Ortsname: Domus Flau Art: Gebäude Spezielles: --- Beschreibung: Domus Flau, auch einfach das Stadion genannt, ist die große Arena, die die gesamte Stadt Crocus überblickt. Einst der Ort an dem die Grand Magic Games abgehalten wurden, ist es auch heute noch ein Ort, an dem die Bevölkerung mit magischen Spielen und Kunststücken unterhalten wird. Viele Magier, die nicht mehr für Gilden tätig sind, finden hier eine Arbeit, bei der sie ihre spezielle Fähigkeiten zur Schau stellen können. Relativ regelmäßig finden hier immernoch Spiele statt, de den Grand Magic Games nachempfunden sind, außerdem können Gilden mit dem nötigen Kleingeld die Örtlichkeiten für einzelne Events, wie S-Rang Examen, anmieten.
#13 Wenn es um die Verschwendung von Essen ging, war Flux keine von den Personen bei denen man kein Gehör bekommen würde. Früher war Essen so rar, dass es einfach nicht verschwendet wurde. Seit sein Bruder und er in der Gefolgschaft der Rune Knights waren, gab es Essen im Überfluss. Dementsprechend hatte es auch nicht lange gedauert, bis sie auch mit ihren Rationen Unfug trieben. Kein Wunder, dass es den Sansargiller auf einem so großen Level regelrecht anstachelte. Er musste es einfach tun. Umso schöner war es und das zeigte nun auch das strahlende Gesichts Crashs als er hörte, wie Flynn seine Zustimmung gab. Mit seinem doof-treuen Kameraden an Bord konnte nun wirklich nichts mehr schiefgehen. Solange keiner der Zuschauer oder Bediensteten direkt in die Wagen gucken würden, wenn die Erschütterung den kritischen Punkt erreichte, sollte sofern alles in Ordnung sein. Zwar war der Akimbo Knight gut und gerne ein Querulant aber er wollte auch wirklich niemanden umbringen. Dazu waren die Lacrima auch gern nicht in der Lage. Davon ging er aus. Sehr sicher. Ziemlich sicher. Es war sicher genug. Kaum war der Junge aus ihrer Umkleide verschwunden, setzte sich der Gunslinger mit seinem zuverlässigen Werkzeugkit im Schneidersitz auf den Boden und begann die erste Sicherung zu entfernen. Mit den nicht modifizierten auf seiner linken und den bearbeiteten auf seiner rechten Seite konnte er so in kleinem Maßstab wie in einer Fabrik arbeiten. Zumal ihn diesmal kein nerviges Gesabbel von der Seite stören würde, geschweige denn musste er nach irgendwem Ausschau halten, so wie zu Beginn der Quest in der Lobby. Da hatten sich zwar bereits einige Bedienstete gefragt, warum denn nach und nach einige Lichter ausgegangen waren, jedoch konnten sie weder den Übeltäter finden noch auf Anhieb die Ursache des Problems. Und bis es so weit war, war die Missetat gewiss schon längst begangen. Während er es seinem Kollegen gezeigt hatte, musste er wirklich vorsichtig sein und stellte sich auch etwas dämlich an. Nach dem dritten oder vierten Teil verwandelte sich das ganze langsam in die Akkordarbeit, die er selbst vor Augen gehabt hatte. Wenn Flynn jetzt noch seinen Teil mit Bravour absolvierte, stand ihrer zweiten Show nichts mehr im Weg. Es dauerte gar nicht mal so lange, bis er außerhalb der Umkleide vermehrt Lärm wahrnahm. Das letzte Lacrima einpackend, schnappte Flux seine Tasche und ging, nach einigen Versuchen, auf den Flur hinaus. Wie zu erwarten beziehungsweise wie er erhofft hatte, rammelten gerade sämtliche Verkäufer mit ihren Wagen in Richtung des Lagers. Dem Schwarm folgend erblickte er seinen Mittäter und ein Lächeln bildete sich auf dem Gesicht des Pelzritters. Er hatte es schon mehrfach betont, aber auf die Fee war definitiv verlass. Wenn er noch etwas lockerer werden würde, könnte er über die Zeit ein gerngesehener Zeitgenosse werden. Beinahe wäre die Tasche mit den empfindlichen Teilen von einem Angestellten getroffen worden. Nicht verwunderlich, dass Flux fast außer sich war (dass es natürlich seine Schuld gewesen wäre, wenn er in einem riesigen Feuerball untergegangen wäre, wurde hier von ihm einfach ignoriert).
Deshalb mit gemischter Stimmung, kam er bei dem Hünen an und stellte den Beutel vorsichtig ab. Bei der Menge an Ständen, die hier versammelt waren, wurde das Bild vor seinem inneren Auge immer deutlicher. Wie auch immer die eigentlich Show ausging, das hier bliebe wohl noch länger in Erinnerung. Positiv hinzukam wieder einmal die Bezeichnung Boss. Das geht runter wie Öl. „Was jetzt? Das will ich dir sagen“ begann Crash und rieb sich symbolisch die Hände. „Ich verteile jetzt in jedem Wagen eins von diesen Dingern und du packst einfach ein wenig passende Ware drüber. So einfach“. Gesagt getan. Wie die fleißigen Bienen wuselten sie um die mobilen Verkaufsstände herum, bis auch der letzte entsprechend präparierte wurde. „Der letzte Teil wird der schwierigste, deswegen überlasse ich auch dir das. Es ist eigentlich völlig egal, was du gleich auf der Bühne treibst, wichtig ist aber, dass du die Leute dazu bringst zu Stampfen, Lärm zu machen etc. Fordere sie ruhig dazu auf die Wagen zu schütteln, am besten im vierten oder fünften Nebensatz. Ich klettere derweil ins Lichtwerk. Sobald das Chaos beginnt, hol ich dich da raus und wir holen uns die Belohnung und dampfen ab. Solange du total geschockt reagierst und dich am besten verdrückst, werden sie es nicht mit uns in Verbindung bringen, besonders, weil du die Klamotten loswirst. Eigentlich kann gar nichts mehr schiefgehen. Hast du noch Fragen?“. Flux war weiterhin von seiner Idee überzeugt, auch von ihrem genialen Verschwinden zum Abschluss. Wenn der Junge jetzt weiche Knie bekam, war das hier seine letzte Chance das ganze Ding abzublasen.
Puuuh, damit stand er also, der Rest des Plans. Auch jetzt, wo der Braunhaarige komplett wusste, wie ihr restlicher Auftritt verlaufen würde, verflüchtigte sich das flaue Gefühl in seiner Magengegend nicht. Für Zweifel war es nun jedoch definitiv zu spät. Die gesamte Tasche voller entsicherter Lacrima hatte ihren Weg in die Essenswägen gefunden. Jeder war mit mindestens einem dieser magischen Kristalle bestückt worden. Sie alle wieder herauszukramen bevor die Pause der Verkäufer vorbei war wäre schlichtweg unmöglich. Er musste es jetzt durchziehen, egal wie sehr er nicht mehr wollte. Flux wirkte so überzeugt und professionell, er wusste definitiv was er tat. "Ich werde das schon irgendwie schaffen." Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen nickte er. Wie genau er die Zuschauer dazu bringen würde, auszurasten wusste er noch nicht, da würde er wohl spontan sein müssen. Hoffentlich spielte ihm die Begeisterungsfähigkeit des Publikums auch dieses mal wieder in die Hände. Zumindest seine Gefühle konnte er ganz gut schauspielern, weshalb er sich zumindest da keine großen Sorgen machen musste. "Keine Fragen, Boss. Legen wir los?" Er wollte es einfach nur noch so schnell wie möglich hinter sich bringen. "Aber bitte hol' mich auch wirklich da raus, ja? Lass mich nicht im Stich." Nicht, dass er an dem Sansargiller zweifelte! Er zweifelte eher daran, dass er selbst jemandem für sowas wichtig genug war. Und dann ging es auch schon los. In Reih' und Glied strömten die Verkäufer aus ihrem Pausenraum zurück zu ihren Wägen. Jeder schnappte sich seinen und als sich das Durcheinander langsam wieder auflöste blieben nurnoch die Magier zurück... und die junge, schüchterne Assistentin, die sie auch schon beim ersten Auftritt abgeholt hatte. Sie schien ein wenig überrascht, den Skinwalker und den Nicht-Waschbären zwischen den Wagenschiebern aufzufinden, stellte jedoch keine Fragen. "Es wird Zeit. Seid ihr bereit?" Ein schmales, freundliches Lächeln zierte ihre Lippen als sie das Duo erwartungsvoll anblickte. Die Seelenspiegel des Hawthorne wanderten zu seinem kleinen Kollegen, ehe er antwortete: "Natürlich sind wir das." Halbswegs entschlossen nickte er und schritt der jungen Frau entgegen. Ersteinmal musste er nun alleine glänzen. Vollkommen alleine musste er auf der Bühne stehen. Das letzte mal hatte er zumindest den Velnarion an seiner Seite gehabt, der ihm half, wenn er nicht weiterwusste und gemeinsam mit ihm das Gespräch gestaltete, doch jetzt? Jetzt war nur er da um das Publikum zu begeistern. Die gewaltige Verantwortung ließ die Welt um ihn herum kurz verschwimmen, ehe er sich wieder zusammenriss. Er würde es schon schaffen. Langsam schritt er die Stufen der Bühne hinauf, ganz ohne zu stolpern. Alle Augen ruhten auf ihm, es herrschte überraschende Ruhe. Jeder schien mit angehaltenem Atem auf den letzten Act des Tages zu warten... Und Flynn würde sie nicht enttäuschen. Hoffte er zumindest. Inzwischen wusste er auch schon ungefähr, wie er die Menge zum Ausrasten bringen konnte. Sie mussten bloß mitmachen. Das würde er hinkriegen, verdammt! "Es tut mir Leid, meine Damen und Herren." setzte er an, nachdem er sich selbstbewusst und aufrecht in der Mitte der Tribüne platziert hatte. Ein verwundertes Raunen wanderte durch die Zuschauer. "Ich habe leider gerade die Nachricht erhalten, dass der letzte Act sich nicht auf die Bühne traut." Noch mehr Verwirrung. Gut, so sollte es sein. So konnte er sich sicher sein, dass sie ihm zuhörten. Zumindest in der Theorie. "Aber ich bin mir sicher, dass wir ihn motivieren können! Dafür brauche ich allerdings Eure Mithilfe. Alleine wird das nichts." Er zauberte sich ein selbstbewusstes Lächeln auf die Lippen ehe er einen Schritt nach vorne trat. "Wenn wir ihm zeigen, dass es nichts zu befürchten gibt traut er sich bestimmt. Wieso begrüßen wir ihn also nicht gleich mit ganz viel Applaus?" Er breitete seine Arme ein wenig aus und ließ den Blick durch das Publikum schweifen. Hier und da war bereits das erste Nicken zu entdecken. "Aber ich will nicht nur irgendwelchen Applaus. Ich will den dicksten Applaus! Kriegt ihr das hin?" Aus dem Nicken wurde einheitliches, gemurmeltes Zustimmen. Na also! "Dann mal los! Klatscht, schreit, macht Lärm, sorgt für Durcheinander! Und zwar Jetzt!!" Die Stimme des jungen Skinwalkers wurde kontinuierlich lauter, bis er die letzten Worte regelrecht schrie. Auf sein Kommando hin brach zuerst zögerlicher Applaus aus, welcher sich jedoch schnell zu großem Jubel steigerte. "Maaahn, das ist ja wohl nicht schon alles? Für was habt ihr denn eure Körper?! Ihr seid doch den ganzen Abend rumgehockt! Bewegt euch und schüttelt eure Nachbarn mal richtig wach!" Nun kam auch endlich ordentlich Bewegung in die Sache. Immer mehr Leute erhoben sich aus ihren Sitzen. Nach nochmaligem Auffordern war es dann endlich soweit: Die Menge tobte! Lautes Gegröhle und durcheinander hatte das Domus Flau fest im Griff... Das war irgendwie leichter als gedacht. Aber egal, hauptsache es funktionierte. Bevor sich der Hawthorne jedoch noch weitere Gedanken über seinen Erfolg machen konnte, war es schon soweit.
