Ortsname: Heather Town Art: Ortschaft Spezielles: --- Beschreibung: Heather Town ist ein etwas abgelegenes, heimeliges Städtchen im Süden des Reiches. Die meisten Gebäude sind im Fachwerkstil errichtet worden und stehen um einen großen Platz herum, der als Zentrum dient. Um den Ort liegen mehrere Gehöfte, die offiziell noch zu Heather zählen, aber bis auf den Markttag kaum Kontakt zu der „Stadt“ haben. Wichtige Bauwerke sind nur das Rathaus und eine eher baufällige Kapelle.
Change Log: Sobald sich innerhalb des Rollenspiels etwas an dem Ort ändert, wird es hier kurz vermerkt.
Als der Wellengang stärker wurde, bestätigte sich, was Álvaro bereits antizipiert, hatte: Der alte Olaf wusste, wie er mit seinem Schiff umzugehen hatte. So gut, dass Im Gegensatz zu Lasciel und Álvaro, schien Solomon ein wenig mehr Interesse an den Geschichten des alten Seemanns zu haben, doch auch seine Geduld fand irgendwann ein Ende. Als Solomon den Mann dann direkt nach den Inhalten des Auftrags fragte, wandte Álvaro sich von der angenehmen Ruhe der See ab und lauschte dem Gespräch zumindest mit einem Ohr. Ein Berg voller Gold? Es klang alles wie ein Märchen, aber auch wenn Olaf viel reichlich ausgeschmücktes Seemannsgarn von sich gab, hatte Álvaro nicht den Eindruck, dass er die Magier belog. Damit könnte man sicher einiges finanzieren… Als waschechter Bosco, hatte Álvaro selbstverständlich nicht nur sein aktuelles Geld ausgegeben, sondern bereits Pläne, wie er die nächsten Einnahmen direkt wieder in Umlauf bringen konnte. Ein Berg voller Gold würde da wirklich nicht ungelegen kommen. Ganz nebenbei wäre er sicher auch nützlich, um seine Cousine (@Esmée) das ein oder andere Mal zur Vernunft zu bringen – oder auch einfach ruhig zu stellen. Ob die Geschichte des Fischers wirklich stimmte, würden sie bald herausfinden, denn als Álvaro sich in Erwartung an erneutes Seemannsgarn wieder von dem Meer widmete konnte er in der Ferne einen Gipfel erkennen.
„Ist das die Insel?“, fragte er und hoffte, dass es tatsächlich die Insel war, denn ansonsten hatte Olaf bestimmt auch zu dieser Insel eine passende Geschichte parat, die Álvaro heute – und vermutlich auch an jedem anderen Tag – reichlich wenig interessierte. „Ja. Das ist die Insel, die den Schatz von Crook Wither versteckt hält.“ Eine merkwürdige Ernsthaftigkeit lag plötzlich in der Stimme von Olaf, der den Gipfel mit glitzernden Augen fixiert hatte. Einige tiefe Wolken umspielten den Gipfel und als sie sich der Insel weiter näherten kamen langsam Wälder, Klippen und – nach einiger Zeit – auch Sand in Sicht. Nicht mehr lange und sie würden irgendwo an der Insel anlegen, weshalb es nun doch Zeit für Álvaro war, eine Frage zu stellen, die ihm schon seit Beginn des Auftrages im Kopf herumschwirrte. Die Antwort Olafs war nicht relevant für seine Teilnahme an der Mission, denn wenn dieser Berg wirklich einen Schatz beherbergte, war es jedes Risiko wert. Trotzdem würde die Antwort jetzt nützlich sein, falls Olaf etwas verbarg: „Was erwartet uns auf der Insel? Du teilst deinen Schatz sicher nicht mit uns, um ein paar Träger zu haben.“ Olaf war ein exzellenter Seefahrer. Er hatte die Magier garantiert nicht gebraucht, um das Boot hierher zu bringen. Darüber hinaus hatte er es auch beim ersten Mal wieder allein von der Insel geschafft. Vielleicht etwas überhastet, denn er hatte immerhin nur einen kleinen Teil des Schatzes mitgenommen, wenn es ihn wirklich gab. Würde man wirklich das Risiko eingehen, dass jemand anderes den Schatz findet, bevor man selbst zurückkehren kann? Vielleicht, wenn es einige nicht ganz ungefährliche Komponenten gab, die zwischen all dem Seemannsgarn noch nicht zur Sprache kamen.
Álvaro löste seinen Blick erneut vom Meer und betrachtete das Gesicht von Olaf. Zeigte es vielleicht irgendwelche Anzeichen von Nervosität? Oder wollte der Mann wirklich nur auf Nummer sicher gehen? Es wäre schließlich auch möglich, dass der Schatz so groß war, dass es ihm nichts ausmachte etwas davon abzugeben.
Nun, immerhin schien Olaf recht entspannt zu sein, trotz des stetig stärker werdenden Wellengangs. Dann gab es vermutlich auch keinen Grund zur Sorge und Solomon konnte sich ruhig zurücklehnen. Ein sinkendes Gefühl in der Magengrube gehörte zu einem ordentlichen Abenteuer schließlich auch dazu. Also lehnte sich Solomon ein wenig zurück (soweit dies in einem kleinen Fischerboot ohne Reling möglich war) und lauschte aufmerksam Olafs Erzählung über seine erste Ankunft auf der Insel. Sein Seemannsgarn hatte der alte Fischer wohl wirklich gern und er besaß auch eine gewisse Gabe fürs Erzählen. Vermutlich war er einer der Leute, die oft in der Bar (oder andere Räumlichkeiten, die Heather Town vielleicht besaß) saßen um all jenen Geschichten zu erzählen, die zur Tür hereinkamen. Trotzdem verzog Solomon etwas die Miene. Gold, Schmuck, Juwelen... es klang zu schön um wahr zu sein und es kribbelte den Kater schon in den Fingern, selbst ein Ruder zu greifen, damit sie die Insel schneller erreichten. Aber etwas stimmte für ihn nicht. Es erschien ihm ein wenig zu einfach. Eine Höhle, mit einem tiefen Gang, an dessen Ende ein Piratenschatz versteckt war. Reine Fußarbeit. Kein ordentliches Abenteuer, kaum eine echte Schatzsuche! Solomon revidierte diese Meinung, als plötzlich die Insel zwischen den Wellen auftauchte, fast so, als wäre sie mit einem Mal aus dem Meer aufgestiegen. Ein großer Berg, um dessen Spitze schwarze Wolken kreisten...Fast als wäre der Gipfel das Zentrum des Sturms. Hier gab es bestimmt Gefahren, für die drei Magier mehr als angebracht waren. (Sehr gut.) Alvaro schien denselben Gedankengang zu haben und Solomon lauschte Olafs Antwort gespannt. "Na, damit uns keiner zuvorkommt!" lachte der Fischermann. "Zu viert ist man viel schneller und," er zwinkerte Alvaro zu, "ich könnte nie alles auf einmal tragen!" Solomon legte irritiert die Ohren an warf Olaf einen bösen Blick zu. Wie groß konnte dieser Schatz wirklich sein, wenn er auf dieses kleine Boot (dessen vier Passagiere bereits recht gedrängt sitzen mussten) passen sollte? Nun gut, es könnte eine Truhe (jeder ordentliche Piratenschatz war in einer Truhe) sein, die einfach zu schwer war für eine Person. Gold und Juwelen (und Schmuck, der durfte nicht vergessen werden) hatten schließlich ein recht hohes Gewicht. Aber dafür brauchte man keine Magier und ehrlich gesagt ging Olafs Seemannsgarn sogar dem Kater etwas auf die Nerven. "Natürlich ist das nicht alles," meinte der Fischer nur auf den Blick hin, "Aber den Rest erzähle ich euch, wenn wir angelegt sind. Gutes Garn braucht etwas Unsicherheit. Und wir sind sowieso gleich da."
Tatsächlich erreichten sie nur wenige Minuten später die Insel des Crook Wither. Obwohl die Bootsfahrt ganz spannend gewesen war freute sich Solomon darüber vorerst wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. (So fest, wie Sand und kleine Steine eben sein konnte.) Er half Olaf dabei das Boot auf das Ufer zu ziehen ("Bei dem Wetter schwimmt es uns sonst davon! Das erinnert mich-") und wandte sich dann der Insel zu. Düster und ominös. Das wären die ersten Worte die Solomon einfielen, bei dem Anblick vor ihm. Felsen, ein dunkler Wald, über dessen Baumwipfel sich ein hoher Berg erhob umspielt von pfeifendem Wind. Dunkle Wolken verhangen den Himmel. Zumindest regnete es (noch) nicht. Selbst das Ufer, auf dem sie standen wirkte finster, mit trockenem gräulichem Sand durchstoßen von einigen spitzen, zackigen Felsen. Solomon sah zu Olaf. "Also, was genau erwartet uns hier?"
Der Bahnhof von Heather Town. Grimmig starrte Álvaro das Schild an, dass scheinbar zu einem Bahnhof wies, der Maldina und Heather über Schienen verband. Sicher konnte man so günstig und schnell zwischen den beiden Städten reisen, wenn man von der Existenz einer Bahnstrecke wusste. Verdammte Halsabschneider. Álvaro hatte jedenfalls nicht davon gewusst und hatte die ganze Reise mit einer Kutsche hinter sich gebracht. Nicht nur hatte ihn der Kutscher ein Ohr abgekaut, er hatte sich die Reise auch ordentlich bezahlen lassen, sodass das Bargeld, was Álvaro mitgebracht hatte, jetzt schon fast aufgebraucht war. Wer konnte denn ahnen, dass ein so kleines Städtchen einen Bahnhof hatte? Álvaro nicht, aber er war sich sicher, dass dieser Kutscher davon gewusst haben musste. Wenn ich den Mistkerl jemals wiedersehe, reiße ich ihm den verdammten Arsch auf. Wütend ballte er die Faust. Eigentlich konnte er sich nicht beschweren. Er hatte früher selbst genug Menschen um ihr Vermögen gebracht. Wenn man jemanden ausnehmen sollte, dann ihn. Wer wusste schon in welcher Situation sich dieser Mann befand und wäre es dann nicht nur menschlich sich den beschissensten Reisenden auszusuchen? Es war nicht das, was er ihm angetan hatte, sondern die Folgen, die es mit sich brachte, die Álvaro so wütend machte. Er musste sich für die Rückreise wahrscheinlich etwas Geld beschaffen und es wäre nicht förderlich für seine Mission, wenn er unnötig Geld verlor. Im Endeffekt musste er aber zugeben, dass es sein Fehler war. Hätte er sich besser informiert, wäre er sicher darauf gestoßen, dass Heather Town irgendwie per Zug zu erreichen war. Der Kutscher hatte nur das getan, was Álvaro von ihm verlangt hatte. Ich reiße ihm trotzdem den verdammten Arsch auf, wenn ich ihn wiedersehe… Álvaro wusste, dass er das nicht tun würde, aber der Gedanke half ihm, sich abzureagieren.
Es dauerte einen Moment bis Álvaro genug abgekühlt war, um sich von dem Wegweiser abzuwenden. Der Treffpunkt für die heutige Mission war nicht der Bahnhof, sondern „das Rathaus am Marktplatz“. Sicher wäre der Bahnhof ein geeigneterer Treffpunkt gewesen – jeder vernünftige Mensch wäre wahrscheinlich per Zug gereist –, aber da Álvaro die Quest selbst ausgeschrieben hatte, war es der Marktplatz geworden, denn jedes verdammte Dorf hatte einen Marktplatz und für gewöhnlich war dort auch ein Rathaus. Natürlich war die Mission nicht zu Álvaro zurückzuverfolgen, dafür hatte er gesorgt. Es gab für alle Anliegen die richtigen Dienstleister, wenn man nur wusste, wo man fragen musste. Aus seiner Zeit im Untergrund, wusste er leider zu gut, wo man Fragen musste, aber auch das diese Dienstleister zuverlässig waren, wenn man ordentlich bezahlte, zumal sein Anliegen wirklich trivial war. Also wäre er heute nichts weiter als ein Teilnehmer auf seiner eigenen Quest. Er bevorzugte es zwar allein zu arbeiten, aber einige seiner letzten Missionen hatten ihm gezeigt, dass es nicht schaden konnte ein wenig magische Unterstützung zu haben. Der Erfolg der Mission ging hier vor seine persönlichen Vorlieben. Außerdem wollte er die Mission nicht unterschätzen: Wenn die Gerüchte stimmten, dann war ein Prinz mitsamt seiner Entourage hier in Heather Town aufgeschlagen, um eine Prinzessin ausfindig zu machen und auch wenn Álvaro es vermeiden wollte: Durch eine ganze Entourage würde er sich vermutlich nicht alleine Prügeln können. Es klang ein wenig zu auffällig, als dass es sich um Esmée handeln könnte, aber auch viel zu passend, um die Sache einfach zu ignorieren.
Mit grimmigem Gesichtsausdruck schlug Álvaro also auf dem Marktplatz auf und siehe da: Ein Rathaus. Wenigstens eine Sache die schonmal funktioniert hatte. Mit einem immer noch grimmigen Gesichtsausdruck platzierte er sich also vor dem Eingang des Rathauses und schaute sich um. Aber was will ein Prinz ausgerechnet in Heather? Nicht, dass es sich um eine hässliche Stadt handelte. Es war ein kleines beschauliches Örtchen, aber warum suchte man hier nach einer Prinzessin? Hoffentlich würden sie das schnell herausfinden, damit Álvaro Zeit hatte ein wenig Geld aufzutreiben, um seine Rückreise zu finanzieren.
„Zum ersten Mal in Heather Town?“ Die warme, auffallend freundliche Stimme zu ihrer Rechten ließ Esmée aus ihren Gedanken wachwerden. Die junge Frau drehte sich auf dem Sitz herum und betrachtete zum ersten Mal an diesem Tage den Kutscher, der sie netterweise in dieses beschauliche Örtchen gefahren hatte, genauer. Seine hellblauen Augen passten wirklich auffallend gut zu seinem kurzen, blonden Haar. Wie alt dieser Mann wohl war? Die Prinzessin schätzte ihn auf Anhieb auf rund dreißig Jahre. Und wie hieß er noch gleich? Nach kurzem Grübeln fiel es der 19-Jährigen wieder ein: Colton. „Oh, nein. Aber das erste Mal, als ich hier war, sind mir die Häuser überhaupt nicht richtig aufgefallen.“ Die de Bosco deutete mit dem Zeigefinger auf eines der Bauwerke, an denen sie gerade vorbeifuhren. Colton folgte dem Fingerzeig und nickte. „Heather Town ist bekannt für diesen Baustil. Die dunklen Balken im Kontrast zu dem hellen Füllmaterial sieht man wirklich an jeder Ecke. Es hat seinen ganz eigenen Charme, wenn du mich fragst. Warte ab, das Rathaus wird dir besonders gefallen.“ Esmée erwiderte das Nicken des Mannes und wandte sich wieder ab, so als würde sie noch ein wenig länger über den Baustil der Häuser nachdenken wollen. Doch tatsächlich war es eine andere Sache, die ihr Kopfzerbrechen bereitete: Ein Prinz, der hier in Heather Town angekommen sein sollte und nach einer Prinzessin aus einem fernen Land suchte. Als der Explosionsmagierin durch einen Zettel am Questbrett der Gilde Satyrs Cornucopia darauf aufmerksam geworden war, hatte sie sich nicht zurückhalten können: Sie musste herausfinden, ob dieser vermeintliche Prinz wohlmöglich tatsächlich nach ihr suchte. Aus gutem Grund hatte sie weder Álvaro noch Erial von ihren Plänen erzählt, denn sie wollte nicht, dass die beiden Männer über ihren Kopf hinweg entschieden, dass diese Aktion viel zu gefährlich wäre. So hatte sie sich einen dunklen Umhang geschnappt, die Kapuze übergeworfen und sich so – beinahe gänzlich verhüllt – alleine auf den Weg nach Heather Town gemacht. Ein Glück, dass sie diesen netten Kutscher gefunden hatte, der sie einfach so von Maldina Town aus mitgenommen hatte! Sonst hätte sie den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen müssen…
Holpernd kam das Gefährt schließlich vor dem Rathaus des Städtchens zum Stehen. Galant, wie Colton sich schon den gesamten Tag über gezeigt hatte, stand er von seinem Platz auf, wechselte die Seite und reichte Esmée die Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen. „Wie aufmerksam.“ Die Dunkelhaarige lächelte, umgriff die dargebotene Hand und stieg von der Kutsche. Unten angekommen prüfte sie den Sitz ihres Umhangs sowie der Kapuze und wollte sich schon auf den Weg machen, als sich plötzlich eine Hand überraschend fest auf ihre Schulter legte. „Pardon, aber was ist mit der Bezahlung?“ B-bezahlung? Welche Bezahlung? Die de Bosco war überzeugt davon gewesen, dass diese Fahrt kostenlos war! Sie drehte sich auf dem Absatz herum und sah den Kutscher aus etwas zu großen, blauen Augen heraus an. Ihr Geldbeutel war wie so oft gänzlich leer... „Ich dachte, die Fahrt wäre kostenlos“, offenbarte sie unumwunden und schluckte merklich, als der Kutscher plötzlich einen ordentlichen Schritt auf sie zutrat, sodass Esmée selbst zurückweichen musste. „Wie, kostenlos? Als wäre so eine Fahrt kostenlos!“ Plötzlich klang die Stimme von diesem Typen überhaupt nicht mehr so freundlich wie zuvor… er baute sich vor ihr auf, packte sie an beiden Schultern und sah ihr eindringlich in die Augen, die Stirn wütend in Falten gelegt. „Ich bin die Strecke aus Maldina Town sicher nicht umsonst gefahren! Los, rück mit der Bezahlung raus!“, bellte er sie an. Esmée wollte sich losreißen, aber der Griff dieses Typen war fest wie eine Schraubzwinge. Was sollte sie denn jetzt machen? Sie konnte hier doch nicht mitten auf dem Marktplatz eine Explosion zünden, um zu fliehen… oder doch?
