. Norah passte auf Kit auf, das war sein Wunsch und seine Pflicht. Er würde ihn sicher nicht verbrennen lassen! Andererseits… war es überhaupt nötig, dass einer von ihnen hier zurückblieb? “Hauen wir doch einfach beide ab!”, stellte Norah perplex fest, als er einen Blick über seine Schulter zur Tür warf. Dass einer den anderen deckte war eine dramatische Idee, aber notwendig war es wirklich nicht. “Der Weg zur Tür ist frei! Das Feuer ist nur hier drüben! Wir kommen hier locker raus!” Er hätte auch kein Problem damit, den Laden hier abfackeln zu lassen und so zu tun, als wäre es nicht seine Schuld gewesen. Zum Überleben musste man eben tun, was getan werden musste, da fielen auch mal Späne. Aber Kit war besser als er. Der wäre mit so einer Lösung wohl nicht zufrieden. Leise stöhnte Norah auf. “Wasser krieg ich nicht hin…”, stellte er mit einem kurzen Kopfschütteln fest, ehe er die Augenbrauen zusammenzog. “Aber Kälte… Kälte geht, ja.”
Die Hand an eine der brennenden Jacken legend, die Kit isoliert hatte, leitete Norah sein Mana hinein. Erschöpft ausatmend stellte er fest, wie viel Mana auch nur ein einzelner Zauber kostete - so kurz nach dem Feuer spürte er das deutlich. Aber das sollte ihn nicht aufhalten. Eine dünne Eisschicht legte sich um die Gesamtheit der Jacke, erkaltete die Flammen in einem Zug, sodass sie erloschen, während die Jacke selbst ein wenig starrer wurde. Die anderen, brennenden Jacken vom Bügel ziehend legte Norah sie auf den Boden und klopfte mit der eisigen Jacke darauf, sah dabei zu, wie die Kälte sich ausbreitete, bis auch der letzte Funkel erloschen war. Erleichtert atmete er aus, fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. “Das wär’s… das Feuer ist aus”, stellte er fest und sah Kitani in die Augen. “Nehmen wir noch fix meinen Speer mit und dann raus hier!”
"Achso..!" Norahs Magie war schon wirklich etwas besonderes! Zwar hatte Kit irgendwie nicht daran gezweifelt, dass es echte Flammen waren, gleichzeitig hatte er aber auch nicht erwartet, dass diese sich, eben wie die echten, einfach ausbreiteten. Das war merkwürdig und faszinierend zugleich! Oh, wie er den Weißhaarigen doch für seine Fähigkeit bewunderte! Gleichzeitig musste er sich diese Eigenart der Magie aber unbedingt merken, durfte sie niemals mehr vergessen, sodass Unfälle wie dieser sich nicht wiederholten. Falls es überhaupt dazu kam, denn erst einmal mussten sie dafür sorgen, dass sie hier nicht gemeinsam mit der Kleidung verbrannten. So weit würde es zwar vermutlich nie kommen, doch für den ängstlichen Fennec sah dieses Feuerchen aus wie ein riesiger Waldbrand. Die Flammen wirkten riesig und hungrig nach mehr, ließen seine Muskeln schon fast zu Stein werden. Ein Gedanke befreite ihn jedoch von seiner lähmenden Angst: Norah. Für den N'doul durfte er nichts unversucht lassen, er musste zumindest versuchen, den Brand aufzuhalten und falls das nicht gelang, dafür Sorgen, dass sein bester Freund hier heraus kam. Auch unter Aufopferung seines eigenen Lebens. Der Schwarzhaarige konnte sich sowieso nicht vorstellen, in einer Welt ohne Norah zu leben. Dieser schien von dieser Idee allerdings alles andere als begeistert. "Ich würde niemals ohne dich abhauen!" Schließlich war er nicht nur sein Lebensretter, sondern auch sein allerbester, treuerster Kumpel. Ein Leben ohne den Schakal war einfach kein Leben. Natürlich konnten sie auch einfach gemeinsam fliehen, aber was wurde dann aus dem Laden hier? Der Tahimora wollte es nicht unversucht lassen, ihn zu retten. Sie hatten Miya schließlich versprochen, dass sie sich um das Feuer kümmerten. Das war zwar vor der Realisation, dass der Zauber sich ausgebreitet hatte, gewesen, doch sein Wort stand für sie noch immer. Sie wusste schließlich nicht, dass es nur ein Schwindel war. Außerdem hatte er irgendwie Angst vor den Folgen. Was passierte, wenn man herausfand, dass das Duo Schuld an dem Brand war...? Nein, das wollte er gar nicht erst herausfinden! Irgendeine Lösung musste es doch geben! Vielleicht ja ein anderer Zauber? Wasser gehörte wohl nicht zu den Dingen, die Norah schaffen konnte, doch einen Kältezauber schien er zu beherrschen! Zwar hatte Kit noch nie gesehen, dass jemand versucht hatte, Flammen zu erfrieren, aber eigentlich müsste es doch klappen! Kälte war schließlich das exakte Gegenteil von Feuer. "Dann versuch es!" Mit großer Sorge in den grünbraunen Seelenspiegeln beobachtete er, wie Norah seine Hand der brennenden Kleidung entgegen streckte. Es tat ihm weh, einfach nur zusehen zu können. Wie gerne hätte er seinen besten Freund unterstützt oder gar dafür gesorgt, dass dieser gar nicht erst hätte einschreiten müssen, doch das konnte er nicht. Er war nutzlos, denn er beherrschte keine Magie. Auch mit seinem dummen Dolch konnte er in dieser Situation rein gar nichts ausrichten. So blieb ihm nichts anders übrig, als zu beobachten, wie sein bester Freund seine Unversehrtheit riskierte, um die Jacke mit einer dünnen Eisschicht zu überziehen und dann mit dieser auch noch die restlichen Flammen auszuklopfen. Sein Plan war aufgegangen! Eigentlich hätte er sich darüber gefreut, doch gerade überwiegte sein schlechtes Gewissen. Natürlich wollte er nicht, dass Norah davon wusste, weshalb er ein breites Lächeln aufsetzte. "Du bist ein wahrer Held!", rief er ehrlich und schloss seinen besten Freund direkt in die Arme. Sein Kinn auf der Schulter seines Gegenübers ablegend blinzelte er sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Er hatte es wieder nicht geschafft, ihn zu beschützen. Zwar war alles gut ausgegangen, doch was, wenn der N'doul keinen Kältezauber beherrscht hätte? "Niemand, wirklich niemand, ist so stark und talentiert wie du, Norah!" Auch er selbst nicht. Natürlich war er stolz auf seinen Kumpel, sein Herz schlug vor Freude, wenn er daran dachte, wie toll dieser war, doch gleichzeitig tat es weh, zu wissen, dass er ihn nicht unterstützen konnte. Zumindest nicht so, wie er es wollte. Wäre Kit überhaupt fähig, sein Leben für ihn zu opfern, wenn es nötig wäre? "Ja, ich möchte hier nicht länger bleiben." Mit großer Mühe schluckte er seinen Frust herunter und löste die Umarmung, ehe er zu den Umkleidekabinen flitzte, wo er sich den Speer schnappte, um ihn zurück an seinen Besitzer zu geben. Dabei vermied er jedoch vehement den Augenkontakt, denn er fürchtete, dass darin noch immer eine Spur seines schlechten Gewissens zu finden war. Er wollte nicht, dass Norah davon wusste und sich womöglich schlecht fühlte, weil er so viel talentierter war als sein Begleiter. Da eilte er doch lieber voraus zum Ausgang, riss die Tür auf und verkündete stolz und laut: "Der große Magier Norah N'doul hat den Brand eigenhändig gelöscht!" Dabei fiel sein Blick auch auf Miya und Akio. Arm in Arm standen sie in sicherem Abstand zum Laden, die Augen direkt auf den Überbringer der frohen Botschaft gerichtet. Erleichterung machte sich auf ihren Gesichtern breit, als sie seine Worte hörten. "Ah, ich bin so froh! Ich könnte ... ich könnte...!" Sie blickte kurz umher, ehe sie die Hände an die Wangen des Dunkelhaarigen legte, ihn zu sich heran zog und ihm einen dicken, womöglich etwas zu langen Kuss aufdrückte. Der Geküsste wusste gar nicht so recht, wie ihm geschah, doch seine Augen sprachen Bände. Schließlich löste sie sich von ihm und beendete ihren Satz: "Jemanden knutschen!" Damit hatte sich wohl nicht nur die Sache mit dem Feuer gelöst, sondern auch der eigentliche Grund ihres Auftrags. Kit hatte irgendwann mittendrin den Blick mit einem leisen "uhm..." abgewendet, denn soetwas zählte zu den Dingen, die er nur ungern mit seinen eigenen Augen sehen wollte.
“Eh?” Norah zeigte sich deutlich überrascht, als Kit ihn plötzlich als Held bezeichnete und in die Arme schloss. Das… war dann doch ein bisschen übertrieben, schließlich hatte der N’doul nur ausgebadet, was er selbst verbockt hatte. Ein Held sah anders aus… Trotzdem konnte er nicht anders, als ein wenig rot zu werden, während sein bester Freund in die höchsten Himmel lobte. Wie toll und stark und clever er doch sei. “Ich… schätze, das ist nicht falsch”, akzeptierte der wenig bescheidene Schakal dann doch die Komplimente, peinlich berührt, aber trotzdem stolz. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Wenn er Kit so glücklich machen konnte, dann war das all den Ärger wert. Rechts hielt Norah seinen Speer, links die Hand seines Freundes, während die beiden den größtenteils unversehrten Klamottenladen wieder verließen. Stolz stieß er das untere Ende seiner Waffe auf den gepflasterten Boden, während Kit erklärte, wie heldenhaft er das Feuer gelöscht hatte. “Ach, nicht der Rede wert. Das hätte jeder gemacht, der so talentiert ist wie ich”, meinte er nur und zog seine Schakal-Kapuze etwas tiefer, um zu verdecken, dass er gerade keinen Augenkontakt mit der Ladenbesitzerin hinbekam. Ai achtete aber sowieso nicht lange auf die beiden Stammeskinder, sondern wandte sich bald dem Knilch mit den blauen Haaren zu, der sie eben aus dem Laden gerettet hatte… und küsste ihn! Die Augen des N’doul wurden groß, während er die beiden unverhohlen anstarrte. Was war denn jetzt auf einmal los? Das kam so aus dem Nichts! Oder war das das Ergebnis seines Feuerplans? Naja… offensichtlich ja. Anscheinend hatte Norah heute echt auf voller Linie Erfolg gehabt! Nur einer drohte, ihm seinen perfekten Sieg kaputt zu machen: Akio, der perplex und ahnungslos mit offenem Mund dastand und Ai anstarrte, als wüsste er nicht, was gerade passiert war. Dann war es wohl noch einmal an ihm, die Situation zu retten.
“Du!”
