Ortsname: Umland von Magnolia und Hargeon Town Art: Freiraum Spezielles: --- Beschreibung: Das Umland der beiden größten Städte Ost-Fiores ist durchzogen von fruchtbaren Feldern und üppigen Wäldern, dort wo die sauber angefertigten Straßen enden und die schlichte Trampelpfade beginnen. Wenn selbst die kleineren Dörfer, die mit ihren lokalen Spezialitäten oder Handwerk versuchen ihre Taschen zu füllen, nach und nach verschwinden, erwartet einen nur noch die unberührte Natur, die mit Vorsicht zu genießen ist.
Sicherlich, ein stabiler Korb wäre perfekt gewesen, das konnte Kitani gar nicht verneinen, wollte er auch nicht. Letztendlich änderte es auch überhaupt nichts daran, dass er sich wie ein frisch paniertes Schnitzel über den instabilen Korb freute. Hübsch anzusehen war er trotzdem und das Teamwork, das die beiden Stammeskinder nun an den Tag legen mussten, um ihn doch noch tragfähig zu machen, bereitete dem untoten Fuchs große Freude. Außerdem konnte er so einmal mehr die faszinierende Magie des Weißhaarigen bewundern. "Absolut!", stimmte er enthusiastisch und begleitet von einem kräftigen Nicken zu. Zusammenhalt war wichtig. Zwischen Freunden, zwischen Mensch und Natur und auch zwischen allerlei Gegenständen. Überall, an jeder Ecke dieser Welt war Zusammenhalt relevant und wertvoll. Wenn man es so sah, war es wirklich kein Wunder, dass der äußerst talentierte Schamane einen Zauber dafür beherrschte. Selbst mithilfe der wundersamen Magie war es allerdings gar nicht so einfach, den Korb und den Stoff zusammenzufügen. Beides war wohl kaum dafür gedacht, so verwendet zu werden, aber mit einer Menge Geduld und für Kitani beinahe schon überraschend viel Fokus entstand doch zunehmend etwas, das sich als 'stabiler Korb' bezeichnen ließ. Absolut effizient, wenn dafür auch nur wenig schön. Doch solange der Korb seinen Zweck als Korb erfüllte, war dem Großohr alles andere egal. Ein Korb musste nicht schön sein, wenn er doch nur Dinge tragen sollte. Genauso wie ein Krieger nicht heilen musste, wenn er doch kämpfen konnte. Zum Hübsch-aussehen gab es andere Dinge, Blumen zum Beispiel. "Also wirklich, hattest du etwa gedacht, dass Teamwork nicht die Antwort wäre?" Spielerisch beleidigt bließ er die Backen auf und warf seinem Gegenüber einen traurigen Blick zu. "Seit wann klappen Dinge nicht besser, wenn wir zusammen sind, hm?" Sanft boxte er ihm gegen den Oberarm. Sicherlich hatten sie beide im Alleingang auch ihre Stärken, doch wenn sie diese vereinten, waren sie einfach unschlagbar ... zumindest gefühlt. Sorgfältig wurde der Faden ein letztes Mal von Kit festgezogen, ehe die Nadel in Norahs Hände weiterwanderte, der sich um die Innenauskleidung kümmerte. Nun, wo das Flechtwerk bereits an Stabilität durch den äußeren Stoff bekommen hatte, schien es ihm deutlich einfacher zu fallen. Wirklich schön sah es bei dem N'doul zwar auch nicht aus, aber dieses Ziel hatten sie ja schon zu Beginn abgelegt. "Also wenn das nicht hält, dann weiß ich auch nicht!", entgegnete der Fuchs zufrieden. Ein wenig erinnerte ihn das fertige Ergebnis an Norah und sich selbst. Ein wenig chaotisch, aber trotzdem zuverlässig! Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen tätschelte er den Henkel des Kunstwerks, ignorierte dabei gekonnt das leise Knacken, das von irgendwo aus dem inneren der Stoffschichten drang. Der Korb würde halten, ob er wollte oder nicht! "Ja, natürlich! Ein Picknick ohne Essen und Trinken ist schließlich kein Picknick!" In einer geschickten Bewegung rollte sich der Fuchs rückwärts vom Bett. Die großen Ohren standen mindestens genauso senkrecht wie er, ehe seine Füße auch schon in Bewegung gerieten und eilig durch das kkleine Zimmerchen flitzten. Eine Flasche frischer Orangensaft, ein paar verschiedene Obst- und Gemüsesorten und ein paar Kekse landeten in dem Korb. Noch hielt er problemlos stand, allerdings war er auch noch nicht angehoben worden. "Meinst du das reicht?" Allzu sehr überladen wollte Kit ihn auch nicht, vielleicht war er aber auch ein wenig übervorsichtig? Nachdenklich neigte er den Kopf hin und her, die zweifarbigen Äuglein ruhten dabei aber fest auf dem Zusammenspiel aus Stoff und Zweigen. "Ich überlasse dir die Ehre!"
„Ich hatte gedacht, ich krieg vielleicht auch alleine etwas Ordentliches hin...“, gab Norah mit einem Seufzen zu und legte sich eine Hand an die Stirn. Natürlich hatte er nicht daran gezweifelt, dass Kitani ihm eine große Hilfe sein würde, wenn er nur fragte, aber auf der anderen Seite hätte er seinem Freund gerne eigenständig, ohne Unterstützung, ein Geschenk gemacht. Aber gut, wie könnte er sich grämen, wenn der Tahimora neben ihm feierte, dass Sachen immer besser gingen, wenn sie zu zweit waren. Ein Lächeln stahl sich auf die Lippen des N'doul. „Aber es ist immer wieder gut zu sehen, dass wir zusammen alles schaffen können“, meinte er optimistisch. „Kennst du die Geschichte von den zwei Riesen, die zusammen ein riesiges Schiff gebaut haben? Der Korb hier fühlt sich ganz genauso an!“ Eine Hand am Kinn nickte Norah. „Getränke, Früchte, Gemüse und... Nachtisch“, fasste er zusammen, musste beim letzten Wort schmunzeln. Den Süßkram konnte Kit wohl nicht zuhause lassen. „Sieht gut aus. Mehr würde ich nicht mitnehmen.“ Nicht zuletzt, weil er wirklich nicht riskieren sollte, dass ihr Team-Korb sich doch noch entschied, unter dem Gewicht zusammenzubrechen. Vorsichtig hob Norah ihr kleines Picknick-Paket an, erst nur langsam, um sicher zu gehen, aber als die Hölzchen hielten und auch nicht nochmal so ein besorgniserregendes Knacken ertönte, atmete er erleichtert auf und entspannte seinen Arm, den Korb an seiner Seite halten. Mit der anderen Hand ergriff er die von Kitani. „Dann machen wir uns auf den Weg", meinte er mit einem Lächeln, blieb dann vor dem Ausgang aber noch einmal stehen. „… du musst die Tür aufmachen. Ich hab keine Hand frei."