So ganz genau wusste Arkos nicht, was ihn dazu veranlasst hatte, diese Mission anzunehmen. Heather Town hatte er tatsächlich schon ein, zwei Mal einen Besuch abgestattet - aber eher wegen der Arbeit. Tatsächlich war dieser Ort so klein, dass es für die örtliche Schmiede manchmal schwierig wurde, alle Aufträge zu erledigen, und so hatten Mimir und Arkos schon einige Male ausgeholfen, Aufträge abzuarbeiten. Es war allerdings auch nur das übliche Schaufeln-Schmieden - also genau das, was Arkos eigentlich langsam mal loswerden wollte. Insofern war es nicht die Neugierde auf einen neuen Ort, die ihn angetrieben hatte. Und Arbeit hatte er aktuell auch nicht zwingend nötig... nein, es war die verfluchte Neugierde. Sein Ärger und seine Genervtheit über sich selbst steigerte sich seit seinem Eintritt in die Gilde langsam ins unermessliche... er steckte seine Nase in Angelegenheiten, die ihn eigentlich nichts angingen oder überhaupt interessieren sollten, er fragte seine Questpartner viel zu viele Fragen, und immer neue Fragen ploppten in seinem Geist auf, während er mit ihnen sprach. Eigentlich sollte das nicht so sein. Diese ganze Sache mit der Gilde war eigentlich nur aus dem Gedanken entstanden, ein vernünftiges Handelsstandbein auch über Werkzeuge hinaus aufzubauen, und an Materialien zu kommen. Mittlerweile hatte Arkos noch so ziemlich gar keinen Vorteil daraus gezogen, und ungefähr fünfmal Ärger. Sechsmal, wenn man das Loch im Boden der Gilde als separates Ereignis betrachtete. Etwas frustriert stieß er einen Atemzug durch seine Zähne aus, sah in den Himmel an diesem wirklich herausragend unspeziellen Tag. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hätte er diese Mission wahrscheinlich trotz allem nicht angenommen, aber Mimir hatte so zufrieden ausgesehen, als er gehört hatte, dass er wieder losziehen würde... langsam hatte der Rotschopf das Gefühl, der alte Mann genoss es, wenn sein Ziehsohn mal nicht da war. "Willst du wirklich auf deine alten Tage noch Zeit für dich, alter Mann?", murmelte der Schmied nachdenklich zu sich selbst, während die Landschaft an ihm vorbeizog.
Als er in Heather Town aus dem Zug ausstieg und sich ein wenig streckte, fing er sich ein paar Blicke ein - natürlich. Es war recht schwer, den Rotschopf zu übersehen. Seine Vorliebe für etwas außergewöhnliche Kleidung, seine Größe, seine Haarfarbe - alles etwas, was in diesem doch sehr kleinen Örtchen nicht sonderlich häufig war. Allerdings hatte er dieses Outfit bisher hier auch nicht getragen... in letzter Zeit hatte er ein wenig Gefallen daran gefunden. Außerdem war es ein wenig einfacher für die Teamkameraden, ihn auch zu erkennen. Ehrlich gesagt wusste er ja noch nicht einmal, wen er hier treffen würde. Es war eine seltsame Konstellation, einfach irgendwo hinzufahren, ohne zu wissen wen man erwarten sollte, fand Arkos. Aber gut, irgendwie war diese ganze Quest ein wenig mysteriös aufgezogen. Sein Interesse an dem Prinz war verhältnismäßig gering. Aber... Arkos konnte diese kleine, sehr, sehr nervige, und äußerst skeptische, fragende Stimme in seinem Hinterkopf nicht abstellen. Es war eine unausgesprochene Vermutung, nicht mehr als ein Hauch eines Gedankens, die ihn hierhin getrieben hatte.
Seine weiten Schritte trugen ihn sicher in Richtung des Rathauses. Es war nicht weit weg, und als er kurze Zeit später dort eintraf, wurde er Zeuge einer doch sehr kuriosen Situation. Eine Kutsche fuhr vor, und ein Mann stieg aus - offensichtlich der Kutscher? - und hielt einer relativ vermummten Gestalt die Hand hin. So, wie diese Person die Hand akzeptierte und von dem Gefährt stieg... das kam ihm doch bekannt vor? Neugierig - und vielleicht ein kleines bisschen amüsiert - konnte er den Wortwechsel mithören, wenn auch nicht jedes Detail. Und als auch schließlich eine Stimme unter der Kapuze hervorkam, konnte er ein leichtes Grinsen nicht ganz unterdrücken. Moment mal... war Esmée einer der Questpartner - und hatte sie schon wieder versucht, eine kostenlose Überlandsfahrt in Anspruch zu nehmen? Es hatte schon bei der ersten Quest kurios gewirkt, aber ihre Lernfähigkeit schien noch schlechter zu sein, als er ursprünglich angenommen hatte. Und sie kassierte direkt einen Anschiss, um es salopp zusammenzufassen, und der Typ ging auch nicht gerade glimpflich mit ihr um. Arkos konnte es ihm nur halb verübeln, denn... eine Leistung in Anspruch zu nehmen, ohne auch nur darüber nachzudenken, dass diese auch vergütet werden wollte, war doch sehr blauäugig. Und ärgerlich für den Dienstleister. Auch wenn sie offenbar der Meinung war, die Welt schuldete ihr das doch alles, hatte Esmée die Rechnung ohne den Kutscher gemacht, der ihr körperlich zumindest überlegen war. Gerne hätte er sich das länger angesehen, aber ehrlich gesagt... das Bild, wie ihre Explosion seinen Hammer weggefetzt hatte, war ihm noch lebhaft im Gedächtnis geblieben. So etwas wollte er gerne verhindern, und wenn es nur war, um nicht damit in Verbindung gebracht zu werden. Also räusperte er sich und trat auf die beiden zu.
"Ich störe nur ungern", sagte er, und sein gleichgültiges Amüsement war spürbar. Seine goldfarbenen Augen suchten den Blick von Esmée - unter der Kapuze blitzten diese nämlich jetzt doch hervor und bestätigten seine Vermutung endgültig. Er hatte diese Frau erst zweimal getroffen. Wieso, zur Hölle, hatte er das Gefühl, dass sie irgendwann seinen Untergang besiegeln würde? "Guten Tag, Mimi", sagte er sanft. "Prellen wir mal wieder die Zeche?" "Mal wieder?" Der Kutscher sah verblüfft aus. "Gehört die Dame zu Euch?" Er sah an Arkos hoch, und wieder runter, und ließ Esmée dann langsam los. Offenbar hatte der Mann das Gefühl, aus Arkos sei eher ein wenig Geld herauszubekommen. "Kann man so nicht sagen", erwiderte der Rotschopf und zuckte mit der Schulter. "Ich fürchte aber, aus ihr bekommt Ihr keinen müden Jewel heraus. Sie hat eine ausgeprägte Vorliebe für Kutschen und ein ausgesprochen leeren Geldbeutel." So ganz genau wusste er das nicht, aber Esmée ein bisschen zu ärgern, ließ er nicht aus. "Wie viel bekommt Ihr, guter Mann?" Konnte bestimmt nichts schaden, wenn sie ihm was schuldete. Nicht, dass er erwartete, die Jewels zurückzubekommen...
Wie eine Statue mit ernstem Blick stand Álvaro vor dem Rathaus und beobachtete das Treiben auf dem Marktplatz. Wie so oft sorgte seine Erscheinung dafür, dass die Leute eher einen kleinen Bogen um ihn machten, statt direkt an ihm vorbeizulaufen und das war ihm auch recht so. Er hatte nie Lust darauf, dass man ihn ansprach, aber heute bestand das Risiko, dass er sich schnell strafbar machte, wenn er angesprochen wurde. Er war zwar überpünktlich, aber seine Laune sorgte dafür, dass er bereits ungehalten wurde. Hat der Dienstleister mich etwa auch verarscht? Er hatte keine Möglichkeit gehabt zu überprüfen, ob seine Mission wirklich ausgeschrieben wurde oder ob dies in angemessener Form geschehen war. Nein. Er kannte sich mit Drecksäcken aus – er war schließlich selbst einer – und diese Menschen hatten wie professionelle Drecksäcke gewirkt. Ihn bei so einer Lappalie übers Ohr zu hauen, hätte zusätzlich kaum einen Mehrwert.
Glücklicherweise musste Álvaro sich gar nicht länger mit diesem Gedanken beschäftigten, denn die Person, die den Marktplatz betrat, musste ein Magier sein. Bevor Álvaro in Fiore war, hatte er sich erstmals richtig mit Magiern beschäftigt und es war überrascht gewesen. Es waren ein paar komische Käuze dabei gewesen (er dachte da zum Beispiel an Teri), aber nicht das, was er erwartet hatte. Doch dieser Mann sah aus, wie das, was er vorher erwartet, hatte: Leuchtend rotes Haar und schmucke Kleidung, die ihn aus der gesamten Masse herausstechen ließ. Sofort setzte Álvaro sich in Bewegung und musterte den Mann weiter, wodurch er sein Vertrauen in den Dienstleister wiedergewann: Es war sicher nicht für jeden auf den ersten Blick erkennbar, aber dieser Mann verbrachte seine Zeit nicht nur vor Büchern. Álvaro erkannte einen trainierten Mann, wenn er ihn sah. Die Körperhaltung und die Statur verrieten Álvaro bereits viel, auch wenn die aufwändige Kleidung einiges verschleierte. Der scheint gute Arbeit leisten zu können. Álvaro blieb jedoch auch nicht unentdeckt, dass etwas anderes die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zog.
Allein der Anblick einer Kutsche sorgte dafür, dass die Wut in Álvaro wieder ein wenig zu brodeln begann. Offensichtlich war noch jemand heute einem dieser Betrüger auf den Leim gegangen, denn der Kutscher schien in eine hitzige Diskussion mit der verschleierten Person zu starten, die aus seiner Kutsche gestiegen war. Es dauerte nicht lang und der Kutscher begann bereits handgreiflich zu werden. Normalerweise war es nicht Álvaros Art in einen Konflikt zu starten, aber nach seinen heutigen Erfahrungen, handelte es sich ohne Zweifel um eine Ungerechtigkeit. Hier wurde ein Bürger von einem Verbrecher bedroht und das musste unterbunden werden. Wenigstens ein Kutscher, dem heute der Arsch aufgerissen wird. Álvaro ließ bereits seine Knöchel knacken, während er sich auf die Szene zubewegte und hatte den rothaarigen Magier schon wieder vergessen als dieser Álvaro zuvorkam und in den Konflikt eintrat. Da Álvaro sich immer noch sicher war, dass dieser Mann ein Magier sein musste, konnte es aber wahrscheinlich nicht schaden, dem Gespräch ebenfalls beizutreten, um ein schnelles Ende herbeizuführen.
Als er in Hörreichweite kam ging es – wie sollte es auch anders sein? – um die Bezahlung der Fahrt. Er verlangt wahrscheinlich Unsummen. Das musste verhindert werden. Wohlmöglich handelte es sich hier sogar um ein organisiertes Verbrechen? Bestimmt trat Álvaro also zu den drei Personen und baute sich auf. „Gibt’s hier ein Problem?“ Bei Álvaro war es alles andere als schwer zu erkennen, dass er seine Tage nicht nur vor Büchern verbrachte. Die vielen Stunden des Trainings, die er inzwischen investiert hatte, machte sich bemerkbar: Eine hervorstehende Brust, dicke Oberarme und ein breiter Nacken machten sein ohnehin grimmiges Aussehen noch einschüchternder. „Nehmt ihr wieder einen armen Bürger unseres Landes aus?“ Noch hatte er keine Ahnung wer sich wirklich unter der Kapuze verbarg, auch wenn die Geldnot bereits ein guter Hinweis gewesen wäre, dass sie die gleiche Heimat teilten. Genauso wenig Ahnung hatte er, dass die Situation sich ohne sein Hinzutreten wahrscheinlich schneller entspannt hätte, aber diese miesen Kutscher hatten heute einfach keine guten Karten bei ihm.
"Wird’s bald?!" Wo war der sympathische Colton hin verschwunden, der mit einem freundlichen Funkeln in den Seelenspiegeln von der Architektur in Heather Town erzählt hatte? Esmée vermisste ihn gerade schmerzlich, denn das erneute Bellen dieses Kutschers war keinen Hauch entgegenkommender geworden. Es schien sogar so, als würde ihm allmählich die Geduld abhandenkommen. Aber ganz ehrlich? Damit war er nicht alleine. Natürlich wusste die Prinzessin, dass dieser Mann an sich nicht Unrecht mit seiner Forderung hatte: Wenn er tatsächlich zu den einfachen Bürgern gehörte, die aufgrund mangelnder Intelligenz und Fähigkeiten ihren Unterhalt nur durch so stumpfsinnige Arbeit wie das Fahren einer Kutsche verdienen konnten, dann verstand die junge Frau die Notwendigkeit, die hinter der Rechnung stand. Aber war es deshalb erlaubt, so ungehobelt mit einer Prinzessin zu sprechen? Und noch viel mehr: War es deshalb erlaubt, ihr gegenüber handgreiflich zu werden? Das war viel schlimmer als eine ausstehende Bezahlung, wie die 19-Jährige fand. Diesem Mann gehörte eindeutig eine Lektion erteilt, wenn er dachte, so mit der de Bosco umspringen zu können! Die Schwarzhaarige holte bereits Luft, um ihre Meinung mehr als deutlich kundzutun, da war es eine dritte Stimme, die sich in unmittelbarer Nähe bemerkbar machte. Zuerst wusste die Dunkelhaarige nicht, wer sich hier einmischen wollte und sie machte sich bereit, auch noch einer zusätzlichen Person die Meinung zu geigen, doch kaum, dass sie den Kopf gedreht und in besagte Richtung geblickt hatte, blieben ihr sämtliche Worte im Halse stecken. „Arkos?!“ Sie sprach den Namen aus, als wäre er ein Vorwurf. Was machte denn ausgerechnet der rothaarige Schmied hier in Heather Town?! „Die Zeche?“, ergänzte sie einen Hauch leiser. Vielleicht war es ganz gut, dass sie das Wort nicht kannte, ansonsten hätte das nur zu einer zusätzlichen Szene auf dem Marktplatz geführt. Kaum dass dieser Kutscher sie losgelassen hatte, trat Esmée einen Schritt zurück (und dadurch näher an Arkos heran), während sie sich mit der Rechten die leicht schmerzende Schulter massierte. Vorwurfsvoll musterte sie zuerst den Grobian, der ihr gegenüber handgreiflich geworden war, aber die weiteren Worte des Schmiedes sorgten glatt dafür, dass der Unmut der Prinzessin umgelenkt wurde. Sie wandte sich an den Aurelius. „Was erlaubst du…“ Aber ehe der Satz beendet worden war, verstummte die de Bosco ein weiteres Mal. Direkt hinter Arkos trat eine weitere Person auf das Szenario zu. Und das war nicht irgendeine Person… das war… das war…
Geschwind drehte sich Esmée weg, sodass Arkos (und damit hoffentlich auch Álvaro) nur noch ihren Rücken sehen konnten, während sie die Kapuze ihres Umhangs noch deutlich weiter ins Gesicht zog. Erst Arkos… und jetzt auch noch Álvaro?! Oh Gott, das konnte doch nicht wahr sein. Als sich die Explosionsmagierin auf den Weg nach Heather Town gemacht hatte, hatte sie das als Undercover-Mission betrachtet. Sie hatte niemandem davon erzählen wollen, dass sie sich ohne jede Rücksprache hierher begeben hatte, um einen Prinzen aufzusuchen, der eine Prinzessin aus einem fernen Land suchte. Ein Prinz, der wohlmöglich tatsächlich nach der Prinzessin aus Bosco suchte. Was ein Schlamassel! “Und wie es hier ein Problem gibt!“, entgegnete der Kutscher, nachdem Álvaro hinzugetreten war. Er löste den Blick von Arkos und blinzelte dann… denn um dem neu hinzugetreten Mann ins Gesicht blicken zu können, musste Colton den Kopf in den Nacken legen. Und er schluckte beim Anblick des grimmigen Gesichtes von Álvaro. Erst mit einigen Sekunden Verzögerung löste er den Blick vom ehemaligen Boxer, sah wieder zu Esmée, dann zu Arkos, dann wieder zu Álvaro, die ihm alle drei gegenüberstanden. Sie waren in der Überzahl... Colton trat einen weiteren Schritt zurück. „Ich habe niemanden ausgenommen!“, wehrte er sich und deutete dann mit dem Zeigefinger urteilend auf Esmée, die sich bisher nicht bemüht hatte, sich dem Geschehen erneut zuzuwenden. „Sie…“, setzte er an und zuckte zusammen, als er meinte, eine Bewegung seitens Álvaro wahrzunehmen. „Ach, ihr könnt mich alle mal!“, spie er den drei Magiern entgegen und sprang wieder auf seine Kutsche. Dabei war er doch sogar kurz davor gewesen, die Bezahlung durch den Aurelius zu erhalten? „Komm ja nicht auf die Idee, je wieder mit meiner Kutsche fahren zu wollen!“, warf er Esmée noch vor, bevor er ein bisschen überstürzt davonfuhr, sodass einige Passanten ausweichen mussten, um nicht von dem Gefährt überfahren zu werden. Und Esmée? Die… sagte immer noch nichts. Und rührte sich genauso wenig. Sobald sie sich herumdrehte, würde Álvaro ihr Gesicht sehen. Und wenn sie etwas sagte, würde er ihre Stimme erkennen… die Prinzessin überlegte fieberhaft, wie sie der Situation entkommen konnte – wobei sie schon fast vergaß, dass es hier ja noch eine dritte Person neben Álvaro und ihr gab, die der Szene nicht nur beiwohnte, sondern die auch eine Vorliebe dafür entwickelt hatte, bewusst gegen den Willen der Prinzessin zu agieren. Es war also nur noch eine Frage von Sekunden, bis ihre Tarnung auffliegen würde. Drei, zwei, eins...
