Hauptstraße von Magnolia

Shizuka war guter Dinge, dass ihre Kollegin ihren Job gut machen und die Vermissten schnell in Sicherheit bringen würde. Sie selbst blieb indes vor Ort, um auf die Verbrecher zu warten, sie zu stellen und dann dingfest zu machen. Spätestens als der alte Mann und seine Komplizin hinter der Kellertür zu hören waren, konnte sie sich auch sicher sein, dass Ariane und den Befreiten keine Gefahr mehr drohte. Immerhin hatten letztere von nur zwei Verbrechern berichtet. Dementsprechend gelassen und voller Selbstsicherheit strotzend, gab sich die Otorame den Kriminellen dann zu erkennen. Sie legte einen kleinen Auftritt hin, bei dem sie trotz der Tatsache, dass sie das Schloss der Zelle ja zerstört hatte, mit ihrer Geisterrüstung durch die Gitterstäbe hindurch trat. Alles für die Show und die sollte auch einen Effekt haben. So zeigten sich die beiden Verbrecher deutlich eingeschüchtert. Immerhin stand vor ihnen eine bekannte S-Rang Magierin der hiesigen Gilde, die ein klein wenig auch ihre Macht demonstrierte. So richtig wussten die Zwei nicht, was sie nun tun sollten. Der Ältere schickte seine Kameradin vor, die nach kurzem Zögern dann auch handelte. Sie reckte ihren Arm nach vorne und ließ daraus Weinreben hervorschießen, die sich um Shizuka wickeln sollten, um sie an Ort und Stelle zu fesseln. Die Weißhaarige grinste lediglich, ließ den Zauber einfach über sich ergehen. Es wurde immer deutlicher, dass sie mit ihren Gegnern spielte. Ihr Blick wanderte zu dem Alten, der ein Messer zückte, mit dem er sie nun angreifen wollte. Aber er hatte die Rechnung ohne Ariane gemacht. Diese war nämlich just in diesem Moment wieder zurück, überwältigte den Mann auf Distanz und eignete sich unverzüglich sein Messer an, damit niemand anderes damit Schaden anrichten konnte. “Ah, du bist zurück!“ Der Blick der Otorame war noch weiter gewandert, hin zu ihrer Kollegin. Dass sie zurück war bedeutete, dass die Männer endgültig in Sicherheit waren. Sie konnten diese Sache also nun zu Ende bringen. Innerhalb der Zeitspanne eines Wimpernschlags wechselte Shizuka erneut ihre Rüstung. Der Fessel mit ihrer natürlichen Körperkraft nicht gewachsen, nutzte sie die Macht der Fairy Armor, um diese kurz zu boosten und dann mit einem kurzen Muskeln anspannen, ohne sich weiter zu bewegen, die Weinreben um sich herum einfach platzen zu lassen. Feine Feenflügel tauchten unter den niederrieselnden Rankenresten auf, die sich sogleich wie ein entpuppender Schmetterling entfalteten. Ein kostbares Diadem hatte sich auf das Haupt der Magierin gelegt. Ihre Waffe in die rechte Hand genommen, setzte sie sich gleich in Bewegung. Shizuka richtete die Linke gen Boden, um diesen durch Freezing Ground mit einer Eisschicht zu überziehen. Sie feuerte einen Ice Stream auf den Kaktus, rutschte dann durch Ice Skating spielerisch auf der Eisfläche in Richtung der Magierin, die sie schließlich einfach wie ein Eishockeyspieler umtackelte. Auf halbem Wege zerteilte sie den angeeisten Kaktus mit ihrer Klinge und noch bevor sich die Gegnerin wieder aufrichten konnte, stand Shizuka auch schon vor ihr aufgebaut, ihr die Klinge unter die Nase gehalten. “Die Zeit der Experimente ist vorbei. Ihr werdet nun sehen, wie es von der anderen Seite der Gitterstäbe aussieht.“, grinste die Weißhaarige der Frau frech entgegen. Dann wanderte ihr Blick erneut zu Ariane. “Schnapp dir den Greis, dann liefern wir sie an die Behörden aus.“, richtete sie an ihre Kollegin. Ihre Waffe noch immer auf die feindliche Magierin gerichtet, schaute die Ritterin an sich herab. Sie erkannte unzählige feine Nadeln, an ihrem Arm, ihrer linken Seite und ihrem Oberschenkel. Manche davon spürte sie so langsam, andere waren vermutlich in ihre Rüstung eingeschlagen. Blut breitete sich auf ihrem Körper aus. Da hatte sie sich wohl von dem Kaktus treffen lassen, ohne es im Eifer des Gefechts zu merken. “Ah, das wird eine Arbeit, die alle rauszuziehen.“, seufzte sie. Vielleicht ließ sie diese Arbeit lieber jemanden im Krankenzimmer der Gilde machen.

