Ortsname: Hauptstraße von Magnolia Art: Freiraum Spezielles: --- Beschreibung: Die Hauptstraße Magnolias zieht sich in einer geraden Linie durch die ganze Stadt und stellt somit die wichtigste Verbindungsstrecke innerhalb Magnolias dar. So trifft sie unterwegs auf die Canal Street und auch die Kardia Kathedrale. Im Norden endet die Straße ganz in der Nähe des Fairy Tail Gildenhauses und im Süden verlässt sie die Stadt in Richtung Hargeon Town. Jegliche Paraden und Feierlichkeiten werden hier auf der breiten Straße abgehalten.
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Rin Blood Hound
Anmeldedatum : 26.12.20 Anzahl der Beiträge : 819 Alter : 21 Ort : Aloe
Trotz kontinuierlicher Anfeuerung und großem Tatendrang schaffte es keins der Mädchen, beim Dosenwerfen einen Preis abzustauben, nicht einmal einen Trostpreis! Selbstverständlich ließen sie sich davon nicht unterkriegen und wanderten weiter zum nächsten Stand. "Wenn du magst können wir das mit dem Dosenwerfen nachher noch einmal probieren. Vielleicht hast du ja wirklich recht mit deiner Theorie, dass wir niedriger werfen müssen." Doch jetzt würden sie sich zuerst den quietschgelben Plastikenten widmen, schließlich wollten sie doch so viel wie möglich ausprobieren! Das leise Plätschern des Wassers in Kombination mit der fröhlichen Musik und den kunterbunten Preisen lud regelrecht dazu ein, sein Glück zu versuchen. Dieses Mal schien überwiegend Geschick gefragt zu sein - nicht Wurfkraft und Zielgenauigkeit. Ein Glück war die Hundedame durch das Training mit ihren Schwertern ziemlich gut im gezielten Umgang mit ihren Händen geworden, aber ob das beim Angeln zum Erfolg verhalf? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. "Du fängst ganz bestimmt viele Enten, Zaza! Aber ich wette ich kriege extraviele!" Mit einem fröhlichen Kichern knuffte sie die Echse in den Oberarm. So viel Siegessicherheit war ungewöhnlich für die Inuyama, doch sie hatte Spaß und war zum Scherzen aufgelegt. Neugierig trat sie näher an die Wasserbahn und legte ihre Hände über den Rand, während sie die Plastikvögel beim Vorbeiziehen beobachtete. "Ich mag auch kein Wasser. Aber das hier ist ja nicht tief, da kann nichts passieren." Sie wendete ihren Blick kurz ab, um der Braunhaarigen direkt in die Augen zu blicken. "Und wenn doch, dann rette ich dich natürlich!" Manch ein Canine hatte einen besonderen Instinkt, der dazu diente, ertrinkende Leute aus dem Wasser zu retten, doch Rin gehörte diesen leider nicht an. Nichtsdestotrotz würde sie natürlich alles geben, um die Jüngere zu beschützen! Freudig wedelnd schob sie dem Angestellten im Inneren einige Jewel entgegen und erhielt im Gegenzug zwei Angeln - eine für Zahar und eine für sie selbst. Neugierig drehte sie das federleichte Spielzeug ein paar mal hin und her und schnupperte zuletzt an dem kleinen Magneten am Ende der Angelschnur. "Genau! Man muss die irgendwie zusammen kriegen und dann kann man die Enten vorsichtig herausziehen." So zumindest die Theorie, ob es in der Praxis so einfach war, war anzuzweifeln. "Ich weiß gar nicht, was ich heute anziehen soll!" kicherte sie und beantwortete so die Frage der Naga, bevor diese selbst dazu kam. "Ja, den hast du schon mal erzählt!" Das hieß jedoch nicht, dass die Hellhaarige nicht noch einmal darüber lachen konnte. Flachwitze waren toll! Aber sie selbst ...war kein großer Witzereißer. Sie musste oft so sehr lachen, dass sie die Punchline nicht mehr herausbekam. Trotzdem wollte sie zumindest versuchen, ihrer Freundin den gefallen zu tun. "Also ... pass auf..." Sie atmete tief durch, jetzt bloß nicht direkt anfangen, zu kichern. "Spazieren zwei Hunde durch die Wüste. Und weißt du was der eine zum Anderen sa-" Die Augen der jungen Dame wurden groß, sie musste sich die Hand vor den Mund halten um nicht loszuprusten. Tief durchatmen! "Was der eine zum anderen sagt? Wenn nicht bald ein Baum kommt pass-" Sie kicherte leise "-siert ein Unglück."Kaum hatte die letzte Silbe ihre Lippen verlassen, lachte sie auch schon herzhaft los. Es war zwar ihr eigener Witz, aber das war doch egal! Er war lustig! Als sie langsam wieder zu Atem kam, war es auch schon Zeit, endlich ihren Wettkampf zu beginnen! Genau wie die Naga holte sie aus und lies die Schnur auf eine der Enten zusausen. Der kleine Magnet flog und flog und KLACK! Er fand tatsächlich halt an dem 'Haken' einer der Tierchen. Direkt beim ersten Versuch! "Oh, oh, schau, Zaza! Ich hab eine!" rief sie begeistert und holte ihren Fang langsam ein. "Ich habe keine Ahnung, wie ich das gemacht habe..." stellte sie mit hochgezogener Augenbraue hoch während sie ihre Freundin beobachtete, die wohl nicht so viel Glück hatte. "Versuch es mal mit ganz ganz viel Gefühl! Als würdest du jemandem einen selbstgebackenen Muffin zuwerfen." Auch sie selbst versuchte es nun ein zweites Mal, doch sie traf nur das Köpfchen und brachte das Entchen zum Schwanken. Knapp daneben war eben auch vorbei. Aber egal! Sie hatten bloß fünf Minuten, es gab also keine Zeit zu verschwenden. Ein weiterer Versuch traf mitten ins Schwarze. Dann noch einer. Darauf folgten jedoch einige Fehlschläge. Es war jedoch klar, dass es zumindest besser lief als beim Dosenwerfen. "Ich bin der Angelmeister und ich werde mir jetzt einen Hauptpreis angeln!" verkündete sie, als sie mit aufgeblasenen Backen extraweit ausholte "Schau nur zu und lerne!" Mit einem leisen Surren sauste der Magnet nach vorne und landete mit einem 'platsch' vollkommen daneben im Wasser. "Upsi... das war wohl nichts..."
„Extraviele...“, staunte Zahar nicht schlecht, als sie das Selbstbewusstsein ihrer Freundin sah. So viele würde sie doch bestimmt nicht bekommen! Trotzdem breitete sich ein sehr glückliches Lächeln auf ihrem Gesicht aus. „Okay! Wenn Rin mich beschützt, dann kann ja nichts passieren!“ Weniger glücklich sah sie über den Witz der Hündin aus. Sie wirkte eher verwirrt. Ihre Augen wurden groß, ihr Finger kratzte an ihrer Wange und ihr Mund stand ahnungslos offen. „Das versteh ich nicht...“, murmelte sie, auch wenn man es ihr wohl ohne Worte hätte ansehen können. Sie wusste ungefähr, was eine Wüste war. Sie war selbst noch nicht dort gewesen, aber sie hatte viel darüber gehört und war ziemlich begeistert von dem Konzept. Auch was ein Hund war verstand sie, und grundsätzlich auch, was ein Unglück war. Aber Unglücke waren normalerweise gar nicht lustig! „Was ist es denn für ein Unglück? Ist es ein lustiges Unglück?“, hakte sie also nach. Etwas Unlustiges würde doch den Witz kaputtmachen!
„Woow, beeindruckend!“, staunte Zahar nicht schlecht, als Rin die Erste von beiden war, die eine Ente aus dem Wasser gezogen bekam. Sie selbst probierte es auch noch einmal, diesmal mit dem Rat ihrer Freundin, konnte damit aber wenig anfangen. Ein selbstgebackener Muffin? Sie hatte doch noch nie gebacken! Und seit wann warf man Muffins? Und überhaupt, wer wollte denn Muffins Essen? Ja, gut, Menschen mochten die, aber sie doch nicht! „Äh... so?“, fragte sie relativ unsicher. Sie sollte mit viel Gefühl werfen, das war der Part, den sie verstand. Das hier war ein Geschickspiel, und geschickt war sie eigentlich. Sie übte ganz viel, wie sie sich zu bewegen hatte, wie man Gleichgewicht hielt, wie man Körperspannung aufbaute, um beim Klettern nicht von Wänden zu fallen. Außerdem bastelte sie richtig, richtig gerne! Etwas mit den Händen zu machen dürfte also gar nicht so schwer sein. Sie versuchte, die Bewegung der Angel in ihren Händen zu spüren, wie sie am Faden mit dem Magneten zog und diesen auswarf. Der zweite Wurf klappte noch nicht, aber der dritte war besser. „Da! Eine hab ich!“, rief sie fröhlich, nahm aber keine Hand von ihrer Angel. So, wie sich das gerade angefühlt hatte... das wollte sie noch einmal probieren! Die nächsten Würfe waren wieder nicht allzu gut, aber der Vorteil war, dass sie dieses Mal nicht mit einer begrenzten Anzahl versuche, sondern auf Zeit spielten. Zahar mochte ein ziemlich naives und ungebildetes Wesen sein, aber das bedeutete nicht, dass sie nicht clever war. Sie fühlte jeden ihrer Würfe, zog ihn schnell zurück und lernte daraus. Ihre ersten Würfe waren schlechter als die von Rin, aber es kam ein Punkt, an dem sie sie überholte. Zum Ende hin wurde sie sogar so gut, dass ihre letzten vier Würfe alle erfolgreich eine Ente an Land zogen! Dann war ihre Zeit aber auch schon vorbei.
„Haha, das hat richtig Spaß gemacht!“, meinte sie fröhlich, während sie ihre Entensammlung betrachtete. Auf den ersten Blick sah es tatsächlich so aus, als wäre ihr Ergebnis und das von Rin sich von der Menge her ziemlich ähnlich. Das machte ja auch Sinn... Am Ende war sie zu einer ordentlichen Anglerin geworden, aber dafür hatte sie die erste Hälfte der Zeit ziemlich verschwendet. Die Inuyama hatte deutlich konsistenter gewirkt. Mal schauen, wie viel beim Zählen rauskam... Die viele Bewegung, das dauernde Schwingen der Angelruten, hatte natürlich auch seine Spuren hinterlassen. Zahar hatte ein wenig geschwitzt, was im gleichen Zuge auch ihr weißes Sekret aus ihren Poren gelockt hatte. Kaum hatte sich das mit ihrem Schweiß vermischt, zeigte sich das übliche Bild: An ihren Armen und Beinen sowie in einer dickflüssigen Pfütze unter ihr war ihr pinker Schleim zu erkennen, der einen ziemlich intensiven Zuckergeruch ausstieß. Sie hatte sich zwar größtenteils daran gewöhnt, aber wenn der Duft so stark wurde, hatte Zahar immer noch Schwierigkeiten damit, sich zu konzentrieren...
Das fröhliche Gelächter der Hundedame verklang und wurde von einem Moment des peinlichen Schweigens abgelöst. Zahar verstand den Witz nicht...? Ja wie erklärte sie das denn am besten? "Naja, du weißt doch, dass Hunde am liebsten an Bäume pinkeln..." begann sie "und in der Wüste gibt es ja keine Bäume. Und deswegen kann der Hund nicht pinkeln. Und das Unglück ist, dass er sich ... in die Hose macht. Also, Hunde tragen keine Hosen aber du weißt schon was ich meine." Je länger sie versuchte, zu erklären, was so lustig daran war, desto unlustiger wurde es. Aber jetzt hatte sie schon angefangen. "Und das lustige daran ist, naja, er könnte ja überall hinpinkeln, oder so." Beendete sie ihre eher mangelhafte Erklärung. Sie fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Zeit das hier zu vergessen und sich auf das Angeln zu konzentrieren. Als wäre Rin dafür geschaffen, holte sie direkt das erste Entchen ein. Ihre Begleiterin schien absolut beeindruckt zu sein, was dafür sorgte, dass die Hellhaarige stolz die Schultern zurück zog und die Brust herausstreckte. Dieses Spiel war eindeutig besser als Dosenwerfen! Natürlich wollte sie den Erfolg nicht für sich behalten und so bemühte sie sich, der Naga ein wenig zu helfen. Ihre Tipps schienen eher weniger gut anzukommen, nichtsdestotrotz konzentrierte sich die kleine Echse und warf den Magneten erneut aus. Dieses Mal konnte man regelrecht sehen, wie sie eins mit ihrer Angel wurde, als wäre sie Teil ihres Körpers und tatsächlich! Schon beim dritten Versuch hatte sie Erfolg und zog ebenfalls ihre erste Ente an Land. "Du hast den Dreh raus! Ich wusste, dass du es schaffst!" jubelte die Inuyama, ehrlich froh, dass ihr Wettkampf jetzt so richtig beginnen konnte. Sie kniff die Augen zusammen, fixierte ihr nächstes Ziel und warf. Im Gegensatz zu ihrer Rivalin nahm sie sich lieber Zeit, richtig zu zielen, anstatt so viele Würfe wie möglich zu machen. Beide Taktiken schienen jedoch äußerst erfolgreich, denn als schließlich ein Wecker zu piepsen begann, hatten beide Mädchen ordentlich Beute eingeholt. "Wow, das wird knapp! Du hast ja noch einmal ordentlich aufgeholt, Zaza!" Den Vorsprung, den sie in der ersten Spielhälfte hatte aufbauen können, war in der Zweiten kontinuierlich geschrumpft und nun war mit dem bloßen Auge nicht mehr erkennbar, wer schließich als Sieger hervorgehen würde. "Ich übernehme das. Nicht, dass eine von euch noch auf die Idee kommt, zu schummeln." Wow, wie gemein! Als ob die zwei Tierhybriden auch nur auf die Idee kommen würden, so etwas zu tun! Aber vielleicht hatte er damit ja in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Der Mann hinter dem Tresen nahm ihnen die zwei prall gefüllten Körbe aus den Händen und begann, zu zählen. Zu leise um ihn zu verstehen murmelte er vor sich hin, weshalb sich die Inuyama vorerst ihrer Freundin zuwendete. Dabei fiel ihr etwas auf, dass sie bisher noch nie gesehen hatte. Ihre Nase hatte es schon lange zuvor wahrgenommen, da jedoch die ganze Zeit ein zuckersüßer Duft in der Luft hing, hatte sie sich nichts dabei gedacht. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, dass die plötzlich zunehmende Intensität des Geruchs der Echse zuzuschreiben war. "Ähm, Zaza? Alles okay?" fragte sie, unsicher, wie sie ihre neue Erkenntnis ansprechen sollte. Ignorieren konnte sie es ja schlecht! "Du, hast da ein bisschen was ... Schleimiges? Brauchst du vielleicht ein Taschentuch oder wollen wir kurz auf ein Klo oder so?" Sie hatte noch nie zuvor etwas mit Echsenmenschen zu tun gehabt, weshalb sie nicht wusste, ob es vielleicht ganz normal war, dass diese Schleim auf ihrer Haut bildeten. Zumindest aber wollte sie es erwähnt haben, denn sie wollte nicht, dass die Braunhaarige damit herumlief, obwohl es hier womöglich unangenehm war. Es war einfach eine ungeschriebene Regel, seine Freundinnen vor peinlichen Situationen zu beschützen! Wie auch immer Zahar mit dieser Situation umgehen wollte, in der Zwischenzeit war der Mann hinter dem Tresen wohl fertig geworden. "So, ich habe durchgezählt." verkündete er "So wie es aussieht hat ... keiner von euch euren Wettkampf gewonnen! Ihr habt genau gleich viele Enten geangelt!" Unfassbar! Somit sah die Menge nicht nur gleich aus, sie war es auch! Damit hatte die Hundedame wirklich nicht gerechnet. Aber sie war froh über das Ergebnis, was man an ihrer wedelnden Rute gut erkennen konnte. So gab es zumindest keine Verlierer! "Ihr habt beide eine beachtliche Anzahl an Enten herausgefischt. So gute Angler haben wir nur selten. Schaut mal hier." Er spazierte hinüber zu einem Bereich, in dem sich einige ziemlich große Plüschtiere und lustig aussehendem Spielzeug. "Ihr dürft euch Beide etwas hier aussuchen." Oh wow, wie sollte man sich da bloß entscheiden! Die blauen Äuglein der Inuyama funkelten mit den bunten Lichtern des Jahrmarkts um die Wette, als sie über all die hübschen Gewinne wanderten. Zwar wusste sie, dass der Gewinn nicht an sie gehen würde, sie würde ihn weiterschenken, aber das machte es nicht leichter! "Oh man, ich weiß einfach nicht..." Ihre Ohrenspitzen zuckten unruhig, man konnte ihr gut ansehen, wie angestrengt sie überlegte. Was würde er wohl mögen? Worüber würde er sich freuen? Würde er sich überhaupt über etwas, das sie zur Auswahl hatte, freuen? "Duuuh, Zaza?" fragte sie schließlich, überraschend leise. "Ich brauche mal deinen Rat." Ein wenig nervös zupfte sie am Saum ihres Kleides. Wie formulierte sie das, ohne den falschen Eindruck zu erwecken? "Ich habe ja vorhin gesagt, dass ich gerne was für einen Freund gewinnen möchte, aber jetzt weiß ich nicht was ich aussuchen soll..." Hoffentlich lief sie gerade nicht tomatenrot an! Obwohl sie den jungen Mann inzwischen schon ein Weilchen kannte, fiel es ihr schwer zu sagen, was er mochte und was nicht. Er so wenig über seine Vorlieben und Interessen ... "Er ist super lieb zu mir und passt immer auf mich auf, wenn wir gemeinsam auf Quests gehen. Ich glaube er mag eher simple Sachen und natürliche, erdige Farben." Zumindest ließ das seine Kleidung vermuten. "Wie wäre es mit dem süßen Fuchs da hinten? Oder vielleicht die Schildkröte oder das Krokodil? Ah ... ich weiß einfach nicht..." Seufzend strich sie sich über die Öhrchen. "Hast du dich denn schon entschieden?"