KABOOM!!
Würstchen wurden in alle Himmelsrichtungen verteilt, klatschten den Menschen in die verdutzten Gesichter, landeten auf ihren Köpfen. Popcorn rieselte herab wie zu groß geratener Schnee und bunte Slushies färbten die Klamotten der armen Leute um. Eine wahre Sauerei. Zeit zu verduften! Wo war Flux?
#14„Na klar hol ich dich da raus. Im Gegensatz zum Blechmann bist du ja immer noch hier. Also verlass dich auf mich und ich mich auf dich. So macht man das doch!“ sprudelte es voller Überzeugung aus Crashs Mund. War das auch ein wenig, um sich selbst davon zu überzeugen diesen verrückten Plan durchzuziehen? Definitiv. Kaum hatten sich die beiden aufeinander eingeschworen, konnten sie bereits vernehmen, wie die Pause der Verkäufer ein Ende genommen hatte und jeder von ihnen mit seinem Wagen wieder in der Menge verschwand. Inständig hoffte Flux, dass keiner dieser Geringverdiener so unsorgsam mit seinem Equipment umging, dass irgendeins der Lacrima zu früh zündete. Da sie jedoch nicht in den Plan eingeweiht waren (weshalb die beiden Magier die Belohnung auch für sich behalten konnten) blieb ihnen auch nicht viel mehr übrig als zu hoffen. Doch eine Überraschung blieb aus. Kein Knall, keine Schreie. Damit waren schon einmal 50 Prozent geschafft. Auf zu Teil 2! Stattdessen blickten die beiden Magier in das vertraute Gesicht der Assistentin, die einen fragenden Blick auf ihrem Gesicht hatte, da Zeit leider nicht ausreichte, um den Ort des Verbrechens zu verlassen. Aber der Sansargiller wäre nicht derselbe, wenn auch nicht dafür etwas parat gelegt wurde. Ein wahres Genie, da musste er sich einfach selbst auf die Schulter klopfen. Mit ein paar Würstchen im Mund, wendete er sich zu der Bediensteten, die daraufhin nicht nur verwirrt sondern auch etwas angewidert reinschaute. „Nadlisch sind wior dasch“ nuschelte er ihr mit vollen Mund entgegen und konnte dabei selbst beobachten, wie einige der Stücke seinen Mund verließen. Mehr als ein müdes Nicken und vielleicht den Hauch eines Augenrollens konnte er ihr allerdings trotzdem nicht entlocken. „Sie wissen ja, wo es langgeht“ entgegnete sie ihnen, ehe die Dame sich wieder anderen Aufgaben widmete. Eine Zeugin weniger. Geschwind spuckte der Gunslinger die ekelhaften Würstchen aus und strich sich mehrfach über die ausgestreckte Zunge. „Wie kann man sowas nur essen. Da bekomme ich ja besseres Essen im Quartier“ sprach er daraufhin er zu sich selbst als wirklich zu Flynn. Der war gewiss mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, wenn er daran dachte, wie aufgeregt der Junge war als sie zu zweit auf die Bühne musste. Jetzt ganz auf sich allein gestellt, war es sicher hundertfach schwieriger. An der Treppe zur Bühne angekommen, klopfte der Ritter ihm aufmunternd auf den Oberschenkel. „Hals- und Beinbruch Kleiner. Wir sehen uns auf der andere Seite“. Du schaffst das schon. Jetzt wo Flux so drüber nachdachte, würde die Fee seiner Gilde doch alle Ehre machen, hatten die Magier aus Magnolia doch einen Ruf zu verlieren, sofern er richtig informiert war. Zu Schade fast, dass man es nie auf sie beide zurückführen können würde. Ein weiteres Mal sah sich der Akimbo Knight um, nun sehr darauf bedacht nicht gesehen zu werden, ehe er begann das Gerüst der Bühne zu erklimmen. Er wollte schließlich nicht zu spät kommen und ein Getränk hatte er sich auch mitgebracht. Für den Victory-Sip. Die stille der Menge verdeutlichte ihm, dass ihr Auftritt nun beginnen sollte. Was hatte sich Flynni wohl überlegt? Ebenso gespannt wie die Zuschauer, lauschte er den Worten seines Kameraden der tatsächlich ein Talent dafür hatte Stimmung zu generieren, nicht nur durch seine Art sondern auch durch die Art, wie er seine Worten und Taten verkaufte. Man bekam das Gefühl, dass alles was er tat vollkommen aufrichtig war. Kurz fragte sich Crash schon, ob er den Junge nicht überfordert. Wenn man überlegte, wie wenig er über ihn wusste, was ihn an diese Stelle gebracht hatte, was er bis hier hin alles erlebt hatte, erleben musste … und der Popel war aus der Nase gelöst und damit jeder weitere nervige Gedanke, der ihn von seiner Show ablenkte. Wenn die Leute weiterhin davon ausgingen, dass sie zu zweit waren, war die Idee genial und darüber hinaus würde sie ebenso wenig verdacht erregen. Immerhin wusste ja keiner, was ihr Zwischenprogramm genau war. Sie könnten sich sehr leicht rausreden. Die betrunkene, aufgeheizte Menge ließ sich das natürlich nicht zweimal sagen und so nahm es ein Ausmaß an, welches sich Flux nur bedingt vorstellen konnte. Gleich, gleich ist es soweit. Die Spannung zerriss den aufgeregten Sanargiller beinahe, während er bereits nach vorne gelehnt auf der Balustrade saß und seine letzten Erdnüsse verdrückte. Jetzt jeden Moment musste es passieren.