Entschlossen deutete der Schakal mit seinem Speer auf den Blauschopf, der überrascht zusammenzuckte. “J-ja?”, rief er aus, nicht sicher, was gerade los war. Irgendwie wurde er von allen Seiten auf einmal überrannt. “Du bist jetzt ihr Freund”, stellte Norah klar und senkte seine Waffe, während er den Kopf schüttelte. “Sie braucht das… dringend.” Jetzt wurden sie beide knallrot, Ai und Akio gemeinsam. Er sah sie an, überfordert, und fuhr sich schlussendlich durch die Haare. “I-ich meine… ist das denn… okay?”, fragte er, und nach einem Moment des Zögerns nickte sie. Aus dem verwirrten Gesichtsausdruck ihres frisch Geküssten wurde plötzlich ein strahlendes Lächeln. “Dann… ja! Auf jeden Fall! Ich… ich wollte dich schon lange fragen, ob du mit mir ausgehst, Ai!” Plötzlich wurde er ziemlich aufgeregt und steckte sie wohl damit an, denn Ai packte ihn am Kragen und drückte ihm gleich den nächsten Kuss auf. Diesmal wurde es ziemlich eklig, und Norah wandte sich ab, die Augen zusammengekniffen. “K-komm mit, Kit. Wir… müssen zurück zur Schwester”, stellte er fest, sichtlich unkomfortabel. Eiligen Schrittes ging er um die nächste Ecke und stöhnte erleichtert auf, als sie außer Hörweite waren. “Was für unangenehme Leute…”, murmelte er vor sich hin. “Hätte nie gedacht, dass die zueinander passen. Wunder geschehen eben jeden Tag…” Unordentlich, wie er nach dem ganzen Chaos war, strich sich Norah noch durch die Haare und klopfte sein Kleid ab… Sein Kleid! Richtig, er hatte sich ja umgezogen, das war irgendwie komplett untergegangen! Jetzt hatte er das Outfit doch nicht bezahlt…
Natürlich sah Kit seinen besten Freund als Held! Ob er nun selbst an der Gefahr, die er gebannt hatte, Schuld war oder nicht, er hatte Schlimmeres verhindert und das war alles, was zählte. Helden retteten andere, egal unter welchen Bedingungen und genau das hatte der Weißhaarige getan! Dementsprechend hatte der Tahimora auch gar kein Problem damit, lautstark zu verkünden, wie toll sein Kumpel war. Dabei umklammerte er selbstverständlich fest dessen Hand. "Sei doch nicht so bescheiden", beschwerte er sich und stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite. Er hatte schließlich gesehen, wie sehr die ganze Sache an Norahs Kräften gezehrt hatte. So sehr verausgabt hätte sich sicherlich nicht jeder, egal wie talentiert. Die Aufmerksamkeit der Ladenbesitzerin blieb jedoch nicht lange bei dem Stammesduo, anstatt ihnen zu danken gab sie ihrer Freude auf ganz andere - unerwartete - Weise Raum. Voller Enthusiasmus packte sie Akio und drückte ihm einen herzhaften Kuss auf. Dieser jedoch schien überhaupt nicht zu verstehen, wie ihm geschah. Kit hatte bereits den Blick abgewendet und war bereit, den Zweien sich selbst zu überlassen. Den letzten Ruck würden sie sich sicherlich selbst geben können, oder? Zu seiner Überraschung tat Norah es ihm nicht gleich, stattdessen mischte er sich noch ein weiteres Mal ein. Die großen Ohren des Fennec zuckten neugierig, seine Augen wanderten zurück zu dem Duo. Natürlich löste Norah die Sache auf seine typische Art, doch es schien zu funktionieren. Nach kurzem Zögern schienen sich beide einig zu sein, dass sie mehr von einander wollten. Irgendwie war das Ganze ja schon süß, auch, wenn es ein wenig merkwürdig war, ihnen zuzusehen. Moment, was machten die da jetzt auf einmal? Die Wangen des Untoten nahmen einen leichten Rosaton an. Es war wie ein Unfall, man konnte einfach nicht wegsehen, auch, wenn man wollte. Wurde sowas auch von ihm erwartet, wenn er mal einen Partner fand? Plötzlich war er nicht mehr so sicher, ob er überhaupt jemals eine Beziehung wollte. Die Worte seines Kumpels rissen ihn aus seiner Trance, ohne auch nur einen Moment länger zu zögern, folgte er ihm. Laut aufatmend lehnte er sich gegen die nächstbeste Hauswand. "Ich muss meine Augen auswaschen", bemerkte er trocken und wischte sich über eben diese. Das Bild hatte sich eingebrannt. Ob er das je wieder vergessen würde? "Hast du das gesehen? Was haben die da bitte gemacht?" Selbstverständlich wollte er darauf keine Antwort. "Ich hoffe wir müssen die nie wieder sehen." Er schüttelte sich. Wenn sich ihre Wege wieder kreuzen sollten, wusste Kitani nicht, ob er den Beiden in die Augen blicken konnte. "Die waren beide schräg, also irgendwie passen sie ja doch zusammen." Er lachte. Und lachte noch ein wenig mehr. Erst jetzt wurde ihm klar, dass sie es geschafft hatten. Sie hatten ihren allerersten Auftrag erfolgreich erfüllt! Mit jedem Glucksen fiel die Anspannung, die er den ganzen Tag mit sich getragen hatte, ein wenig mehr ab. Es war so surreal. Auf diesen Moment hatten sie so lange hingearbeitet und jetzt war er endlich da. Nicht nur hatten sie Fiore endlich erreicht, sie hatten nun auch offiziell Fuß gefasst und ihre erste gute Tat in dem neuen Land vollbracht. Mit einem Arm stützte er sich auf der Schulter des N'douls ab. Wieso konnte er einfach nicht aufhören zu lachen? Er war so unfassbar glücklich. "Wir haben es echt geschafft...!", keuchte er atemlos, versuchte verzweifelt, sich zu beruhigen. Fühlte es sich so an, wenn Träume in Erfüllung gingen? Mit langsamen, tiefen Atemzügen erlangte der Schwarzhaarige schließlich langsam wieder die Kontrolle über sich selbst. "Hey du hast dich ja noch gar nicht umgezogen", stellte er fest, wischte sich ein letztes Freudentränchen aus dem Augenwinkel. Noch immer trug Norah das niedliche, feminine Kleidchen, für welches er noch nicht bezahlt hatte. Im Tageslicht sah er sogar noch besser darin aus. "Ich würde sagen das ist die Bezahlung für deine Heldentat." Ein freches Grinsen zierte das Gesicht des Fuchses. Er hätte genauso gut sagen können 'Wir nehmen es einfach mit, ich will diesen Leuten nicht noch einmal begegnen' doch das klang deutlich weniger cool und aufregend. "Und für unsere zweite Heldentat sollten wir uns jetzt ebenfalls unsere Belohnung abholen!" Er konnte es kaum erwarten, endlich die Bezahlung in den Händen halten zu können. Sein Schweif wackelte unkontrolliert, er konnte einfach nicht anders, als einen Gang zuzulegen. Seine Schritte waren so leicht wie Federn, fast schon kleine Hüpfer. Dabei vergaß er vollkommen, in welche Richtung er überhaupt lief. Ging es hier entlang überhaupt zurück? Nun, Norah wusste es doch bestimmt, oder?
Erfolg… So fühlte sich also Erfolg an! Es war ein wenig bitter, die beiden Irren so aneinander hängen zu sehen, aber immerhin hörten sie auf Norah und taten das einzig Richtige: Sie akzeptierten, dass sie jetzt ein Paar waren! Ob das nun passte oder nicht - und da waren die beiden Stammeskinder immer noch unterschiedlicher Meinung -, die Quest war damit erledigt, und zwar erfolgreich. Norah für seinen Teil war ziemlich glücklich mit dem Ergebnis, schließlich hatten er und Kit quasi ein Wunder möglich gemacht! Dennoch erwischte es ihn ziemlich kalt, als er bemerkte, dass er das Kleid ja nicht anhatte! “Teil der Bezahlung, hm…?”, nahm er mit leicht geröteten Wangen auf. Das war für Kitani leicht gesagt. Momentan wusste der N’doul ja nicht einmal, ob er diese Belohnung haben wollte. Nach ein paar Augenblicken des Zögerns und Überlegens blickte er schlussendlich zur Seite, weg von seinem Freund. “Du hast gesagt… Hast du das vorhin ernst gemeint?”, fragte er, eine schwer erklärliche Nervosität auf seinen Lungen lastend, die das Atmen etwas schwerer machte, als würde die Luft von außen gegen seinen Brustkorb drücken. “Ich meine… du hast… Findest du wirklich, das sieht… gut an mir aus?” Süß war das Wort gewesen, dass der Fennec benutzt hatte. Da war sich Norah sehr sicher, der Moment hatte sich ihm nämlich eiskalt ins Gedächtnis gebrannt. Das Wort zu wiederholen schaffte er allerdings nicht. Eigentlich war er ja auch niemand, der süß aussehen wollte. Dennoch hob er sein gerötetes Näschen und nuschelte vor sich hin: “Ich schätze, es schadet nicht, das als Belohnung zu behalten… Erwarte aber nicht, dass ich das Ding dauernd anziehe!”
Die größte Belohnung wartete aber erst noch auf die beiden: Das Geld! “Zum Hafen ging es hier lang… denke ich”, richtete Norah seinen besten Freund in die hoffentlich richtige Richtung aus, sodass sie relativ bald wieder da waren, wo sie die Schwester zuvor getroffen hatten… die mit einem breiten Grinsen auf einer Bank unweit des schwarzen Brettes saß. “Gute Arbeit, Jungs! Ich wusste, dass ihr es schafft!”, rief sie ihnen fröhlich entgegen und hüpfte von ihrem Sitzplat auf, um die beiden überraschend in die Arme zu schließen. “Ich hab alles gesehen! Wie sie aus dem Laden gestürmt sind und sich plötzlich geknutscht haben! Oh, und es war so niedlich, als du ihnen gesagt hast, dass sie jetzt ein Paar sind!” Norah schluckte kurz, während er eine Hand gegen den Bauch dieser Frau stemmte und sich von ihr weg drückte, bis er endlich frei von ihrer unsäglichen und unerwünschten Umarmung war. Das klang, als hätte sie tatsächlich mitbekommen, was die beiden getan hatten… Nicht gut! Aber soweit er das mitbekam, wusste sie nichts von dem Feuer. Sie hatte wohl nur die Straße vor dem Laden beobachten können, ohne erwischt zu werden, und hatte sich dann schnell auf den Rückweg zum Treffpunkt gemacht. Das erklärte, warum sie nach Schweiß roch. “Klar haben wir es geschafft. Wir sind schließlich die Experten”, log Norah eiskalt und verschränkte die Arme vor der Brust, auch wenn es das schwer machte, seinen Speer ordentlich zu halten. “Kitani ist ein Wunderkind der Liebe. Er könnte sie überall gedeihen lassen.” Das war vielleicht eine kleine Übertreibung, aber Norah war auch niemand, der sich stur an Fakten hielt. Trotzdem wurde er knallrot, als die Frau ihn wieder ansprach: “Wundervoll! Und du hast ein hübsches neues Kleid, hm? Sieht süß an dir aus!” Sie kicherte fröhlich vor sich hin, während sie ihren Geldbeutel aus der Tasche holte. Mit einem Lächeln auf den Lippen zählte sie das Geld ab und überreichte es dann dem Tahimora. Offenbar hatte sie den Eindruck gewonnen, dass der Fuchs das Zweiergespann anführte… was wohl auch ganz richtig so war. Auch wenn Norah tendenziell das größere Mundwerk hatte.
“Ooh, Kit, sieh dir das an! Wir sind praktisch reich!”
Reich war vielleicht zuviel gesagt, aber so viel Geld hatte Norah noch nie mit einem einzelnen Auftrag verdient! Das lag vermutlich daran, dass sie bisher in einer komplett anderen Wirtschaft gelebt hatten… dennoch füllte es seine Augen mit einem erfreuten Licht. Endlich fühlte es sich wirklich an, als würde alles bergauf gehen. Breit grinsend hob er seinen Speer, balancierte ihn auf der offenen Handfläche. “Ich hab es dir gesagt! Wir sind auf dem Weg nach ganz oben!”, meinte er und sah seinem besten Freund in die Augen. Das Wichtigste kam erst noch. Ja, es war ein schöner Gedanke, sich an die Spitze der Gesellschaft zu bewegen… aber die höchste Priorität war es, dem Tahimora seine Wünsche von den Lippen ablesen und dann erfüllen zu können! “Na komm, lass uns was zu Essen besorgen, damit wir die Tage nicht hungern! Und dann.. .geht’s zusammen ins Bad, wie versprochen!”