Die Kräfte der seltenen, sehr teuren und magisch wirklich starken Rüstung waren Shizuka tatsächlich eine gute Stütze. Zumindest, solange die Rüstung ihre magischen Kräfte noch behielt.

Nichtsdestotrotz hatte die Magierin bei ihrem Vorpreschen auch Treffer einstecken müssen. Treffer, die ihr im ersten Moment gar nicht aufgefallen waren. Erst, als sie die Verbrecherin überwältigt und dingfest gemacht hatte, bemerkte sie das eigenartige Gefühl in ihrer Flanke. Spätestens als das Blut aus feinen Stichen austrat, war ihr klar was geschehen war. Das waren jedoch verkraftbare Treffer, dafür, dass diese dreisten Entführer gefasst waren. Wofür hatten sie denn auch ein Krankenzimmer in der Gilde? Es waren die Worte der Grünhaarigen, die ihre Aufmerksamkeit gleich darauf erhaschten. Leicht nervös, unsicher wie sie mit dem Lob ihrer Kollegin umgehen sollte, rieb sie sich mit einer Hand den Hinterkopf. “Du hast mir aber auch sehr geholfen.“, gab sie zurück. Es stimmte, mit diesen Verbrechern wäre sie bestimmt auch alleine fertiggeworden. Ganz bestimmt sogar, doch darum ging es ja gar nicht. Die Gilde lebte Zusammenhalt und das bedeutete auch, dass nicht jeder sein Ding machte und Probleme alleine in die Hand nahm. Miteinander unterwegs zu sein und Abenteuer wie dieses zu erleben, schweißte zusammen. Man konnte auch von seinen Kameraden lernen.
Schließlich fiel auch Ariane auf, dass ihre Kollegin sich etwas eingefangen hatte. “Ach… ja, hab ich vor. Aber erst liefern wir dieses Gesindel ab.“, erklärte sie ihr, ehe der Blick Shizukas auf die Wunden der Grünhaarigen fielen. “Oh, du hast ja auch was abbekommen.“ Tatsächlich war sie ein wenig überrascht davon. Schließlich hatte sie mitbekommen, dass ihre Kollegin weiter im Hintergrund stand. Da sie selbst durch das Feuer des Kaktusses gerast war, waren eigene Treffer nur eine logische Folge. Dass die Pflanze auch auf Ariane geschossen hatte, war ihr aber im ersten Moment entgangen. Verständlich, hatte sie ihren Fokus doch auf die feindliche Magierin gerichtet. “Dann können wir ja gleich zusammen hin.“, grinste sie breit.
Die Verbrecher abzuliefern war schnell getan. Sie führten sie durch die Stadt, ernteten einige neugierige Blicke von Passanten, bis sie sie schließlich den Runenrittern übergaben. Bereits dort vor Ort trafen sie dann auch wieder auf die vermissten Männer, die dazukamen um ihre Zeugenaussagen zu tätigen. Sie hatten auch ihre Frauen, gewissermaßen die Auftraggeber im Schlepptau, die sich sogleich überschwänglich bei den Magierinnen bedankten. Shizuka konnte nicht anders als daran zu denken, wie sie ihren Kerlen zuerst Untreue nachgesagt hatten. War ja alles nochmal gut gegangen. “Auf zur Krankenstation? Das wird mit Sicherheit brennen.“ Ob Shizuka sich danach ob des Erfolges ein Bierchen gönnen würde? Die ganze Action zum Schluss hatte jedenfalls dazu beigetragen, dass sie ihren Kater überwunden hatte und dementsprechend wieder aufnahmefähig war.