Der erste Knall. Dann ein weiterer. Für den Rune Knight schien sich die Umgebung plötzlich nur noch in Zeitlupe zu bewegen so, als ob die Realität sich veränderte nur damit er jede Nuance, jedes Details wahrnahm und den Moment selbst in seiner unendlichen Abstrusität festhalten konnte. Das ist der absolute… HAMMER! Sichtlich amüsiert klatschte sich Flux auf den Schenkel, während im gleichen Takt hunderte, vielleicht sogar tausende Würstchen, Brötchen, Senf, Ketchup, Smoothies, Nüsse und Bier durch die Gegend flogen und sich über die gesamte Menge verteilte. Die geschockten Gesichter der Verkäufer, deren Wagen sich verselbständigten, ausgelöst durch die kleine, aber gewaltige Explosion im Inneren. Das wird mir Cassius niemals glauben. Es war wie ein Unfall von dem man einfach nicht wegsehen konnte. Doch dann geschah etwas, womit selbst Crash nicht gerechnet hatte. Es war jedoch etwas, was sein belustigtes Grinsen in ein überaus schadenfrohes verwandelte und ihnen darüber hinaus noch in die Hände spielte. Man durfte nicht vergessen, schon die gesamte Quest nicht, wer ihr Publikum war. Zum aktuellen Zeitpunkt hatten sie einen Haufen Betrunkener vor sich, die von oben bis unten mit diversen Lebensmitteln beregnet wurden. Aber nicht nur das, auch die eigenen, zuvor gekauften Snacks verteilten sich durch den Schock über die umliegenden Gäste. Ein Bier hier über den Kopf, Nüsse dort im Nacken. Und was taten Betrunkene in der Regel um ihren Frust freien Lauf zu lassen? Besonders Betrunkene, die eine Wrestling-Show ansahen? Richtig! Sich prügeln. Wie eine Kaskade setzte der erste Schlag ein riesiges Handgemenge in Gange, dessen Kontrolle vermutlich mehr als nur die Sicherheitskräfte der Lobby benötigen würde. Flux konnte nicht anders als zu applaudieren. „Bravo“ rief er ergänzend dazu und verbeugte sich vor der Menge, während statt Rosen nun auch Würstchen ihren Weg auf die Bühne gefunden hatten. Mit dieser Art Chaos war wohl ihr Stichwort gekommen. Es war Zeit zu gehen, auch wenn es ihm mehr als schwer fiel seine Augen von diesem Spektakel zu lösen.
Kaum hatte er das Gerüst verlassen und war auf der Bühne, hatte er Flynn kurzerhand einfach an der Hand gepackt. Dessen Gesicht sprach Bände, aber darüber könnten sie immer noch in Ruhe sprechen. Wie auf ein Stichwort erschien der Direktor des Abends gefolgt von der Assistentin, die ihn wohl darüber informiert hatte, aber er es nicht glauben wollte, bis er es selbst gesehen hatte. Wie passend. Völlig verwirrt von dem, was sich vor seinen Augen abspielte, wobei er das beste ja verpasst hatte, stand ihr Auftraggeber mit offenem Mund neben ihnen. „Gut, dass sie uns entgegenkommen Herr Direktor. Wenn sie das kurz abzeichnen könnten. Wir wollen sie nicht länger aufhalten als nötig“ eröffnete der Crashmagier und hielt ihm die Bestätigung für Flynn und sich hin. „W-was“ stammelte der Mann eher er fast wie in Trance sein Autogramm unter die Zettel setzte und nicht den blassesten Schimmer hatte, dass er gerade die Übeltäter auch noch für ihre Missetat belohnte. „Ich gebe für sie im Hauptquartier Bescheid, falls das nicht schon passiert ist. Wir kriegen das schon hin“ munterte er den Mann auf, ehe er den Jungen und sich von der Bühne Richtung Ausgang zog. Die einzigen Leute, die ihnen währenddessen entgegenkamen, waren Sicherheitsleute. Was eine geile Quest! Außerhalb des Gebäudes angekommen, war es an der Zeit für das ungleiche Gespann sich zu trennen. Aufmunternd bot er der Fee seine Faust zum Faustgruß an. „Ey Flynn, das war der krasseste Scheiß, den ich seit meiner Ankunft hier erlebt habe. Danke dafür. Bist echt korrekt also bleib so wie du bist. Falls du mal wieder hier bist, meld dich. Also“ es wirkte beinahe so als ob Flux etwas sentimental wurde „Halt die Ohren steif Kleiner“ waren seine letzten Worte, ehe er sich räusperte, umdrehte und in Richtung Quartier aufbrach, noch einmal die Hand hebend, um sich ein letztes Mal zu verabschieden. Ob Flynn sich davon so einfach erholen würde? Das würde er wohl beim nächsten Zusammentreffen herausfinden.
Offplay – Der Engel, der vom Himmel fiel Teilnehmer: Charon, Helena
Ein neuer Tag, ein neuer Gott... oder etwas weniger, im heutigen Fall. Während er sich bisher primär mit Wesen beschäftigt hatte, die auf die eine oder andere Weise die Kraft von Göttern in sich aufgenommen hatten, ging es ihm heute um die Art, die direkt von ihnen geschaffen wurde: Die Engel. Basierend auf seinen Forschungen waren sie nicht minder existent als die Götter selbst, und wenn sie, so wie vermutet, komplett aus durch Götter geschmiedetes Mana entstanden waren, dann waren sie auch zu hundert Prozent verwertbar für jemanden, der sich diese Art Mana zu eigen zu machen vermochte. Natürlich musste man so einen Engel erst einmal finden, und dann auch noch einen nachvollziehbaren Grund und Weg dafür finden, sich mit ihm anzulegen und ihn seiner Energie zu berauben.
Glücklicherweise hatte der Dargin all das bereits geschafft. Jetzt fehlte nur noch die Umsetzung.
Entspannt stand Charon vor dem Eingang des Domus Flau, einer Arena in Crocus Town, die genutzt wurde, um magische Aufführungen und gelegentlich auch Turniere abzuhalten. Der Eintritt war nicht teuer, aber es war doch ein gewisses Highlight, zu sehen, was für eine Show die Magier hier heute wieder vorführen würden. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass sein Ziel sich nahe der Hauptstadt befand, war dem Weißhaar etwas in den Sinn gekommen: Hier in Crocus Town gab es eine Person, die er gerne einmal wiedersehen würden. Eine Person, die selbst magische Fähigkeiten hatte, die er für eine potenziell sehr fähige Kämpferin hielt und die einfach allgemein jemand war, der Charons Aufmerksamkeit verdient hatte. Anstatt sich dem Engel allein zu stellen, war es doch keine schlechte Idee, es mit jemandem zusammen zu tun, den man mochte... Eine Art zweites Date, wenn man so wollte. Das brauchte nur den richtigen Einstieg. Nachdem er sie bei ihrem letzten Treffen zum Essen eingeladen hatte, hatte Charon Helena persönlich nach Hause begleitet. Viel mehr war nicht passiert, aber somit wusste er immerhin sowohl ihren vollen Namen, als auch wo sie lebte. Sie war nicht daheim gewesen, als er vorbei geschaut hatte, aber er hatte ihr einen kleinen Brief übermitteln lassen – eine hübsche, blaue Rose, die an einem ihrer Stacheln einen kleinen Zettel hängen hatte. „Liebe Helena, es gibt eine neue Herausforderung“, stand darauf. „Es gibt etwas, das ich mit dir gemeinsam erleben möchte. Triff mich heute bei der Show im Domus Flau und lass uns sprechen. Vorfreudig, Charon Dargin.“ Ein Ticket hatte er beigelegt, sodass sie nicht nur wusste, welche Show genau er meinte, sondern auch, dass es ihm ernst war. Kurz einer der Aufführungen zuzusehen, während die beiden Magier sich erzählten, was sie so erlebt hatten, und Charon sie auf seine Pläne für heute vorbereitete, klang doch eigentlich ganz schön. Mit einem Lächeln stand er vor dem Eingang des Stadions und wartete darauf, dass seine Begleitung auftauchte. Die Sorge, sie könne nicht auftauchen, hatte er überhaupt nicht...
# 01 Eine Weile war vergangen, seit Helena diesen Mann das letzte Mal gesehen hatte. Es war die unterhaltsame Schnitzeljagd durch das Einkaufszentrum in Crocus. Wobei, nein, nicht direkt. Es folgte noch ein gemeinsames Essen der Zwei, ein sehr unterhaltsamer Abend. Danach war erst einmal Funkstille. Nun, als die Halbgöttin heimgekehrt war, überreichte ein Nachbar ihr eine Rose, an der ein Brief hing. Sie stammte nicht von ihm, also von dem Nachbarn, sondern von dem Herren aus dem Gloria Center, sie war von Charon. Verwundert, aber auch neugierig, öffnete die Magierin das Schriftstück noch an Ort und Stelle, statt es mit zu sich nach drinnen zu nehmen. Es war eine Einladung zu einer Show, im Domus Flau, dem großen Stadion der Stadt. Außerdem war die Rede von einer neuen Herausforderung. Ein Wort, welches Helena sofort catchte. Als sie genauer unter die Lupe nahm, was sie da in den Händen hielt, bemerkte sie erst, dass dem Brief eine Karte beigelegt war. Eine Eintrittskarte, die natürlich zu dem entsprechenden Event gehörte. Helena bemerkte gar nicht, wie ihre Mundwinkel sich langsam in die Höhe zogen und wie ihre Wangen sich rosa färbten. Sogleich bekam sie große Vorfreude auf die Show, beziehungsweise darauf, den Weißhaarigen wiederzusehen. Vorfreude, wie auch der Magier sie in seinem Brief als Abschlussformen nutzte. Die Frage, die sich Charon gar nicht stellte, stellte auch Helena sich selbst gar nicht erst. Sie würde dorthin gehen, war doch klar! Die Tatsache, dass es um eine „Herausforderung“ ging, geriet dabei sogar zeitweise in Vergessenheit. Das Wiedersehen mit Charon selbst überstrahlte diese Information zunächst. Eine kurze, für Helena jedoch beachtlich lange Zeit verbrachte sie am Nachmittag damit, sich für das Event entsprechend in Schale zu werfen. Dann machte sie sich auf den Weg durch die Stadt, hin zum Stadion. Die Karte fest in ihrer Hand gehalten, spazierte sie durch die Straßen. Das Stadion war wirklich nicht schwer zu finden. Abgesehen davon, dass sie in etwa wusste wo es stand, war es von den meisten Orten der Stadt über die Hausdächer hinweg zu sehen. Je näher die Halbgöttin dem Bauwerk kam, desto stärker schlug das Herz in ihrer Brust. Die Vorfreude spitzte sich zu, als sie sich dem Eingang zum Stadion näherte. Ihren Blick von links nach rechts und wieder zurück schweifen lassend, hielt sie Ausschau nach dem Weißhaarigen, der ihr die Karte hatte zukommen lassen. Schließlich erspähte sie seinen Haarschopf durch eine Gruppe junger Menschen hindurch. "Charon!", rief sie ihm voller Freude zu, um ihn auch auf ihre Anwesenheit aufmerksam zu machen. Dabei eilte ihre freie Hand zum Gruße und als Geste, die ihr Vorhaben unterstützen sollte in die Luft. Es dauerte noch einen Moment, bis sie einen geeigneten Weg gefunden hatte, sich an den Menschen vorbei zu drängen, dann erreichte sie den Crimson Sphynx Magier. "Charon! Es freut mich dich zu sehen.", grüßte Helena ihn mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Er hatte sie eingeladen und sie war wie selbstverständlich erschienen. Was die Zwei wohl in diesem Stadion erwartete? Und von was für einer Herausforderung hatte er wohl geschrieben? Sie traten doch nicht etwa auch in der Arena an?