Man musste ein Stück weit von Hargeon weggehen, um an ein ordentliches Fleckchen Natur heranzukommen. Im Vergleich zu Sao Palma war diese Hafenstadt nicht nur ein gutes Stück größer, sondern hatte sich auch weiter über ihre Grenzen ausgebreitet mit gerodeten Wäldern und befestigten Straßen. Solange man sich nicht daran störte, einen etwas längeren Weg auf sich zu nehmen, konnte man aber noch ein paar Bäume finden. Ein kleines, hübsches Wäldchen, eine gute Abwechslung zum geschäftigen Hargeon Town, auch wenn es sich im Vergleich zu dem Urwald, aus dem die beiden kamen, nicht nach viel anfühlte. Die Bäume standen weniger eng, es wuchsen nicht so viele andere Pflanzen, die Tierwelt war nicht so divers. „Das ist wohl das Beste, was wir hier in der Gegend bekommen werden", stellte Norah fest und blickte sich nachdenklich um, während sie beide zwischen die Bäume traten. „Ich hoffe, hier finde ich die Kräuter, die ich brauche… die sind eigentlich relativ häufig und können so ziemlich überall wachsen. Auch wenn ich wohl auf ein paar Sachen verzichten muss…" Leicht verzog er das Gesicht. Es hieß, dass sich Fiore je nachdem, wo genau man war, in Klima, Fauna und Flora sehr stark unterscheiden konnte. Wenn er etwas hier nicht finden konnte, dann würde es vieleicht woanders wachsen. Im Notfall konnte man vermutlich auch ein paar Zutaten kaufen… aber das wäre sicher furchtbar teuer, wenn man die allgemeinen Preise in diesem Königreich so betrachtete. „Aber naja, das ist jetzt gerade nicht wichtig", lächelte er und schüttelte den Kopf, um diese Gedanken für den Moment zu verbannen. Bevor sie nach irgendwelchen Zutaten suchten, wollten sich Norah und Kitani schließlich erst einmal eine schöne Zeit machen. Er sah seinem Partner in die Augen. „Lass uns eine schöne Lichtung finden, um die Decke auszurollen, Kit!"
@Kitania
A wise mage once said: Understand what works against you, and it will work for you instead. That mage was me, of course!
Hiro mag diesen Beitrag
Kitani
Anmeldedatum : 24.10.22 Anzahl der Beiträge : 72 Alter : 22 Ort : reisend
Mitfühlend legte der untote Fuchs seinem Freund eine Hand auf die Schulter. Er konnt verstehen, was Norah meinte. Manchmal wollte man jemandem einfach einen kleinen Gefallen tun, ohne, dass dieser einen Finger rühren musste. Was der Weißschopf aber wohl nicht zu wissen schien, war, dass Kitani solche Geschenke gar nicht brauchte. Er hatte bereits das beste Geschenk auf der großen, weiten Welt bekommen: Zeit. Zeit zum Leben und Zeit mit seinem allerbesten Freund. Mehr wollte er gar nicht und mehr brauchte er auch nicht. "Natürlich kenne ich die", kicherte er amüsiert, "Die hat mir meine Mutter als Kind ständig erzählt. Ich glaube, ich kann sie heute noch Wort für Wort auswendig." Sie hatte immer gesagt, wie wichtig es ihr war, dass ihr Sohnemann lernte, dass Zusammenhalt das wichtigste im Leben war. Damals hatte er das nicht verstanden, es hatte ihn genervt, doch heutzutage wusste er, dass sie Recht gehabt hatte. Zusammen war man einfach stärker. Nachdem alles im Team-Korb verstaut worden war, konnte es auch schon losgehen. Eilig hüpfte das Großohr zur Tür und riss diese auf. Mit einer ausladenden Handbewegung und einer leichten Verbeugung machte er spielerisch deutlich, dass Norah nun hindurchschreiten durfte. "Nach Ihnen, der Herr", imitierte er die Worte und Stimme eines noblen Butlers und schloss die Tür schließlich wieder, nachdem sie beide draußen waren. Die Vorfreude und die dadurch übersprudelnde Energie war ihm deutlich anzusehen, denn auch auf dem Weg in die Natur hüpfte er herum, wie ein schwungvoll geworfener Flummi. Bäume wurden umkreist, Büsche übersprungen und auch das vereinzelte Käferlein wurde aufgehoben und auf die Hand genommen. Hach, es fühlte sich gut an, wieder etwas anderes als Teer und Stein unter den Füßen zu haben. Auch, wenn sich der Schwarzschopf damals überwiegend freiwillig dazu entschieden hatte, sein Zuhause im Urwald hinter sich zu lassen, war die Natur trotzdem der Ort, an dem er sich am wohlsten fühlte. Schließlich war er unter freiem Himmel und umgeben von Gras und Baum geboren und aufgewachsen. "Es ist auf jeden Fall besser als Hargeon. Wir sind endlich mal alleine." Weit und breit war kein anderer Mensch zu sehen. Zufrieden atmete er tiiief ein und in einem langen Seufzen wieder aus. Auch die Luft fühlte sich irgendwie angenehmer an. "Ich bin mir sicher, dass wir finden werden, was du suchst. Und wenn nicht, dann finden wir vielleicht etwas anderes Tolles. Hier gibt es bestimmt auch Kräuter, die es in Minstrel nicht gibt!" Gerade eben war es jedoch keine gute Idee, nach diesen zu suchen, das schien auch der N'doul zu realisieren. Kitani würde vermutlich nur versehentlich über sie trampeln. "Ich werde die allerbeste Lichtung in diesem Wald finden!" Entschlossen legte er noch einen Gang zu, flitzte voran, ehe er plötzlich ruckartig stehen blieb. Die großen Fuchsohren waren geradeaus gerichtet, der plüschige Schweif wurde kerzengerade in die Luft gestreckt während die zweifarbigen Äuglein einige wackelnde Zweige fixierte. Das Füchslein hatte potentielle Beute entdeckt. Instinktiv ließ er sich in die Hocke fallen. Eine kleine, fleischige Beilage wäre doch perfekt für ihr Picknick. Das würde sie garantiert lange satt halten. Was auch immer sich in dem Gebüsch versteckte, er musste es fangen. "Norah, da vorne!", hauchte er, ohne sich einen Milimeter zu rühren. "Du schleichst dich außen herum und scheuchst es dann in meine Richtung." Und dann zack! würde Kit zuschlagen wie das Raubtier, als das er einst geboren worden war.
Auf der Suche nach einem guten Platz für ihr Picknick genoss Norah diese Gelegenheit, ein wenig mit Kitani durch die freie Natur zu wandern. Hier kamen sie nicht so oft dazu, wie er es gerne hätte. „Haha, ja... Besser als Hargeon ist es allemal“, nickte der N'doul, ehe er nachdenklich seinen Blick senkte. Bei diesen Worten fiel ihm direkt etwas wieder ein, über das er eigentlich noch mit Kit sprechen wollte. Zögerlich schickte er eine Frage hinterher: „Sag mal... wie findest du es in Hargeon eigentlich?“ Wenn er selbst ehrlich war, war Norah kein großer Fan der Stadt. Er fand den Basar an der Hafenpromenade nicht schlecht, da endete es aber auch schon. Dass die Stadt nah am Meer gebaut war konnte er wegen den ganzen Schiffen und dem recht modernen Hafen nicht wirklich genießen. Es roch selten nach salzigem Meerwasser, häufiger nach Rauch oder irgendwelchen Sachen, die herum transportiert wurden. Gewürze, billige Klamotten voller Mottenkugeln, Fisch, der ein paar Tage drüber war. Dazu kam, wie viele Menschen hier herum wuselten, auf die der Schamane eigentlich überhaupt keinen Bock hatte. Und einige der Leute, die hier lebten, fand er ganz schön unhöflich, auch wenn Norah wohl nicht die Person war, die jemand anders für sein Verhalten verurteilen sollte. Er tat es dennoch oft genug. „Hm... unbekannte Kräuter zu finden wäre auch interessant. Dann könnte ich vielleicht ein bisschen damit rumprobieren...“, murmelte das Weißhaar nachdenklich, tatsächlich ziemlich interessiert an dem Gedanken, den Kit da aufwarf. „An die Möglichkeit hab ich gar nicht gedacht.“ Es war wohl kein Wunder, dass Norah, der in seiner ersten Rolle als Sammler im Stamm total versagt hatte, nicht wirklich davon ausging, dass er der Entdecker irgendwelcher neuer Kräutersorten werden würde. Es machte aber vollkommen Sinn, dass sie in einem Land mit so einer großen Diversität in Flora wie Fiore auch auf Pflanzen treffen würden, die Norah noch gar nicht kannte. „Eventuell gibt es hier auch ein paar Rezepte, die ich nicht von zuhause kenne... Die Fiorer sind zwar alle ziemlich verbohrt, aber auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn, nicht?“ Es lohnte sich wohl, da mal Nachforschungen anzustellen. Wenn er sich nicht irrte, gab es in Hargeon Town sogar eine Bücherei...