Nach getaner Arbeit verdiente man auch eine ordentliche Belohnung. Diese wurde ihnen zwar bereits im Voraus in Form von Jewel versprochen, aber da die Sache doch etwas komplizierter geworden war, als geplant, schadete es doch nicht, ihre Entlohnung noch etwas zu erhöhen. Wer wollte sie denn aufhalten? Miya? Die war gerade definitiv mit anderen Dingen beschäftigt. Der Fennec schauderte. Daran wollte er gar nicht zurückdenken. Lieber konzentrierte er sich auf Norah, der war deutlich schöner anzusehen. Diesen schien irgendetwas zu beschäftigen. "Hä? Wovon genau redest du?" Kitani hatte heute schon eine Menge gesagt, worauf genau bezog sich sein Kumpel denn? Irgendwas wegen dem Kleid? Leicht neigte er den Kopf zur Seite und die Ohre nach vorne. Ob er darin wirklich gut fand? "Natürlich", entgegnete der Schwarzhaarige ohne zu zögern. Warum sollte er über so etwas lügen? "Ich meine ... in was siehst du nicht gut aus?", fügte er noch hinzu und fragte sich im nächsten Moment auch schon, warum er soetwas aussprach. Solche Dinge dachte man sich doch! "Also damit meine ich jetzt nicht, dass du in dem Kleid weniger gut aussiehst oder so ... du siehst immer noch super gut aus ... - halt - nicht immer noch super, das würde ja heißen, dass das Kleid etwas schlechtes wäre, so meine ich das nicht - aahhgghhh...." Er vergrub das Gesicht in seinen Händen. Anstatt besser, machten es seine Worte nur noch schlimmer und schlimmer. Aber so konnte er das nun auch nicht stehen lassen. Am Ende würde Norah doch noch denken, dass das Kleid ihm nicht stand! "Was ich sagen will, ja. Ich habe es ernst gemeint, als ich gesagt habe, dass du süß darin aussiehst", nuschelte er durch seine vorgehaltenen Hände, schüttelte dabei beschämt den Kopf. Wieso hatte er diese Sache so viel peinlicher machen müssen?! Was für ein Glück, dass sich der N'doul deshalb nicht doch noch gegen das hübsche Stück. "Ich will nur, dass du es trägst, wenn du dich darin auch wohl fühlst..." Was hatte er schon davon, wenn er ihn dazu zwang, etwas, das er gar nicht wollte, anzuziehen? Ein glücklicher, selbstbewusster Norah war doch der schönste und süßeste, ganz egal, was er anhatte. Nach einer kurzen Korrektur schafften sie es tatsächlich, die Auftraggeberin wieder zu treffen. An ihrem breiten Strahlen konnte man bereits erahnen, dass sie mehr wusste, als sie sollte. Gerade noch rechtzeitig erkannte der Untote, was sie vorhatte, bevor es zu spät war, sodass er sich in letzter Sekunde unter ihren Armen wegducken konnte. War Folter etwa ihre Art, sich zu bedanken?! Eigentlich hatte er geglaubt, dass zumindest die Schwester noch ein wenig Verstand besaß, doch da lag er wohl falsch. Norah hatte leider nicht so viel Glück und wurde gnadenlos in das menschliche Gefängnis gezogen. "Lassen Sie ihn los!!" Sofort begann der Fuchs, an dem Arm seines Freunds zu ziehen, dass dieser hoffentlich leichter entkommen konnte. Was für eine verrückte Frau!! "Ein Wunderkind ... der Liebe?", wiederholte er und blinzelte verdutzt. "J-ja, selbstverständlich! ich bin quasi dafür geboren worden, Leute zusammenzubringen! Aber ohne meinen treuen Gefährten wäre das nicht möglich!" Trug er etwas dick auf? Womöglich. Aber das war doch egal. "Sag ich doch...", murmelte er, als die Schwester seinen Kumpel als süß bezeichnete. Jetzt konnte er es gar nicht mehr verneinen! "Danke Ma'am." Ungläubig blickte er auf den Geldbatzen hinab, der ihm in die Hand gedrückt wurde. Normalerweise verwaltete doch Norah die Finanzen! So eine große Menge Scheine hatte er noch nie in der Hand gehalten ... und sie gehörten alle dem Duo! "Steinreich!", fügte er voller Inbrunst hinzu und streckte den Stapel stolz in die Luft. Der Fennec konnte sich einfach nicht daran sattsehen. Er musste den Ausblick einfach genießen. "Nie-nie-niiieemand kann uns aufhalten. Bald sind wir die größten Magier in ganz Fiore!", trällerte er, sprang aufgeregt auf und ab. Wer Geld hatte, der musste es natürlich aus ausgeben. So schön es auch anzusehen war, noch schöner war es, es gegen etwas zu tauschen, was man haben wollte. Sein plüschiger Schweif wippte auf und ab. "Genau, das Bad! Das hatte ich fast schon wieder vergessen!" Mit großen, funkelnden Äuglein blickte er seinem besten Freund entgegen, seine Stimme war fast schon ein aufgeregtes Quietschen. Oh, er konnte es kaum noch erwarten, bis zur Nase in heißem Wasser zu versinken ... Doch Norah hatte recht, vorher mussten sie unbedingt etwas essen. Der Tag war anstrengend und jetzt, wo er darauf achtete, grummelte sein Bauch bereits leise. "Das mit dem Bad habe ich gewollt, also darfst du entscheiden, was wir heute essen!" Oft mussten die Stammeskinder ihre Nahrung selbst zusammensammeln, wenn sie Glück hatten, konnten sie sich in irgendeiner Abstiege etwas Kleines leisten. Doch heute mussten sie nicht auf die Preise schauen, da war er sich sicher. Sie würden speisen wie Könige!
Süß! Da war es schon wieder! Norah zuckte zurück, während seine Augen sich weiteten! „Süß... sagst du...“ Also gefiel das Kleid seinem besten Freund tatsächlich. Und auch, wenn er gerade knallrot war, wäre es eine Lüge zu behaupten, dass sich Norah unwohl darin fühlte. Es war ungewohnt, ja, aber passte im Allgemeinen schon zu seiner Ästhetik. Er spürte den Wind und die Erde, war verbunden mit Mutter Natur, wie es sich für einen Schamanen gehörte. Alles darüber hinaus war nicht wichtig, oder? „Okay, dann machen wir's so“, meinte er schlussendlich und räusperte sich. „Ich trage, wonach mir gerade ist. Wenn es dir gefällt, ist das halt ein Bonus.“
Kitani, mit den geübten Reflexen eines Kriegers, schaffte es, sich vor der gruseligen Umarmung von Akios Schwester zu schützen. Norah dagegen musste sich aus ihrem grauenhaften Griff manuell befreien. So oder so hatten die beiden ihre Quest erfolgreich abgeschlossen und wurden dafür entlohnt. „Hm... dann lass uns heute Fisch essen. Den hole ich normalerweise nicht, weil er nicht lange hält“, lächelte Norah fröhlich bei dem Gedanken an einen guten Lachs oder eine gute Seebrasse. Dank der Fischerei in Sao Palma hatte er in den letzten Jahren immer mal ein, zwei Fische mitgehen lassen, aber nicht oft. Wenn man stahl, musste es sich auch lohnen, schließlich konnte man es nicht zu oft an einem Ort machen, ohne bemerkt zu werden. Diebstahl und Geld waren beide für Sachen reserviert gewesen, von denen man sich wenigstens ein paar Tage ernähren konnte, wenn der Hunger am Schlimmsten wurde. Fisch war ein Luxus, auf den Norah normalerweise verzichtete. „Fisch im Restaurant und dann vielleicht ein Laib Brot für zuhause. Solang wir nicht zu viel davon abschneiden, hält der ein paar Tage“, freute sich das Weißhaar, wieder überkommen von seinen Fantasien. Nur mit dem Unterschied, dass sie dieses Mal realistisch waren.
Ein nervöses Zucken lief durch Kens Körper, als sie auf die Hargeoner Hafenpromenade trat und die salzige Seeluft durch ihre zarte Nase einatmete. Ganz langsam, ein und aus, ein und aus... Ja, so. Gut. Ganz ruhig. Oh wildes Herz, beruhige dich. Aus langen Luftzügen wurden kürzere, schnellere, während sich ihr Mund öffnete und ihre Zunge heraus rollte, um mit zu hecheln. Warum... Warum wurde ihr Herz schneller, nicht langsamer? Mit hochrotem Gesicht starrte sie hinab auf den ungleich gepflasterten Boden zu ihren Füßen, während ihr Körper zunehmend zu zittern begann. Panik... Panik! Sie durfte doch jetzt nicht panisch werden! Das hier war ein total wichtiger Moment! Sie war hier für ihre erste Quest, der erste Auftrag im Namen von Midas Hands, nachdem die Gilde sie so wohlwollend aufgenommen hatte! Konnte Noé das wirklich versauen? Nein! Natürlich nicht! Ihre Hände legten sich übereinander an ihre Brust, spürten, wie ihr Herz heraus zu hüpfen drohte.
„KYAAAH!“
Die Augen fest geschlossen stieß Kenning einen schrillen Schrei aus, um die rapide zunehmende Spannung irgendwie aus ihrem Körper zu bekommen. Die Nägel ihrer rechten Hand kratzten an der Narbe um ihren Hals, während die Finger ihrer linken unkontrolliert zuckten. Langsam, langsam... langsam wurde es besser. Tief durchatmend spürte die Norne, wie sich ihr Körper und ihr Herz entspannten, auch wenn sie sich noch nicht traute, ihre Augen wieder zu öffnen. Hier am Kai waren so viele Menschen unterwegs! Selbst wenn sie sie nicht sah, konnte der blutige Engel die Blicke all der Fremden auf sich spüren. Gerade nach ihrem Schrei und mit den unkontrollierten Zuckungen ihres Körpers war sie sicher noch mehr in den Mittelpunkt gerückt. Als der Engel hörte, wie Leute über ihre Flügel zu sprechen begannen und über das Blut, das stetig aus dem Heiligenschein über ihrem Kopf tropfte – oder meinten sie das Blut an ihrer Kleidung? Es war schwer, das auseinander zu halten –, stoppte sie das Kratzen und hob ihre beiden Hände über ihre Ohren, um all das Gerede ausblenden zu können. Sie war nicht hier, um gehasst zu werden, im Gegenteil. Sie wollte etwas Nützliches tun, etwas Gutes! Sie... hatte nur ein bisschen Angst davor.
„Hi-... HILFEE!“
Ihre Furcht herunter schluckend – aber ihre Augen noch immer nicht öffnend – stieß die Magierin einen weiteren Schrei aus. Unter den aktuellen Umständen war sie in einer furchtbar schlechten Position, um ihren Auftrag zu erfüllen... oder auch nur den ersten Schritt. Sie sollte sich schließlich mit einer Partnerin aus einer anderen Gilde treffen, aber sie stand hier, an Ort und Stelle gefroren. Also... musste sie darauf hoffen, dass ihr Partner zu ihr kam. „Ich... Ich bi-bi-bin Ken Noé, a-aus der Gilde M-Midas Hands“, erklärte sie mit lauter Stimme in der Hoffnung, dass die Person, die sie suchte, schon hier war und sie auch hören konnte. „U-u-und ich suche... Ich suche... No-NOVAAA!“
Mit einer großen Tüte Pommes in den Händen schlenderte Nova fröhlich summend und gleichzeitig genüsslich kauend über die Hafenpromenade. Fettiger Fraß zum Frühstück, gab es was Besseres? Offensichtlich teilte eine Möwe diese unglaublich gesunde Meinung, denn ihre kleinen gelben Augen fixierten die dünnen, knusprigen Kartoffeln. Die Flügel zuckten vor Aufregung, ehe das Drecksvieh auch schon losschoss. Natürlich war Nova nicht gewillt, ihre kostbare Beute einfach so aufzugeben. Nein, nein, sie stellte sich dem Vogel tapfer entgegen und begann einen epischen Kampf um ihre scheißteuren Pommes. Mit wilden Gesten und Gekreische versuchte sie, das gefiederte Biest abzuwehren, doch das war genauso hartnäckig. Schnabel gegen Arme aus Metall; zum Glück spürte die Machias das endlose Gehacke nicht. Irgendwann warf sie ein paar in die Luft, um das Vieh auf die falsche Fährte zu locken, aber es war schlau und ein Meister der Lüfte. Schließlich, nach langwierigen und verbissenen Gerangel, kam der Zufall Nova zugute und sie erwischte die Möwe mit der flachen Hand. Zwar hatte sie den Angreifer nur ganz leicht am Kopf gestriffen, aber scheinbar reichte der Treffer, um sich endgültig zu verziehen. “Ja Mann, hau bloß ab, du Mistvieh! Ich merke mir dein blödes Gesicht, also pass auf!”, wetterte sie gleichzeitig triumphierend mit einer geballten Faust hinterher und schnaubte. Mit der erfolgreich verteidigten Beute, stapfte die Blauhaarige gleich weiter, denn sie hatte tatsächlich noch was zu tun und war nicht einfach so in dieser aufregenden Gegend! Als Marktschreierin sollte sie nämlich frischen Fisch an den Mann, an die Frau und so weiter und so fort bringen, weil der Verkäufer irgendwas mit dem Hals hatte. Das war mit ein Grund, weshalb sie ihre Stimmbänder seit heute Morgen schnurren ließ. Als in unmittelbarer Nähe jemand nach Hilfe rief, kümmerte sich Nova erst nicht darum, sie wollte nicht zu spät kommen und außerdem waren genug Leute unterwegs, die sich der Sache annehmen konnten. Obendrein gehörte sie nicht zu den Rune Knights und musste sofort alles stehen und liegen lassen, um dem Hilferuf zu folgen. Zumindest glaubte sie, dass die edlen Ritter so handelten. Ja, doch, mit dieser Rechtfertigung konnte Nova ganz gut arbeiten. Aber als sie dann den nächsten Schritt setzte, beschwor man ihren Namen mit durchaus wichtigem Anliegen mit derselben Stimme und sie wurde prompt hellhörig. Ihr mehrfarbiger Blick glitt zur Menschentraube unweit auf der anderen Seite, die immer größer zu werden schien. Okay, nun doch Ritter-like hüpfte sie mit den inzwischen kalten Pommes in den Händen zur Stelle und quetschte sich laut schimpfend durch die Leute hindurch. “Macht gefälligst Platz, ihr beschissenen Schaulustigen, das macht man nicht!” Einem besonders penetranten Gaffer trat sie mit extra viel Schwung auf den Fuß, der dann heulend das Weite suchte. Hah! Ein halber Metallkörper hatte eben auch ihre guten Seiten. Sobald ihr das schwarze Etwas ins Blickfeld sprang, stoppte sie kurz und musterte sie flüchtig, ehe sie die restlichen Leute mit wedelnden Händen hinfortschickte. “Äh, Ken, richtig? Ich bin Nova! Du kannst dich jetzt beruhigen, die Glotzer sind weg!” Noch schnallte sie nicht wirklich, wen oder was sie vor sich sah, aber eines, das sie ganz und gar nicht leiden konnte, waren Hirnlose Zuschauer ohne jegliches Mitgefühl! “Magst du Pommes? Die sind schon etwas kalt, aber egal, ich hab sie mit meinem Leben verteidigt. Hier!”