Ob es wohl etwas zu selbstbewusst war, davon auszugehen, dass eine hübsche Runenritterin wie Helena Marinakis alles stehen und liegen lassen würde, um einer mehr als spontanen Einladung zu folgen, nur weil sie von Charon Dargin kam? Schlussendlich hatten sie sich bisher nur ein einziges Mal getroffen, ein kleines Abenteuer Seite und Seite mit einem guten Essen im Anschluss. Konnte ein Mann wirklich erwarten, in der Spanne eines einzelnen Tages einen so starken Eindruck zu hinterlassen, dass er ohne auch nur ein persönliches Wort zu wechseln erwarten konnte, dass sich eine Frau von Welt noch am gleichen Abend, an dem sie seine Einladung erhielt an seine Seite begeben würde?
Nun, Charon für seinen Teil war davon überzeugt, dass er es konnte. Und wie sich herausstellte, lag er damit nicht falsch.
„Helena! Wie schön, dich zu sehen“, erwiderte er ihre Begrüßung fröhlich, ein strahlendes Lächeln auf seinen Lippen, während er ihr entgegen trat. Während sie bei ihrem Gruß noch eine gewisse Distanz aufrecht erhielt, legte der Dargin schnell den einen Schritt zurück, der sie noch trennte, und legte ohne zu Zögern die Arme um sie. Diese Art Nähe hatte ihre letzte Begegnung zwar nicht gerade dominiert, aber scheu war die Dunkelhaarige auch nicht gewesen, wenn es darum ging, ihn zu berühren. Er konnte sich noch sehr klar daran erinnern, wie viel Zeit sie sich damit gelassen hatte, von ihm herunter zu klettern, nachdem sie den Mistelzweig geholt hatte. Also würde sie sich wohl kaum an einer kleinen Umarmung stören. Sanft glitten die Hände des Dargin ihre Unterarme entlang, während er sie wieder entließ, bis seine Hände ihre hielten. „Wow... du fühlst dich noch stärker an als beim letzten Mal. Wer hätte gedacht, dass das überhaupt möglich ist?“, lachte er auf, lockerte ein wenig die Stimmung, ehe er sie wieder mit etwas ernsteren Augen ansah. „Du siehst wirklich gut aus, Helena. Ich habe dich vermisst.“ Langsam ließ er wieder von ihr ab, gab der Ritterin etwas Freiraum, um sich zu dem Stadion umzuwenden und einen Blick darauf zu werfen. „Weißt du... in letzter Zeit war Alles ziemlich chaotisch. Ich bin überrascht, wie viel ich zu tun habe, seit ich ein S-Rang Magier bin“, meinte er, ein leicht verträumter Blick in seinen Augen, während er über alles nachdachte, was in den letzten Tagen so passiert war. Seit sie sich zuletzt getroffen hatten, hatte er einiges erlebt... Nicht zuletzt hatte die ganze Götterjagd, die ihn heute überhaupt wieder hierher führte, danach begonnen. Rückblickend betrachtet hatte sich sein ganzes Leben ein Stück weit auf den Kopf gestellt, aber jetzt, wo er mit ihr hier war, fühlte sich alles an wie damals. Er musste grinsen. „Ich wünschte, ich könnte länger hier bleiben, aber ich muss morgen schon wieder weiter... Aber wenn ich schon einmal einen Abend hier habe, konnte ich nur an eine Person denken, mit der ich ihn gerne verbringen wollte.“ Mit einem warmen Blick wandte er sich wieder Helena zu, sah ihr in die Augen, während er seine eigene Eintrittskarte hervorzog. „Was sagst du... Wollen wir reingehen?“
# 02 Die Freude, die Helena sowohl verspürte, als auch versprühte, spiegelte Charon wieder, als er sie grüßte. Ohne zu zögern überbrückte er das letzte Stück Distanz zwischen ihnen, um wie selbstverständlich eine Umarmung einzuleiten. Gerechnet hatte die Magierin damit nicht so wirklich, doch schreckte es sie auch keinesfalls ab. Ergo ließ sie sich auf diese Kontaktaufnahme ein. Auch sie legte ihre Arme um den Weißhaarigen herum und schloss für einen Moment die Augen. Als sie sich wieder voneinander lösten strich sie über seinen Rücken, bis hin zu seiner Taille, ehe ihre Arme von seinen Händen geführt wurden, hin zu einem Halten der Hände. In der Erwartung, was Charon zu sagen hatte, lächelte die Marinakis ihm entgegen. Seine Worte waren Komplimente. Komplimente zu ihrer Entwicklung und zu ihrer Stärke. Damit traf er bei ihr einen gewissen Punkt, also auf eine positive Art und Weise. Das waren Schmeicheleien, die ganz nach ihrem Geschmack waren. Würde er sie nur blenden wollen, so hätte er dies sicherlich geschafft. Helena nahm die Worte des Weißhaarigen dankend entgegen. Ihr Lächeln flammte nur so auf, während ihre Augen an seinen Lippen hingen. "Ich danke dir. Du siehst aber auch klasse aus.", entgegnete sie seinen weiteren, schmeichelnden Worten. Dann gingen die Zwei wieder ein Stückchen auseinander. Charon erzählte weiter. Er sprach davon, dass er nun sehr beschäftigt war, seit er in den Rang eines S-Rang Magiers gehoben wurde. Eine Beförderung, von der sie nichts mitbekommen hatte. Sie hatte es nicht gehört und in engerem Kontakt standen die Zwei in der Zwischenzeit ja auch nicht. "S-Rang?", fragte die Halbgöttin mit einer Verwunderung, die vom Unwissen dieses Ereignisses herrührte und nicht etwa daher, dass es sie überrascht hatte, dass er diesen Rang erreichen würde. Dennoch, sie wusste ja gar nicht wozu dieser Herr im Stande war. Sie hatte ihn als selbstbewussten, gepflegten und charmanten Magier kennengelernt. Seine Fähigkeiten als Gildenmagier konnte sie anhand ihrer Erfahrungen kaum einschätzen. "Meinen Glückwunsch!", fügte die Magierin voller Wohlwollen noch an. Ob es auch damit zusammenhing, dass sie so lange nichts mehr von ihm gehört hatte? "Dann haben wir uns beide prächtig entwickelt.", stellte Helena danach noch fest. Zwar hatte sie es in der Zwischenzeit nur in den Stand eines B-Rang Magiers geschafft, doch ihre private Aufgabe, die ihres Vaters beanspruchte auch recht viel Zeit und Aufmerksamkeit. Da blieb ihre Karriere bei den Rune Knights ein Stück weit auf der Strecke, doch das machte ihr auch nichts. Als Charon dann davon sprach, dass er nur einen einzigen Tag hatte, ehe er zurückkehren musste, hoben sich Helenas Augenbrauen. Sie bereute diesen Umstand sofort, denn er grenzte die Zeit, die die Zwei mit einander verbringen konnten, strickt ein. "Morgen schon?", wiederholte sie rhetorisch fragend. Der Weißhaarige beschrieb charmant weiter und erklärte, dass er den einen Abend in dieser Stadt gerne ihr widmen würde. "Dann bleibt ja kaum genug Zeit von deinen Abenteuern und deinem Weg zum hochrangigen Magier Crimson Sphynx zu berichten.", merkte Helena noch an, ehe sie den Vorschlag das Stadion zu betreten abnickte. Gemeinsam traten sie den Weg dorthin an. "Von was für einer Herausforderung war in deinem Brief eigentlich die Rede?", erkundigte sich die Halbgöttin unterwegs neugierig. Ein Wort, welches zwar in der Bedeutung nach hinten gerückt, jedoch keineswegs vergessen war! Sich eine Show anzusehen war vielleicht vieles, aber sicherlich keine Herausforderung. Oder sollte sie gar nicht in ein Abenteuer verwickelt werden und es ging nur um den eigentlichen Grund für seine Reise, aufgrund dessen er einen Abend mit ihr verbringen konnte und wollte?