Verstand sie, was Rin meinte? Eigentlich ja nicht so wirklich. Aus großen, fragenden Augen blinzelte Zahar ihre Freundin an, bis diese fertig war. Man konnte richtig sehen, wie die Zahnräder in ihrem Kopf ratterten, noch einige Sekunden nachdem die Erklärung durch war, bis sich die Mundwinkel der Echse hochzogen. „Ach! Du meinst, der Hund kann überall hinpinkeln, aber er macht das nicht? Kch...“ Kurz versuchte Zahar noch, sich zurückzuhalten, ließ nur den gebrochenen Start eines Kicherns heraus, aber es hielt nicht lange. Keine zwei Sekunden später schallte auch schon ihr Gelächter über den Platz. „Was für ein doofer Hund!“, lachte sie mit Tränen in den Augen, während ihr Schweif wild von Seite zu Seite schlug. „Der weiß gar nicht, dass er auch ohne Baum pinkeln kann!“ Ob sie den Witz so richtig richtig verstanden hatte war irgendwie fragwürdig, aber zumindest dachte Zahar, dass sie wusste, was daran lustig war. Insofern also ein Punkt für Rin.
Auf die Idee, die Enten selber zu zählen, wäre Zahar gar nicht gekommen – sie war zwar ganz gut im Zählen, vor Allem im Bereich bis zwanzig, aber im Allgemeinen war das eine Aufgabe für Erwachsene. Insofern war sie weder überrascht, noch schockiert von der Handhabe des Standleiters. Es war nur fair, dass ein Erwachsener das Ergebnis auszählte. Dennoch starrte sie neugierig die Entchen an, während sie gezählt wurden, und merkte dabei gar nicht, was Rin gerade auffiel. „Hm? Was?“ Verdutzt blickte sie nach unten, sah die Pfütze und ihre Wangen röteten sich mit einem Mal. Dank ihrer grünen Haut war es nicht ganz so offensichtlich wie bei Menschen, aber man konnte es schon erkennen. Wie peinlich! „O-oh nein, ich hab schon wieder geschwitzt...“, murmelte sie vor sich hin und schüttelte den Kopf. „N-nein, nein, wir müssen nirgendwohin gehen! D-das ist ganz normal, ehrlich!“ Den Blick nach unten gerichtet zog sie einen ihrer Ärmel nach oben, sodass die Inuyama sehen konnte, dass auch dort aus ihren Poren der pinke Schleim drang, der einen sanften Film auf ihrer Haut bildete. Vorsichtig trat sie aus der Pfütze heraus, darauf achtend, dass sie nicht darauf ausrutschte. Das wäre ihr wirklich, wirklich unangenehm. Es war schlimm genug, dass der süße Geruch, der sie immer begleitete, jetzt noch intensiver war als sonst...
„Ooh, ich war genauso gut wie Rin?“, meinte sie mit leuchtenden Augen und strahlendem Lächeln. „Dabei warst du voll gut! Ich dachte, ich hab keine Chance“, lachte sie fröhlich und breitete ihre schleimigen Arme aus, um die Ältere in eine Umarmung einzuladen. Sie war einfach so froh! „Das ging aber nur, weil du mir gezeigt hast wie!“ Damit hatten sie sich sogar für Preise qualifiziert! Die Frage war nur, was sie nehmen wollten. „Erdige Farben... also Braun?“, fragte das Echsenmädchen, die Erde eigentlich nur in der Farbe kannte. Grüne Erde wäre ihr neu. „Dann die Schildkröte, richtig? Die hat den großen braunen Panzer!“ Sie selbst starrte mit ehrfürchtigen Augen die Wand an Spielzeugen und Plüschtieren an. Da war ja Alles mit dabei, was sich ein Mensch wünschen konnte. Fast sogar ein bisschen zu viel... Die Echse sah gleich fünf Dinge, die sie gern für sich gehabt hätte, aber sie wirkten alle nicht richtig für Aska oder Mareo. „Hm, sag mal... weißt du, was ein gutes Geschenk für eine Heldin wäre?“, fragte sie unsicher, während das Ende ihres Schweifes ein paar Mal auf den Boden platschte. Hier würde sie ja nur einen Preis gekommen, und das erste Geschenk sollte auf jeden Fall für Aska sein. Die war schließlich Zahars großes Vorbild...
Überrascht blinzelte die Inuyama, als ihre Freundin ihr versicherte, dass die merkwürdige, rosa Pfütze unter ihr vollkommen normal war. Das war also ihre Form zu schwitzen? Neugierig betrachtete sie die hellgrüne Haut der jungen Slayerin und tatsächlich. Auch hier schimmerte ein leichtrosa Film. "Oh, ihr Echsen seid wirklich ein außergewöhnliches Volk." kicherte sie. In ihrer Stimme lag keinerlei Abneigung, viel mehr hörte man ihr ehrliches Interesse heraus. Auch sie als Hundemensch hatte eine etwas ungewöhnliche Beziehung zum Schwitzen. Dank ihrer vierbeinigen Verwandten besaß sie weniger Schweißdrüsen. Allerdings konnte (und wollte) sie nicht Hecheln wie diese es taten. Somit hatte sie in warmen Temperaturen tatsächlich einen leichte Schwierigkeiten, doch zumindest geruchstechnisch hatte es seine Vorteile. Dass sie trotzdem in der Wüste lebte war zwar ein wenig ungünstig, aber wirklich beeinträchtigen tat es sie nicht. Es war viel mehr eine kleine Eigenart, die sogut wie nicht auffiel, wenn man nichts davon wusste. Ganz im Gegenteil zu Zahars Art der Wärmeregulierung. "Immerhin riecht es total gut. Ganz anders als bei vielen Menschen." lachte sie und bot der Jüngeren ihre Hand an, damit sie sicher aus der Pfütze steigen konnte. Was würde sie selbst dafür geben, nach Zucker und Süßwaren zu duften, wenn ihr warm war! Nun aber zurück zu dem deutlich wichtigeren Thema: Der Erfolg der Mädchen beim Entenangeln! "Als du den Dreh raushattest hast du eben supergut aufgeholt!" erwiederte Rin mit einem mindestens genauso breiten Lächeln und ging ohne zu zögern auf die Umarmung ein. Klar war die Echse ein wenig schleimig, aber das war ja nichts, was man nicht abwaschen konnte. "Gemeinsam sind wir eben unaufhaltsam!" Sanft drückte sie die Braunhaarige an sich. Jetzt, wo sie so nah war, war der Zuckerduft beinahe schon überrumpelnd für ihr feines Näschen. Ein Glück war er so angenehm! Sie musste schon aufpassen, dass sie nicht anfing zu sabbern. Es war beinahe verlockend, zu versuchen, einen kleinen Bissen von der Naga zu nehmen und herauszufinden, ob sie genauso gut schmeckte, wie sie roch! Da kamen wohl die Tierinstinkte ein wenig durch. Bevor ihr die Spucke letztendlich doch aus den Mundwinkeln tropfte, löste sie sich wieder von ihrer Freundin. Doch trotz der zurückgewonnenen Distanz hing ihr der Geruch noch immer prägnant in der Nase. Nun klebte er wohl auch an der Hellhaarigen. "Genau, sowas wie braun, moosgrün, senfgelb und ähnliches. So natürliche Farben eben, nichts knalliges." erklärte sie, legte nachdenklich den Kopf schief. Die Schildkröte also. Je länger sie das braun-grüne Kuscheltier mit dem großen Panzer betrachtete, desto geeigneter kam es ihr vor. Es war wirklich niedlich. Der Kopf war fast schon zu rund und mit großen Knopfaugen bestückt. Die waldgrünen Flossen und das kleine Schwänzchen rundeten das Bild letztendlich ab. "Du hast Recht. Die nehme ich!" Mit ausgestrecktem Zeigefinger deutete sie auf ihren auserkorenen Preis und hielt ihn wenige Momente später in den Armen. Von Nahem war es so viel größer als gedacht! Von Anfang bis Ende war das Wassertier bestimmt 40 oder 50 Zentimeter groß! Am liebsten hätte sie es für sich behalten. Genauso wie sie selbst schien auch Zahar Schwierigkeiten zu haben, sich für das richtige Geschenk zu entscheiden. "Oh, du kennst eine richtige Heldin? Wie cool!" Ihre Äuglein wurden groß vor Bewunderung. Am liebsten hätte sie sie direkt über diese Heldin ausgefragt, aber man brauchte ja gerade ihre Hilfe! "Hmm ... Heldinnen sind groß und stark oder nicht?" Nachdenklich tippte sie sich ans Kinn und ließ ihren Blick zum wiederholten Male über all die bunten Preise wandern. "Vielleicht das Tiger-Kuscheltier da hinten? Die sind auch groß und stark und elegant und vor allem wunderschön!" Ganz weit hinten saß eine große, schwarz, weiß gestreifte Raubkatze mit eisblauen Augen und schien nur darauf zu warten, endlich von jemandem adoptiert zu werden. "Oderrr .... da! Das Spielzeugschwert da. Das macht sogar coole Soundeffekte wenn man es schwingt!" Obwohl, wenn sie eine richtige Heldin war, dann besaß sie bestimmt bereits ein richtiges Schwert und brauchte keins aus Plastik (auch wenn das Echte bestimmt nicht so coole Geräusche machte!). Oh man, das war echt schwierig! Geschenke auswählen machte zwar Spaß, aber es war alles andere als einfach! Vor allem bei so einer riiiiesigen Auswahl!
„Findest du? Ich mag den Geruch gar nicht...“, gab Zahar zu und kratzte sich am Kopf. Ihr war es sehr unangenehm, ihr Sekret nicht unter Kontrolle zu haben, und ein Faible für Zucker hatte sie erst recht nicht. So viel Fokus darauf zu legen, egal wie lieb Rin in der Hinsicht war, war ein seltsames Gefühl, das sie lieber mied. Stattdessen konzentrierte sie sich viel lieber darauf, was für ein tolles Team sie doch waren! „Hehe, ja! Wir sind die Besten!“, kicherte die kleine Prinzessin fröhlich, während Rin ihre Umarmung akzeptierte. Dass sie dabei ein wenig klebriges Pink abbekam, schien sie überhaupt nicht zu stören. „Weißt du noch, wie ich das Haus hochgeklettert bin? Das war mit dem gleichen Sekret! Wenn ich es klebrig genug mache, komm ich überall hoch!“ In der Hinsicht war sie sogar recht stolz darauf. Irgendwann musste sie der Inuyama mal zeigen, wie sie auf dem Schleim herum schlitterte wie auf Rollschuhen... Die Zeit würde sicher kommen. Nur nicht gerade jetzt. Erst einmal mussten sie Geschenke heraussuchen! „Jaa, sie ist eine echt große Heldin!“, nickte Zahar mit leuchtenden Augen und hob aufgeregt ihre kleinen Fäustchen. „Sie weiß Alles und sie kann Alles! Sie hat niemals Angst und beschützt mich immer, aber sie sagt auch, dass ich selber stark werden kann! Sie leuchtet hell wie die Sonne, selbst in der Nacht, und ihr Lächeln ist so lieb und sanft! Sie bringt mir sogar Lesen bei!“ Aska war schon ein wundervoller Mensch... Ein größeres Idol hatte Zahar noch nicht gefunden, und das würde sie wohl auch nicht. Wenn sie nur daran dachte, wie die Heilige mit ihren Pfeilen den großen Mann mit der Lanze besiegt hatte, obwohl er eine ganze Armee an voll komischen Menschen an seiner Seite stehen hatte, fuhr ihr ein Schauer über den Rücken. Ihre Präsenz allein war so eindrucksvoll... „Ein Schwert benutzt sie nicht, das passt nicht zu ihr...“, meinte die Echse und deutete stattdessen auf den Tiger. „Den da! Den nehm ich! Genau so ist sie auch!“ Als sie das Plüschtier in den Händen hielt, drückte sie es sich erst einmal an die Brust. Es war so angenehm flauschig und weich! „Haha, das ist genau richtig!“ Mit einem lauten Lachen und einem breiten Grinsen freute sich die Naga über das tolle Geschenk, das Rin für sie ausgesucht hatte. „Es sieht so mutig aus, voll niedlich... Da will man richtig... mbh!“ Instinktiv biss Zahar in eins der kleinen Öhrchen des Tieres, kaute einen Moment darauf herum, ehe sie überrascht blinzelte und stocke. Langsam löste sie ihre Zähne von dem Stoff und streckte die Zunge aus. „Bah... nicht lecker...“
Allgemein war es sehr schön, Zeit mit der weißhaarigen Hundelady zu verbringen. Hand in Hand streiften die beiden Mädchen über den Jahrmarkt, auch wenn es Zahar ein bisschen peinlich war, wie oft sie nein sagen musste. Das ganze Essen, das die Menschen hier anboten, schmeckte ihr nicht, und die Fahrgeschäfte wirkten so viel schlimmer als ein Zug... Das wollte sie nicht. Das Risiko, vor Rin spucken zu müssen, war zu hoch, und abgesehen davon würde sie mit so etwas unter Garantie keinen Spaß haben. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass sie Spaß zusammen hatten und die Zeit wie im Flug verging. „Meine Damen und Herren, machen Sie bitte Platz!“, riefen schlussendlich ein paar Herrschaften, die in Uniformen über den Jahrmarkt spazierten. „Die Parade soll gleich beginnen, also begeben Sie sich bitte auf die Gehwege an der Seite der Straße!“ Blinzelnd verarbeitete Zahar diese Information. Sie hatte viele Dinge noch nicht gesehen, von vielen Dingen noch nicht einmal gehört. Auch das hier war etwas, was sie nur aus Büchern kannte, aber es klang unheimlich spannend. Ihre Augen leuchteten, während sich ein Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete.