Zu viel, zu viel, zu viel! Ihr erster Auftrag hatte gerade erst begonnen, aber die ganze Sache hier war Ken jetzt schon zu viel! Wieso nur musste sie so herausstechen? Wieso musste sie so im Mittelpunkt stehen? Sie war gerade erst zur Ruhe gekommen, also warum starrte man sie jetzt so an? Sie rief um Hilfe… und tatsächlich änderte sich die Situation. Die Stimmen wurden ruhiger, die Blicke wurden weniger. Ohne zu sehen oder zu hören woran es lag, merkte Kenning, wie ihr Körper sich leicht entspannte. Und dann… dann wurde sie angesprochen. Unsicher öffneten sich ihre Augen, erst vorsichtig, dann schnell blinzelnd, als sie merkte, dass sich die Menschentraube aufgelöst hatte. Und vor ihr… vor ihr stand…
“... e-ein Engel…!”
Mit knallrotem Kopf und aus großen Augen starrte Noé die junge Frau an, die vor ihr stand. Sie war ein gutes Stück kleiner, aber auch deutlich farbenfroher; vor Allem das strahlende Blau ihrer Haare, begleitet von dem minimal weniger aufdringlichen Rot, stach dem tatsächlichen Engel schnell ins Auge. Unsicher, ohne zu wissen, was sie sagen sollte, stand Ken vor ihrer Retterin und blickte sie mit offenem Mund an, ehe sich Tränen in ihren Augenwinkeln sammelten. “Du… da… danke!”, stammelte sie, während sich ihr Mund zu einem zittrigen Lächeln verzog, und verneigte sich. Trotz ihrem Größenunterschied hatte sie das Gefühl, dass ihr Gegenüber viel mehr Präsenz im Raum hatte als sie selbst. Ihre Flügel flatterten fröhlich, während sie aufgeregt mit beiden Händen die freie Hand ihrer Retterin ergriff. “D-du… Du bist Nova, richtig? Da… Danke, dass du m-mir geholfen hast! Ich bin Ken, f-freut mich, dich kennen zu lernen!” Sie sprach hastig und energisch, genau so, wie sie auch die Hand ihres Gegenübers auf und ab riss. Nova… Die Magierin, die heute ihre Partnerin sein sollte, wenn die Informationen stimmten! Nie hätte Kenning vermutet, schon auf ihrer ersten Quest mit einer so wundervollen Person verbunden zu werden! Als die Jüngere ihr ihre Pommes anbot, zuckte sie zusammen. “Du hast… dein Leben riskiert? Für mich?”, hakte die Norne nach und legte eine Hand auf ihr Herz. Es begann schon wieder, so schnell zu schlagen… aber auf eine andere Weise! Dankbar streckte sie ihre zitternde Hand aus, langsam, vorsichtig, bis sie über den Pommes hing und plötzlich, wie eine Schlange, hervor schnellte und eine handvoll packte. Hungrig stopfte sie sich die pappigen Fritten ins Gesicht, streckte ihre Zunge heraus als Boden, der sicherstellte, das nichts herab fiel, während der Trichter ihre Hand die Kartoffelstangen in ihren Mund rutschen ließ. Den Kopf in den Nacken legend kaute sie und schluckte, ehe sie sich genüsslich über die Lippen leckte. “Aah… s-so lecker…!”
Langsam verflog die Aufregung der ersten Momente, und Ken atmete entspannt aus. Besser. Viel, viel besser. Ausatmen allein genügte nicht ganz, sie musste auch noch einmal ordentlich einatmen, und dann wieder ausatmen, und dann wiederholte sie das, und sie wiederholte es nochmal… und einmal noch… aber dann fühlte sie sich besser. “Das… das hat gut getan”, stellte sie fest, immer noch leicht nervös. Ihre linke Hand lag an ihrer Wange, die noch immer leicht gerötet war, während ihr gesenkter Blick knapp an Nova vorbei ging. Direkt ansehen war schwierig. Ihre Flügel schlugen zweimal, im Takt mit ihrem Herzen, während ein dicker Blutstropfen von ihrem Heiligenschein herab fiel. “Du bist… ähm…” Nachdenklich kratzte sich Ken am Hals. Sie hatte etwas sagen wollen - nicht, weil sie etwas zu sagen hatte, sondern weil sie nicht schweigen wollte. Sie wollten Nova etwas über sich selbst fragen, um mit ihr reden zu können… aber sie hatte keine Frage im Kopf. Und trotzdem hatte sie schon angefangen in der illusionären Hoffnung, dass der Inhalt der Frage schon kommen würde, wenn sie sich nur in die Ecke drängte. Von wegen! Jetzt stand sie in der Ecke und sie musste ihren Satz beenden! Aber da war kein Ende in ihrem Kopf! Verzweifelt legte sie sich die linke Hand über die Augen, während die rechte schneller an ihrer Narbe zu kratzen begann. “Uuuh… i-ich bin so doof…”
Langsam aber sicher setzte sich die dunkle Gestalt vor ihren Augen zusammen und Nova versuchte, nicht allzu offensichtlich zu starren, aber das war fast unmöglich. Zu viele Dinge gab es an ihr zu entdecken, die sie noch nie zuvor in dieser Welt zu Gesicht bekam. Wie gut, dass die Fremde ihre eigenen Lider noch geschlossen hielt. Irgendwann mal hörte sie flüchtig was von Vogelmenschen, doch das Mädel konnte man wohl kaum mit einem vergleichen. Schwebte wirklich ein Heiligenschein über ihrem Kopf?! Blutig und tropfend zwar, aber wie cool war der bitte?! So cool wie die dunklen Flügel am Rücken! Kein Wunder, dass sie die Aufmerksamkeit aller an sich riss. Im Vergleich wirkte das ungleiche Duo wie Tag und Nacht - die eine bunt und strahlend, die andere dunkel und mysteriös. Eigentlich waren die Auffälligkeiten eine sehr gute Voraussetzung für den anstehenden Auftrag, denn Andersartigkeit diente als hervorragendes Lockmittel. Wie man bereits feststellen durfte. Als sie der Blauhaarigen schließlich mit blutroten Iriden entgegenblinzelte, schenkte sie ihr ein sanftes Lächeln, während die Tüte Pommes weiterhin auf den Einsatz wartete. “Eh, ein Engel? Wo?” Irritiert blickte sie rasch umher und zuckte dann aufgebend mit den Schultern. Als ob sich so ein hohes Wesen unter das niedere Volk mischte. “Der bist ja wohl eher du! Stehst du auf die Gothic-Kultur oder so?” Grundsätzlich mochte Nova keine dunkle Kleidung, aber zu der Fremden passte sie. Seltsamerweise traf sie bisher nur auf schwarzgekleidete Magier, war die nicht-Farbe etwa aktuell beliebt? Das wäre ziemlich traurig. Daneben wirkte sie selbst wie ein blauer Farbklecks mit roten und gelben Akzenten hier und da, ansonsten waren der Oversized-Hoodie, die Leggins und die Boots aber nichts besonderes. “Ach, kein Ding! Sensationslust in diesem Sinne ist einfach beschissen, gut, dass du um Hilfe gerufen hast! Viele trauen sich das gar nicht, du bist echt mutig, heh!” Am liebsten würde sie noch ihren Kopf zur Belohnung tätscheln, aber einerseits war sie viel größer, andererseits wollte sie nicht unbedingt mit dem flüssigen Rot in Kontakt geraten. Also lächelte die Farron einfach breiter zu ihr hinauf. “Nervt dich das Tropfen gar nicht?” Unnötigerweise deutete sie auf den Heiligenschein, der wie auch immer die ganze Zeit über ihren Kopf schwebte und alles darunter vollsaute. Naja, so wirkte das Dunkle immerhin ein bisschen aufregender! “Genau, ich bin Nova! Freut mich auch dich kennen zu lernen, Ken!” Ein Glück waren Arm und Hand aus Metall, sonst hätte sie vermutlich Schmerzen bei all der Schüttelei. Aber holy shit, die Große war so extrem verunsichert, dass die Blauhaarige die weiteren Fragen, die brennend auf der Zunge lagen, vorerst hinunterschluckte. Da waren nämlich noch die Flügel und die Zähne und, und, und … “Huh? Äh, nee. Für die Pommes! Eine Möwe wollte sie mir unbedingt wegschnappen, aber ich habe mich bis zum Ende tapfer gewehrt! Das hättest du mal sehen sollen! So ein verdammtes Mistvieh, das glaubte, sich alles erlauben zu dürfen, pfff. Der Kampf war wirklich krass!” Zu übertrieben? Wahrscheinlich. Machte eine epische Story Spaß? Auf jeden Fall! Was allerdings kaum Spaß bereitete, war Kens unglaublich nervöser Hand dabei zuzusehen, wie sie sich in Zeitlupe auf den Weg zu den Pommes machte. Doch dann blinzelte Nova und eine Handvoll teleportierte sich ganz plötzlich zwischen ihre Finger, wow! Und als die lange Zunge schließlich ins Spiel kam, klappte der Machias fasziniert das Kinn herunter. “Äh, du kannst ruhig den Rest haben, wenn du so hungrig bist.”, meinte sie und drückte Ken ohne Widerrede die Tüte in die Hand. Eigentlich wollte sie nur nochmal den spannenden Prozess sehen und nicht die gesamte Mahlzeit hergeben, aber egal. Lieber sie als die dreiste Möwe. Außerdem schien die Geflügelte irgendwie entspannter. Das konnte sie gut nachvollziehen, Nahrung hatte ihre ganz eigene Magie. “Schön, dass es dir besser geht!”, freute sich die Kleinere ehrlich, wischte sich die leicht fettigen Finger an einem Taschentuch ab und bot der Dunkelhaarigen auch eines an. Wieder wanderten die mehrfarbigen Augen neugierig zu den zweimal schlagenden Flügeln, dem stetig tropfenden Heiligenschein und dem Hals. “Hm?” Fragend legte Nova den Kopf schräg und wartete auf Antwort. Und wartete … und wartete … wartete weiterhin, zog eine Braue in die Höhe. Eeeeh, was war sie denn nun, hallo?! Letztlich siegte erneut die absolute Nervosität und Ken verfiel in eine Art Wahnsinn. Uff, das war ein furchtbarer Anblick. “Ah, kein Stress! Bitte hör auf zu kratzen, du tust dir noch weh! Du kannst ja noch weiter überlegen, immerhin verbringen wir die nächsten Stunden zusammen! Und wenn es dir dann immer noch nicht einfällt, dann kannst du mir einen Brief schreiben oder so!” Am liebsten würde sie das Kratzen unterbinden, aber sie hatte Angst, dass die Dunkelhaarige dann um sich schlägt oder Ähnliches. Zum ersten Mal nach ein paar Jahren schlich sich Unbehaglichkeit und Unsicherheit an, die Blauhaarige wusste doch tatsächlich nicht, wie sie mit der sonderbaren Frau umgehen sollte. Faszinierend und gruselig zugleich.
