Ortsname: Bahnhof - Gleise Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Am Rande von Aloe Town treffen mehrere Gleise aufeinander und bilden einen Bahnhof, der nichts mit einem Großstadtbahnhof gemein hat. Ein paar Lehmhügel, die abgeflacht wurden stellen die Bahnsteige dar und die einzige Überdachung des Bahnhofes sind einige Palmen zwischen denen geflochtene Palmenwedel eine Art Dach bilden sollen. Dass man dann vom Bahnhof auch noch einen Fußmarsch zur Stadt vor sich hat, bekommt nicht vielen Touristen, doch die Einheimischen bieten gegen einen kleinen Obulus einen Taxiservice an, der gerne genutzt wird. Man muss nur vor Scharlatanen und Betrügern Acht geben.
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Yuuki
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#7 Mit geschlossenen Augen und an der Wand lehnend, wartete Yuuki und lauschte den Geräuschen seiner Umgebung. Im Augenblick vernahm er lediglich das neugierige Tratschen der Menschen in den Abteilen, die sich wohl fragten, warum der Zug angehalten hatte und ob es wohl Probleme gab. Jedoch konnte der junge Mann keine Panik vernehmen, sodass er nicht davon ausging, dass sie sich in diesem Moment in Gefahr befanden. Ruhig atmete er ein und aus, während er den Griff um seinen Stab verstärkte. Es schien alles friedlich zu sein, doch warum war er dann so angespannt? Irgendein Gefühl in ihm mahnte ihn zur Wachsamkeit, dass er jetzt nicht nachlässig werden durfte. Und ehe er es sich versah, bemerkte er, dass eine seiner Kopien zerstört worden war. *Das bedeutet nichts Gutes!*, dämmerte ihm. Das Wissen der Kopie, welche Akay begleitet hatte, floss wie magisch in seinen Verstand, sodass der Grynder nun auch auf dem aktuellen Stand war. Die Zuggleise waren also zerstört worden, höchstwahrscheinlich willentlich. Andernfalls wäre Akay wohl nicht nach Aloe Town gekommen, wenn die Zuggleise nicht intakt gewesen waren. Zudem waren da noch die ganzen Fußspuren in dem Bereich und schließlich auch der Angriff, welche auf Akay gezielt hatte und durch die Kopie interveniert worden war. Das hatte schließlich zur Zerstörung der Kopie geführt. Ehe Yuuki noch daran denken konnte, dass er zum Glück weitere Augen da draußen hatte, die auf den Feenmagier aufpassen konnten, spürte er wie auch seine zweite Kopie zerstört worden war. Eine weitere vermummte Gestalt war um den Zug geschlichen und war von der in der Luft fliegenden Kopie des Magiers entdeckt worden. Leider hatte das Ganze nicht wirklich zu was geführt, da eine schnelle Windklinge der Kopie ein Ende bereitete und diese in Luft auflöste. Falls vorher noch Zweifel geherrscht hatten, dass sie es hier nicht mit Sabotage zu tun hatten, dann waren die diese jetzt verflogen. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Stumm drehte der Grynder seinen Oberkörper nach rechts, zum nächsten Eingang des Waggons und siehe da: Eine vermummte Gestalt hatte den Zugwaggon betreten und schlich langsamen und vorsichtigen Schrittes den Gang entlang. Vermutlich hatten sie es hier mit Banditen zu tun, die den Zug ausrauben wollten. Das Fehlen des Partners sowie die Anwesenheit einer fliegenden Person, hatten den Zugräuber zur Vorsicht veranlasst. Statt also wie gewohnt Abteil um Abteil abzuklappern und die anwesenden Zuggäste um ihre Habe zu erleichtern, galt es wohl zunächst mal die Gefahr durch potenziell anwesenden Magier auszumerzen. Yuuki konnte erkennen, wie die vermummte Gestalt vorsichtig in ein Abteil lugte, ehe es zum nächsten schlich und das Ganze wiederholte, so als ob die Gestalt auf die Suche nach etwas war. Und dieses etwas war der Crimson Sphynx Magier, welcher dank seiner Maske mit der Umgebung verschmolzen und deshalb noch nicht entdeckt worden war. Als die Gestalt auf seiner Höhe war und in das Abteil der beiden Magier lugte, musste er jetzt agieren. Die vermummte Gestalt erstarrte beim Anblick der ganzen Dokumente im Abteil und legte die Hand auf den Griff, um dieses zu öffnen. Nun hatte der Wüstenmagier die Wahl, ihm von hinten eins über die Rübe zu geben. Allerdings wusste er nicht, wie widerstandsfähig sein Gegner war und falls er ihn nicht sofort ausschalten konnte, ob die Umgebung vielleicht durch den ausbrechenden Kampf in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das konnte er als Crimson Sphynx Magier nicht zulassen, oh nein! Also entschied er sich für den eleganteren Weg und warf seinen Stab weiter den Gang runter. Als dieser mit einem lauten Knallen zu Boden ging, wirbelte die verstummte Gestalt um und rief mit tiefer Stimme: „Hab ich dich!“ Dabei führte die Gestalt eine Bewegung mit der Hand aus, mit welcher er eine Windklinge abschoss, die sich in den Boden bohrte und diesen aufriss. Die Überraschung auf dem Gesicht des Räubers, einfach ins Leere geschossen zu haben, hielt nicht lange an, denn schon griff der Rotschopf mit seinen Händen um seinen Kopf und fokussierte seinerseits sein Mana. Magnetic Shock. Das Eisen im Blut seines Gegners wurde durch das starke Magnetfeld, das gerade entstanden war, aus dem Kopf des Banditen gedrängt, sodass dieser das Bewusstsein verlor und zusammenbrach.
Mit seiner rechten Hand fuhr sich der Grynder erneut über das Gesicht und verstaute seine Maske in seiner Taschendimension, sodass er wieder sichtbar war. Tch, so hatte er das aber nicht geplant. „Du solltest nur überrascht reagieren, nicht gleich den Zug demolieren.“, murmelte Yuuki und stemmte seine Hände in die Hüften. Aber gut, eines nach dem anderen. Zunächst versicherte er sich, dass der andere wirklich ohnmächtig war, ehe er sich daran machte, ihn zu fesseln. Sobald er zufrieden damit war, wandte er sich dem klaffenden Loch im Boden vor sich zu. Der Grynder ging in die Knie und hob einerseits den am Boden liegenden Stab auf, andererseits fuhr er mit seiner freien Hand über den zerstörten Bereich vor sich, um diesen erneut zu reparieren. Recycling. Wie von Geisterhand und im Zeitraffer, schloss sich das Loch im Boden wieder, sodass man den Eindruck hätte haben können, dass dieser niemals beschädigt worden war. Damit war das hier geklärt, aber was war mit Akay? Der junge Mann bemerkte durch das Fenster ein Leuchten am Himmel. Was war da draußen bloß los?
Eingesetzte Zauber:
Chameleon's Mask TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: III MANAVERBRAUCH: 50 pro Minute MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 7, Manaregeneration Level 5 BESCHREIBUNG: Sobald der Magier diese Maske aufhat und sich nicht bewegt, verschmilzt sein Körper mit der näheren Umgebung und lässt ihn sozusagen „unsichtbar“ für die Augen anderer werden. Sobald er sich wieder bewegt, löst sich der Effekt der Maske auf und er wird erneut sichtbar.
Magnetic Shock TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: III MANAVERBRAUCH: 125 MAX. REICHWEITE: Berührung SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 7 BESCHREIBUNG: Um diesen Zauber erfolgreich auszuführen, muss der Magier seine beiden Hände auf den Kopf seines Zieles legen. Anschließend wird nach 5 Sekunden ein äußerst starkes Magnetfeld kreiert, mit welchem der Anwender in der Lage ist, das Eisen im Blut etwas zu beeinflussen. Dieses wird von dem Magnetfeld abgestoßen, sodass nicht mehr genügend Blut im Kopf des Zieles zirkuliert und dieser deshalb das Bewusstsein verliert. Die Wirkungsweise des Zaubers ergibt sich wie folgt: Wirkungsweise:
Willenskraft entspricht Willenskraft des Ziels: Der Zauber zeigt keine Wirkung. Willenskraft 1 Level höher als Willenskraft des Ziels: Der Zauber schickt das Ziel für 5 Minuten ins Nirvana. Willenskraft 2 Level oder höher als Willenskraft des Ziels: Der Zauber entfaltet seine volle Wirkung und das Ziel verliert für zehn Minuten das Bewusstsein.
Beherrschung:
Willenskraft Level 8: Das magnetische Feld bildet sich bereits nach 3 Sekunden. Willenskraft Level 9: Auf dem höchsten Level bildet sich das magnetische Feld nach einer Sekunde.
Recycling TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 40 MAX. REICHWEITE: 15 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 4, Backtrack BESCHREIBUNG: Dieser Zauber dreht die Zeit für ein anorganisches Objekt, das zerstört wurde, zurück bis an den letzten Punkt, an dem es noch unversehrt war. So kann man alle möglichen Objekte reparieren. Der Zauber wirkt nur auf Objekte, die klein genug sind, um vom Anwender mit einer Hand angehoben zu werden, und schlägt fehl, wenn das Objekt vor mehr als einem Monat zerstört wurde. Für die Reparatur benötigt der Anwender mindestens einen Bestandteil des ursprünglichen Objektes. Beherrschung: Willenskraft Level 6, Manaverbrauch 80: Dieser Zauber wirkt auf Objekte, die groß genug sind, um zwei Menschen zu beherbergen, beispielsweise große Kisten oder Felsen. Willenskraft Level 8, Manaverbrauch 160: Dieser Zauber kann ganze Gebäude wiederherstellen, bis zur Größe eines Schlosses.
#8 Fast zeitgleich hatten sie die beiden gegenüberstehenden Magier wohl eine Strategie zurechtgelegt, mit welcher man den jeweils anderen überwältigen könnte. Akay ging davon aus, dass er in ihrem Szenario nicht mehr atmen würde oder könnte. Das machte das ganze für sie natürlich deutlich leichter als für ihn. Wer schon mal jemanden gefangen nehmen musste, wusste wie schwierig ein solches Unterfangen war, wenn man seine eigenen Kräfte drosseln musste. So vermutete auch die Fee, dass er sich etwas zurückhalten musste. Im Notfall konnte er auch immer noch Vollgas geben. Vorteil war zudem, dass er so etwas weniger Mana verbrauchen würde. Es musste ein Zucken, ein Zwinkern oder irgendeine körperliche Regung gewesen sein, die für die Kontrahenten das Signal zum Start war. Der Schwarzhaarige hatte aus dem Hinterhalt gelernt, dass die gute Dame mit ihrer Magie zur Spaltung tendierte. So ließ er sich bereits nach wenigen Schritt rückwärtsfallen und, mit dem Oberkörper wenige Millimeter über dem Boden, rutschte er mit der restlichen Energie auf den Knien weiter, während er selbst mithilfe seines Zaubers Shining Ray fünf Fingerdicke Lichtstrahlen auf seine Gegnerin abfeuerte. Der Zauber konnte gut schmerzen, wichtiger war jedoch, dass er verdammt schnell war und dafür nur minder an seiner Reserve kratze. Sein oberstes Ziel war es näher heranzukommen, darauffolgend galt es die Dame in Bewegung zu halten, denn wenn sie sich bewegte, war ihre Konzentration einerseits eventuell gestört und anderseits konnte er potenzielle Angriffe aus ihrer Bewegung heraus besser vorhersehen als es im stationären der Fall wäre. Wie zu erwarten, huschte eine wabernde Klinge über ihn hinweg; zeitgleich vollführte die Magierin eine Rolle nach vorne, um den Projektilen auszuweichen. Mit dem letzten Schwung erhob sich Akay wieder auf die Beine und überbrückte wieder wenige Meter. Eine solch akrobatische Leistung war durchaus anstrengend aber es fühlte sich für den Jungen zwischenzeitlich deutlich natürlicher an als noch zu Beginn seiner Karriere. Der Gedanke an einem Handstand zu verzweifeln, löste zwischenzeitlich eher freudig-peinliche Gefühle aus. Dabei hatte er natürlich im Verlauf seines Waffentrainings nicht nur seine Expertise mit dieser erweitert sondern sich auch den waffenlosen Kampf angeeignet. Überaus praktisch, wenn man mal keine Waffe zur Verfügung hatte. Aber auch, wenn die eigene Waffe nicht unbedingt dafür gemacht war jemanden außer Gefecht zu setzen. Mit schnellen, kraftvollen Schwüngen konzentrierte er Mana in seine Waffe. Von außen sah es so als ob er übte oder die Luft attackierte. In Wahrheit war es eine Waffentechnik, die nur magischbegabten Kämpfern zur Verfügung stand, der sogenannte Tripple Strike. Mithilfe dieser Technik konnte er die fehlende Distanz seines Stabes überbrücken. Die fliegenden Klingen waren nicht so gewaltig oder geschwind, wie es der zuvor gewirkte Lichtzauber war. Sie standen aber auch nicht mehr so weit voneinander entfernt. Das vermeintliche Bombardement ließ der Frau wenig Zeit für einen Gegenangriff, Akay hatte sogar das Gefühl, dass sie langsam bemerkte, unter Umständen doch etwas zu siegessicher gewesen zu sein. Den Moment der Überraschung hatte sie verspielt. Jetzt entschieden die Fähigkeiten, wer siegreich hervorgehen würde.
Den letzten Streich sollte erneut die Lichtmagie erledigen. Bereits seit Anfang ihrer Konfrontation hatte er diesen Zauber vorbereitet, weshalb er kontinuierlich ein schwaches Leuchten von sich gab, wie eine Aura, die ihn umgab. Glittering Monk, ein durchaus treffender Titel für einen solchen Zauber. Er spürte, wie sie von neuem begann Mana in ihren Handflächen zu sammeln, durch welche sie ihre Klingentechnik wirkte, die deutlich potenter war als es sein Triple Strike zuvor war. Dabei sah sie noch immer zu ihm, genau wie er es tat, ließ sie ihn keine Sekunde aus den Augen. Genau das wollte er auch. Mit nicht mehr als einem Gedanken verwandelte sich sein schwaches Strahlen in eine Lichtwelle, die von der Helligkeit in etwa einem direkten, ungeschützten Blick in die Sonne glich. Kein Wunder, dass die Diebin die Augen zusammenkniff. Perfekt. Seinen Stab nach ihr werfend, torkelte sie eher, immer noch mit eingeschränkten Sichtfeld, zur Seite, um auch dem letzten Projektil auszuweichen. So war Akay endlich im Nahkampf. Er wusste, dass ihre Hände, besonders ihre Fingerspitzen, zu keiner Zeit auf ihn direkt deuten durften, da sie noch immer bereit war, ihren desaströsen Zauber zu wirken. Jetzt in seinem Element, verpasste er ihr, wann immer er ihre Arme von sich stieß, so gleich einige Schläge auf die Brust, gegen die Rippen, die Beine, jede Stelle die frei wurde. Erst als sie das Gefühl hatte, endlich zuzuschlagen, ging er selbst wieder zu Boden und trat ihr eines ihrer Standbeine weg, wodurch ihre Zauber das Gefährt hinter ihm traf. Ohne ihren letzten Trumpf konnte der Fairy Tail Magier diese Auseinandersetzung endlich beenden. Mit einem Überschlag über ihre Schultern, packte er sie und riss sie schlichtweg mit sich, wodurch sie mehr als unsanft auf dem Boden aufkam und man ihr ansehen konnte, wie die Luft aus ihrer Lunge gepresst wurde. Dann wickelte er seine Beine um ihren Hals, während er gleichzeitig ihre Arme fixierte. Ohne fremde Hilfe oder einem Ass im Ärmel, würde sie sich hieraus nicht mehr befreien können. Die Oberschenkel waren zudem stark genug ihr die Luft abzudrücken ohne bleibende Schäden zu hinterlassen. Viel wichtiger und effizienter war dabei aber auch die Unterbrechung der Blutzufuhr, die für die tatsächliche Ohnmacht sorgte. So spürte er wie sie chancenlos zappelte, ehe ihre Glieder schwach wurden. Einen weiteren Moment wartend, sammelte er seine Waffe ein und zog seine Gefangene zurück zum Abteil.
Shining Ray TYP: Elementarmagie ELEMENT: Licht KLASSE: II ART: Fernkampf MANAVERBRAUCH: 50 pro 5 Strahlen MAX. REICHWEITE: 10 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 5 BESCHREIBUNG: Dieser Zauber der Lichtmagie erlaubt es dem Magier bis zu fünf fingerdicke Lichtstrahlen gleichzeitig abzufeuern, wobei diese jeweils in einem leichten Bogen auf das Ziel zufliegen. Die Stärke der Strahlen befindet sich auf Level 5, während die Geschwindigkeit der Willenskraft des Anwenders bis zu eine Maximum von 7 entspricht.
Triple Strike TYP: Elementlose Magie ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Fernkampf MANAVERBRAUCH: 40 MAX. REICHWEITE: 15 Meter SPEZIELLES: Klingenwaffen, Stangenwaffen, Kettenwaffen VORAUSSETZUNGEN: Geschicklichkeit Level 5, Willenskraft Level 3, Silver Slash BESCHREIBUNG: Aufbauend auf dem Silver Slash ist der Anwender in der Lage bis zu drei magische etwa 25 Zentimeterlange Druckwellen von seiner Waffe aus zu wirken, bevor erneut Mana gezahlt werden muss. Die Geschwindigkeit und Stärke jeder Druckwelle entspricht der Stärke des Anwenders bis maximal Level 6.
Glittering Monk TYP: Elementarmagie ELEMENT: Licht KLASSE: I ART: Support MANAVERBRAUCH: 15 MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 2 BESCHREIBUNG: Bei dieser Technik der Lichtmagie konzentriert der Zauberer seine magischen Kräfte zunächst im gesamten Körper, um sie nach einigen Sekunden der Ladezeit mit einem Schlag loszulassen. Gegnerische Personen im näheren Umkreis werden daher für einige Sekunden geblendet und haben als Resultat tanzende Sternchen vor den Augen.
#8 Der Blick durch das Fenster offenbarte leider aus diesem Winkel nicht mehr als regelmäßiges Leuchten und Blitzen, doch das war nichts, was Yuuki in diesem Augenblick beunruhigte. Das Wissen, welches durch die Zerstörung seiner Kopie auf ihn übertragen worden war, ließ mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuten, dass ihr Gegner oder ihre Gegnerin über Windmagie verfügte. Das bedeutete im Umkehrschluss, dass wohl der Feenmagier für das Leuchten verantwortlich war. *Blitzbasierte Magie? Vielleicht Lichtmagie? Oder etwas gänzlich anderes?*, überlegte der Rotschopf bei diesem Anblick mit einem Flug von Neugier, ehe er sich wieder abwandte und sich dem Gefangenen widmete. Dieser war durch die Fesseln immobilisiert worden, sodass der Grynder ihn nonchalant am Kragen packte und zum nächsten Ausgang des Zuges mit sich zog. Wenn er schon nach dem Minoru schaute, würde er einen magisch begabten Gefangenen – ob gefesselt oder nicht – sicherlich nicht unbeobachtet zurücklassen. Das wäre ja maximal fahrlässig und ein Verhalten, welches der Magnetismusmagier für gewöhnlich nicht an den Tag legte. Dass er den gefangenen Magier dabei über den Boden zog, störte ihn auch nicht weiter. Sie hatten es hier schließlich mit einem Überfall, bestimmt sogar einen geplanten Raubüberfall zu tun, da würde er nicht weiter zimperlich sein.
An der Tür angekommen, blieb Yuuki überrascht beim Anblick des Fairy Tail Magiers stehen, der scheinbar den Kampf beendet und seinerseits ebenfalls mit seiner immobilisierten Gegnerin im Schlepptau den Zug erreicht hatte. Ein freundliches Lächeln bildete sich auf dem Gesicht des Grynders und er nickte seinem heutigen Kollegen zu. „Wie ich sehe, warst du auch erfolgreich.“, kommentierte der junge Mann den Sieg des anderen. „Bist du verletzt oder hat alles problemlos geklappt?“ Fairy Tail Magier waren für vieles bekannt, schwach zu sein gehörte aber nicht dazu. „Ich habe in der Zwischenzeit auch jemanden gefunden, der meine zweite Kopie zerstört und anschließend den Zug betreten hatte.“ Dabei nickte er mit dem Kopf auf den gefesselten und nach wie vor ohnmächtigen Banditen hinter sich. So weit, so gut. Das Beste wäre natürlich, wenn sie sich jetzt noch die eine oder andere Stunde Zeit nehmen konnten, um diese beiden Magier zu verhören. Allerdings hatten sie diese Zeit nicht. Der Rotschopf wusste noch nicht mal, ob sie es regulär rechtzeitig nach Magnolia Town schafften, ohne dass dort bereits die Welt unterging und Chaos ausbrach. Also mussten sie die Situation pragmatisch angehen und die Banditen eben während der Fahrt verhören. Durch das Wissen seiner Kopie, hatte er bereits einen guten Überblick über den Schaden an der Strecke erhalten und sich einen Plan zurechtgelegt, an welchem er seinen Partner teilhaben ließ. „Wir haben leider keine Zeit verlieren, weshalb wir sofort weiterfahren müssen. In der Zwischenzeit können wir die Beiden verhören, sobald sie wieder bei Bewusstsein sind und nachforschen, ob dies einfach nur ein opportunistischer Überfall war oder doch zu einem größeren Ganzen gehört.“, sinnierte der Crimson Sphynx Magier nachdenklich und teilte seine Gedanken mit dem Feenmagier. Der nachdenkliche Ausdruck wich einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Traurigkeit. „Ich weiß nicht, ob wir es rechtzeitig nach Magnolia Town schaffen, aber wir müssen unser Bestes geben und es zumindest versuchen.“ Und wenn Yuuki schon so fühlte, wie musste sich erst Akay fühlen, bei dem nahenden Unheil seiner Heimatstadt und seiner Gilde? „Steig doch schon mal ein und lass dir vielleicht vom Personal mit unserem … Gepäck helfen.“, sprach der Rotschopf wieder und deutete mit dem Kopf erneut auf die gefangenen Banditen. „Ich kümmere mich derweil um die Strecke und sorge dafür, dass wir gleich weiterfahren können.“ Und mit diesen Worten ließ er den Schwarzhaarigen stehen und begab sich zu dem beschädigten und zerstörten Bahnstreckenabschnitt.
Nach einer guten halben Minute hatte der Grynder den zerstörten Streckenabschnitt erreicht und begutachtete nochmals aus eigenen Augen den verheerenden Schaden. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen und fokussierte das Mana in den an seinen Körper angelegten Händen. Als er schließlich genügend Mana gesammelt hatte, öffnete er wieder die Augen und breitete zeitgleich die Hände vor sich aus. Recycling. Das Mana floss in den vor ihn liegenden Bereich und der Effekt wurde sogleich sichtbar: Begleitet von einigen Vibrationen, konnte man wie im Schnelldurchlauf sehen, wie sich die beschädigten und zerstörten Bahngleise wieder an ihren ursprünglichen Ort begaben und jegliche Schäden rückgängig gemacht wurden. Als Yuukis Zauber geendet hatte, hätte man meinen können, dass diese Bahnstrecke niemals beschädigt gewesen war. Zufrieden und grinsend, machte der junge Mann kehrt und begab sich zurück zum Zug. Als er eintrat, signalisierte er dem erstaunt dreinblickenden Lokführer, dass sie weiterfahren konnten. Und tatsächlich setzte sich der Zug nach einigen Sekunden wieder in Fahrt und es konnte weitergehen! Nun galt es nur noch, Akay zu finden. Ob dieser bereits mit dem Verhör begonnen hatte? War ihm vielleicht ein spezieller Raum zur Verfügung gestellt worden oder hatte er die Banditen in ihr eigenes Abteil untergebracht? Der Wüstenmagier sollte es sicherlich gleich herausfinden.