Der pinkfarbene Schleim, den die kleine Echse aussonderte war schon etwas ... besonderes. Anders konnte man es einfach nicht beschreiben. Es war merkwürdig, das musste Rin zugeben. Aber gleichzeitig hatte das Zeug supercoole Fähigkeiten die das wieder wett machten. Es roch gut, hatte eine hübsche Farbe und ermöglichte es einem, an Wänden hochzuklettern? Wie cool war das bitte?! "So eine Fähigkeit hätte ich auch gerne!" verkündete die Canine enthusiastisch, ihre Stimme ließ jedoch auch ein wenig Neid vernehmen. Das einzige, was sie konnte, war gut riechen und hören. Zumindest das Schnuppern konnte Zahar ebenfalls. Sie war wirklich beneidenswert...! Die Öhrchen aufmerksam aufgestellt lauschte sie den Worten ihrer Freundin. Die Inuyama wusste zwar nicht, von wem genau die Rede war, aber zumindest eins war klar: Die Person klang ziemlich heftig beeindruckend! Ihre Rute begann unbewusst zu wedeln, als sie darüber fantasierte, dass jemand genauso über sie redete. Welche Eigenschaften man an ihr wohl himmelhoch loben würde? ... gab es überhaupt welche? "Wow, das klingt wie ein richtiger Jackpot, den du da mit deiner Heldin gelandet hast." entgegnete sie sanft "Sicher, dass sie kein Engel ist?" Ein kleines Kichern folgte auf ihre Scherzfrage. Die eisblauen Augen folgten dem ausgestreckten Finger und landeten auf dem Plüschtiger. Wie toll, ihr Vorschlag wurde also angenommen! Während die Naga das Kuscheltier an sich drückte, ergänzte Rin: "Wenn es sich irgendwann ergibt musst du sie mir unbedingt mal vorstellen!" Wenn die Hellhaarige ehrlich war, hatte sie ein paar Freunde mehr dringend nötig. Ja, sie hatte Lian und Charon. Von Beiden konnte sie niemals genug haben. Und auch Zahar konnte sie inzwischen definitiv als Freundin bezeichnen. Aber das waren gerade einmal drei Leute! "Halt, ne- .... iiiihn da kann man nicht reinbeißen." Zu spät. Sie lachte. Die Inuyama hatte selbst schon (zu oft) die Erfahrung gemacht, dass Stofftiere alles andere als angenehm zu Kauen waren. Es fühlte sich unangenehm zwischen den Zähnen an und am Ende hatte man stets Flusen im Mund. Nicht, dass sie es jemals zugeben würde, aber als Canine verspürte sie doch recht häufig das Bedürfnis, auf allen möglichen Dingen herumzukauen. Holz, Kunststoff(bälle!!) oder leckeres Gebäck waren zum Knabbern deutlich besser geeignet, da sprach sie aus Erfahrung! Trotzdem behielt sie es lieber für sich selbst. "Ich glaube deine Heldin würde sich sowieso nicht freuen, wenn sie einen Tiger mit zerkauten Ohren bekommen würde!" Bei jedem Schritt schwang die flauschige Ringelrute der jungen Frau locker mit, während sie gemeinsam mit der Echse die breite (und überraschend lange) Straße entlangwanderte. Ihre Äuglein sprangen stets aufgeregt von einer Attraktion zur nächsten und auch wenn sie öfter ein 'nein' zu hören bekam als ein 'ja' war ihre Laune auf einem absoluten Höhepunkt. "Man bin ich froh, dich zufällig hier getroffen zu haben. Alleine wäre das alles bestimmt nur halb so lustig!" Es gab schließlich nichts schöneres, als Erinnerungen zu teilen, oder nicht? Rin würde diesen Tag auf jeden Fall niemals mehr vergessen. Mit sanftem Griff zog sie ihre Begleiterin an der Hand, wie befohlen, hinüber zum Gehweg. "Parade...!" stimmte sie begeistert mit ein. Das hatte sie ja völlig vergessen! Neben dem Feuerwerk war auch diese ein Highlight des Jahrmarktes. "Oh das wird sowas von cool! Sowas von megacool!" vor Aufregung war ihre Stimme noch kaum mehr als ein Quietschen. Es gab an der Sache nur eine klitzekleine Hürde: Es wurde Eng an den Seiten der Straße und selbstverständlich wollte jeder so weit vorne wie möglich stehen. Denn dort sah man schließlich am besten. Das verschmitzte Funkeln in den Seelenspiegeln der Hundedame machte jedoch deutlich, dass sie ihren aktuellen Platz direkt am Bordstein nicht aufgeben würde. Komme was wolle! Sobald einer der deutlich größeren (und unfairerweise stärkeren) Erwachsenen sie oder Zahar beiseite schubsen wollte, zeigte sie mit einem tiefen Knurren die Zähne. Heute wollte sie einmal nicht die Nachgiebige sein, sondern auf ihren (wortwörtlichen) Standpunkt beharren. In kürzester Zeit hatten sich alle Besucher aus der Mitte verzogen und nicht weit entfernt konnte man schon den Anfang der Parade erkennen! In auffällig bunten Uniformen bildete ein kleines Orchester die Vorhut. Zum Takt ihrer Blas- und Schlaginstrumente marschierten sie mit hoch erhobenen Häuptern die Straße entlang. Schon fast insinktiv wippte die schwarze Spitze von Rins Rute im Rythmus des Paukenschlags. "Gleich kommt der allerbeste Teil ...!" fiepte sie wie ein junger Hund. Und kurz danach kam er dann auch schon, der heißersehnte Höhepunkt! Gewaltige Luftballons schwebten die Straße entlang. Fast so groß wie ganze Häuser! Sie waren in der Form verschiedenster Tiere oder Fantasiewesen, aber auch einige Gesichter bekannter Personen, z. B. die Wizard Saints, waren dabei! "Oh mein Gott, oh mein Gott! Ist das nicht mega cool??" Aufgeregt legte sie den Arm um die Braunhaarige und drückte sie an sich. Mit der freien Hand zerdrückte sie regelrecht die Flosse der Plüschschildkröte. In Realität war es noch so viel besser als auf den paar Bildern, die sie bisher von dieser Parade gesehen hatte! Wer auch immer gerade hinter der Inuyama stand konnte einem Leid tun, denn er bekam im Sekundentag ihren Schwanz gegen die Beine geschlagen.
„Ein... Engel?“ Bei den Worten zuckte Zahar leicht zusammen. Waren Engel nicht die Boten der Götter? Das Thema war schon einmal aufgekommen, aber als Dämonin fühlte sich Zahar nicht so, als ob die Götter auf ihrer Seite waren, im Gegenteil. Es war davon auszugehen, dass sie sie hassten und töten wollten, und das galt doch bestimmt auch für Engel. Vehement schüttelte das Mädchen den Kopf. „N-nein, kein Engel! Sie ist viel besser als das!“ Allein der Gedanke, von Aska gejagt zu werden, war gruselig. Das wollte sich Zahar gar nicht vorstellen...
Rin hatte auf jeden Fall Recht, dass der Karneval allein nicht so viel Spaß gemacht hätte. Auch wenn Zahar nicht an allen Sachen teilnehmen konnte, die hier angeboten wurden, konnte sie viel mit Rin lachen, auf Stände deuten und darüber reden, wie cool die waren oder, vor Allem, wie bunt hier alles aussah. Sie erfreute sich daran, die glücklichen Menschen zu sehen, und es war schön, heute eine von ihnen zu sein, die an der Seite einer Freundin ihre Zeit genießen konnte. Als sie dann zusammen am Rand des Weges standen, um die Parade zu beobachten, musste Zahar kichern, weil die Inuyama Leute anknurrte, die sich vordrängeln wollten. „Hehe... danke, dass du meinen Platz verteidigst“, meinte die Naga dankbar und umarmte die Ältere, indem sie die Arme um ihre Hüfte legte und sich an sie drückte. „Du bist die Beste, Rin!“ Die Musik, die bunten Wagen, das Konfetti und die feiernden Menschen, alles war so eine große, fröhliche Erfahrung, und der langsam beginnende Sonnenuntergang tauchte die Feierlichkeiten in ein warmes Orange, das sie nur noch strahlender wirken ließ. „Ja, echt cool!“, pflichtete Zahar ihrer Freundin bei und deutete hoch zu einem Ballon, der ihr bekannt vorkam. „Das da! Das ist der Gildenmeister von Fairy Tail!“ Den Rest, den kannte sie noch nicht. Die zehn größten Magier Fiores, den Rat, die Königsfamilie. Alles waren nur die Gesichter irgendwelcher Menschen, die ihr rein gar nichts sagten. „Kennst du die anderen?“ Aufmerksam glitten die neugierigen Augen des Mädchens weiter über die verschiedenen Ballons, die vorbei schwebten. Von den Tieren erkannte sie deutlich mehr. Ein Elefant, ein Schwan, eine Giraffe, ein Löwe. Mit einem breiten Grinsen deutete sie auf etwas, das vermutlich ein Drache sein sollte, mit seinen grünen Schuppen, dem langen Schweif und den vier Beinen für Zahar aber wie eine Echse aussah. „Schau mal! Der sieht aus wie ich!“ Mit einem Lachen betrachtete sie die Figuren, die über den Himmel tanzten. Ihre Schatten glitten über die Zuschauer, bis auch der letzte Ballon an Zahar und Rin vorbeigekommen war und nur noch der letzte Wagen auf sie zu fuhr, auf dem eine Gruppe von Frauen mit Zylinderhüten tanzte und Süßigkeiten in die Menge warf, um die Parade abzuschließen. An etwas Süßem hatte Zahar, wie an den meisten vermeintlichen Leckereien hier, kein Interesse, aber den Tanz beobachtete sie ziemlich begeistert und versuchte sogar, an ihrer Position ein wenig mitzumachen, auch wenn sie deutlich weniger geübt und elegant wirkte. Auch wenn sie es ungern zugab, war sie schlussendlich eben ein Kind...
Überrascht zuckten die Öhrchen der Canine, als ihre kleine Freundin so abweisend auf ihren Kommentar mit dem Engel reagierte. Hatte sie etwa keine guten Erfahrungen mit den geflügelten Wesen gemacht? Rin selbst hatte noch nie einen getroffen aber sie war immer davon ausgegangen, dass sie alle nett waren. "Okay, dann ist sie eben noch viiiel viiiiiiel cooler!"
Stolz hob die Hundedame das Kinn und wedelte mit der Rute, als Zahar sich bei ihr für das Verteidigen bedankte. Sie mochte zwar überwiegend aussehen wie ein Mensch, doch das Beschützen lag ihr im Blut und es war schön, dafür gelobt zu werden. So viel besser, als nette Worte über ihr Aussehen oder ihre Niedlichkeit. Sanft lächelnd legte sie den Arm um die Kleinere, als diese sich an sie drückte. Man, was für ein schöner Tag heute doch war. Die großen, bunten und vielfältigen Ballons zogen schneller vorbei, als Rin es gerne hätte. Die Zeit war bereits so schnell vergangen! Am liebsten hätte sie der Parade einen Zeitlupen-Zauber verpasst, sodass sie das hier noch länger genießen konnte. Doch so einfach war es leider nicht. Sie konnte sich nur darauf konzentrieren, die Atmossphäre und den Moment möglichst ausgiebig und aufmerksam zu genießen. Tief atmete sie durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Ihr Blick wanderte hinauf zu einem recht eckigen Gesicht mit roten Haaren, das soeben an ihnen vorbeischwebte. "Krass! Den hab ich vorher noch nie gesehen ... mal schauen..." Ihre Augen hüpften weiter, auf der Suche nach einem ganz bestimmten Luftballon. Als sie ihn entdeckte zeigte sie sogleich mit ihrem Finger darauf. "Da!! Da ist Aram Falls! Der leitet meine Gilde!" Jetzt wo sie ihn in so groß sah erinnerte sein Gesicht sie irgendwie ein klein wenig an Lian. Sie schüttelte den Kopf. Sah sie jetzt ernsthaft schon in anderen Leuten den Wuschelkopf? "Einige von denen kommen mir bekannt vor. Aber all die Namen kann ich dir nicht sagen." Sie lachte kurz. Sie erkannte die Königsfamilie und auch die zehn Saints, aber wirklich viele Informationen hatte sie zu den einzelnen Gesichtern nicht. War ja auch nicht nötig, schließlich würde sie bestimmt nie mit solch wichtigen Persönlichkeiten ins Gespräch kommen! Nachdem die Auswahl an großen Magiern erschöpft war folgte eine Reihe an unterschiedlichsten Tieren. Manche echt, manche Fabelwesen. Als Zahar auf einen gewaltigen Drachen zeigte, musste Rin kichern. "Ich hoffe sehr, dass du nicht auch irgendwann so groß und bedrohlich aussiehst. So mag ich dich lieber." Mit den scharfen, schneeweißen Zähnen und gewaltigen Pranken wirkte die feuerspuckende Echse wirklich angsteinflößend - auch wenn sie nicht echt war. So einem Wesen wollte sie wirklich niemals begegnen. Eine Ausnahme würde sie nur dann machen, wenn es so lieb und nett wie die Naga wäre. Nach dem grünen Biest schwebte ein Einhorn vorbei und dann ein ganz normales Pferd. Kurz darauf folgte etwas, das das Herz der Inuyama höherschlagen ließ. "Guck, die Schildkröte sieht fast genauso aus wie die, die ich gewonnen habe!" Stolz hielt sie das Kuscheltier in die Luft, sodass es genau neben der deutlich größeren Version war. Gut, die Haut war etwas dunkler und deutlich detaillierter, aber das waren Kleinigkeiten! Absolut passend bildete der langsame Panzerträger das Schlusslicht der Ballonreihe, nach ihm folgten nur noch einige hübsch gekleidete Tänzerinnen. Als besäßen sie überhaupt keine Knochen rissen sie ihre Beine in die Luft und tänzelten beinahe schon schwerelos über die Straße. Die Äuglein der Weißhaarigen funkelten. So hübsch und geschickt wäre sie auch gerne! Hier und da fing sie einige Bonbons auf, was sie gut davon ablenkte genauso wie Echse die fantastischen Posen nachzuahmen. Sie hätte sich sicher sowieso nur zum Affen gemacht. "Ich glaube du bist ein reines Naturtalent, Zahar!" Auch wenn die Kleine vielleicht nicht mit den erfahrenen Frauen mithalten konnte war das, was sie zustande brachte, ziemlich beeindruckend. Zumindest für Rin. Nachdem schließlich auch die letzte Dame vorbeigezogen war wurde es plötzlich ruhig. Der Paukenschlag und die fröhliche Musik verklangen und selbst das aufgeregte Gequatsche der Besucher schien nun deutlich ruhiger. Die Stimmung schlug um! Was nun wohl folgte? Die schlagartige Stille war garantiert kein Zufall. Einige Sekunden verstrichen, ehe der reihenach all die bunten Lichter, die bisher die Straße erleuchtet hatten, ausfielen. Ganz hinten fing es an und schritt voran, bis schließlich alles in eine angenehme Dunkelheit getaucht war. Nur der Mond und die Sterne am kristallklaren Himmel schenkten nun noch Helligkeit... Zumindest kurz. Auf einmal ertönte ein lautes Zischen und kurz darauf ein 'Peng!' ehe ein roter Funkenregen sich über ihren Köpfen ausbreitete. Daraufhin folgten noch mehr Raketen, tauchten den Horizont in jede Farbe des Regenbogens. Die Explosionen mochten so laut sein, dass die Hundedame ihre Öhrchen zurücklegen musste, doch das farbenfrohe Farbenspiel glich es sofort wieder aus. "Das ist das Feuerwerk, von dem ich dir vorhin erzählt hatte!" flüsterte sie erfürchtig, nahm ihren Blick nicht vom Himmel. Die verschiedenen Töne spiegelten sich in ihren klaren, aufmerksamen Äuglein wieder. Das würde sie sicherlich nie verdienen. Einmal mehr legte sie ihren Arm um ihre Begleiterin, während sie selig vor sich hinlächelte. Die geschickt und perfekt gesteuerten Feuerwerke malten verschiedenste Formen an den Himmel: Sterne, Herzen, Drei- und Vierecke. Und manchmal war es auch einfach nur ein kunterbuntes Durcheinander. Und jedes mal, wenn es wieder 'Peng!' machte, hüpfte das Herz der Hundedame ein kleines bisschen höher.