„Eh... aah... ah...“ Hatte Ken Nova gerade einen Engel genannt? Wie peinlich! Das schien die Blauhaarige ihr aber gar nicht so krumm zu nehmen. Zögerlich rieben die Fingerspitzen von Kennings linker Hand an den schwarzen Nägeln ihrer rechten und sie hob beide Hände ein Stück höher, um einen Teil ihres Gesichtes zu vergessen. „Ähm, ja... Gothic f-finde ich gut. Passt zu mir“, nickte sie vorsichtig, besorgt darum, dass das nicht gut ankommen könnte. Langsam glitten ihre Augen über die doch sehr auffälligen und vor Allem sehr farbigen Klamotten ihres Gegenübers. „Du magst... Pop-Art...?“ War das ein bisschen zu viel gesagt? Naja, Nova hatte ja angefangen damit, von den Klamotten auf den Geschmack zu schließen, da durfte Ken das doch bestimmt auch mal versuchen. Außerdem... fand sie selbst Pop-Art auch gar nicht mal so schlecht. „Ich bin... mutig?“ Überrascht blinzelte Kenning, betrachtete Nova aus großen Augen. Jetzt, wo sie sie so ansah... ihre Augen waren auch total bunt! Und irgendwie voll hübsch. Ohne es zu realisieren musste der dunkle Engel grinsen. „Ja! Mutig! Das bin ich!“ Für einen Moment wirkte sie tatsächlich ziemlich selbstbewusst, ehe auch schon ein Blutstropfen neben ihr landete und Nova sie darauf ansprach. Oh nein, oh nein! Noé zuckte zusammen, als sie realisierte, wie peinlich das war! Und schon war das Selbstbewusstsein wieder weg... „Ah, nein! Stört gar nicht!“, versicherte sie und schüttelte vehement den Kopf. „Das... das ist schon immer so! Hehe!“ Trotz ihrer Hektik und Panik entkam der Norne ein leises Lachen. Sie wusste wohl selbst eher nicht warum. Die Situation war ganz schön chaotisch, da war es schwierig, ihren Gefühlen ordentlich zu folgen...
„Ich... ich bin sicher, du hast wie ein wahrer Held gekämpft“, lächelte Ken beeindruckt, die Hände vor sich gefaltet. Die eine davon war immer noch ein wenig klebrig und salzig von den fettigen Pommes, aber als Nova ihr mehr davon anbot, zischten ihre Arme schnell nach oben, ihre beiden Hände neben dem guten Essen in der Luft hängen bleibend. „Bi... Bist du sicher?“, rief sie lautstark aus, ein intensiver Blick in ihren Augen, während sie auf das Okay wartete. Kaum hatte sie dieses bekommen, packte sie auch schon die pappende Packung und wirbelte herum, drehte der Farron den Rücken zu, damit die nicht dabei zugucken musste, wie Ken die Papiertüte an ihre Lippen führte und dann den Kopf nach hinten kippte. Dieses mal fielen tatsächlich zwei Stück davon zu Boden, aber der Rest landete fast komplett in ihrem Mund. Ausgenommen war ein Einzelstück, das noch an ihrer Wange klebte, als sie sich wieder zu der Farron drehte, aber die war mit Kennings großer Zunge schnell wieder eingefangen. „Ngh... hehe... hahahahaa!“ Zufrieden lachte der Engel auf, als er die doch recht matschige Masse aus Kartoffeln und purem Fett geschluckt hatte, ehe sie sich mit ihrem schwarzen Ärmel ein paar Mal über den Mund wischte. „Gut! Das war gut!“ Deutlich weniger gut war ihr Versuch, Small Talk zu betreiben. Erfolglos suchte Kenning nach etwas, das sie sagen konnte, nur um am Ende verzweifelt und voll Selbsthass an ihrer blutigen Narbe zu kratzen. Als Nova sie aufforderte, damit aufzuhören, stockte ihre Hand plötzlich, hielt komplett still, aber man konnte bereits ein paar Tropfen feuchten Blutes an den Rändern ihrer Narbe sehen, genauso an ihren Fingerspitzen. Das war aber in Ordnung. Bald genug würde sich dieses Blut verhärten und zu einem natürlichen Bestandteil der Narbe werden, so wie der Rest des hellen Rotes, das sich um ihren Hals herum zog. „Uuuh... e-einen Brief...?“ Langsam blickte Ken zwischen ihren Fingern hindurch und starrte ihr Gegenüber an. Langsam schien sie sich zu beruhigen, schluckte. „J-ja! Einen Brief! Du... du kriegst einen Brief von mir, Nova!“ Erfüllt mit neuer Energie zuckte ihr Körper noch einmal – dieses Mal wurde sie dabei aber nicht kleiner, sondern entfaltete sich wieder. Entschlossen stand sie mit geradem Rücken da und deutete mit ihrem rechten Zeigefinger geradewegs auf ihr Gegenüber. „Deine... Adresse! Gi-gib sie mir!“, befahl sie, klar und deutlich, ehe sie ihre leicht zitternde Hand langsam auffächerte, sie als bittende Schale hinhielt. Irgendwie ging sie wohl davon aus, dass Norah ihr ihre Adresse tatsächlich einfach so geben konnte, wie ein phsyisches Objekt, als hätte sie sie einfach aufgeschrieben bei sich. Ein breites Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, während ihre Augen schmal wurden. „I-im Gegenzug... geb ich d-dir auch meine. Ja, N-Nova?“
“Sehr gut sogar!”, stimmte Nova kräftig nickend zu und lächelte sanft. “Keine Ahnung, nennt man das so? Ich kleide mich einfach nur gerne bunt. Pop-Art … muss ich mir merken, danke!” Vielleicht konnte sie mit dem Begriff in Zukunft sogar gezielt shoppen gehen und musste nicht ewig herumsuchen! Komischerweise waren farbenfrohe Klamotten gar nicht so einfach zu finden. Das Lächeln wandelte sich zu einem freudigen, breiten Grinsen, als die Dunkelhaarige ihre eigene Tapferkeit wahrnahm. So gehörte sich das! Keine falsche Bescheidenheit! Doch dann schien die Frage bezüglich der roten, tropfenden Farbe erneut die Unsicherheit heraufzubeschwören. “Aha, okay.” Das war schon immer so? Lieber nicht weiterfragen, unter anderen Umständen erzählte sie womöglich mehr darüber. Einen Herzinfarkt oder Ähnliches wollte Nova dann doch nicht riskieren. “Das habe ich in der Tat, wie eine Heldin schlug ich den Drachen in die Flucht, hehe!” Mit stolzgeschwellter Brust klopfte sie sich lobend auf die Schulter und grinste breit, während die andere Hand mit den Pommes noch auf ihren Einsatz wartete. “Klar, bediene dich ruhig.” Ihr eigener Hunger war nicht mehr tragisch, sie würde schon nicht sterben. Außerdem könnte sie zu jeder Zeit für Nachschub sorgen, falls die diebische Möwe nicht längst sämtliche Buden plünderte. Man sah es der Blauhaarigen zwar nicht unbedingt an, aber Armut war ein Fremdwort für sie. Allerdings drehte sich Ken diesmal weg und sie war nicht in der Lage, das Essverhalten noch einmal zu beobachten. Mann. Na, egal. “Gehts dir jetzt besser? Das freut mich!” Zumindest interpretierte sie ihre Lache so. Das entsetzliche Halskratzen nach der Stille verpasste der Machias ein starkes Unwohlsein, das prompt ihr Plappermaul öffnete und den vermeintlichen Engel zum Aufhören bewegte. Sie sog scharf die Luft ein, als auch schon ein paar Tropfen aus der Wunde traten, wow, das ging schnell! Oder hatte sie zu lange mit der Bitte gezögert? Wie dem auch sei, wichtig war, dass die Dunkelhaarige der Forderung ohne weiteres nachkam. “Uhm, hier.” Wieder hielt Nova ihr ein sauberes Taschentuch vor die Nase. Uff, die Frau war wirklich schräg. Dass ihr der Gedanke bei einer anderen Person aufploppte, war selten. Eigentlich war sie immer diejenige, die als komisch abgestempelt wurde. Ob Magier allgemein eher schräg waren? Das wäre ja total cool! Vielleicht erhöhen mehr Quests die Chance auf wahre Freundschaften! Mit Normalos kam die Farron nämlich nicht so gut zurecht. “Einen Brief, genau! Manchmal ist Schreiben viel einfacher. Und das ist auch nichts Verwerfliches oder so.” Sagte die, die wie ein Wasserfall reden konnte und keine Ahnung davon hatte, ob das überhaupt stimmte. Aber es erschien ihr nur logisch. Sie war schließlich nicht blöd, auch wenn sie hin und wieder den Eindruck machte. Wenn jemand Probleme damit hatte, Worte auszusprechen, dann schrieb man eben. Ganz simple Sache. “Oh, ja, warte.” Ihre mehrfarbigen Augen suchten den Boden ab und leuchteten auf, sobald sie fündig wurden. Nova hob einen weggeworfenen Flyer auf, überkritzelte die Info mit ihrer eigenen Adresse und steckte sie Ken zu. “Sicher, gib mir auch deine! Oder schreib sie einfach auf den ersten Brief mit drauf, wenn du mir unbedingt etwas mitteilen willst!” Als die Promenade dann belebter und belebter wirkte, erinnerte sie sich daran, was sie hier eigentlich irgendwo zu tun hatte. Es galt eine Pflicht zu erfüllen! Aber warte mal. “Midas Hands?”, fragte sie wie aus dem Nichts und legte den Kopf schief. Entweder hatte sie noch nie davon gehört oder die waren so langweilig, dass sie den Namen aus dem Kopf verbannte. “Was macht ihr nochmal?” Hoffentlich überforderte Ken diese Frage nicht direkt, aber sie konnte ja nicht die ganze Zeit den Mund halten und Däumchen drehen, die Machias lebte für Spiel, Spaß und Spannung! Doch bevor die beiden Magierinnen noch Wurzeln schlugen, machte sie einen Schritt in die Richtung, in die sie mussten. Langsam aber sicher wurde es echt Zeit! “Sollen wir uns mal zum Auftraggeber begeben? Der wartet sicher schon.” Puh, ob die Geflügelte überhaupt dazu fähig war, den anstehenden Job ansatzweise auszuführen? Die Unsicherheit war ja echt extrem … “Oder hast du vielleicht noch Hunger? Mit knurrendem Magen irgendwohin zu gehen ist ja auch blöd.”
„Pop Art ist... Normales... aber groß und bunt... a-also auffällig“, versuchte Ken, ihr Verständnis der Kunstform mit Nova zu teile, die mit dem Begriff wohl wenig anfangen konnte. Dabei poppte wohl kaum ein Mensch so sehr aus der Menge hervor wie sie mit ihren knalligen Farben! Sie hatte ihr einzigartiges Design aber auch wirklich verdient. Wie eine Heldin in einem Manga war sie nicht nur auffällig, sondern auch gutherzig und heroisch. Die Art Mensch, der Kenning wirklich zutraute, einen Drachen zu bezwingen! Mit starrem Lächeln und klopfendem Herzen lauschte sie den Worten der Blauhaarigen und nahm dankbar deren Essen entgegen, um sich damit ordentlich vollzustopfen. „V-viel besser!“, nickte sie, ihre Wangen leicht gerötet. „D-danke... du bist... w-wu-... wundervoll...!“ Mit ähnlicher Dankbarkeit nahm sie das Taschentuch entgegen und tupfte damit die paar Blutstropfen ab, die ihr entkommen waren. Um die Narbe herum war ihre Haut recht dünn und blutete schnell; das war Teil ihres Designs. Schlussendlich lebte diese Narbe von ihrem Blut, und es war nicht beabsichtigt, dass sie je verging – schließlich war die Gestalt eines Engels für die Ewigkeit gemacht. Alles Weltliche war eher temporär. Auch Briefe würden nicht ewig halten... aber glücklicherweise war Ken noch weit davon entfernt, dass das zu einem Problem werden könnte. „Manchmal ist... schreiben einfacher“, wiederholte sie staunend und nickte. „Ja... das klingt richtig, hehe.“ Mit einem fröhlichen Kichern nahm Ken den Flyer entgegen und umarmte ihn, genoss dankbar die Nähe von Novas Adresse, bevor sie den Zettel langsam faltete und sicher wegsteckte. Auf keinen Fall wollte sie den verlieren. „I-ich... schreibe meine Adresse mit rein... ja.“ Auf jeden Fall! Sobald sie zuhause war, würde Ken einen Brief für ihre neue Freundin schreiben müssen! Das war ganz wichtig!