Überraschend stellten sich Kitanis Ohren und Schweif auf – eine Geste, die Norah kannte und die ihn innehalten ließ. Der Fuchs hatte irgendwas entdeckt, so viel war klar, also wurde der Schakal erst einmal still. Den Kopf leicht reckend versuchte Norah auszumachen, was es war, das die Aufmerksamkeit seines Freundes erregt hatte, aber mehr als ein paar wackelnde Sträucher erkannte er nicht. Er sollte also die Vogelscheuche spielen und wenn das Tier aufgeschreckt war, dann wollte Kit es fangen? „Okay... machen wir das so.“ Mit einem kurzen Nicken bestätigte das Weißhaar die Aufforderung des Tahimora und stellte für den Moment den Picknickkorb ab, ehe er leisen Schrittes um die Büsche herum zu schleichen versuchte. Hier und da knackte etwas, aber Alles in Allem schien er sich ruhig genug zu verhalten, um die Beute nicht aufzuschrecken. Hinter das Tier zu kommen war gar nicht mal so schwer. Danach musste sich Norah aber schon fragen, wie er es aufschrecken wollte. Seinen Speer hatte er nicht dabei, hatte schließlich eine Hand für den Korb und die andere für Kitanis Hand gebraucht. Sollte er sich hier einfach zum Affen machen? Nein, das ging sicher besser. Einen herumliegenden Ast auflesend nahm Norah ihn in beide Hände wie einen Speer, ehe er mit einem lauten „GRRRR!“ ein paarmal in die Büsche stach. Und tatsächlich: Er hörte, wie auf der anderen Seite etwas durch die Blätter brach. Da hatte Kit wohl seine Beute!
Gemächlich wippte der Schweif des untoten Fuchses im Takt seines Schrittes. Die Natur hier draußen, so mager sie im Vergleich zu Minstrel auch ausfallen mochte, war eine willkommene Abwechslung zum Großstadtdschungel Hargeons. Apropos Hargeon. Wie fand er die Stadt? Nachdenklich neigte er den Kopf, bis die großen Ohren ein wenig zur Seite kippten. Gute Frage. Sicher hatte sie ihre Vorteile, doch wirklich das, was er erwartet hatte, war es nicht. "Naja ...", begann er, brauchte jedoch noch einen Moment, um sich die richtigen Worte zurechtzulegen. "Es ist ..." Er wollte Norah nicht enttäuschen. Sie waren den ganzen, weiten Weg hierher gekommen. Doch wenn er den Weißhaarigen ansah, erkannte er keinerlei Begeisterung in seinem Gesicht, als er über die Hafenstadt sprach. Vielleicht dachte er ja ähnlich wie Kit? "Bei so vielen Menschen ist es deutlich einfacher, gute Jobs zu finden, das ist schon schön. Aber ehrlich gesagt sind es mir zu viele Leute ... und es ist alles so grau und trostlos. Selbst das Meer wirkt irgendwie ... vermenschlicht?" Überall waren Schiffe und Boote und dort, wo keine waren, waren Angelschnüre. Die Option auf ein gemütliches Bad gab es nur an wenigen Stellen und diese waren meist genauso überfüllt wie der Rest der Stadt. "Ich vermisse die Natur ..." Er vermisste das Gras, das sanft um seine Waden streifte, das Zwitschern der Vögel und das gelassene Plätschern von Wasser. Es gab in der großen Stadt zwar hier und dort Parks, doch dort merkte man nur umso mehr den Einfluss der Menschen. Es war einfach nicht das selbe wie ein echter Wald, eine echte Wiese oder Weide. "Bist du hier glücklich, Norah?" Zwar konnte er bereits erahnen, was die Antwort war, doch er wollte es den Weißschopf sagen hören, ihm nicht einfach Worte in den Mund legen. "Ich werde dort glücklich sein, wo du bist. An alles andere kann ich mich gewöhnen." Wenn der N'doul hierbleiben würde, würde Kit es ebenfalls. Und wenn er weiterziehen wollte, dann würde Kit folgen. Er brauchte Norah. Und Norah brauchte ihn. Das wurde einmal mehr deutlich, als der Schamane realisierte, dass ihm der Gedanke, den sein Begleiter teilte, noch gar nicht gekommen war. Sie ergänzten sich. Als Versagen als Kräutersammler sah Kit diese Tatsache nicht. Wieso auch? Er kannte seinen Freund, wusste, dass er am liebsten auf vertrauten Wegen spazierte. Daran war nichts verwerflich, doch hin und wieder war ein kleiner Ausflug an unbekannte Orte genau das, was er brauchte. Im Gegenzug brauchte der Tahimora gelegentlich jemanden, der darauf achtete, dass er nicht zu weit davonstreunerte. Seine neugierige Nase entdeckte gerne allerlei neue Dinge, vergaß dabei jedoch manchmal, dass Neues nicht immer gut und sicher war. "Deswegen hast du ja mich", merkte er also grinsend an und wischte sich mit dem Finger unter der Nase entlang. "Ich bin mir sicher, dass es auch in Fiore das ein oder andere schlaue Köpfchen gibt, Norah!" Er blieb kurz stehen um seinem Kumpel sanft gegen die Schläfe zu schnipsen. "Neben uns." Kitanis Köpfchen war allerdings nicht nur schlau. Es war auch hin und wieder aufmerksam! Zumindest, wenn es um potentielle Beute ging. Da kam eben doch ein wenig der Fuchs in ihm heraus. Sofort wechselte sein Hirn in den Jagdmodus, seine Augen ließen die wackelnden Zweige nicht mehr aus dem Blick. Während Norah wie gewünscht in einem großen Bogen um den entsprechenden Busch herumschlich, holte Kit aus seiner Hosentasche seinen Dolch hervor. Anstatt ihn jedoch wie gewöhnliche Menschen in der Hand zu behalten, nahm er ihn zwischen die Zähne. Bestünde der Griff nicht aus Knochen und Stoff, sondern auch weicherem Holz, so hätte dieser nach all den Jahren sicherlich schon unzählige Zahnabdrücke. Die Füße und Hände fest auf dem Waldboden wartete er so ungeduldig darauf, dass es endlich so weit war. Der N'doul schnappte sich einen Stock, holte damit aus ... und bevor Kitani dazu kam, noch einmal Luft zu holen, war es da, das Tier. Mit einem leisen Quieken stürzte es sich aus dem Gebüsch, direkt auf den Fuchs zu. Dieser staunte nicht schlecht, als er den Hasen auf sich zuhoppeln sah. Der war ja riesig! Beinahe hätte er sich von dieser Tatsache ablenken lassen, doch sein Hirn bekam gerade noch die Kurve und fokussierte sich wieder auf das, was der Plan war. Bevor das Löffelohr realisieren konnte, was genau passierte, hatte sich der Schwarzhaarige schon nach vorne gestürzt, es an Kopf und Rücken fest gepackt und mit einem gezielten Dolchhieb in den Nacken erlegt. Glücklicherweise hatte bereits der erste Stich perfekt gesessen, denn lange hätte er nicht mit dem großen und dementsprechend kräftigen Tier rangeln können. Triumphierend stieß er die Luft aus der Nase aus. "Unser Abendessen ist gesichert!" Vorsichtig zog er die Klinge wieder heraus, wischte sie am Waldboden ab und ließ sie wieder in seiner Tasche verschwinden. Bevor er sich jedoch gemeinsam mit seiner Beute aufrichtete, hielt er einen Moment inne und schloss die Augen. Das Dankesgebet an den Hasen, der sein Leben gelassen hatte, um das von Norah und Kit zu erhalten, würde er niemals vergessen oder gar bewusst überspringen.