„Aram Falls...“, wiederholte Zahar den Namen von Rins Gildenmeister. Den würde sie sich merken, schließlich war er wichtig für ihre Freundin! Sie waren allerdings beide nicht in der Lage, all die Namen aufzuzählen, die da oben in der Luft hingen. Das war eine Erleichterung – Zahar hatte schon geglaubt, dass sie sich auf ihrer kindlichen Ignoranz zu sehr ausgeruht hatte. Aber wenn Rin es nicht besser wusste, dann war es wohl okay! Groß und bedrohlich? Sah der Echsen-Ballon für Rin danach aus? Auf Zahar wirkte er eher vertraut, gab ihr ein warmes Gefühl der Akzeptanz, wenn sie daran dachte, dass die Menschen ihre Art so sehr feierten. „Ich hoffe, ich werde ganz, ganz groß und stark“, meinte sie ehrlich. Sie musste! Wenn sie sich gegen die Dämonen wehren wollte, die sie verfolgten, konnte sie nicht ewig ein kleines Mädchen bleiben. Außerdem musste sie jetzt noch viel zu viel beschützt werden. Mareo, Aska, Helena, Shizuka, Fairy Tail als Gesamtes... und nicht nur das! Auch Alexios und Shukketsu und ganz besonders Rin hatten ihr Sicherheit und Schutz geboten, obwohl sie nicht einmal zur gleichen Gilde gehörten! Zahar wollte selbst so werden wie all diese Helden, die in den Gilden Fiores arbeiteten. Nicht mehr nur das niedliche Anhängsel, das beschützt werden musste – sie wollte selbst eine Heldin sein! Eine Beschützerin! Auch wenn sie ein Dämon war, musste sie nicht böse sein. Sie schenkte Rin ein strahlendes Lächeln. „Ich will groß werden, aber nicht bedrohlich! Niemand muss Angst vor mir haben! Ich werde eine Beschützerin, so wie du!“
Dafür, dass Zahar heute gar nicht erwartet hatte, ein Fest zu erleben, war der Tag wirklich toll geworden. Es waren nicht die Essensstände, die Fahrgeschäfte, die Spielbuden, nicht einmal die Parade, die die Erfahrung so besonders machten – es war einfach die Zeit, die sie mit Rin verbrachte, die sie vollends genießen konnte. Sie lachte darüber, dass sie die Plüschschildkröte mit einem der Ballons verglich, und freute sich über das Lob ihrer vermeintlichen Tanzkünste, und jeder dieser Momente fühlte sich einfach... angenehm und warm an. Eine Wärme, die ihr oft fehlte. Ob es daran lag, dass sie beide Tiermenschen waren? Oder war Rin einfach so ein wundervoller Mensch, dass ihre reine Anwesenheit genügte, um Andere glücklich zu machen? Was auch immer es war, Zahar war mehr als froh, so eine tolle Freundin gefunden zu haben.
„Ich habe noch nie ein Feuerwerk gesehen...“ Leise wisperte Zahar, wollte das Schauspiel nicht unterbrechen, während sie mit leuchtenden Augen hinauf in den Himmel starrte und sich an die Inuyama kuschelte. Den dunklen Nachthimmel so zu erhellen... Es war beeindruckend, was man alles schaffen konnte, ob nun mit oder ohne Magie. Es inspirierte die Naga, so wie auch Rin sie inspirierte. Es war bittersüß, als der Glitter des letzten, großen Bildes zur Erde hinab sank, ohne von einer neuen Rakete ersetzt zu werden. Der Himmel, weiterhin erfüllt von einem Hauch von rotem Leuchten und den Sternen, die dahinter warteten, verdunkelte sich langsam wieder und signalisierte damit bittersüß das Ende eines mehr oder minder perfekten Tages. Wie vermutlich viele Anwesende fragte sich Zahar ganz natürlich, wann sie so einen Tag wieder erleben würde, und konnte nicht anders, als noch einmal ihre Arme um Rins Hüfte zu schlingen und sich an sie zu drücken. Sie wollte eigentlich wirklich nicht, dass die Inuyama jetzt schon ging. „Es war echt schön mit dir... Danke, dass du das mit mir gemacht hast“, meinte sie, darauf achtend, ihre eigenen Augen zu verbergen, auch wenn sie damit vermutlich Rins Oberteil ein wenig befeuchtete. „Wir sehen uns auch bald wieder, ja...?“
Das Gespräch mit dem Gildenleiter war beendet und die beiden A-Rang Magier mit einem brisanten Auftrag ausgestattet. Der Celeris hatte nicht gedacht, dass der Tag eine derartige Wendung nahm und warum ausgerechnet Aska und er diese dunkle Gilde zerschlagen sollten, waren doch noch andere und weitaus fähigere Magier anwesend wie Kestis Vale. Allerdings war dieser Auftrag auf der A-Stufe ausgewiesen worden, weshalb sich ein S-Rang Magier wie Kestis sicherlich nicht dazu herabließ. Es war also nur natürlich, dass Magier wie Aska und Mareo nunmehr auch vermehrt solche Aufträge zu erfüllen hatten, nun wo sie entsprechend die Verantwortungen des höheren Ranges trugen.
Mareo freute sich auf jeden Fall darüber, erneut mit Aska in die Schlacht zu ziehen, denn es war nicht nur ihre ungeheure Stärke, die sich für eine solche Mission anbot, sondern auch ihr sympathisches Gemüt. Nach allem was war, war der Halbgott sehr froh darüber, wieder freundlich und respektvoll mit Aska umgehen zu können, ohne das irgendein böses Blut dazwischen floss. Letztlich war es die Vergangenheit beider Slayer, die jeweils für sich außerordentlich besonders war, sie im Hier und Jetzt aber auf eine Wellenlänge brachte. Anders als Mareo, wusste Aska aber das Meiste aus ihrer Vergangenheit noch, während Mareos Erinnerungen erst ab dem 18. Lebensjahr begannen. Alles was davor war, war einfach nicht da, mit Ausnahme der seltsamen Bilder, die er im Wald der Totenstille zurück erlangte. Mareo hoffte also hinsichtlich Aska, dass dieser Auftrag sie noch weiter zusammenschweißen konnte und die wieder aufblühende Freundschaft entsprechend festigte.
Sie willigte ein, einen Kaffee zu trinken und freudig nickte der Halbgott, womit die beiden Magier losspazierten und das Gildenhaus hinter sich ließen. Auf dem Weg zum besagten Bäcker, setzte die van der Velden das Gespräch fort und erkundigte sich nach der Explosion. Mit einem peinlich berührten Lächeln, kratzte sich der Blondschopf am Hinterkopf und richtete seinen Blick daraufhin nachdenklich in Richtung der Kardia Kathedrale. „Ich habe geschlafen wie ein Stein. Die Explosion habe ich nicht wahrgenommen, um ehrlich zu sein“, gab Mareo daher offen zu und sah wieder seitlich zur Heldin. „Dann sollten wir uns nach dem Kaffee noch einmal den Tatort ansehen, nicht das etwas übersehen wurde“, entgegnete Mareo zunächst auf die Erzählungen Askas, die bereits vor Ort war und aufgrund der Explosion dementsprechend müde. Wenigstens musste sich Mareo nun keine weiteren Sorgen machen, denn offenbar war da nichts anderes im Busch. „Sobald wir mit dem Auftrag durch sind, gönnst du dir aber eine große Mütze Schlaf, Aska“, schmunzelte der schwarze Blitz von Fairy Tail.
Der Laden kam bereits in Sichtweite, schließlich lag er auf der Hauptstraße und war damit nicht unbekannt. Mareo kam hier morgens immer vorbei, wenn er zur Gilde ging und nahm sich häufiger etwas mit, um auf dem Weg zu frühstücken. Etwas überrascht sah Mareo in die Augen seiner Kameradin, als sie den Vorfall aus dem Wald der Totenstille ansprach und sich entsprechend erkundigte. Ein eher mildes Lächeln zog in die Züge des Godslayers, der leicht empor zum Himmel sah. „Keine weiteren Zwischenfälle seither“, entgegnete er der Heldin und seufzte. Aber wusste er das? Er wusste ja nicht einmal, was genau das da in seinem Kopf war. Hatte er permanent die Kontrolle oder musste es dafür spezielle Voraussetzungen geben? Mareo wusste es halt nicht und bangte eben auch darum, gesteuert zu werden, während er schlief. Er sah zurück zu Aska. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es mir gut geht. Das Ganze beunruhigt mich sehr, aber ich kann einfach nicht mehr darüber heraus finden“, gestand er und ballte dabei leicht die Fäuste. Es frustrierte ihn.
Dann erreichten sie den Bäcker und Mareo öffnete die Tür, um Aska Einlass zu gewähren. Die freundliche Angestellte kam direkt auf sie zu und erfragte, was die zwei denn haben wollten. „Das übliche, Mareo?“, fragte sie lächelnd und der Halbgott schmunzelte. „Nicht ganz. Heute einen zweiten dazu!“ Der Celeris bestellte also kurzerhand zwei Kaffee, denn Milch und Zucker waren per Selbstbedienung zu erstehen. Während eine Mitarbeiterin den Kaffee in zwei To-Go-Becher abfüllte, bezahlte Mareo die Heißgetränke und sah dann zu Aska. Sie könnten hier zwar gemütlich sitzen, aber für ihr Unterfangen war es wohl besser, wenn sie ständig in Bewegung blieben und eben den Anschein erweckten, die Freizeit zu genießen. In einem Bäckerscafé waren dann doch zu viele neugierige Ohren. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete sich Mareo von den Angestellten und verließ den Bäcker wieder, gefolgt von Aska. Der Halbgott hatte seinen Kaffee mit etwas Milch aufgemotzt, denn gänzlich schwarz war nicht so seins. Draußen an der frischen Luft, blickte er erneut in Richtung der Kathedrale, auf die er dann langsam zulief, blieb allerdings bei einer Parkbank gute fünfzehn Meter weiter stehen und nahm Platz. Die Sonnenstrahlen fühlten sich herrlich an, der Kaffee duftete vorzüglich und hier konnte man viel besser das rege Treiben der Stadt beobachten, ohne aufzufallen. Fairy Tail Magier in Magnolia? Welch Seltenheit…nicht.
„Aska“, sprach er seine Kameradin dann wieder an. „Es gibt da etwas, über das ich mit dir sprechen sollte...oder eher möchte…“, leitete er dann das weitere Gespräch ein.
Dass Mareo tief und fest geschlafen hatte, als es zur Explosion kam, ließ Aska leise schmunzeln. Irgendwie passte das zu ihm. Nicht, weil er so eine Schnarchnase ist, sondern viel mehr, weil Mareo einfach ein lockerer und entspannter Typ war. Nicht so wie sie selbst, die immer angespannt, verbissen und ruhelos zu sein schien. Ob es einfacher wäre, würde sich Aska eine Scheibe von Mareo abschneiden? Einen erholsameren Schlaf hätte sie dadurch allemal. Die Idee, sich den Tatort noch einmal anzusehen, befand die Devilslayerin für gut. „Ja, das machen wir. Und selbst wenn wir nichts mehr finden: Bestimmt wurden sämtliche verdächtigen Fundstücke irgendwo hingebracht. Es schadet sicherlich nicht, danach zu fragen“, erweiterte sie seinen Gedankengang mit einer eigenen Idee. Es wunderte Aska schon ein wenig, wie leicht ihr der Umgang mit Mareo mittlerweile fiel. Kaum zu glauben, dass sie ihm vor kurzem noch ihre Faust ins Gesicht gebrettert hatte. Bei dem Gedanken senkte sie den Blick. Sie sollte dringend an ihrem Jähzorn arbeiten. Hm? Sich eine große Mütze Schlaf gönnen? Aska lachte leicht auf und lächelte Mareo dann ein wenig wehmütig an. „Das liegt nicht wirklich in meiner Natur. Eine große Mütze Schlaf, meine ich“
Es war schön zu hören, dass keine fremde Energie mehr Besitz von ihm ergriffen hatte. Dass seither auch erst wenige Tage vergangen waren, machte die Sache aber nicht unbedingt besser. Das schien auch Mareo bewusst zu sein, denn er seufzte auf und wirkte regelrecht bedrückt. Als er die Gründe dafür erläuterte, wandte Aska ihren Blick von ihm ab und sah wieder geradeaus. Sie war nicht gut darin, einfühlsame Worte zu finden. Sie merkte nur, dass es ihr leid tat, dass es dem Celeris nicht gut ging. „Es ist beunruhigend, ja“, stimmte sie ihm jedoch zu, auch wenn er das vielleicht nicht hören wollte. „Aber du bist nicht allein“, fuhr sie fort und lächelte ihn wieder an. Und vielleicht erinnerte er sich: Ein Schlag von Aska hatte ihn zurück ins Hier und Jetzt geholt. Gern geschehen! „Ich glaube, mit den Geistern deiner Vergangenheit verhält es sich, wie mit dem Dämon meiner Vergangenheit: Sie werden uns finden, nicht wir sie“ Das klang vielleicht nicht gerade tröstend, doch Aska wollte auf etwas hinaus: „Sei also darauf vorbereitet“ Verstand er, was sie meinte? „Und die Bücher, durch die du dich immer quälst, helfen dir nicht dabei. Wann immer ich dich in der Bibliothek sehe, habe ich den Eindruck, dass sie deine Suche nach Antworten eher verschlimmern!“, gegen Ende grinste die Devilslayerin Mareo wissend an. Wenn er sich erinnerte, dann wusste er, dass auch Aska gerne und viel las. Daher sah sie ihn auch öfter in der Bibliothek. Und manchmal schielte sie auch auf die Einbände seiner Bücher.
Freundlich nickte sie dem jungen Mann zu, als er ihr die Tür aufgehalten hatte und betrat die Bäckerei. Dieser Duft! Beinahe entzückt begutachtete Aska all die leckeren Backwaren, welche liebevoll ausgestellt worden waren, während Mareo den Kaffee bestellte. Eigentlich hatte Aska ja schon gefrühstückt.. aber das sah alles so lecker aus! Nein, später. Oder? Verdammt. Mareo bezahlte bereits. „Oh, danke“, entkam es der blonden Heldin überrascht, als auch ihr Kaffee bezahlt wurde. Gemeinsam verließen die beiden die Bäckerei wieder, nachdem auch Aska sich ein wenig Milch in den Becher gegossen hatte. Sich in dem gemütlichen Café zu unterhalten wäre auch nicht besonders schlau gewesen, daher war es so besser.
Der kleine Fußmarsch hatte den heißen Kaffee wunderbar abkühlen lassen, sodass er nun eine perfekte Temperatur zum trinken hatte. Gut gelaunt nahm Aska neben Mareo Platz, welcher sich gerade auf einer Parkbank niedergelassen hatte. Sie dachte sich nicht viel dabei, schließlich war es im Sitzen einfacher und angenehmer, zu trinken. Doch dann leitete er in einem nicht gekannten Ernst ein Gespräch ein, was Aska hellhörig machte. Sie setzte sich gerade hin und drehte ihren Körper ein wenig in seine Richtung, um die ungeteilte Aufmerksamkeit zu zeigen. „Worum geht es?“, fragte sie also gebannt. Irgendwie klang das alles nicht besonders gut.