Eingesetzte Zauber:
Recycling TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: II ART: Support MANAVERBRAUCH: 40 MAX. REICHWEITE: 15 Meter SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 4, Backtrack BESCHREIBUNG: Dieser Zauber dreht die Zeit für ein anorganisches Objekt, das zerstört wurde, zurück bis an den letzten Punkt, an dem es noch unversehrt war. So kann man alle möglichen Objekte reparieren. Der Zauber wirkt nur auf Objekte, die klein genug sind, um vom Anwender mit einer Hand angehoben zu werden, und schlägt fehl, wenn das Objekt vor mehr als einem Monat zerstört wurde. Für die Reparatur benötigt der Anwender mindestens einen Bestandteil des ursprünglichen Objektes. Beherrschung: Willenskraft Level 6, Manaverbrauch 80: Dieser Zauber wirkt auf Objekte, die groß genug sind, um zwei Menschen zu beherbergen, beispielsweise große Kisten oder Felsen. Willenskraft Level 8, Manaverbrauch 160: Dieser Zauber kann ganze Gebäude wiederherstellen, bis zur Größe eines Schlosses.
#9 Schon auf dem Weg zurück zu dem Abteil bemerkte der Magier jetzt, wo die Spannung des Kampfes sich langsam abzubauen schien, was er gerade vollbracht hatte. Nicht nur hatte er verschiedene magische Zauber und Techniken angewendet, während er sich zu gleicher Zeit in einer physischen Konfrontation befunden hatte, sondern dabei auch nicht viel mehr als einen müden Gedanken daran verschwenden müssen, was und wie genau er seine magischen Energien manifestierte. Es fühlte sich eher an wie Atmen, etwas woran man im Normalfall keinen Gedanken verschwenden musste. Ein beflügelndes Gefühl, fast berauschend. Und doch fühlte es sich so an als ob er sein Potenzial bestenfalls angekratzt hatte. Das hatte ihm auch dieser Kampf gezeigt, in welchem er, abgesehen davon, dass er überrascht wurde, durchgängig die Oberhand hatte. Hatte er sich vielleicht sogar zurückgehalten? Den Kampf nicht wirklich ernst genommen? Eine Überlegung, die seinen so dominanten Sieg beflecken konnte, obwohl ihm jede Faser seines Körpers signalisiert, dass es etwas Gutes war. Unter Umständen könnte er mit seinem Partner darüber reden, wenn sie wieder eine ruhige Minute hatten. Mit allem, was in den letzten 24 Stunden passiert war, wäre ein Moment des Luftholens mehr als willkommen.
Noch bevor er nach der Tür des Zuges greifen konnte, öffnete sich diese. Kurz spürte er, wie sein ganzer Körper sich anspannte, bei der Möglichkeit, dass es sich nicht um Yuuki handeln könnte, welcher gerade die Tür öffnete. Der kurze Moment der Sorge war natürlich völlig unbegründet. Anders als bei der Fee waren die Klamotten seines Partners jedoch noch vollständig sauber, abgesehen von den Spuren, die der Wüstensand an allen Menschen in Aloe hinterließ. Akay hingegen hatte in den letzten Minuten diversen, wenn auch gewollten, Kontakt mit dem Boden gehabt. Nun gut, der Zug war natürlich auch sauberer als die Wildnis außerhalb ihres Gefährts. Erst als der Rotschopf sprach, konnte er sich vollständig auf sein Umfeld konzentrieren, weshalb er peinlich berührt grinsen musst und sich mit der freien Hand den Hinterkopf kratze. „Ja das bin ich wohl und nein bei mir ist alles gut. So wie du aussiehst, wird es dir nicht anders ergangen sein. Deine Kopien waren wirklich nützlich“ lobte er die Worte seines Gefährten. Das Warnsignal im Himmel war demnach überflüssig, weshalb es der Magier mit einer lockeren Handbewegung auflöste. So wirkte es beinahe als ob er es schlichtweg aus der Landschaft radiert, wie einen falsch gesetzten Strich auf einer Zeichnung. Sie hatten schon für genug Aufmerksamkeit gesorgt und sie wollten schließlich niemanden dazu einladen ein ähnliches unterfangen zu beginnen, wie es die beiden Räuber zuvorgetan hatten. Natürlich wussten sie zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht, warum genau dieser Zug überfallen wurde. War es reiner Zufall oder gehörten ihre Angreifer etwa zu einer Art Vorhut, die über den Auftrag der beiden bescheid wusste und damit beauftragt wurde den raschen Vorstoß der Allianz zu bremsen oder gar zu stoppen? In ihrem aktuellen Zustand würden die Magier kein Wort aus den beiden herausbekommen. Oder? Noch bevor der Schwarzhaarige seinen eigenen Gedankengang fortführen konnte, setzte die Sphynx von neuem an. Selbstverständlich waren die gewählten Worte nicht nur zutreffend, sondern auch frei von wirklich unnötigen Informationen. Er hatte schlichtweg Recht. Sie mussten so schnell wie möglich weiter, weiter nach Magnolia, um möglicherweise ein Unheil zu verhindern, dessen Ausmaß sich weder sie noch die unwissenden Einwohner seiner Heimatstadt ausmalen konnte. Gleichzeitig konnte sie solch potente Verbrecher nicht einfach wieder freilassen. Im schlimmsten Fall, sollte es sich wirklich nur um Diebe handeln, würden sie einfach das nächste Schienenfahrzeug überfallen. Kein rosiger Gedanke. Mit der Option beides simultan zu erledigen, schlugen sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Wieder etwas ernster, nicht zuletzt aufgrund der Situation, in welcher sich seine Gilde und seine Familie befand, bestätigte er die Aussage mit einem schlichten Nicken, ehe er den bewusstlosen Kontrahenten übernahm. Zugern hätte er natürlich die Magie des anderen in Aktion gesehen, aber dafür war einfach keine Zeit. Eine einfachere Quest, ein anderer Tag und er würde gewiss die Gelegenheit bekommen, seinen Diplomatenkollegen näher kennenzulernen. Zum aktuellen Zeitpunkt aber immer noch nicht möglich.
Zusammen mit dem Schaffner, hatten sie das benachbarte Abteil der zwei Magier zu einer Zelle umfunktioniert. Durch den Schlüssel des Bahnangestellten, konnte die Tür nur noch von außen geöffnet werden. Die Jalousien verdeckten die Blicke nach draußen und die Lastenseile, die sonst für spontane Reparaturen oder ähnlichen genutzt wurden, dienten als weitere Fessel. Dabei achtete der Fairy Tail Magier besonders darauf, dass die Hände und deren Spitzen auf die Feinde selbst gerichtet waren. Wenn sie zaubern wollten, durften sie sich gern selbst verletzen. Um aber auf Nummer sich zu gehen, hatten sie zusätzlich noch die Augen verbunden und auch durch einen provisorischen Knebel jeglichen Kontakt zwischen ihnen unterbunden. Man konnte mit solchen Leuten schließlich nie vorsichtig genug sein. Als der Zug sich in Bewegung versetzte, wusste er, dass Yuuki nicht mehr weit sein konnte und so winkte er ihn eilig heran. Sicherlich verwundert, wie sie die beiden in einem solchen Zustand verhören wollten, war es diesmal Akay, der ein wenig erklären durfte. „Ich hab mir zwischendrin überlegt, dass wir gut daran täten, die beiden nicht mehr aufwachen zu lassen, bis wir in Magnolia sind. Vielleicht hast du eine elegantere Methode als einen Schlag auf den Hinterkopf? Jedenfalls, und das ist das wichtigere, können wir die Informationen auch extrahieren, ohne dass die beiden wach sind“. Mit einem verschmitzten Grinsen zückte er den goldenen Schlüssel der Zwillinge, Gemini. Über Kontakt waren die beiden in der Lage jede Frau oder jeden Mann zu kopieren. Mit dem gewohnten Klingeln der Glocken erschienen die beiden munteren Quälgeister und schauten ihren Beschwörer neugierig an. „Also, wen willst du: Sie oder ihn?“.
Golden Key: Gemini TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: III ART: Beschwörung MANAVERBRAUCH: 125 MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: Willenskraft Level 7 BESCHREIBUNG: Wenn man Gemini beschwört, dann tauchen gleich zwei Spirits auf, die allerdings nahezu identisch aussehen. Das ist in sofern nicht verwunderlich, da die beiden alienartigen Kreaturen Zwillinge sind. Beide sind jeweils etwa einen halben Meter groß, ihre Haut ist hellblau und zwei kleine Antennen sitzen auf dem sonst so haarlosen Kopf. Einen Hals scheinen die beiden Kreaturen nicht zu besitzen und während Gemi einen ^-förmigen Mund hat, so hat sein weibliches Gegenstück Mini einen v-förmigen Mund. Des Weiteren trägt Mini orange und Gemi schwarze Shorts. Der Schultergurt, den ebenfalls beide besitzen, trägt Gemi über der rechten Schulter und Mini über der linken. Die kleinen Kerlchen sind ausgesprochen fröhlich, tanzen gerne durch die Gegend und sind ausgesprochen freundlich. Nennenswerte kämpferische Fähigkeiten besitzen die beiden nicht, dafür können sie sich in jeden Menschen verwandeln, nachdem sie diesen berührt haben.
Attribute des Geistes:
Stärke: 60 Punkte - Level 2
Schnelligkeit: 60 Punkte - Level 2
Geschicklichkeit: 60 Punkte- Level 2
Widerstand: 60 Punkte - Level 2
Manaregeneration: 1050 Punkte - Level 8
Willenskraft: 1050 Punkte - Level 8
Manavorrat: 1200 Punkte
Zauber des Geistes:
Mimikry TYP: Lost Magic ELEMENT: --- KLASSE: III ART: Support MANAVERBRAUCH: 150 pro Minute MAX. REICHWEITE: Beim Anwender SPEZIELLES: --- VORAUSSETZUNGEN: --- BESCHREIBUNG: Mit diesem Zauber können sich Gemi und Mini in jede Person verwandeln, mit der sie in Kontakt waren. Haben sie sich erst einmal verwandelt, kopieren sie alle Fähigkeiten, auch die magischen, der Person und können sie mit der gleichen Stärke einsetzen. Des Weiteren haben sie Zugriff auf die Erinnerungen und Gedanken der Person. Allerdings können sie diese Verwandlung nur fünf Minuten aufrechterhalten und lediglich zwei Personen abspeichern. Wollen sie eine weitere Person abspeichern, so müssen sie vorher eine andere löschen.
#9 Es dauerte nicht lange, bis Yuuki schließlich Akay und ihre beiden Gefangenen gefunden hatte. Praktischerweise hatte der Feenmagier die beiden bewusstlosen Banditen in das benachbarte Abteil gebracht, sodass sie nicht allzu weit von ihren eigenen Dokumenten und Informationen entfernt waren. Sollte sich dort jemand dran zu schaffen machen wollen, würden sie das sicherlich ganz schnell mitbekommen! Der Blick in das Abteil war durch Jalousien verborgen, sodass sie vor neugierigen Blicken der anderen Passagiere geschützt waren. Praktischerweise lugte der Kopf des Minoru aus dem Abteil und winkte ihn zu sich heran, sodass der Crimson Sphynx Magier das Abteil mit den Gefangenen betrat. Auf Akays Aussage hin, dass sie die beiden Banditen bis zu ihrer Ankunft in Magnolia nicht mehr wecken sollten und ob er über eine Fähigkeit verfügte, wie sie sie bewusstlos halten konnten, musste er erstmal grübeln. Mithilfe seines Zaubers „Magnetic Shock“ war er in der Lage, seine Ziele bewusstlos werden zu lassen, indem er durch ein enorm starkes magnetisches Feld das Eisen im Blut manipulierte und aus dem Kopf fließen ließ. Allerdings hielt das Ganze nur einige Minuten an. Tatsächlich konnte er Menschen in seiner Kürbisflasche transportieren, allerdings hatte er das noch nie mit Bewusstlosen oder Gefangenen gemacht. *Hmm, einen Versuch ist es sicherlich wert.*, schoss es ihm durch den Verstand, während die rubinroten Seelenspiegel die beiden Banditen beobachteten. „Längerfristig bewusstlos halten kann ich sie nicht, dafür könnte ich sie in meiner Flasche … unterbringen.“, gab er mit einem leichten Lächeln von sich und klopfte dabei auf die Flasche an seiner Seite. Damit konnten die beiden Magier zumindest sicherstellen, dass sich die beiden Banditen nicht einfach aus dem Staub machten, wenn sich die Gelegenheit ergab.
Bei der nächsten Aussage des Feenmagiers, hob der Grynder skeptisch eine Augenbraue. Wie sollten sie bitte in der Lage sein, die Informationen aus den Bewusstlosen zu bekommen? Konnte der Fairy Tail Magier etwa in ihre Gedanken blicken? Konnte er auch seine Gedanken lesen? Ehe er eine entsprechende Frage stellen konnte, offenbarte Akay auch schon seinen Trick, indem er einen goldenen Schlüssel hervorholte. Beim Anblick dieses Goldschlüssels bekam Yuuki große Augen. Bedeutete das etwa, dass es sich bei Akay um einen … Jep! Tatsächlich beschwor der Minoru nun einen Geist und offenbarte damit, dass er ein Stellarmagier war. Damit war die Neugier des Wüstenmagiers endgültig entbrannt und er schaute den Schwarzhaarigen höchst wissbegierig an. „Hast du gerade einen Geist beschworen? Bist du wirklich ein Stellarmagier? Stimmt es, dass ihr Geister mit Schlüsseln beschwört? Besitzt du viele Schlüssel? Was können denn deine Geister so alles?“ Fragen über Fragen, doch nun war der Wasserfall gebrochen und war nicht mehr so einfach zu stoppen. „Stimmt eigentlich, wir hatten noch nicht die Möglichkeit, viel über unsere Fähigkeiten preis zu geben. Hast du deine Gegnerin mithilfe eines Geists überwältigt? Gibt es viele Stellarmagier eigentlich? Du bist der Erste, den ich kennen lerne.“ Yuuki stellte es sich äußerst praktisch vor, wenn man in Überzahl gegen einen Gegner kämpfen konnte. Das Gleiche gelang ihm ja durch den gezielten Einsatz seiner Kopien, auch wenn er sich sicher war, dass der Minoru mithilfe seiner Geister über eine breite Auswahl an Fähigkeiten verfügte.
Schließlich gelang es ihm, seinen Enthusiasmus etwas zu zügeln, und er lauschte den weiteren Worten des schwarzhaarigen Magiers. Hmm, sie oder ihn? Die rubinroten Seelenspiegel schauten von einem Banditen zum anderen und schließlich zu den beiden Geistern, die ihren Beschwörer aus neugierigen Augen heraus betrachteten. Über welche Fähigkeit sie wohl verfügten? Irgendetwas mit Informationsbeschaffung musste es zu tun haben, andernfalls hätte Akay sie ja nicht beschworen. Also fiel sein Blick auf den Banditen, gegen den er gekämpft hatte. „Ich nehme ihn.“, teilte ihm der Grynder mit und zeigte auf den Banditen, der ihn angegriffen hatte. Mindestens genauso neugierig wie Gemini schaute nun Yuuki Akay an und wartete darauf, was jetzt folgen würde!
#10 Bei allem was man als Gildenmagier lernte und erlebte, vergaß man schnell, dass die eigenen Fähigkeiten, die für den Anwender meist in der eigenen Natur lagen und so alltäglich waren wie etwa Zähneputzen oder Anziehen, für Außenstehende aber auch für andere Magier überaus sonderbar sein konnten. So war es auch der Fall bei den beiden Magiern. Als Yuuki erwähnte, er wäre dazu in der Lage die Personen in einer Flasche zu verstauen, schaute der Junge schon etwas verwirrt. Dass dieses Objekt Papiere und ähnliches halten konnte, war eine Sache. Aber Menschen! Ein durch und durch sonderbares Objekt. Das wichtige an der Aussage war für ihn, dass sie den beiden nicht wirklich lange weitere Beachtung schenken müssten, sobald sie sein Geist berührt hatte. Und eben jener Stellargeist war es, der auch für einen ganz und gar interessierten Blick im Gesicht seines Partners sorgte. Anders als Akay jedoch, der seine diversen Fragen zum kürbisförmigen Objekt vorerst noch für sich behalten hatte, sprudelte es aus der Sphynx förmlich heraus. Selbst der Schwarzhaarige musste sich etwas verlegen am Hinterkopf kratzen. So viel Aufmerksamkeit und dann noch von einem so talentierten Mitglied der Berufsgruppe war für den Minoru doch etwas viel. Bei einem Punkt hatte er allerdings recht, der zwischen all den Fragen versteckt lag: Sie beiden wusste reichlich wenig über den anderen. Nicht nur persönlich, wie die Fee im Anwesen seines Gegenübers feststellen durfte, sondern auch im Hinblick auf ihre Fähigkeiten. Damals im Café, der erste Ort ihres Aufeinandertreffens, hatten sie noch ihre Zeit damit verschwendet sich gegenseitig dumm zu machen. Diese Zeit wirkte nun unendlich weit entfernt. Schon beim nächsten Mal war ihm Umgang nicht nur professioneller, sondern auch deutlich erwachsener. Man musste sich nur auf den anderen einlassen um zu sehen, dass man sich in vielen Punkt doch sehr ähnlich war. Wenn schon nicht jeder Magier aus ihrer Gilde, dann wenigstens diese zwei. Unabhängig davon, wo sie aufeinandergetroffen waren, spielten die Dinge, mit welcher sie ihre Quests erfolgreich bestanden, immer eine untergeordnete Rolle. Selbst beim Volleyballspiel waren sie ohne wirklich Auskunft ausgekommen. Bei einer Mission dieser Größenordnung wäre es aber tatsächlich keine schlechte Idee, wenn sie ihre Recherche für einen Moment unterbrechen würden um zu klären, wozu der jeweils andere Fähig war. Wer wusste schon, ob ihnen dieses Wissen zeitnah helfen würde. Vielleicht konnte sie einander auch so viel besser beistehen, wenn die Lage verzwickt wäre.
„Der Herr also“ wiederholte er die Auswahl Yuukis mit einem amüsanten Unterton, ehe er sich zu den beiden Geistern herunterbückte. „Ihr habt den Mann gehört, wir würden uns gerne einmal mit dem Hässlichen unterhalten“. Ebenso belustigt, auch wenn es irgendwo nur die Art war, wie die beiden, zumindest bei ihm, drauf waren, berührten sie den Dieb an dessen herunterhängenden Hand. Dann begannen sie plötzlich zu leuchten, nur um dann wenige Sekunden später in der Gestalt des Angreifers vor den Magier zum stehen zu kommen. „Keine Sorge Yuuki, Gemini ist immer noch auf unserer Seite. Die beiden sind in der Lage jede Person zu kopieren. Dabei kopieren sie aber nicht nur das Aussehen, sondern auch Erinnerungen. Sehr praktisch, wenn der Gesprächspartner“ und parallel dazu deutete er auf das gefesselte Duo vor ihnen „nicht mehr in der Lage ist sich auszudrücken. Also“ und damit richtete er seinen Blick wieder an die Kopie „wir brauchen Hintergründe, Größe der Truppe, Operationsbasis…“ begann er aufzuzählen. Keine fünf Minuten später, wussten sie enorm viel über den Diebesring, welcher am heutigen Tag versucht hatte diesen Zug zu überfallen. Ärgerlich für die Diebe nur, dass zwei durchaus potente Magier an Bord waren. Ärgerlich für die Magier, dass die Diebe absolut nichts mit ihrer Quest zu tun hatten. Sie waren nur zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort um diesen über eine lange Zeit geplanten Raub in wenigen Minuten zu vereiteln. „Ich würde vorschlagen, du sammelst die beiden ein und wir geben sie zusammen mit den Informationen bei den Behörden ab. Wenn die Runenritter schnell genug sind, können sie noch die ganze Bande hochnehmen“. Es durch und durch zufriedenstellendes Ergebnis, zumindest für Akay. „Was deine ganzen Fragen angeht: Bis Magnolia ist es noch eine Ecke und ich bin über jede Ablenkung froh. Ich kann dir gern ein wenig was erzählen. Ich würde nämlich auch nur zu gerne wissen, wie du diese malträtierten Schienen so schnell repariert hast“. Mit dieser Idee deutete er auf das Abteil, in welchem noch immer ihre Papiere aufgeschichtet waren. Der Beschwörer vermutete ja noch immer, dass es in Richtung Elementarmagie ging. So ließe sich Metall doch am leichtesten bewegen, oder?
#10 Yuuki nickte ein Mal bekräftigend, als Akay seine Aussage bezüglich seiner Wahl auf den männlichen Banditen wiederholte. Neugierig schaute er dabei zu, wie sich der Feenmagier zu den beiden Geistern bückte und sie anwies, dass sie sich mit dem „Hässlichen“ unterhalten wollten. Das brachte auch ein flüchtiges Grinsen auf das Gesicht des Rotschopfes, obgleich dieses sogleich daraufhin wieder verflog. Rubinrote Seelenspiegel verfolgten die Bewegungen der Geister, welche den Banditen an dessen Hand berührten. Und dann ging alles ganz schnell: Ein Aufleuchten und schon befand sich der Bandit vor ihnen und schaute von Akay zu Yuuki. Der Blick des Crimson Sphynx Magiers fiel auf den nach wie vor bewusstlosen und gefesselten Banditen, der auf dem Boden des Abteils herumlungerte. Bei der Erklärung zu den Fähigkeiten des Stellargeister Gemini, bekam der Grynder wieder große Augen. Das war doch mal eine verdammt nützliche Fähigkeit, wenn man etwas herausfinden wollte und der Gesprächspartner entweder nicht in der Lage oder nicht willens zu antworten war. Es schwirrten gleich mehrere Fragen in seinem Verstand, doch fürs Erste behielt der Rotschopf die Fragen für sich – erst mussten sie nun Informationen beschaffen. Wie hieß es so schön? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! „Wirklich nützlich!“, kommentiere er zunächst die Aussagen des Minoru, ehe sein Blick selbst auf den Stellargeist fiel. „… und auch Fähigkeiten, Netzwerke, Magien der Mitglieder.“, ergänzte er die Aufzählungen des Feenmagiers, die an und für sich aber schon recht vollständig waren. Allmählich verspürte er mehr und mehr Respekt für den Fairy Tail Magier, der sich ganz und gar nicht wie das Klischee seiner Gilde benahm, sondern ein äußerst professionelles Verhalten an den Tag legte. Ja, Yuuki würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass sich Akay auch in Crimson Sphynx hätte behaupten können. Und das sollte schon etwas heißen, denn das war kein Kompliment, welches er einfach so um sich herumwarf.