Hargeon Town war ein schwieriges Thema. Norah war hin- und hergerissen. Einerseits war hier zu bleiben die einfache Wahl. Sie kamen an Arbeit und konnten sich relativ leicht ein Dach über dem Kopf besorgen. Inzwischen kannten sich die beiden Magier sogar ganz gut in der Umgebung aus, und alles, was sie dringend brauchten, war einfach genug zu besorgen. Vernünftig wäre es wohl, sich jetzt einfach niederzulassen und ein sicheres, einfaches Leben aufzubauen. Das einzige, was dagegen sprach, war... dass Norah es nicht wollte. Dass er es hier nicht mochte. Ein schwaches Argument, wenn die Alternative vielleicht Kitanis Glück war. Ein Teil von Norah hoffte, dass Kit die Stadt genauso wenig mochte wie er. Ein anderer dagegen wünschte sich, dass der Tahimora hier glücklich war. Dann wäre es so einfach, sich hinten anzustellen und einfach den leichten Weg zu gehen... Einfach war es aber schlussendlich nie. Trübe glitten die Augen des N'doul über die Büsche und Gräser in der Nähe, während er seinem Partner lauschte. Es war zu voll, zu grau, zu menschlich. Probleme, die der Schakal absolut verstehen konnte. Einerseits schlug sein Herz höher bei dem Gedanken, dass er und Kit trotz all ihrer Unterschiede so einen ähnlichen Blick auf diesen Ort hatten. Andererseits wurde ihm genau dieses Herz schwer, als klar wurde, dass der Tahimora noch nicht glücklich war. Norah hatte ihm die Welt versprochen, und trotz allen Schritten und Mühen, die sie bisher auf sich genommen hatten, waren sie davon noch weit entfernt. Es war ermüdend. Anstrengend. Für einen Schakal, der es nicht gewohnt war, hart zu arbeiten, und der sein Leben damit verbracht hatte, die Reste Anderer zu stehlen, stellte sich diese Traumwelt von Fiore als ziemlich grausame Realität heraus. „Nein... ich denke nicht, dass ich hier glücklich bin“, gestand er, dem Blick seines Partners ausweichend. Er gab es nur ungern zu, aber jetzt, wo Kit auch nicht glücklich war, machte es keinen Unterschied. „Ich dachte mir, wenn es dir hier gefällt, könnten wir uns hier vielleicht ein Leben aufbauen... aber wenn nicht, dann... naja...“ Dann brachte es nichts, weiter in Hargeon zu bleiben, oder? Nervös spielte Norah mit seinen langen, weißen Haaren. Auch wenn es irgendwie einschüchternd war, das bisschen normales Leben, das sie sich hier aufgebaut hatten, wieder aufzugeben und sich noch einmal auf den Weg zu machen, jetzt zum dritten Mal in ihrem Leben, gab es nicht wirklich eine Alternative. Ein unglücklicher Kitani war kein akzeptables Ergebnis. Immerhin, eine erneute Reise durch Fiore versprach einen Blick auf neue Zutaten, neue Rezepturen und vielleicht sogar ein paar neue Ideen für seinen Schamanismus. Es war eine Gelegenheit, sich zu entwickeln. Vielleicht konnte man sogar etwas von den Fiorern lernen, auch wenn Norah da seine Zweifel hatte. Er konnte nicht anders als zu Grinsen, als der Fuchs an seiner Seite behauptete, dass es hier noch andere schlaue Köpfchen gäbe. „Jetzt bist du aber zu nett zu diesen Banausen, Kit.“
Die gemeinsame Jagd auf Kitanis Beute verlief schnell und gut. Mit einem gezielten, aufschreckenden Angriff scheuchte Norah das Tierchen auf, einen großen, fleischigen Hasen, den der Fuchs mit einem einzigen Hieb seiner Klinge erlegte. Norah kam zurück um die Büsche herum, stellte sicher, dass es soweit vorbei war, ehe er achtsam den Stock beiseite legte. Die Augen schließend hob er eine Hand vor seine Brust, bewegte sie nach oben, unten, links, dann rechts. „Ich danke für dein Opfer“, sprach er ruhig und mit einer Wärme, die man selten in seiner Stimme hörte. „Finde deinen Frieden, wenn du uns nährst.“ Entspannt lächelnd stemmte der N'doul eine Hand in seine Hüfte, während er hinauf sah zu dem Blätterdach, durch das einige warme Sonnenstrahlen hinab auf das grüne Gras brachen. „Wir haben eine gute Mahlzeit, und wir haben einen schönen Platz gefunden. Wollen wir hier unsere Decke ausbreiten?“
So einfach das Leben in der Großstadt Hargeon auch sein mochte, es war nicht das, was Kit wollte. Er wollte nicht einfach leben, er wollte erfüllend leben. War das zu viel erwartet? Vielleicht. Doch er gab die Hoffnung nicht auf, sich diesen Traum irgendwo hier in Fiore erfüllen zu können. In dieser Hinsicht widersprachen seine Wünsche womöglich ein wenig denen von Norah, doch der untote Fuchs war mehr als bereit, dem Schakal entgegen zu kommen. Er würde die Lasten, die ihm zu viel wurden, nur zu gerne selbst schultern. Hier und jetzt, draußen im Wald, gemeinsam mit seinem besten Freund auf der Jagd, fühlte er sich dem gesuchten Glück bereits ein wenig näher. Er war bewusst aus dem Leben im Stamm geflohen, doch vollständig wollte und konnte er seine Naturverbundenheit einfach nicht aufgeben. Gleichzeitig war er aber auch neugierig auf die Vorteile, die die Zivilisation boten. Er musste die perfekte Balance finden, was jedoch alles andere als einfach war, denn er wusste nicht, wie diese aussah. Es gab so viele Punkte zu beachten ... doch darüber konnte er sich an einem anderen Tag den Kopf zerbrechen. Er war schließlich hier, um einen schönen, entspannten Tag mit Norah zu verbringen. "Das klingt nach einem wunderbaren Plan", bestätigte er mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Der plüschige Schweif zuckte zustimmend. Vorsichtig legte er seine Beute im Gras ab. Er würde gleich zu ihr zurückkehren, zuerst wollte er aber Norah mit der Decke helfen. Kaum hatte er sie aus dem Korb gezupft, reichte er dem Weißhaarigen eine Hälfte. Die anderen zwei Enden nahm er selbst in die Hand und breitete sie mit Schwung vor sich aus. "Kümmerst du dich um das Feuer? Dann bereite ich den Hasen schonmal vor." Dann konnte dieser vor sich hinbrutzeln, während es sich die Stammeskinder gemütlich machten. Wieder bewaffnet mit seinem Dolch ließ er sich neben der Beute ins Gras fallen und begann, sorgfältig Fell und Fleisch von einander zu trennen. Die Hasen in Fiore schienen sich kein bisschen von denen in Minstrel zu unterscheiden, sodass er damit keinerlei Probleme hatte. "Ich werde niemals an einem Ort glücklich werden, an dem es dir nicht gefällt, Norah", griff er das Thema von zuvor wieder auf. "Ich hoffe du kommst nicht auf die Idee, mich anzulügen. Du hättest sowieso keinen Erfolg damit, also denke nicht einmal daran." Kurz hielt er inne, um dem Schakal einen strengen Blick zuzuwerfen. "Ich habe nichts dagegen, mich hier noch ein wenig umzusehen. Fiore ist so groß, wir werden schon noch den richtigen Platz für uns finden. Keine Sorge, Norah." So sehr er sich auch darauf freute, es zu finden, Eile und Ungeduld würde ihm nicht helfen. Sich zu gedulden fiel ihm nicht einfach, doch er wusste, dass er keine andere Wahl hatte. Außerdem sah er so ein wenig mehr von der Welt, das war auch aufregend! "Vielleicht finden wir ja auf dem Weg sogar eine Lösung für ... mich." Der mehrfarbige Blick ruhte wieder auf dem Hasen, der zunehmend mehr die Form einer essbaren Mahlzeit annahm. "Bitte verstehe mich jetzt nicht falsch. Ich bin froh, hier bei dir sein zu können. Sehr sogar. Du weißt bestimmt, dass du mir das größte Geschenk gegeben hast, das ich jemals bekommen könnte. Aber ..." Er zögerte, legte den Handrücken auf seine Brust. Nichts. "Meinst du, es gibt eine Möglichkeit, mein Herz wieder schlagen zu lassen, Norah? Dann müsstest du dich auch nicht mehr über meinen Körper verrückt machen." Machte ihn dieser Wunsch undankbar und gierig? Er war sich nicht sicher. Seine großen Ohren legten sich zurück. Vielleicht hätte er diesen Gedanken lieber für sich behalten sollen. Auf keinen Fall wollte er, dass Norah den Eindruck bekam, nicht genug getan zu haben. Es war bereits ein kleines Wunder, dass Kit überhaupt hier sitzen konnte. Eigentlich sollte er damit zufrieden und glücklich sein. Wieso war er es bloß nicht?