Die van der Velden hatte völlig recht. Eine Mütze Schlaf war wirklich nichts für sie, die Heldin, die immer einsatzbereit und rastlos war. Aber auch wenn Mareo wusste, dass Aska nicht der Typ für langes Schlafen war, so ließ er sich von diesem Ratschlag dennoch nicht abbringen. Irgendwann holte sich der erschöpfte Körper ohnehin das, was er benötigte und das konnte auch eine Aska van der Velden nicht verhindern. Daher grinste der Halbgott lediglich, während er ein Kichern unterdrückte und das Thema damit aber auch schon beendete. Am Ende des Tages musste ja jeder für sich wissen, wie er sich erholte und wie eben nicht. Mareo wusste eben bereits jetzt, dass er sich mit einem Buch in die Bibliothek verschanzen würde und entsprechend dort einschlief. Es war keine Seltenheit, dass der Godslayer des Blitzes in der Bibliothek der Gilde übernachtete anstatt Zuhause, wo sein Bett stand.
Das Thema bezüglich der Fremdbestimmung des eigenen Körpers war etwas sehr beunruhigendes, wie Mareo empfand. Er konnte schließlich nie wissen, wann und ob das geschah und es einfach nicht kontrollieren. Und da er währen dieser Phase keine Kontrolle über seinen Körper hatte, konnte er nicht einmal seine Kameraden beschützen, stattdessen stieß der fremde Mann sie sogar ab. Aska nannte sie Geister seiner Vergangenheit, hingegen waren es bei ihr Dämonen. Geister war jedoch weit entfernt von der Realität, doch Mareo beließ es erst einmal dabei, da er nicht wusste, ob und inwieweit er darüber sprechen sollte oder wollte. „Sei also darauf vorbereitet“, wiederholte er die Worte der Heldin leicht murmelnd und atmete dann tief durch. Wie sollte er sich darauf denn vorbereiten? Das war nichts, was er irgendwie vorahnen oder vorbestimmen konnte. Als Aska die Bücher zur Sprache brachte, lachte Mareo leicht verlegen. Vermutlich hatte sie recht mit dem, was sie sagte, aber irgendetwas musste der Magier doch unternehmen.
„Dir entgeht auch nichts“, schmunzelte der Blondschopf, denn Aska bekam viel mehr mit, als der Celeris angenommen hatte. Wenn er sich recht erinnerte, wollte sie sich ja auch Bücher von ihm ausleihen, weil sie auch gerne las. Das Schmunzeln entwickelte sich zu einem Lächeln, denn offenbar war Aska auch öfter mal in der Bibliothek. Der Halbgott war einfach immer viel zu vertieft in seinen Lesestoff, als das er andere Anwesende groß bemerkte. Vielleicht hätte er mehr auf seine Umgebung achten müssen, um den Umstand zu bemerken, dass Aska etwas mitbekam. Doch erst einmal holten die beiden Magier Kaffee aus der Bäckerei, verfeinerten ihn beide mit etwas Milch und begaben sich dann zurück auf die Hauptstraße von Magnolia, um auf einer Parkbank Platz zu nehmen. Dort konnten sie den Kaffee trinken, Dinge besprechen und nebenher das gute Wetter genießen. Außerdem konnte man so die Augen nach verdächtigen Dingen offen halten, wenngleich man vermutlich nicht wirklich etwas aufschnappen konnte.
Auf der Parkbank hatte der Celeris dann den Entschluss gefasst, ihr seine Erkenntnisse anzuvertrauen, denn im Wald der Totenstille war mehr geschehen, als die einfache Übernahme seines Körpers mit irrationalen Handlungen. Aska wandte sich ihm zu, wirkte sehr neugierig und gespannt. Es gab Zeiten, da hätte er der Heldin solche Details vermutlich nicht anvertraut, aber nun hatte er das Gefühl, dass sie die einzige Person war, die ihn überhaupt verstehen konnte. Der blonde Mann nippte an seinem To-Go Becher und ließ die heiße aber leckere Flüssigkeit die Kehle hinab laufen, wo sie dann den Magen mit einer wohligen Wärme flutete. Seine goldgelben Iriden suchten den Augenkontakt zur Heldin, dicht gefolgt von einem tiefen Atemzug. „Ich weiß, das klingt sehr verrückt und ziemlich unglaubwürdig, aber…“, begann der Godslayer und blickte dabei ungewohnt ernst drein. „..ich bin ein Halbgott.“ Damit war die Katze aus dem Sack. „Im Wald der Totenstille, diese Person, die mich kontrolliert hat…das war mein Vater“, erzählte Mareo weiter, nahm erneut einen Schluck Kaffee zwischendrin. „Er heißt Zeus und ist ein Gott des Olymps. Als ich dieses seltsame Schwert aus dem Himmel beschworen hatte und es berührte, habe ich ein paar Erinnerungen zurück erlangt“, setzte der Halbgott fort. „Ich war noch ein kleines Kind, aber mein Vater – Zeus – hat mir den Umgang mit diesem Schwert beigebracht. Und mich meine Magie gelehrt“, offenbarte Mareo sogleich. „Ich bin der Godslayer des Blitzes. Deswegen ist meine Magie so schwarz und so sonderbar stark im Vergleich zu einfachen Blitzmagien. Außerdem kann ich Elektrizität essen und fühle mich danach eindeutig besser.“ Diese Informationen ließ Mareo natürlich erst einmal sacken, aber er hatte das Gefühl, dass Aska es wissen musste. Er wusste ja auch von ihrer Vergangenheit, die maßgebend durch einen Dämonen geprägt war. „Ich habe nur keine Möglichkeit, das zu beweisen oder zu überprüfen. Oder mit ihm zu sprechen. Ich habe nur die Bücher, in denen mein Vater sehr mythologisch behandelt wird. Ob das alles wahr ist? Ich mein…ich bilde mir das doch nicht ein…“
Ja, vielleicht hatte Aska leicht reden. Auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, das trieb sie ruhelos an. Doch sie fühlte sich gut, denn ihre Selbstsicherheit und Selbstüberzeugung suggerierten ihr, vorbereitet zu sein. Worauf? Auf ein Wiedersehen mit Fenrir, auf einen unerbittlichen Kampf. Aber auch darauf, sich nicht manipulieren zu lassen.. nicht wieder zu einer Marionette zu werden. Und sich nicht der furchteinflößenden Macht hinzugeben, welche Fenrir ihr eingepflanzt hatte. Natürlich ergriff in diesem Fall niemand Besitz von Aska, doch würde sie sich selbst darin verlieren. Sie würde nicht hilflos von Innen heraus zusehen, nein. Sie wäre die Täterin. Bewusstes Handeln, angetrieben durch dämonische Mächte. Und Aska dachte zu diesem Zeitpunkt wirklich, dass sie darauf vorbereitet wäre. Sie verstand die Sorgen Mareos durchaus, sie kannte diese Gedanken. Doch während sie die Heldin anspornten, schien es den Celeris gefangen zu nehmen. Mareo nahm die Sorgen Ernst, Aska hingegen auf die leichte Schulter. Eigentlich.. könnten sie voneinander profitieren.
Und dann begann er zu erzählen. Etwas Verrücktes uns ziemlich Unglaubwürdiges. Skeptisch neigte Aska den Kopf leicht zur Seite und hob die Augenbrauen. Mareo Celeris ist ein Halbgott? Die Kreuzung eines Gottes und eines Menschen? Aska öffnete den Mund leicht, sagte jedoch nichts. Ihr fehlten tatsächlich die Worte. Sollte sie ihm das wirklich glauben? Er hatte sie schon einmal ausgetrickst. Damals mit dem Blind Date. Ihre Augen verengten sich. Aber.. es stellte sich heraus, dass das ein Missverständnis gewesen war. Der Brief war nie für sie bestimmt gewesen, sondern für Linda. Nein, Mareo war von Beginn an ehrlich gewesen. Ihr Gesichtsausdruck entspannte sich wieder etwas, doch die Skepsis war noch immer darin zu erkennen. Zeus, der Gott des Olymps ist also sein Vater? Mareo erläuterte seine Erinnerungen, die er zurück erlangt hatte und erzählte Aska alles, was er zu wissen schien. Auch, dass Zeus ihm seine Magie beigebracht hatte. Godslayer des Blitzes? Total verwundert wandte Aska den Blick ab, drehte sich wieder gerade auf die Bank und blickte nachdenklich auf ihren Pappbecher. Unfasslich..
...
„Hör mal, Aska, du solltest diese Geschichte wirklich für dich behalten“, meinte Dr. Olman Thalamus und sah der damals vierzehn-Jährigen eindringlich ins Gesicht. „Was meinst du?“, hatte sie verwirrt gefragt. „Naja, was du mir erzählt hast. Dass ein Dämon dich entführt hat, um dich seiner Magie zu lehren. Ihr gemeinsam jahrelang andere Dämonen gejagt und getötet habt. Das meine ich“, erläuterte er ihr besorgt. Man konnte Aska ansehen, dass sie das nicht verstand. „Aber es ist die Wahrheit“, beteuerte sie dem Arzt. „Das mag sein. Und ich glaube dir. Aber andere Menschen könnten dich für verrückt halten, wenn du ihnen solche Dinge erzählst. Verstehst du?“ Die damals jugendliche Aska senkte den Blick. „Ich bin nicht verrückt“
...
Mareo stammelte vor sich hin, sprach sich selbst zu, dass er sich das alles doch nicht einbildete. Aska schüttelte leicht den Kopf und drehte ihn wieder in seine Richtung, ohne Mareo jedoch anzusehen. „Das.. das gibt es“, sagte sie plötzlich. Sie konnte ihn noch immer nicht ansehen, da sie schlichtweg nicht wusste, wie sie zu der Geschichte stand. Doch eines konnte sie ihm schon einmal mitgeben: „Fenrir erzählte mir einst, dass es unter den Menschen in Fiore auch Halbdämonen gibt - die Abkömmlinge von einem Dämon und einem Menschen. Ich sehe nicht, warum es dann nicht auch Halbgötter geben sollte“ Noch immer starrte Aska abwesend den Boden an. Und obwohl ihr bewusst war, dass Mareo zuhörte, so klang sie so, als spreche sie mit sich selbst. „Du bist nicht verrückt. Ich bin es schließlich auch nicht. Und wenn du diese Gestalt, welche dir in deinen Erinnerungen erschienen ist, als deinen Vater und Zeus wiedererkannt hast, dann mit Sicherheit nicht grundlos“ Sie konnte den Halbgott noch immer nicht ansehen. Ein Halbgott! Mareo war ein Halbgott! Und sie? Sie war Aska. Tochter von zwei einfachen Menschen aus einem Dorf, welches anspruchsloser nicht hätte sein können. Ein wahres Landei.
Doch sie musste ihren Frust darüber jetzt schlucken. Es vorerst hinnehmen. Sie wäre Mareo keine gute Freundin, wenn sie nun darüber jammern würde. Also überging sie dieses unangenehm ziehende Gefühl in ihrer Magengegend und drehte ihren Kopf wieder in seine Richtung. Doch den Blickkontakt konnte sie nur für einen kurzen Augenblick aufrecht erhalten. „Godslayer. So, wie ich ein Devilslayer bin? Ich kenne den Effekt, den du beschrieben hast: Du isst Elektrizität, ich Licht. Wir sind uns wohl ähnlicher, als gedacht. Und doch so verschieden“ Einen Moment lang hing Aska ihren Gedanken nach. Ob Mareo als Halbgott in der Lage war, ihre Gedanken zu hören? Fenrir verfügte über diese angsteinflößende Fähigkeit. Oder war das eine Fähigkeit, welche den Dämonen vorbehalten war? Hm, wie dem auch sei. „Ich glaube dir schon“, brach Aska schließlich die kurz aufgekommene Stille und sah ihn wieder an, woraufhin sie sich zu einem Lächeln durchrang. Ein Halbgott. Beneidenswert.
Der Fairy Tail Magier hatte nicht gedacht, dass sein Schicksal dem der van der Velden so ähnelte. Sie beide hatten ein Individuum im Leben, welches für große Fremdbestimmung gesorgt hatte und zugleich eine besondere Magie lehrte. Sowohl Aska als auch Mareo waren Gefangene ihrer eigenen Vergangenheit, auch wenn ihre Herangehensweisen in der Bewältigung dieser Vergangenheiten völlig unterschiedlich war. Mareo war ein Gefangener, Aska hingegen wurde dadurch angespornt. Hinsichtlich dieser Tatsachen, ergänzten sich die beiden Slayer eigentlich wunderbar. Mareo könnte es etwas lockerer nehmen, Aska hingegen etwas ernster. Aber so einfach war das Leben dann nun auch nicht und irgendwie mussten sie da schlichtweg durch. Vielleicht war es auch ein Segen, gar nicht so viel darüber zu wissen? Für einen Augenblick beschlich dem Godslayer das Gefühl, dass Aska es weit schwerer hatte als er, denn offenbar war es mit vielen Erinnerungen verknüpft, die sie nicht mehr haben wollte.
Mareo legte nun alle Karten offen und erzählte von seiner eigentlichen Existenz. Dabei fing er damit an, dass er ein Halbgott und der Oberste Gott des Olymps, Zeus, sein Vater war. Über seine Mutter hingegen wusste er absolut nichts. Und zugleich hatte er die Magie seines Vaters gelernt, was ihn zu einem Godslayer machte und die extrem guten Augen erklärte. Der Blondschopf konnte bei Dunkelheit gut sehen, konnte viel weiter und schärfer sehen als alle anderen und auch Nebel schränkte ihn nicht so sehr ein. Und dieses Leuchten, welches Charon in seinen Augen und als Aura um seinen Körper herum, wahrgenommen hatte, war ebenfalls erklärt. Offenbar reagierte diese Aura in Form einer Resonanz an Orten, in denen die göttliche Kraft stark war, so wie im Tempel vor zwei Tagen. Es waren nicht viele Informationen, über die Mareo verfügte, aber es war ein guter Anfang gewesen. Mareo wollte einfach, dass Aska davon wusste, schließlich fühlte er sich mit dieser Frau verbunden.
Es war auch tatsächlich Aska, die ihm die Angst etwas nahm und bestätigte, dass es so etwas gab. Überrascht schaute Mareo zu seiner Kameradin, während er den Pappbecher hielt. „Wie jetzt? Das gibt es?“, brachte er überrascht hervor und Aska fing an zu erzählen. Sie erzählte von den Halbdämonen in Fiore, die eine Kreuzung aus Dämon und Mensch waren und ging deshalb auch davon aus, dass so etwas mit Göttern und Menschen ebenso möglich war. Es tat gut zu spüren, dass Aska ihn nicht für verrückt hielt und sogar darauf einging. Es wäre schlimm für ihn gewesen, wenn sie ihn nicht ernst genommen hätte. Noch bestand natürlich die Möglichkeit, dass er total auf dem Holzweg war, aber dem war eben nicht so. Insbesondere bei der Magie zog Aska dann die Vergleiche. Er war ein Godslayer, sie ein Devilslayer. Aber beide konnten ihr Element verspeisen. Der Halbgott nahm einen großen Schluck des Kaffees und holte tief Luft, ehe er den warmen Atem zurück in die Luft blies. „Es tut gut zu hören, dass du mir glaubst“, sprach er dann mit sanfter Tonlage und schenkte der Heldin ein Lächeln.
„Ich wusste, wenn ich mich wem anvertrauen würde, dann dir“, fügte er noch an und blickte wieder empor zum Himmel. Noch immer beunruhigten ihn diese Tatsachen, doch ein großer Teil seiner lähmenden Ängste hatten sich in Schall und Rauch aufgelöst. „Jetzt verstehe ich auch wirklich, weswegen meine Magie dem Dämon in Shirotsume nichts anhaben konnte. Ich war einfach nicht kompatibel“, sprach er erneut und lachte dann leise. „Zugegeben…das hat mein Ego echt verletzt gehabt“, gab Mareo zu und sah dann wieder zu Aska. „Danke, dass du mir zugehörst hast“, bedankte sich Mareo noch und beendete das Thema damit vorerst. Er leerte seinen Pappbecher mit dem letzten Schluck und entsorgte ihn im Mülleimer neben der Parkbank. „Am besten wir begeben uns zur Kardia Kathedrale und beginnen dort mit unserer Suche“, sprach Mareo entsprechend leise, damit niemand etwas mitbekam.