Charon stellte deutlich dar, dass er sich freute, Helena wieder zu sehen, aber das war nicht gespielt. Die Ritterin hatte Eindruck bei ihm hinterlassen, durchaus einen positiven. Er erinnerte sich noch gut darin und hatte durchaus Lust darauf, ihre Begegnung von damals nicht nur fortzuführen, sondern auch auszuweiten. Mit einem zufriedenen Lächeln strich er sich durch das lange, weiße Haar, als sie sein Kompliment erwiderte und noch einmal bewies, wie großartig er doch aussah. Auch vor der Nähe zu ihm schreckte sie nicht im Geringsten zurück. Alles in Allem ein perfekter Start in ein zweites Date. „Ich danke für die Glückwünsche. Es war nicht einfach, den höchsten aller Ränge zu erlangen, aber ich habe mich bemüht. Der entscheidende Punkt war wohl, dass ich die Tage eine Mordserie aufgeklärt habe... wobei ich mich auch viel um die schwierigeren neuen Mitglieder kümmere, die bei uns angefangen. Das ist aber eher Zufall als mein Job.“ Mit einem warmen Lachen stemmte Charon die rechte Hand in seine Hüfte. Ja, er hatte schon einiges erlebt in der Zeit, die er ohne die Marinakis verbracht hatte. Gerade in letzter Zeit gab es so viele... einzigartige Personen um ihn herum. Neben Vashti und Karma, die sich ziemlich schwer damit taten, sich wie normale Menschen zu verhalten – wohl, weil sie keine waren – war da auch noch die kleine Teufelin Amira, die ihn ganz schön auf Trab hielt. Dazu das Drama zwischen Rin und Lian, das sich so ergeben hatte... Eine stressige Zeit. Da war es vermutlich eine ganz gute Idee, einen entspannten Abend abseits all dieses Dramas zu verbringen.
„Ja, leider schon morgen. Ich hätte eigentlich nichts dagegen, ein paar Tage hier zu bleiben“, meinte Charon während er an Helenas Seite das Stadion betrat und sich auf den Weg zu ihren Sitzplätzen machte. Unterwegs deutete er kurz auf einen kleinen Stand mit Snacks und Getränken. „Hast du Hunger? Durst? Ich nehme gerne eine Kleinigkeit für dich mit.“ Es war irgendwie süß, dass sie nach den Abenteuern fragte, die der Dargin so erlebt hatte. Er hatte ja durchaus eine gewisse Neigung dazu, seine Erfahrungen mit anderen zu teilen und vor Allem darzustellen, wie herausragend die Erlebnisse, die er durchlebt hatte, doch waren. Charon hörte gerne sein eigene Stimme, konnte über Stunden hinweg über sich selbst reden, ohne dass es ihm langweilig wurde. Das war aber nicht, was jetzt Thema sein sollte. Das Weißhaar zeigte ein Schmunzeln, als Helena ihn auf die Herausforderung ansprach, von der er geschrieben hatte. „Nun, was das angeht... Ich stand in letzter Zeit des Öfteren vor der ein oder anderen Herausforderung. Ich war tatsächlich viel in Fiore unterwegs, weil ich... auf der Suche nach etwas bin. Und ich habe tatsächlich ein paar Glückstreffer gelandet, aber ein wirklich großer Fang fehlt mir noch.“ Mit einem Seufzen setzte sich der Dargin und deutete mit einer kurzen Geste an, dass sich seine hübsche Begleiterin neben ihm niederlassen sollte. „Mir ist bewusst, dass ich eine gewisse Verantwortung trage, aber die ganze Zeit alleine unterwegs zu sein ist etwas frustrierend. Bevor ich mich der Gilde angeschlossen habe, bin ich zwei Jahre lang alleine durch Fiore gereist und das war gar kein Thema, aber jetzt... hm. Jetzt bin ich wohl an dem Punkt, an dem ich ein wenig Begleitung brauche.“ Mit einem wissenden Blick sah er Helena an. Ja, genau sie meinte er. Er grinste amüsiert. „Ich würde mich freuen, wenn du mit mir morgen einen kleinen Tagesausflug machen kannst, Helena. Aber ich sollte dir vermutlich sagen, worum es genau geht.“ Langsam näherte er sein Gesicht ihrem an, verringerte die Distanz zwischen ihnen, sodass er seine Stimme senken konnte, sicher sein, dass sie ihn hörte, wenn er leise genug sprach, dass es niemand anders tag.
„Sag, Helena... Glaubst du, dass es Götter wirklich gibt?“
# 03 Charon führte seine jüngste Beförderung auf eine Mordserie zurück, die er vor kurzem erst aufgedeckt hatte. Darüber hinaus engagierte er sich wohl für Neueintritte in seiner Gilde, was seiner Aussage nach aber eher zufällig geschah. "Habt ihr viele komplizierte Frischlinge?", erkundigte sich Helena daraufhin verwundert. Es klang fast so, wie der Weißhaarige das ausführte. Scheinbar geschah das nämlich häufiger. Die Magierin wusste über Crimson Sphynx nicht allzu gut, doch wusste sie um die dunkle Vergangenheit dieser Magiergemeinschaft. Diese musste ja aber nicht zwangsweise mit den Mitgliedern zusammenhängen, die sich heutzutage zu den Sphynxen hingezogen fühlen. Es war jedoch vorstellbar, dass die Struktur dieser Gilde ganz anders war, als die strenge Rangordnung innerhalb der Runenritter, das konnte sie ja schwer beurteilen.
Natürlich hatte Helena gleich verstanden, dass Charon nicht viel Zeit blieb. Dennoch entsprang die Frage danach ihrer Kehle, nur um von ihm dann eine von Bedauern begleitete Bestätigung zu erhalten. Auf dem Weg zu ihren Plätzen deutete er beiläufig auf einen Stand und erkundigte sich nach ihrem leiblichen Wohl. "Etwas zu trinken wäre gut." Was genau sie im Stadion erwartete, war ihr nicht ganz bewusst. Hunger hatte sie keinen, aber den Flüssigkeitshaushalt aufrecht zu erhalten war eigentlich nie verkehrt. Charon zögerte nicht der Magierin etwas zu trinken zu besorgen, um den gemeinsamen Weg mit ihr dann weiter fortzuführen. Auf Helenas Frage hin, erläuterte der Magier, was ihn in der Vergangenheit für Abenteuer, beziehungsweise Herausforderungen beschäfitgten. Eher mysteriös sprach er davon, auf der Suche zu sein. Dadurch, dass das Glück ihm hold war, wurde er auch fündig, nur ein "großer Fang" fehlte ihm noch. Die Stirn der Marinakis legte sich nachdenklich in Falten, während sie der nonverbalen Aufforderung folgte und sich neben Charon auf dem Sitzplatz niederließ. Weiter sprach er davon, einzusehen Begleitung zu brauchen und dass er sie bitten würde, diese Position als Begleitung am morgigen Tage einzunehmen. Immerhin kam er noch selbst darauf, dass er der Halbgöttin vielleicht doch ein paar mehr Informationen geben sollte. "Unbedingt! Du drückst dich so vage, so mystisch aus.", merkte Helena fast schon fordernd an. Überrascht stellte sie dann fest, dass Charon sich ihr näherte und wie ihr Herzschlag stärker wurde und er sich intensivierte. Die Magierin erwartete nichts Intimes, abgesehen von dem Eindringen in den privateren Raum um sie herum, aber dennoch. Der Magier senkte seine Stimme. Dann drangen Worte in ihr Ohr, mit denen sie ganz sicher nicht gerechnet hatte. Der Dargin fragte Helena, die Tochter Poseidons, eines Gottes der Meere, ob sie der Auffassung war, dass es Götter tatsächlich gab. Die Augen der Magierin weiteten sich und sie schluckte. Was sollte sie daraufhin nur sagen? Helena hatte aus ihren Familienverhältnissen bis zu diesem Tage stets ein Geheimnis gemacht. Sie empfand es immer schon als falsch jemandem unter die Nase zu binden, dass sie die Tochter eines Gottes war. "Wie..." Was nur antwortete sie? "Wie kommst du darauf?", die einzig sinnvolle Möglichkeit in ihren Augen: Der Frage ausweichen, sie nicht beantworten. Somit war sie auch nicht gezwungen Charon anzulügen. Natürlich hätte sie auch einfach ja sagen können, damit offenbarte sie ja nicht gleich welches Blut durch ihre Adern floss... Doch auf diese Idee kam sie in diesem Moment nicht.