Nicht einfach, aber erfüllend... Das war ein verständlicher Gedanke, aber ein schwieriger für den Schakal. Während er die Decke ausbreitete, konnte er nicht anders, als zurückzudenken. War er je wirklich erfüllt gewesen? Naja, ja, schon. Immer, wenn er einfach in Kitanis Armen lag und die Sorgen der Welt vergessen konnte, oder wenn er sich um den Fuchs kümmerte und das Gefühl hatte, gebraucht zu werden. Das war schlussendlich das einzige Kriterium dafür, ob sein Leben gut oder schlecht war: Wie nah er Kit sein konnte. Und in der Hinsicht war er wohl so zufrieden, wie er es werden konnte. Kitani hatte nicht den gleichen Antrieb oder die Hoffnung, die Kit besaß, er konnte sie höchstens vorspielen in seinen dramatischen Reden. Aber am Ende war er der Schakal. Eine Kreatur, die nichts aus eigener Kraft schaffte, sondern sich von dem ernährte, was Andere übrig ließen. Harte Arbeit... lag einfach nicht in seiner Natur. Vermutlich hatte er sich und den Tahimora deshalb die ganze Zeit in Sao Palma primär mit Diebstählen über die Runden gebracht. „Haah...“ Tief durchatmend schloss Norah die Augen, als er sich endlich auf der Picknick-Decke niedergelassen hatte. Die Erde unter ihnen, die Waldluft um sie herum, das sanfte Rascheln der Blätter. Es war Zeit, sich zu entspannen. Naja, fast. „Ah, das Feuer. Richtig.“ Einmal musste er sich noch erheben, ein paar Äste und Zweige sammeln, dann eine Stelle mit wenig Gras suchen, um die herum er ein paar Steine legte. Die Äste aufeinander gelegt genügte es, einen davon kurz anzutippen, um ihn mit Norahs Verzauberung in Brand zu setzen. Schnell sprang das magisch erzeugte Feuer auf die übrigen Äste über, und der N'doul betrachtete sein Werk mit einem Lächeln. „Da, bitte. Unser Lagerfeuer.“
Ein wenig Sammeln und ein wenig Magie genügten, um ein gutes Lagerfeuer zu erstellen. Kitani dagegen musste tatsächlich mit einer gewissen Erfahrung und Fingerfertigkeit an das Präparieren und Braten des Hasen herangehen. Ein weiteres Zeichen dafür, wer von ihnen sich schwerer damit tat, den einfachen Weg zu verlassen. Aber immerhin erlaubte es den beiden, sich endlich dem gemeinsamen Essen zu widmen. Ruhig öffnete Norah den Korb und platzierte ein paar Früchte und andere Kleinigkeiten auf kleinen Tellern, die er auf der Decke verteilte. „Ich bin überall glücklich... solange du es auch bist“, antwortete das Weißhaar auf die Worte seines Freundes, ohne zu widerlegen, dass er die Orte trotzdem nicht zwingend mochte. Er konnte hier in Hargeon glücklich sein, solange er wusste, dass Kitani glücklich war, aber wirklich mögen würde er den Ort wohl nie. Er musste schief lächeln als der Tahimora meinte, Norah solle ihn nicht anlügen. „Würde ich das je tun?“ Norahs Worte waren öfter Lügen als Wahrheiten. So hatte er schon immer gelebt. So würde es auch bleiben. Naja, zumindest würde er nicht behaupten, dass ihm etwas gefiel, das er eigentlich nicht leiden konnte. Darauf konnte sich Kit verlassen. „Aber gut... wenn das hier nicht der rechte Ort für uns ist, dann müssen wir uns wohl weiter umsehen.“ Kit hatte Recht: Fiore war groß genug. Nur weil ihr großer Traum nicht hier in Hargeon zu finden war, hieß das nicht, dass er nicht doch irgendwo in diesem Land auf sie wartete. Und eine bessere Lösung für... Kit? „... Hä?“ Überrascht blickte der Schakal auf, starrte seinen besten Freund überrascht an. Was meinte er für eine Lösung? Was stimmte denn nicht mit ihm? Er war dankbar dafür, ins Leben zurückgerufen worden zu sein, aber... es war dieser Körper, seine Eigenheiten, seine Ohnmacht. Das ruhende Herz, das Fleisch, das ihm ohne Pflege irgendwann entkommen würde, die kalte Haut, die abgestumpfte Nase. Er wollte nicht mehr, dass Norah sich um ihn sorgen musste?
„So ist das nicht!“
Ungewohnt energetisch lehnte sich Norah vor, ergriff die kühle Hand seines besten Freundes. Die Zähne gefletscht starrte er dem Tahimora direkt in die Augen. „Es... es stört mich nicht, auf deinen Körper aufzupassen! Ich will das machen, kapiert?“ Es gab so wenig, was Norah für seinen besten Freund tun konnte. So wenig, was er allgemein tun konnte. Aber dieser Körper verband sie auf eine unbrechbare Weise. Auch wenn es nicht stimmte, dass Norah ihm Leben gegeben hatte, war doch er es, der ihn aufrecht erhielt. Er pflegte Kitanis Haut, balsamierte ihn ein, prüfte dass alles in Ordnung war und heilte, was Heilung brauchte. Der Gedanke, diese Rolle zu verlieren, ließ Panik in seiner Brust aufschlagen. „Warum brauchst du ein schlagendes Herz? Du hast doch schon das größte Herz von allen!“, fauchte er und senkte seinen Kopf. „Ich... du machst mich nicht verrückt, Kit! Ich bin glücklich, wenn ich mich um dich kümmern kann...“
Vollkommen überrascht von der energischen Reaktion seines Gegenübers weiteten sich die zweifarbigen Augen des untoten Fuchses. Er hatte nicht damit gerechnet, dass das Thema Norah derart nahe ging. Er wirkte fast schon entsetzt darüber, dass Kit überhaupt an soetwas dachte. Entschuldigend legte dieser die Ohren zurück. Es passierte wirklich selten, dass der Weißhaarige in solch einem Ton mit ihm sprach. War es wirklich so verrückt, sich zurück ins Leben zu wünschen? "Norah...", fiepte er, unsicher, was er sagen sollte. Hilflos blickte er auf die Hand herab, die seine festhielt. Er wollte nicht in die roten Seelenspiegel sehen. Wieso schämte er sich plötzlich so sehr für seinen Gedanken? "Es tut mir Leid..." Seine Stimme war leise und verunsichert, das exakte Gegenteil zu Norah. Am liebsten hätte er sich komplett abgewendet, um einen kurzen Spaziergang in Einsamkeit zu genießen. Doch er hatte keine glaubhafte Ausrede parat. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich der Situation zu stellen. Langsam hoben sich die zweifarbigen Seelenspiegel, um dem N'doul vorsichtig entgegenzuschielen. "Weil ich mich wie eine Last fühle, Norah. Und weil ich mich fühle, als dürfte ich gar nicht mehr existieren. Das Schicksal hatte schon entschieden." Er konnte sich nicht sicher sein, ob diese Gefühle verschwanden, wenn sein Herz wieder schlug, doch er konnte es zumindest hoffen. Doch diese beiden Punkte waren bei weitem nicht das Schlimmste. Es gab etwas, das Kitani noch viel mehr belastete als all die Dinge, die einen Untoten plagten. "Außerdem ..." Seine Augen wanderten wieder davon, streiften über das satte Grün des Waldes. "Du wirst altern. Irgendwann wird das Alter deine Haut in Falten legen und deine Knochen schwach werden lassen. Und irgendwann wirst du sterben. Ich nicht. Ich werde immer so bleiben, lebendig. Irgendwann werde ich ohne dich weiterleben müssen. Wie soll ich denn je ohne dich leben, Norah?!" Alleine der Gedanke reichte aus, um seinen Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen. Es war ein wahrer Alptraum. "Ich will mit dir alt werden!" Seine Stimme glich zunehmend dem Fauchen eines in die Ecke gedrängten Fuchses. "Jetzt bist du vielleicht noch glücklich, aber wie sieht es in 20 Jahren aus, Norah? Ich habe Angst, dass ich dir doch irgendwann zur Last falle." Die Zeit würde alles um ihn herum verändern, nur ihn nicht. Vielleicht würde das Fleisch irgendwann doch von seinen Knochen fallen, aber würde ihm das das eigentlich nicht mehr vorhandene Leben kosten? Oder würde er weiterexistieren? Der Weißschopf konnte ihm sagen, was er wollte, Kit konnte sich nicht vorstellen, dass er dann weiterhin bei ihm bleiben wollen würde. Verstand Norah das denn nicht?