Irgendwie hatte er schon erwartet, dass Esmée ein wenig erfreuter über seinen Anblick war - immerhin war er ein freundlich gesinntes Gesicht in dieser Situation. Oder? Arkos reflektierte kurz und befand, dass er schon noch relativ freundlich gesinnt war, aber er kam auch nicht ganz drum herum zuzugeben, dass er es nicht schlimm fand, dass Esmée ein wenig in der Bredouille war. Das Leben war halt immer noch der beste Lehrmeister, und die Dunkelhaarige bekam gerade eine kleine Lektion. Ob diese fruchten würde? Vermutlich nicht. Er schätzte sie nicht als dumm ein, aber... irgendwie schienen einige Querverbindungen in ihrer Wahrnehmung zu fehlen, sodass sie die richtige Schlüsse nicht würde ziehen können: Vielleicht musste er ja noch deutlicher werden. "Genau der", antwortete er auf ihre 'Frage', die natürlich gar keine echte Frage gewesen wäre. "Na, na", machte er und war gerade dabei, seinen Finger auf seine Lippen zu legen, um ihr zu bedeuten, sich nicht zu sehr aufzuplustern - er hatte keine Lust auf eine Szene. Aber dazu kam es gar nicht. Überrascht mischte sich noch jemand ein, und Arkos drehte seinen Kopf zu dem Neuankömmling, dessen Auftreten... speziell war. Leicht überrascht warf der Rotschopf einen Blick in Richtung von Esmée, die sich so schnell weggedreht hatte, dass er das gar nicht richtig gesehen hatte. Was war denn nun los?
Eins nach dem anderen: Arkos musterte den sehr rau auftretenden Mann, dessen ganze Ausstrahlung irgendwie... einschüchternd war. Sein Aussehen unterstützte das, und der junge Mann kam nicht umher, sofort zu bemerken, dass dieser Typ... kein Bücherwurm war. Was zur Hölle? Der Mann war ein Stier! Sein ganzer Körper wirkte wie eine Waffe, und Arkos erkannte sofort, dass das keine Arbeitsmuskeln waren, die er zur Schau trug. So einen Nacken, und solche Schultern bekam man nicht, indem man wie er stundenlang auf Stahl herumhämmerte, sondern weil man hart trainierte, um genau bestimmte Muskelpartien zu stählen. Oder, weil diese beim Training halt beansprucht wurden. Er sah aus wie ein Kampfsportler - und wie jemand, der notfalls auch mal Zähne ausschlug. Warum mischte sich der Mann ein? Arkos kam nicht darauf, dass der Mann ein Magier sein konnte... er sah halt einfach nicht aus wie einer. Das fast schon aggressive Auftreten des Mannes irritierte den Kutscher wieder, der sich wieder in eine Ecke gedrängt sah. Arkos wollte beruhigend eingreifen, aber plötzlich ging alles ganz schnell - und der Kutscher verzog sich in einer berechtigt wütenden Art und Weise. Was war nur los!? Wieso hatte er, immer wenn er mit Esmée zu tun hatte, mit... Menschen zu tun, die konfliktorientiert handelten? Wie wäre es mal mit Lösungsorientierung!? Arkos war ein wenig baff ob der Entwicklung - und, naja, fand es allerdings auch nicht furchtbar schade, dass er einen Tageslohn sparte.
Trotzdem wirkte die aktuelle Situation jetzt ein wenig... tja... unglücklich? Arkos stand in der Mitte, zwischen dem nicht besonders fröhlich wirkenden Mann und Esmée, die sich seltsamerweise unter ihrer Kapuze versteckte und sich weggedreht hatte. Außerdem sahen einige Menschen noch immer in ihre Richtung und tuschelten ein wenig vor sich hin, manche grinsten, manche schüttelten den Kopf. Arkos fand es höchst unangenehm. Und trotzdem zuckte sein Mundwinkel ein wenig und er konnte ein feines Grinsen nicht ganz unterdrücken. Eine Sache war klar: Esmée war nicht klar gewesen, dass er auch hier war. Die Vermutung lag zumindest nah, dass sie auch einen Auftrag hier erledigen musste (warum wäre sie sonst in diesem Kuhdorf?) - und es war halt dann auch naheliegend, dass sie den gleichen Auftrag im Auge hatten. Warum aber versteckte sie sich? Entweder war ihr die Situation peinlich - absolut unmöglich, nach seiner Einschätzung ihres Charakters. Bestimmt war sie überzeugt davon, im Recht zu sein, und der Kutscher war nur komisch oder so gewesen. Er musste mit Esmée darüber sprechen... irgendwann würde sie ganz gewaltig auf die Schnauze fliegen, wenn sie sich weiter weigerte, Leute für ihre Dienstleistungen zu bezahlen. Na, jedenfalls war die andere Möglichkeit eigentlich nur, dass sie diesen Mann hier kannte, und nicht von ihm gesehen werden wollte - aber wieso? Nachdenklich verschränkte der Rotschopf die Arme vor der Brust und überlegte, wie er die Situation 'lösen' konnte... oder ob er das überhaupt wollte. Wäre es nicht interessant zu sehen, wie Esmée versuchte, sich hier herauszuwinden? Andererseits... es war ja nicht so, als wolle er ihr etwas Böses. Nur, dass sie ihre Fehler vielleicht mal reflektierte. Also entschied er sich... vorerst... für eine weniger verfängliche Variante. "Bis Ihr aufgetaucht seid, war alles in Butter", meinte Arkos in Richtung des Mannes, hielt dessen Blick für einen Moment stand. Zuckte dann aber mit den Schultern. "Technisch gesehen ist allerdings immer noch alles in Butter, also beschwere ich mich nicht. Meine Bekannte hier hat oft zu große Ausgaben und zu wenig Geld. Und anscheinend noch nicht gelernt, dass es Züge in diesem Land gibt - und Kutschen für sie deutlich zu teuer sind." Arkos sah zu Esmée und schüttelte ein wenig verwundert den Kopf. Wieso reagierte sie nicht? Normalerweise hätte sie bestimmt angefangen zu schimpfen und ihren vorhin angefangenen Satz vollendet - nämlich 'Was erlaubst du dir?'. Aber nichts dergleichen. "Wir sind hier, um einen Auftrag zu erledigen, nicht wahr?", fragte er in Richtung Esmée und grinste ein wenig in sich hinein. Mitgehangen, mitgefangen. Aus der Nummer kam Esmée jetzt nicht mehr raus. Er hätte gerne ihren Gesichtsausdruck gesehen, aber im Moment zeigte sie nur eine wenig reizende Rückansicht - man konnte ja nur Mantel und Kapuze sehen. "Irgendjemand sucht nach einem Prinzen, der nach irgendeiner Prinzessin sucht, oder so. Ich konnte nicht anders, als neugierig zu sein", erklärte er Álvaro ein wenig beiläufig. "Die wachsen schließlich nicht auf Bäumen." Arkos sah sich um, seufzte dann ein wenig. "Ich wäre dafür, den Standort zu wechseln", meinte er in Richtung Mimi. "Dreißig Augenpaare, die mich anstarren, sind dann doch ein wenig viele."
Álvaro verzog keine Miene und lockerte sich lediglich die Finger als der Kutscher sich darüber echauffierte, dass ihm hier unrecht getan wurde. Man wusste nie, wann die Hände das nächste Mal zum Einsatz kamen. Glücklicherweise merkte der Mann sehr schnell, dass er hier auf verlorenem Boden kämpfte, denn Álvaro hatte kein Fünkchen Verständnis für ihn übrig. Die andere Person schien aufgrund der Handlungen des Mannes völlig eingeschüchtert zu sein und antwortete gar nicht mehr auf den Wutanfall des Kutschers. „Ich wollte mich ohnehin nie wieder mit euch Mistkerlen abgeben…“, flüsterte Álvaro, als der Betrüger sich endlich auf seine Kutsche schwang und sich aus dem Staub machte. An diesem Tag waren Kutschen für ihn gestorben. In Zukunft würde er sich über die Bahnverbindung informieren, direkt zu Fuß gehen oder sich ein eigenes Pferd organisieren. Mieses Pack.
Im Anschluss war es der Magier, der zuerst das Wort ergriff. Warf er Álvaro etwa vor, die Situation eskaliert zu haben? Normalerweise würde er dagegen nichts sagen, denn schließlich war er der fleischgewordene Unheilsbote, aber heute war der falsche Tag, um sich auf die Seite eines Kutschers zu stellen. „Ohne diese ehrlose Profession, würde es gar keine Probleme geben. Ich bin diesen Wichsern heute auch schon auf den Leim gegangen.“ Sein Blick verfinsterte sich bei dem Gedanken an seiner heutigen Reise erneut, aber es beruhigte ihn, dass er nicht die einzige Person in Fiore war, die nach einer Reise an Geldnot litt. Es schien also ein ganz normales Phänomen zu sein.
Der rothaarige Maiger hatte aber noch mehr zu sagen und bestätigte damit nicht nur Álvaros Vermutung, sondern teilte auch mit, dass es sich bei dem jüngsten Opfer der Kutschermafia ebenfalls um eine Magierin handelte, die sich dem Auftrag annehmen wollte. Sie wandte sich immer noch von den beiden großen Männern ab, weshalb Álvaro ihr erstmal keine weitere Beachtung schenkte. Scheint wohl von der mysteriösen Sorte zu sein? Álvaro wollte sich jedenfalls nicht beschweren, wenn jemand wenig schwätzte. Noch gab es immerhin noch keine dringenden Fragen zu klären. „Bin aus dem gleichen Grund hier.“, entgegnete Álvaro dem Rotschopf, während er ihn jetzt erneut musterte. Durch Álvaros wuschelige Haarpracht fiel es nicht sofort auf, aber dieser junge Mann schien den Boxer sogar zu überragen. „Álvaro. Freut mich immer mit fähigen Leuten zusammenzuarbeiten.“ Es war sehr ungewöhnlich für Álvaro, aber er hielt dem Jungen die Hand für einen kräftigen Händedruck entgegen. Es war keine Lüge, dass es ihn freute, mit jemandem zu arbeiten, der auf den ersten Blick eine gewisse Professionalität ausstrahlte. Akay war dem bisher am nächsten gekommen, aber die ganze Sache bei den Russo-Brüdern, hatte wirklich kein gutes Ende genommen.
Den Vorschlag den Standort zu wechseln, setzte Álvaro sofort um als das erste Vorgeplänkel erledigt war. Ihm war es scheißegal, dass ihn irgendwelche Dörfler anstarrten, denn das war für ihn der Normalzustand. Sich zu bewegen hieß aber, dass sie sich schneller der Mission annehmen konnten und dem älteren Mann wohnte immer eine gewisse Ungeduld inne. Während er sich also daran machte den Marktplatz zu verlassen, teilte er gleich den Plan, den er sich bereits zurechtgelegt hatte. „Ich dachte wir schauen mal in der Dorfkneipe vorbei. Scheint klischeehaft, aber meiner Erfahrung nach, reden die Leute dort gern und wissen Bescheid.“ Er ging einfach davon aus, dass die anderen ihm folgten, denn in dieser Quest sah er sich tatsächlich in der Rolle des Leiters. Die anderen wussten zwar nicht, dass er sie auch bezahlte, aber er hatte einfach eine intrinsische Motivation, dass bei diesem Auftrag etwas Brauchbares herauskam und wollte es deshalb selbst in die Hand nehmen. Das Gasthaus war nicht weit entfernt, aber er wollte den Weg nutzen, um zumindest ein wenig Smalltalk zu treiben und zu erfahren mit wem es zu tun hat. „Du siehst aus, als könntest du anpacken, Arkos.“ Während er bei Arkos eine grobe Idee hatte, sah das bei dem Mädchen anders aus. Ihr Mantel verschleierte ihren Körper und sie hatte bisher kaum einen Muchs von sich gegeben. Ist das wieder irgendein magischer Firlefanz? Er warf einen skeptischen Blick über seine Schulter zu dem Mädchen, welches den Blick immer noch gesenkt hielt. „Wie siehts bei dir aus, Mädchen? Kannst du reden oder fegt deine magische Stimme die ganze Stadt weg?“ Álvaro würde mittlerweile gar nichts mehr wundern. Er hatte in den letzten Wochen einen Typen getroffen, der Laserstrahlen verschoss und einen Zwerg, dessen Augen im dunklen Leuchteten.
Esmée musste sich im Schutze ihrer Kapuze so fest auf die Zunge beißen, dass es ihr wehtat, um nicht empört aufzuschreien. Wie konnte Arkos nur so über sie reden?! Sie hatte überhaupt nicht zu wenig Geld, sie war immerhin eine Prinzessin. Das Problem waren die Leute, die ständig Geld von ihr verlangten, ohne das vorher adäquat anzukündigen! Woher sollte die de Bosco auch wissen, dass alle Menschen in Fiore reine Aasgeier waren, die nach Jewels gierten, anstatt einer jungen Frau aus reiner Nächstenliebe in einer Notlage zu helfen? In Bosco war das anders. In Bosco da wusste man noch, was Anstand und Tugend bedeuteten! Ja, ganz sicher. Es lag an diesem Land und an diesen Leuten, aber mitnichten an einer angeblichen Geldnot von niemand geringerem Esmée de Bosco. Auch wenn die 19-Jährige weiterhin schwieg und ihren beiden Kollegen den Rücken zudrehte, hörte sie dem Wortwechsel aufmerksam zu und seufzte stumm, als der Aurelius offenbarte, tatsächlich nach Heather Town gekommen zu sein, um nach einem Prinzen zu suchen. Warum ausgerechnet er?, dachte sich die dunkelhaarige Explosionsmagierin resigniert – eine Resignation, die sich nur nochmal verstärkte, da sie ihren Unmut nicht öffentlich äußern konnte. Und dann auch noch er…, ergänzte die Satyrs ihre Gedankengänge mindestens genauso frustriert, als sie Álvaros Stimme vernahm, der bestätigte, aus dem gleichen Grund hergekommen zu sein. Es war zum Haare raufen – wie sollte sie aus dieser misslichen Lage herauskommen? Sobald der muskulöse Hüne sie sah oder hörte, würde er wissen, dass Esmée sich unerlaubterweise im Geheimen her gestohlen hatte, um aus reiner Neugier und ohne ausreichende Überlegungen über mögliche Konsequenzen nach dem Prinzen zu suchen, der nach Fiore gekommen war. Andererseits wusste Esmée auch beim besten Willen nicht, wie sie diese Quest durchstehen sollte, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Allem voran nicht, wenn Arkos sich an ihrer Seite befand, der sich einen Spaß daraus machte, ihren guten Namen in den Dreck zu ziehen! Verstohlen sahen die hellblauen Seelenspiegel zu den beiden Männern und ihr Kinn klappte unkontrolliert nach unten. Moment. Warum hielt Álvaro Arkos die Hand für einen kräftigen Händedruck entgegen? Und warum betonte er, dass er froh war, mit fähigen Leuten zusammenzuarbeiten? Álvaro hatte auch mit Esmée zusammengearbeitet! Aber sie konnte sich nicht erinnern, dass der ältere Magier solche Worte und Gesten ihr gegenüber genutzt hatte. Auch jetzt hielt er nur Arkos die Hand hin, nicht aber ihr! Hieß das etwa, dass sie nicht fähig war? Wollte Álvaro das damit zum Ausdruck bringen? Das hier wurde immer schlimmer! Esmée wollte schreien, aber nicht einmal das war ihr möglich. Und so versuchte sie ihren Ärger und Frust mühselig herunterzuschlucken, wenngleich sie den dicken Knoten in der Magengegend allzu deutlich spürte. Die junge Frau war es nicht gewohnt, ihre Empörung für sich zu behalten – sie war immerhin eine Prinzessin. Und ihre schlechte Laune verdeutlichten ihr, dass sie sich auch niemals daran gewöhnen wollte.
Missmutig folgte sie den beiden Männern, als diese sich in Bewegung setzten, immerzu darauf bedacht, dass ihre Tarnung bloß nicht aufflog. Das funktionierte auch ganz gut… bis zu dem Augenblick, als Álvaro sich ihr zuwandte und sie direkt ansprach. Die Explosionsmagiern zuckte kurz zusammen, drehte sich schnell weg und räusperte sich. Sie musste etwas sagen… aber was? Und vor allem: Wie?! Es gab nur einen einzigen Ausweg: „Ich mag keine Quasselstrippen.“ Der Ton war auffallend tief und rau, wobei man sicherlich ohne Probleme erkennen konnte, dass es eben doch eine Frau war, die nur versuchte, eine möglichst tiefe und kratzige Stimme nachzuahmen. Es ärgerte sie zu wissen, dass Arkos sich hierüber mit Sicherheit köstlich amüsieren würde, aber was blieb ihr anderes übrig? Ihr Arm schnellte nach vorne und deutete auf den rothaarigen Schmied, ohne richtig in seine Richtung zu blicken. „Er spricht für mich“, ergänzte sie in ebenso dunklem Tonfall und befahl damit tatsächlich mal wieder ihren Mitmenschen, was sie zu tun hatten, wenngleich ihre Stimme verstellt war. Es war ihr so unendlich peinlich! Und es war ein Freifahrtschein für den Aurelius, das hier alles noch viel schlimmer für sie zu machen. Hoffentlich spielte er mit… nur dieses eine Mal!