„Wir machen... Geld“, meinte Kenning nachdenklich, den Kopf zur Seite gelehnt, als Nova nach ihrer Gilde fragte. „Wir erfüllen Aufträge... und wir verkaufen Sachen. Ich a-arbeite in einem kleinen Geschäft der Gilde mit einer F-F-Freundin.“ Ein Lächeln spielte über ihre Lippen bei diesem Gedanken, und ihr Blick fiel hinab zum Boden, leicht verträumt. „Es ist... schön. Eine g-gute Gilde.“ Zufrieden tippte sie die Spitzen ihrer Zeigefinger aneinander, ehe sie schüchtern aufblickte. „Und... ihr? Was macht ihr?“ Die Norne wusste gar nicht, wer ihr in diesem Fall war. Nova hatte ihre Gilde noch nicht genannt... oder hatte sie es in ihrer Aufregung überhört? So oder so fragte Ken lieber nicht so direkt nach. Sie würde es im Laufe des Tages sicher hören... bestimmt. „Kein Hunger mehr. Nein.“ Kenning schüttelte den Kopf, vorsichtig Nova betrachtend. „Gehen wir... zusammen.“ Zum Auftraggeber zu gehen war wohl eine gute Idee. Irgendwie fühlte sich der Engel sehr unsicher, wenn er hier so alleine mit Nova unterwegs war... aber andererseits auch sehr sicher, auch wenn man das wohl nicht merkte. Vorsichtig bewegte sie ihre linke Hand näher an Nova heran, näher an deren rechte Hand, ließ sie ein wenig in der Luft hängen. Mit einer leicht zitternden Unterlippe versuchte sie, ein wenig näher zu kommen, aber wie ein Magnet, der sich dem gleichen Pol näherte, schaffte sie es nicht, bewegte sich vielleicht ein wenig rechtsherum oder linksherum, aber blieb im Orbit, kam nie näher heran. Schlussendlich zog sie ihre Hand wieder zurück, ließ sie schlapp an ihrer Seite hängen. Nein... so viel schaffte sie nicht. Nova, die aufgeblühte Heldin, war einfach zu grell, zu gut für einen düsteren Engel wie sie. So gut, dass ihre Güte ansteckte. Wenn es wieder ein paar mehr Leute gab, auf die Kenning ihre Konzentration verteilen konnte, konnte sie diese unpassend gute Seite sicher wieder ablegen. Wer war schon gerne nervös und ruhig und liebenswert? Ken war hier, um die Böse zu sein...
“Wow, das Wort ist ja wie für mich geschaffen! Ich sollte Pat … Pante … eeeh. Erfinderschutz, Dings! Patent anmelden!” Als ob das nicht schon jemand getan hätte. Egal, eigentlich wollte Nova damit nur nochmal betonen, wie perfekt Ken ihren Stil einschätzte. Hatte sie überhaupt jemals nach einem Namen dafür gesucht? Vielleicht irgendwann einmal in einem langweiligen Moment, den sie gleich wieder vergaß, sobald ein vorbeifliegender Schmetterling ihre Aufmerksam stahl. “Das hast du sehr gut erkannt, Ken!” Mit breitem Grinsen folgte eine grottenschlechte Pirouette und anschließend ein wackliger Knicks. Lebhafter Spaß war lebhaft! Oh ja, die wundervolle Nova, die sinnlose Gespräche führen und belanglose Themen ins Unerträgliche ziehen konnte, war wirklich bemerkenswert! Und dann gab es noch ihre Begabung, einen Raum mit ihrer bloßen Anwesenheit zu bombardieren und alle Anwesenden mit ihrem endlosen Geplapper zu quälen - aber diesen besonderen Hochgenuss musste der dunkle Engel erst noch kennenlernen. "Also ich habe keine Probleme mit dem Reden." Die Wortfindungsstörung vor einem Augenblick ignorierend, drückte sie stolz die Brust raus und reckte triumphierend das Kinn hoch. Niemals verwandelte sie makellose Worte in ein Chaos aus Buchstabensuppe oder schubste einzelne in den Abgrund, um sie vergessen zu lassen. “Aber ich bin so nett und gebe gerne Ratschläge, ja!” Hui, da wurde die Machias aber ein wenig überheblich, wie konnte sie auch nicht, bei all den krassen Komplimenten! Ken hielt sie schließlich für einen Engel, eine Heldin und generell wundervoll! Fehlte eigentlich nur noch der Titel einer Göttin, doch den fände sogar sie viel zu übertrieben. “Ja, schreibe mir gerne, wenn es dir damit leichter fällt!”
“Geld machen? Das klingt sterbenslangweilig.”, gab Nova ungefiltert zu und pustete geräuschvoll eine verlorene Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Wieso musste man dafür denn in einer Gilde sein? Da gab es doch bestimmt noch andere dumme Regeln, die man befolgen musste oder so. “Aha … was verkauft ihr denn?” Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was die Noé der Öffentlichkeit anbot. Waaah, vielleicht Voodoo-Puppen und ähnlich verfluchte Sachen. “Aber ey, das trifft sich voll gut! Du kannst mit deiner Erfahrung als Verkäuferin sicherlich wie ein Profi das Fischzeug an den Mann, die Frau und so bringen!” Hey, der Tag wurde ja immer besser! Die Geflügelte hatte die nötigen Skills für diese Quests, oh, der Auftrag war so gut wie erledigt, wie gut! Dann kniff sie skeptisch die Augen zusammen. Nein, eine solche Gilde konnte sie sich einfach nicht spaßig vorstellen. Für die Tochter eines erfolgreichen Wissenschaftlers war Geld sowieso etwas, das ihr eher von allein zuflog. Sie musste nur danach fragen und war dann erstmal für eine gute Weile versorgt. Ihr Körper war aber auch alles andere als billig, das Metall musste regelmäßig gewartet und die synthetische Haut von Zeit zu Zeit erneuert werden. “Uhm, Satyrs Cornucopia ist eine Gilde voller Künstler. Der eine macht Musik, der andere ist Maler, dann gibt es noch Models, Gärtner, Akrobaten und Wrestler, Handwerker und so weiter und so fort. Ich glaube, du weißt, was ich meine! Oh, sag mal, kennst du die Sängerin Ava Finch?” Ooooh, bitte sag ja! Das wäre SO cool! In letzter Zeit traf Nova auf viel zu viele Leute, die sie gar nicht kannten oder nur flüchtig, das war traurig. Sogar unter den eigenen Kollegen war sie teilweise nicht bekannt, das war mega hart! “Gut, gehen wir mal los!” Fröhlich irgendeine Melodie trällernd - mehr schlecht als recht - warf sie hin und wieder glotzenden Passanten einen giftigen Blick zu, wenn die Ken auch nur ansatzweise schief ansahen oder dabei waren ihre dreckigen Mäuler zu öffnen. Nochmal würde die Farron so ein beschissenes Schauspiel nicht zulassen, nicht, solange sie anwesend war und irgendwas davon mitbekam. So schräg die Dunkelhaarige auch war, sie kannte selbst das ekelhafte Gefühl von böswilliger Quälerei, das einen von innen zerfressen konnte, wenn man nicht genug auf sich aufpasste. “Sieh mal, die kleine Bühne mit Pult! Daneben steht ein Mann mit fettem Schal im Gesicht. Das ist bestimmt der Auktionator. Uff, der will aber viel Fisch loswerden …" Tonnenweise sozusagen!
Es war schön zu sehen, wie fröhlich und energisch Nova durch die Welt tanzend. Für Kenning waren diese Gefühle warm und ansteckend – auch wenn man das ihrer etwas unsicheren Haltung schwer herauslesen konnte. Dafür stand es umso klarer in ihrem weiten, leicht zittrigen Lächeln, das sich einfach nicht unterdrücken lassen wollte. Und ja, natürlich hatte Nova keine Probleme damit, zu sprechen. „Das merkt man!“ Ein fröhliches Kichern entkam der Norne, während sie neben der aufgeregten Blauhaarigen her spazierte. Die Gesellschaft der Farron war einfach wundervoll aufheiternd. „Ich... finds nicht langweilig“, staunte der Engel mit einem kurzen Kopfschütteln, bei dem ein paar Blutstropfen von ihrem Heiligenschein abflogen. Sie lächelte Nova warm an. „Wir verkaufen vor Allem spirituelle Sachen, weil Lorelai das voll mag! Talismane und sowas“, erklärte Ken fröhlich. „Aber wir haben auch ganz viele magische Gegenstände. Die machen total unterschiedliche Sachen. Ist immer ein Chaos, wenn ich eins davon den Kunden vorführe, hehe!“ Auch wenn sie lachte, war das eigentlich keine besonders gute Sache. Kenning wollte doch einen guten Job machen, da passte Chaos nicht so wirklich rein. Aber hey, sie war nicht hier, um sich um solche Sachen zu sorgen. Lieber hörte sie Nova zu, die ihr erklärte, dass ihre Gilde viele Künstler hatte. Sie glaubte also, dass Ken wusste, was sie meinte...? „Äh... klar, sicher.“ Nein, nicht wirklich. Handwerker und Models galten als Künstler? Das klang... nicht richtig. Nicht, dass Ken behaupten wollte, klüger als Nova zu sein. Beim Namen Ava Finch weiteten sich ihre Augen aber. „Oh, die Sängerin von Misstaken, meinst du? Die Band war super!“, stellte die Norne mit einem Funkeln in den Augen fest. Hatte sie hier gerade einen anderen Fan gefunden? Verrückt, unter was für Umständen man auf Gleichgesinnte treffen konnte! „Ich fand ihre Stimme echt gut... Voll schade, dass sie so böses Zeug gemacht hat. Das kann einem rückblickend echt die Songs versauen, und die Band hat sich davon auch nicht wieder erholt...“ Ja, diese Ava war schon eine schlimme Frau gewesen. Es gab immer noch Leute, die behaupteten, sie hätte Bella gar nichts getan oder sie hätten eine einvernehmliche Beziehung gehabt, aber die Aussagen der Band waren da eigentlich ziemlich eindeutig. Bei dem Gedanken, so missbraucht zu werden, wie es die Katze mit der Hündin gemacht hatte, lief Ken ein kalter Schauer über den Rücken... ehe sie zusammen zuckte. Moment, warum fühlte sie sich schlecht bei bösen Sachen? So würde sie ihrer Göttin niemals näher kommen. „I-ich meine, nicht dass ich was gegen böse Leute hab! Das find ich gut, j-jawohl! Ich bin nämlich selber ganz schön böse, weißt du?“
Eine Bühne. Ein Pult. Ein Haufen Fisch. „Ja... denke, hier sind wir richtig“, nickte die Norne und trat auf den Mann zu, der dort bereits wartete. Fröhlich lächelte sie, hob ihre Hand zum Gruß. Gerade fühlte sie sich ziemlich selbstbewusst – vielleicht auch, weil sie nicht so viel angestarrt wurde, seit Nova bei ihr war. Woran das wohl lag? „G-Guten Tag! Wir sind die Ma-Magierinnen, die Ihnen h-helfen wollen“, lächelte sie mit einer kurzen Verbeugung. „Ich bin Ken. Meine F-Fr... Freundin hier ist Nova.“ Ihr Gegenüber schien sich zu freuen, versuchte, sie zu grüßen, doch anstelle von Worten kamen nur ein paar kratzende Laute aus seinem Hals. Die Faust vor seinen Mund hebend räusperte er sich kurz, ehe er tatsächlich ein paar heisere Worte heraus brachte: „Danke... euch. Ich bin... Sorai.“ Er hielt die Vorstellung kurz; verständlich, schließlich klang es nicht so, als wäre es für ihn angenehm zu sprechen. Es wirkte ziemlich schmerzhaft. Besänftigend hob Kenning ihre Hände. „Alles gut, wir kümmern uns um alles. Ich bin es gewohnt, auf Kunden zuzugehen und mit ihnen zu sprechen, also...“ „Nein! Nicht zu... hingehen“, hustete der alte Mann im Schal, den Kopf schüttelnd. Er deutete auf seinen Hals. „Einfach... schreien.“ „Schreien?“ Die Augen des Engels weiteten sich, während ihre Stimme vor Aufregung lauter wurde:
Nova betrachtete neugierig den winzigen, leuchtend roten Blutstropfen auf ihrem Handrücken, der wie ein kostbares Juwel in der Morgensonne glänzte. Als Ken ihren Kopf schüttelte, konnte sie nicht schnell genug ausweichen, aber solange es nur die Haut war, die man einfach säubern konnte, war das nicht tragisch. Ohne lange darüber nachzudenken, hob sie die Hand und berührte das Rot vorsichtig mit der Zungenspitze. Ein Hauch von Metall und Salz breitete sich in ihrem Mund aus, als sie das Leben kostete. Ihre Miene verzog sich zu einer Mischung aus Ekel und Faszination. Der Geschmack war unangenehm und traf sie im nächsten Moment wie ein Blitz. “Wäääh, das ist ja echtes Blut!”, stellte die Machias schockiert fest und schauderte. Speichel im Mund sammelnd, spuckte sie schließlich zur Seite. Das hätte sie mal vor dem Reden tun sollen, ein bisschen davon hatte sie bestimmt bereits verschluckt! Oh nein, hoffentlich war die Schwarzhaarige nicht krank oder so! “Wie machst du das? Ich meine, bist du irgendwo verletzt?” Obwohl sie nicht so wirkte als hätte sie Schmerzen, war das ja wohl eine berechtigte Frage! Für einen anderen Geschmack wünschte sich Nova ihre heißgeliebten Pommes zurück, stattdessen kramte sie Schokolade aus ihrem Rucksack, schob sich das große Stück zwischen die Lippen und lutschte genüsslich. Viel besser! Aha, also doch so verfluchte Sachen! “Wow, wie cool! Und gruselig … aber cool! Wo ist der Laden? Vielleicht komme ich dich mal da besuchen!” Und kauft nebenbei das Geschäft leer, denn die Blauhaarige stand auf unnormales Zeug, auch wenn das total unheimlich sein mochte und sie eigentlich nichts damit anfangen konnte. “Klingt ja doch ganz lustig bei euch.”, gab sie dann zu und grinste breit. Das Geld wäre bei ihr natürlich nur zweitrangig, Hauptsache man hatte Spaß bei der Arbeit. “Ja!! Genau, die Sängerin von Misstaken!”, wiederholte sie wie eine hoffnungsvolle Idiotin und starrte die Norne ebenfalls mit großen, funkelnden Augen an. Allerdings ließ sie kaum ein gutes Haar an Ava Finch, weshalb Novas Funkeln langsam aber sicher erlosch und die Mundwinkel mehr und mehr fielen. Bockig verschränkte sie die Arme vor der Brust und blies kurz die Wangen auf, um nicht sofort zu platzen. Na toll, Ken war also auch so eine! Eine, die die gleichgeschlechtliche Liebe nicht akzeptierte und/oder der Meinung war, dass die Mädels generell keine Beziehung führen dürfen! Das waren so bescheuerte Ansichten! Aber bevor sie ihre eigenen Gedanken vor die Füße des Engels spuckte, wollte sie ihr die Chance für eine gute Erklärung geben. “Achja? Was für böses Zeug hat sie denn getrieben, hm??” Die Farron war eigentlich auf das gemeinsame Fangirlen aus, nicht auf Streit! Mann, sowas Blödes. Das totale Gegenteil, hmpf. Streitereien können auch witzig sein, aber nicht, wenn es um Ava fucking Finch ging! Pah! “Eeeeh, was soll das heißen, du bist böse? Das musst du mir erstmal beweisen.” Also jetzt erzählte sie aber wirklich Unsinn. Klar, sie wirkte schräg und alles, aber böse? Nee. Manchmal bezeichnete man die Machias als böse, wenn sie mal wieder den Spaß an der Freude auf die Spitze trieb; aber das meinte Ken bestimmt nicht.