„Wir hatten in letzter Zeit mehrere Neuzugänge, die aus anderen Kulturen kommen. Die entweder auf Reisen oder aus ihrer Heimat geflüchtet sind und sich erst noch an unsere Bräuche gewöhnen müssen. Es ist etwas anstrengend, aber in meinen Augen eine sehr belohnende Arbeit.“ Auch wenn er den einen oder anderen Nerv an Leute wie Vashti, Karma oder Amira verlor, sprach Charon mit einem ehrlichen Lächeln und einem ungewohnt warmen Gefühl im Herzen. Vielleicht, weil er selbst das Gefühl kannte, an einem Ort nicht dazu zu gehören und sich einen Platz zu wünschen, an den man besser hinpasste. Er war auf jeden Fall gerne für die ganzen verrückten Mädels da, die sich langsam aber sicher ihren Platz in der Gilde verdienten. „Schlussendlich geht es in Crimson Sphinx darum, Chancen zu geben. Wo auch immer du herkommst... Mitglieder unserer Gesellschaft haben Hilfe verdient, wenn sie allein nicht weiterkommen. Findest du nicht auch, Helena?“ Er lachte auf. „Ich für meinen Teil würde das Gefühl, jemandem ein Zuhause und eine Zukunft zu geben, für Nichts auf der Welt umtauschen wollen.“
Die Ritterin – wenn auch nicht sich selbst – mit einem schmackhaften Getränk ausstattend fand der Dargin ihre Plätze und lud Helena dazu ein, sich zu ihm zu setzen. Offenbar nahmen seine Worte ihre Aufmerksamkeit ganz schön in Beschlag. Er konnte nicht anders als zu lachen, als sie meinte, dass seine Worte so mystisch waren. „Entschuldige, ich kann wohl nicht anders“, grinste er amüsiert. Die Neigung hatte er. Im Allgemeinen durfte niemand in seinen Kopf sehen, und was man zwischen den Zeilen lesen konnte, kontrollierte er sehr aufmerksam. Das Thema, das er jetzt anschneiden wollte, musste er auch etwas vage anbauen. Religion war ein schwieriges Thema. Es konnte gut sein, dass jemand sehr entschiedene Meinungen dazu hatte oder gar nicht erst darüber sprechen wollte. Es war wichtig, vorher Interesse und Glaubwürdigkeit aufzubauen. Wenn sie wirklich wissen wollte, was er plante, dann konnte er sie fragen: „Sag, Helena... Glaubst du, dass es Götter wirklich gibt?“ Ihre Reaktion war definitiv spannend. Nicht das, was der Weißhaarige erwartet hätte. Seine Augenbrauen zogen sich skeptisch zusammen, während er ihre Überraschung beobachtete und hörte. Wie er darauf kam? Bildete er sich das ein, oder war das eine seltsame Frage in dieser Situation? Schwer zu sagen, was genau dahinter steckte... Anscheinend berührte das Thema Helena tatsächlich auf die eine oder andere Weise. Charon würde erst einmal ihre Frage beantworten. „Hast du von dem Tempel gehört, der vor einigen Monaten vor Hargeon Town aus dem Meer aufgestiegen ist? Ich war einer der Magier, die ihn erkundet haben“, erklärte der Dargin, weiterhin leise, sein Gesicht dicht an dem der Brünetten. „Neben einigen anderen seltsamen Dingen habe ich dort auch eine Art Wesen entdeckt, die sehr... ungewöhnlich war. Von Allem, was die Menschheit je aufgezeichnet hat, entspricht es am Ehesten einem Gott oder einem Dämonen. Also... habe ich ein wenig nachgeforscht. Und inzwischen kann ich mit schwer zu widerlegender Sicherheit sagen, dass es Götter wirklich gibt. Ob du es glaubst oder nicht: Ich habe sogar selbst einen getroffen.“
Charon wusste, dass das, was er sagte, schwer zu glauben war. Es war eine große Herausforderung, jemanden davon zu überzeugen, dass es stimmte, und es war ein gewisser Vertrauensbeweis, dass er es überhaupt aussprach. Er ging davon aus, oder hoffte zumindest, dass die Marinakis ihn nicht gleich auslachen und sitzen lassen würde. Noch war sie hier. Vielleicht konnte er das Gespräch also weiterführen. „Es gibt aktuell ein paar unschöne Gerüchte über ein Dorf hier in der Gegend. Dass Besucher häufig grundlos angegriffen zu werden. Basierend auf den Augenzeugenberichten glaube ich nicht, dass das Menschen sind. Ich spreche hier nicht direkt von Göttern, aber... von etwas, das von Göttern geschaffen wurde. Von einem Engel.“ Langsam lehnte er sich wieder zurück, gab seinem Gegenüber wieder ein wenig mehr Raum. Sie sollte sich nicht erdrückt fühlen. Er wusste, dass das, was er gerade sagte, viel für sie sein musste. „Ein Schutzengel, um genau zu sein. Ich denke, dass er den Ort schon lange beschützt, aber in letzter Zeit einfach... überdreht. Menschen als Gefahr wahrnimmt, auch wenn sie keine sind. Und ich würde gerne helfen, bevor sich jemand, der weniger auf göttliche Wesen vorbereitet ist, in Gefahr bringt.“
# 04 Die Marinakis hatte nicht geahnt, dass der Weißhaarige in seiner Gilde so engagiert war. Sie hatte ihn als jemanden kennengelernt, der sehr von sich überzeugt war. Das war in ihren Augen nicht zwangsweise verwerflich, erachteten andere das vielleicht schnell als Arroganz. Eine Einstellung, die ihr allerdings nicht fremd war. Helena war ebenfalls sehr von sich eingenommen, doch für sie war das normal. Sie war es gewohnt sich selbst über den Menschen zu sehen, sie war immerhin göttlichen Blutes! Dementsprechend fand sie diese Art der Eigeneinschätzung auch nicht zwingend verwerflich. Jedenfalls solange sie auch begründet war. Jemand, der es in einer großen Gilde bis zum S-Rang geschafft hat, hatte sicher Grund dazu von sich eingenommen zu sein. Dennoch unterstütze Charon die Schwachen, beziehungsweise die, die Hilfe brauchten… Genau wie sie, die geborene Heldin! Helena war mit der freien Hand – in der anderen trug sie das von Charon spendierte Getränk – über ihren Hintern gefahren, um sicher zu gehen dass das Kleid, welches sie eigens für die Begegnung mit dem Weißhaarigen angezogen hatte, auch richtig lag, während sie sich auf dem Platz neben ihm niederließ. Als er sich dann zu ihr herüberlehnte, um ihr in gemäßigter Lautstärke eine Frage zu stellen, mit der sie wirklich nicht gerechnet hatte. Es war ihr Hintergrund, der dafür sorgte, dass sie sich eine derartige Frage nie hatte stellen müssen, zumindest seit sie die Erkenntnis ereilte, wer ihr Vater war. Aber auch unabhängig davon war Helena eigentlich nie mit diesem Thema in Kontakt gekommen. Sie hatte eine Aufgabe von Poseidon und wusste von einem anderen Gotteskind, aber sonst lebte die Magierin quasi das normale Leben einer Menschenfrau. Dass Charon ihr nun die Frage nach ihrem Glauben und der Existenz von Gottheiten stellte, brachte sie sichtlich aus dem Konzept, das konnte sie gar nicht verbergen. Was ihre Antwort darauf betraf, so entschied sie sich für eine sehr diplomatische, die ihren eigenen Standpunkt nicht klarstellte. Sie fragte, was ihn zu dieser Frage bewegte. Charon begann sich zu erklären. Er erwähnte den Tempel im Meer vor Hargeon, woraufhin Helena ihm zunickte. Ja, davon hatte sie gehört, sie war ja selbst dort gewesen! Auch sie hatte dort Dinge gesehen, die sie schockiert und überrascht hatten. Charon sah darin einen Ansporn Nachforschungen anzusetzen. Diese hätten ihn dazu gebracht, an die Existenz göttlicher und dämonischer Wesen zu glauben. Er ging sogar davon aus, dass diese Existenz kaum zu widerlegen sei. Mehr noch sprach er davon, ein solches Wesen getroffen zu haben. Keinen Gott selbst, sondern ein Wesen welches von einem Gott geschaffen wurde. Ein Engel. "Öhm, okay.", entgegnete Helena, noch immer unsicher wie sie mit der Situation umgehen sollte. Eine Unsicherheit, die man glücklicherweise auch schnell auf das Thema an sich ummünzen konnte. Es war nahezu unmöglich daraus eine Beziehung von ihr zu diesem Thema, beziehungsweise einem Gott zu schließen, hätten doch auch viele normale Menschen überrascht auf solche Aussagen reagieren können. Nun, da er schon einmal dabei war, rückte Charon so richtig mit der Sprache heraus. Er erzählte nämlich weiter von einem Dorf, welches vermutlich von einem Engel beschützt wurde, der nicht mehr so ganz bei sich war, wodurch er Passanten angriff. Helena atmete einmal tief durch, ehe sie die rechten Worte fand, auf diese Erzählungen zu reagieren. "Und du meinst, dass es… sie auf jeden Fall gibt? Es handelt sich nicht um irgendwelche starken Monster, Illusionen oder andere Wesen?", fragte sie zunächst nach. Wenn man es genau nahm, waren aber auch Götter im Zweifelsfall einfach irgendwelche übermenschlichen Wesen, die von Menschen mystifiziert und „Gott“ genannt wurden, da sie sich ihre Erscheinung nicht erklären konnten. Doch Helena gab dem Weißhaarigen nicht wirklich Zeit auf ihre Frage zu antworten, da sie gleich fortfuhr. "Ich war selbst in dem Tempel vor Hargeon. Ich habe dort auch merkwürdige Dinge gesehen. Aber ob das mit… mit sowas zu tun hatte? Ich weiß ja nicht." Da Charon sich zurückgelehnt hatte, vermied sie nun gewisse Wörter, da sie auch niemanden von den Leuten um sie herum so auf das Thema lenken wollte. "Ich schaue mir das Dorf gerne mit dir an, unabhängig davon was nun der Auslöser ist. Also wenn du magst. Grade wenn Leute in Gefahr sind, kannst du auf jeden Fall auf meine Hilfe zählen!" Dieses Thema war einfach schwierig, aber sie wollte den Magier auch nicht abblocken. Wie abstrus wäre es, zu versuchen ihn zu ihrem eigenen Schutz von diesem Thema abzubringen, vielleicht sogar die Beziehung zu ihm zu riskieren, obwohl sie als Kind eines Gottes haargenau wusste, dass er Recht hatte? "Was oder wen hast du denn getroffen? Woher weißt du, dass es tatsächlich das war, für das du es gehalten hast?", fragte Helena neugierig, während sich im Hintergrund etwas im Stadion tat. Etwas, wofür sie grade aber noch keine Aufmerksamkeit übrighatte.