Zwar erfuhren die Magier dank Gemini eine Menge über den Diebesring, welcher sich in dieser Gegend breit gemacht hatte, doch leider hatte dies nichts mit ihrem eigentlichen Auftrag zu tun. Es hatte sie also leider nur kostbare Zeit gekostet … Zeit, die Magnolia Town vielleicht gar nicht hatte. So ein Mist aber auch! Allerdings würde er sicherstellen, dass sie die Informationen an die entsprechenden Behörden zusammen mit den beiden Banditen übergaben, sodass diese sich um diesen Diebesring kümmern konnten. Und dabei würde es der Grynder sicher nicht belassen, denn auch sein Gildenmeister würde davon erfahren. Möglicherweise konnte die Wüstengilde ja der Regierung ihre Dienste anbieten. Jede gute Tat brachte sie einen Schritt näher, die dunkle Vergangenheit hinter sich zu lassen und von allen und jedem respektiert zu werden. „Gute Idee! Lass uns die Beiden verstauen und bei der nächstbesten Gelegenheit abgeben. Ich werde es auch meinen Gildenmeister wissen lassen, vielleicht solltest du das Gleiche tun.“, schlug der junge Mann seinem Kollegen vor. Vielleicht ergab sich sogar wieder ein Kooperationsauftrag beider Gilden? Die zweite Aussage des Minoru zauberte wieder ein Lächeln auf seinem Gesicht. Das war doch Musik in seinen Ohren! Ein ausführliches Gespräch über ihre gegenseitigen Fähigkeiten? So etwas würde er sich sicher nicht entgehen lassen, so wahr er Yuuki Grynder ließ. „Wir haben tatsächlich noch ein wenig Zeit, bis wir in Magnolia Town angekommen sind. Also können wir uns gerne ein wenig austauschen. Das hilft uns auch sicher für den weiteren Auftrag, falls es nochmals zu einer Konfrontation kommen sollte!“ Je mehr man über den jeweils anderen wusste, desto besser konnte man in einer brenzligen Situation agieren!
Gesagt, getan, hatte der junge Mann die beiden bewusstlosen Banditen in seine Flasche eingesaugt und sich anschließend zusammen mit Akay zurück in ihr eigenes Abteil begeben. Der rothaarige Wüstenmagier nahm erneut auf seinem Platz gegenüber dem Schwarzhaarigem Platz und schaute ihn neugierig an. „Um deine Frage hinsichtlich der zerstörten Schienenabschnitte zu beantworten: Ich beherrsche Zeitmagie. Damit bin ich in der Lage, die Zeit zu manipulieren und beispielsweise die Zeit für Gegenstände so weit vordrehen, dass sie kaputt gehen oder auch rückgängig machen. Ziemlich praktisch, wenn man etwas reparieren möchte.“, fügte er noch augenzwinkernd hinterher. „Das ist jedoch noch nicht alles, denn ich verfüge über weitere Magien. Meine primäre Magie ist Magnetismus, wodurch ich in der Lage bin, Einfluss auf metallische Gegenstände zu nehmen und sie mir zu Nutze zu machen.“ Der junge Mann war wie ein Wasserfall, so enthusiastisch berichtete er über die möglichen Anwendungen seiner Magien. Aber hey, wer konnte es ihm schon verübeln? Wann sonst erhielt man die Möglichkeit, einen Einblick in Lost Magics zu erhalten? „Außerdem bin ich in der Lage, Masken zu beschwören, die mir verschiedene Fähigkeiten verleihen: Spuren lesen, Unterwasseratmung, Tarnung, und vieles mehr.“, schloss er seine Erzählung mit einer Handbewegung ab. Oh ja, er hätte sich wirklich stundenlang über Magie unterhalten können. Was der Minoru wohl dazu sagen würde? Und was Yuuki noch viel mehr interessierte: Was würde Akay wohl über sich Preis geben? „Mich würde auch noch etwas zu Gemini interessieren.“, stellte der junge Mann noch weitere Fragen seinerseits in Sicht. „Kann Gemini auch jemanden kopieren, der nicht bewusstlos und nicht redewillig ist? Beispielsweise einen dunklen Magier, den man gefangen hat? Ist Gemini in der Lage, problemlos auf dessen Informationen zuzugreifen? Wie sieht es mit magischen Siegeln aus? Werden diese auch kopiert? Kann man auch solche Informationen in Erfahrung bringen oder sind diese Informationen dann blockiert?“ Fragen über Fragen. Mal sehen was der Stellarmagier so antworten würde!
#11 Noch wollte Akay nichts verallgemeinern, aber er kam nicht drum rum in Erwägung zu ziehen, dass die Magier von Crimson Sphynx nicht nur überaus rechtschaffend waren, also wirklich und wahrhaftig versuchten ihre Vergangenheit abzulegen, sondern auch überaus intelligente und vor allem vielseitige Magier. Lian, den er einige Zeit zuvor auf einer Quest kennenglernt hatte, hielt sich sowohl magisch als auch persönlich sehr zurück, war aber dennoch ein freundlicher und kompetenter Zeitgenosse. Charon hingegen hatte viel von dem was Yuuki ihm gerade offenbarte, wobei der Rotschopf insgesamt etwas nahbarer wirkte als es der Weißhaarige tat. Dennoch war der Umgang mit der Gilde zusehends ein Vergnügen. Ein derartiges, dass Akay sich zusehends sicherer wurde auch den Rest seiner Gilde, und sei sie noch so chaotisch, daran teilhaben zu lassen. Die Frage wäre nur, inwieweit ein solcher Kurs auch dem Plan des Gildenmeisters entsprechend würde. Das jedoch war ein Problem für eine andere Zeit. Allen voran aber eine Prüfung, vielleicht auch Konfrontation, auf die der junge Magier alles andere als erpicht war, obwohl er durch den Diebesring einen guten Grund bekommen hatte, mit Adair zu reden. Wohlmöglich war es an der Zeit seine Meinungen nicht mehr nur für sich zu behalten, sondern sich dem Geplänkel aus Politik und Meinungen anzuschließen. So wie er Fairy Tail bislang wahrnahm und einschätzte, dürfte das wenig geordnet ablaufen. Trotzdem war es ein möglicher Sumpf, in welcher er nicht untergehen wollte. Je nachdem wie ihr Auftrag ausging, brauchte er sich auch überhaupt gar keine Gedanken mehr darüber zu machen. Ein Gedanke, der den Minoru dazu brachte seinen Kopf kurz zu schütteln und sich wieder vollkommen auf seinen Gesprächspartner zu konzentrieren. Mit praktisch offenen Mund schaute Akay zu, wie die beiden Verbrecher in einer Art Sog einfach so in der Flasche verschwanden. Allein diese Tatsache, warf so viele Fragen auf, die sich auf die bereits vorhanden stapelten. Wenn sie sowie so gleich über Magie reden würden, könnte er das Mysterium dieses sonderbaren Gegenstands vielleicht etwas entschlüsseln. Immerhin, zumindest schätzte er sich so ein, war er nicht nur gut darin Zauber zu wirken, sondern auch die Mechaniken dahinter zu verstehen. Anders als bei den meisten anderen Magiern, war für ihn Magie eher wie das Lernen einer Fremdsprache. Wenn man sechzehn Jahre etwas anderes getan hatte, etwas so fundamental anderes, dann brauchte es eine Menge Theorie, um sich dieser neuartigen Materie anzunähern. Zumindest war das das Vorgehen, welches die Fee gewählt hatte und welches ihm fortwährend dabei half, die ihm präsentierten Zauber und Wirkungsweisen nachzuvollziehen. Die viel spannendere Applikation, die er jedoch noch nicht selbst getestet hatte, wäre es, diese Effekte auf eigene Sprüche zu übertragen. Ein Unterfangen, welches sich der Schwarzhaarige noch nicht getraut hatte. Auch Yuuki erkannte, dass sie die verbliebene Zeit nicht nur für ihre Recherchearbeit nutzen konnten, sondern eben auch, wie vorgeschlagen, um das Skillset des anderen näher kennenzulernen. Dass die beiden sich dadurch enorm viel Vertrauen entgegenbrachten, war für ihn erstmal nebensächlich. Bei so respektierten Gilden und Personen, wie sie es waren, gestanden in diesem einzigartigen Berufsfeld, gab es aber auch keinen wirklichen Grund sich nur zu vertrauen, im Gegenteil. Es war beinahe ihre Pflicht, schon durch den Posten, den die beiden zwischenzeitlich bekleideten, dass sie die Werte, die sie öffentlich hochhielten, auch tatsächlich auslebten. Im schlimmsten Fall galt dann: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und in Fiore gab es genug Leute, die beiden an den kragen wollten, als dass sie zeit hätten sich untereinander zu bekriegen. Diese Zeiten waren lange vorbei.
Kaum hatten die Sphynx und er Platz genommen, griff dieser direkt die Fragen auf, die Akay noch zuvor im Gang gestellt hatte. Natürlich wäre auch er bereit gewesen zuerst zu erzählen, aber sein Gegenüber hatte wohl ebenso schnell bemerkt, dass diese ungebremste Neugierde auf beiden Seiten bestand. Wenn ihr Auftrag nicht gewesen wäre, hätten die beiden Magier sicherlich kreuz- und quer durch Fiore fahren können und immer zu ein Thema gefunden, worüber sie hätten sprechen können. Da Zeit jedoch ein Luxus war, zumindest fürs erste, konzentrierte sich das Multitalente, wie bereits bei der Arbeit im eigenen Anwesen, auf die wesentlichen Dinge, während er ab und an seine eigene Neugierde befriedigte. Für Akay besonders faszinierend war natürlich die Tatsache, dass es Personen gab, die diese, im Volksmund als „Lost Magics“ bekannten Magien, tatsächlich beherrschten. Verloren bezog sich demnach wohl er darauf, dass es keine gute Möglichkeit gab, dieses Wissen weiter zu geben. Und doch beherrschte Yuuki es. Ebenso wie er noch gleich zwei Magien beherrschte. Nicht zu verachten, hatte sich der junge Mann aus Magnolia doch gerade selbst erst eine weitere Möglichkeit angelacht, sein Mana zu verbrauchen. Um nicht unhöflich zu wirken, unterbrach er den Redefluss des anderen nicht, obwohl man gewiss nicht übersehen konnte, wie hibbelig der Schwarzhaarige auf einmal in seinem Sitz saß. Bevor er allerdings eben diese Fragen stellen konnte, wollte sein Partner natürlich selbst noch einige Dinge wissen. Speziell zu Gemini. Die beiden Geister, zwischenzeitlich zurückverwandelt, vertrieben sich derweil auf den Boden ihre Zeit, da er noch keinen Grund sah, die beiden zurückzuschicken. Es war schon ein ulkiges Duo. „Also grundlegend können die beiden jeden kopieren, mit dem sie Kontakt haben. Das ist die einzige Voraussetzung. Also wäre es in unserem Fall total egal gewesen, wenn sie sich gesträubt hätten. Was die Siegel angeht…“ Akay schaute auf den Tisch vor sich und tippte sich nachdenklich ein paar Mal mit dem Finger gegen die Nasenspitze. Gemi und Mini schauten ihn dabei nur kurz an, ehe sie sich wieder ihren Dingen widmeten. „Ich kann dir das gar nicht genau sagen. Wenn es sich die Person selbst auferlegt hat, müsste sie ja auch wissen, wie sie es lösen kann. Das wäre dann kein Problem. Fremdeinwirkung hingegen obliegt dann wohl dem Wissen des Beschwörers, also müsste man es extern auflösen. Das ist schon eine sehr spezifische Frage, darf ich fragen, wie du darauf kamst?“. Wie schon im Haus zuvor, wäre ein Nein auch eine berechtigte Antwort. Nachdem nun Yuuki wiederholt etwas von sich Preis geben musste, war der Stellarmagier an der Reihe. Dazu packte er seinen Schlüsseltasche von seiner Kleidung auf den Tisch, sodass sein Mitstreiter sich die anderen, vor allem Goldschlüssel, anschauen konnte. Sich so nackt zu machen, tat die Fee in der Regel nur in den eigenen vier Wänden und nur selten verließ er das Haus ohne sie. Fast wie eine zweite Haut.
„In erster Line, beziehungsweise meinen ersten Kontakt mit Magie hatte ich mit Stellargeistern oder eben der Stellarmagie. Sie ist sozusagen mein Steckenpferd und wie du gewiss anhand der Schlüssel bereits erkennst, habe ich auch einige Exemplare der Zodiac Schlüssel in meinem Besitz. Meines Wissens nach gibt es relativ wenige Stellarmagie in Fiore und außerhalb und nur die fähigsten Beschwörer sind dazu in der Lage, diese Geister in unsere Welt zu rufen. Ohne das ich jetzt prahlen will“ dabei musste er kurz lachen. „Die Fähigkeiten reichen von Orientierung, über reines Wissen hin zu eigenen Zaubern, die meine Offensiv- oder Defensivkapazitäten erhöhen. Für eigentlich alles, an das du denken kannst, gibt es einen Geist. Man ist praktisch nie allein, solange man seine Schlüssel griffbereit hat“. Kurz pausierte er, um einen Schluck zu trinken. „Zeitgleich, da ich nicht viel davon halte diese interessanten Geschöpfe wie Kanonenfutter zu verheizten, habe ich mich im Speerkampf sowie im waffenlosen Kampf geschult bzw. wurde geschult. Um z.B. meine Kräfte zu sparen, habe ich die werte Dame in deiner Flasche übrigens körperlich überwältigt. Auch wenn ich mich nicht als kräftigsten Menschen bezeichnen würde, habe ich einige Techniken, auch Wurftechniken, die es mir erlauben vermeintlich überlegenere Gegnern das Wasser zu reichen, unabhängig ihrer Anzahl. Zudem ist es ein wunderbarer Ausgleich von geistiger Arbeit“. Das war doch schon mal eine ganze Menge, doch noch war er nicht am Ende angelangt. „Wer so viel Zeit wie wir mit Büchern verbringt, den reizt es dann irgendwann einmal dieses theoretische Wissen in praktisches umzuwandeln. Dir sind doch sicher auch Theorien, wie die Gesinnungstheorie bekannt? Die Idee, dass Magie einem Spektrum zugeordnet werden kann, hell und dunkel, Gut und Böse? Jedenfalls entlang dieser habe ich mich für die Lichtmagie entschieden und tatsächlich fiel es mir sehr leicht, die Grundzüge dieser zu erlernen. Eigentlich ist Elementarmagie relativ simpel im Vergleich zu Stellarmagie und gewiss auch zu Zeitmanipulation. Durch diese neue Magie konnte ich z.B. das Warnsignal am Himmel erzeugen. Ich habe also bei weitem nicht so viele Magien wie du, aber ich glaube ich muss mich nicht verstecken". Nun hatte Akay so viel erzählt, dass er ganz vergessen hatte Yuuki noch Nachfragen zu seinen erwähnten Magien zu stellen. Nun gut, die Fahrt ging ja noch etwas.
#11 Hier hatten sich wahrlich die zwei Richtigen gefunden! Obwohl sie sich Beide bei ihrem ersten Treffen nicht wirklich mit Ruhm bekleckert hatten und die Gelegenheit vielmehr dazu genutzt hatten, sich aneinander die Klischees ihrer Gilden an den Kopf zu werfen, schien dieses Treffen lange vergessen. In der Zwischenzeit waren Beide gereift und sogar zu Diplomaten ihrer jeweiligen Gilde erhoben worden, was eine gewisse Verantwortung mit sich brachte. Yuuki war sehr daran gelegen, neue Bande und Verbindungen für Crimson Sphynx zu knüpfen und nicht etwa einen Streit vom Zaun zu brechen. Zugegeben, er hatte bereits andere Fairy Tail Magier kennen gelernt und war mit ihnen auf Quests gegangen und sie waren bei weitem nicht so professionell wie Akay gewesen. Man denke nur an Kass und Kazuya, die sich inmitten feindlichen Gebietes – ein Nest gefährlicher Riesenameisen – angifteten und dumm machten. Damals hatte der Grynder hinsichtlich dieses amateurhaften Verhaltens nur mit dem Kopf schütteln können und sie zurecht weisen mussten. Nicht dass sie ihn und El, seine schüchterne Gildenkollegin und verschollen geglaubte Kindheitsfreundin, noch in Gefahr brachten. Solche Momente untergruben wohl die Anstrengungen des Minoru, Fairy Tail auch in einem anderen Licht scheinen zu lassen. Doch auch Crimson Sphynx hatte seine schwarzen Schafe. Man denke nur an seinen Lieblingsmenschen Lian. Ironie off. Der Dieb untergrub die Bemühung seiner Gildenkollegen, die Wüstengilde zu einem besseren Ruf zu verschaffen und die zweifelhafte Vergangenheit hinter sich zu lassen, indem er seine Finger nicht bei sich behalten konnte und tatsächlich Menschen bestahl. Bisher war er nicht erwischt worden – außer von Yuuki, doch der täte den Teufel daran, das an die große Glocke zu hängen. Doch ein einziger Fehltritt reichte aus, damit der Typ geschnappt und seine Zugehörigkeit zu Crimson Sphynx bekannt wurde. Und dann hatten sie den Salat und der Rotschopf bezweifelte stark, dass kein Diplomat oder PR-Manager in der Lage sein würde, diese Geschichte gerade zu biegen. Wie dem auch sei, zum Glück waren hier nicht Kazuya und Lian, sondern Akay und Yuuki. Möglicherweise gelang es ihnen ja tatsächlich, neue Brücken zwischen ihren Gilden zu bauen und die Verbindung von Fairy Tail und Crimson Sphynx zu verstärken!
Die rubinroten Seelenspiegel blickten gespannt auf den Schwarzhaarigen, während dieser zu einer Erklärung ansetzte. Der Wüstenmagier lauschte gebannt den Worten des Anderen und sog dabei jegliche interessante Information zur Stellarmagie gleich einem Schwamm auf. *Sehr interessant, wirklich sehr interessant!*, schoss es ihm durch den Kopf. Also war der Gemütszustand der Person gleich, wenn Gemini diese kopierte. Selbst wenn jemand keine Informationen willentlich preis geben wollte, so übertrug sich das nicht auf die Stellargeister. Wie es um die magische Versiegelung von Informationen stand, wusste Akay jedoch nicht so recht zu beantworten. Verständlich also, dass er sich nun seinerseits nach dieser sehr spezifischen Frage des Grynders erkundigte. Was hatte sich denn Yuuki bei dieser Frage gedacht? „Nun, ich bin bereits dunklen Magiern von Royal Crusade begegnet. Hattest du auch schon das … Vergnügen?“, fragte er leicht säuerlich beim Stellarmagier nach. „Gemini hier wäre also demnach in der Lage, nützliche Informationen über die Gilde, die Operationsbasis, ihre Mitglieder und Netzwerke und vieles mehr in Erfahrung zu bringen. Aber wie steht es um klassifizierte und geheime Informationen? Wenn Boten für solche Informationen eingesetzt werden, gibt es oft eine magische Versiegelung, sodass diese – sollten sie geschnappt werden – nicht einfach die Informationen in einem Gehör freigeben. Unter keinen Umständen, selbst wenn sie gefoltert werden sollte.“ Woher er so viel wusste? Nun, genau wie Akay war auch Yuuki recht magievernarrt, auch wenn die Noten in der Schule damals diese Aussage Lügen straften. Nun war es am Rotschopf, sich gedankenverloren über die Schläfe zu fahren. „Was passiert also, wenn Gemini eine solche Person mit magisch versiegelten klassifizierten Personen kopiert? Daher meine Frage, denn das könnte alles verändern, wenn diese Siegel nicht mitkopiert würden, verstehst du?“ Sicher würde Akay das Ausmaß dieser Tatsache verstehen können. Ob er nun mit dieser Antwort zufrieden war? Oder hatte er möglicherweise noch weitere Gegenfragen?
Während der Zug in hohem Tempo durch die Landschaft fuhr und sich ihrem Ziel immer weiter näherte, konnte man ganz entfernt am Horizont dunkle Wolken erkennen. Dunkle Wolken, auf die sich der Zug und die darin befindlichen Passagiere – Magier inklusive – darauf zubewegten. Hoffentlich war das kein böses Omen! Augen für Landschaft oder Horizont schien jedoch fürs Erste keiner der Magier zu haben, die zu vertieft in ihrem Gespräch waren. Yuuki konnte sein Glück nicht fassen, so viel neues Wissen über eine Lost Magic wie die Stellarmagie aus erster Hand erfahren zu können. Der Minoru ließ sich wahrlich Zeit und erklärte ihm alles bis ins Kleinste Detail. Dass er seine Geister nicht einfach im Kampf verheizen wollte, während er selbst gemütlich eine Tasse Tee zu sich nahm und darauf wartete, dass die Drecksarbeit erledigt wurde, sicherte ihm ein respektvolles Nicken seitens des Grynders. Bei der Erwähnung des Speerkampfes, blitzten die rubinroten Augen des Wüstenmagiers auf. „Was für ein Zufall! Ich nutze ebenfalls eine Waffe, allerdings einen Stab!“ Stab, Speer, so viele Unterschiede gab es da gar nicht. Und mit einem Schnippen seines Kopfes nach rechts, purzelte der Miniaturstift in seinem Ohr heraus, welcher sogleich in seiner ausgestreckten Hand landete. Ein kleiner Manaimpuls und schon befand sich ein etwa ein Meter großer, silberner Stab in seiner Hand. „Vielleicht sollten wir, unter anderen Umständen natürlich, einen kleinen Übungskampf abhalten.“, stellte Yuuki mit erwartungsvollem Gesichtsausdruck in Aussicht. Ob er sich auf einen magischen oder rein auf Waffen bezogenen Übungskampf bezog, ließ er im Augenblick offen. „Aber wow, du verfügst ja über wirklich viel Wissen der Stellarmagie! Ich kann es kaum erwarten, sie nochmals in Aktion zu sehen.“ Akay war wirklich bescheiden, wie er versuchte, seine Fähigkeiten der Lichtmagie unter den Scheffel zu schieben. „Ja, das ist mir definitiv ein Begriff. Ich bin allerdings der Meinung, dass es nicht darum geht, wie selten eine Magie ist, sondern wie effizient und geschult man in ihrem Umgang ist. Selbst eine simple Magie ist in den Händen eines Meisterzauberers eine höchst tödliche Waffe.“, tat der Zwanzigjährige seine Meinung kund und schaute dabei den Anderen recht ernst an. Sicher brauchte sich der Minoru mit seinen Fähigkeiten nicht wirklich zu verstecken!
Just in diesem Augenblick fiel der Blick des jungen Mannes auf ein altes Dokument, welches zu Boden gefallen war. Stirnrunzelnd bückte sich Yuuki, um es aufzuheben und kurz zu überfliegen. Als er die Informationen verarbeitet hatte, riss er die Augen weit auf. „Akay, schau her!“, rief er zu dem Feenmagier und hielt ihm das alte Manuskript hin. „Hier steht etwas zum Stab des Ur und der Wettermanipulation! Um vor dem Chaos sicher zu sein, muss sich der Anwender immer im Auge des Sturms befinden!“ Das war doch endlich mal eine nützliche Information, die ihnen hoffentlich dabei half, den Verursacher dieses ganzen Chaos im Sturm zu finden!