Voller Elan und nun bester Laune hob Nova die Hand zum Gruße, als die Norne auch ihre Person vorstellte. Hui, manchmal wirkte sie wie auf Knopfdruck wie Tag und Nacht. Irgendwie war das ein cooles Talent, wovon sich der eine oder andere eine Scheibe abschneiden konnte. In Satyrs Cornucopia wäre sie sicherlich auch gut aufgehoben gewesen, in der Theaterabteilung oder so. Schön, dass Sorai nicht wie die anderen Passanten völlig schockiert reagierte, sobald er von ihr angesprochen wurde, er schien sich sogar über die beiden zu freuen. “W-wow, du bist ja so richtig erkältet!", kommentierte sie unnötigerweise den Zustand des Marktschreiers und trat einen großen Schritt zurück. Sie hatte absolut keinen Bock, seine verfluchten Viren einzuatmen! Wann war sie denn das letzte Mal krank? Keine Ahnung, egal. Aber der Engel meisterte die Situation und brachte ihn auf freundlichste Art und Weise zum Schweigen. “Ich kann auch voll gut schreien!”, platzte die Blauhaarige ebenfalls aufgeregt los und quietschte freudestrahlend. Uuuuh, der Auftrag würde tatsächlich sooo lustig werden! Sorai lächelte und hielt dann selbstgebastelte Schilder aus billigem Pappkarton hoch, auf denen die verschiedenen Fischsorten aufgeschrieben waren. Damit wankte er zu den vollen Tonnen und klebte sie nacheinander auf. “Oh, das ist eine große Hilfe, vielen Dank! Ich wüsste nämlich gar nicht, was das für Fisch ist, um ehrlich zu sein!”, gab sie zu und schenkte ihm beide Daumen nach oben. Sein Lachen kam nur krächzend hervor. Anschließend drückte er der Schwarzhaarigen ein Klemmbrett mit drei Zetteln in die Hand, die Gerichte mit jeweils den angebotenen Fischen aufweisen. “Uh, das sind Gerichte mit den verschiedenen Fischen, die wir anpreisen können!”, meinte sie begeistert, als sie neugierig auf die Listen schielte. Der Mann hatte an alles gedacht, trotz fieser Erkältung!
„Na-Natürlich ist das echt! Was d-d-denkst du denn?“, rief Ken aufgeregt, als Nova sich spontan hatte, ihr Blut zu schmecken. Wie viele Engel hatten denn bitte falsches Blut über ihrem Kopf schweben? Mit roten Wangen hielt sie sich ihre Hände vors Gesicht, blickte zwischen ihren Fingern hindurch, ehe sie langsam ihren Blick abwandte. „L-leck das nicht ei-einfach so... I-ist doch ein Teil von mir...!“ Wie peinlich! Und Nova hatte es sogar eklig gefunden! Am Liebsten wäre Ken hier und jetzt im Boden versunken! Den Blick stur nach unten gerichtet schüttelte sie den Kopf. „Nicht verletzt! Das... das ist immer so. Ich kann damit s-sogar zaubern, ein bisschen.“ Was der Engel an Magie beherrschte war wirklich nicht der Rede wert, aber immerhin synergierte es gut mit dem Blut, das sie sowieso immer zur Hand hatte. Leicht neidisch warf die Norne einen Seitenblick auf die Schokolade, die sich Nova zwischen die Lippen zog, sagte aber nichts dazu. Die Blauhaarige hatte ihr schon viel zu viel abgegeben. Fragend sah Ken hinüber zu ihrer Begleiterin, als die plötzlich nachhakte, was Ava Finch denn Böses getan hätte. „Ha-hast du das nicht mitbekommen? Ich dachte, jeder Fan weiß es... Das stand do-doch damals in allen Klatschpressen“, meinte sie überrascht, ehe sie traurig den Kopf schüttelte. In ihren Augenwinkeln bildeten sich Tränen. „Es ist so grausam... S-sie hat die arme Bella Borkins so rücksichtslos manipuliert und zu S-Se... f-fleischlichen Beziehungen gedrängt. Bei ihrer offiziellen Aussage ging es Bella so schlecht, dass sie in T-Tränen ausgebrochen ist... Wie kann man jemandem so etwas antun?“ Aus großen Augen sah die Norne Nova ins Gesicht, schloss ihre Hände wie zum Gebet vor ihrer Brust zusammen. Das konnte sie doch auch nicht gutheißen, oder? „Ich... Ich verstehe ja, w-wenn man etwas L-Li-Liebe braucht... a-aber das kann m-man doch keinem aufzwingen. I-ich hab doch auch immer akzeptiert, w-wenn meine Partner mich n-nicht mehr wollten...“ Oh, Moment... war das etwas, das sie verurteilen sollten? Mit solchen Sachen hatten doch nur gute Menschen Probleme! Schnell stellte der dunkle Engel klar, dass das alles für ihn voll okay war und dass er selbst total böse war... aber irgendwie schien Nova ihm das nicht zu glauben. „K-klar bin ich böse!“, echauffierte sich Kenning und hüpfte aufgeregt zweimal auf und ab. „Ähm, also... i-ich weiß grad gar nicht... ich glaub, b-beweisen kann ich's nicht... a-aber wenn mir was einfällt, dann...! Dann...!“ Schmollend schob sie ihre Unterlippe vor. Sie würde Nova schon noch zeigen, wie böse sie sein konnte! Ganz bald!
Erst einmal mussten sie aber dem Auktionär helfen, und so, wie es aussah, spielte das Schicksal der Norne in die Karten: Sie musste gar nicht mal besonders clever sein, sondern nur schreien! Das konnte sie eh viel besser, machte sie ja praktisch dauernd. „Hehe, m-mal schauen, wer v-von uns besser schreit! I-ich mach es dir nicht leicht, Nova!“ Entschlossen grinste Ken ihre Partnerin an, während sie einen kleinen Wettbewerb zwischen ihnen entfachte. Böse Leute wie sie gewannen halt gerne! Und sie schonten niemanden, selbst Himmlische, die ihnen pappige Pommes abgaben! Als die Farron dann zugab, von dem Fisch überhaupt nichts zu verstehen, musste Kenning wieder kichern. „Oh, ja! Ich hab auch absolut keine Ahnung!“, lachte sie fröhlich und nahm sich ein kleines Schildchen für die Hand mit einer weißen und einer roten Seite. Ahnungslos wedelte sie damit herum, legte leicht den Kopf schief. „... sieht aus, als hätte ich diese Auktions-Sache voll drauf!“ Sehr gut, sehr gut, sehr gut! Erfüllt mit einer ungeahnten Selbstsicherheit legte sich eine zarte Röte auf die erwartungsvollen Wangen des Engels, während seine Mundwinkel sich ganz, ganz weit hochzogen, seine Unterlippe bebend. Es war an der Zeit, sich zu beweisen – als Auktionär und als böser Engel zugleich! Die linke Hand hebend rieb sie mit ihren Fingern ihren Hals. „Ah... aber wenn ich heute viel schreien will, sollte ich mich aufwärmen. Das ist wichtig!“, meinte sie motiviert und schloss die Augen. „Mi-mi-mii.... Ki-ki-kii...“ Mit halbwegs ordentlicher Betonung ließ sie lange, klare Geräusche aus ihrem Hals dringen. Ja, sie konnte spüren, wie sich ihre übrige Anspannung langsam, aber sicher auflockerte. „Ki-ki-haa... ki-ha-haa... ki-ya... kya-ha... kya-ha-haa...“ Ah, das war es. Genau die richtige Stelle. Mit einem Mal riss Kenning ihre Augen weit auf, starrte gen Himmel, während ihr Mund sich in einem breiten Grinsen öffnete, das nicht nur ihre scharfen Zähne zeigte, sondern auch ihre breite Zunge heraushängen ließ.