Dass sich Charon für etwas Besseres hielt, merkte man wohl relativ schnell, selbst wenn er nett spielte. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass er sich nicht für Andere einsetzte oder die Menschen um ihn herum unterstützte. Er war gerne Lehrer, Förderer, Beschützer. Wenn man so großartig war, war es doch nur natürlich, zumindest zu versuchen, die weniger gesegneten in die Nähe der eigenen Stufe zu holen. Es war fast schon seine Aufgabe als perfektes Wesen. Und die ganze Bewunderung, die man von Leuten bekam, denen man auf diese Weise half, schadete auch nicht... Ein etwas gewagteres Statement war, was der Dargin über Götter sagte. Auch wenn Helenas erste Reaktion etwas seltsam war, konnte er ihr nicht verübeln, skeptisch zu sein. Dennoch hatte er ein gutes Gefühl dabei, mit ihr zu reden. Sie hatte auf ihn nicht den Eindruck einer Person gemacht, die Dinge zu sehr hinterfragte, wenn sie die Chance auf ein Abenteuer sah. Die Chance, sich zu beweisen und stärker zu werden. Vielleicht verschätzte er sich da, aber er konnte sich gut vorstellen, dass sie ihn auch unabhängig von ihren Zweifeln begleiten würde. Sie wirkte wie ein Mensch, mit dem man eine Menge Spaß haben konnte – anders als die meisten Runenritter, die er so getroffen hatte. „Ich verstehe, warum du das fragst. Zugegeben, für ein zweites Date habe ich da ganz schön viel ausgepackt“, lachte er leise und sah sie an. „Aber nein, kein Monster, keine Illusion. Ich habe es natürlich selbst hinterfragt. Inzwischen habe ich mir Gewissheit verschafft.“ Es gab erhebliche Unterschiede zwischen den regulären Monstern, die man in Fiore auffinden konnte, und der Wirkung, die die Gegenwart eines Gottes ausübte. Nichts, was ein regulärer Mensch reproduzieren könnte. „Ah, gut... ich bin froh, dass du mitkommst“, meinte er, schloss kurz die Augen, um erleichtert aufzuatmen. So gelassen er auch wirken mochte, konnte man in diesem Moment wohl erkennen, dass er etwas angespannt gewesen war. „Ich hatte ein wenig Angst, dich zu verschrecken, wenn ich ehrlich bin... aber ich hatte das Gefühl, dass du nicht so bist wie die Meisten. Dass du jemand bist, dem ich mich ein wenig anvertrauen kann.“ Es war kein ganz einfaches Geständnis, aber es gab mit Sicherheit viele Menschen, die anders reagiert hätten als die Marinakis. Ihre freundliche Art, ihre Neugier und ihr Wille, anderen zu helfen, schien keine Grenzen zu kennen. „Hatte ich also Recht. Du bist etwas Besonderes.“
Der Blick des Dargin verdüsterte sich leicht, als die Schwarzhaarige ihn fragte, wen genau er bereits getroffen hatte. Es war keine Begegnung gewesen, an die er gerne zurückdachte, nicht im Geringsten. Ja, er hatte an dem Tag den ersten Grundstein für seinen Aufstieg in die Göttlichkeit gelegt, aber gleichzeitig hatte er viel verloren. „Sein Name ist Merkur“, sprach der Weißhaarige, wieder etwas näher an Helena heran rutschend, sodass er leiser sprechen konnte. Das hier war etwas, was wirklich nicht jeder hören musste. „Der Gott der Finanzen und der Diebe... unter Anderem. Er ist wie aus dem Nichts aufgetaucht und hat einen gefährlichen Nekromanten, gegen den ich gekämpft habe, mit Leichtigkeit ausgeschaltet.“ Zu gerne wüsste Charon, was genau es für ein Artefakt gewesen war, das der Gott dem Mann entrissen hatte. Das kristallene Herz... Es erschauderte ihn bei dem Gedanken daran. „Seine Fähigkeiten sind Vielseitig. Vor Allem aufgefallen ist mir, dass er wohl alles entwenden kann, was er sich wünscht. Er stiehlt berührungslos. Egal, wie fest du etwas hältst – wenn er es will, ist es bereits in seiner Hand.“ Charons bemitleidenswerte Geldbörse und diverse seiner teuren Kleidungsstücke konnten ein Lied davon singen. „Und als er wütend geworden ist... hatte er diese Aura. Dieses Gefühl der Allmacht, der Erhabenheit. Wie eine Kreatur aus einer anderen Welt, der du nicht zu widersprechen wagst. Ich konnte mich kaum bewegen, als ich sie gespürt habe.“ Ein Seufzen entkam ihm, und der Dargin lehnte sich leicht vor, blickte nach unten. Mit dem Handrücken seiner Linken wischte er sich die paar Schweißtropfen von der Stirn, die während der Erzählung darauf entstanden waren. Diese Erinnerung stresste ihn noch heute. „Er war zweifellos der Gott aus den Aufzeichnungen. Nichts Weltliches könnte soe ein Gefühl erzeugen“, schloss er schlussendlich seine Antwort ab. „Ich muss es wissen... denn ich trage einen Teil von ihm in mir.“
# 05 Helena fühlte sich in dieser Situation wirklich unwohl. Sie log keinesfalls gerne, doch sah sie sich gezwungen sich bei diesem Thema ahnungslos zu geben, obwohl sie weitaus mehr darüber wusste, als sie dadurch zur Schau stellte. Als Charon wortwörtlich sein Verständnis für das signalisierte, was sie sagte, fiel ihr ein riesengroßer Stein vom Herzen. Ja, es war doch vollkommen nachvollziehbar, dass sie überfordert war! Helena rang sich ein mildes Lächeln ab. "Gewissheit.", wiederholte sie eher gedankenverloren, während sie seinen weiteren Ausführungen folgte. Dass sie Charon unterstützen würde stand ja quasi von vorn herein fest. Ob es nun um Götter ging oder nicht, sie würde ihn begleiten, wenn er darum bat. Mit den Leuten, die eventuell durch ein göttliches Wesen bedroht wurden, fanden sich ohnehin mehr Argumente für diese Reise, als es Argumente dagegen gab. Ein wenig das Flattern bekam Helena dann wieder, als der Weißhaarige darüber sprach, dass er ahnte, dass sie etwas besonderes war. Wie meinte er dieses „Besondere“ nur? Ob er doch etwas ahnte? Mit aller Mühe hielt die Halbgöttin das milde Lächeln irgendwie aufrecht. Es galt die Fassung zu bewahren. Wäre es schlimm, wenn er von ihrem Geheimnis erfuhr? Vermutlich nicht, oder? Vielleicht würde grade die Tatsache, dass er scheinbar der Göttlichkeit auf der Spur war dafür sorgen, dass die Beziehung zu ihm komplett anders weiter verlaufen würde, als sie das mit den anderen Menschen um sie herum tat. Was, wenn sie tatsächlich mit jemandem über alles, wirklich alles sorgenfrei sprechen konnte, was sie so mitnahm? Leider führte Charon nicht aus, warum genau er sie für etwas Besonderes, beziehungsweise für was er sie genau hielt. "Du kannst mit mir über alles sprechen, egal was.", entgegnete sie ihm, wobei ihr Lächeln nun weitaus ehrlicher und herzlicher wurde, als es in den letzten Minuten der Fall war. Als sah Charon das als Aufforderung, ging er auch auf die Rückfrage der Marinakis ein. Zu diesem Zweck rückte er wieder etwas näher, was Helena nun, da sie damit rechnete, beziehungsweise da sie den Hintergrund kannte, weitaus weniger verunsicherte. Charon sprach davon, Merkur gegenübergestanden zu haben. Kein Gott, den sie persönlich kannte, oder von dem sie schon gehört hatte. Der Dargin beschrieb ihn als einen Gott der Diebe und der Finanzen. Er könne einem alles entwenden, egal wie sehr man sich bemühte es zu behalten. Weiter beschrieb er, wie mächtig und stark dieser Merkur war und dass er eine Ausstrahlung besaß, die mit nichts und niemandem in der Welt zu vergleichen war, erst recht als ihn der Zorn packte. "Das klingt wahrhaft göttlich.", gestand die Magierin nicht nur sich selbst ein. Sie konnte sehr wohl nachempfinden, was er gefühlt haben musste. Ähnlich ging es ihr, als sie Poseidon gegenüberstand und das waren lediglich Träume, oder etwas… traumartiges. Viel intensiver musste diese Beklemmtheit sein, wenn man solch einem Wesen direkt gegenüberstand und erst recht, wenn es wütend wurde. Was er weiter sagte, irritierte Helena allerdings erneut. Charon wurde wieder geheimnisvoller. Ihre Augen weiteten sich, als er sagte, dass er „etwas von ihm in sich trug“. Was wollte er damit bloß sagen? Charon war doch nicht etwa auch… "W-Wie meinst du das? In dir?", stieß sie neugierig aus, nachdem sie wie gebannt seiner Erzählung gelauscht hatte. Instinktiv legte sie sich die freie Hand auf den Brustkorb. Sie wollte Antworten!