Es war schön zu sehen, dass diese Geschichten, welche Aska als Kind das Fürchten gelehrt hatten, nun Balsam für Mareos Seele zu sein schienen. Fenrir hatte viele dieser Erzählungen mit Aska geteilt. Sie wusste daher viel über Dämonen und lernte früh, dass diese Kreaturen schrecklich sind. Dass er ihr all das nur erzählt hatte, damit sie diesen Hass entwickeln konnte, durchschaute Aska noch nicht. Aber ja, es gab Halbdämonen. Eine schaurige Vorstellung! Widerlich. Die Mutter eines Halbgottes zu sein schien hingegen weniger abschreckend zu sein. Wahrscheinlich lag das daran, dass man mit Göttern grundsätzlich etwas Positives, Edles und Barmherziges verband.
Ja, sie waren sich ähnlich. Allein, dass Aska nun im Sonnenlicht saß, gab ihr all die Kräfte zurück. Sie war nicht mehr müde oder abgeschlagen. Sie fühlte sich fit und stark, bereit für den Auftrag. Aber warum war das bei ihr so? Mareo war göttlich, er konnte die Elemente sicherlich wie einen Zauber absorbieren. Aber Devilslayer hin oder her, Aska war doch ein normaler Mensch, oder? Legte man die Normalität ab, wenn man zu lange mit einem Dämon zusammen ist? Hm. Diese Unterhaltung mit Mareo ließ sie immer wieder über solche Dinge nachdenken, doch am Ende des Tages sollte es um ihn gehen. Und anscheinend konnte Aska ihm beistehen, denn er wirkte erleichtert. Sie lachte leicht auf, als er ihr sagte, dass ihr Glaube ihm gut tat. „Ja“, begann sie, „bei all dem Misstrauen, welches ich dir entgegen gebracht habe, ist das sicherlich eine schöne Abwechslung“, scherzte sie tatsächlich und lächelte ihn dann aufrichtig an. „Aber es ist so, ich glaube dir“ Und dann machte Mareo Aska das größte Kompliment, welches sie seit ihrer Trennung von Fenrir gehört hatte. Wenn er sich jemandem anvertrauen könne, dann ihr? Mit tellergroßen Augen starrte sie den Celeris an.
Ein schönes Gefühl, wenn einem solch ein Vertrauen entgegen gebracht wird. Wie ein wertvolles Geschenk, welches man hüten muss, um es nicht zu verlieren.
„Danke“, stammelte Aska noch immer total überrascht darüber, was ihr durchaus anzuhören war. Lächelnd sah sie ebenso gen Himmel, wie Mareo. Ein Glück, dass er gleich über den Dämon in Shirotsume sprach. Aska war froh über diese Ablenkung. Amüsiert grinste sie den Blonden an und drehte ihren Körper wieder in seine Richtung. „Du solltest dich wirklich nicht so schnell verunsichern lassen!“, lachte sie über sein Geständnis, sein Ego sei verletzt worden. Dann hob sie unschuldig die Hände und zog die Schultern hoch. „Ob du es glaubst oder nicht.. auch ich musste bereits Rückschläge verkraften“ BAAM fettes Geständnis! „Dann lernte ich schnell daraus und wurde beim nächsten Mal wieder besser“, endete ihre kurze Anekdote mit einem etwas höher getragenen, stolzen Näschen. Tja, so war sie eben. Zugegeben, während Mareos Ego verletzt wurde, spuckte Aska vor Wut Gift und Galle, aber das musste sie ihm ja nicht sagen. Wahrscheinlich konnte er es sich denken.
Es wurde Zeit, zur Kathedrale zu gehen. Es war auch besser, nicht direkt vom Gildenhaus aus zum Tatort zu gehen. Wer weiß, ob man sich damit bereits verdächtig gemacht hätte? Die leeren Pappbecher landeten im Mülleimer und die beiden Magier marschierten in Richtung Zentrum. „Sag mal“, begann Aska irgendwann die Stille zu brechen. „Verhalte ich mich arrogant?“ Selbstsicher, selbstverliebt, selbstüberzeugt.. Arrogant? Das war keine schöne Eigenschaft. Doch manchmal verhielt sich Aska so, vor allem, wenn sie unsicher wurde. Gespannt wartete sie auf die Einschätzung Mareos. Mal sehen, ob der Weg zur Kathedrale angenehm oder unangenehm wurde.
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01 l 10
Sich ungeniert am Hintern kratzend betrachtete Kai beeindruckt das riesige Gebäude vor sich und stieß einen leisen Pfiff aus. Ein Schild direkt neben dem großen Eisentor verriet ihm, dass er den heutigen Zielort erreicht hatte - die Poststelle von Magnolia Town. Der Blonde schob seine Hände in die Hosentaschen und spähte durch das Gitter; sollte er das Gelände einfach betreten? Eine offensichtliche Klingel fand er nämlich nicht. Plötzlich summte es irgendwo und eine Kamera richtete sich von der erhöhten Mauer neugierig auf seine Gestalt. Das sofort beklemmende Gefühl dabei war ihm noch allzu gut vertraut, weswegen er grinsend in die schwarze Linse winkte und somit das unangenehme Empfinden beiseiteschob. "Wer sind Sie und was wollen Sie hier?", ertönte es skeptisch aus einer Sprechanlage, woraufhin er die andere Hand mit einem zerknitterten Zettel aus der Tasche zog und gut sichtbar vor sein Gesicht hielt. Der Inhalt offenbarte die öffentliche Ausschreibung der Poststelle, die unbeschäftigte Magier darum bat, einen Tag lang als Paketbote einzuspringen. “Ah, willkommen, willkommen! Ich lasse Sie sofort auf das Gelände, einen Moment bitte!” Das Tor machte Anstalten, sich langsam zu öffnen, doch Kai lenkte ein. “Nee, warte mal. Bin ich der Erste hier, oder hat sich schon jemand wegen der Stelle gemeldet?” Um ehrlich zu sein, war das seine allererste Quest als offizieller Magier. Vorher fragte er fremde Leute einfach, ob sie Hilfe bei etwas benötigten und sie ihn dafür entlohnen können, aber er brauchte von Zeit zu Zeit Abwechslung. Jedenfalls besagte ein Handbuch, dass eine Quest mindestens zwei Magier benötigte, zumindest für solch ein niedriges Level. “Sie sind die erste Person.”, kam es kurz und knapp zurück. “Gut, dann warte ich einfach, bis noch jemand erscheint, dann bleibt dir das gleiche Prozedere erspart.” Ein unverständliches Rauschen, aber das Tor wurde wieder geschlossen. Dass die zweite Person erst in ein paar Stunden oder gar nicht eintreffen könnte, war Kai nicht so klar. Vielleicht hatte ja sonst niemand Interesse an Pakete schleppen, wundern würde es ihn nicht, war das vermutlich ein undankbarer Job, der den ganzen Körper abverlangte. Damit hatte der Aviane jedoch gewisse Erfahrung und Training, weshalb ihm die Tätigkeit hoffentlich nicht zu viel ausmachte, war er inzwischen doch ziemlich faul geworden. Von nichts leben wollte er andererseits auch nicht mehr. Er stellte sich an die Seite, wo er die Sprechanlage vermutete und verschränkte locker die Arme, die roten Flügel eng an seinen Körper geschmiegt. “Du kannst mir dennoch erklären, was uns so erwartet, damit du dich nicht wiederholen musst", meinte Kai mehr oder weniger entspannt und ließ den Kopf kreisen. “Ich danke für das Entgegenkommen.”, kam es knirschend wider und der Blonde grinste wissend. Gestresste Personen schätzten die Zuvorkommenheit. “Sie werden von unserem Schichtleiter über die aktuelle Lage informiert und anschließend eingeteilt. Wie in der Beschreibung bereits erwähnt, sollen Sie die verspäteten Pakete ausliefern, die überwiegend an große Firmen adressiert sind, aber auch an vereinzelte Bewohner von Magnolia." Verstehend nickend hakte Kai nach: “Wie heißt der Schichtleiter?” “Masomoto-san.” …
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Kai und Graham # 1 | 10
Als sich Graham am Vorabend beim Nudelsuppenshop den Magen vollschlag, geschah ihm augenscheinlich etwas völlig Eigenartiges. Graham konnte sich noch gut an die verdutzten Blicke des Kochs erinnern, der nur wenige Meter vor ihm an der Bude das Essen vorbereite. Der ältere Herr war wie üblich sehr nett gewesen und hatte den Smalltalk gesucht, während er auf seine Speise wartete und die Tochter des Kochs – ebenfalls angestellt in der Bude – hatte ihm ein seltenes Familienerbstück in Form einer Schneekugel gezeigt. Begeistert hatte der Aker sie entgegen genommen, leicht geschüttelt und….dann geschah das Eigenartige. Plötzlich zerplatzte sie in zig kleine Teile und war unwiederbringlich zerstört, was Graham jedoch keinesfalls überraschte. Dennoch war auch er schockiert, denn warum musste dieser Schub ausgerechnet dann kommen, wenn er dieses Teil in den Händen hielt? Der Koch und seine Tochter waren völlig am Boden zerstört und absolut verdutzt, schließlich konnten sie ja mit ansehen, wie es einfach kaputt ging, ohne das Graham bewusst etwas getan hatte. Was ein Abend!
Auf dem Heimweg hatte der Vagabund wieder einmal das schwarze Brett in Kaiso Town aufgesucht, um sich nach Arbeit umzusehen. Allmählich hatte er sich an diese Form der Berufung echt gewöhnt und bei jedem Auftrag lernte man spannende Leute kennen, die alle ganz besonders waren. Seine haselnussbraunen Augen scannten das Brett und schon hatte er den perfekten Job gefunden: Pakete ausliefern in Magnolia Town. Das klang nach schöner körperlicher und allen voran ehrlicher Arbeit und damit konnte man den Aker immer und immer wieder locken. Entsprechend kontaktierte er den Auftraggeber und wurde für den nächsten Tag nach Magnolia Town bestellt, um diesen Job auch durchzuführen. Mithilfe des Zuges reiste der ehemalige Soldat aus Caelum also durch das halbe Königreich, um die berühmt berüchtigte Stadt Magnolia zu erreichen, von der er bereits so viel gehört hatte. Hier war die große Gilde Fairy Tail ansässig, mit der man sich besser nicht anlegte und allgemein wirkte die Stadt wie ein Urlaubsparadies. Auf dem Weg zur Poststelle von Magnolia, hielt er konsequent die Augen offen und blickte sich interessiert um. Hoffentlich fand sich nach dem Auftrag ausreichend Zeit, sich hier noch etwas umzusehen.
Mit einer großen Vorfreude im Gepäck und dem Strohhut auf dem Schopfe prangernd, stolzierte er geradewegs durch die Straßen der Stadt und hielt dann auf ein Eisentor zu, welches das Postgelände abzuschirmen schien. Graham konnte verstehen, wieso die Poststelle nicht offen zugänglich war, schließlich fürchtete man den Diebstahl wertvoller Pakete. Je näher der Mensch dem Eisentor kam, desto deutlicher konnte er eine wartende Person erkennen, die offenbar entspannt mit einer Freisprechanlage zu quatschen schien. Die Person hatte ein beeindruckendes Äußeres, residierten große rote Flügel auf seinem Rücken und seine Augen schienen stechend gelblich zu sein, was ihm einen ziemlich Animalischen aber auch sehr großartigen Touch gaben. Grüßend hob Graham die Hand und hielt zielgerichtet auf ihn zu, denn augenscheinlich schien auch er bezüglich der Arbeit hier zu sein. „Servus, grüß dich“, sprach Graham ihn zufrieden lächelnd an. „Pakete?“, fragte er dann straight heraus, typisch lakonisch und bloß nicht zu viele Worte nutzend. Falls der Vogeltyp auch wegen dem Job sein sollte, versprach dieser mit einem Schlag deutlich spannender zu werden!
Hin und wieder in die kühlen Hände hauchend ließ der Falcon seinen Blick neugierig über die Hauptstraße schweifen, die mit jeder Minute lebendiger wirkte. Es war noch relativ früh am Morgen, der Himmel mit grauen Wolken verhangen und nur zwischendurch vermochte es die Sonne ihre warmen Strahlen auf die Erde zu schicken. Eigentlich das perfekte Wetter für körperliche Tätigkeiten, die hoffentlich bald losgingen - im Hochsommer würde Kai sich wohl weniger anstrengende Jobs suchen, falls er denn genug Auswahl hätte. Gerade war die Warterei eine kleine Achterbahn der Gefühle; jedes Mal, wenn eine sportlich aussehende Person näher kam, steigerte sich seine Stimmung, nur im nächsten Moment wieder ein Stück weit zu fallen, wenn sie um die nächste Ecke bog. „Ich könnte Ihnen auch den Namen Ihres Kollegen mitteilen.“, kam es nach drei Minuten Stille, weswegen der Aviane erschrak und leicht zusammenfuhr. Es war wirklich was anderes, wenn man mit jemandem von Angesicht zu Angesicht sprach oder mit einer blöden Freisprechanlage beziehungsweise mit einem Geschöpf dahinter, dessen Mimik und Verhalten nicht sichtbar waren. Unberechenbar. Dann gab es also einen weiteren Interessenten, das Wissen war doch immerhin ein Lichtblick. „Nee, lass’ mal“, widersprach Kai erneut und winkte ab. „Das ist mir für den Anfang zu unpersönlich, aber danke für das Angebot.“ Weshalb er sich dennoch über ein Gerät unterhielt, hatte natürlich auch einen Grund: Die Person musste der Falcon nicht kennenlernen. Und den Namen des Schichtleiters brauchte er aus dem geschäftlichen Anlass. Eine gute, reibungslose Zusammenarbeit war dem jungen Mann wichtig, deshalb war der erste Eindruck entscheidend, wie man so schön sagte. Als schließlich ein lächelnder Kerl mit grüßender Hand auf ihn zukam, hoben sich Kais Mundwinkel ebenfalls, er stieß sich von der Mauer ab und lief dem Fremden ein paar Schritte entgegen. "Hey. Na, wie geht’s?“ Sich nach der Gesundheit eines Unbekannten erkunden, sollte man vermutlich erst bei nächster Gelegenheit, aber egal. „Ausliefern?“, beendete der Aviane die spärliche Frage des anderen und nickte gleichzeitig zustimmend. „Ich bin Kai Falcon, wer bist du?“ Der Blonde machte einen Schritt zurück und zeigte mit einem Daumen über seine Schulter zum Tor, um ihm klarzumachen, dorthin zu gehen. „Hab’ schon mal ein wenig mit jemandem von der Poststelle gequatscht, wir müssen wohl zu einem Masomoto, der soll uns erklären, was hier so abgeht.“ In der Hoffnung, der Fremde würde ihm folgen - das war aufgrund der großen Flügel schwierig auszumachen - winkte er wie bei der Ankunft freundlich in die Kamera. „Kannst das Tor jetzt öffnen, mein Partner ist da!“, rief er lauter als nötig, dabei irgendwo hinter sich zeigend. Vor den Männern präsentierte sich beim Betreten des Geländes eine weitläufig überdachte Strecke mit unterschiedlich großen, mittleren und kleineren Karren abseits vom Fuß- und Fahrweg. Drang man weiter vor, herrschte schon bald reges Treiben, Leute rannten mit Paketen unter den Armen hin und her, luden die Karren voll, meckerten zum Teil lautstark, wenn sie zusammenstießen oder Probleme mit dem Fahrzeug hatten. Kais Grinsen war einer schmalen Linie gewichen. „Mann, wie stressig. In der Ruhe liegt die Kraft! … Das hat mal eine alte Frau zu mir gesagt und sie hatte recht damit.", kommentierte er das Durcheinander eintönig und seufzte. Dabei war das nur ein kleiner Teil der Angestellten. „Ey, ihr da! Steht gefälligst nicht nur herum und glotzt bl- Oh! Ihr seid die beiden Herren, die heute aushelfen! Entschuldigt das Chaos, aber das lässt sich zurzeit kaum bändigen.“ Ein kleiner, runder Kerl mit Halbglatze, verschwitztem weißen Hemd und einem Klemmbrett zwischen den Fingern wuselte auf die Magier zu und bugsierte sie irgendwie aus dem Weg. „Mein Name ist Masomoto und ich leite die Morgenschicht. Na ja, ich versuche es zumindest…“ Er wischte sich neu entstandene Schweißperlen aus dem roten Gesicht. „Also, ihr sollt folgendes tun: Pakete auf eine der M-Kutschen verfrachten, so viele wie möglich, und diese anschließend in Magnolia Town ausliefern. Ganz einfach, oder? Schnappt euch da drüben welche und ab geht die Post!“ Ein kläglich lautes Lachen, das langsam verebbt und anschließend peinlich berührtes Räuspern. „Ja… Viel Spaß dabei!“ Die letzten Worte des Masomoto, ehe er wieder davon stürmte und versuchte, seine Leute unter Kontrolle zu bringen. Kai kratzte sich leicht verdutzt den Hinterkopf und zuckte dann mit den Schultern. „Tja, wollen wir?“
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Kai und Graham # 2 | 10
Kaum hatte der strohhuttragende Vagabund das Tor der Poststelle erreicht und Kontakt zur dort wartenden Person aufgenommen, begegnete dieser ihm mit guter Laune und einer kommunikativen Offenheit. Die Flügel waren echt faszinierend und allgemein machte er einen ziemlich lässigen, aber freundlichen Eindruck, daher konnte Graham ihm bereits ein paar Sympathiepunkte ins Hausaufgabenheft kleben. „Bei mir ist alles Knorke“, entgegnete der Aker auf die prompte Frage seines Gegenübers und lächelte dabei zufrieden. „Bei dir?“, warf er die Frage natürlich sofort wieder zurück, doch der Aviane hatte bereits weitergesprochen und den vorherigen Satz des Akers beendet. Es war ziemlich verwirrend zwei Gespräche simultan zu führen, daher nickte er diesbezüglich nur und wartete die weiteren Äußerungen des Falcon ab, der sich auch direkt vorgestellt hatte. „Freut mich. Graham Aker“, antwortete der Vagabund lakonisch. Dann folgten seine Haselnussbraunen Augen die Deutung des Falcon, der auf das Tor zeigte und erklärte, bereits Kontakt aufgenommen und erste Informationen eingeholt zu haben. „Vorbildlich“, grinste Graham und wurde dann Zeuge, wie Kai mit der Freisprechanlage sprach.