#12 Royal Crusade. Eine Gilde über die wie bei einer Gute-Nacht Geschichte gesprochen wurde, besonders dann, wenn neue Mitglieder im Raum waren. Dabei hatte natürlich jede gute Geschichte oder jedes gute Märchen irgendwo einen wahren Kern. Diese Leute waren gefährlich und nicht selten bereit dazu Gewalt anzuwenden. Konsorten mit denen man also so wenig wie möglich Kontakt hatte. Akay hatte bis jetzt Glück gehabt. In seinen frühen Tagen war er auf den einfacheren Aufträgen, wenn überhaupt, nur freundlich gesinnten Magiern über den Weg gelaufen. Jetzt, wo er Erfahrung mitbrachte und bereits die ein oder andere Konfrontation hinter sich hatte, waren diese dennoch ohne Mitglieder dieser elitären Gemeinschaft gewesen. Zumindest augenscheinlich. Ob er also bereits mit ihnen „das Vergnügen hatte“ so wie es Yuuki vermutete, konnte er erst einmal nur mit einem Kopf schütteln quittieren. Aber der junge Mann hatte Recht: Gemini war und blieb ein optimaler Geist, um derartige Aufgaben zu erfüllen. Er würde den Schlüssel gut behüten müssen. Wer wusste schon wozu gewisse Menschen fähig waren. Unter Umständen könnten sie ihn zwingen seine Gefährten zu verraten und diese überaus nützliche Fähigkeit zur Befriedigung ihrer niederen Bedürfnisse einzusetzen. Das wollte er auf jeden Fall verhindern. Gespannt lauschte er dem Rothaarigen weiter. Es war eine überaus interessante Überlegung, deren Antwort man mit Vorsicht genießen sollte. „Ich vermutete tatsächlich, dass dieses Siegel, wenn es komplex genug ist, mitkopiert wird. Soweit ich es mitbekommen habe, erzeugt Gemini wirklich eine Kopie, die einem eineiigen Zwilling entspricht. Das ist vermutlich etwas was wir mal testen müssten … sofern es wirklich nötig ist“. So eine Situation war keine, die der Schwarzhaarige mit offenen Armen suchte. Zum Glück schwenkte das Gespräch ja auf die weitere Verwendung und Praktizierung ihrer Magien um und damit war auch dieses etwas unangenehme Thema fürs erste vom Tisch. Sollte natürlich der Drahtzieher dieses Wetterchaos auch gleichzeitig ein Mitglied des Verbrecherkonsortiums sein, würde sie ihre Theorie sehr zeitnah testen können. So gebannt in einem Gespräch, übersah auch Akay die dunklen Wolken, die langsam am Horizont zum Vorschein kamen und sich in eine bestimmte Richtung bewegen schienen. Möglicherweise breiteten sie sich auch von einem bestimmten Punkt nach außen aus. Das war noch unklar. Insgesamt wirkte die Sphynx nicht nur interessiert, sondern auch anerkennend, in der Art wie er auf seine Worte und Fähigkeiten reagierte. Spätestens als jener erwähnte, dass er ebenso im Stabkampf versiert war, war die Fee wieder Feuer und Flamme. Ein Sparringkampf, in diesem Fall vielleicht eher ohne Magie, wenn der Minoru die Oberhand behalten wollte, wäre eine geniale Gelegenheit sich weiter kennenzulernen und wirklich ein Gefühl für den Kampfstil des anderen zu bekommen. Wieder überrascht darüber, wie es der Wüstenmagier schaffte praktisch aus dem Nichts heraus Doppelgänger und Waffen zu erzeugen, verblüffte immer und immer wieder. „Sehr, sehr gern“ kommentierte er deshalb die Einladung seines Gesprächspartners ehe er ihm weiter zuhörte. Das Lob ging dabei natürlich nicht unter und wenn seine Recherchen zu einem tauglichen Ergebnis zusammenliefen, dann würde auch Akay in naher Zukunft etwas erleben, was nur wenigen Stellarmagiern zu teil wurde. Aber DAS war etwas für eine ganz andere Situation. „Zumal“ ergänze er an das Statement zum Thema Magie „es bei unseren Aufträgen ja oft darum geht zu helfen. Dass man sich nebenbei damit noch verteidigen kann, ist natürlich ein netter Bonus“. Was speziell das Thema des Tötens anging, so merkte sich auch sein Partner, war der Junge doch noch sehr reserviert. Die verrückten Bestien aus dem Tempel waren so weit entfernt von Menschen, dass es ihm leichter fiel sie zu attackieren. Darüber hinaus konnte er damals nicht mal direkt sehen, was genau er mit seinen Angriffen bewirkte. Aber in so einer direkten Konfrontation, etwa mit der Dame von vorhin, scheute er den Gedanken ihre lebenswichtigen Bereiche mit seinem Speer zu attackieren. Die Klingen waren viel eher dem Umstand geschuldet, dass ein glatter Stab seiner Meinung nach wenig geeignet war, eine feindliche Klinge abzuwehren.
„Aber sag mal“ lag es jetzt an ihm nachzufragen. „die Masken: Kannst du mehrere gleichzeitig einsetzen? Dann hast du noch Zeitmagie und Magnetismus. Weshalb hast du die Schienen mit der Zeitmagie repariert und nicht mit dem Magnetismus? Nimmst du Zeit auch anders wahr? Und wie weit kannst du zurück- oder gar vorwärts springen? Hast du auch Grenzen, die dich limitieren? Und sehe ich das richtig, dass du durch die Manipulation des Magnetfeldes deinen Körper praktisch vom Boden abstoßen, also fliegen kannst? Wie ist das so? Ach jetzt hab ich eins noch, sorry wenn ich dich so zutexte: Deine Gegenstände, wo kommen die alle her und wie funktionieren sie? Kamen auch die Doppelgänger daher? Benutzt du sie nur oder hast du ihre Mechanismen tatsächlich entschlüsselt?“ Na das war ja eine Fragenflut, wie sie nur Yuuki selbst hinbekam. So verging natürlich noch einige Zeit bis ihr Anführer zu Boden blickte und eine der vielen Dokumente aufhob, die sie quer durch das Abteil verteilt hatten. Vom Aussehen her wirkte es älter und musste damit gewiss eher zu den Notizen gehören, die etwas mit dem Stab zu tun hatten. Tatsächlich sollte Akay auch recht behalten. Eifrig packte er das Papier und erst jetzt kamen die Sorgen zurück, die durch ihre spannende Diskussion und den Zwischenfall auf ihrer Reise in den Hintergrund geraten waren. Sie musste sich noch immer beeilen! Das Auge des Sturms wiederholte er in Gedanken für sich und reichte die Chronik zurück. „Die Frage ist aber, wie groß ist das Auge des Sturms. In einer Stadt wie Magnolia suchen wir uns dann vermutlich immer noch dumm und duselig. Wenn wir den Übeltäter aber aus der Stadt herauslocken, oder herauslocken könnten, hätten wir bestimmt leichtes Spiel. Vor allem...“ begann er seinen Satz ehe ins stocken geriert und seine Augen sich weitete. „Yuuki schau!“ waren die zwei einfachen Worte, die er äußerte, ehe er aus dem Fenster zeigte. Waren sie etwa zu spät gekommen?
#12*Mist, also eine Sackgasse.* Innerlich seufzte Yuuki, denn es wäre nur zu schön gewesen, wenn sie mithilfe von Gemini solche magische Siegel hätten brechen können. Dann hätte man den Stellargeist ganz einfach zu den Gefangenen in den Kerkern der Rune Knights bringen können, um auf diese Art und Weise wichtige Information über Royal Crusade oder generelle dunkle Magier zu extrahieren und zur Verbrechensbekämpfung nutzen können. Nach außen hin zuckte der Grynder lediglich enttäusch mit den Schultern. Da konnte man eben nichts machen. Ein Grund zur Freude war jedoch die Zustimmung des Feenmagiers hinsichtlich eines Übungskampfes. Ein erfreuter Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus und sein Verstand ratterte bereits los und überlegte sich verschiedene Strategien. Der Minoru stellte dank seiner Stellargeister wahrscheinlich eine größere Herausforderung dar als jeder andere Magier, mit dem er zuvor gekämpft hatte. Die Fähigkeit, weitere Unterstützer zu beschwören klang einfach nur zu nützlich. Nur gut, dass er auch seine eigenen Kopien erschaffen konnte, sodass er nicht in Unterzahl kämpfen musste. Das Lächeln des Rotschopfes verstärkte sich nur, als Akay darüber sinnierte, dass sie ihre Magie nicht nur zum Angriff nutzten, sondern sie hauptsächlich Menschen damit halfen. Yuuki nickte bestätigend, denn er teilte diese Meinung zu hundert Prozent. Sie als Magier von Fairy Tail, Crimson Sphynx und all den anderen guten Gilden, waren dazu da, das Leben der Menschen um sich herum zu erleichtern und zu verbessern. Hatte er nicht bereits verloren geglaubte Gegenstände dank seiner Masken gefunden, und so Freude zurück in die Herzen der Menschen gebracht? Und dank seiner Zeitmagie hatte er auch Gegenstände und Schmuckstücke wieder instand setzen können. Ganz zu schweigen dass er auch beim Bau von Häusern geholfen hatte, indem er mithilfe seines Magnetismus‘ beispielsweise Stahlstützträger transportiert hatte. Ja, er konnte dem Stellarmagier nur zustimmen!
Nachdem der Crimson Sphynx Magier die Gelegenheit gehabt hatte, seine Fragen zu stellen, lag der Ball nun bei Akay. Und holla die Waldfee, wer hätte damit rechnen können, dass die Fragen auch nur so aus dem Mund des Schwarzhaarigen sprudeln würden? Die beiden Magier hatten wahrlich mehr gemein, als es bei ihrem ersten Treffen wohl den Anschein gehabt hatte. Und sein Gegenüber stellte definitiv äußerst interessante Fragen. *Zwei Masken gleichzeitig beschwören?* Daran hatte der Grynder ja noch nie gedacht. Hmm, ob das wirklich möglich war? Vielleicht sollte er mal mit El darüber reden. Sie hatte ihm die Magie schließlich beigebracht, also konnte man sie gut und gerne als seine Lehrerin betrachten. Bei diesem Gedanken musste er innerlich schmunzeln, denn seine Kindheitsfreundin Elena wäre sicherlich bei diesem Lob peinlich berührt gewesen und hätte vor Freude gestottert. Zurück im Hier und Jetzt, blickte der Grynder den Minoru an, als er sich ans Antworten machte. „Interessante Frage, über die ich noch nie nachgedacht habe. Tatsächlich kann ich es nicht, aber ich kann auch nicht ausschließen, dass es unmöglich ist. Ich werde es mal austesten und vielleicht habe ich bei unserer nächsten Begegnung eine andere Antwort für dich parat.“ Oh ja, nun war der Rotschopf Feuer und Flamme, denn wie cool wäre es denn, zwei Masken gleichzeitig zu beschwören? Möglicherweise ließen sie sich ja kombinieren? Fragen, auf die er erst eine Antwort erhalten würde, sobald er sich an die Arbeit machte. „Ich kann zumindest immer akurat sagen, wie viel Uhr wir haben.“, konnte sich der Wüstenmagier einen kleinen Scherz nicht verkneifen, obgleich er nicht wirklich log. „Wären die Schienen lediglich auseinander gebaut worden, hätte ich sie problemlos mithilfe meiner magnetischen Kräfte wieder zusammensetzen können. Allerdings waren sie stark beschädigt und zerstört, gar zersplittert an manchen Stellen. Aus diesem Grund habe ich die Zeit für die Schienen bis zu dem Zeitpunkt zurückgedreht, an welchem sie unversehrt haben.“, erklärte der junge Mann den Grund dafür, warum er sich für Zeit- statt Magnetismusmagie entschieden hatte. „Ich kann auch die Zeit bis zu einem gewissen Grad an lebenden Wesen zurückdrehen und so kürzliche Verletzungen rückgängig machen. Allerdings ist das zeitlich sehr begrenzt, ich muss also rasch agieren, sonst verpasse ich das Zeitfenster. Über Zeit anhalten oder durch die Zeit springen kann ich allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nur träumen.“, gluckste Yuuki seine Antwort. Ob das überhaupt möglich war? Schließlich musste der Grynder auf die Fragen zum Magnetismus hin nicken. „Gut erkannt. Ich kann Magnetfelder manipulieren, auch mein eigenes. Ich bin also nicht nur auf Metall beschränkt, sondern kann mich damit auch in die Lüfte erheben. Und wer noch nie geflogen ist, weiß nicht, was er verpasst hat.“ Der junge Mann erinnerte sich an das erste Mal, als er in die Lüfte abgehoben war. Nein, dabei sprach er nicht über die versehentliche Aktivierung dieser Fähigkeit im Schwimmbad, sondern vielmehr vom ersten Mal, an dem er wirklich geflogen war. Dieses berauschende Gefühl war mit nichts zu vergleichen, was er zuvor verspürt hatte. In der Luft fühlte er sich frei und unbeschwert von der ganzen Last seines Lebens!
Als Letztes interessierte sich Akay noch für seine Artefakte. Das war wiederum ein Thema, über welches er Stundenlang reden konnte. Vermutlich sogar länger, als sie während dieser Zugfahrt Zeit hatten. „Meine magischen Artefakte und Waffen gehören tatsächlich zu einem Set. Du hast bisher den Umhang, die Kürbisflasche und den Stab zu Gesicht bekommen.“, erklärte er und hob demonstrativ den in seiner Hand befindlichen metallenen Stab. „Es gehört noch ein letzter Gegenstand zu diesem Set, die Krone. Kennst du die Legende von Wukong, dem Affenkönig?“ Möglicherweise wusste Akay ja auch etwas darüber. „Ich habe diese Gegenstände in den unterschiedlichsten Orten Fiores gefunden: In einem uralten Drachentempel im tiefsten Herzen der Wüste, einer alten Ruine die Dämonen und Göttern gewidmet war, in einem Ehrenkampf gegen Steinfresser gewonnen und in einer uralten Krypta gefunden, in denen sogar ein richtiger Gott gehaust hat. Zumindest hatte er das behauptet.“, gab Yuuki schulterzuckend von sich, als er sich an die Begegnung mit Merkur erinnerte. Ja, der Gott der Diebe hatte Charon ganz schön ausgenommen und sogar etwas geschafft, dass bisher keinem außer dem Rotschopf gelungen war – den Ruyi Jingu Stab zu halten. Wahrscheinlich waren Götter so mächtig, dass sie keine Limitierung hatten. „Eine ausführliche Erklärung zur Funktionsweise kann ich dir gerne geben, wenn wir etwas mehr Zeit haben.“, gab er schließlich noch mit einem entschuldigenden Lächeln von sich. Sie mussten immerhin noch alles zusammenpacken und sich auf ihren Auftrag konzentrieren. Und während sie damit beschäftigt waren, rief auch der Minoru bereits aus und sicherte sich somit die Aufmerksamkeit des Grynders. Rubinrote Augen sahen aus den Fenstern in Richtung von dem, auf das Akay gedeutet hatte. Bei diesem Anblick bekam Yuuki riesige Augen. Umgestürzte Bäume und Schäden in der Landschaft, so weit das Auge reichte. Und dort hinten, in der Ferne, musste Magnolia Town sein. Nur … brodelte ein gewaltiger Sturm über der Stadt und der Himmel war pechschwarz, lediglich durch die immer wieder in die Stadt einschlagenden Blitze erleuchtet. Und waren das Wirbelstürme? Ein Gefühl der Kälte machte sich in seinem Inneren breit. Sie kamen zu spät … das Unheil hatte Magnolia bereits erreicht!
Als der junge Mann in die Sonne trat, bemerkte er, wie sich seine Laune ein wenig besserte. Gutes Wetter war oft wohltuend fürs Gemüt, so auch in dieser Situation. Im Endeffekt war seine gute Laune nicht komplett verschwunden, sie hatte sich nur ein wenig versteckt. Durch das kühle Metall an seiner Brust erinnerte sich der Grynder daran, dass er seinen wertvollsten Besitz zurückerhalten hatte. Einige tiefe Atemzüge und schon fühlte er sich besser und ein flüchtiges Lächeln blitzte über sein Gesicht. Zum Glück hatte er sein Medaillon wieder, was er dieses Mal wie seinen Augapfel hüten würde! Der Magnetismusmagier konnte es nicht unterlassen und fischte das Schmuckstück unter seinem Shirt hervor, um erneut einen Blick auf dessen Inhalt zu werfen. Beim Anblick der verloren geglaubten Bilder wurde ihm ganz warm ums Herz. Mit neuer Kraft und Zuversicht, schloss er das Medaillon und begab sich nun zielstrebig in Richtung des Bahnhofes. Nun, zielstrebig war ein starkes Wort, denn der junge Mann machte tatsächlich einen kleinen Umweg zu seiner Lieblingsbäckerei. Hier besorgte er sich ein üppiges Frühstück, welches er in einer großen Tüte gepackt mit sich trug. Unwillkürlich musste er an die Begegnung mit Helena und Rownan während einer seiner vergangenen Aufträge denken. Damals hatte der Lupine nur allzu begierig auf seinen Donut gestiert, sodass der Grynder Frühstück für alle geholt hatte. Das war definitiv etwas, dass er am heutigen Tage nicht machen würde!
Der Weg zum Bahnhof war schnell hinter sich gebracht und es standen nicht so viele Menschen vor dem Ticketschalter, sodass Yuuki alsbald zwei Tickets in der Hand hielt. Der Diplomat hatte sich ein Abteil in der ersten Klasse gesichert, damit sie Ruhe hatten und sich auf die Quest vorbereiten konnten. Nur zu gerne hätte er Lian in die Holzklasse verbannt oder direkt draußen an den Zug angebunden, doch er hielt es für zu fahrlässig, den anderen aus einem Blick zu lassen. Jetzt, wo sie zusammen unterwegs waren, war er mit verantwortlich für den Dieb und er würde den Teufel tun, zuzulassen, dass dieser seiner kleptomanischen Art nachging. Am Ende würde er noch dafür verantwortlich gemacht und das war definitiv etwas, was er Aram Falls nicht erklären wollte. Hmph. Beim Gedanken an den Gildenmeister, machte sich tatsächlich so etwas wie Ärger in ihm breit. Er konnte es nach wie vor nicht nachvollziehen, warum gerade er mit Lian auf einen Auftrag geschickt wurde. Dessen Worte hallten auch nochmal durch seinen Verstand. „Ich will dem großartigen Diplomaten nicht im Wege stehen.“ Es war etwas, auf dass man stolz sein konnte. Etwas, auf dass er nur allzu lange hingearbeitet hatte. Und der Typ spuckte es ihm wie eine Beleidigung entgegen. Nein, er wollte ihn einfach provozieren, mit jeder Ader seines Körpers, dessen war er sich sicher. Und obwohl er das wusste, verhinderte dieses Wissen nicht, dass er tatsächlich darauf reinfiel und sich darüber ärgerte. Das darauf folgende Seufzen des Grynders war scheinbar laut genug, als dass sich einige andere Passanten um ihn herum überrascht umdrehten und sich nach der Quelle dieses Geräusches erkundigten. Der Rotschopf hatte jedoch keinerlei Augen dafür und rieb sich stattdessen mit den Fingern über die rubinroten Augen. Dieser Typ würde ihn echt noch in den Wahnsinn treiben.
Apropos dieser Typ: Wo blieb Lian nur? Yuuki’s Blick huschte zur großen Uhr im Bahnhof, die anzeigte, dass der Zug in fünf Minuten abfahren würde. Anschließend huschte sein Blick erneut zum Eingan des Bahnhofes und die beschauliche Anzahl an Passagieren. Weit und breit kein Lockenkopf zu sehen. Ungeduldig verschränkte der Crimson Sphynx Magier die Arme und begann mit der linken Hand auf seinen Oberarm zu tippen, während er die Zugtickets in der rechten Hand hielt. Hoffentlich kam er nicht zu spät, denn der Zug würde sicher nicht auf sie warten!
Also eigentlich musste das gar nicht mehr extra erwähnt werden, aber selbstverständlich hatte Lian nicht zu seiner Wohnung verschwinden müssen, um sich auf die Quest vorzubereiten. Das würde ja nahelegen, dass er sich ernsthafte Gedanken über die Aufgabe machte, eventuelle Probleme und Hindernisse bedachte und im gleichen Atemzug überlegte, was man benötigte, um diese Probleme zu lösen. Alles in allem: Man würde davon ausgehen, dass der Falls sich Mühe gab. Guter Scherz! Nein, er hatte zu seiner Wohnung verschwinden wollen, um sich mental auf Yuuki vorzubereiten und um seine Fassade, die ohnehin schon ordentlich am Bröckeln war, für ein paar unbeobachtete Minuten ablegen zu können. Kaum dass der Braunhaarige die Tür seiner Wohnung hinter sich geschlossen hatte, verkrampften sich seine Hände, er kniff die Augen zusammen und ihn überkam dieses schreckliche irrationale Gefühl, einfach irgendetwas kaputt machen zu wollen. Nur mit eisernem Willen konnte sich der Illusionist davon abhalten, diesem Drang nachzugeben und doch stieß er hörbar die Luft aus, als sich seine Lider zaghaft wieder hoben. „Scheiße, Aram, das kriegst du irgendwann zurück…“, knurrte der 19-Jährige im Selbstgespräch und seine Kiefermuskeln verspannten sich. Eigentlich konnte der Gildenleiter überhaupt nicht wissen, in welcher Beziehung Yuuki und Lian zueinanderstanden. Und doch war es für den jungen Mann vollkommen ausgeschlossen, dass es sich bei dieser Questeinteilung um einen Zufall handeln konnte. Vielleicht hatte Aram nicht gewusst, warum die beiden jungen Männer sich nicht leiden konnten. Aber das schloss nicht aus, dass er irgendwie von der Auseinandersetzung der beiden auf den Fluren des Gildenpalastes Wind bekommen hatte, oder? Nicht nur Juno war anwesend gewesen, waren damals nicht auch zwei Magier an ihnen vorbeigekommen, die von der Halbdämonin mit einem einschüchternden Blick in die Flucht geschlagen worden waren? Oder sie waren belauscht worden. Egal was es war – Aram musste es einfach wissen. Und das wiederum hieß, dass er Lian in ein Team mit dem Grynder steckte, um seinem Neffen nochmal richtig schön eins reinzuwürgen. So musste es einfach sein, etwas anderes war gar nicht möglich! Und die Tatsache, dass dem Bogenschützen in seiner aktuellen Situation einfach die Hände gebunden waren, er Arams Befehl einfach Folge zu leisten hatte, machten Lian so wütend, dass er schreien wollte. Ein Bedürfnis, in Kombination mit dem Zerstörungsdrang, der wirklich nicht oft bei dem sonst recht kontrollierten jungen Mann zum Vorschein kam. Aber es machte wieder einmal deutlich: Wenn man die richtigen Knöpfe drückte, konnte man Lian mindestens genauso leicht manipulieren, wie er es selbst gerne bei seinen Opfern tat - ganz gleich, dass der Lockenkopf sich gerne etwas anderes einredete.