Da Esmée den gesamten Weg über kaum nach vorne geblickt hatte, erkannte sie am wilden Stimmengewirr, der drückenden Hitze und nicht zuletzt an dem stechenden Geruch nach Alkohol, dass sie ihr Ziel erreicht haben mussten: Die Dorfkneipe. Hier hält sich also das gemeine Volk in seiner Freizeit auf… In einem Moment, in dem sie sich von ihren Begleitern unbeobachtet fühlte, sah sich die Prinzessin genauer um und war ein wenig erschlagen von der Lautstärke, die hier herrschte. Die Plätze an den Tischen und auch an der Theke des verhältnismäßig kleinen Raumes waren größtenteils besetzt, hier und dort hörte man ein Lachen, an anderer Ecke aufgebachte Diskussionen und selbst die unschuldige Prinzessin vernahm auf Anhieb mehr als zwei oder drei unflätige Worte, die ungeniert in die Öffentlichkeit gebrüllt wurden, kaum das eine der Kellnerinnen am Tisch vorbeieilte. Wo waren sie hier nur gelandet? Sollten diese groben Leute hier wirklich über einen echten Prinzen Bescheid wissen? Esmée erschien das ziemlich abwegig. Vorsicht!, rief eine Stimme zur Linken der Dunkelhaarigen und sie konnte gerade im letzten Moment einer Kellnerin ausweichen, die schwer beladen an ihr vorbeieilte. Ein Ausweichmanöver, das nicht ohne Folgen blieb: Die Prinzessin stieß mit dem Rücken gegen Arkos, der direkt hinter ihr gestanden hatte und fuhr zusammen. Schnell löste sie sich von ihm, drehte sich auf dem Absatz herum und hob die Hände entschuldigend an, während sie Abstand zu ihm aufbaute und den Mund öffnete, um etwas zu sagen… “Heh!“ Es war nicht Esmées Stimme, die ertönte, sondern die eines dicklichen Mannes mit kurzgeschorenen Haaren und länglichem Bart, direkt hinter der Theke. Der Wirt? Aber die Warnung kam zu spät: Die Magierin rempelte eine weitere Kellnerin an, die das Gleichgewicht verlor, stolperte und mitsamt einer vollen Ladung Bierkrügen lautstark zu Boden segelte. Abrupt verstummten sämtliche Gespräche in der Kneipe, alle drehten sich zu den Neuankömmlingen um… in ihrem Schock merkte Esmée nicht einmal, dass ihre Kapuze in diesem Wirrwarr nach hinten gerutscht war, man ihren dunklen Haarschopf nun allzu deutlich erkennen konnte… genauso wie die Schamesröte, die sich auf ihre sonst dunklen Wangen abzeichnete.
Der erste Eindruck bestätigte sich ein wenig. 'Ehrlose Profession'? Arkos empfand das doch als ein wenig weit hergeholt, und bei den weiteren Worten des Dunkelhaarigen blinzelte er sogar ein wenig verwundert. Ehrlich gesagt... er war solche Worte nicht gewohnt. Sicherlich wusste Arkos, dass es sie gab, aber er benutzte selbst sehr selten solche Ausdrücke. Lag vielleicht daran, dass er sich im Grunde nie in Gegenden herumtrieb, wo man sie benutzen müsste - er arbeitete ja im Grunde nur den ganzen Tag lang. Was genau der Mann allerdings gegen Kutscher hatte... ein Rätsel. Interessanter aber als dieser kleine Knacks des grimmigen Kampfsportlers aber war, dass er... aus dem gleichen Grund hier war? Echt? Und Esmée? War das also dieser berühmte Moment, wo man sich zufällig traf, obwohl man nicht einmal ein Erkennungszeichen abgemacht hatte? Arkos musterte die Hand nur einen Wimpernschlag lang, dann nickte er und schlug ohne zu zögern ein - wieso auch nicht? Ehrlich gesagt, war es Arkos so oder so lieber, von der Förmlichkeit abzukommen... normalerweise. Ob das bei Álvaro überhaupt so schlau war? Er sah immer noch nicht wirklich besänftigt aus, und der Schmied nickte trotzdem. "Ebenso. Bisher hatte ich eher kuriose Begegnungen", meinte er beiläufig und grinste ein wenig in sich hinein. Esmée musste vor sich hinbrodeln. Er konnte sich keine Welt vorstellen, in dem die junge Frau ihn nicht gerade innerlich anschrie. Aber was auch immer Mister Grimmbart hier mit ihr zu tun hatte, es führte dazu, dass sie sich versteckte. Wie lange es wohl benötigten würde, bis sie platzte? Zwar hatte Arkos ein kleines bisschen Sorge, dass sie ihn gleich in die Luft jagen würde, aber... darum konnte er sich ja immer noch kümmern, wenn es so weit war. Er hatte nach seinem letzten Aufeinandertreffen mit ihr bereits seine Erfahrungen mit der Dunkelhaarigen gemacht, und deswegen würde es ihn weniger wundern als das, was gerade abging.
"Gute Idee", stimmte Arkos dann zu. "Dieser Ort ist nicht sonderlich groß, also könnten wir dort sicher am schnellsten etwas erreichen. Sollte es notwendig sein... ich kenne eine Handvoll der Händler hier. Möglicherweise haben die auch ein paar Informationen - meistens wollen sie aber etwas im Tausch dafür. So wie es bei jeder Dienstleistung der Fall ist", merkte er an, ein wenig lauter, sodass Esmée ihn sicherlich hören konnte. "Man gibt etwas, und bekommt etwas. Ganz normal also." Arkos musste seine Zehen einziehen und in die Sohle seiner Schuhe drücken, um nicht zu grinsen, und seinen Gesichtsausdruck beizubehalten. Was allerdings folgte, stellte ihn... noch viel härter auf die Probe. Álvaro fragte - berechtigterweise - nach, was mit der Vermummten denn los war, und neugierig warf der Rotschopf einen Blick auf immer noch wegschauende Frau. Zwar waren sie bereits in Bewegung, aber sie schaffte es irgendwie doch, sich immer dann wegzudrehen, wenn man zu ihr schaute. Das war allerdings auch eine Fähigkeit für sich... ehrlich gesagt hatte er nur damit gerechnet, dass sie genau das Gegenteil beherrschte. Kurz schwieg Esmée, die sich aber ja klaglos angeschlossen hatte... das hieß wohl, sie war wirklich wegen des Prinzen hier. Die Stimme, die nach kurzer Überlegung unter der Kapuze hervordrang, entlockte Arkos ein heiseres, langes, forciertes Ausatmen - was nicht sehr gesund klar, aber einfach nur seine Art war, sein Lachen zu unterdrücken. Wäre er nicht in Gesellschaft gewesen, hätte er wahrscheinlich wirklich losgelacht... äußerst untypisch für den Rotschopf. Esmée aber so zu hören, und dann auch noch mit ihrem Nachsatz - er konnte nicht mehr. Er war so kurz davor, einfach loszulachen, dass er sich ein, zweimal räuspern musste, um das Prusten einzuhalten. Was für ein Moment. Er würde ihn für immer aufbewahren, hegen und pflegen, und herausholen, wann immer es ihm passte. Zufrieden mit dem Ergebnis, grinste Arkos ein wenig. "Denkst du, das ist besser so, hm?", fragte er die Kapuze. "Willst du wirklich, dass ich für dich spreche?" Der junge Mann schüttelte ein wenig den Kopf, war ein wenig baff ob der Optionen, ob der Situation - und ob der Tatsache, dass er das Gefühl hatte, langsam aufhören zu müssen mit dem Spaß. Sonst würde sie ihn vielleicht wirklich irgendwann würgen. Und so nett das auf den ersten Gedanken her klang, so wenig wollte er das ausprobieren. "Ähm, nun ja. Also handwerklich ist sie ungeschickt, aber sie ist fantastisch in Sachen-kaputtmachen", erklärte er seinem Begleiter und verschränkte schließlich die Arme vor der Brust. "Ich bin Schmied und verlasse mich weniger auf Magie, wenngleich ich ein wenig Feuer machen kann.. Ich habe einen Hammer und notfalls meine Fäuste, das muss aktuell ausreichen. Am Rest... arbeite ich. Ich würde bei dir schätzen, dass du deine Fäuste einsetzt, wenn es brenzlig wird", merkte Arkos an - er fand das naheliegend. Álvaro war so gebaut, dass es kaum eine andere Möglichkeit gab - man sah so nicht aus, wenn man es nicht darauf anlegte.
In der Kneipe angekommen wurde er genauso wie Esmée erstmal erschlagen von Gerüchen und den vielen Menschen. Das... war gar nicht so sehr sein Ding, musste er ja zugeben. Die Idee war gut, aber in so eine Bar einzutauchen war immer ein wenig wie eine Parallelwelt. Die Spielregeln bestimmten die Anwesenden und der 'Geist' der EInrichtung. Ehrlich gesagt wusste er nicht einmal, ob das hier eine eher fröhliche oder eher agressive Gesellschaft war. Na mal schauen. Sie gingen hinein, und da Arkos die Tür aufhielt, stand er für einen Moment nur hinter Esmée, als die Tür zuschlug - und schon begann das Chaos. Die vielbeladenen Kellnerinnen flitzten durch den Raum, und Esmée war anscheinend recht überfragt mit der Situation. Zugegeben - so furchtbar viel firmer war Arkos auch nicht. Doch anders als Esmée konnte man ihn sehr viel schwerer übersehen. So kam es wie es kommen musste - plötzlich stieß die junge Frau gegen ihn, in einem versuchten Ausweichmanöver, und während ihn das nicht groß juckte, drehte sie sich um, anstatt nach vorne zu schauen - und sowohl der Versuch von Arkos, Esmée zurückzuziehen, als auch des Wirtes, auf sich aufmerksam zu machen, scheiterten - es erwischte eine Kellnerin, die im hohen Bogen hinsegelte und mit Krawumms und Krawall auf dem Boden landete, inklusive der Gläser.
Es wurde totenstill. Alle sahen zu Esmée, die wie angewurzelt dastand. Ihre Kapuze war heruntergefallen, und man sah ihr an, dass... sie war rot? Es war ihr peinlich? Wow. Arkos blinzelte, fast verwundert. Der Frau konnte was unangenehm sein? Zugegeben, sie sah ziemlich süß aus mit der Röte im Gesicht - nur würde ihr das jetzt auch nicht wirklich weiterhelfen, denn während die wertvolle Flüssigkeit aus den Gläsern sich langsam über dem Boden verteilte, johlte die gesamte Kneipe auf und hob ihre Biergläser, lachend und auf Esmée zeigend. Der Geräuschpegel kehrte zurück, und die Leute kümmerten sich wieder um sich selbst - während der Wirt sie heranwinkte und seufzte. "Du musst besser aufpassen, Mädchen. Hier ist volles Haus, und du hast mir gerade sieben Bier auf dem Boden verteilt. Und die arme Annie sieht auch nicht gerade fit aus." "Fit mein Arsch, Mensch", zeterte das Mädchen auf dem Boden und rappelte sich wieder auf. "Schon gut, schon gut", brummelte sie auf den Blick des Wirtes hin und warf Esmée einen Blick zu. "Chef, ich brauche Hilfe, um das hier aufzuwischen." Der Wirt nickte. "Hier, Mädchen. Hilf Annie den Boden wischen, dann sind wir quitt", meinte er, warf Esmée einen halbfeuchten, großen Lappen in die Hand und dann den beiden Männern einen Blick zu. "So, und ihr wollt was trinken? Oder wollt ihr vielleicht lieber helfen, den Mist aufzuwischen?" Der Mann seufzte. "Ich kann aktuell echt kein Getränk einfach abschreiben... das Geschäft läuft nicht so gut wie ich gehofft habe." Er sah etwas finster in die Gegend. "Dreihundert Leute auf dem Kahn, aber keiner bei mir in der Kneipe. Was denken sich die Schnösel eigentlich", knurrte er und wischte über die Theke. "Also, was wollt ihr hier, außer mein Bier verschütten?"
Álvaro zog eine Augenbraue hoch als er die Antwort des Mädchens vernahm. Es war nicht nur die merkwürdige Stimme, sondern auch der Inhalt, der ihn Stutzen ließ. Der andere spricht für sie? Ein merkwürdiges Vorgehen, wenngleich Álvaro mit der Abneigung gegen Quasselstrippen sympathisieren konnte. In der Regel stieg auch seine Zufriedenheit, je weniger Worte gewechselt wurden und sein Smalltalk in dieser Quest war schon das höchste der Gefühle, da er ein persönliches Interesse am schnellen Erfolg hatte. „Soll mir recht sein.“ Álvaro nickte also und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Arkos. Solange sie für die Mission hilfreich war, war es ihm egal mit was für Sonderlingen er sich herumschlagen musste. Er war Pragmatiker. Für sehr viel Geld hatte er immerhin auch die Russo-Brüder zweimal überlebt.
Die Antwort von Arkos, zeichnete ein interessantes Bild von der Dritten im Bunde. Kaputtmachen schien auf den ersten Blick vielleicht nicht der nötige Softskill für diese Art der Mission zu sein, aber es konnte nie schaden, wenn man dazu in der Lage war, denn er eröffnete manch eine Tür. Schließlich war Kaputtmachen auch die größte Kompetenz von Álvaro, sodass er gleich die dritte Gemeinsamkeit mit der jungen Frau an diesem Tag fand. Geldnot, wortkarg und zerstörerisch. Sympathisch. Auch Arkos Informationen sorgten dafür, dass er weiterhin sehr zufrieden über die Mitstreiter war, die ihm heute zur Verfügung gestellt wurden. Mit seinen Fähigkeiten konnte der Boxer sich ebenfalls identifizieren. „Richtig. Hab‘ ein paar Tricks auf Lager, aber mit meinen Fäusten kann ich wohl ganz gut umgehen.“ Eigentlich eine maßlose Übertreibung, denn Álvaros Niveau war in letzter Zeit fast schon wieder meisterlich. Prahlereien lagen ihm jedoch fern und er sah meistens lieber seine Fehler. Gleichzeitig eine maßlose Übertreibung, denn Abseits von seinen Fäusten, beherrschte er nur einen einzigen Zauber, sodass der Plural hier fehl am Platz war.
Als die Kneipe in Sicht kam, versuchte Álvaro sich ein wenig zu entspannen. Auch wenn er aussah, als wäre er Stammgast in jeder Absteige im ganzen Land, war es das genaue Gegenteil – jedenfalls heutzutage. Alkohol – und manchmal auch Schlimmeres – war hier Tagesgeschäft. Das führte dazu, dass der Grat zwischen Aggressivität und Fröhlichkeit sehr schmal war. Zusätzlich lockte es Leute an, die ohnehin einen Hang zur Eskalation hatte und es war voll, laut und man hatte wenig Überblick, was sich wo abspielte. Zugegebenermaßen war das ein sehr negatives Bild von Dorfkneipen, denn es waren auch Orte entspannter Zusammenkünfte, aber diese hatte Álvaro dort selten erlebt. Immerhin war er in der Vergangenheit der gewesen, der die Aggressivität mit durch die Tür gebracht hatte. Heute sollte dies anders sein und so betrat er als erster vorsichtig die Kneipe als Arkos die Tür öffnete. Die Frage, warum der Laden Zurnassen Landratte hieß, blieb nicht lange offen. Flüssigkeit gab es hier in rauen Mengen und das schien den Leuten auch hier zu gefallen, denn es war brechend voll. Es schien fast so, als würde jeder, der heute nicht zu arbeiten hatte, seinen Tag hier verbringen würde. Sicherlich gab es auch diejenigen, die jeden Tag hier verbrachten, aber aufgrund der Menge an Gästen, waren diese kaum auszumachen. Hier finden wir definitiv die Leute, die über alles Bescheid wissen… Jetzt müssen wir nur noch mit ihnen ins Gespräch kommen… Normalerweise reichte Álvaros Anwesenheit aus, dass die Anwesenden – im negativen, wie im positiven – an ihm interessiert waren. Eine Kneipe gehörte zu den wenigen Augenblicken, wo sogar er ignoriert wurde, wenn er eintrat, weil die Leute besseres zu tun hatten und komischerweise entgegen der tatsächlichen Geschehnisse in Kneipen, wenig Gefahr erwarteten. Jeder beschäftigte sich mit sich selbst und seinem Nebenmann, während weiterer Alkohol wie am Fließband durch den Laden gebracht wurde. Nehmen wir uns direkt den Wirt vor?, wollte Álvaro in die Runde fragen, aber kam nicht dazu, denn die Situation nahm eine überraschende Wendung. Während es für Álvaro trotz seiner Statur ein leichtes war, den unkontrollierten Bewegungen der Betrunkenen, sowie dem geschäftigen Wuseln der angestellten auszuweichen, galt dies nicht für seine Mitstreiterin. Diese schaffte es zwar einer Kellnerin auszuweichen, löste damit aber ein kleines Ping-Pong-Spiel aus, indem sie zunächst gegen Arkos und dann mit Topspin gegen eine weitere Kellnerin krachte. Sie fiel zu Boden, Gläser gingen zu Bruch und Álvaro konnte förmlich spüren, wie die Herzen einiger Gäste zersprangen als das flüssige Gold sich auf den Boden ergoss. Die Aufmerksamkeit hatte die Gruppe sich dadurch auf jeden Fall gesichert, aber das wurde für Álvaro von einem Moment auf den anderen zur Nebensache als er sah, wer da vor ihm auf dem Boden saß: Die Prinzessin von Bosco.
Als die Kneipe in Gelächter ausbrach, nahm Álvaro nicht wirklich wahr, was weiter passierte. „Mimi… Arnault, richtig? Was für ein glücklicher Zufall, dass wir uns hier wiedersehen.“Innerlich begann es in ihm zu brodeln. Er wollte sich das Mädchen am liebsten schnappen und so lange schütteln, bis sie endlich zur Vernunft kam. Hatte sie wirklich eine Quest angenommen, in der es darum ging, jemanden aufzusuchen, der eine Prinzessin suchte, während sie eine Prinzessin war, die nicht gefunden werden durfte? Er war der Überzeugung gewesen, dass Esmée verstanden hatte was er im Gildenhaus von Satyrs Cornucopia gesagt hatte. Dass sie den ernst der Lage verstanden hatte. Dennoch war sie hier. Was nun? Höchste Priorität war es, seine Wut erstmal zu verbergen, doch das war Theorie, denn wie sollte das in diesem Moment möglich sein? Álvaros Zähne knirschten, seine Augenbrauen zogen sich für einen Moment zusammen und an seinem Hals trat eine Ader hervor. Es waren einige Sekunden die Álvaro brauchte, um sich wieder ein wenig abzukühlen und er hoffte, dass die Geschehnisse dafür sorgten, dass er keinerlei Aufmerksamkeit genoss, aber ein Blick hätte genügt, um zu sehen, dass etwas nicht stimmte.