„N-nein... nicht entschuldigen!“ Norah zuckte leicht zurück, als er merkte, wie er Kitani überrascht hatte. Der Schakal war kein besonders intensiver Mensch, insofern war es wohl nicht seltsam, dass diese Reaktion nicht erwartet wurde. Aber es ging nun einmal um die Sache, die ihm das Meiste bedeutete. Frustriert senkte der N'doul seinen Kopf. „Du existierst aber. Das Schicksal hat es zugelassen und nichts weiter dagegen getan, und selbst die Energie der Natur fließt ungestört durch dich. Denk nicht, dass du nicht hier sein solltest, Kit. Die Welt sagt etwas Anderes... und ich erst Recht!“ Als würde er so einen Gedanken einfach stehen lassen! Norah glaubte nicht weniger an die Lehren ihres Stammes als Kitani, aber wenn er so viele Jahre als Toter überlebt hatte, dann konnte es nicht gegen das Schicksal gehen. Aber das war wohl nicht Kitanis einzige Sorge. Er hielt sich für eine Last? Fragte er sich ernsthaft, ob Norah sich für immer um ihn kümmern wollen würde? Irgendwo waren das nachvollziehbare Gedanken, wahrscheinlich. Aber nicht für das Weißhaar. Norah N'doul konnte sich eine Welt ohne Kitani nicht vorstellen. Zumindest keine, in der er selbst auch lebte. Wenn der Fuchs nicht mehr war... was gäbe es denn dann noch? Nichts. Rein gar nichts. Nichts hatte einen Wert ohne Kitani. Frustriert biss der N'doul die Zähne zusammen, fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, während die andere immer noch seinen Freund hielt, inzwischen sanfter als zuvor. Wie sollte er das erklären? Diese Sicherheit, dass es keine Welt gab, in der Kit seinen Wert verlor... ohne dabei etwas zu sagen, das den Tahimora dazu brachte, sich noch mehr Sorgen zu machen?
„Kit...“, begann der Schakal und blickte auf, sah seinem besten Freund mit ruhigem Blick in die Augen. „Es passt überhaupt nicht zu dir, solchen Unsinn zu erzählen.“ Entschlossen schüttelte Norah den Kopf. Nein, das, was der Ältere da erzählte, war absurd. Er sollte eine Last sein? Auf keinen Fall! Im Leben nicht, und im Tod erst recht nicht! „Ich will mich jetzt um dich kümmern. Und ich will es in zwanzig Jahren tun, und in dreißig genauso, und auch in fünfzig noch. So war es doch schon, als wir Kinder waren! Wir sind schon zwanzig Jahre Seite an Seite, und wir haben uns beide verändert, aber ich will deine Nähe nicht weniger als früher. Im Gegenteil, ich will bei dir sein! Mit jedem Tag mehr!“ Mit Nachdruck in der Stimme verzog Norah eine Miene. Es war schwierig bei dem Thema ruhig zu bleiben, aber vermutlich war es auch nicht richtig, Kitani einfach nur zu sagen, dass er falsch lag. Die Augen schließend atmete der N'doul ein paar Mal tief durch, fokussierte sich darauf, sich mit den ruhigen Energien der Natur im Einklang zu fühlen. Als er nach ein paar Momenten die Augen wieder öffnete, ließ er Kitanis Hand los und nahm ihn stattdessen in den Arm. „Hey, Kit... Ich versteh schon, was du meinst. Es ist schwierig, sich vorzustellen, wie die Zukunft wird. Das kenn ich auch.“ Norah machte sich regelmäßig Sorgen darüber, ob sie am richtigen Ort waren und wie er Kitanis Leben schön gestalten konnte. Was er tun konnte, damit der Fuchs glücklich blieb. So etwas wie das Altern oder der Verfall des toten Körpers kam ihm dabei eher nicht in den Sinn; Norah war zuversichtlich, dass er den Körper des Tahimora in einem guten Zustand halten konnte, schließlich war das Instandhalten toter Körper seine Spezialität. Darüber, wie das Alter ihn selbst beeinflusste, dachte er normalerweise nicht nach. Sein Fokus lag auf seinem Freund und auf den Herausforderungen des Alltags. Aber Kit hatte bedeutsame Gedanken geäußert. Sie beide würden sich ändern, wie sie es schon immer getan hatten. Und es war nicht unmöglich, dass das zu Problemen führte. „Ich... ich werde schauen, dass ich einen Weg finde, wie wir beide gleich schnell altern können“, entschied er, auch wenn er noch nicht sicher war, was realistischer war: Kitanis untoten Körper wieder wie den eines Lebenden werden zu lassen, oder sein eigenes Leben so zu verlängern, dass er mit der potenziell ewigen Jugend seines Freundes mithalten konnte. In dieser Welt voller Magie würde es schon einen Weg geben, entweder das eine oder das Andere zu erreichen. Norah kannte sich schließlich mit Leben und Tod aus wie kein zweiter! „Und darüber, dass ich mich nicht mehr um dich kümmern will, musst du dir keine Sorgen machen. Ich meine... könntest du dir vorstellen, dass du mich irgendwann als Last siehst, wenn unsere Rollen vertauscht wären?“
Mit zusammengebissenen Zähnen und zurückgelegten Ohren wendete Kit den Blick ab. Vielleicht hatte Kit bis jetzt überlebt. Allerdings waren sie auch ständig am Reisen. Sie hatten nun sogar ihr Heimatland verlassen. Was, wenn der Tod es einfach nicht schaffte, ihn erneut zu finden? Natürlich wollte er nicht, dass das je passierte. Er wollte hier bleiben, hier bei Norah. Aber was wenn ... Er hatte so viele Sorgen, die in enger Verbindung mit seinem Mangel an Leben zusammenhingen. Diese hatte er schon lange. Oft verfolgten sie ihn bis in den Schlaf. Er hatte dem N'doul nur bisher nichts davon erzählt. Aus dem simplen Grund, dass er genau wusste, wie verrückt er sich deshalb machen würde. Natürlich tat er das. Andersherum wäre es genauso. "Ich will ja auch, dass es für immer so bleibt, wie es seit zwanzig Jahren ist, aber ..." hatte Norah nicht etwas besseres verdient, als einen Egel, der sich von seinen Bemühungen ernährte? Kit sprach