Graham schob den Strohhut etwas hoch und betrachtete das Tor, ehe er sich in Bewegung setzte und dem Vogelmann folgte. Die Person hinter der Freisprechanlage bekam direkt eine Anordnung des Falcon und schon öffnete sich das Tor, womit die beiden Männer einen Blick auf eine weitläufig überdachte Strecke mit vielerlei Karren werfen konnten. „Faszinierend“, stieß Graham unbekümmert aus und sah sich genauestens um, denn diese Poststelle beeindruckte ihn sehr. Diese Arbeit würde ihm so viel Spaß machen, dass wusste er bereits in diesem Augenblick. Ob professioneller Postmann seine Bestimmung war? Vielleicht sollte er sich nach dem Auftrag um eine Stelle hier bewerben. Das rege Treiben und all der Stress gefielen dem Aker sehr, doch der Falcon hingegen schien davon nicht sonderlich erfreut zu sein, was er zugleich auch verbalisierte. „Ist wie beim Militär. Druck, Drall, Geschwindigkeit“, äußerte sich hingegen Graham zu Wort. Offenbar waren die beiden Männer auch ziemlich ambivalent in ihrem sein, doch allgemein sollten sie hinsichtlich der Arbeit durchaus harmonieren.
Dann wurden die Magier auch schon angeschrien, wenngleich das Ruder mittendrin herumgerissen wurde, als der Herr erkannte, wen er da gerade zusammenfalten wollte. Das war also der Schichtleiter, der sich sogleich für das Chaos entschuldigte und sich etwas rechtfertigte. „Kein Problem, Kumpel“, winkte der Vagabund sogleich ab. Von seiner militärischen Erziehung war nichts mehr zu sehen, denn Graham verhielt sich sehr unbekümmert und lässig, wollte er doch ein cooler Magier sein. Sie bekamen dann auch schon ihren Auftrag und plötzlich schwenkte das Benehmen von Graham um, denn nun war er offiziell Postmann und dem Herrn Masomoto unterstellt. Schon salutierte er und lächelte freudig dabei. „Jawohl, Chef“, bestätigte er noch lauthals, dann war der Schichtleiter auch schon verschwunden. Kai wandte sich direkt an ihn und zuckte mit den Schultern. „Legen wir los!“, stieß Graham freudig aus. Postmann – ja, das musste seine große Bestimmung sein. Ein bedeutsamer Beruf, eine Verpflichtung, die viele Menschen glücklich machen konnte.
Schnurstracks marschierte er also zu den Paketen, die auf die Kutschen verladen werden sollten. „Wettbewerb?“, fragte er Kai aufgeregt. „Wer am meisten schafft“, fügte er an, um den Wettbewerb noch zu definieren. „Und los!“, läutete er diesen auch sogleich ein, ohne auf eine Zustimmung des Falcon zu warten. Dann hastete der Aker hin und her, schnappte sich stets ein Paket und hievte es auf die Kutsche. Er würde gewinnen, aber sowas von! Natürlich sollte so ein tollpatschiger Pechvogel wie Graham aber auch zügig für seinen Enthusiasmus büßen, denn er griff ein Paket und war gerade im Begriff es auf die Kutsche zu laden, als sich ein Magieschub in seinen Händen bildete, der sich direkt in Crashmagie umwandelte und das Paket dabei in geometrische Formen zerlegte. Die vielen Formen fielen zu Boden und das Paket mitsamt Inhalt damit Zunichte gemacht. „OH NEIN!“, stieß Graham erschrocken aus, fasste sich mit beiden Händen ans Gesicht und riss die Augen weit auf, während er panisch das Missgeschick betrachtete. Also doch kein Postmann werden…
Von Druck, Drall und Geschwindigkeit könnte Kai auch ein Lied singen, allerdings nicht aus militärischen Gründen. Wie nannte sich noch die Elite-Division bestehend aus Magiern, die damals für seine nichterträumte Freiheit sorgten? Ach ja! „Bist du von den Rune Knights?", fragte der Gildenlose ohne Umschweife und musterte Graham diesmal bewusst von der Seite, während die Pakete angesteuert wurden. Einerseits schien der Mann den Körper aktiv zu trainieren, außerdem sah man die dauerhaft aufrechte Haltung im Alltag nicht häufig. Andererseits passten der Strohhut – der ihm durchaus coole Vibes schenkte – und der Hakama nicht wirklich zu einem stolzen Ritter; mehr zu einem Rōnin. Aber was der Vogel aus dem Käfig als erstes lernen musste: Vorurteile richteten vor allem ihre Besitzer. So oder so, Kai hätte mit keiner der beiden überlegten Varianten ein Problem. Er war einfach neugierig, mit wem er heute die ehrenvolle Aufgabe bewältigen musste. Als der Aviane den hohen Stapel erblickte, der in sich zusammenzufallen drohte, knackte er mit einem schiefen Grinsen die Fingerknöchel und- Plötzlich stand ein Wettbewerb im Raum, in dem es hieß, wer am meisten Pakete zu verladen schaffte. Ohne eine Gelegenheit darauf reagieren zu können, sprintete der Aker bereits hin und her, wohingegen Kai noch immer Gesagtes verarbeiten und überlegen musste, ob er überhaupt Lust auf die Anstrengung verspürte und irgendeine Chance auf Erfolg bestand. Je mehr Zeit verging, desto weniger war die Möglichkeit auf Sieg. Nee, jetzt musste er auch nicht mehr damit beginnen. Wahrscheinlich hätte sich der Blonde sowieso nicht darauf eingelassen; der Tag würde ohnehin seine Muskeln hart belasten. Zudem ließ er sich nur sehr ungern unter Druck setzen, denn wie bei der Ankunft des Lagers und das Chaos beobachtend bereits erwähnt: in der Ruhe liegt- Es folgte untypische Laute. Kai fiel das erste Paket vor Schreck aus den Händen, dessen Inhalt klirrend zu Boden ging, was jedoch erstmals für alle Anwesenden unwichtig schien, denn die geballte Aufmerksamkeit der Halle gebührte dem Träger des Strohhuts. Alarmiert wirbelte der Aviane zu Graham herum, der den stummen Schrei mimte und die Tragödie mit großen Augen anstarrte. Auch Kai entgleiste beinahe die Kinnlade, als er zunächst die verstreuten Einzelteile des Paketes nacheinander erfasste und anschließend seinen panischen Partner ansah. Bevor jemand reagierte hörte man schon wütendes Trampeln und Schimpfen aus der Ferne, das schnell näher kam – vermutlich der Schichtleiter. Okay, entweder musste man sofort eine Lüge her, oder die Magier erhielten direkt die Kündigung, obwohl der Job nicht mal richtig anfing. „Keine Panik, Mann", meinte Kai sehr intelligent und klatschte einmal vor dem Aker in die Hände, in der Hoffnung, der Kerl würde aus der Erstarrung erwachen. Zwischen den Komponenten ging der Falcon in die Hocke, er konnte nicht bestimmen, woraus der Inhalt bestand und die anderen bestenfalls ebenso wenig. „Keine Ahnung, wie das passiert ist, aber ich sage einfach, da war was Explosives oder so drin. Aber dafür schuldest du mir was!“ Für eine ausführliche Erklärung war keine Zeit mehr, denn Masomoto war nun in Sichtweite. Der kleine Mann schubste die im Weg stehenden Angestellten offensichtlich sehr zornig zur Seite, stieß mit einem hochroten Kopf und unverständlichem Gemurmel auf die armen Magiebegabten zu. Kai setzte sein unberührtes Pokerface auf, ließ nicht den kleinsten Anflug von Schuldbewusststein durchsickern. Er war ja eh nicht der Schuldige, aber wie sagte man so schön: mitgegangen, mitgefangen und mitgegangen.
„Was zum Teufel geht hier vor!? Was habt ihr getan!? Ihr sollt die Ware nicht zerstören, sondern unbeschadet ausliefern!“ Und das Unheil nahm seinen Lauf. Lässig die Hocke verlassend, breitete der Geflügelte die Arme aus und deutete auf den Schlamassel um sich. „Wir hätten ohne Vorwarnung draufgehen können, das ist passiert.“, konterte er ruhig und runzelte die Stirn, um den Ernst der Lage zu unterstreichen. „Was? Das ist doch Unsinn!", wetterte Masomoto und schüttelte vehement den Kopf. „Mein Partner hat das Paket angehoben, das daraufhin buchstäblich aufplatzte und auseinanderfiel. Wenn ihr solch gefährliche Ware ausliefert, hätten wir das im voraus wissen müssen!“, behauptete Kai weiter und sah zu, wie der Schichtleiter unsicher ein Stück etwas aufhob, um es genauer zu untersuchen. Tatsächlich stutzte er, als ihm das halbe Firmenlogo bekannt vorkam und sich die Adresse zusammenreimen konnte. Was, hatten die hier etwa wirklich gefährliches Zeug lagern? „Nein, nein, das kann nicht sein! Welches Küchengerät kann denn bitte diese Formen anrichten?“ Ah, Scheiße. Der Mann war leider nicht so dumm wie erhofft. Aber das war mal ein Küchengerät, ja? Wohl irgendwas mit Drähten. „Bestimmt war das so ein riesiger, automatischer Eierschneider für zum Beispiel Straußeneier. Die sind doch ganz neu auf dem Markt. Das Teil war vermutlich defekt und der integrierte Lacrima ist durch falsche Spannung oder so explodiert.“ Das Auflachen unterdrückend, erinnerte er sich an ein Flugblatt, das sowas anpries, als guter Koch wie Kai es war, interessierte er sich natürlich für solche Gerätschaften. „Hmm... Und was sagst du dazu, junger Mann? Sagt dein Kamerad die Wahrheit?„ Masomoto betrachtete Graham mit zusammengekniffenden Augen. Der Falcon hob unauffällig einen Daumen, um ihm zu versichern, dass er die Wahrheit über den Eierschneider sagte. Aber ob der Aker reinen Gewissens mitspielen konnte oder am Ende doch lieber seine Tat gestand, war nach dem wenigen Wortwechsel nicht zu enträtseln.
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Kai und Graham # 3 | 10
Gewisse militärische Begrifflichkeiten hatte Graham noch immer in seinem Sprachgebrauch, auch wenn er schon lange kein Teil des caelischen Militärs mehr war. Eine gewisse Erziehung wurde man im Grunde nie los, so merkte der Aker es meistens auch nicht, wenn er militärischen Jargon verwendete. Aber wie Kai in diesem Augenblick richtig analysierte, entsprach seine äußere Erscheinung nicht gerade dem Bild des typischen Ritters, wenngleich er aufgrund des militärischen Verhaltens durchaus Rückschlüsse auf die Rune Knights zog. „Nein, bin ich nicht“, entgegnete Graham lächelnd. „Ich bin ein einfacher Reisender“, fügte er an und bestätigte damit eher das Vorurteil hinsichtlich des Rōnin. Er selbst würde sich nicht zwingend als solcher bezeichnen, allerdings hatte sich viel von ihm nach diesem Sinnbild ausgerichtet. Hätte Graham von den Gedanken des jungen Aviane gewusst, hätte er ihm eine bemerkenswerte Beobachtungsgabe zugestanden. So blieb dieses Kompliment jedoch leider unausgesprochen.
Gemeinsam machten sich die beiden Magier an die Arbeit und beluden eine M-Kutsche mit den Paketen, wie der Schichtleiter anwies. Es dauerte auch wirklich nicht lang, da entwickelte sich das Beladen zu einem richtigen Wettbewerb, schließlich spornte so etwas an und brachte dadurch weit mehr Ergebnisse zustande. Die Männer klotzten ran und beluden die M-Kutsche in rasantem Tempo, bis sich plötzlich ein Crashschub bei Graham löste und das gehaltene Paket gänzlich zerstörte. Der Aker geriet in eine Art Schockstarre und man konnte bereits das laute Stampfen in der Ferne vernehmen. Jetzt gab es Ärger und zwar deftig. Der Job hatte noch nicht einmal richtig angefangen und nun würde Graham schon wieder eine Kündigung erhalten, die es ihm unmöglich machte, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Glücklicherweise war Kai da und reagierte geschwind, so befreite er Graham aus der Schockstarre und sprang für ihn in die Bresche. Ehe der Aker groß darauf reagieren konnte, war der Schichtleiter auch schon da und stänkerte.
Die Augen von Graham waren noch immer groß und ihm saß förmlich der Kloß im Hals, doch Kai blieb souverän und verteidigte das Missgeschick mithilfe einer Notlüge. Wortlos stand der Vagabund da und blickte zwischen den beiden Parteien hin und her, während Kai den Zorn des Schichtleiters über sich ergehen lassen musste. Das war echt nicht fair und der Aviane konnte sich darauf verlassen, dass der Aker das wieder gut machte, denn er war ein ehrenvoller Vagabund. Dann wurde er plötzlich direkt angesprochen und danach gefragt, ob sein Kamerad die Wahrheit erzählte. Er blickte den Schichtleiter verdattert an und sah dann zu Kai, der einen Daumen hochzeigte und ihm so vergewisserte, dass alles passte. Sollte er nun einfach zustimmen und den Schichtleiter für dumm verkaufen? Oder sollte er seine Tat gestehen und die Konsequenzen tragen? Graham senkte seinen Blick und er kniff die Augen zusammen. Graham ballte Fäuste und biss sich auf die Zähne, ehe sein ernster Blick die Iriden des Schichtleiters traf. „Natürlich spricht mein Kamerad die Wahrheit“, bestätigte er also. „Ich habe angehoben. Kaboom. Kaputt“, fügte er lakonisch an ohne dabei ein Gefühl zu erzeugen, als wäre man dabei gewesen.