„Sie kriegt das schon gut selbst hin.“, entgegnete Álvaro dem Wirt. Auch wenn er den ersten Schock überwunden hatte, würde jegliche Interaktion mit Esmée seine Wut erneut entfachen. Er würde diesen Moment also besser auf später verschieben. Außerdem wusste Esmée offensichtlich selbst in welcher Lage sie war, denn Álvaro war wohl der Grund für ihre Scharade gewesen. Ein paar Lehrstunden konnten auch einer Prinzessin nicht schaden und immerhin war er hier in Fiore wahrscheinlich das, was am nächsten an einen Erziehungsberechtigten heran kam. „Ich nehme ein Glas Wasser und ihre Fehler sollen nicht zu eurem Nachteil sein.“ Álvaro legte sein letztes Geld auf dem Tisch, was hoffentlich ausreichte, um für das Bier aufzukommen und sich das Wohlwollen des Wirtes zu sichern. Es sich mit ihm zu verscherzen, war keine gute Idee und die kommenden Ausgaben, würde Esmée sicher mit freunden übernehmen. Immerhin konnte er sie jetzt schlecht zurück nach Maldina Town schicken. „Wir sind auf der Suche nach jemandem, der hier in der Stadt gewesen sein soll. Ein Prinz.“ Bei der Erwähnung des Prinzen verdrehte der Wirt die Augen. Dann zählte er das Geld, was sein Gemüt zumindest ein wenig erhellte. „Dann hat er immerhin drei Leute in meine Kneipe gebracht. Euer Prinz war hier in der Stadt und hat verkündet, dass er eine Prinzessin sucht. Hier in Heather Town, könnt ihr das glauben?“ Er lachte kurz auf und stellte Álvaro ein Glas Wasser auf den Tresen. „Wirklich nicht mehr? Benutzen wir hier sonst nur zum Putzen.“ Álvaro winkte ab und betrachtete Esmée während er einen zufriedenen Schluck aus seinem Glas nahm. Damit war der erste Schritt schonmal getan „Nicht bei der Arbeit.“ Und auch sonst nicht. Der Wirt zuckte mit den Schultern und wandte sich dann an Arkos. „Für dich wenigstens ein Bier?“
Esmée wollte im Erdboden versinken. Ehrlich – alles wäre ihr lieber gewesen, als hier zu stehen uns sich dem Gegröle und Geschreie der betrunkenen und rauen Menschen auszusetzen, die auf sie zeigten und mit ihren schweren Krügen und Gläsern auf die hölzernen Tische klopften. Vermutlich hatte ihr Kopf mittlerweile die Farbe einer saftigen Tomate angenommen, es hätte die Prinzessin nicht gewundert. Ganz gleich, wie sehr sie sich immer darum bemühte, der Erziehung ihrer Mutter gerecht zu werden und sich ihre Gefühle und Emotionen nicht von der Stirn ablesen zu lassen… sie war eben doch nur eine 19-jährige Frau. Und damit eindeutig nicht gefeit für alle Lebenslagen und Situationen. Das hier gehörte eindeutig dazu. Vermutlich würde die de Bosco noch tage- und wochenlang Albträume davontragen und sich immer wieder, wenn sie an diesen Augenblick zurückdachte, erneut in Grund und Boden schämen. Bis an ihr Lebensende. Bis sie starb. Ihr letzter Gedanke im Moment des Todes würde sie zurück an diesen Ort bringen, eindeutig!
Leider half das alles nichts. Die Uhr tickte weiter. Und auch wenn sie es sich wünschte – der Boden tat sich nicht auf und erlöste sie von der Peinlichkeit. Höchstens der Wirt schaffte es mit seiner durchdringenden Stimme, Esmée ein wenig zu erden. Zumindest… bis er ihr einen halbfeuchten Lappen in die Hände warf. Was… Wie widerlich!, dachte sich die Prinzessin, erschauderte und war drauf und dran, das Ding im hohen Bogen angewidert zurückzuwerfen, doch dann war es eine neue Stimme, die Esmée innehalten ließ. Eine dunkle Stimme. Rau. Und obwohl sie sich zügelte, erkannte die junge Frau doch sogleich den tiefen Zorn, der dahinter brodelte, wie ein Vulkan, der kurz vorm Ausbruch stand. Erschrocken fuhr sich die Dunkelhaarige an den Schopf und nahm nun erst wahr, dass die Kapuze ihres Mantels zurückgefallen war. Oh nein. Oh nein, oh nein, oh nein! Es verschlug der Prinzessin den Atem, als sie sich umdrehte und mit riesigen, hellblauen Augen zu Álvaro aufsah. Ein bisschen wie ein Kaninchen, das in die Ecke gedrängt worden war und nur darauf wartete, den finalen Stoß zu erhalten. „Álvaro…“, japste sie, deutlich kleinlauter, als sie es für gewöhnlich war. Weil sie ganz genau wusste, dass sie Mist gebaut hatte? Weil sie wusste, dass der ältere Magier von ihrem Vater geschickt worden war, damit ihr hier in Fiore nichts geschah? Und weil sie wusste, dass sie sich, ihrer eigenen Neugier folgend, einfach gegen Álvaros und auch Erials Willen entschieden hatte. Sie erkannte den Zorn und die Wut im Blick und in der Stimme des Mannes und hinterfragte in diesem Moment nicht einmal, dass er es als einzige Person in Fiore schaffte, dass sie in sich zusammensackte. Das war etwas, das eigentlich nur ihr Vater oder ihre Mutter früher vermocht hatten. „Wir haben uns lange nicht gesehen, das stimmt…“, ergänzte sie nach einem kleinen Räuspern, um zu ihrer festen Stimme zurückzufinden, obwohl das beim Anblick des mahlenden Kiefers des Boxers alles andere als leicht war.
Und dann ließ Álvaro die Bombe platzen.
Wie jetzt, sie bekam das ganz gut alleine hin?! Sie… sie war eine Prinzessin! Sie hatte hier ja wohl nicht irgendwelche dreckigen, heruntergekommenen Böden mit widerlichen Lappen zu putzen, während sich irgendwelche niederen Raufbolde mitten am Tage betranken! Sie setzte zu einem Widerspruch an, der es absolut in sich gehabt hätte, ihr Gesicht veränderte sich und sie trat einen bedrohlichen Schritt auf Álvaro zu… aber entgegen ihrer eigenen Erwartung blieben ihr sämtliche Widerworte im Halse stecken, als ihr Blick auf die wild pochende Ader an der Stirn des älteren Magiers traf. Normalerweise sollte eine Prinzessin das nicht erschrecken. Eine Thronanwärterin hätte sich dennoch durchsetzen müssen. Aber irgendwie… traute sie sich bei Álvaro nicht. Und ehe sie wirklich etwas gesagt hatte, wurde ihr auch schon irgendeine Schürze von der Kellnerin – wie hieß sie? Annie? – in die Hand gedrückt. “Zieh dir die lieber über, Süße. Sonst ist dein hübsches Outfit hinüber.“ Esmée konnte auf Anhieb nicht sagen, ob der prüfende Blick dieser Kellnerin wertschätzend oder eher abwertend gemeint war. Dann ging Annie auch schon wieder davon, vermutlich, um das gerade vergossene Bier zu ersetzen, Álvaro hatte sich bereits abgewandt und war in ein Gespräch mit dem Wirt verwickelt und die de Bosco stand da… wütend, erzürnt, kurz vorm Explodieren… aber allem voran vollkommen hilflos. Das zahle ich dir heim, Álvaro, dachte sich die 19-Jährige und biss sich auf die Unterlippe. Das wirst du bereuen Doch anstatt diese Worte laut auszusprechen, sah sie zu Arkos und wenn Blicke hätten töten können, dann wäre das hier vermutlich ganz genau so ein Moment gewesen. Sie sagte nichts, aber der Blick reichte auch, um die Nachricht zu vermitteln: Sollte er es wagen, sich jetzt über sie lustig zu machen, dann würde er den nächsten Tag nicht mehr erleben. Und Esmée war beinahe schockiert, dass sie das absolut ernst meinte!
Und dann drehte sich die Prinzessin von Bosco um. Straffte die Schultern. Hob das Kinn an. Und wickelte sich die nur halb saubere Schürze, die ihr gereicht wurde, um den Körper. Sie sah hinab auf den dreckigen, klebrigen Boden, hob den schmutzigen Lappen in ihrer Rechten vielsagend nach oben und atmete tief durch. Sie sollte einen Kampf kämpfen. Und diesen Kampf würde die junge Frau nun auch ausfechten! Sie gegen das Bier. Der Lappen gegen den Dreck. Ihr Stolz gegen die Erniedrigung. Hoch erhobenen Hauptes ging die Prinzessin auf die Knie, biss die Zähne zusammen und wischte, wobei sie trotz der Erniedrigung den gesamten Körper in Spannung hielt. Es war eigentlich unmöglich, aber eines musste man der Prinzessin lassen: Sie schaffte es selbst dann noch, Erhabenheit auszustrahlen, wenn sie mit einer Schürze bekleidet auf dem Boden einer Dorfkneipe hockte und vergossenes Bier wegwischte. Esmée hatte nicht viele Talente – aber das gehörte eindeutig dazu.
Ohh. Arkos war normalerweise niemand, der sich entspannt zurücklehnte und einer Szene beim sich-entfalten beobachtete, aber... holla, war diese Szene hier schmackhaft. Er entdeckte zumindest immer mal wieder neue Seiten an sich, wenn es um Esmée ging, und jetzt gerade war es genau das: Er lehnte sich zurück und genoss die Show. Und es wurde ja nur immer besser und besser. Erst stellte sich direkt heraus, wieso die Dunkelhaarige sich offenbar versteckt hatte: Sie kannte Álvaro und hatte wohl nicht gewollt, dass er sie erkannte. Soweit so gut, aber erfuhr auch noch ihren Nachnamen. Arnault, ja? Das hatte er nicht gewusst, wurde aber selbstverständlich direkt abgespeichert. Die goldenen Augen des Schmieds funkelten amüsiert vor sich hin, denn endlich mal, und wahrscheinlich auch irgendwie das erste Mal, konnte er Esmée so erleben. Sprachlos. Fast ein wenig kleinlaut. Dabei sagte der Wuschelkopf gar nicht so viel. Klar, er sah böse aus, aber das hatte Esmée doch bestimmt noch nie gejuckt, oder? Die Konversation war im Grunde damit vorbei, dass Álvaro ausschloss, der jungen Frau bei ihrem Dilemma zu helfen. Wow. Erial wäre vermutlich direkt eingesprungen, aber den Kampfsportler schien das überhaupt nicht zu jucken. Im Gegenteil. Er wollte ihr eine Lektion erteilen, oder? Fantastisch. Nur einen Moment lang schien die sonst so streitlustige junge Frau protestieren zu wollen, aber... sie kriegte es nicht hin. Arkos war begeistert. Fast hatte er sogar ein wenig Mitleid, aber es überwog aktuell noch die Genugtuung, dass Esmée wohl manchmal doch einfach auch nur die Früchte ihrer Arbeit ein wenig selbst ernten konnte.
Und es wurde noch viel besser.
Die junge Frau mit den blauen Augen bekam zusätzlich zu dem feuchten Lappen noch eine Schürze in die Hand gedrückt. Konnte das ganze wohl nicht so recht fassen. Wollte protestieren, aber wieder: Sie schien etwas davon abzuhalten. Der Blick, den sie ihm im Anschluss zuwarf hätte nicht köstlicher sein können. Arkos Mundwinkel zuckten nur leicht, aber in seinen Augen war definitiv Schalk zu erkennen. Aber er sagte nichts. Wieso auch? Die Situation erledigte alles von alleine, ohne, dass er helfen musste. Wenn er in ihrer Haut stecken würde, würde er sich genauso unwohl fühlen, das wusste er. Ihr Stolz aber war so viel tiefer als seiner, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als... zu versuchen, es mit Würde zuende zu bringen. Also zog sie sich die Schürze an, während ihr Kopf noch immer mehr die Farbe einer reifen Tomate hatte als die hübsche braune Färbung, die sie sonst zur Schau trug. Ging in die Knie. Wirkte dabei immer noch ein wenig hochnäsig. Und fing an zu putzen. Arkos war so zufrieden, dass er die Quest an dieser Stelle schon beinahe hätte abbrechen können. Aber nachdem er Esmée zugesehen hatte, wie sie den Boden mit allem, was sie hatte, schrubbte - und das leider nicht einmal besonders gut machte - merkte er, dass ihn der Anblick an sich weniger befriedigte, als gedacht. Klar, es hatte was für sich, zu sehen, wie sie auf die Knie ging. Aber eigentlich hatte doch schon fast der Weg dorthin gereicht, um ihr klar zu machen, dass man ein wenig aufpassen sollte, oder? Er war fast versucht, ihr zu helfen. Fragte sich aber doch, ob er dann nicht einfach wieder Last von ihren Schultern nahm, die sie nun einmal tragen musste. Er gab aber gerne zu, dass die Arbeit, die die junge Frau da gerade erledigte, nicht nach einer Arbeit für sie aussah. Nicht (nur), weil sie nicht sonderlich gut darin war, sondern auch, weil sie tatsächlich irgendwie unter ihrer Würde schien. Hm.
Glücklicherweise wurde er ein wenig abgelenkt, als der Wirt ihn ansprach. "Oh. Nein, danke. Ich erledige auch einen Auftrag, da ist Bier nicht ganz das Richtige", erwiderte er und lächelte leicht. Álvaro hatte das ja auch gesagt, und Arkos empfand es auch als genau die richtige Einstellung. "Ich nehme nur ein Wasser. Aber ich bezahle ein Bier", fuhr Arkos fort, legte ein paar Jewels auf den Tisch und der Wirt betrachtete das Geld ein wenig nachdenklich, steckte es dann aber wortlos ein und stellte auch dem Rotschopf ein Glas hin. "Ihr sucht also diesen Prinzen? Ich kann euch nicht furchtbar weiterhelfen. Er kam hier in die Stadt, wie gesagt... hat groß rumposaunt, er würde eine Prinzessin suchen." Erneut grinste er kopfschüttelnd. "Hat natürlich keine gefunden, was für ein Schwachsinn. Das hier ist ein kleiner Ort. Wir haben hier keine Prinzessinnen. Aber er bestand darauf, dass er Gerüchte gehört hätte, dass hier eventuell irgendwo eine sein sollte, und ist mit ganzen hundertschaften an Dienern und Männern an den Waffen vor Anker gegangen." Der Wirt seufzte erneut. "Wie gesagt, er bringt nichtmal Geld in die Ortschaft. Alles was er braucht, ist auf dem Schiff. Und für Wasser kann man ihm leider nicht allzu viel Geld abziehen. Die Leute in der Ortschaft sind schon ein wenig genervt." Arkos nahm einen Schluck von dem Wasser, verschränkte dann die Arme vor der Brust und schien etwas nachdenklich. "Hat er irgendetwas erwähnt, wie lange er ankern möchte?" "Junge, du fragst den Falschen. Ich bin hier nur der Wirt. Aber..." Er beugte sich ein wenig vor, nickte dann in eine Ecke des Raumes. "Da in der Ecke sitzt einer der Hafenarbeiten, der arbeitet da, wo man die Schiffe abfertigt. Frag ihn." Arkos nickte leicht, sah dann zu Esmée, die sich immer noch abmühte. Ja, sah schon gut aus, so von hinten. Zumindest das, was man durch ihren Mantel überhaupt sehen konnte. Irgendwie war das wohl alles nicht so gelaufen, wie sie sich erhofft hatte, oder? "Lass es gut sein, Mädel, das reicht. Den Rest erledigen wir." Der Wirt war wohl doch gutmütiger als gedacht. Arkos trat einen Schritt vor und bot der jungen Frau die Hand an, ein wenig als Angebot, ihr aufzuhelfen - und als Friedensangebot für den Moment.
Álvaro nahm einen weiteren Schluck aus seinem Glas Wasser und schaute Esmée dabei zu, wie sie den Boden wischte. Er zog nicht direkt Befriedigung aus dem Anblick, denn es war immer noch seine Herrin, die da vor ihm herumkroch. Auch ohne, dass er daraus Befriedigung zog, wäre es für einige Herrscher wohl ein Grund ihn zu hängen, aber ohne jegliche Anleitung musste irgendwer der Prinzessin ja zeigen, dass sie nicht einfach machen konnte, was sie wollte. Erial konnte aufgrund seiner Position nicht mehr tun, als auf die Prinzessin einzureden, aber Worte schienen bei ihr nur selten große Wirkung zu haben. Álvaro hingegen hatte nicht viel zu verlieren und auch wenn Esmée es nicht wusste, war er zumindest mal Teil ihrer Familie gewesen. Durch den Auftrag Enzos war es nun auch seine Verantwortung Esmée in Fiore anzuleiten und ihre Persönlichkeit zu schärfen. Seine Biografie befähigte ihn dazu eigentlich nicht, aber er war nun mal da und bis in seine frühen Zwanziger wurde er immerhin auch am Hofe erzogen. Grundsätzlich wusste er also, welche Werte eine Königin ausstrahlen musste und Eitelkeit und Leichtsinnigkeit gehörten nicht dazu. Zwar würde sie als Königin von Bosco nie mehr einen Boden schrubben müssen, aber ganz bestimmt musste sie für ihre Fehler geradestehen, wenn sie keine verantwortungsvollen Entscheidungen traf. Wenn sie das nicht lernte, würde ihr Kopf schneller auf einer Mistgabel enden als das Bier in den Dielen der Kneipe versickerte. Erials Respekt hatte sie qua Status, aber den Respekt von Álvaro musste sie sich verdienen, auch wenn er ihren Befehlen im Zweifelsfall trotzdem Folge leisten würde.