diesen Gedanken nicht aus. Es war gemein. Sowohl ihm selbst gegenüber, als auch Norah gegenüber. Er glaubte dem Weißhaarigen, wenn er sagte, dass er sich gerne kümmerte. Trotzdem fühlte es sich so unfair an. Was, wenn Norah irgendwann jemanden fand, der genauso wie Kitani war, nur weniger fordernd? Jemand, der keine konstante Pflege benötigte? Was, wenn sich Norah verliebte? Der Fuchs wollte seinem besten Freund all das Glück dieser Welt gönnen und das tat er auch. Doch gleichzeitig hatte er Angst, ihn irgendwann zu verlieren. Er war so egoistisch ... Trotzdem mochte der Weißhaarige ihn und wollte unbedingt an seiner Seite bleiben. Schniefend erwiderte er die Umarmung, legte die Hände fast auf den warmen Rücken seines Gegenübers. An warmen Sommertagen musste es angenehm sein, den Schwarzhaarigen in den Arm zu nehmen. Im Winter musste der Mangel an Wärme, die er ausstrahlte, bestimmt befremdlich sein. Doch das hatte den Schakal noch nie abgehalten. Ganz egal, wie kalt es war. "Ich habe manchmal wirklich Angst vor der Zukunft", gab er leise zu. Norah schien ihn in dieser Hinsicht zu verstehen, also war es okay, das zuzugeben. "Ist das überhaupt möglich? Ich weiß, dass du ein starker Magier bist, aber Magie hat doch auch ihre Grenzen." Oder wollte Norah einen vollkommen anderen Weg finden? Der Gedanke, dass sie doch gemeinsam altern konnten, war schön, doch er wollte sich nicht zu viele Hoffnungen machen. Es war eine viel zu große Aufgabe und Verantwortung, die er Norah da aufbrummte. "Ich werde dir beim Suchen helfen. Ich weiß noch nicht wie, aber ich will nicht, dass du das alleine tun musst. Wir sind schließlich ein Team ... richtig?" Langsam stellten sich die übergroßen Fuchsohren wieder auf. Das Gesicht grub er allerdings noch tiefer in die Halsbeuge seines Gegenübers. Natürlich würde er Norah niemals als Last sehen, egal, wie sein Körper oder gar Geist jemals verändern würden. Sicher wusste dieser bereits, wie Kits Antwort lauten würde, sonst würde er wohl kaum fragen. Trotzdem würde der Fuchs antworten. Nur nicht sofort. Erst einmal wollte er noch ein wenig länger in dieser Umarmung bleiben. Er wollte diesen Moment der Nähe voll genießen, ohne die Aufmerksamkeit durch Worte fortzustehlen. Eigentlich war es gar keine Seltenheit, dass sie sich umarmten. Doch gerade eben fühlte es sich noch ein wenig wärmer und vertrauter an, als sonst. Vielleicht, weil Kit es endlich geschafft hatte, etwas auszusprechen, das er so lange vor seinem Gegenüber verborgen hatte. Schließlich löste er aber doch das Gesicht von der wärmenden Haut und blinzelte Norah entgegen. "Natürlich nicht. Dafür habe ich dich viel zu sehr lieb. Und ich habe dich wirklich sehr, sehr lieb. Tut mir Leid, dass ich dir Sorgen gemacht habe."
„Angst vor der Zukunft...?“ Irgendwo konnte Norah das wohl verstehen. Irgendwo aber auch nicht. Hatte er selbst Angst vor der Zukunft? Er hatte Ängste, ohne Frage, so sehr er sie auch überspielen mochte, aber was war es, das ihm Angst machte? „Hm... ich hatte immer mehr Angst vor der Gegenwart als vor der Zukunft“, gestand er nach ein paar Momenten des Überlebens. Wahrscheinlich brauchte man eine glückliche Gegenwart, um die Zukunft zu fürchten. Norah hatte immer Angst gehabt, als er umgeben war von Stammesgesellen, die ihn hassten, die ihn kaum tolerierten. Er hatte Angst gehabt in Sao Palma, als er lügen und stehlen und mit Kriminellen verhandeln musste, um Kit durchfüttern zu können. Er hatte jetzt Angst, wenn er es mit einem gefährlichen Auftrag zu tun hatte oder wenn er nicht sicher war, wie lange sie beide von dem Geld leben konnten, das sie hatten. Und er hatte Angst in diesem Moment, in dem Kitani sich vor ihm verwundbar zeigte und er nicht wusste, ob er helfen konnte. Unsicher biss sich der N'doul auf die Lippe. Was sollte er hier tun? Die Zähne fletschend fuhr er sich durch das Haar. „Klar ist das möglich!“, machte er deutlich mit einem Selbstbewusstsein, das auf Nichts basierte. „Denk mal drüber nach, was Magie alles kann! Es gibt sicher einen Weg dich schneller altern zu lassen, oder mich langsamer, oder beides. So, dass wir unser Leben im gleichen Tempo leben können!“ Mit einem stolzen Grinsen hob er seinen Kopf, eine Aura falscher Sicherheit ausstrahlend. „Hey, ich bin der größte Schamane unserer Zeit! Mit Magie und den Kräften der Natur ist alles möglich, und alles, was möglich ist, krieg ich ja wohl hin! Ich brauche nur etwas Zeit, okay?“
Es war schwer zu sagen, ob diese Worte Kit helfen würde. Mehr als Worte hatte Norah nicht, hatte er noch nie gehabt. Er tat sein Bestes, aber am Ende war er einfach nur ein egoistischer Lügner, der sich nur um das scherte, was ihm wichtig war. Und das... war Kitani. Kitani Tahimora, und so ziemlich nichts Anderes. Aber so, wie es aussah, wollte der Fuchs es zumindest versuchen. Zusammen. Als Team. „Klar sind wir ein Team. Das beste Team!“, nickte Norah, sanft den Rücken seines besten Freundes streichelnd, während sie sich so nahe waren. „Alles gut“, meinte er ruhig, als Kit sich bei ihm entschuldigte. „Ich hab dich auch lieb. Das weißt du, oder?“ Mit einem kurzen Kichern fuhr er mit zwei Fingern über eins von Kitanis Ohren, dass es zuckte. So locker sah man Norah selten, aber jetzt gerade fühlte er sich emotional sicher. Es waren nur er und Kitani hier. Es gab keinen Grund, sich verbergen zu müssen. Dennoch konnte dieser Augenblick nicht ewig halten. Irgendwann mussten sie sich loslassen.