Nachdem der junge Mann sich die Zeit genommen hatte, sich noch ein wenig in seinem Selbstmitleid zu suhlen, hatte er sich endlich auf den Weg gemacht. Über der Schulter trug er tatsächlich eine kleine Tasche mit kleineren Habseligkeiten, die man vielleicht für einen längeren Aufenthalt an einem anderen Ort benötigen könnte – ansonsten hatte er aber keine wirklichen Vorkehrungen getroffen. Der Weg zum Bahnhof war zwar recht schnell hinter sich gebracht, die Uhrzeit hatte Lian vor seinem Aufbruch allerdings ein wenig aus den Augen verloren. Aber bitte, man konnte einem Mann ja wohl ein paar Minuten gönnen, damit er sich mit seinem eigenen, absolut schrecklichen Schicksal abfinden konnte, oder? Da konnte man ja wohl Verständnis für aufbringen… Schon von Weitem konnte der Falls die feuerroten Haare erkennen, die sich doch sehr von der Masse der Passanten am Bahnhof abhob. Und so, wie er es erwartet hatte, spürte Lian sofort, wie sein gesamter Körper auf Abwehrhaltung umstellte. Es war nur ein sehr kurzer Moment der Klarheit, in dem der Falls fast schon fasziniert davon war, was für extreme Gefühle allein ein roter Haarschopf in ihm auslösen konnten. Wenn der Falls sich die Zeit genommen hätte, um ein wenig länger darüber nachzudenken, wäre er vielleicht fähig gewesen, diese starke Antipathie objektiver zu betrachten und dadurch wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Aber… Lian war nicht unbedingt für seine gute Selbstreflexion bekannt. Und so verzog sich der kleine Moment Klarheit so schnell, wie er gekommen war und alles, was übrigblieb, war ein vollkommen genervter Falls. „Ist das irgendeine komische Angewohnheit von dir?“, fragte der 19-Jährige nach, noch ehe er so richtig bei Yuuki angekommen war. Keine nette Begrüßung oder eine Entschuldigung dafür, ziemlich spät dran zu sein. Lians rechte Augenbraue huschte skeptisch nach oben, bevor er mit einer Bewegung des Kinns auf den ungeduldig tippenden Zeigefinger des Grynder deutete. „Eins zu eins wie im Westturm. Ein bisschen ungeduldig?“ Nicht, dass der Falls auf diese Frage eine wirkliche Antwort haben wollte. Obwohl der Illusionist sonst seinen Teammitgliedern gerne mit einem verschmitzten Grinsen oder einem kleinen Scherz begegnete, konnte man in diesem Augenblick nichts dergleichen aus seiner Stimme heraushören. Oh ja, dieser Auftrag würde noch sehr spannend werden… Die hellgrünen Augen wanderten zu den Zugtickets, die Yuuki in der Rechten hielt. Moment. Die sahen anders aus, als die Tickets, die er sonst kaufte. Und wieder einmal machte Lian seinem Zweitjob als Dieb alle Ehre, als er in einer flinken Bewegung, ohne auch nur die Hand des Rotschopfs zu streifen, die Tickets aus dessen Hand fischte. Nur kurz nahm sich der Falls die Zeit, um die Schrift zu überfliegen, bevor ihm das Kinn unkontrolliert herunterklappte. „Erste Klasse?“, fragte er nach und sah entsetzt zu Yuuki. Sekunden verstrichen, ehe er die Augenbrauen zusammenzog. „Ich hoffe doch, das Zeug wird von der Gilde bezahlt?“ Er hatte eindeutig nicht die Jewels, um mit dem Zug in einem Abteil der ersten Klasse durch halb Fiore zu tingeln. Lian hielt seinem Teamkollegen die Karten wieder entgegen… und wieder einmal war es sein vorlautes Mundwerk, das Worte formulierte, die er auch einfach hätte für sich behalten können: „Schmeißt du die Jewel immer so zum Fenster raus?“ Ja, Lian. Das war absolut der richtige Weg, um mit einem Gegenüber auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Absolut fantastisch! Man konnte von Glück sprechen, dass in diesem Moment der Zug in den Bahnhof rollte und das laute Quietschen, mit dem er zum Stillstand kam, alle weiteren, möglichen Worte des Illusionisten verschluckte. Man konnte davon ausgehen, dass der Falls es nur schlimmer und mit Sicherheit nicht besser gemacht hätte…
Genau wie im Westturm des Gildenpalastes, wartete Yuuki erneut ungeduldig auf das Erscheinen von Lian. Dass er derart angespannt und ungeduldig war, lag in diesem Fall jedoch weniger an der mangelnden Püntklichkeit des Diebes und dass sie dadurch womöglich den Zug verpassten, sondern vielmehr an dessen Anwesenheit an sich. Der Grynder war recht stolz auf sich, dass er mit sehr vielen Leuten umgehen konnte, was seiner Aufgabe als Diplomat sicherlich recht dienlich war. Der braunhaarige Magier stelte jedoch ganz klar eine Ausnahme dar. Wie sonst gelang es ihm ständig, dem rothaarigen Magier unter die Haut zu kommen? Es war ganz so, als ob er einen genauen Plan hatte, wann und wie er Yuuki auf die Palme zu gehen hatte. Allerdings war auch er zurzeit nicht in der Lage, richtig zu reflektieren, sodass er sich gar nicht im Bilde darüber war, dass auch Lian sich recht unglücklich mit dieser Situation und Teamzusammenstellung fühlte. Man konnte mit recht großer Sicherheit sagen, dass der Zug für Empathie gegenüber dem jeweils anderen längst abgefahren war. Und so kam es, dass die rubinroten Seelenspiegel einen braunhaarigen Wuschelkopf entdecken. Beim Anblick dieses Haarschopfes spürte der Grynder, wie ihm die Galle hochkam und sich eine gewaltige Antipathie in ihm breit machte. *Warum zum Teufel gerade ich?!*, fragte er sich zum x-ten Mal an diesem Tage. Anders als Lian, ging er mittlerweile nicht davon aus, dass ihr Gildenmeister ihm eins reindrücken wollte. Aram Falls stand für gewöhnlich über solche Kleinigkeiten, also musste es einen anderen Grund haben. Gott bewahre, dass der Gildenmeister ehrlich der Auffassung war, dass sich Lian und Yuuki gut ergänzen würden. Hmm. Allerdings wusste er praktisch nichts über die Fähigkeiten des Anderen, sodass natürlich die Möglichkeit bestand, dass wirklich Synergien zwischen ihnen herrschte. Doch wenn dem so wäre, dann würde das alles nichts nützen, wenn sie sich Beide an die Kehle gingen, statt zusammen zu arbeiten. Also mal schauen, was der Tag und die Reise so mit sich bringen würden.
Bevor sein heutiger Teamkollege ihn schließlich erreichte, atmete der Rotschopf nochmals tief ein und aus. Dabei nahm er sich fest vor, ruhig zu bleiben und nicht auf die Provokationen des Anderen einzugehen. Der hatte ihn heute schließlich bereits zur Genüge irritiert. Alle guten Vorsätze waren wie vergessen, als Lian endlich auf seiner Höhe war und ihm den nächsten Spruch reindruckte. Es fuchste ihn enorm, dass er für den Dieb scheinbar so einfach zu lesen war. Sein rechtes Auge verriet seine Irritation, indem es willkürlich zuckte. „Einer muss ja pünktlich sein.“, erwiderte er recht schwach auf die spöttische Bemerkung des Diebes. Innerlich seufzte er und bereute irgendwie, überhaupt heute aufgestanden zu sein. *Nein, das stimmt nicht ganz.* Nur allzu gerne hätte er mit seiner Hand das Medaillon hervorgeholt, welches er endlich zurück bekommen hatte. Das war es definitiv wert gewesen! Und wenn er sich zehn Mal mit Lian rumschlagen müsste, um es wieder zu bekommen, dann war es das wert. Bei Hundert Mal müsste er es sich allerdings gut überlegen... Wie dem auch sei. Jetzt, da die beiden besten Freunde vereint waren, konnte es ja endlich losgehen. Lian machte seinem Beruf alle Ehre, als er mit einer flüssigen und geschickten Bewegung die Zugtickets aus der Hand des Diplomaten fischte. Dieser studierte die Tickets kurz, ehe sich eine Mischung aus Bestürzung und Überraschung auf dessen Gesicht breit machte. Was war denn jetzt wieder los? Scheinbar störte sich Mr. Langfinger nun daran, dass sie in der ersten Klasse reisten. Anschließend stellte er eine in seinen Augen recht dumme Frage, die Yuuki gegen seinen Willen auflachen ließen. Genau, so sammelte man Sympathiepunkte! „Du weißt schon, wie man eine Spesenabrechnung einreicht, oder?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue nach, denn ihn überkam so das Gefühl, dass der Andere es nicht wusste. Damit konnte man einige der Kosten durchaus über die Gilde abrechnen, denn ansonsten ruinierte man sich ja, ehe man einen Auftrag abschloss. Und was die Erste Klasse anging, da hatte der Magnetismusmagier auch eine passende Antwort parat, die er auch kundtat, während er die Tickets wieder entgegennahm. „Und was die Zugklasse angeht, arbeite ich gerne und bereite mich entsprechend für die Quest vor. Das geht nun mal besser, wenn man auch Platz und Ruhe hat.“ Wie gesagt, nur allzu gerne hätte er Lian in die zweite Klasse verbannt, aber es war nun mal besser, ein oder zwei Augen auf ihn zu haben.
Die letzte Frage des Falls wurde beinahe von der Ankunft des Zuges und dem daraus resultierenden Quietschen der Bremsen übertönt. Beinahe. Wieder zog Yuuki eine Augenbraue hoch und wägte seine Antwort ab. Immerhin war er nicht unbedingt daran interessiert, dass der Dieb erfuhr, dass er keine Geldsorgen hatte. Andererseits war Geld für ihn nie sonderlich wichtig gewesen. An der Stelle musste auch gesagt sein, dass sich solche Aussagen leicht tätigen ließ, wenn man eben genügend Geld zur Verfügung hatte. Als das quietschende Geräusch endlich geendet hatte, setzte der Wüstenmagier endlich zu einer Antwort an. „Geld allein macht nicht glücklich. Man muss es schon für etwas ausgeben, was einen glücklich macht. Und jetzt lass uns rein gehen.“ Joa, damit war ja alles klar. Der Grynder ging voran und betrat als Erstes den Zug. Schnell war das entsprechende Abteil in der ersten Klasse ausgemacht, welches recht geräumig war. Über und unter den Sitzen gab es Möglichkeiten, das Gepäck zu verstauen. Da er seines jedoch in der an seiner Hose hängenden Kürbisflasche mit sich trug, brauchte er darauf nicht zurück zu greifen. Seufzend ließ er sich am Fenstersitz in Fahrtrichtung nieder und wartete darauf, dass der Zug endlich losfuhr. Auf die Minute pünktlich, fuhr ein Ruck durch den Zug, der sich gemächlich in Bewegung setzte. So, und was nun? Der rothaarige Magier kramte kurz den Questzettel hervor, den er von dem Gildenmeister erhalten hatte, und überflog ihn. Jedoch konnte er sich nicht so recht konzentrieren, also verstaute er ihn fürs Erste und schaute sich im Abteil um. Man, was für eine komische Stimmung! Da konnte doch keiner arbeiten! Für gewöhnlich fragte er seine Teamkollegen aus und unterhielt sich gerne mit ihnen, doch hier und jetzt fühlte es sich nicht richtig an. Lian hatte ja bereits kundgegeben, keine Lust auf diesen Auftrag zu haben und hatte wahrscheinlich mindestens genauso wenig Lust wie Yuuki, ein bisschen Smalltalk abzuhalten. Also gab es einige peinliche Minuten, in denen der Rotschopf immer wieder aus dem Fenster schaute und anschließend den Blick durchs Abteil schweifen ließ, bis es ihm zu viel wurde. „Übrigens habe ich Gin getroffen.“, richtete er mit einem beiläufigen Ton endlich Worte an den Falls und schaute ihn dabei aufmerksam an. „Ich soll dir schöne Grüße ausrichten.“ Bäm, wie der Elefant im Porzellanladen! Wie würde der braunhaarige Magier wohl darauf reagieren, dass Yuuki seiner Ex-Freundin über den Weg gelaufen war und somit Einsicht in sein Leben und seine Vergangenheit erhalten haben könnte? Was für eine Ironie des Schicksals, dass es sich andersherum genauso verhielt, was?
Eine… Spesenabrechnung? Obwohl Lian sich Mühe gab, sich seine Gedanken nicht allzu deutlich vom Gesicht ablesen zu lassen – es war vergeblich. Vermutlich konnte Yuuki ihn in diesem Augenblick lesen wie ein Buch, weshalb es auch nicht verwunderlich war, dass ein Lachen – das in den Ohren des Falls eindeutig höhnisch klang – der Kehle des Diplomaten entwich. Nein, Lian hatte keinen Schimmer davon, wie man eine Spesenabrechnung einreichte, er hatte sich aber auch nie die Mühe gemacht, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Es ärgerte den jungen Mann, dem Grynder mit dieser Unwissenheit eine Angriffsfläche geboten zu haben, noch viel mehr ärgerte es ihn aber, dass ihm trotz mehrfacher Überlegungen keine angemessene Erwiderung einfiel, um die Situation doch noch zu seinen Gunsten zu drehen. Dieser Punkt schien an den rothaarigen Diplomaten zu gehen… Es war das laute und alles übertönende Geräusch des einfahrenden Zuges, das dem vertrauten Gespräch der beiden Sphynx-Kollegen ein jähes Ende bereitete. War das besser so? Vermutlich, denn es war nicht davon auszugehen, dass der weitere Gesprächsverlauf dafür gesorgt hätte, dass die beiden Herren sich besser miteinander verstanden. Bevor sie einstiegen, gab allerdings Yuuki noch eine letzte Antwort, die dafür sorgte, dass die rechte Augenbraue des Falls skeptisch nach oben wanderte. Man musste Jewels auch für etwas ausgeben, was einen glücklich machte? Während der Grynder bereits die Treppenstufen zu dem Abteil erklomm, nahm sich Lian nach diesen Worten die Zeit, den Zug in Gänze zu betrachten. Der Braunhaarige blinzelte ungläubig... Das sollte es sein, was Yuuki glücklich machte? In der ersten Klasse eines Zuges mitzufahren, um Platz und Ruhe zur Vorbereitung einer Quest zu haben? Was für ein Workaholic war dieser Typ bitte? Dem Falls würden auf Anhieb hunderte Dinge einfallen, für die er die Jewels hätte ausgeben können, die ihn eindeutig glücklicher gemacht hätten als das. Der laute Ton des Signalhorns machte darauf aufmerksam, dass alle Passagiere einsteigen sollten, denn die Abfahrt stand bevor. Lian seufzte stumm… und betrat dann seinerseits endlich die Bahn.
Ein wenig unbeholfen folgte der Braunhaarige seinem Teamkollegen durch das Gefährt. Das erste Abteil, das sie durchschritten, war so, wie Lian es gewohnt war: Ein schmaler Mittelgang und mehrere Sitzreihen, die sich zur rechten und linken Seite zeigten – die Meisten davon bereits besetzt. Die Menschen plauderten angeregt miteinander, manche blieben aber auch für sich und lasen Zeitung. Die Magier schritten an ein paar Kindern vorbei, die erfreut lachten, während ein kleines Baby in der letzten Reihe quengelte und der Vater versuchte, das nahende Unheil mit irgendeiner Puppe noch abzuwenden – Lian bezweifelte, dass er es rechtzeitig schaffen würde. Ja, der Geräuschpegel war ziemlich hoch und doch hätte der 19-Jährige sich gerne genau hier, irgendwo inmitten dieses kleinen Chaos der zweiten Klasse, gerne niedergelassen. Niemand hätte ihm besondere Aufmerksamkeit geschenkt, er hätte aus dem Fenster starren und in der Menge untergehen können. Aber nein, das hier war nicht das Abteil, in dem Yuuki Grynder bleiben wollte. Als sie die Schwelle zur ersten Klasse übertraten, fühlte sich der Falls sofort falsch am Platz. Sehnsüchtig sah der 19-Jährige zurück in die zweite Klasse und überlegte ernsthaft, einfach auf dem Absatz kehrt zu machen. Doch ehe dieser Gedankengang abgeschlossen war, fiel die Tür wieder ins Schloss und versperrte damit den Weg zurück in Gefilde, die dem Bogenschützen bekannt und vertraut waren. Ein erneutes, stummes Seufzen, bevor er sich wieder nach vorne drehte und Yuuki zu den reservierten Plätzen folgte. Der Sitz, in den sich Lian schlussendlich fallenließ, war viel größer und weicher, als er es von seinen bisherigen Zugfahrten kannte und hatte sogar eine extra Polsterung am Kopfteil! Den zusätzlichen Stauraum für Gepäck nahm der Illusionsmagier zwar wahr, entschied sich aber bewusst dagegen, ihn zu nutzen, sondern warf sein kleines Gepäck ohne große Umschweife auf seinen Nachbarplatz – da würde sich doch sowieso niemand hinsetzen wollen. Als der Zug endlich anrollte, bewegte sich Lian unruhig in seinem Platz hin und her und so, wie Yuuki aus dem Fenster starrte, versuchte der Falls, sich ebenso mit anderen Beobachtungen von dem Kollegen abzulenken. Abgesehen von ein paar Fahrgästen am anderen Ende des Ganges war dieses Abteil gänzlich leer. Es war ruhig, was nicht nur an den spärlichen Gesprächen der hier sitzenden Passagiere lag, sondern auch an dem Teppichboden, der Geräusche jeglicher Art schluckte. Und roch es hier irgendwie nach Lavendel? Oder war das nur Einbildung? Fehlte eigentlich nur noch ein wenig klassische Musik im Hintergrund, um so ziemlich jedes Klischee abzudecken, das Lian sich bisher von der ersten Klasse gemacht hatte. Das Einzige, was ihn an diesem Abteil reizte, waren die Jewel und der Schmuck der Leute, die hier drinnen saßen… und nicht einmal daran durfte er zu sehr denken, solange der rothaarige Diplomat ihm direkt gegenübersaß. Wie ärgerlich! Der 19-Jährige schüttelte unschlüssig den Kopf und schloss die Augen, war es doch das Einzige, was ihm wirklich übrigblieb, um diese Fahrt zu überstehen.
Wie viel Zeit genau vergangen war, seit sie den Bahnhof von Aloe hinter sich gelassen hatten, konnte der Bogenschütze nicht sagen. Zwischendurch war eine Mitarbeiterin des Zugpersonals vorbeigekommen und in Ermangelung sonstiger Möglichkeiten hatte Lian sich dazu hinreißen lassen, sich eine Flasche Wasser zu kaufen… vollkommen überteuert, aber dadurch hatte er zumindest etwas in der Hand. Zudem hatte der junge Mann ein paar Zeitschriften gefunden, durch die er zwischenzeitlich scheinbar lustlos blätterte – vielleicht gab es ein paar Schlagzeilen, die ihn interessierten? Notfalls waren die Horoskope auch immer einen Blick wert. Die Sphynx nutzte die Zeit weder dafür, sich mental auf die bevorstehende Aufgabe vorzubereiten, noch dafür, irgendein Gespräch mit Yuuki zu beginnen. Da Zweiteres allerdings auf Gegenseitigkeit beruhte, wäre der Grynder wohl der Letzte, der ihm hierfür einen Vorwurf machen würde, oder? Zumindest dachte Lian das… er blätterte mit der Rechten auf die nächste Seite seiner Zeitschrift, führte mit der Linken die offene Wasserflasche an die Lippen und trank. Just in diesem Augenblick ertönte nicht nur aus heiterem Himmel die Stimme des Diplomaten, sondern Yuuki nannte auch einen Namen, mit dem der Falls absolut nicht gerechnet hatte. Es kam, wie es kommen musste: Er verschluckte sich heftig, seine Augen weiteten sich und er riss die Wasserflasche von seinen Lippen, in dem kläglichen Versuch, zu verhindern, dass er seinen Mundinhalt quer über den Tisch spuckte. Es kostete ihn einen eisernen Willen, das Wasser herunterzuschlucken und doch konnte er das Husten, das darauffolgte, nicht gänzlich unterdrücken. Sichtlich außer Atem, wandte der 19-Jährige sich schlussendlich zum Grynder. Egal wann er auf Yuuki getroffen war, Lian war stets darauf aus gewesen, sich ihm gegenüber keinerlei Schwäche anmerken zu lassen. Doch jetzt war es anders – die Gesichtszüge waren dem Braunhaarigen sichtlich entgleist. Dass dem Bogenschützen das Thema naheging, war mehr als offensichtlich. „Gin?“, fragte er irritiert und eindeutig eine Spur zu laut nach. Die Passagiere am anderen Ende des Abteils regten sich, aber das war gerade das Letzte, wofür Lian sich interessierte. Zu viele Gedanken ratterten dem 19-Jährigen gerade durch den Kopf, sodass sein gesamter Fokus plötzlich auf Yuuki lag. So schnell konnte sich das Blatt wenden… „Was zum… warum hast du Gin getroffen? Wo hast du Gin getroffen?!“ Seine Stimme war immer noch zu laut, was das erste Räuspern eines anderen Zuggastes zur Folge hatte. Das war doch vollkommen absurd! Wie konnte ausgerechnet Yuuki Grynder auf seine Ex-Freundin getroffen sein? Und dann ließ die Du Bellay ihm auch noch Grüße ausrichten? Oh, es passte so unglaublich gut zu Gin. Lian wusste ganz genau, warum sie das getan hatte… und obwohl er es wusste, konnte er nichts dagegen tun, dass sie genau das erzielte, was sie mit dieser Aktion vermutlich beabsichtigt hatte. Erst ein paar Augenblicke später fiel der Groschen bei dem 19-Jährigen: Yuuki hatte Gin getroffen und mit ihr gesprochen. Schön und gut, aber wenn der Grynder ihm Grüße ausrichten sollte, dann mussten die beiden auch über ihn gesprochen haben… Worüber hatten sie gesprochen? Was wusste der Rothaarige? Doch das war nicht alles: Lian zerbrach sich seit ihrer Begegnung in Miln fast täglich den Kopf über die Du Bellay und der rothaarige Kollege war seit langem die erste Möglichkeit, etwas über Gin in Erfahrung zu bringen… verdammt nochmal, hätte Gin sich nicht irgendjemand anderen aussuchen können?! Lian kämpfte sichtlich um Beherrschung, denn gerade konnte er leider nicht wählerisch sein. „Was hat sie erzählt?“, fragte er nach, zumindest ein bisschen leiser als zuvor und doch konnte man heraushören, dass ihm diese Frage ziemlich wichtig war. Dabei waren mögliche Informationen, die Yuuki über seine Vergangenheit erhascht haben könnte, nur einer von vielen Gründen, warum Lian genaueres wissen wollte. Ein paar Sekunden verstrichen, in denen er überlegte, ob er sich diese Blöße vor dem anderen Magier geben wollte, doch am Ende schluckte er seinen Stolz mühselig herunter und ergänzte: „Ging es ihr gut?“
Yuuki als Workaholic zu bezeichnen, konnte man gut und gerne als Treffer ins Schwarze bezeichnen. Der junge Mann lebte schließlich für die Gilde, Tag und Nacht, erledigte gewissenhaft die ihm aufgetragenen Aufgaben als Diplomat und machte der Wüstengilde auf Quests alle Ehre. Allerdings kam dies nicht von jeher und es gab einen Hintergrund für dieses Verhalten, von welchem der Falls natürlich nichts Konkretes wusste – bis auf die Anmerkungen, welche Iris ihm gegenüber verloren hatte. Wenn man wie der Rotschopf seit dem siebten Lebensjahr Teil der Gilde war und alles daran tat, seinem großen Bruder und Idol nachzueifern, dann war es nicht weiter verwunderlich, was für einen wichtigen Teil das Gildenleben und die Arbeit für ihn darstellten. Ganz zu schweige davon, dass Crimson Sphynx so etwas wie seine Ersatzfamilie darstellte, nachdem seine Eltern seit seinem sechsten Lebensjahr verschwunden und sein Bruder nach seinem zwölften auf die Suche nach ihnen aufbrach. Wenn man solch ein Leben führte, dann betrachtete man die Dinge eben ganz anders als jemand, der erst seit Kurzem Teil einer Gilde war und vorher ein ganz eigenständiges Leben geführt hatte. Weiterhin sollte angemerkt werden, dass der Magnetismusmagier vergleichsweise relativ entspannt war. Es hatte eine Zeit gegeben, als er nur noch für die Arbeit gelebt hatte. Als der junge Mann schließlich nach Wochen der Selbstisolation nach Iris‘ Ableben endlich sein selbsternanntes Exil des Elternhauses verlassen hatte, stürzte er sich nur so in die Arbeit. Monatelang absolvierte er einen Auftrag nach dem anderen, ohne Pause. Die Beschäftigung lenkten ihn von seinem Schicksalsschlag und seiner Trauer ab und gaben ihm einen Sinn. Yuuki hatte es in Aloe Town einfach nicht aushalten können, denn Erinnerungen überkamen ihn an jeder Stelle, an welcher er mit dem Mädchen gewesen war. Und wenn man wie sie Beide in Aloe Town aufwuchs, dann waren das verdammt viele Stellen, in denen man zusammen gespielt oder Zeit verbracht hatte. Nur durch pausenloses Arbeiten gelang es dem Rotschopf, all die Trauer in sich zu begraben und weiter zu machen. Und so mussten zunächst Monate ins Land vergehen, ehe der Grynder endlich begann, die Situation und die Wirklichkeit zu akzeptieren. Natürlich sei an dieser Stelle gesagt, dass es weitaus mehr als Zugtickets der ersten Klasse gab, für die der junge Mann gerne sein Geld ausgab. Vor allem für Essen ging ein Großteil seines Verdienstes drauf, aber wenn man keine Miete zu zahlen hatte, dann konnte man sein Geld eben für schöne Sachen ausgeben. Lange Rede, gar kein Sinn: Lian lag also gar nicht mal falsch mit seinen Gedanken.
Mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete der Crimson Sphynx Magier das Schauspiel, welches sich vor ihm abspielte. Er hatte Lian mit dem Gruß von Gin ganz offensichtlich kalt erwischt, so wie dieser sich gerade verschluckt und größte Mühe hatte, das Wasser nicht im ganzen Abteil zu versprühen. Kaum hatte sich der Dieb gefangen, stellte der Diplomat mit Erstaunen fest, dass dieser weder seine Gesichtszüge noch seine Stimme im Griff hatte. Bei diesem Anblick schossen dem Grynder gleich mehrere Sachen durch den Verstand. Erstens erfreute es ihn diebisch – Wortwitz – dass er auch endlich einen Knopf bei seinem Gegenüber erwischt hatte. Bisher war es ja der dunkelhäutige Magier gewesen, der scheinbar mühelos seine Knöpfe gefunden und gedrückt hatte. Damit verließ er den Rotschopf zu Reaktionen, wie er sie für gewöhnlich nicht von sich kannte. Aber hey, wie lange war es her gewesen, dass jemand ein schlechtes Wort über seine Familie oder gar Iris verloren und damit eine eher hitzige Reaktion des Magnetismusmagiers hervorgerufen hatte? Es mussten Jahre sein. Und der Falls hatte ja gleich die Abkürzung genommen und ihm seinen wertvollsten Besitz, die Bilder seiner Familie und von Iris geklaut. Damit hatte er es sofort zum Staatsfeind Nummer eins in seinen Augen geschafft. Der zweite, kurz darauffolgende Gedanke, war Überraschung. Es verwunderte Yuuki doch ein wenig, jemand so egoistisches wie den Dieb, der wahllos Leute bestahl und sie damit verletzte, sich um eine andere Person sorgte und kümmerte. Hmm, nicht ganz das, was er von Lian erwartet hatte. Allerdings sorgte das noch lange nicht dafür, dass das bisher in Stein gemeißelte Bild des Diebes zu bröckeln begann – dafür musste noch allerhand geschehen! Aber eines nach dem anderen, denn zunächst galt es diese Situation taktisch zu planen. Er wollte nicht gleich das ganze Pulver in seinem Arsenal verschießen, also musste er sich gut überlegen, welche Informationen er dem anderen preisgeben wollte. Dieser rationale Gedanke in seinem Kopf wurde an dieser Stelle von einem schwachen Stich seines Herzens unterbrochen. Aber war das fair? Wenn es umgekehrt der Fall gewesen wäre, hätte er nicht alles daran getan, etwas über Iris zu erfahren? Wie hätte er sich wohl gefühlt, wenn man ihm Informationen vorenthalten hätte? An dieser Stelle sei erwähnt, dass dies reine hypothetische Gedanken waren und der junge Mann weder wusste, dass seine Jugendliebe noch lebte oder dass gerade Lian bereits Kontakt mit ihr gehabt hatte. Seufzend über den Konflikt in sich selbst, gab er schließlich seinem Herzen nach. Zwar war er sich sicher, dass der Falls in seinen Schuhen anders gehandelt hätte, aber er wollte sich nicht auf das Niveau des anderen herablassen und würde sich so verhalten, dass er danach noch stolz in den Spiegel schauen konnte.
„Du kannst dir sicher sein, dass ich nicht erwartet hätte, gerade deiner Ex-Freundin über den Weg zu laufen.“, kommentierte der junge Mann das laute Rufen von Gin’s Namen. Dass der Falls damit das Aufsehen der anderen Fahrgäste erregte, verwunderte den Grynder nicht wirklich, aber das war jetzt nebensächlich. „Das Warum und das Wo ist leicht zu beantworten. Wir sind uns in dem Uralten Tempel vor der Küste Hargeon Towns über den Weg gelaufen. Du hast sicher von dem Jahrhundertsturm und dem Auftauchen des Tempels aus dem Meer gehört, ja?“, fragte er nochmal nach, um sicherzugehen, dass Lian wusste, wovon er sprach. Schließlich fuhr er fort. „Sie hatte von ihrem Auftraggeber die Aufgabe erhalten, den Tempel zu erkundigen. Und da ich bereits während des Jahrhundertsturms im Tempel war und so meine … Erfahrungen damit gemacht habe, bot ich ihr an, sie zu begleiten.“, schloss er seine erste Erzählung ab. Der junge Mann hätte es sich niemals verzeihen können, wenn die ahnungslose Magierin den Tempel auf eigene Faust erkundigt hätte und dabei zu Schaden gekommen wäre. Er war undenkbar glücklich knapp mit dem Leben davongekommen, also wusste er, dass dieser Ort keine Fundgrube für Archäologen war, sondern der Tod um jede Ecke auf einen wartete. Das war zwar recht altruistisch von ihm, aber seine Beweggründe gingen den Falls ja auch nichts an. Immerhin hatte er nicht gefragt, warum er Gin begleitet hatte, lediglich wo er ihr über den Weg gelaufen war. Mit Überraschung stellte er fest, dass sich der Dieb mit der eigentlich so großen Klappe, recht kleinlaut danach erkundigte, was seine Ex-Partnerin über ihn ausgeplaudert hatte. Ja, da hatte wohl jemand Schiss, dass sie zu viel verraten hatte, was? Aber die eigentliche Aufmerksamkeit des Rotschopfes lagen auf der Folgefrage, als sich Lian nach ihrem Wohlergehen erkundigte. Interessant, wirklich interessant! Diese besorgte und verletzliche Facette hatte er von seinem heutigen Questpartner nun wirklich nicht erwartet. Allerdings sorgte sie dafür, dass sich die gesamte Aufmerksamkeit des Diplomaten auf ihn richtete. Entsprechend drehte Yuuki seinen Oberkörper vom Fenster weg und blickte den Dieb mit aufmerksamem und scharfem Blick an. „Oh, sie hat durchaus einiges preisgegeben. Über sich, über euch, aber auch speziell über dich. Weißt du Lian, ich hab‘ mir so lange den Kopf zerbrochen über die Frage, was zum Teufel du in Crimson Sphynx machst. Eine Gilde, die ihre dunkle Diebesvergangenheit hinter sich lassen möchte und dabei bestiehlst du achtlos die Menschen um dich herum. Dich interessiert also ganz offensichtlich nicht, dass deine Gildenkollegen jeden Tag ihr Bestes geben, der Welt zu beweisen, dass sich die Gilde geändert hat. Warum also gerade Crimson Sphynx?“, fragte der Grynder rhetorisch in den Raum. Er lebte mit jeder Faser für seine Gilde, weshalb es ihm so nahe ging, dass eines seiner Gildenmitglieder den Teufel tat, sich an die Ehre von Crimson Sphynx zu halten. „Doch nachdem ich Gin getroffen habe, beginnt allmählich alles einen Sinn zu ergeben. Wie hatte sie dich gleich nochmal beschrieben? Braune Haare, Strubbelkopf, notorischer Lügner. Mit irgendjemand wichtigem bei eurem Verein verwandt...ja?“ Dabei imitierte er die hellere Stimme der jungen Frau und legte besondere Betonung auf ihre Aussage mit der Verwandschaft, während er den Blickkontakt zu Lian hielt. Es gab also jemanden, zu dem Lian einen Bezug hatte und er in der Gilde sein durfte, aus welchem Grund auch immer. Die Vampirin hatte Aram Falls nicht namentlich erwähnt, sodass dem Diplomaten die genaue Beziehung des anderen noch nicht gänzlich klar war. Allerdings hatte bereits Juno diverse Anmerkungen zu ihrem Gildenmeister und seiner Beziehung zu Lian gemacht. Und auch Gin hatte erwähnt, dass es sich um einen Onkel oder Opa handeln musste. Das Rätsel um die Verwandtschaft des Diebes würde nicht mehr lange ungelöst bleiben, denn die Puzzleteile begannen sich zusammenzufügen.
„Davon abgesehen ging es ihr gut. Sie ist froh, dass ihr Auftraggeber sie aus ihrem alten Leben auf der Straße geholt hat und sie nun für ihn arbeiten kann.“, gab der Diplomat letzten Endes von sich und beantwortete damit die Frage seines Gegenübers nach dem Wohlergehen seiner Ex-Partnerin. Damit erwähnte der Grynder, dass die Vampirin ihm auch etwas über ihre Vergangenheit sowie ihren neuen Auftraggeber erzählt hatte. Yuuki hieß es definitiv gut, dass sich Gin nun nicht mehr mit kleinen Dieben wie Lian abgab, sondern etwas mehr Ordnung und Struktur in ihrem Leben hatte. Er hatte ja nicht den leisesten Schimmer, dass es sich bei ihrem Auftraggeber und Gönner um Orwyn handelte, einem finsteren Schergen, der sie getötet und wieder zum (Un-)Leben gerufen hatte, sodass sie ihm nun auf ewig dienen musste. Da wusste Lian natürlich mehr über das Schicksal seiner Ex-Partnerin. Die Frage war nur, wie würde er auf die verschiedenen Aussagen reagieren?
Der uralte Tempel vor der Küste von Hargeon – ja, Lian hatte von dem Auftauchen dieses Ortes gehört und auch mitbekommen, dass einige Magierinnen und Magier der Gilde Crimson Sphynx für die Erkundung dorthin geschickt worden waren. Ein Kelch, der damals an dem Falls zum Glück vorübergegangen war. Nach all den Informationen, die Lian zu dem Tempel hatte lesen und hören können, sollte es sich um einen gefährlichen Ort handeln, der zwar einerseits so manches Artefakt beherbergte, gleichzeitig aber auch durch diverse Fallen gesichert war. Ein Ort, an dem manch ein Magier sein Leben verloren hatte. Dass Yuuki bei der Ersterkundung des Tempels anwesend gewesen war, nahm Lian nur beiläufig wahr – es interessierte ihn nicht besonders. Vielmehr lag seine Aufmerksamkeit auf der Erwähnung, dass ausgerechnet Gin sich in diesem Tempel aufgehalten hatte. Nicht aus freien Stücken – sondern als Aufgabe von ihrem Auftraggeber. Ihr Auftraggeber… allein der Gedanke an diese namenlose Gestalt reichte aus, damit sich die Hände in Lians Schoß zu Fäusten ballten und sich ein bitterer Knoten in seiner Magengrube bildete, der ihm das Atmen erschwerte. Was für den Grynder nicht mehr als eine beiläufige Erwähnung war, bedeutete für den Falls die Welt. Es ließ dunkle Gefühle in ihm hochkochen, die er absolut nicht beherrschen konnte. Es vernebelte das Hirn des jungen Mannes und erschwerte es ihm, klare Gedanken zu fassen. Lian biss die Zähne zusammen, bis es schmerzte. Yuuki hatte Gin also begleitet? Wenn es eine Person gab, die sehr gut auf sich alleine aufpassen konnte, dann war es die Du Bellay. Sie hatte schlimmeres in ihrem Leben erlebt, als die Erkundung eines solchen Tempels. Dennoch – und das war ziemlich faszinierend – war Lian in diesem Augenblick ganz froh, dass der Diplomat ebenfalls dort gewesen und Gin begleitet hatte. Nicht nur, dass er trotz aller Antipathien rein kämpferisch dem Rothaarigen gewisse Fähigkeiten zugestand und Gefahren zu zweit immer noch besser abgewehrt werden konnten als alleine, konnte er sich zumindest vorstellen, dass eine Begleitung in solch einer unwirtlichen Gegend angenehmer war als gänzlich auf sich allein gestellt zu sein. Selbst wenn es Yuuki Grynder gewesen war – wenn es die Erkundung des Tempels sicherer und auch angenehmer für Gin gemacht hatte, war das etwas, das Lian seiner Ex-Freundin tatsächlich gönnte.
Die hellgrünen Augen erwiderten den direkten Blick, der ihm von dem Diplomaten wenige Momente später zugeworfen wurde. Yuuki wechselte das Thema, weg von Gin, mehr zu ihm. Etwas, das dem Braunhaarigen ganz und gar nicht gefiel. Mit jedem Satz, den der Grynder sprach, verengten sich die Augen des Falls zunehmend. Was zum Teufel er bei Crimson Sphynx tat? Du bist nicht der Einzige, der sich das fragt…, schoss es dem 19-Jährigen durch den Kopf, aber er sprach es nicht aus. Er wollte Yuuki keinen Blick hinter die Fassade gewähren. Interessant, welche Wortwahl der Rothaarige verwandte. Er sprach so, als würde er Lian kennen. Aber nicht nur Lian – auch die Gilde im Gesamten wurde thematisiert, als hätte der Grynder irgendeine Ahnung, was in dieser Gilde so alles geschah. Er glaubte wirklich, er würde wissen, was die Mitglieder der Wüstengilde machten, was sie alle dachten, fühlten und wofür sie einstanden. Auf Anhieb fielen ihm Gegenbeispiele ein, die sicherlich nicht so handelten, wie Yuuki es sich einredete, aber das sah der Diplomat überhaupt nicht. Lian, der gerade durch seine Art schon ganz andere Seiten der Gildenmitglieder kennengelernt hatte, hätte liebend gerne gelacht. Er hätte Yuuki gerne ausgelacht für die Naivität, die er hier gerade offenbarte. Ob er es wirklich nicht wusste? Oder verschloss er nur die Augen davor? Mit jedem Satz, der die Lippen des anderen Mannes verließ, wurde deutlich, dass er absolut keine Ahnung hatte. Von den Menschen, mit denen er tagtäglich zu tun hatte, von der Gilde, die ihm so wichtig war, allem voran aber von ihm: Lian. Yuuki glaubte, alles zu wissen, glaubte, ihn einordnen zu können und das basierend auf einer einzelnen Begegnung, die sie gehabt hatten. Der Grynder lag so unglaublich weit daneben – er machte es sich zu einfach. Etwas, wofür Lian interessanterweise sogar Verständnis hatte, denn auch er mochte es, sich das Leben einfacher zu machen. Als der Rothaarige schließlich die Stimme seiner Ex-Freundin mehr schlecht als recht imitierte und ihn mit einer möglichen Verwandtschaft konfrontierte, verhärteten sich die Gesichtszüge von Lian. Anstatt zu antworten, starrte er Yuuki unverwandt an und sein Blick war kühl, voller Abneigung und ganz offensichtlich nicht daran interessiert, ihm eine Antwort zu liefern. Vermutlich hätte der Braunhaarige sein Schweigen aufrechterhalten, denn er wusste, dass er gerade, wenn er emotional aufgewühlt war, allzu schnell die Kontrolle über sein loses Mundwerk verlor. Etwas, was er sich in der Gegenwart des Diplomaten nicht erlauben durfte. Er biss sich auf die Zunge…
… aber das, was Yuuki so lapidar nachschob, gab Lian einfach den Rest.
Gin war froh, dass ihr Auftraggeber sie aus ihrem alten Leben auf der Straße geholt hatte? Dass sie nun für ihn arbeiten könnte? Die Stimme der Schwarzhaarigen hallte durch die Gedanken des Falls: Wie sie von ihrem Meister sprach, der ein schrecklicher Mann war, durch den sie gezwungen war, schreckliche Dinge zu tun. Ihm war, als würde er den leichten Geruch nach Lavendel vernehmen, der von Gin ausgegangen war. Er sah ihr Gesicht, wie sie zögerlich die Lippen zusammenpresste, die Tränen in ihrem Augenwinkel. Und zuletzt spürte er, wie sie ihren Kopf gegen seine Schulter lehnte. Nein, Gin war nicht froh. Sie war verkauft worden an einen Mann, der sie getötet hatte und dazu zwang, für sie zu arbeiten. Sie hatte ihr Leben und ihre Freiheit an diesen Mann verloren und suchte nach einem Weg, beides zurückzuerlangen. Lians Stimme klang gepresst, als sich seine Lippen öffneten: „Du hast so unglaublich wenig Ahnung von den Dingen, die in deinem Umfeld geschehen, dass es schon erschreckend ist.“ Die Stimme, die eben noch aufgebracht gewesen war, klang jetzt nicht nur deutlich leiser, sondern auch kontrollierte – mindestens genauso sehr konnte man allerdings den Vorwurf heraushören, den der Falls seinem Kollegen machte. „Deine Begegnung mit Gin, die Gilde Crimson Sphynx, die Magierinnen und Magier in deinem Umfeld. Du siehst nicht, dass das, was du meinst, über andere zu wissen, höchstens ein Bruchteil der Wirklichkeit ist. Die Gilde kämpft jeden Tag dafür, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen? Alle Mitglieder der Gilde geben jeden Tag ihr Bestes, um der Welt zu beweisen, dass die Gilde sich geändert hat? Und ich bin das schwarze Schaf, das die komplette Gemeinschaft verrät, das achtlos und aus einer Laune heraus alle Menschen in seinem Umfeld bestiehlt, weil ich eben nicht mehr als ein gemeiner Dieb bin. Glaubst du wirklich, dass das die Wirklichkeit ist? Oder ist es nicht eher das, was du als Wirklichkeit sehen möchtest?“ Lian konnte es nicht verhindern: Er schnaubte abfällig. Er war ohnehin genervt von Yuuki – mit allem, was er gesagt hatte und auch mit der Verbindung, die er zu Gin geschlagen hatte, hatte der Grynder allerdings eine ganz neue Seite an dem Falls angesprochen. Es war nicht mehr nur eine Genervtheit, die er verspürte, wenn er Yuuki ansah. Es reichte nun noch viel tiefer. Er dachte an das Medaillon, an Isabelle und an ihren vorgetäuschten Tod. Dieser Diplomat verstand so verdammt wenig von den Dingen, die um ihn herum geschahen. Wenn er nicht so blind wäre, könnte er auch wissen, dass Isabelle lebte. Und er könnte ihr helfen. „Du machst es dir so schrecklich einfach, indem du an der Oberfläche kratzt, nur soweit, dass sich dein Weltbild bestätigt. Dabei ist es nicht mehr als die Illusion einer Realität – etwas, womit ich mich ziemlich gut auskenne. Der Unterschied liegt allerdings darin, dass mir bewusst ist, dass meine Illusionen von der Wirklichkeit abweichen.“ Und dann hielt der 19-Jährige inne und ihm wurde klar, wieviel er eigentlich gesprochen hatte. Wie ungewohnt – warum war es ihm so wichtig gewesen, das loszuwerden? Warum interessierte es ihn, dass sich Yuuki das Leben einfach machte? Wieder dachte er an Isabelle. „Ich glaube, das ist es, was mich am meisten an dir ankotzt. Du denkst, du bist ein großartiger Magier und bist stolz darauf, ein Diplomat der Gilde Crimson Sphynx zu sein. Aber wenn man hinter diese Fassade blickt, bleibt nicht mehr als ein Typ, der blind für die Realität und die Menschen in seinem Umfeld ist.“ Lian atmete tief ein, schloss die Augen und fuhr sich mit der Hand in einer fahrigen Bewegung durch das lockige Haar. Sein Zorn und seine Abneigung brodelten noch immer in ihm, aber er war wieder soweit bei Sinnen, um sich unter Kontrolle zu bekommen. „Du hast dir so lange den Kopf darüber zerbrochen, warum ich bei der Gilde Crimson Sphynx bin? Es gibt ganz andere Dinge in deinem Leben, über die du dir den Kopf zerbrechen solltest. Dinge, die weit über das hinausgehen, mit wem ich verwandt sein könnte.“ Eine indirekte Anspielung auf Isabelle? Ja, das war es. Wie gern wäre Lian genauer geworden, doch noch immer war er gebunden an das Versprechen, das er der blonden Frau gegeben hatte. Vielleicht reichte es aus, um Yuuki zumindest stutzig zu machen. „Aber weißt du, wenn es diese Information ist, die dir das Gefühl gibt, die Wahrheit zu erkennen, dann soll dir diese Information vergönnt sein.“ Die Lider des jungen Mannes hoben sich an und er löste die Hand aus seinen Haaren. Vollkommen nüchtern blickte er den anderen Magier an, als er den Kopf neigte und fortfuhr: „Warum bin ich in der Gilde Crimson Sphynx? Weil der Gildenleiter es von mir verlangt hat. Es war nicht mein Plan, aber… die Umstände haben mich dazu gezwungen. Warum hat der Gildenleiter mich, einen verdammten Dieb, der doch nichts Besseres zu tun hat, als achtlos die Menschen in seinem Umfeld zu bestehlen, in die Gilde aufgenommen? Meine Fähigkeiten? Potential? Nein, sicherlich nicht. Seine Schwester hat ihn darum gebeten.“ Eine kurze Pause setzte ein, aber Lian war sicher: Er würde weitersprechen. Im Vergleich zu all den Dingen, von denen Yuuki nicht einmal ahnte, dass er sie nicht erkannte, war seine Verwandtschaft zu Aram einfach so schrecklich… unwichtig. Nein, es gab viel bedeutsamere Themen, sowohl was Gin anging, aber auch Isabelle. Der 19-Jährige schüttelte sachte den Kopf. „Seine Schwester, die zugleich meine Mutter ist. Ich heiße Lian Falls, der Gildenleiter ist mein Onkel, aber wir haben beide kein Interesse daran, diese Information in die Gilde zu tragen. War es das, was du in Erfahrung bringen wolltest? Fühlt es sich jetzt besser für dich an?“ Und damit war das Rätsel aufgelöst. Es war dieser Moment, in dem die Durchsage durch den Lautsprecher des Zuges ertönte:
“Wir erreichen unseren Zielbahnhof in wenigen Minuten. Bitte alle Passagiere aussteigen.“
#9 Ja, Yuuki war definitiv an der einen oder anderen Stelle nicht sonderlich diplomatisch gewesen, zugegeben. Ja, vielleicht hatte es ihm auch etwas Genugtuung bereitet, Lian mal von seiner eigenen Medizin kosten zu lassen und ihn da zu packen, wo es ihm wichtig war. Ja, das war keine sonderlich erwachsene Reaktion noch etwas, dass sich für jemanden, der eine der größten Gilden des Landes diplomatisch vertrat, wirklich angemessen. Der braunhaarige Wuschelkopf brachte die eher unschönen Seiten des Rotschopfes zutage, seit Tag eins. Nun, genauer gesagt seit Tag zwei, da der Dieb während ihres ersten Aufeinandertreffens einen sympathischen Auftritt an den Tag gelegt hatte. Die Beziehung, die sie zueinander pflegten, konnte steiniger kaum sein – doch wie hätte sie aussehen können, wenn der Falls oder der Grynder an jenem Tag nicht in Crocus Town anwesend gewesen wären? Wenn er den charismatischen Dieb erst in der Gilde kennengelernt hätte? Vermutlich hätte er keinen Einblick in das wahre Verhalten des jungen Mannes erhalten und sie wären – mehr oder weniger – gut zurecht gekommen. Lian hätte sich gehütet, etwas Illegales vor einem eher dogmatischen und strengen Gildenmitglied abzuziehen und Yuuki hätte dem anderen jenen Respekt und jenes Vertrauen entgegengebracht, wie er es bei eigentlich all den anderen Gildenmitgliedern tat. Mit Ausnahme von Hel, dem kleinen Teufel, die ihm ständig komische Spitznamen zurief und alles um sich herum in Schutt und Asche legte. Wäre es nicht aufgrund ihrer Herkunft aus einer barbarischen und unzivilisierten Kultur, hätte er längst kein Auge mehr zugedrückt. So aber sah er sich in der Pflicht, sein Bestes zu geben, um die gehörnte Gildenkollegin zu zivilisieren. Bisher war das jedoch eher weniger erfolgreich verlaufen.