Auch Arkos hatte sich entschieden Esmée nicht zur Hilfe zu eilen. Er bestellte sich ebenfalls ein Wasser und stieg in das Gespräch mit dem Wirt ein. Anstatt jedoch den Wirt zu beobachten, während er redete, betrachtete Álvaro aus dem Augenwinkel Arkos, denn die Enthüllung Esmées hatte einiges an der Situation geändert. Er hatte die Zeit seit ihrem Treffen noch einmal Revue passieren lassen und der junge Mann schien Esmée zu kennen. Es lag nahe, dass die beiden sich aus der Gilde kannten, aber Álvaro gefiel gar nicht, wie der Junge die Prinzessin bei der Arbeit beobachtete. Was hast du mit der Prinzessin zu schaffen, du Lümmel? Oder was willst du mit ihr zu schaffen haben? Álvaro war immer noch der Überzeugung es mit einem fähigen Mann zu tun zu haben, denn auch er stellte dem Wirt die richtigen Fragen, aber Álvaro würde ihn trotzdem im Auge behalten. Auch einem fähigen Mann würde er den Hals umdrehen, wenn er sich an der Prinzessin seines Landes vergriff.
Álvaro war inzwischen zufrieden damit, was sie durch den Wirt erfahren hatten und beschloss zur nächsten Quelle überzugehen. „Vielen Dank, mein Guter. Wir werden uns mit ihm mal unterhalten und wenn ich nochmal in Heather Town bin, komme ich vorbei und mache dir ein wenig Umsatz.“ Er nickte dem Wirt zu, der freundlich zurücknickte. Wahrscheinlich würde er nur wiederkommen, wenn ihn erneut eine Quest hierher trieb und dann wäre er wieder auf der Suche nach Informationen, aber es konnte nicht Schaden sich im Guten zu trennen. „Das will ich hoffen. Bring am besten noch ein paar Leute mit, damit der Laden endlich mal voll wird.“ Álvaro wusste nicht recht, ob das ein Scherz war oder der Wirt tatsächlich wollte, dass die Leute sich hier stapelten, jedenfalls wandte er sich ab und begrüßte neue Gäste, die gerade zur Tür herein getorkelt kamen. “Moin Benno, hat deine…“
Álvaro tat es ihm gleich und wandte sich wieder seiner Gruppe zu. Esmée war inzwischen wieder auf den Beinen und Álvaro thematisierte nicht weiter, was geschehen war. Sie hatte genug gelitten und er wollte sie schließlich nicht foltern. Auch er hatte Grenzen, was den Umgang mit seiner Prinzessin anging. „Wir sollten noch mit dem Herrn dort drüben reden.“ Mit einer kleinen Bewegung seines Kopfes deutete er auf den besagten Hafenarbeiter, denn Esmée hatte sicherlich keine Zeit dazu gehabt, auch noch dem Gespräch mit dem Wirt zu lauschen. „Wartet ihr am besten draußen. Er kann sich sicherlich besseres vorstellen als in der Kneipe gleich von drei Personen überfallen zu werden.“ Álvaro konnte sich zwar auch schöneres vorstellen als Esmée mit einem potenziellen Lüstling allein zu lassen, aber auch er musste in dieser Hinsicht wahrscheinlich vernünftiger werden. Auf offener Straße würde schon nichts passieren.
Während die Prinzessin sich auf den hölzernen Boden kniete und ihre Finger sich krampfhaft um den dreckigen Lappen schlossen, wiederholte sie wieder und wieder den gleichen Gedanken: Bitte lass das nur ein Traum sein. Sie wartete sehnsüchtig darauf, dass sie endlich erwachte, dass es irgendjemanden gab, der sie von der unglaublich unangenehmen Situation zu erlösen vermochte. Aber es geschah nicht. Sie war tatsächlich eine Prinzessin, die in irgendeiner heruntergekommenen Dorfkneipe den klebrigen Boden zur Belustigung der umstehenden Menschen schrubben musste. Nein, es war absolut unmöglich, dass das rechtens war, dass es irgendjemanden gab, der das als richtig betitelt hätte. Wieder einmal war es die Erziehung von Eleonora de Bosco, die ihrer Tochter half, auch diesen dunklen Moment ihres Lebens zu überstehen: Sie würde sich ihre Scham nicht anmerken lassen und das Letzte, was man ihr stehlen konnte, war ihr Stolz als Angehörige einer Königsfamilie, ganz gleich, was die Welt gedachte, mit der Explosionsmagierin anstellen zu wollen. So schrubbte die 19-Jährige – mehr schlecht als recht – den Boden, wrang sogar zwischendurch den Lappen aus und befeuchtete ihn neu, um auch die letzten Reste des verschütteten Alkohols entfernt zu bekommen. Sie blendete die Umgebung aus, insbesondere die Blicke, die ihr nicht nur von Arkos oder Álvaro, sondern auch von anderen Besuchern in diesem Etablissement zugeworfen wurden. Ja, natürlich ergötzten sich all diese lüsternen Grobiane am Anblick einer jungen Frau, die den Boden auf den Knien säubern musste. Widerlich war das! Ein wenig entsetzt darüber, dass ausgerechnet Álvaro das hier nicht nur zuließ, sondern es auch noch zu verantworten hatte, war Esmée schon. Irgendwie… hätte sie ihm das hier nicht zugetraut. Trotz allem wusste er immerhin, wer sie war und er war doch von ihrem Vater zu ihrem Schutze nach Fiore geschickt worden! Ob ihr Vater das hier gutgeheißen hätte? Esmée konnte es sich nicht vorstellen.
"Lass es gut sein, Mädel, das reicht. Den Rest erledigen wir."
Selbst die Stimme des Wirtes schaffte es nicht gänzlich, bis zum Geiste der Prinzessin durchzudringen, zu sehr hatte sie eine Mauer um sich herum errichtet, um nicht doch noch einzubrechen. Nur eine Bewegung im Augenwinkel sorgte dafür, dass Esmée den Kopf ohne Hast herumdrehte. Der Blick ihrer hellblauen Seelenspiegel fiel auf eine Hand, die ihr gereicht wurde. Moment – das war Arkos? Nun erst verstand die Prinzessin den Zusammenhang der Worte, die der Wirt gesprochen hatte, sie setzte eins und eins zusammen. Dieser schreckliche, absolut grausige Moment hatte ein Ende! In der Dunkelhaarigen brannte der intensive Wunsch, den dreckigen Lappen mit Nachdruck zurück in den zugehörigen Eimer zu pfeffern und sofort die Flucht aus dieser Kneipe zu ergreifen, um ein paar Minuten für sich alleine zu haben… aber sie riss sich zusammen. Esmée schluckte herunter, wonach ihr war, verschloss ihre Emotionen irgendwo ganz tief in ihrem Inneren und ließ sich stattdessen wortlos von dem rothaarigen Schmied aufhelfen. Da sie sich für die Geste weder bedankte, noch dem Aurelius ein Lächeln oder ähnliches schenkte, schwang auch in diesem Moment eine gewisse Hochnäsigkeit mit, die nicht einmal Absicht von der Prinzessin gewesen war. Als Álvaro auf die beiden Magier zutrat, verengten sich die Seelenspiegel der Satyrs Magierin sichtlich. Aufmerksam hörte sie dem weiteren Plan ihres angeblichen Beschützers zu, konnte sich einen Kommentar am Ende jedoch beim besten Willen nicht verkneifen. „Wie überaus freundlich von Euch, dass Ihr Euch Gedanken über das Wohlbefinden dieses fremden Mannes macht, Monsieur. Eine Tugend, die ich Euch gar nicht mehr zugetraut hätte“, äußerte sie mit unverhohlen verborgener Verachtung und wandte sich dann, ohne Álvaro auch nur noch eines Blickes zu würdigen, auf dem Absatz herum und stapfte aus der Kneipe. Es sollte ihr nur Recht sein, sie hatte ohnehin kein Interesse daran, noch länger in dieser heruntergekommenen Spelunke zu versauern. Noch weniger, das Gespräch mit irgendwelchen Leuten zu suchen, die sich eben schadenfroh über sie lustig gemacht hatten. Als Prinzessin fühlte sich die 19-Jährige in ihrer Ehre verletzt. Als junge Frau… war sie wohlmöglich einfach nur ziemlich eingeschnappt.
Esmée entschied sich dagegen, sich allzu weit von der Kneipe zu entfernen. Sie blieb im Schatten des Gebäudes stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete, während ihr rechter Fuß ungeduldig auf und ab wippte. Sie war wütend – verdammt wütend. Die Dunkelhaarige fühlte sich in so vielerlei Hinsicht ungerecht behandelt und allem voran vorgeführt, dass sie ziemlich viel Ähnlichkeit mit einem Pulverfass hatte, das kurz vor der Detonation stand. Eine ganz gefährliche Mischung, gerade bei einer temperamentvollen Person wie die de Bosco es nun einmal war. In ihrem Inneren kämpften zwei Stimmen miteinander: Die eine, die die Gefühle einfach herauslassen wollte und die andere, die daran erinnerte, dass sich das für eine Prinzessin nicht gehörte. Es war ein Zwiespalt, der die Prinzessin schier zu zerreißen drohte. Eher zufällig traf ihr Blick nach einer ganzen Weile des Schweigens doch noch auf den Aurelius, der ebenso nach draußen getreten war, um auf Álvaro zu warten. Esmée konnte sich nicht daran hindern, ihr Mund öffnete sich von ganz automatisch: „Das hast du genossen.“ Es war keine Frage, die die 19-Jährige formulierte, sondern eine Tatsache. Und obwohl es sie im Nachhinein ärgerte, hatte man den vorwurfsvollen Unterton doch sehr deutlich hören können. „Noch etwas, was du mir gegenüber loswerden möchtest? Jetzt ist die beste Gelegenheit. Ich bin ganz Ohr.“ Die hellblauen Seelenspiegel durchbohrten den rothaarigen Schmied, während die restliche Mimik der Prinzessin vollkommen neutral blieb. Wollte hier wohlmöglich jemand, dass die Situation doch noch eskalierte? Wollte die 19-Jährige einen Grund erhalten, ihren gesamten Frust endlich rauslassen zu können? Gut möglich.
Es dauerte zwar ein wenig, aber schließlich nahm Esmée die ihr dargebotene Hand tatsächlich an. Arkos spürte beinahe körperlich, dass die dunkelhaarige Magierin kochte. Das war auch angemessen, wenngleich die Strafe aus ihrer Sicht vermutlich beinahe drakonisch angemutet hatte. Für den Rotschopf war ziemlich klar, dass Esmée bisher in ihrem Leben sehr wenig mit den tatsächlichen Konsequenzen ihres Handelns zu tun gehabt hatte. Wer auch immer sie davor immer geschützt hatte (zum Beispiel Erial, vermutlich), hatte ihr damit keinen Gefallen getan. Da der Schmied keine Ahnung hatte, was da noch alles dahinter steckte, blieb ihm nichts weiter übrig, als sie so zu behandeln, wie er es für richtig hielt. Er war einfach niemand, der mit so etwas hinter dem Berg hielt. Ehrlich gesagt war Esmée ob ihrer Unberechenbarkeit bisher noch relativ geschont geworden. Seine goldfarbenen Seelenspiegel fokussierten sich für einen Moment auf die junge Dame, dann wand er sich wieder Alvaro zu, der offenbar einen neuen Kontakt ausfindig gemacht hatte. Er und Esmée sollten draußen warten? Ob das so eine gute Idee war? Arkos nickte allerdings trotzdem: der Dunkelhaarige war es ja, der die Informationen besorgen wollte, und wie es bereits schon öfter angeklungen war... Arkos war es recht egal, wie man zu einem Ergebnis kam, hauptsache, es dauerte nicht so lange.
Die kalte Äußerung von Esmée allerdings überraschte ihn. Er wusste nicht in welchem Verhältnis Álvaro und sie standen, aber selbst er merkte ganz deutlich, wie die Stimmung der Magierin umgeschwungen war. Eben noch so klein mit Hut, war sie jetzt wieder auf dem Berg und behandelte den Mann, als wäre er nicht mehr als Schmutz an ihrem Absatz. Ewige Flamme, gib' mir bitte Kraft. Arkos spürte einen gewissen Ärger in sich aufsteigen. Esmée machte es alles nicht einfach, und sie war derart unreflektiert, dass es tatsächlich zum Teil schwierig war, irgendeine Ahnung zu haben, was sie als nächstes tun würde. Es war offenbar, dass sie sich zutiefst falsch behandelt fühlte. Was hatte sie erwartet? Das andere Leute ihren Dreck wegwischten?
Arkos dämmerte, dass das wahrscheinlich... genau die Wahrheit traf. Diese Erkenntnis traf ihn härter als gedacht. Nicht, weil es so furchtbar schlimm war, sondern weil es einfach nicht in sein Weltbild passte. Wieder waren da die ganzen Kleinigkeiten, die er bisher von Esmée mitbekommen hatte, und... er war sich sicher, dass es keine Fassade war. Sie war wirklich überzeugt davon, dass das korrekt gewesen wäre.
Kopfschüttelnd folgte er der jungen Magierin nach draußen, fand sie im Schatten des Gebäudes wieder, ungeduldig mit dem Fuß tappend und offenbar reichlich genervt. Wütend? Was auch immer, es war technisch gesehen nicht sein Problem. Blöd nur, dass Esmée entschied, es zu seinem Problem zu machen.
Die Worte der Magierin überraschten ihn. Sein Blinzeln und sein Blick zu ihr wirkten für den Moment fast überrascht. Er hätte nicht gedacht, dass sie das so deutlich wahrnehmen konnte... und dann auch noch in Worte fasste. Seine goldenen Seelenspiegel musterten sie schweigend, während sie ihm ganz offenbar Angriffsfläche bot. Arkos spürte in seinem Kern zwar einen gewissen Ärger darüber brodeln, dass sie derart dreist war - und ihn quasi anstiftete, hier ein Fass aufzumachen, aber er rief sich noch einmal in Erinnerung, wie sie eben am Boden gekniet hatte - und schaffte es mit dieser an sich immer noch sehr schönen Erinnerung, ein wenig innezuhalten. Was sollte er ihr sagen? Der Schmied wand sich der Blauäugigen ganz zu, und erwiderte ihren Blick problemlos. Er hatte keine Angst vor der Magierin, im Gegenteil. Er atmete einmal ein, und ließ den Atem schließlich lautlos und langsam wieder aus seinem Körper strömen, lockerte seine Haltung. Dann legte er den Kopf leicht auf die Seite. "... worüber bist du wütend, Esmée? Darüber, dass du einmal die Konsequenzen deines Handelns selbst tragen musstest? Dass Erial nicht da war, um dich wie ein Knecht vor allem Übel zu bewahren? Oder darüber, dass dieser Álvaro nicht jemanden bedroht, um dich vor dir selbst zu schützen?" Er schüttelte den Kopf und sah sie an, trat auf die junge Frau zu und beugte sich zu ihr herunter, sah ihr ins Gesicht. Selbst wenn er sich eine fangen sollte, sie musste das hören. "Du kannst nicht derart blind sein. Du kannst nicht nicht wissen, wie du mit deiner Umwelt umgehst." Seine Augen glühten leicht auf. "Ich bin nicht hier, um mich mit dir zu streiten. Aber du wirst deinem Spiegelbild irgendwann schon selbst gegenübertreten müssen." Ihre Nasenspitzen berührten sich beinahe, während sie sich gegenseitig anstierten. Arkos knurrte leise. Dann plötzlich... hatte er die Schnauze ein wenig voll. Er würde nicht zu ihr durchdringen. Sie wollte oder konnte nicht sehen, was er sah. Ein kleines Grinsen huschte über sein Gesicht, und er kam zwar nicht näher, aber seine Ausstrahlung änderte sich leicht. Er war sich nicht einmal ganz sicher, was über ihn kam, aber es war so frustrierend, jemanden zu sehen, der so falsch lag, dass er selbst ungeduldig wurde. "... du bist wütend. Richtig wütend. Komm schon, Esmée. Schlag zu", wisperte Arkos leise. Seine Augen bohrten sich weiterhin in ihre. Seine Stimme war kaum mehr als ein Raunen, welches ihre Nase kitzelte. "Willst du das nicht schon, seit wir uns das erste Mal getroffen haben? Oder hast du... Angst?"
Während Álvaro beschlossen hatte, dass die Geschehnisse für sich gesprochen hatten und zumindest aktuell keiner weiteren Erörterung bedürfen, schien Esmée zu einem anderen Ergebnis gekommen zu sein. Auch ohne Esmées Seitenhieb war Álvaro zwar klar gewesen, dass die Prinzessin wohl nicht gerne den Boden einer dreckigen Kneipe gewischt hatte, jedoch überraschte es ihn dennoch, dass sie scheinbar gar kein Gefühl für ihre eigene Verantwortung hatte. Dennoch prallte ihre Aussage an ihm ab, denn an seiner Entscheidung änderte sich nichts, nur weil das Mädchen bockig war. Das wird ein ganz schönes Stück Arbeit. Ihm wurde erst jetzt bewusst, dass die Worte von Enzo viel mehr beinhalteten als den reinen Schutz Esmées. Sie zu schützen war der einfache Teil. Sie auf den Thron vorzubereiten eine Mammutaufgabe. Da Esmée es bei dem kleinen Seitenhieb beließ und die Kneipe auf schnellstem Weg verließ, konnte Álvaro sich jetzt immerhin einer noch leichteren Aufgabe widmen: Ein kleines Gespräch über die Geschehnisse in der Bucht. Ein wenig mehr soziale Kompetenz würde es jedoch erfordern, denn Geld für Bestechungen hatte er nicht mehr zur Verfügung.