„Kyaaahahahahaahaaa!“
Lautes, schallendes, wildes Gelächter entkam der Norne, die plötzlich gar nicht mehr so unsicher wirkte wie noch am Anfang des heutigen Tages. Stattdessen zeigte sie sich wild, erratisch. Ihre roten Augen zuckten hin und her, während ihr Körper vor Lachen erschauderte, ihre Hände vor sich gehoben, während sie wie Klauen die Luft vor ihr zu ergreifen versuchten. Ihr Blick schoss hinüber zu Nova, fixierte sie aus dem Augenwinkel, ehe Kens Kopf sich ebenfalls in die Richtung ihrer Partnerin drehte und sie ihre linke Hand erhob, um mit einer Fingerpistole auf die Menschen in der Umgebung zu deuten. „Ahaha! Kyahaa! Niemand wird meinen Fischen entkommen!“, kreischte sie, ihre Stimme immer noch vor Lachen bebend. „Ich erschieße sie alle! Bamm! Bumm! Ich erschieße sie mit meinen Worten, hyahyahahaa!“
“Huuuuh?! Natürlich dachte ich, dass das nicht echt ist und das tropfende Rot einfach zu deinem Stil gehört! Das hätte schließlich auch leckerer Erdbeersirup oder so sein können!”, erwiderte Nova ebenso aufgeregt und leckte rasch den geschmolzenen Rest Schokolade von ihren Fingerspitzen. Welches Himmelswesen hatte denn bitte Blut über dem Kopf schweben? Ken schien durch die Aktion wirklich empört, kein Wunder - es war ein Teil von ihr, wie sie gleich erklärte. "Als ob ich die Erste bin, die neugierig darauf war …" Das Gegenteil konnte sie ihr doch nicht weismachen. Vielleicht waren die anderen dabei nicht so probierfreudig, aber trotzdem! “Heißt das, du könntest mich jetzt von innen zerstören?!” Der besorgte Ton ging mit jedem Wort höher. Die Anspannung ließ auch beim nächsten Thema kaum nach, denn Ken glaubte offensichtlich den Medien, ohne die Sache zu hinterfragen. “Aber möglicherweise mochten sich die beiden wirklich und man hat Bella dazu gezwungen, sowas heftiges zu behaupten! Drama verkauft sich besser als eine glückliche Liebesbeziehung!" Beweise hatte Nova natürlich nicht, aber trotzdem. Klar könnte sie damit völlig falsch liegen, aber sie wollte Ava Finch nicht im schlechten Licht sehen und verteidigte die Sängerin lieber. Im nächsten Moment blinzelte die Farron irritiert und schenkte der Norne dann einen skeptischen Blick. “Du wirkst aber eher wie ein bockiges Kind als abgrundtief böse.”, meinte sie ehrlich und kicherte amüsiert. Vom Aussehen her hätte sie zwar das Zeug zum Bösewicht, aber das Verhalten war doch vielmehr niedlich. “Mach das, aber schikanier dann nicht mit Absicht irgendwelche Leute, sonst muss ich nämlich mit dir schimpfen!” Eine Kostprobe hatte sie ja vorhin schon mitbekommen. Herausfordernd grinste sie zurück, die mehrfarbigen Augen funkelten vor Spaß und Ehrgeiz. “Oh, du glaubst also, du kannst lauter schreien als ich, ja? Das werden wir noch ja hören!” Selbstverständlich machte die Machias keinen Rückzieher und stellte sich dem inoffiziellen Wettbewerb, den Ken auf jeden Fall haushoch verlieren würde! Vermutlich war sie als Verkaufstalent erfolgreicher, aber lauter bestimmt nicht. Und wenn die Kacke doch ordentlich am Dampfen war, hatte sie auch ein paar kleine Tricks auf Lager, hehe. Es war gut, dass der Auktionator kein Wissen über Fische verlangte und die beiden Magierinnen einfach nur die Schilder ablesen mussten. Die Kunden wussten wahrscheinlich sowieso, welche sie benötigen und hoben bei Interesse einfach eine Hand, sobald der Name fiel. Während die Langhaarige seltsame Karten in die Hände nahm, schnappte sich Nova den Auktionshammer vom Pult und wog ihn prüfend. Gutes Gewicht! “Herumschreien und irgendwo draufhauen, das wird so viel Spaß machen, Ken!”, quiekte sie vergnügt und teilte die freudige Aufregung lachend. Wettbewerb hin oder her, der Tag würde großartig werden! Solange die Kontrahentin Stimmübungen machte, schwang sich die Machias lässig auf einen bereitgestellten Hocker und ließ die Beine locker baumeln. Die Umgebung war erfüllt von einem lebhaften Gemurmel der Passanten, die neugierig zusahen und auch teilweise erwartungsvoll stehenblieben. Als der Moment näher rückte, an dem sie aktiv werden musste, spürte sie, wie sich ihre Vorfreude steigerte. Und dann, wie aus heiterem Himmel, zerriss ein verrücktes Lachen das friedliche Ambiente. Das Lachen klang wie ein ungezügeltes Gewitter, das plötzlich hereinbrach, die Leute drehten sich verwirrt um, um herauszufinden, woher der Lärm kam. Auch Nova starrte Ken entgeistert an, die blitzartig eine bizarre Show darbot. Ihr lief ein unangenehmer Schauer über den Rücken, als sie die blutroten Augen des vermeintlichen Engels fixierten und gleichzeitig mit den zu Pistolen geformten Fingern ohne Inhalt in die Menge schoss. Es dauerte etwa drei Wimpernschläge, bis die Blauhaarige ihre Stimme wiederfand. “H-huh?! Was machst du denn da?! Du sollst die Leute anlocken, nicht verscheuchen!!” Was war denn jetzt bitte bei ihr kaputt gegangen? “Sieh mal, die laufen eilig weiter oder verkriechen sich ängstlich hinter den Buden!” War sie etwa doch so böse, wie sie sagte? Das war jetzt aber wirklich ungünstig …
„Wer... wer hat Erdbeersirup ü-über seinem Kopf schweben?“, fragte Kenning leicht entrüstet, als wäre der Gedanke eines schwebenden Blutkreises so viel plausibler. Für sie mochte das alltäglich sein, aber wenn man kurz einen Schritt zurück machte und die Situation von außen betrachtete, dann hatte Nova wohl gar nicht so unrecht damit, dass man die Flüssigkeit für etwas Anderes als Blut halten konnte. Sie einfach so anzulecken war aber doch einen Schritt zu weit. „N-neugierig waren auch andere... aber g-geleckt hat an mir n-noch keiner“, meinte die Norne mit roten Wangen und blickte beiseite. Ob sie Nova jetzt von innen heraus zerstören könne? „Kann ich“, nickte sie, eine eiskalte Lüge, aber den kleinen Schock hatte sich die Blauhaarige verdient. „Aber... ich mag dich. Also tu ich's nicht.“ Auch die etwas verkorksten Meinungen der Farron zu den Dingen, die zwischen der Band Misstaken gelaufen waren, änderte nichts daran, dass sie Ken sympathisch war. Insgesamt schien sie deutlich emotionaler bei dem Thema zu sein als der eigentlich überemotionale Engel. „Ich meine, vielleicht war es ne Lüge... aber woher willst du das denn wissen?“, fragte die Schwarzhaarige und legte den Kopf schief, während große, rote Augen Nova anstarrten. „Also... auf mich hat sie sehr ehrlich gewirkt. Aber ich war ja nicht Teil der Gruppe. Ich weiß nicht, was da war. Du doch bestimmt auch nicht.“ Insofern machte es wenig Sinn, sich über dieses Thema zu streiten. Den Kopf schüttelnd wollte Ken damit einfach Schluss machen und sich auf die schönen Seiten ihrer gemeinsamen Zeit fokussieren. „So diskutieren b-bringt nichts, also l-lassen wir das. I-ist nicht so, als würde einer v-von uns wen aus der Band kennen, o-oder? Und... die Musik mögen wir beide...“
Eingeschnappt was Kenning entschlossen, ihre Gelegenheit zu nutzen, um zu beweisen, was für ein gutes, böses Wesen sie doch sein konnte! Sie und Nova waren beide recht aufgeregt, ein paar Passanten anzuschreien und anscheinend mit einem kleinen Hammer auf ein größeres Stück Holz zu hauen, aber nur eine der beiden Magierinnen begann plötzlich, laut und manisch aufzulachen. „Hyaaahaha! Jahaa, ich sehe es! Ich sehe es!“, rief Ken begeistert aus und deutete ihre Fingerpistole geradewegs auf Nova. „Angst und Schrecken! Ich b-bringe die Welt zum Erzittern! Und d-du... du ha-hast mir nicht geglaubt!“ Triumphal packte Kenning das erste der Schilder und trat an das Pult heran, dessen Hammer sich die Farron eben unter den Nagel gekrallt hatte. Ihre Flügel einmal kräftig schlagend lassen, sprang der Engel in einem Satz auf das hölzerne Podest hinauf... oder versuchte es zumindest. Da verschätzte er sich wohl, was seine eigene Flexibilität anging. Nicht annähernd hoch genug gehüpft klammerte sich Ken mit beiden Armen an die Oberseite des Pultes und wedelte kurz mit ihren Beinen, ehe sie einen Fuß auf dem Boden und den anderen am Holz abstütze und sich nach oben schob. Das Ergebnis war aber das Gleiche: Schlussendlich stand der blutige Engel mit weit ausgebreiteten Flügeln oben auf dem Pult und lachte auf die Welt herab. „Kyahaa! Seht euch an, verborgen vor der Wahrheit, kauernd und zitternd! Der Inbegriff der Feigheit!“, rief sie der Menschenmenge zu, ehe sie ihr Schild mit beiden Händen fest packte. „I-ist keiner von euch... mutig genug... um Fisch zu kaufen?“ Entschlossen riss sie das Schild nach oben, zeigte es den Leuten, ehe sie ihre scharfe Stimme noch weiter erhob: „Traut euch, Fa-Feiglinge! Wi-wir haben Renken! Waschechte Renken! F-Frisch gefangen, denk ich, z-zappeln fast noch! Echte Fische aus echtem Wa-Wasser! Einstieg für die A-Auktion sind fünfhundert J-Jewel!“, rief sie aus und starrte urteilend auf ihre potenziellen Kunden hinab. „A-Also? Fasst euch ein Herz und ka-kaa... Kauft Fische!“
“Wer zum Teufel hat denn überhaupt etwas über dem Kopf schweben? Bist du ein Engel oder Dämon?” So, jetzt war die brennende Frage endlich raus. Eins von beidem musste es sein! Aber wenn sie tatsächlich ein Engel war, war die Vorstellung von den himmlischen Wesen ja total verkehrt, eigentlich beschrieb man sie doch eher mit blonden, langen Haaren, weißen Flügeln und mit hellen Gewändern. Kens Erscheinung hingegen war das komplette Gegenteil, ihre Heimat war also bestimmt das Schattenreich! Dann war sie wohl wirklich böse, wie sie selbst behauptete! "Manchmal muss man einfach sichergehen!”, meinte Nova und kickte einen Kiesel zur Seite. Anschließend wich ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht und sie sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein, als die Noé die Vermutung bestätigte, die innere Zerstörung einleiten zu können. “Was echt jetzt? Das ist so cool und gruselig zugleich!", quietschte sie fasziniert und klatschte aufgeregt in die Hände, nachdem der anfängliche Schock überwunden war. “Puh, danke, dass du mich nicht tötest! Nächstes Mal frage ich vorher lieber!” Lebensmüde war die Machias schließlich nicht, nur unglaublich neugierig. Und ja, mochte sein, dass sie eine rosarote Brille auf der Nase trug, doch sie wollte und konnte einfach nicht an Avas Schuld glauben. Die Karriere von allen Girls hätte man doch sicherlich anders, friedlich retten können, wieso musste ein Bruch immer so schlimm enden? Schmollend blickte sie auf ihre Schuhspitzen. “Weiß ich natürlich nicht …” Woher auch? Nur, weil Nova die Sängerin wieder auf der Bühne stehen sehen wollte, klammerte sie sich verzweifelt an den letzten Strohhalm. Sie gab noch ein trotziges “Hmpf.” von sich, ließ das Thema dann aber auch bleiben.
Sprachlosigkeit kam bei der Machias wirklich selten vor, aber die Geflügelte schaffte es innerhalb weniger Sekunden, ihren Mund mit dem äußerst seltsamen Verhalten zuzukleben und ließ sie zunächst entgeistert am Pult sitzen. Man hielt Nova oft für komisch, wieso auch immer, aber im Vergleich zu Ken war sie ja wohl völlig normal! “Ich hab’s ja kapiert, du bist ein Superbösewicht!”, gab sie zu und schmierte der Partnerin gleichzeitig Honig um’s Mäulchen, da sie ihr Ziel erreichte. Leider war das für den Auftrag überhaupt nicht förderlich, deshalb musste die Langhaarige unbedingt damit aufhören! Aber offenbar dachte sie gar nicht erst daran und drehte stattdessen völlig auf, um gefühlt der ganzen Welt zu beweisen, wie schrecklich sie doch war. “Du kannst das jetzt lassen, sonst kauft niemand auch nur einen Fisch, egal wie laut du bist und wie sehr du mit dem Schild herumwedelst! Du verscheuchst die Leute nur.” Wow, dass die vorlaute Göre mal jemanden auf den Boden der Tatsachen zurückholen musste, war wirklich unangenehm. Es fühlte sich schräg und falsch an, irgendwie war sie sogar peinlich berührt. Nicht durch Ken, durch sich selbst. Als die andere ungeschickt auf das Pult kletterte, ging Nova mit dem Hammer in der Hand auf Abstand und beobachtete die Szenerie ein bisschen weiter. Sie hatte keine Lust, doch noch von ihr umgebracht oder verstümmelt zu werden, sobald sie sich einmischte. “Okay, cool. Bist du endlich fertig?”, fragte sie, mittlerweile eher unbeeindruckt, und ließ den Hammer ungeduldig hin und her schwingen. Normalerweise würde sie die Show feiern, aber Angst war gerade kein gutes Werbemittel. Also positionierte sie sich neben einer anderen Tonne voller Fisch und setzte ein bezauberndes Lächeln auf, klopfte laut gegen das Holz und drehte sich schwungvoll zum ängstlichen Publikum. Die Stimmung musste schleunigst gehoben werden! “Was meine reizende Partnerin eigentlich meinte: KAUFT DEN UNGLAUBLICH FRISCHEN THUNFISCH, ANSONSTEN SEID IHR SCHULD DARAN, DASS ER SINNLOS SEIN LEBEN LASSEN MUSSTE!” Ob die Strategie des schlechten Gewissens besser beim Verkauf half? Ganz bestimmt! Die Menge schnappte schockiert nach Luft, das rege Tuscheln hinter vorgehaltener Hand wurde nur noch lauter. Aber hey! Sie blieben dennoch an Ort und Stelle. Tja, die Macht der Neugier war eben sehr stark. “STARTGEBOT FÜR EINEN LIEGT BEI: 900 JEWEL! SCHLIEßLICH IST DER TOD UNWIDERRUFLICH!” Eine korpulente Frau mit goldenen Ketten um den Hals hob nach kurzem zögern unsicher eine Hand. HA! Auf das Gewissen war Verlass! “GUTE FRAU! MACHEN SIE SICH FREI VON DER SÜNDE! 900 JEWEL ZUM ERSTEN …” Welche Sünde? Auch egal.
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