Und trotz seines vorhergegangenen Verhaltens und der verbalen Attacken, erstaunte den Magnetismusmagier einerseits die Intensität des anderen sowie dessen Aussagen. *Von was redet der jetzt auf einmal?*, fragte sich der Rotschopf stirnrunzelnd, als sich der Falls in Rage redete. Je mehr er von sich gab, desto höher stiegen die Augenbrauen des Grynder an. Der Diplomat ließ Vorwurf über Vorwurf über sich ergehen und sammelte sich für eine entsprechende Antwort. „Ach, und du siehst die Welt um dich herum also wie sie wirklich ist, ja?“, fragte Yuuki mit einem Hauch von Verachtung nach. Dieser Rotzlöffel wusste doch überhaupt nichts über ihn oder seine Gilde, also was zum Teufel maß er sich an, so davon zu reden? „Du willst mir also sagen, dass du unschuldig bist und dich die Umstände des Lebens dazu treiben, zu stehlen, ist es das? Was ich so über deine Vergangenheit erfahren habe, zeigt allerdings, dass du schon damals so warst. Du willst also nicht abgestempelt werden als einmal ein Dieb, immer ein Dieb? Ja, dann beweis es doch bitte, statt hier Reden zu schwingen.“, keifte er entsprechend zurück und spürte, wie er seine innere Ruhe verlor und dem Falls tatsächlich auf den Leim ging. Durch ihre konträren Persönlichkeiten schien es beinahe prädestiniert, dass sie aneinander eckten. Einer, der das Leben in freien Zügen genoss und sich alle Freiheiten nahm, seiner Lust und Laune zu folgen. Und ein anderer, der das Leben in Strukturen sah und diese ordnungsgemäß befolgte. Genau hier lag das Problem, denn Yuuki projizierte seine eigene Erwartungshaltung und seine eigenen Werte auf die anderen Gildenmitglieder von Crimson Sphynx um sich herum. Zu denen nun mal Lian auch gehörte, so sehr er es auch nicht wahrhaben wollte. Genauso wenig wollte er wahrhaben, was der andere ihm da erzählte. Es klang ganz so, als wolle er andeuten, dass es noch mehr schwarze Schade in der Wüstengilde gab. Weitaus mehr, so wie er es betonte. Allerdings war Yuuki in seinem steigenden Zorn taub für die kritisierenden Worte seiner Gilde oder seines Weltbilds. In diesem Moment sah er dies einfach als Angriff seiner Gilde und ihrer Werte an, in dem Versuch, ihn runterziehen und zu beleidigen. „Weißt du Lian, so wie du redest, klingt es, als ob du mich kennen würdest. Als ob du mich verstehen würdest. Aber du weißt gar nichts. Ich bin also blind für die Realität und die Menschen um mich herum? Mein ganzes Leben, seitdem ich Sieben bin, habe ich in der Gilde verbracht und zusammen auf ein größeres Ziel hingearbeitet. Auf eine bessere Welt. Auf eine Welt, in der man stolz sein kann, Crimson Sphynx anzugehören und Menschen, die an uns glauben und uns vertrauen. Genau wie ich mit meinen, nein warte, unseren Kollegen zusammenarbeite und ihnen vertraue. Und so herablassend es aus deinem Munde auch klingen mag: Ja, ich bin stolz auf meine magischen Fähigkeiten und ich bin auch stolz und fühle mich geehrt, Diplomat meiner Gilde zu sein. Und ganz unter uns: Ich bin mir ziemlich sicher, dass von uns Beiden ich jeden Abend in den Spiegel schauen kann, ohne mich zu schämen. Wissend, dass ich Gutes vollbracht habe und die Welt ein kleines Stückchen zu einem besseren Ort gemacht habe.“ Nun war es vorbei mit der Diplomatie und auch Yuuki redete sich in Rage. Der Rotschopf rauchte und es lag offensichtlich auf der Hand, dass die Worte des anderen durchaus eine Wirkung auf ihn gemacht hatten. An dieser Stelle musste gesagt sein, dass diese Reaktion auch nachvollziehbar war. Da Lian doch mehr über den Grynder wusste, als diesem bewusst war, hätte er vielleicht ahnen können, was für eine Reaktion solche Vorwürfe beim anderen hervorriefen. Seine Eltern waren seit seiner frühen Kindheit verschwunden, der eigene Bruder einige Jahre später auf der Suche nach ihnen verschollen. Und um alles zu toppen, starb die einzige Bezugs- und Vertrauensperson im Jahr darauf an einem Brand. Der Rotschopf war völlig allein und hatte außer der Gilde nichts mehr im Leben. Sie war seine Ersatzfamilie. Und wenn man Yuuki’s Familie angriff oder beleidigte, dann reagierte er stark. So wie in dieser Situation.
So weit, so gut. Bis hierhin war nichts wirklich Überraschendes ans Licht gekommen. Die kryptische Aussage des anderen, dass es ganz andere Dinge gab, über die er sich den Kopf zerbrechen sollte, rief wiederum ein Stirnrunzeln hervor. „Was soll das heißen? Was meinst du damit?“, fragte der Rotschopf sichtlich irritiert nach, ohne jedoch wirklich eine Antwort zu erwarten. Ihn beschlich das Gefühl, dass ihn der andere einfach mit irgendeinem Bullshit provozieren wollte. Wenig Ahnung hatte er, dass Lian tatsächlich recht hatte. Aber das würde sie hier und jetzt nicht weiter bringen. Nicht nachdem ihm der Dieb offenbarte, was er in Crimson Sphynx trieb und wer ihn dorthin gebracht hatte. Bei den Worten des anderen fühlte sich der Zwanzigjährige, als ob er mit hundert Stundenkilometern gegen die Wand gefahren wäre. Sein Gesichtsausdruck entglitt ihm ganz offensichtlich und man konnte Schock ganz groß über sein Gesicht geschrieben sehen. Mit leicht geöffnetem Mund starrte er den Falls an und versuchte, das gerade erfahrene irgendwie zu verarbeiten. Lian war verwandt … mit Aram, ihrem Gildenmeister? Eine kalte Faust schloss sich um sein Herz und der Schock in seinem Gesicht wandelte sich in Entsetzen. Nach allem, was Gin und Juno preisgegeben hatten, ergab alles einen Sinn. Dass der Gildenmeister nicht gut auf Lian zu sprechen war. Dass der Falls einen Onkel in der Gilde hatte. Ein wichtiges Tier. Das letzte Puzzleteil hatte seinen Platz eingenommen und das Bild vervollständigt. Allerdings handelte es sich um ein ganz anderes Bild, als er es sich jemals zu träumen gewagt hätte. Der Grynder schloss wieder seinen Mund, ohne ein weiteres Wort von sich zu geben. Dass er sich überrumpelt fühlte war die Untertreibung des Jahrhunderts. Zum allerersten Mal in seinem Leben war sein Weltbild erschüttert worden. Der feste Glauben und die Verbundenheit an Crimson Sphynx hatten einen Riss bekommen, einen unschönen Riss. Was zum Teufel hatte sich ihr Gildenmeister dabei gedacht, einen Dieb in die Gilde zu holen. Nur weil er ein Problem für die Familie war? Und das bedrohte alles, wofür Crimson Sphynx stand? Aram Falls, den Anführer und Magier, den er immer bewundert hatte. Hier und Jetzt hatte Yuuki keinerlei Verständnis für den Gildenmeister. Wusste er überhaupt was Lian trieb? Interessierte es ihn? Und was wenn der Braunhaarige recht hatte und er nicht das einzige schwarze Schaf war? *Nein, das kann nicht sein.* Es war sicher keine Übertreibung zu behaupten, dass diese Information die Welt des Grynders erschüttert hatte. Entsetzen und Schock sorgten sogar dafür, dass er ein wenig bleich geworden war. Schließlich senkte der Rotschopf seinen Blick und atmete aus. Am liebsten wäre er jetzt einfach nur alleine und würde versuchen, das alles irgendwie zu verarbeiten. Aber die Durchsage des Zuges erinnerte ihn daran, dass er hier einen Auftrag zu erledigen hatte. Insofern stand er einfach wortlos auf und begab sich in Richtung der Ausgänge. Er war gerade einfach nicht in der Lage zu reden oder irgendwie darauf klar zu kommen, dass Lian verdammt noch mal der Neffe ihres Gildenmeisters war. Yuuki hatte alles in seinem Leben verloren: Seine Mutter, seinen Vater, seinen Bruder, seine Liebe. Was, wenn der Dieb recht behielt und er in einer Illusion lebte, unfähig, die Realität um sich herum zu erkennen. Würde er auch die Gilde verlieren? Was blieb ihm dann noch übrig? Wer war Yuuki Grynder dann überhaupt?
# 1 Es war ein heißer Tag, was natürlich alles andere als ungewöhnlich war, für einen Ort wie Aloe Town. Er lag mitten in der Wüste, die Sonne brannte da jeden Tag auf den Sand und alle, die darauf wanderten herab. Jedenfalls seufzte Helena angestrengt. Sie spürte jeden Tropfen Schweiß, den ihr die Hitze aus dem Körper drückt. Vielleicht lag es an ihrer engen Verbundenheit zum Wasser, vielleicht war sie sensibler als andere, was das anging. Die Magierin hoffte inständig, dass sie nicht mehr allzu lange warten mussten. Auf wen sie warteten? Sie wusste es nicht mehr genau. Irgendwer aus der Gilde Satyrs Cornucopia. Ein merkwürdiger Haufen, wenn es nach ihr ging, doch etwas Verkehrtes hatte sie über diese Leute auch noch nicht gehört. Sah man mal von diesen rabiaten Oni ab, von denen sie gehört hatte. Ungeduldig wanderte ihr Augenpaar zu der Begleitung, die ihr an die Hand gegeben wurde. Ein junger Mann, was auf den ersten Blick nicht unbedingt zu sehen war. Sein Äußeres war recht feminin. "Sag mal, Denniel, hattest du schon mal mit Satyrs Cornucopia zu tun?" Sie selbst erst ein einziges Mal. Es war ein Wolfsmensch, mit dem sie gemeinsam zu einem Dorf geschickt wurde um eine Zombieplage zu untersuchen. Auch das war ein komischer Kauz gewesen. Sie erinnerte sich noch, wie er einfach Reißaus nahm, statt die scheinbar letzten Bewohner des Dorfes ehrenvoll zu beschützen. Ach ja, Erinnerungen. Ein toller Abend war das. Jedenfalls hatte Helena bisher kaum ein Wort mit ihrem Kollegen gewechselt. Sie kannte ihn so ziemlich gar nicht. Die Schuld lag, was das betraf, vollkommen bei ihr und bei ihr allein. Die Magierin war mitten in der Nacht erst von einer Reise zurückgekehrt und hatte dann erfahren, dass es am nächsten Morgen bereits wieder losging, in die Wüste. Das Resultat aus dieser anstrengenden Nacht war, dass die Magierin hauptsächlich im Zug geschlafen hatte. So gut wie die gesamte Fahrt nach Aloe Town. Sie hatte den jungen Mann noch begrüßt, hatte es sich in dem Abteil gemütlich gemacht und weg war sie. Nun, nachdem sie aufgewacht war, hatten sich ihre Augen noch immer nicht an das grelle Sonnenlicht gewöhnt. Das war doch eine lebensfeindliche Region. Was bei Poseidons Bart hielt die Menschen nur dort? Es gab genug freie, saftig grüne Fläche in Zentral-Fiore. Musste man nicht verstehen. Helena wischte sich mit ihrem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Eines war klar. Sobald sie eine vernünftige Wasserquelle fanden, würde sie einmal ihren Vorrat wieder auffüllen. Man hatte sie einen Durst!
„Sag mal, Denniel, hattest du schon mal mit Satyrs Cornucopia zu tun?“ Als Denniels Partnerin Helena den grünhaarigen Magier ansprach, zuckte der so erschrocken zusammen, als wäre er eben nachts irgendwo in einer dunklen Gasse einem blutüberströmten Gespenst begegnet. Angespannt krallten sich dabei seine Finger in seine Hose (sofern man den Hauch von Stoff so nennen konnte, der ihm um die Beine flatterte), seine Augen weiteten sich, als wollten sie Denniel aus den Höhlen treten, und als auditive Untermalung gab es obendrauf noch ein kleines, heiseres „Iihks!“ seitens des Ritterlings. Tatsächlich fiel Denniels Reaktion auf Helenas Frage so nervös aus, dass der kleine Magier es selbst überdeutlich bemerkte und sich rasch bemühte, seine Finger zu lockern, seine gekrümmte Haltung zu korrigieren und sein verzerrtes Gesicht zu entspannen. *Ruhig, Denniel, sie hat dir bloß eine Frage gestellt! Eine ganz normale Frage! Das ist nun wirklich kein Grund zur Panik! Sicher, die zwölf Worte gerade waren der erste richtige Satz, den deine Vorgesetzte in deiner Gegenwart geäußert hat… A-aber das liegt ja auch nur daran, dass sie die ganze Zugfahrt über geschlafen hat, und deutet garantiert nicht daraufhin hin, dass sie mal so gar keine Lust hat, mit dir auf Mission zu gehen! D-du selber hättest ganz bestimmt auch die Fahrt verschlafen, würdest du nicht jedes Mal, wenn du die Augen zumachst, Lasciel sehen, wie er auf diesen kriminellen Magier einprügelt… Mit blutigen Fäusten und diesem schrecklichen Gesichtsausdruck…!* Hastig schüttelte Denniel den Kopf. *Mist! So wird das nichts mit dem Beruhigen! Schnell, denk an etwas anderes! Etwas anderes… irgendetwas… wie zum Beispiel die Mission! Genau! Dafür bist du schließlich hier! Deine dritte Mission, die eigentlich deine erste ist, weil die heute ja dem B-Rang zugeordnet wurde, was bedeutet, dass sie definitiv schwieriger zu bewältigen sein wird als deine letzten beiden Aufträge, die du ja ach so bravurös erledigt hast, besonders die letzte, an deren Ende Lasciel… Argh, Mist!* Noch einmal schüttelte Denniel den Kopf, bevor er krampfhaft die Augen aufriss und sich angestrengt auf seine fünf Sinne zu konzentrieren begann. *Mit dem Denken wird das schließlich nichts, also konzentriere ich mich einfach auf das Hier und Jetzt, genau!* Einziges Problem an diesem Plan: Denniels aktuelle Umgebung – der Bahnhof von Aloe, einer großen Stadt im heißen, trockenen Westen von Fiore – war in Sachen Ambiente zwar nahezu das komplette Gegenteil zu seinem beschaulichen Konterpart in Sakura, doch Bahnhof war nun einmal Bahnhof, und der Anblick von Gleisen und Zügen half Denniel nicht gerade dabei, an etwas anderes zu denken als das, woran sein Hirn sowieso schon verzweifelte. Auf der Suche nach irgendetwas, was nicht Teil des Bahnhofs war, fiel Denniels Blick schließlich vor seine nackten Füße, wanderte seine Hose nach oben zu dem goldenen Klimpergürtel, der sich um seine Hüfte wand, und taxierte schließlich das schwarze Oberteil inklusive Handschuhen, die seinen Oberkörper zierten. Nicht zum ersten Mal am heutigen Tag brachte ihn jedes Einzelne dieser viel zu leger-, fast schon anzüglich-lockeren Kleidungsstücke zum Erröten. *Ugh! Dass ich ausgerechnet heute dieses neue Outfit ausprobieren muss! Ja, gut, hier in der Wüste macht es Sinn, etwas leichtere Kleidung zu tragen, doch selbst wenn ich mich an ihr totgeschwitzt hätte wäre mir jetzt eine Rüstung doch wesentlich lieber!* Außerstande, den Bahnhof oder sich selber anzusehen, blickte Denniel gedankenverloren zu Helena hinüber, die ihn noch immer fragend anschaute. *Aber wieso…? … … … AAAH!!* „S-s-satyrs Cornucopia?! J-ja, klar, m-mit denen hatte ich schon zu tun! Also, äh, nicht mit der Gilde direkt, meine ich, ich war zwar schonmal in Maldina, aber damals hatte ich keine Zeit gehabt, mir deren Gildehaus anzusehen, wobei, Zeit wäre gewesen, aber ich hatte keinen rechten Grund gehabt, und Maenor, also, mein Partner Maenor von damals, der hatte auch nicht den Eindruck gemacht, als wollte er mich dort herumführen…“ *Meine Güte, geht es vielleicht noch chaotischer?! Bei den Drachen, reiß dich doch mal zusammen!* „J-jedenfalls… Ähem! Nein, ich hatte mit der Gilde selbst noch nichts zu tun, a-allerdings…. Allerdings durfte ich bereits zwei Missionen an der Seite eines Magiers bestreiten, der jener Gilde angehört. In beiden Fallen war dieser ein fähiger und verlässlicher Kollege, den ich jederzeit wieder und mit allergrößter Freude an meiner Seite wissen wollen würde.“ Nach einer kurzen Pause endete Denniel seine Erklärung offiziell mit einem schüchternen „Ma’am“, auch wenn er sich bei dieser Anrede seiner Vorgesetzten Helena genauso unsicher war wie mit allem anderen, was mit der aktuellen Mission zu tun hatte. Eigentlich konnte Denniel nur noch hoffen, dass die Identität ihres dritten Teamkameraden für etwas Erleichterung sorgte…
„Sprechen“ ~ *Denken* ~ Zauber
Outfit ~ Theme
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Maenor
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„In beiden Fällen war dieser ein fähiger und verlässlicher Kollege, den ich jederzeit wieder und mit allergrößter Freude an meiner Seite wissen wollen würde.“ Dieser unbedacht ausgesprochene Satz in der warmen Wüste Fiores führte dazu, dass jemand, der einige Kilometer entfernt im Zug saß, laut nießen musste. „Hatschi!“, ertönte es. Grummelnd rieb sich Maenor die Nase, denn es war alles andere als angenehm, in seinen Schal hinein zu rotzen. Die argwöhnischen Blicke seiner Mitfahrgäste ignorierte der verhüllte Magier wie immer. Hoffentlich wurde er nicht krank! Aber hier in der Holzklasse gab es ja keine Klimaanlage, dachte er sich nur und mochte sich gar nicht ausmalen, wie gut es sich die Gäste in der ersten Klasse gehen lassen mussten. In seinen Vorstellungen speisten und tranken die Gäste dort vorzüglich, während sie sich von ihren Massagesesseln verwöhnen ließen. Oh ja, das wäre genau das richtige für ihn gewesen. Tja, Pech gehabt. Sein Geld hatte mit Ach und Krach für ein Ticket in der zweiten Klasse gereicht. Kurz hatte sich der Fice auch überlegt, ob er einfach aufs Dacht steigen und als blinder Passagier mitreißen sollte, aber da es in die Wüste ging, wollte er nicht bei lebendiger Haut gegrillt werden.
Natürlich begab er sich nicht aus Jux und Laune in die westliche und heißeste Region des Landes. Es war vielmehr ein Auftrag, für den er gefühlt durchs halbe Land tuckerte. Um was es genau ging, das wusste er nicht, da er nach wie vor nicht der fiorischen Landessprache mächtig war. Man mochte doch meinen, dass er mittlerweile seinen Stolz heruntergeschluckt und sich mal ans Büffeln gesetzt hätte, aber von wegen. Der braunhaarige junge Mann hatte einfach Besseres mit seiner Zeit zu tun, als irgendwie zu lesen lernen. Hatte doch bisher alles gut geklappt, nicht wahr? Insofern hatte er sich kurz und knapp an der Rezeption erklären lassen, um was es ging. Scheinbar gab es irgendeine Höhle inmitten der Wüste, die voller dunklen Gestalten wimmelte. Warum auch immer. Und scheinbar hatten zwei geniale Forscher nichts Besseres im Sinne, als sich dorthin zu begeben und sich zusammen schlagen zu lassen. So oder so ähnlich. Mit dem Ergebnis, dass einer der Forscher schwer verletzt wurde und Magier um Hilfe bittet, da der andere Forscher von Monstern entführt wurde. „Idioten. Alles nur Idioten.“, murmelte der Fice kopfschüttelnd vor sich hin. Darum würde sich jetzt ein Trio Magier kümmern, zu denen er gehörte. Die Aussicht, in dieser Hitze voll verhüllt zu sein, erfüllte ihn jetzt nicht unbedingt mit Freude. Allerdings würde er sich dann auch keinen Sonnenbrand holen. *Solange ich nicht schon wieder irgendeinen Runenritter sehe, könnte das doch ein ganz lustiger Ausflug werden.*, dachte er sich und ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Das wäre ja ein viel zu großer Zufall, zum dritten Mal hintereinander mit den Ordnungshütern des Reiches zu tun zu haben, oder? Ein paar Monster bekämpfen und dafür fett bezahlt werden, da es sich hier um eine B-Rang handelte. Oh ja, heute würde sein Tag werden, dessen war er sich ganz sicher!