Es dauerte gar nicht Lang bis Álvaro sich ebenfalls auf den Weg machte, die Kneipe zu verlassen. Primo – der Hafenmitarbeiter – hatte schon zwei Stunden in der Kneipe hinter sich und war in Plauderlaune gewesen. Die einfache Erwähnung des Prinzen reichte damit schon aus, um einen wahren Redeschwall zu entfesseln, der Álvaros Fragen beantwortete, bevor er diese überhaupt gestellt hatte. Das der Prinz auch hier nicht sonderlich beliebt zu sein schien, machte es dann noch einfacher, denn die benachbarten Tische stiegen sofort mit einigen unzufriedenen Kommentaren in die Diskussion mit ein. Der Prinz ankerte also vor der Bucht von Heather Town, aber verließ das Schiff nur sehr selten mit einem kleinen Ruderboot und einigen wenigen Leuten seiner Gefolgschaft, die verschiedenen Rufen zu Folge irgendwo zwischen 30 und 100 Männern lag, die man aus der Ferne beobachten konnte. Die letzten Tage hatte er sich jedoch gar nicht mehr blicken lassen. Stinkt doch bis zum Himmel. Das schauen wir uns besser mal an. Diese Information galt es jetzt mit seinen Mitstreitern zu teilen die brav vor der Bar auf ihn warteten… oder?
Als Álvaro die Tür öffnete, strömte ihm kalte Luft entgegen. Sie vermittelte ein trügerisches Gefühl, denn die Stimmung hier schien keineswegs abgekühlt zu sein, sondern war gerade zu am hoch kochen. Was zum…? Álvaro schloss die Tür leise hinter sich, denn er war nicht sicher, ob ein falsches Geräusch zu einer Explosion führen würde. Esmée und Arkos standen sich gegenüber. Während Álvaro sich nur vorstellen konnte, dass Esmées Stimmung sich in der kurzen Zeit nicht deutlich verbessert haben konnte, sah man Arkos deutlich an, dass er verstimmt war. Er war bedrohlich nach vorne gebeugt und berührte mit seiner Stirn fast die, der Prinzessin. War ich wirklich nur ein paar Minuten weg…? Er konnte sich nicht wirklich erklären, was in der kurzen Zeit passiert war und genauso wenig in welche Richtung sich diese Situation entwickelte. Das Einzige, was er wusste war, dass er Arkos in die nächste Wand rammen würde, wenn diese Situation sich in eine falsche Richtung entwickelte. Er würde dann auf schmerzvolle Weise erfahren, dass die Szene in der Gaststätte vielleicht einen falschen Eindruck von der Beziehung der beiden Boscos vermittelt hatte. Fürs erste knackte Álvaro jedoch nur mit den Knöcheln seiner rechten Hand und hielt sich bereit, denn um ehrlich zu sein hatte er nicht den Eindruck, dass Arkos Esmée in irgendeiner Weise feindlich gesinnt war.
Esmée kochte. Gleichzeitig war sie frustriert und fühlte sich erniedrigt – eine Kombination von negativen Emotionen, die sie einfach nur wieder loswerden wollte. Arkos hatte das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort und damit das einzige Ziel zu sein, das die Prinzessin für ihren Frust hatte auserkoren können. Die 19-Jährige schaffte es nicht zu reflektieren, dass der Schmied die absolut letzte Person war, die Verantwortung für diese negativen Erfahrungen und Gefühle trug – weder hatte er die Kellnerin umgeworfen noch der Dunkelhaarigen befohlen, den Boden zu schrubben. Eigentlich hatte er ihr sogar geholfen, in dem Augenblick, als er ihr die Hand gereicht hatte, um ihr aufzuhelfen, ohne irgendeinen bösen Kommentar abzugeben. Und ehrlich: Die Gelegenheit wäre hierfür mehr als günstig gewesen. Wenn Esmée auch nur zwei Sekunden länger darüber nachgedacht, wenn sie einmal ruhig durchgeatmet hätte, wohlmöglich hätte sie ihre Worte zurückgenommen und wäre einen Schritt zurückgegangen. Aber das war ihr nicht möglich: Sie war einfach zu temperamentvoll.
Der Aurelius schwieg in der ersten Sekunde, wirkte überrascht über diese Offensive. Aber es dauerte nicht lange, da lockerte sich seine Haltung, er wandte sich der Prinzessin vollends zu und fragte sie frei heraus, worüber sie wütend wäre. Ob sie wütend darüber wäre, dass sie einmal die Konsequenzen ihres Handelns selbst hätte tragen müssen. Ein süffisanter Unterton schwang mit, als er in den Raum stellte, dass Erial nicht zugegen gewesen wäre, um sie wie ein Knecht vor allem Übel zu bewahren oder Álvaro sich nicht schützend vor sie gestellt hatte. So wie es sonst doch immer wäre – weil Esmée immer behütet und beschützt wurde. Einmal… die Konsequenzen tragen? Die hellblauen Augen weiteten sich und sie erinnerte sich an jenen schrecklichen Tag in Bosco. An ihre Flucht. An die Angriffe und nicht zuletzt an den Pfeil, der sie beinahe getötet hätte. Konsequenzen… nur dieses eine Mal in ihrem Leben? Ohne eine bewusste Entscheidung zu treffen, hob sich die rechte Hand der Dunkelhaarigen an und fuhr sich sanft über die Wange – dort, wo der Pfeil damals eine blutige Schramme hinterlassen hatte, die heutzutage natürlich nicht mehr zu sehen war. All die Schreie drangen wieder an ihr Ohr, die Angst, der Verlust ihrer Familie und ihrer Heimat. Arkos war in der Zwischenzeit noch nähergetreten, baute sich vor ihr auf und sprach unbeirrt weiter. Er behauptete, dass Esmée blind wäre, dass sie nicht erkannte, wie sie mit ihrer Umwelt umsprang. War es das? Hatte sie diesen Angriff damals vielleicht wirklich verdient gehabt, weil sie so ein schrecklicher Mensch war? War es das, was der Rothaarige damit meinte, dass man die Konsequenzen für seine Taten zu tragen hatte und dass Esmée selbst daran schuld wäre? Dass sie… ihrem eigenen Spiegelbild irgendwann selbst gegenübertreten müsse? Alles hatte die junge Frau damals verloren – nicht nur materiell, es ging weit darüber hinaus. Ihr Stolz und ihre Würde waren die einzigen Dinge, an die sie sich noch klammern konnte, um ihr altes Leben, ihre Herkunft und ihre Familie nicht vollkommen zu vergessen. Einsamkeit und Verzweiflung hatten sich vehement in ihrer Seele eingenistet… eine Einsamkeit und Verzweiflung, die ein Außenstehender wie Arkos Aurelius mitnichten verstehen, schon gar nicht nachvollziehen konnte. Esmée war nicht behütet, sie war nicht beschützt – nicht nur hatte man sie in der Vergangenheit töten wollen, auch jetzt noch war man hinter ihr her und wollte ihr Leben genauso wie das Leben vom gesamten Rest ihrer Familie auslöschen. Die de Bosco hatte sich das alles nicht ausgesucht – sie hatte sich nicht entschieden, eine Prinzessin eines Königreiches sein zu wollen. Jeder hatte seine Rolle, die verbunden war mit bestimmten Aufgaben und Pflichten – man wurde nicht gefragt, ob man diese Rolle annehmen wollte. Es wurde schlicht von jedem Individuum verlangt. Es waren so viele Dinge, die der Dunkelhaarigen gerade durch den Geist huschten, während sie Arkos sprachlos anstarrte. Und dann… setzte der Schmied dem Ganzen die Krone auf, indem er sie aufforderte, ihn zu schlagen. Es war nur ein leises Wispern, das vermutlich niemand außer Esmée selbst verstehen konnte. Arkos war ihrem Gesicht so nahe gekommen, die bernsteinfarbenen Augen so nah an ihr, während er sie fragte, ob sie Angst hätte.
Ja, Esmée hatte Angst. Angst war seit jenem Tag der ständige Begleiter der 19-Jährigen. Und die Angst sorgte dafür, dass sie die Hände zu Fäusten ballte und der Aufforderung nachkommen wollte. Endlich könnte sie all negativen Gefühle nach außen tragen, konnte sie in einem einzelnen Schlag komprimieren und dadurch wohlmöglich endlich loswerden. Die Dunkelhaarige wollte keine Angst mehr haben, das Einzige, was sie wollte, war ihr Leben. Das von sich… das von ihrer Familie… sie wollte ihre Familie zurück. So wie es damals gewesen war, bevor man ein Attentat auf Königin Eléonore verübt hatte, bevor alles im Chaos versunken war und man sie nach Fiore in die Fremde geschickt hatte.
“Siehst du? Du lässt dich viel zu leicht aus der Fassung bringen, Mimi. Lass nicht zu, dass andere Macht über dich ausüben – denn das ist es, was sie wollen. Aber du bist die Prinzessin dieses Landes. Du musst das durchschauen und ihnen zeigen, dass du dich nicht von ihnen manipulieren lässt.“
Raoul. Er war es gewesen, der seiner kleinen Schwester damals mit einem Lächeln auf den Lippen diese Worte mit auf den Weg gegeben hatte. Er hatte sie geärgert, bis sie die Beherrschung verloren hatte und ihr dann unverblümt mitgeteilt, dass er das ganz bewusst getan hatte. Weil er ihr helfen wollte, ihr Temperament zu kontrollieren. Nicht nur aus seiner Rolle als zukünftiger König von Bosco, sondern allem voran, weil er ihr großer Bruder war. Die Erinnerung an Raoul traf Esmée wie ein heftiger Schlag in die Magengegend. Aber… es war eine Erinnerung, die sie zugleich wieder zur Besinnung brachte, ganz gleich, wie bitter es sich zugleich anfühlte. Und so lockerten sich die zwischenzeitlich schmerzhaft zu Fäusten geballte Hände wieder auf. Die hellblauen Seelenspiegel verengten sich zu schmalen Schlitzen, während sie unbeirrt der direkten Nähe von Arkos standhielt. Sie hatte entgegen ihrer sonstigen Erziehung gegenüber dem Schmied die förmliche Anrede abgelegt – etwas, das sie auch jetzt ganz bewusst beibehielt, während sie frostig erwiderte: „Wie kannst du es wagen, über Erial, mich oder Álvaro zu sprechen, als würdest du uns kennen. Als hättest du irgendeine Ahnung, wer ich bin und mit welchen Konsequenzen in diesem Leben ich mich bisher auseinandersetzen musste. Ich sage es dir einmal ganz deutlich: Du hast keine Ahnung. Und wenn du ernsthaft glaubst, dass ich mir die Hände an dir schmutzig mache, dann hast du dich geirrt, Arkos Aurelius. Denn das wäre noch sehr viel erniedrigender, als es das Schrubben eines Kneipenbodens je hätte sein können“, sprach sie weiter und ruckte von ihm ab. „Sollte ich tatsächlich blind sein, so bin ich mir zumindest sicher, dass ich damit nicht alleine bin.“ Vielleicht hätte Esmée noch mehr gesagt, aber ein Geräusch ließ sie innehalten. Sie wandte den Kopf herum und erkannte Álvaro. Wann war er zu ihnen gestoßen? Hatte er schon länger zugehört? Natürlich hatte die Prinzessin ihren Zorn auf den älteren Magier noch nicht vergessen, aber die Erinnerung an Raoul hatte sie in vielerlei Hinsicht abgekühlt – vielleicht sogar abgestumpft. Und so wandte sie sich von Arkos ab, konzentrierte sich stattdessen auf den dunkelhaarigen Magier. „Habt Ihr herausgefunden, wo wir den Prinzen finden? Ich wäre dankbar, wenn wir ihn alsbald aufsuchen würden.“ Die junge Frau warf sich die Kapuze ihres Umhangs wieder über den Kopf – natürlich hatte sie nicht vergessen, dass die Absichten des Prinzen immer noch unklar waren. Sollte es wirklich Esmée de Bosco sein, nach der er suchte, wäre es fahrlässig, sich so offen zu zeigen. Die Kapuze diente also als Tarnung, um nicht sofort als die Prinzessin ihrer Heimat erkannt zu werden. Nur flüchtig warf sie einen letzten Blick zu Arkos, bevor sie auf Álvaro zuschritt. So oder so: Der ältere Magier musste die Richtung ansagen, damit sie wussten, wohin sie zu gehen hatten.
Selbstverständlich bekam Arkos von den ganzen Dingen, die in dem Kopf der jungen Frau ihm gegenüber vorgingen, nichts mit. Wie auch? Gedanken lesen war nicht Teil seines bescheidenen Fähigkeiten. Arkos war sich immer noch sehr sicher, dass mehr hinter der ganzen Angelegenheit steckte, als ihm im Moment tatsächlich klar war; aber es war sicherlich auch Esmée bewusst, dass er nur darüber urteilen konnte, was ihm bisher direkt vor Augen geführt worden war... oder? So wartete er also - entweder darauf, dass sie ihm eine scheuerte und sich diesen ganzen angestauten Frust, der in ihren Augen sehr deutlich funkelte, mal von der Seele schaffte. Falls das denn genügen würde. Oder aber, dass sie ihre bisherige Strategie weiterfuhr und im Grunde einfach nur wieder bewies, dass sie kein Interesse daran hatte, sich von anderen etwas sagen zu lassen. Es würde zumindest in ihr bisheriges Schema gut passen. Je länger Arkos die junge Frau kannte, desto mehr bekam er den Eindruck, dass sie weniger eine Prinzessin auf der Erbse war... sondern vielleicht viel mehr eine Rapunzel.
Es dauerte ein paar Momente. In Esmée gingen wohl einige Dinge vor sich? Der Rotschopf war schon kurz davor, sich zurückzuziehen und seine Körperhaltung weiter zu lockern - immerhin hatte er nicht vor, sich mit der Dunkelhaarigen zu schlagen. Er war hier nicht derjenige, der sich schuldig fühlen musste. Dann aber, mit einem mal, schien sich ihr Blick wieder auf ihn zu fokussieren. Anscheinend hatte sie eine Entscheidung getroffen? Der Schmied war gespannt, bereitete sich eigentlich schon auf Schmerzen vor... und wurde ein wenig überrascht. Seine Überraschung, die sich in leicht verblüfften, geöffneten Augen geäußert hatte, ebbte allerdings ganz schnell wieder ab. Das... war ihre Antwort? Das war alles, was sie aus der Situation eben ziehen konnte? Sie war frustriert, wütend, und erniedrigt, und alles was ihr einfiel war 'Wie kannst du es wagen'? Ein etwas bitteres Lächeln legte sich über seine Züge, und als sie sich zurückzog, trat auch der Rotschopf einen Schritt zurück. Vielleicht war es der Altersunterschied, vielleicht war es sein Mindset, aber Esmée wirkte auf ihn wie ein trotziges Kind. Ihre Worte trafen ihn ein wenig, aber nicht, weil sie ihm Dinge sagte, die er schon lange wusste. Eher, weil ihm bewusst wurde, dass es wohl die falsche Herangehensweise an die Situation gewesen war. Allerdings, und das war ihm eigentlich auch klar, hatte es eh keine korrekte Herangehensweise gegeben. "'Wie kannst du es wagen' und 'du kennst mich nicht, also urteile nicht' als Antwort? Klingt nach Ausreden." Und nach dem Niveau von Lebensweisheiten aus Ratgeberzeitschriften. Arkos leise Worte, gesprochen, bevor sie sich an Álvaro wand, wirkten ein wenig enttäuscht. Vielleicht, weil er sich etwas anderes erhofft hatte, aber vornehmlich, weil er diese Antwort für... typisch Esmée hielt. Sie reflektierte nicht über ihr Verhalten oder über das, was er ihr gesagt hatte, sondern suchte sich Ausreden. Klar, das mochte alles wahr sein, was sie sagte, aber die Realität, die er hatte beobachten konnte, war nun einmal eine andere. Ihre Antwort bewies, dass Esmée sich als etwas besseres wähnte. Aber dabei fiel ihm wieder einmal ein, dass sie gar nicht so unrecht hatte. Er kannte sie nicht. Er kannte auch Erial und Alvaro nicht. Ihm fielen zwar Dinge auf, aber das hieß noch lange nicht, dass er seiner Neugierde und seinem Interesse Folge leisten musste. Sie hatte vollkommen Recht - wahrscheinlich war er tatsächlich ein wenig blind gewesen in diesem Zusammenhang.
Also straffte Arkos den Rücken und verschränkte die Arme hinter den Rücken, wand sich ebenso Álvaro zu, der ihn finster anblickte. Oder sie beide. Wie auch immer. Der Kerl liebte es wirklich, böswillig auszusehen. Ob die Falten bereits in seine Stirn eingraviert waren? Auch das mal wieder etwas, was irrelevant war. Arkos entschied sich, seine Prioritäten radikal neu zu ordnen. Das hier würde nur Ärger machen, wenn er sich weiter damit beschäftigte. Seine Leidenschaft und sein Schicksal waren etwas anderes, als dieses verdächtige Trio. Und während er zwar entsprechend seiner eigenen Arbeitswilligkeit und -moral diesen Auftrag sicher so schnell und gut es ging abschließen würde, so würde er doch versuchen, seinen Fokus zu rekalibrieren. Mit neutralem Gesichtsausdruck sah er Álvaro an, der - wie von Esmée treffend erfragt - ja hoffentlich ein paar Informationen parat hatte.
Die Szene konnte direkt aus einem Drama entnommen worden sein. Arkos und Esmée standen sich gegenüber, die Stimmung war erhitzt und niemand der beiden sagte etwas. Zwar hatte er den Vorwurf von Arkos nicht mitbekommen, aber der Gesichtsausdruck der Prinzessin zeigte ihm, dass ihr etwas nicht zu gefallen schien und sie zum nachdenken brachte. Hat er sich über ihr Verhalten in der Bar beschwert? Oder hat sie sich über sein Verhalten in der Bar beschwert? Skurilerweise konnte sich Álvaro vorstellen, dass beides zu dieser Situation führte, wenngleich er von der Geschwindigkeit beeindruckt war. Was er sich jedoch nicht vorstellen konnte, war das Gewitter, welches Esmée nach einiger Zeit des Starrens entfesselte. Dies klärte vermeintlich auch, wer hier eine Grenze überschritten hatte, denn Arkos kam dabei alles andere als gut weg. Offensichtlich hatte er einen wunden Punkt bei der Prinzessin getroffen.