Kurz schnupperte Norah, nahm das Aroma des brutzelnden Hasens auf, während er die Umarmung löste. Mit einem Schmunzeln blickte er hinüber zu dem Feuer. „Ich denke, der ist langsam mal fertig. Wir haben ihn eine Weile braten lassen“, stellte er fest, sich so langsam wieder beruhigend, ehe er eine Hand auf den Picknickkorb legte und Kit anlächelte. „Lass uns essen, in Ordnung?“
Die zweifarbigen Augen des Fuchses wurden groß, als sein bester Freund ihm gestand, dass die Gegenwart ihm Angst machte. Er selbst fürchtete sich vor ihr kaum. Vielleicht lag es daran, dass Norah sich so zuverlässig um ihn kümmerte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Norah einfach da war. Kit wusste schließlich, dass sie, solange sie zusammen waren, niemals etwas schlimmes passieren konnte. Solange sie einander hatten, würden sie jedes Hindernis überwinden können. Aber was, wenn sie irgendwann nicht mehr zusammen waren? Der Tahimora konnte nicht wissen, ob das jemals passieren würde, weshalb er sich davor fürchtete. Natürlich würde er alles geben, damit dieser Fall nicht eintrat aber das Schicksal konnte unfair sein. Er selbst war der beste Beweis dafür. "Okay, ja. Natürlich kannst du Zeit haben", bestätigte das Großohr. Wenn Norah fest daran glaubte, dass er es schaffte, würde auch Kit daran glauben. Es stimmte schließlich, sein bester Freund war ein unheimlich starker und fähiger Schamane, der sicherlich auch der Zeit trotzen konnte, wenn er wollte. Bisher hatte es ja auch immer geklappt. Wenn nicht einmal der Tod ein Hindernis für den N'doul war, dann musste das Altern und die Zeit doch ein Klacks sein! Sie mussten bloß herausfinden, wie sie diese Dinge austricksen konnten. Aber wo fing man da am besten an? Der Untote atmete tief durch. Das war eine Aufgabe für die Stammeskinder von morgen. Er vergrub das kühle Gesicht in der warmen Halsbeuge seines Gegenübers, quiekte leise, als dieser die großen Fuchsohren zum Zucken brachte. Es war ein natürlicher Reflex, der eigentlich gegen Fliegen schützen sollte und nicht gegen Grabbelfinger! "Das allerallerallerbeste Team!" Ganz egal, was die Zukunft für sie in petto hatte, sie würden es schon irgendwie meistern. Vielleicht brauchte Kit gar keine so große Angst zu haben. "Natürlich weiß ich das." Was für eine doofe Frage! So verunsichert er auch manchmal war, an der Zuneigung seines Kumpels zweifelte er nicht. Dafür hatte er schließlich nicht einmal den Hauch eines Grundes! "Oh ja, der ist ganz sicher fertig!" Der plüschige Fuchsschwanz schoss in die Höhe, als Norah ihn auf den Hasenbraten hinwies. Den hatte er durch das ernste, tiefe Gespräch vollkommen vergessen! Hoffentlich war das Fleisch nun nicht trocken. Er sprang auf und flitzte hinüber, um das Fleisch vom Feuer zu nehmen. "Gibst du mir einen Teller?", bat der Fuchs und wartete ungeduldig, bis Norah seinem Wunsch nachkam. "Ich bin wirklich gespannt. Wir hatten schon lange kein Fleisch mehr." Es zu kaufen war viel zu teuer und die Qualität ließ zu wünschen übrig. Es ging einfach nichts über selbst gefangene Beute. Der Geruch, der aufstieg, war einfach unwiderstehlich. Das Wasser lief dem Tahimora bereits im Mund zusammen, als er das Fleisch vorsichtig von den Knochen löste, und zwischen ihnen beiden aufteilte. Dabei achtete er sorgfältig darauf, dass die Portionen fair verteilt waren. In anderen Worten: Norah bekam die Größere. Er war schließlich auch der Größere (zumindest, wenn man Kits Ohren nicht mit einberechnete). "So, das sollte passen. Lass es dir schmecken!" Mit einem zufriedenen Nicken holte der Schwarzhaarige seinen Teller auf den Schoß. Besteck nutzte er zum Essen selbstverständlich keins. Im Stamm hatten sie auch stets mit den Fingern gegessen. Halbwegs konnte er zwar auch mit dem Esswerkzeug umgehen, doch gerne tat er es nicht. Prompt ließ er das erste Stückchen im Mund verschwinden. Genauso prompt bereute er es, nicht gepustet zu haben. "Heiff, heiff!", fiepte er mit weit geöffnetem Mund und fächerte sich Luft zu. "Aber gut!!"
So nahe sie sich auch standen, waren sich die beiden Stammeskinder aus Minstrel in vielerlei Hinsicht doch überhaupt nicht ähnlich. Sie ergänzten sich dadurch gut. Norah war es, der sich um die Gegenwart sorgte und alles dafür tat, dass sie das Hier und Jetzt sicher überstanden, während er in der Zukunft nur Träume und Geschichten sah. Kitani dagegen konnte die Gegenwart genießen und hatte stattdessen die Probleme auf dem Schirm, die die beiden noch erwarten konnten. So waren wohl am Ende alle Möglichkeiten abgedeckt. „Sehr gut!“, lächelte Norah zufrieden, als Kit ihm die nötige Zeit gewährte. Damit hatte der zukunftsorientierte Fuchs die Thematik des Alterns in Norahs Gegenwart gebracht, damit der daran arbeiten konnte. Jetzt schon raste sein Kopf, versuchte sich an all die Lehren unter den Schamanen des Stammes zu erinnern. Einen Zauber, der das Altern einer Person beeinflusste, hatte da niemand verwendet, aber so eine spezifische Basis würde er auch gar nicht brauchen. Der N'doul war doch ein Experte in Sachen Aufrechterhaltung und Lebensenergie, da musste es doch ein paar Ansätze geben, auf denen er aufbauen konnte. Ein seltenes Feuer lag in seinen Augen, während er versuchte, sich an all die kleinen Details dessen zu erinnern, was er im Zuge seiner Ausbildung erzählt bekommen hatte.
„Vorsicht, der ist noch-...“, begann Norah, einen Teller Hase in der Hand, kurz bevor Kitani seinen Satz auch schon mit einem „Heiff, heiff!“ beendete. Kurz zogen sich die Augen des Weißhaarigen leicht besorgt zusammen, ehe er grinsen und auflachen musste. „Für einen cleveren Fuchs bist du echt ungeduldig!“, lachte er auf und hob seinen Teller an, um ordentlich darauf pusten zu können. Er als Schakal hatte kein Problem damit, auf eine Mahlzeit zu warten. Das hier war allemal besser als von den Resten Anderer zu leben. Fast schon melancholisch sah er auf das Tier hinab. „Aber ja... es ist echt lange her. Ich meine, ich komme auch gut ohne Fleisch klar... aber es ist schon anders.“ Im Allgemeinen bevorzugte Norah Gemüse, wenn er die Wahl hatte, und er mochte es nicht, wenn sein Teller mit Fleisch überladen wurde. Das bedeutete aber nicht, dass er überhaupt keins essen wollte, und der gegrillte Hase hier war eine schöne Abwechslung zu dem, was sie im Moment sonst so zu sich nahmen. Er seufzte leicht. „Wobei das Gemüse auf den Märkten in Hargeon auch nicht immer das Beste ist... da ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis kriegen ist schwierig. Das sind alles Abzocker, ich sag's dir. Da lob ich mir den Braten!“ Wenn sie sich eh einig waren, dass sie nicht in Hargeon bleiben wollten, konnten sie ja vielleicht an einen Ort gehen, an dem man besseres Essen bekommen konnte. Wenn man in Hargeon etwas Gutes suchte, dann wurde das schnell teuer. Es gab einen merklichen Unterschied zwischen den Buden für Reisende in Hafennähe und den teureren Restaurants in der Innenstadt. Und von dem Frühstück, dass die ein oder andere Absteige ihnen geboten hatte, wollte man gar nicht anfangen...
„Mh... Wenn wir damit fertig sind, sammeln wir die Kräuter und Beeren, ja?“, erinnerte Norah seinen Freund noch einmal an den sekundären Zweck ihrer Reise hierher, während er einen kleinen Knochen abknabberte. Es ging nicht nur darum, ein wenig die Natur zu genießen und gemeinsam ein Picknick zu machen. Schlussendlich brauchte er als Schamane die nötigen Zutaten für seine Kunst. „Ich muss meine Ressourcen echt wieder ganz schön auffüllen...“
Das Forum wurde für die Nutzung der Desktopversion von Firefox und Chrome optimiert. Es kann in der mobilen Version oder in anderen Browsern zu Darstellungsfehlern kommen. Sollte euch ein Fehler auffallen, meldet euch bitte direkt bei @Medusa.