„Sehr geehrte Fahrgäste, wir haben soeben Aloe Town erreicht. Wir bedanken uns für Ihre Mitfahrt und wünschen Ihnen noch einen schönen Aufenthalt.“ Und mit diesen Worten war der Zug zum Stehen gekommen und Maenor trat federnden Schrittes aus dem Zug, wo er sogleich von einer Hitzewelle getroffen wurde. Das war es jedoch nicht, was ihn blöd aus der Wäsche schauen ließ – nur schade, dass das niemand erkennen konnte. Trogen ihn seine Augen? Nein, das war unmöglich, dafür besaß er einen viel zu guten Blick. Da vorne stand Denniel. Der Denniel. Der Runenritter Denniel. Der Runenritter Denniel, von dem er hoffte, dass er ihn so schnell nicht wieder sehen würde. *Ach leck mich doch.*, fluchte er innerlich über den Anblick des grünhaarigen Burschen. Dass neben ihm eine attraktive junge Frau stand, die wohl auch zur Quest gehörte, vermochte seine Laune nicht sonderlich zu heben. Sie war durchaus ein Blickfang, aber sicher den ganzen Ärger mit dem Runenritter nicht wert. *Ob ich noch weglaufen kann?* Ein verführerischer Gedanke. Aber wohin? Er war pleite und hatte sein letztes Geld für das Zugticket ausgegeben. Außerdem, wie oft bekam man die Chance, richtig viel Geld auf einer B-Rang Quest zu verdienen? Eben! Letzten Endes obsiegte die Geldgeilheit des Dauerpleitegeiers, sodass er sich mit herabhängenden Schultern zu Denniel und der jungen Frau begab. Als er zu ihnen aufschloss, salutierte er lax und keinesfalls. „Maenor Fice aus Satyrs Cornucopia, meldet sich zum Dienst. Hi, Denniel.“ Innerlich wappnete er sich bereits vor der Umarmung, mit der ihn Denniel sicherlich gleich überfallen würde. „Und ja, mir ist sehr heiß und das liegt nicht an dir.“, sprach er zu Helena. „Aber was man nicht für seine Sonnenallergie so alles tut.“, verkündete er noch schulterzuckend. „Also, wer ist bereit ein paar Bösen so richtig in den Arsch zu treten?“ Seine Stimmung war mittelprächtig, aber er würde noch in Fahrt kommen, ganz sicher! Solange niemand die blöde Frage stellte, warum er sich mit so vielen Lagen Stoff in die Wüste begeben hatte…
# 1 Helena hatte ihrem Kameraden eine ganz einfache Frage gestellt. Dieser aber reagierte, als habe sie ihre Befehlsgewalt deutlich gemacht und ihn dazu in lautem, strengem Ton angewiesen stramm zu stehen. Er zuckte schreckhaft zusammen und... quieckte dabei? Gut, vielleicht lag es daran, dass er sie den ganzen Tag quasi noch nicht gehört hatte. Zumindest, solange sie nicht im Schlaf gesprochen hatte. War ihre Stimme so gewöhnungsbedürftig? Da die Magierin ihr Augenmerk auf den Jungen gelegt hatte, als sie ihn ansprach, konnte sie seine Nervosität genauestens beobachten. Er kämpfte mit sich wie ein schüchterner Junge, der kurz davor war ein Mädchen nach einem Date zu fragen, ohne überhaupt verstanden zu haben was ein Date war. Helena war sich aber recht sicher, dass das nicht der Inhalt jener Worte war, die er sich grade zurechtlegte. Die Antwort auf die Frage, ob sie damit Recht behalten sollte, ließ allerdings einen Moment lang auf sich warten. Denniel ließ sich ganz schön lange Zeit auf ihre Frage zu antworten, dabei war sie doch so simpel gehalten wie der Standard-Smalltalk-Kommentar bezogen aufs Wetter. Hatte er schonmal einen Magier dieser Gilde getroffene oder nicht? Ja, oder nein? Das wäre ja schon mal ein Anfang! Die Halbgöttin zo fragend eine Augenbraue hoch. Eine gefühlte Ewigkeit hatte sie gewartet, die brüllende Hitze dabei schon fast vergessen, als dann endlich Worte aus seinem Mund kamen. Er wiederholte fragend den Namen der Gilde, die sie angesprochen hatte. Ja, natürlich Satyrs Cornucopia! Glücklicherweise war das nicht alles was er herausbrachte. Dass Denniel so nervös war, als spreche er grade mit der Königin des Reiches, erweckte mehrere Gefühle in der jungen Frau. Eines davon war ein vielleicht mütterlicher Beschützerinstinkt. Sie durfte diesen Jungen bei dieser Mission definitiv nicht aus den Augen lassen. Er wirkte nicht wie ein Magier, der auf sich aufpassen konnte. Jedenfalls sprach er davon, schon Kontakt zu Magiern jener Gilde gehabt zu haben. Auch wenn er sich bei seiner Erzählung ein wenig verlief, so filterte Helena heraus, dass er mit einem Magier namens Maenor zutun hatte. Er beschrieb ihn doch sehr positiv. Gut, blieb natürlich die Frage, wer an diesem Tage zu ihnen stoßen würde. Satyrs Cornucopia hatte schließlich mehr als nur einen Magier, oder auch zwei, wenn man Rownan hinzuzählte. Helena schloss die Augen und nickte, als sie plötzlich hörte wie Denniel sie bezeichnete. "Oh, das brauchst du nicht. Nenn mich Helena." Sie schaute noch einmal in seine RIchtung und schenkte ihm ein warmes Lächeln. Vielleicht schaffte sie es ja über die Zeit ihn ein wenig aufzubauen oder zumindest seine Nervosität etwas zu bremsen. "Ich habe übrigens auch erst einen Satyrs Cornucopia Magier getroffen. Bin mir aber nicht sicher, wie ich ihn einsortieren würde. An sich war er aber nett. " Die Gegenfrage kam zwar nicht, doch war besonders viel Eigeninitiative wahrscheinlich nicht von ihm zu erwarten. Die Magierin hatte zwar schon mit stocksteifen Kollegen zu tun, aber diese Erfahrung war definitiv etwas Neues für sie. Helena überlegte noch, ob sie ihn nach seinen bisherigen Quests fragen sollte, scheiterte aber daran eine Formulierung zu finden, die nicht gleich seine Gefühle verletzte. Die Interaktion mit einem Frischling wie ihm war sicher eine Herausforderung für sich! Eine Welle verbrauchter, noch heißerer Luft rollte an, gefolgt von dem Zug auf den die zwei Runenritter gewartet hatten. "Da bin ich ja mal gespannt." Der Zug brachte eine laute Geräuschkullisse mit sich, die nur langsam abklingen sollte. Als die Türen sich öffneten, traten mehrere Personen heraus, doch eine davon fiel Helena besonders ins Auge. Ganz einfach aus dem Grund, dass er überrascht in ihre Richtung starrte. Der Kerl zögerte, näherte sich ihnen dann allerdings doch. Helena schaute nachdenklich drein. Sie fragte sich was der Grund dafür war, dass er so überrascht war. War das etwa... Jap, war er. Der junge Mann stellte sich als Maenor Fice vor. Das war der Mann, auf den sie warteten und es war der, den Denniel bereits kannte. Überrascht blickte die Halbgöttin erneut zu ihrem Kollegen. Was für ein Zufall! Doch sie sollte aus dem Staunen auch nicht so schnell herauskommen. Moment, hatte der Kerl das grade wirklich gesagt? Erschrocken zuckte Helenas Blick zum Neuankömmling herüber. Ihm war heiß, aber nicht wegen ihr? Sollte das ein Kompliment oder ein plumper Anmachspruch sein? Jedenfalls klappte ihr der Unterkiefer ein Stück herunter, ohne dass Worte den Weg aus ihrer Kehle fanden. Sie wusste nämlich nicht welche Worte sie wählen sollte. Mit einer gewissen Verzögerung war es ein überraschter, erzwungener Lacher, der in etwa so klang: "Aheh." Nur einer ihrer Mundwinkel schaffte es die Mühe auf sich zu nehmen, sich zu erheben. "Ehm, klar. Allzeit bereit.", erklärte sie. Mit den ersten Worten des Magiers kämpfte sie aber immer noch. Dementsprechend war es wohl vorgetäuschte Bereitschaft. Würde nämlich an Ort und Stelle sofort ein Kampf ausbrechen, müsste sie das Gehörte wohl erst einmal abschütteln, bevor sie mit einsteigen könnte. "Ja, also... Wir können ja dann los, richtig?" Helena stemmte die linke Hand in die Hüfte und deutete mit dem Daumen der anderen über ihre SChulter. Bis zu ihrem Zielort war es noch ein guter Fußmarsch. Was die Kleidung dieses... Typen anging, so war sie keineswegs verwundert. Mehr Kleidung mochte wärmer erscheinen, sie schützte aber auch besser vor der Sonne. Beides, sowohl mehr als auch weniger Kleidung hatten so ihr Für und Wider. Was auch immer Denniel mit seienr bezwecken wollte. War ja nicht ihr Bier. "Ihr kennt euch also?", erkundigte sich Helena, unsicher wie sie sonst ein Gespräch beginnen sollte, während sie zögerlich ein paar Schritte rückwärts machte, bis sie sich sicher war, dass man ihr auch folgen würde. "Denniel war voller lobender Worte für dich." Man brauchte kein besonders ausgeprägtes Feingefühl für Kommunikation haben um die Zweifel zu spüren, die Helena mit ihrer Stimme andeutete. Aber vielleicht hatten sie sich ja auf dem falschen Fuß erwischt? "Ich bin übrigens Helena. Helena Marinakis." SIe legte eine Hand auf ihren Brustkorb und deutete dadurch quasi auf sich. "Wenn ihr einander schon kennt, dann solltet ihr euch ja auch schon aufeinander abgestimmt haben. Dann sollte dieser Auftrag ja ein Kinderspiel werden, nicht?" Gespannt wartete die Halbgöttin darauf, was dieser Maenor erwiderte. Ob er auch mehr herausbringen konnte als heiße Luft? Und kam Denniel nun ein wenig aus sich heraus, nun da er einen Bekannten an seiner Seite wusste?
„Keine Sorge. Die Zeit für Langeweile ist vorbei.“ Optimistisch grinsend nickte Charon den kleinen Fauxpas, Alice warten gelassen zu haben, einfach zur Seite und ging davon aus, dass das Thema damit abgearbeitet war. Es war ganz lustig zu sehen, wie das Mädchen sich kopfüber auf ein Sofa gelegt hatte, und auch, wie schwungvoll sie sich wieder aufrichtete. Damit, dass sie plötzlich ein Stück Papier in seine Haare steckte, hatte er aber nicht gerechnet. „H-hey! Lass das!“, erschrak der Dargin und hob schnell beide Hände an, um den kleinen Flieger wieder heraus zu ziehen. Achtlos ließ er ihn zu Boden fallen, war zu sehr damit beschäftigt, mit seinen Fingern durch seine Haare zu kämmen und sie wieder in eine ordentliche Form zu bringen, um sich um korrekte Müllentsorgung zu scheren. „Das kannst du doch nicht machen...“ Aber so, wie es aussieht, war Alice gedanklich schon zu weit, um sich groß für sein Leid zu interessieren. Stattdessen lief sie schon einmal vor, als wäre sie bereit, ihn zurück zu lassen. „Hey... Alice, warte!“, rief Charon ihr hinterher, streckte die Hand nach ihr aus, doch sie war schon unerreichbar für ihn. Er hatte gar keine Wahl, als ihr hinterher zu laufen...
„Haah... Unglaublich... Das war so rücksichtslos“, murrte der Dargin, sichtlich unzufrieden, während er beim Betreten des Bahnhofes endlich zum Halten kam. Die ganze Strecke über hatte er es nicht geschafft, Amira einzuholen – erst jetzt, wo sie wieder langsamer wurde, konnte er an ihrer Seite gehen. Auch wenn er nicht außer Atem war, waren seine Mundwinkel ganz schön gesunken, und er konnte nicht anders, als die ganze Zeit über in seinen Haaren herumzufingern. Sie fühlten sich einfach... falsch an. Vor Allem nach der ganzen Eile hatte er das Gefühl, dass ein paar seiner langen Strähnen verwuschelt waren, egal wie oft er sie zu glätten versuchte. Nachdem er darauf geachtet hatte, dass Alice ihr Ticket bezahlte, kümmerte er sich um sein eigenes und begann, das richtige Gleis zu suchen. „Es wird ewig dauern, das wieder ordentlich hinzubekommen...“, seufzte das Weißhaar gedankenverloren, ehe ihm wieder auffiel, dass er ja nicht allein hier war. Mit skeptischem Blick betrachtete er Alice. „Was hast du dir nur dabei gedacht? Man kann doch nicht einfach anderer Leute Haare anfassen. Manche Grenzen sollte man schon respektieren...“ Den Kopf schüttelnd atmete der Dargin einmal durch, richtete sich wieder auf. Seine Hände zwang er an seine Seiten, verbat ihnen, sich wieder den Weg hinauf in seinen Haarschopf zu bahnen. „Du hast nicht zufällig einen Spiegel dabei...?“
Dafür werde ich schon sorgen… dachte sie zum Thema der Langeweile. Das schnelle aufrichten ließ ihren Kopf schwindelig werden, aber nichts was sie sich anmerken ließ. Stattdessen steckte sie den Papierflieger in die perfekten Haare des Magiers. Als dieser protestierte, verkniff sie sich ein Grinsen. Da war es also das erstmal eine Reaktion, die nicht wohlüberlegt und glatt poliert war. Eine Reaktion, die wie ein Instinkt schien. Natürlich kann ich das, hast du doch gesehen… dachte sie und lehnte sich kurz an den Ausgang. Ohne darauf einzugehen, lief sie los.
”Wunderbar, das war ja so spaßig!” sagte sie und drehte sich zu dem weißhaarigen Magier um, als sie die Lehmhügel des Bahnhofes erreichten. Dieser wirkte jedoch unzufrieden und Amira sah den Magier seitlich an, während sie sich streckte. ”So wird man gleich richtig wach, und fit, für alles was da so kommen mag. Vor allem wenn man im Zug dann so lange sitzen muss.” sagte sie, scheinbar unberührt von dem Gesichtsausdruck des Weißhaarigen. Gerne hätte sie ihn die Tickets bezahlen lassen, doch Charon war so beschäftigt mit seinen Haaren. Allgemein wirkte der Magier nicht so gefasst, wie sie ihn bisher erlebt hatte. Hatte sie da etwa einen wunden Punkt getroffen? Sie bezahlte also ihr Ticket selbst und war gespannt, wie sich die kleine Wartezeit, die sie hatten, jetzt wohl gestalten würde. Leicht vor und zurückwippend stand sie neben Charon, sie sagte nichts, war still und schaute mal, was oder ob etwas passieren würde. Dem Magier lag wohl wirklich was an seinem Aussehen, im Grunde etwas, womit sie gerechnet hatte, wer sich so auffällig kleidete. Und wer so auftrat wie Charon es tat…der war alles außer unauffällig. Jedoch hätte sie nicht erwartet, den Magier mit einer so einfachen Sache, aus dem Konzept zu bringen. Vermutlich war das rennen und der Wind in den Haaren, da nicht sonderlich zuträglich gewesen.
Sein Murmeln wurde von ihr nicht kommentiert, nur das leichte Grinsen, das ihr bereits seit einiger Zeit auf den Lippen lag, konnte sie nicht mehr unterdrücken. Dieses schluckte sie jedoch herunter, als die Frage von Charon an sie gerichtet wurde. ”Technisch gesehen habe ich sie auch nicht angefasst, ich habe etwas hineingesteckt, sowas macht man mit Haarschmuck. Und nachdem du dich als Künstler entpuppt hast, dachte ich, du weißt unkonventionellen Haarschmuck zu schätzen. ” sagte sie unschuldig und drehte sich schulterzuckend zu ihm um. ”Außerdem…” sie beugte sich nach vorne und hob eine Hand ”Wie soll man gewisse Grenzen respektieren, wenn man gar nicht weiß, dass sie existieren?” Die gehobene Hand wanderte an eine lose Strähne und sie würde die Strähne, sofern Charon nicht schnell reagierte und sie aufhielt, einmal über den Finger drehen und dann glatt zurückstreichen. Es lag wieder dieser herausfordernde Ton in ihrer Stimme. Ihr war bewusst, dass sie mit dieser Handlung, oder dem Vorhaben dieser Handlung genau das tat, was sie nicht sollte. Auch fiel sie für diesen einen Satz, diesen kurzen Augenblick aus ihrer selbstgewählten Rolle, nur im nächsten Augenblick wieder in jene zurück zu fallen.
Es folgte ein leicht schief gelegter Kopf und ein Arm wanderte nachdenklich an ihre Wange. ”Schonmal überlegt sowas zu tragen?” die Zöpfe wurden mit beiden Hände angehoben, diese waren noch gut in Form. Vor allem, weil Amira diese erst am morgen neu gemacht hatte, ihr war das zwar nicht so wichtig, wie akkurat die Zöpfe waren, aber ab und zu sollte man die schon neu flechten. ”Das hat Stil, ist praktisch und man ist für quasi alle Eventualitäten vorbereitet.” Als Alice verpackte sie ihre Worte, in hübsches buntes Papier. Da konnte man schnell überhören, dass sie damit auch irgendwie ihren Finger in die Wunde legte. ”Einen Spiegel? Nein, aber, ich hab noch ein paar Zopfgummis und eine Haarbürste. Damit könnte ich in Handumdrehen dafür sorgen, dass wir im Partnerlook herumlaufen.” Sie lächelte, als wäre sie erfreut und doch waren ihre Augen leicht verengt, nur kurz, denn sie kramte nach ihren Worten in ihrer Gürteltasche. Haarbürste und Zopfgummis wurden rausgezogen und sie ergänzte. ”Weil naja, wenn dich ein paar lose Strähnen schön stören…wir wollen auf einen Jahrmarkt, da wird das doch sowieso passieren…immerhin wolltest du alles fahren.” Um ihre Worte zu unterstützen, wedelte sie mit der Bürste hin und her. Tatsächlich hatte sie die Bürste und ein paar Zopfgummis immer dabei, ihre Haare waren nicht gerade kurz, sie waren ihr auch wichtig, wer würde sonst auch freiwillig so eine Länge beibehalten. Doch ihr war egal, ob ein paar Strähnen hinausschauten. Ihr Haar war ihr auch ganz anderen Gründen wichtig… auch diese Frisur, war mehr als nur praktisch, sie war eine Erinnerung und ein Versprechen. Ein Versprechen an sich selbst…vermutlich unerfüllbar. Doch ein Spiegel, nein und selbst wenn sie einen hätte, war es so nicht viel lustiger. Durch diese Erkenntnis gewann sie ganz neue Möglichkeiten, war es wirklich so einfach den Magier zu ärgern? Sie war gespannt, wie flexibel war Charon wirklich? Oder entsprach er dem Klischee der Gilde doch viel mehr als er bisher offen gezeigt hätte?
Spaßig war das also gewesen... Nun gut, jedem das Seine. Es war tatsächlich ein wenig peinlich, dass sie Charon von einer weniger schmeichelhaften Seite seiner Persönlichkeit gesehen hatte. Es geziemte sich nicht, nicht für einen Adeligen und erst recht nicht für einen Stoiker, zu schmollen, aber was sein Haar anging, war der Magier empfindlich. Sie wusste ja nicht, wie teuer die Pflegeprodukte waren, die darin steckten. Trotzdem achtete er darauf, sich wieder etwas zu fassen. „Es ist dir wohl sehr wichtig, dass morgens alle wach werden“, seufzte er, während er sich weiterhin unbewusst im eigenen Haar herumfummelte. Hatte sie nicht Ähnliches gesagt, als sie vor dem Questbord gestanden hatten? „Ich habe nichts gegen Haarschmuck“, antwortete der Dargin und zwang sich wieder dazu, zu lächeln. „Es... wäre mir nur wichtig, dass du nicht an meine Haare gehst. Zumindest nicht, ohne vorher zu fragen... und die Erlaubnis zu bekommen.“ Den letzten Teil fügte er nach kurzem Überlegen hinzu, als ihm der Gedanke kam, dass Alice seine Worte gerne etwas zu genau nahm. Warum konnte er sich so gut vorstellen, wie sie fragte und dann direkt seine Frisur anpackte, ohne auf eine Antwort zu warten...? Sie tat es ja gerade schon wieder, während er diese Worte aussprach. Er musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht die Hand der Jüngeren zu packen oder wegzuschlagen. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie mit einer seiner Strähnen spielte, verärgerte ihn – aber er würde ihr nicht die Genugtuung geben, sauer zu werden, auch wenn das Lächeln wieder verschwunden war. Sie hatte schon zu viel aus ihm herausgeholt. Charon wollte nicht riskieren, sich noch einmal zu verlieren...
„Eine Freundin von mir hat mir tatsächlich schon einmal so einen Zopf geflochten, jetzt, wo du es erwähnst“, meinte der Magier und versuchte, möglichst gelassen zu wirken, auch wenn eine gewisse Anspannung hinter seinen Worten steckte, die zuvor nicht da gewesen war. „An dir sehen sie aber vermutlich besser aus, Alice. Da will ich mich nicht auf einen direkten Vergleich einlassen.“ Er lachte, auch wenn in Charons Innerem kein Zweifel daran bestand, dass er die Zöpfe besser tragen konnte. Die Blauhaarige war eine Schönheit, aber ein Adonis wie er selbst stand einfach auf einer anderen Stufe. Dass er sie sein Haar noch einmal berühren lassen würde, konnte sie sich aber abschminken. Er hatte ihr in aller Ruhe gesagt, was ihm wichtig war und was er von ihr erwartete. Das nächste Mal, wenn sie etwas anfasste, was sie nicht anfassen sollte, bekamen die beiden ein Problem miteinander. „Aber du hast vermutlich Recht. Das ist nicht die praktikabelste Frisur für einen Besuch im Freizeitpark. Wärst du so gut, mir eins deiner Haargummis zu borgen?“ Er fragte freundlich, hielt die Hand auf, damit sie ihm eines übergeben konnte. Natürlich bestand das Risiko, dass sie es nicht tat, aber wie es aussah, fühlte sie sich gnädig. „Vielen Dank“, meinte er und schloss die Hand darum, damit das Gummi nicht wegflog, als der Zug einfuhr und der Wind seine Haare zum Wehen brachte. Spätestens jetzt konnte er sich eigentlich sicher sein, dass er den Gummi brauchte – vor Allem, wenn er noch mehr Zeit auf engem Raum mit Alice verbrachte. Sie würden ja jetzt eine Weile zusammen sein...
Erst einmal nahm sich der Dargin einen Moment, um gemütlich einzusteigen und sich zusammen mit Alice ein Abteil zu suchen, in dem sie zu zweit sitzen konnten, ohne sich um irgendwelche fremden Sorgen zu müssen. Der Zug war nicht allzu voll, also hatten sie schnell etwas gefunden. „Gemütlich“, kommentierte er mit einem Lächeln, ehe er sich ordentlich aufrichtete und begann, sein Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen zu fassen. Es dauerte einen kurzen Moment, aber es war ein Handgriff, den er kannte, und das sah man auch. Als er endlich fertig und zufrieden warf musste er eine Entscheidung treffen. Hier waren vier Sitze abgetrennt. Entweder, er setzte sich direkt neben Alice, oder er setzte sich ihr gegenüber. Wenn er nicht wollte, dass sie irgendwelchen Unsinn mit ihm trieb, dann war es wohl vernünftig, sich auf die gegenüberliegende Seite zu setzen und in aller Ruhe mit ihr zu sprechen... aber wollte er das?
Nein, das wollte er ganz sicher nicht.
Ohne weiteres Zögern setzte sich der Dargin direkt neben seine Begleiterin und stellte seinen Ellbogen auf die Armlehne zwischen den beiden, sodass er sein Gesicht auf seiner Hand aufstützen und Alice aus der Nähe betrachten konnte. „Weißt du, Alice... du bist schon eine spannende Frau“, meinte er, während er aufmerksam in ihr Gesicht blickte. „Ich mag ja provokante Frauen. Die meisten von ihnen sind intelligent, wissen, was sie wollen, und haben etwas... Einzigartiges an sich. Wobei ich das Gefühl habe, dass in dir mehr steckt als in den Meisten.“ Es war ein gewagter Versuch, das wusste Charon. Er begab sich auf dünnes Eis und gab der Tamaki durchaus den Raum, um dumm zu spielen oder einen Rückschlag zu wagen. Gleichzeitig war aber klar, dass sie nicht viel weiter kamen, wenn sie beide mit verdeckten Karten spielten. Wenn überhaupt, dann nutzte die Blauhaarige irgendwelche billigen Schwachpunkte aus. Aus einem geistigen Wettbewerb konnte schnell ein rein körperlicher werden, und es war ehrlich gesagt keine spannende oder angenehme Herausforderung, wenn sie ab jetzt einfach in seinen Haaren herumstocherte, wenn sie ihn nerven wollte. In dem Sinne war er durchaus bereit, ihr ein bisschen was von sich zu offenbaren, wenn es sie auf eine Fährte führte, die für ihn auf lange Sicht von Vorteil oder wenigstens von Interesse war. „Meinst du, du hättest auch Lust darauf, so kreativ zu sein, wenn du damit niemanden ärgern könntest?“, fragte er mit einem amüsierten Lächeln, weiterhin schön dicht bei ihr. Er hatte nicht vor, von seiner Position abzurücken. Er übertrat bewusst die Armlehne, diese räumliche Grenze, die ihren Sitz von seinem trennte. „Weil ich das ehrlich gesagt ziemlich süß finde. Ich wette, wir zwei könnten eine Menge Spaß zusammen haben...“
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