Pass auf was du sagst, Esmée. Kurz machte Álvaro sich sorgen, dass Esmée sich in ihrer Rage vergaß, denn gleich zu Anfang bestätigte sie eine engere Verbindung zwischen Erial, Álvaro und ihr. Wenn Arkos nicht auf den Kopf gefallen war – und Álvaro hatte den Eindruck, dass er das nicht war – konnte er diese Verbindung ebenfalls ziehen, falls es ihn überhaupt interessierte. Glücklicherweise blieben ihre Ausführungen sehr vage und ließen Raum für Spekulationen, die sich in allen möglichen Richtungen verlieren konnten, auch wenn es ihn nicht erfreute, dass die Prinzessin überhaupt Raum für Spekulationen um ihre Person schuf. Aber manchmal musste Frust auf die ein oder andere Art einfach einen Weg nach draußen finden und das wusste er nur zu gut. Dann lieber so als anders. Arkos hingegen schien von der Ungenauigkeit der Aussagen alles andere als begeistert zu sein. Der Junge hatte sich scheinbar mehr erhofft. Warum? Hatte er die Prinzessin vielleicht bewusst provoziert? Hatte er doch ein Interesse an der Geschichte hinter Esmée, welches über das eines einfachen Lüstlings hinaus ging? Álvaro hatte es zwar bereits in der Bar beschlossen, aber festigte seinen Entschluss nun noch mehr: Er würde diesen fähigen Lümmel im Auge behalten.
Der Konflikt schien fürs erste beendet und die beiden Magier wandten ihre Aufmerksamkeit nun Álvaro zu, der die ganze Situation als stiller Beobachter mitverfolgt hatte. Wie zwei bockige Teenager starrten sie ihn an und verlangten nach den Informationen, die er in der Bar besorgt hatte. Er musterte Esmée, die das Bild des schmollenden Edgelords vervollständigte, indem sie sich erneut die Kapuze überwarf und erhob dann erstmals seit dem verlassen der Bar die Stimme. Eigentlich wollte er die Vergangenheit der Prinzessin, die sie zweifelsohne referenziert hatte, nicht einfach so zur Seite schieben, jedoch hielt er es für die bessere Idee, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf den Streit der beiden zu lenken. „Der Prinz ankert nahe Heather Beach also sollten wir dort hin.“ Er deutete grob in die Himmelsrichtung, in der sich der Strand befand und redete dann weiter. „Er hat jedoch nirgends angelegt und kommt immer nur mit ein paar Besatzungsmitgliedern per Ruderboot an Land, wenn er sein Schiff überhaupt verlässt.“ Álvaro setzte sich bereits langsam in Bewegung Richtung Strand, wie er es auch schon am Marktplatz gemacht hatte und ging einfach davon aus, dass man ihm folgte. „Scheint ein ganz ordentliches Schiff zu haben, was unnötig mit Personal überladen ist, wenn man den Männern in der Bar Glauben schenken kann. Zwischen 30 und 100 Mann. Wenn wir Glück haben, ist er gerade an Land, wenn wir Pech haben...“ Es gab viele mögliche Szenarien, was dann zu tun war, aber Álvaro neigte dazu, das unkomplizierteste zu wählen. „Ich hoffe, ihr könnt schwimmen.“ Álvaro ging kurz durch den Kopf wie sehr Arkos sich wohl darüber freuen würde die Prinzessin in nassen Kleidern zu sehen. Das wäre dann wohl doch etwas, was er irgendwie verhindern müsste. „Oder in Boot steuern.“
“Uhh…”, mit ungläubigem Blick schaute Zani auf ein kleines Stück Wiese herab. Am Rande von…wie hieß diese Stadt? He….Heiß…Heather…irgendwas. War ja auch egal, den Namen hatte sie sich nicht gemerkt und würde sie vermutlich auch nicht, wenn es nicht wichtig war. Verwirrt schaute sie sich um und neben dem bisschen Feld und einer kleinen Hütte, die sich inmitten dessen befand, war hier nicht viel. Die Oni stand mitten im Nirgendwo, am Rande einer Stadt, die von ihrem derzeitigen Wohnort nicht weiter hätte entfernt sein können und…wofür? Ihr wurde empfohlen, dieses Magierding auszuprobieren, wo man irgendwie anderen hilft und dafür Jewel kassiert. Nicht, dass die Großgewachsene viel auf das Geld gab, doch mittlerweile musste sie leider akzeptieren, dass man wohl bei vielen Leuten ohne sowas nicht weiterkam. Eigentlich hatte Zaniyahtra sich ja auch nur aus einer Laune heraus entschieden, dem Ganzen eine Chance zu geben, doch diese erste Quest verwirrte sie schon. Sollte…sollte sie hier nicht auf irgendwas aufpassen oder so? Ihr Blick schweifte umher, mittlerweile war die Grünhaarige etwas unsicher, ob sie sich nicht verlaufen hatte. Normalerweise war ihr Orientierungssinn doch recht gut, also war sie doch richtig, oder?
Perplex ging die Dame etwas hin und her, schaute sich nochmal in der Gegend um. Hier war fast gar nichts, sie befanden sich am Rande des Ortes und diese Wiese hatte schon deutlichen Abstand zum letzten Grad der Zivilisation. Sollte laut Questbeschreibung nicht eigentlich ein Königreich hier irgendwo sein? Also…zumindest war es das, was sie entziffern konnte. Zani tat sich mit dem Lesen immernoch etwas schwer, auch wenn sie in den Monaten, in denen sie in Kaiso Town wohnte, einige Fortschritte verzeichnen durfte. “Ehhh…” Sie war ratlos und wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Hier war auch niemand, der ihr erklären konnte, was sie jetzt zu tun hatte und wegen dem Auftragsort war sie weiterhin unsicher. Sollte nicht noch jemand irgendwann hier vorbeikommen? Uhhh…gute Frage, dieses Detail wusste sie nicht mehr ganz so genau. Vielleicht war es wirklich die beste Idee, hier zu warten, ob nicht doch noch jemand kommen würde, der ihr half. Sie würde vermutlich die erstbeste Person ansprechen, die ihren Weg kreuzte. Also tat Zaniyahtra das einzige, was sie in dieser Situation als richtig erachtete: Sie legte sich in das Gras und starrte den Himmel an. Es half ja nichts, hier nur herumzulaufen. Etwas ungeduldig wälzte sie sich hin und her und zwischendurch holte sie ein paar Schrauben aus ihrer Tasche, mit denen sie in ihren Händen spielte. Eine von denen warf sie dem Himmel entgegen, nur um sie wieder aufzufangen, kurz bevor das Metall ihren Kopf erwischte. Ein kleines Spiel, um ihre Reaktionszeit warm zu halten.
Puh! Die verschwitzte Oni blieb am Rand des Stadt stehen und schnappte nach Luft. Sie war gut in Form, aber sie war gerade vom Bahnhof, der gute 100 Kilometer entfernt lag, hierhergelaufen. Da durfte man schon außer Atem sein. Und vor allem hungrig! Der Bauch der Oni knurrte zustimmend und griff an ihre Hüfte. Sie hatte eine Flasche bekommen, die besser als ihr alter Ledersack das Wasser drinnen behielt. Diese hatte sie in eine ihrer Taschen gestopft und dann noch ein wenig gesichtet, um sie nicht zu verlieren. Für ihre Größe lösten ihre Finger den Verschluss ziemlich flink und sie trank die halbe Flasche aus, ehe sie absetzte und sich über den Mund fuhr. Besser. Die Flasche wieder eingesteckt lief die Oni barfuß wie meistens weiter. Die Sonne schien ihr auf die Haut und wärmte sie weiter auf, während sie wieder zu einem normalen Atemtempo zurückkehrte. Sie hatte ihren Questzettel vorgelesen bekommen, sowie eine Anleitung, wie sie hier her und wieder nach Hause kam. Entsprechend wusste sie, dass sie noch nicht ganz richtig war. Erst musste sie durch diese Stadt. Karma hatte noch nicht viele Städte gesehen, aber diese hier war im Gegensatz zu Aloe Town nicht gerade groß. Die Gebäude waren nicht so hoch, aber vermutlich würde sie den Großteil der Stadt überblicken, wenn sie auf eines der Häuser kletterte. Sie blieb allerdings auf dem Boden, als sie nach Essen Ausschau hielt. Wenn ihr später beim Aufpassen etwas Essbares unter die Nase kam … Karma konnte eigentlich immer Essen! Also war sie sehr zufrieden, wenig später einen Stand zu entdecken, der seltsame … Wie hieß es noch gleich? Brötchen? Verkaufte. Und es roch nach Fleisch. Neugierig kam die große Oni näher und reckte den Kopf vor. Was das wohl war? Gedacht, gefragt und schon hatte sie ein neues Wort im Kopf. Burger. Karma hatte keinen Schimmer, was das war, aber sie reichte dem Mann dahinter einen der Scheine, die sie sich bereits verdient und aufgehoben hatte. Viel Sinn sah sie darin noch immer nicht, aber Charon meinte, dass Geld wichtig war. Man brauchte es, um Essen zu bekommen. Karma könnte sich zwar auch so Essen holen, sie bräuchte nur die Hand auszustrecken, aber es war Charon Ernst gewesen. Er wollte keinen Ärger, für sie beide und Karma wollte nicht, dass der Kleinere traurig war. Sie hinterfragte oft genug oder wollte wissen, wie etwas funktionierte. Außerdem lächelte der Mann hinter dem Stand nett. Also zahlte die Oni mit diesem sinnlosen Geld, dass man weder essen konnte, noch gut und lange als Brennstoff nützen. Sie bekam drei Döner dafür und einer war schnell in ihrem Mund, als sie sich auf den Weg machte, ihre Questpartnerin aufzutreiben.
Die Oni hatte die Stadt durchquert und verlassen und dabei eineinhalb Burger gegessen, als sie in der Wiese jemanden entdeckte. Sie blieb stocksteif stehen. Von dieser Entfernung sah sie nicht, wer da war, aber … Karma ging in die Hocke und legte ihr Essen ab. Auf allen Vieren, Füße und Hände, nicht Knie, näherte sie sich langsam. Sie konnte sich leise und langsam bewegen, anpirschen. Die Jagd hatte ihr zumindest etwas Geduld gelernt, sodass sie etwas bis auf fünf Meter heranschlich. Die Gestalt ähnelte dabei immer weniger einem Tier, dafür einem großen Menschen. Mit Horn. Die gelben Augen wurden groß und Karma zog vorsichtig die Beine unter den Körper. Dann verwandelten sie sich und die Oni sprang aus dieser Position auf die andere Frau zu, um diese hoffentlich zu erwischen und am Boden festzuhalten. Ein breites Grinsen schlich sich dabei auf ihr Gesicht. #karma#karq2@zani
Zauber:
High Jump: Frog Soul TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 20 pro 3 Minuten MAX. REICHWEITE: Selbst SPEZIELLES: Partial Take Over VORAUSSETZUNGEN: Manaregeneration Level 3, Geschicklichkeit Level 2 BESCHREIBUNG: Der Anwender verwandelt seine Beine in die eines Frosches und erhöht so seine Sprungkraft drastisch. Bei jedem Sprung ist der Magier nun in der Lage bis zu 5 Meter hoch zu springen und das ganz ohne Anlauf.
Wie lange sie hier wohl mittlerweile lag und mit den Schrauben spielte? Zani hatte nicht unbedingt das beste Zeitgefühl, es könnten also schon zwei Stunden gewesen sein…oder fünf Minuten. Am Sonnenstand hatte sich bisher nicht so viel getan, sehr lange war es dann wohl doch nicht. Ob die andere Person noch auftauchte? War sie hier überhaupt richtig? Es nicht zu wissen, beunruhigte die Oni ein wenig. Andererseits wüsste sie auch nicht, wohin sonst. Naja, mal schauen, vielleicht würde ja wirklich jemand vorbeikommen und…hm? In dem Moment, in dem die Grünhaarige ihre Schraube erneut in den Himmel warf, erblickte sie im Augenwinkel eine rasche Bewegung. Ein…war das ein Angreifer?! So nicht! An Zaniyahtra Mahna pirschte sich niemand ungeahnt heran! Die großgewachsene Frau fing ihre geliebte Schraube wieder ein, die durfte ja nicht verloren gehen, ballte mit der Hand eine Faust und konzentrierte das bisschen Mana, was sich in ihrem Körper befand, in ihren linken Arm. Vielleicht würde sich diese komische Magie, die ihr der eine Kerl da gezeigt hat, ja als nützlich erweisen? Die Muskeln der Mahna wurden noch größer, als sie eh schon waren, und auf der Haut wuchsen ein paar Büschel deutlich zu erkennende, grüne Haare. Sie richtete ihren Körper leicht auf und sah dem Ungetüm entgegen, welches ihr entgegen sprang. Ohne die genaueren Konturen auszumachen, erkannte Zani, dass das Vieh rot war. Es konnte also nur gefährlich sein. Sie nahm einmal kräftig Schwung und bretterte dem Etwas ihren verstärkten Arm volle Kanne in die Magengrube. Das dürfte gesessen haben!
Erst, als die Oni einen genaueren Blick auf das Monster warf, bemerkte sie, dass es sich dabei gar nicht um ein Monster handelte, sondern um eine Person. Eine Person…mit Hörnern? “Oh.” entgegnete sie etwas überrascht in ihrer monotonen Stimmlage. Einen Moment schaute sie das Mädchen an, was nun vor ihr…an ihrer Faust stand…woraufhin sie mit einem rechten Haken noch einmal nachsetzte. Der erste Schlag war nur die Rechnung für den Überraschungsangriff. Der zweite war lediglich eine Begrüßung. Erwartungsvoll starrte Zaniyahtra die rote Dame an. Das würde sie ja nicht gleich aus den Latschen gekippt haben, oder? “Coole Hautfarbe.” in ihrem Stamm hatte sie noch nie eine Oni mit roter Hautfarbe gesehen, das hier war das erste Mal. “Bist du auch hier für diese…ehm…wie heißt das noch gleich?” Q-Q-Qua…ne. Diese Sache halt.
Strong Arms: Neanderthal Soul TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: I ART: Nahkampf MANAVERBRAUCH: 20 pro 3 Minuten MAX. REICHWEITE: Selbst SPEZIELLES: Partial Take Over VORAUSSETZUNGEN: Manaregeneration Level 2, Stärke Level 2 BESCHREIBUNG: Bei diesem Zauber verwandelt der Anwender seinen Arm in den eines kräftigen Neandertalers, was besonders an den großen Muskeln und der starken Behaarung zu erkennen ist. Die Stärke des verwandelten Armes steigt während der Verwandlung um 1. Bei der Anwendung auf beide Arme verdoppeln sich die Manakosten.
Wäre sie auf einer echten Jagd gewesen, hätte Karma sich mehr Zeit genommen, als sie es hier tat. Hätte ihre Sinne verstärkt, wie sie es immer tat. Mit Magie und diesem komischen Mana, ihren magischen Muskeln, wie es Charon ihr erklärt hatte. Aber die Oni wollte dass was sie entdeckt hatte nicht wirklich erlegen. Es war ein Spiel, eine kleine Herausforderung für sie, als sie zu Boden ging und sich nahezu lautlos bewegte. Karma hatte am liebsten von den Bäumen aus gejagt, waren über die Äste geklettert, aber sie konnte sich auf hier am Boden leise bewegen. Nur leider war sie groß, obwohl sie ziemlich flach auf dem Boden lag, und groß Gebüsch gab es auch nicht. Als die Oni also lossprang, hatte ihre Gegnerin sie bereits entdeckt und setzte sich auf. Karma erkannte noch grüne Haare auf dem Kopf und etwas, dass wie ein Horn aussah, dann traf sie der Arm der großen Frau mit Wucht in den Bauch. „Ahgr!“ Sie krümmte sich vorn über. Das war hart gewesen! Es brauchte für die Oni ein, zwei Herzschläge, sich zu fangen. Ihre Beine wurden wieder normal, als sie ein letztes Mal hochsprang, um mit den Knien auf dem Brustkorb ihrer Gegners zu landen. Sie schnappte nach dem Arm, der sie getroffen hatte, versuchte, ihn zu Boden zu drücken und davon abzuhalten, sie erneut zu boxen. Nach Luft schnappend starrte sie aus gelben Augen in welche, die fast den gleichen Farbton hatten. Das war selten! Und dann das Horn! „Hast du ein Horn verloren?“ Karma kam nicht zu mehr Fragen, als die Faust die an der Schulter traf und sie fast zu Seite kippte. „Heyy, du schlägst ordentlich zu!“, stellte sie fest und sprang rückwärts von der anderen hinab, um vor ihr auf den Füßen zu landen. Mit glänzenden Augen wartete sie, dass ihre Gegnerin/neue Bekannte auch aufstehen würde. „Oh, ja. Haben wir alle daheim. Das ist ganz gut gegen die Sonne, weißt du“, erzählte sie und betrachtete die andere Frau ihrerseits. „Ich habe hier noch gar keinen getroffen, der auch so groß ist wie ich. Bist du auch ein Oni?“ Karma setzte sich in Bewegung, um die Fremde einmal zu umkreisen und von allen Seiten zu betrachten. Ihr Herz pochte von der kurzen Prügelei. Zum Glück waren ihre Bauchmuskeln hart im Nehmen! „Ich bin Karmajeevan Tsumiho, Jägerin im Stamm der roten Sonne und Magierin von Crimson Sphynx“, stellte sie sich in voller Länge vor. Vielleicht klingelte bei der anderen da ja etwas. „Ah, Quest meinst du? Ja, ja dafür bin ich hier! Fürs aufpassen oder so.“ Sie grinste und wandte sich ab, um zu ihrem Startschleichpunkt zurückzukehren und die zwei Burger zu holen. Den angebissenen behielt sie, während sie den anderen der ein wenig Größeren hinstrecke. „Willst du? Müssen ja stark sein und du hast dich – und mich super geboxt“, bot sie ihn der Einhörnigen an. #karma#karq2@zani
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