Dann verbeugte sich Graham vor dem Schichtleiter. „Es tut mir leid. Für den Ärger“, entschuldigte er sich dennoch bei diesem, schließlich war es ja keine Absicht gewesen, ganz gleich was nun wirklich geschehen war und was nicht. „Hmm… Nun gut. Ich werde mich um den Schlamassel kümmern. Macht ihr weiter mit eurer Arbeit“, entgegnete der Schichtleiter unzufrieden. „Aber wehe ihr macht noch etwas kaputt“, drohte er zuzüglich und verschwand dann erst einmal wieder. Der Vagabund atmete erleichtert durch und sah zu Kai, wobei man das schlechte Gewissen deutlich in den Haselnussbraunen Augen des Akers erkennen konnte. „Ich danke dir“, meinte Graham nur und seufzte. „Ich werde das wieder gut machen.“
Ein einfacher Reisender also. Kai bezweifelte die Aussage, wollte aber auch nicht nachfragen, wenn Graham nicht weiter darauf einging. Klar, er hätte gleich begründen können, weshalb er auf diesen Gedanken kam, aber für den Anfang war die Frage wohl doch eher kritisch. Vor kurzem reagierte ein Mann nämlich fassungslos, weil der Falcon ihm ein Kompliment über seinen Körperbau und den Kleidungsstil machte … scheinbar machten Kerle sowas untereinander nicht, oder er geriet einfach an einen Spießer. Das Glück auf eine positive Reaktion wollte er hinsichtlich dieser Erfahrung also erst mal nicht herausfordern; im Grunde war die Mitteilung aber auch gar nicht wichtig. “Verstehe.”, meinte Kai dann nur und beließ es dabei. Absolut bescheuert kam sich der Blonde vor, während er die Notlüge ohne mit der Wimper zu zucken vor versammelter Mannschaft abspielte. Zwar existierte der riesige Eierschneider tatsächlich und er hatte auch keine Probleme mit solch geballter Aufmerksamkeit, aber angenehm war das Ganze trotzdem nicht. Als ob eine große, bekannte Firma ihre Ware nicht sachgemäß verpacken könnte. Eigentlich war es recht offensichtlich, dass er den Schichtleiter für dumm verkaufen wollte. Für einen Moment befürchtete Kai wirklich, Graham spuckte lieber die Wahrheit aus, als er den Blick senkte und die Augen schloss. Das Verhalten schrie quasi nach fetter Lüge, doch dann erhielt er zum Glück doch noch Zustimmung vom Kollegen. Erleichtert stieß er die Luft aus, als auch Masomoto mehr oder weniger von der Geschichte überzeugt war, eine Warnung fallen ließ und seine gespannt glotzenden Mitarbeiter wieder an die Arbeit scheuchte. Besser als die sofortige Kündigung. “Kein Ding. Immerhin stecken wir da beide drin.”, erwiderte Kai mit einem schiefen Grinsen und fuhr sich über die feuchte Stirn. Kaum angekommen, war die erste Hürde erklommen. Vielleicht war das sogar die größte an diesem Tag! Jetzt ging es aber wirklich an die Arbeit. Als das letzte Paket sicher verladen war, schwangen sich die beiden Magier auf die M-Kutsche und der Aviane begutachtete das Steuerpult, neben der eine unkomplizierte Anleitung klebte. Es gab einen Knopf für An- und Aus, Hebel für das Beschleunigen, Drosseln, Bremsen und ein Lenkrad. “Hast du so ein Teil schonmal bedient? Ich noch nicht.” Er startete das Gefährt, das leise surrend erwachte und auf weitere Anweisungen wartete. Vorsichtig zog Kai einen Hebel und die Kutsche rollte langsam nach hinten. Durch den hohen Stapel Pakete war er so gut wie gar nicht in der Lage auf freie Sicht. Doch dann entdeckte er kleine Spiegel an den Seiten, die ihm genau diese boten. “Wir können uns abwechseln, was hältst du davon?” Das wäre zwischendurch auch eine gute Gelegenheit für Pausen, wenn das Geschleppe doch zu anstrengend werden sollte, zudem war man nicht nutzlos, wenn man für das Fahrzeug zuständig war. Das Ding samt Ware und dem Aker aus der Halle bewegend, hielt der Falcon vor dem Tor. “Hast du die Stadtkarte mit den Haltepunkten bereit? Ich glaube, das erste Haus war noch relativ in der Nähe aufgelistet." Als das Tor offen stand, tuckerten die Gildenlosen hindurch auf die belebte Straße und reihten sich brav ein. Irgendwie war Kai ziemlich nervös und gleichzeitig konzentriert, immerhin wollte und durfte er keinen Unfall bauen. Nun kam ihm die Idee mit den Pausen doch eher schwierig vor … vermutlich war das Schleppen und Ausliefern doch das kleinere Übel. Er wischte sich die schwitzigen Hände an der Hose ab und betätigte den Hebel nach vorn, bremste und stoppte, wenn es nötig war, hin und wieder erst haarscharf. “Mann, finde ich gar nicht so einfach, auf alles gleichzeitig achten zu müssen!”, meinte Kai ehrlich und lachte angespannt.
Graham Low-Budget Traveller
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C-Rang: Ihr Paket konnte leider nicht zugestellt werden
Kai und Graham # 4 | 10
Es war erstaunlich wie schnell der Vogelmann reagiert und die Situation unter Kontrolle gebracht hatte, denn der Aker war noch völlig überfordert gewesen. Eigentlich war Graham ein Mann von Ehre und daher nicht abgeneigt, dem Schichtleiter die Wahrheit anzuvertrauen und jedwede Konsequenz dafür zu tragen, doch bevor er überhaupt in diese Bredouille kam, war es Kai, der ihn rausboxte. Damit lastete sich der Falcon aber auch die Schuld einer Notlüge an, die Graham nun decken musste, denn würde er auf sein Ehrgefühl hören und die Wahrheit aussprechen, hätte er Kai verraten. Hier stand er nun also zwischen den Stühlen des Ehrgefühls und der Kameradschaft, die Kai so fulminant unter Beweis gestellt hatte. Für einen Augenblick hatte er den Blick gesenkt und mit seinem Verhalten durchaus durchblicken lassen, dass der Falcon hätte lügen können, doch entschied er sich kurzerhand für die Kameradschaft und stand Kai bei. Der Schichtleiter kaufte es ihnen mehr oder minder ab, scheuchte sein Personal zurück an die Arbeit und akzeptierte die Umstände zunächst. Graham hatte sich aufrichtig bei ihm bedankt und ihm versichert, es wieder gut zu machen.
„Du bist ein ehrwürdiger Mann“, komplimentierte der Aker den Vogelmann, der den Umstand locker hinnahm und noch einmal darauf zu sprechen kam, dass sie hier ja gemeinsam drinsteckten. Das Lächeln im Gesicht des Reisenden war nicht zu übersehen, aber auch die Erleichterung war deutlich spürbar, war schließlich jedwede Anspannung in dieser Situation vorerst verloren gegangen. Gemeinsam verluden sie noch die restlichen Pakete und beendeten damit den ersten Teil ihrer heutigen Arbeit erfolgreich, abgesehen von dem einen Paket, welches nicht länger existent war. Glücklicherweise gab es keine weiteren Zwischenfälle beim Verladen, weswegen sie nicht noch einmal in eine derart unangenehme Lage geraten waren. Die beiden Männer stiegen in die M-Kutsche und betrachteten zunächst das ihnen unbekannte Fahrzeug, welches glücklicherweise mit einer Anleitung ausgestattet war. Auf die Frage hin, ob er so eine Gerätschaft schon einmal bedient hatte, hob er nur nichtsahnend die Schultern. „Ich auch nicht“, fügte er verbalisierend hinzu, nachdem Kai seinerseits bereits erklärte, es bisweilen nicht bedient zu haben.
Dennoch wagte sich Kai an den ersten Versuch und setzte die M-Kutsche in Bewegung, was offenbar nicht ganz so leicht zu sein erschien. Dann erreichte ihn der Vorschlag, sich abzuwechseln und Graham nickte. „Klingt gut“, antwortete der Vagabund kurz und lakonisch, wie immer, denn großartig ausgefallene Antworten suchte man bei ihm stets vergeblich. Sie reihten sich beim Tor ein und schon mussten sie herausfinden, wie ihre Route definiert war, um die Pakete auch alle ausliefern zu können. Wortlos kramte der Aker in den verfügbaren Unterlagen und holte eine Karte hervor, auf denen Haltepunkte eingezeichnet waren. „Sieht gut aus“, kommentierte er ohne tiefergehende Informationen und dann konnte es allmählich auch schon losgehen. Kai fuhr das Fahrzeug gemächlich und vorsichtig, aber doch vernünftig, allerdings schien er deutlich angespannt. Kurzerhand legte Graham seine Hand auf die Schulter des Vogelmannes und nickte ihm lächelnd zu. „Wir schaffen das“, versicherte er ihm und konzentrierte sich dann wieder auf die Karte. Als Mitfahrer oblag es immerhin seiner Verantwortung, den Falcon richtig zu lotsen, während er sich auf das Fahren konzentrierte.
„Links“, „Rechts“, „Geradeaus“, „STOPP!“, waren so die einzigen Kommandos, die er dem Fahrer erteilte. Leider war Graham nicht gerade das größte Kartengenie und hatte daher die meisten Kommandos ebenso haarscharf ausgesprochen, wie Kai zu bremsen in der Lage war. Die beiden Reisenden brauchten dringend noch etwas Übung, aber noch war nicht aller Tage, denn wer wusste schon, wie fähig sie am Ende des Tages sein würden. Holprig und eher unbeholfen erreichte das Duo dann den ersten Stopp, also schwang sich Graham aus der Kutsche und suchte vom Laderaum das richtige Paket. Glücklicherweise hatten sie die Kutsche so beladen, dass sie anhand ihrer Route optimal ausladen konnten. Graham stiefelte zur Tür, betätigte die Klingel und wurde nach wenigen Augenblicken eingelassen. Leider war es ein hochstöckiges Mehrfamilienhaus und die Abgabe fand natürlich ganz oben statt. Schwer atmend schwang sich Graham danach wieder in die Kutsche. „Das waren viele Treppen“, kommentierte er schnaufend und schon konnte es weiter. Und wieder: Links, Rechts, Geradeaus, STOPP! Es wurde besser...irgednwann…bestimmt.
Kai konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, ehrwürdig hatte er in Verbindung mit seiner Person noch nie gehört. Es fühlte sich befremdlich an. “Bin ich das? Danke.” Das war nichts Schlechtes, also einfach mal das Kompliment annehmen, auch wenn er sich selbst kaum so betiteln würde, schließlich war das Handeln eher von egoistischer Natur. Jeder andere hätte doch zumindest etwas Ähnliches getan, damit man den Job möglichst behalten durfte. Oder etwa nicht? Aber eine Sache interessierte ihn noch, jetzt, da die vielen Ohren aus der Nähe verschwunden waren … “Passiert dir der plötzliche Ausbruch von Magie öfter?” Wenn das tatsächlich der Fall war, hing der Auftrag die ganze Zeit über am seidenen Faden. Es wäre eine Katastrophe, wenn auch die M-Kutsche in tausend Teile zerlegt wurde. Diesen Schaden konnten die beiden Reisenden vermutlich ein Leben lang abbezahlen und der Blonde war nicht einmal Schuld daran. Da musste er die Ehrwürdigkeit dann aber ganz schnell an den Nagel hängen, die Beine in die Hand nehmen und abhauen! “Das ist … schade.”, meinte der Falcon konzentriert, während er den Knopf drückte und die Hebel in Bewegung setzte. Er hätte nach einem erfahrenen Fahrer fragen sollen. Wobei, das waren auch gleichzeitig die Lieferanten, die zur Zeit Mangelware darstellten. Als er die bestärkende Hand auf seiner Schulter spürte, warf er Graham einen Seitenblick zu und nickte mit einem Grinsen zustimmend, ehe das Gefährt den Weg auf die offene Straße fand. Es war alles andere als einfach, blind auf die Anweisungen des Akers zu reagieren, zwar hatte Kai keine Links-Rechts-Schwäche, doch wollte das Hirn hin und wieder, dass er durch den Druckt die andere Seite wählte, konnte die fatale Entscheidung aber abwenden. Normalerweise war er wirklich die Ruhe selbst, aber bei neuen und unbekannten Dingen war das natürlich anders. Auch die eindringlich laute Stimme des Kollegen, wenn die Sache knapp wurde, hielt die Gelassenheit auf Abstand. Als die Kutsche, die Fahrgäste und die Ware heil beim ersten Stop ankamen, lehnte der Aviane mehr als erleichtert in den Sitz zurück und stöhnte. “Wow, was für ein Akt.” Er rutschte auf die Beifahrerseite, sobald sich Graham vom Gefährt schwang und das bestellte Paket dem glücklichen Kunden überließ. Es dauerte einen Augenblick, da das Mehrfamilienhaus ziemlich hoch gebaut war, wahrscheinlich musste der Arme alle Stufen mitnehmen, die dort existierten. “Das glaube ich dir!”, meinte der Geflügelte leicht schockiert, als der Dunkelhaarige schnaufend zurückkam. Dabei wirkte der so sportlich! Er rutschte zurück auf den Fahrerplatz und atmete einmal tief ein und aus, ehe er die Steuerung wieder in Angriff nahm, um die restlichen Pakete loszuwerden. Nicht weniger gestresst fuhr er durch die Straßen, die Strecke war diesmal etwas länger und verwinkelter. Kai fluchte zwischendurch lautstark, ein Unding, welches bei ihm nur sehr selten vorkam; eigentlich gar nicht. Die Welt eines Fußgängers war deutlich entspannter. “Nach dem nächsten Halt fährst aber du, Graham!”, grummelte der Blonde und parkte mehr schlecht als recht ein. Diesmal stieg er selbst aus, wühlte sich einen Moment durch die Pakete und trat mit dem gefundenen Karton zurück. Wirklich schwer war der nicht, ein Glück! Allerdings schien irgendeine Flüssigkeit die Pappe langsam aber sicher zu durchweichen. Oh, oh. Hilfesuchend schossen die hellen Augen zu seinem Kollegen hinauf. Vorsichtig schüttelte er den Karton, dessen Inhalt leise klirrende Geräusche von sich gab. Vermutlich hatte die Polsterung versagt. “... Ich fürchte, da ist kaputte Ware drin.” Das konnte doch echt nicht wahr sein, nicht schon wieder. Seine Hände klebten, er roch zögernd daran. “Wein oder so”, schätzte er und seufzte. In der Nähe stand ein großer Müllcontainer, den der Falcon direkt ansteuerte. “Ich suche nach einem neuen Karton und stecke diesen dann einfach in den Trockenen.”, erklärte der Aviane dem Aker, hielt dann aber inne. “Oder hast du vielleicht eine bessere Idee?” Es wäre wahrscheinlich total auffällig, wenn sie den Karton einfach öffneten und den Karton austauschten, außerdem war das Öffnen verboten. Wer haftet eigentlich für die beschädigte Ware? Der Absender oder tatsächlich der Lieferant? Hmm … Am liebsten würde er einfach so tun, als wäre das Paket verschwunden beziehungsweise es wäre gar nicht unter den anderen dabei gewesen.
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