Über alles zu sprechen war gar nicht so einfach. Gerade Charon war jemand, der sich schwer damit tat, über Dinge zu reden, die eng an seinem Herzen lagen. Dafür ließ er sich gerne stundenlang aus, wenn es um Themen wie seine Forschung oder sein Wissen ging. Gerade so etwas wie das Thema der Götter war an sich etwas, das er als von sich getrennt ansah, nicht als eine Schwäche, die er offenbarte... und doch war es etwas, was er kaum jemandem erzählen konnte. Lian, höchstens. Vielleicht Akay, wenn er diesen noch einmal aufsuchte, wenn auch nicht mit der gleichen Offenheit, die er sich erhoffte. Aber wenn er ehrlich war, wäre es ihm lieber, wenn er solche Gespräche mit einer hübschen, jungen Dame führen konnte, die vielleicht sogar ein wenig Ambition dazu hatte, ihn zu unterstützen. „Das ist lieb von dir“, lächelte er, nicht weniger ehrlich als sie. „Ich spreche gerne mit dir, also kommt mir das sehr gelegen.“
Offenbar war der geübte Geschichtenerzähler auch gut in der Lage, die Aufmerksamkeit der Ritterin aufrecht zu erhalten. Sie hing geradezu an seinen Lippen, wirkte wirklich gespannt auf jedes seiner Worte. Ein warmes Gefühl breitete sich im Inneren des Dargin aus, eine seltsame Zufriedenheit darüber, wie sie ihn gerade ansah, wie sie ihm folgte. Gerade als er ihr erzählte, dass etwas von Merkur bei ihm geblieben war, konnte man sehen, wie gebannt sie war, und ihre Stimme drückte die gleiche Aufregung aus. Mit einem Nicken schloss er die Augen. „Jawohl. Die Begegnung mit einem Gott hat mich einiges gekostet... aber sie hat mir auch etwas mitgegeben“, meinte er und öffnete die Augen wieder, sah Helena direkt ins Gesicht. Nicht länger hatte seine Iris die gleiche, dunkle Farbe wie noch Momente zuvor; stattdessen zeigten sie ein sanftes Blau, von dem ein helles, weiches Leuchten ausging. Die Augen des Merkur. „Ich habe einen Teil seines Manas aufgenommen“, erklärte er, gab ihr einen Moment, den Effekt zu betrachten. „Und wenn ich versuche, es zu formen wie mein eigenes, dann... verwandeln sich meine Augen in seine. Es ist nicht ganz offensichtlich, aber in dieser Form sehen Teile der Welt für mich komplett anders aus.“ Erneut schloss er die Augen, verwandelte sich zurück. „Natürlich konnte ich es dabei nicht belassen. Ich habe geschaut, ob ich noch andere Spuren von Göttern in Fiore finden kann. Wie ich es dir vorhin gesagt habe: Ich musste vielen Gerüchten und Erzählungen hinterher laufen und habe dafür nicht mehr als ein paar Glückstreffer gefunden. Aber es hat sich gelohnt. Nicht nur entwickle ich zunehmend ein Verständnis dafür, wie das Mana von Göttern tatsächlich funktioniert... ich habe auch realisiert, auf wie viele verschiedene Wege es schon jetzt den Weg in unser bescheidenes Königreich findet. Beispielsweise habe ich die Statue einer Göttin gefunden, die so lange von den Gläubigen angebetet wurde, dass selbst das kalte Gestein ein wenig ihrer heiligen Macht aufnehmen konnte. Und einen Kobold, der so natürlich mit Mana verbunden ist, dass er in der Lage war, einen kleinen Teil der Macht einer Naturgöttin zu rauben.“ Er verschränkte die Arme, schüttelte den Kopf. „Ich habe sogar einen ehemaligen Priester getroffen, der von einer Göttin einen Segen erhalten hat, mit dem er einen Teil ihrer magischen Kräfte nutzen konnte. Ist das zu glauben? Die meisten von uns wissen nicht einmal, dass es sie wirklich gibt, und doch kriegen manche Leute ihre surrealen Kräfte einfach in den Schoß gelegt...“
# 06 Für einen Moment vergas Helena das brisante Thema, über das sie sprachen. Und zwar dann, als Charon seine Freude darüber ausdrückte, sich mit ihr zu unterhalten, unabhängig vom Thema. Machte die Magierin teilweise gute Miene zum bösen Spiel, war der positive Ausdruck in ihrem Gesicht nach diesen Worten absolut ehrlich. Instinktiv kämmte sie sich mit der freien Hand eine Haarsträhne hinter das Ohr. Ein Moment, der viel zu schnell verging. Gleich wandelte sich das Gefühl in der Brust der Marinakis wieder. Charon erklärte, dass er das Mana des Gottes Merkur in sich aufgenommen hatte. Helenas überraschte Reaktion auf diese Aussage war jedenfalls genauso ehrlich wie ihr Lächeln zuvor. Doch sie zweifelte keineswegs an der Wahrheit seiner Aussagen. Der Weißhaarige schaute ihr in die Augen, aber nicht mit seinen eigenen. Jedenfalls wirkten seine Augen vollkommen verändert. Sein Blick hatte einen Hauch von dem, was er zuvor noch beschrieben hatte. Dieses… Mächtige, Überwältigende. Helena bemerkte erst verspätet, dass ihr Mund sich ein Stück geöffnet hatte, ohne dass sie Worte hindurchschieben wollte und schloss ihn darum wieder. Der Magier sprach weiter davon, dass er Göttlichkeit und das Mana dieser Wesen langsam verstand. Er sprach von einer Statue, die etwas Göttliches an sich hatte, von einem Kobold und von einem durch eine Göttin gesegneten Priester. Wie er aber davon sprach, dass manche diese Gaben „in den Schoß gelegt“ bekamen, klang fast etwas missgünstig. "Manchen ist das Glück hold.", entgegnete Helena ihm, ohne wirklich zu wissen wie sie sonst damit umgehen sollte. Viel wichtiger waren ihr ja auch andere Punkte in seinen Erzählungen. Die Magierin zierte sich kurz einen Augenblick. Sie wusste nicht so recht, wie sie ihre Worte am besten verpacken sollte, speziell deswegen, weil sie ja auch kein Aufsehen erregen wollte. Sie wollte die eigentliche Absicht ihrer Frage nicht so gerne preisgeben. "Und…", schob sie vor, um die Stille zu füllen, obwohl sie ihre Frage im Geiste noch nicht fertig formuliert hatte. "Wie hast du das mit dem Priester oder der Statue belegen können?" Woher wusste er, dass da göttliche Kraft im Spiel war? "Erlauben dir die Augen, also sein Mana… irgendetwas zu sehen?" Genauer gesagt… "Kannst du Göttlichkeit nun sehen?" Das Herz in ihrer Brust schlug wie wild geworden, als wolle es aus ihrem Brustkorb ausbrechen. Helena spürte einen Kloß im Hals, der sich aber nicht herunterschlucken ließ. Noch nie in ihrem Leben hatte sie ihr Geheimnis so in Gefahr gesehen. Sie hoffte inständig, dass er nicht bereits Verdacht geschöpft hatte.
Auch wenn Charon bewusst war, wie irritierend dieses Thema sein konnte, ahnte er nicht einmal, wie viel Bedeutung Helena dahinter sah. Woher auch? Der Gedanke, dass jemand, den er kannte, von einem Gott abstammen könnte, war ihm nie gekommen, auch wenn er sich im Zuge seiner Recherche durchaus mit dem Konzept von Halbgöttern befasst hatte. Es ging einfach gegen jede Wahrscheinlichkeit, zumindest in seinen Augen. Insofern kamen ihm die meisten ihrer Reaktionen auch weder befremdlich, noch verdächtig vor. „Du sagst es. Das Leben kann wirklich gnädig sein“, lächelte er, nicht realisierend, dass Helena seine Aussage als Missgunst aufgefasst hatte. Recht hatte sie damit. Charon war jemand, der immer das Gefühl hatte, unter schlechten Bedingungen gestartet zu sein und sich jede noch so kleine gute Sache in seinem Leben hart erarbeitet zu haben. Wer – gefühlt – bedeutende Fähigkeiten oder Wohlstand einfach von außen erhielt, ohne etwas dafür zu tun, war ihm allein deswegen schon zuwider. Es war pure Eifersucht, die in solchen Momenten aus ihm sprach. „Das mit der Statue war einfach. Sie ist praktisch zum Leben erwacht... und als ich ihr das Mana entzogen habe, wieder zu dem seelenlosen Stück Stein geworden, als das sie geschaffen wurde“, erklärte er mit einem Schulterzucken. „Der Priester war schwieriger. Hestia hatte ihm ein Gelübde auferlegt, nicht über ihren Segen zu sprechen. Ein Bekannter von mir hatte allerdings mit seiner Magie die Möglichkeit, die Wahrheit aufzudecken. Jetzt arbeiten die beiden zusammen und unterstützen sich gegenseitig in Fairy Tail.“ Das war eine etwas vereinfachte Version der Geschichte, aber die wichtigsten Punkte waren abgedeckt. In den Grundzügen würde Helena schon verstehen, was er meinte. „Da ich jetzt ein gewisses Verständnis von göttlichem Mana habe, kann ich meine Magie darauf einstimmen. Das führt zwar nicht zu den gleichen Effekten, aber ich bemerke zumindest, wenn meine Finsternis mit göttlicher Energie interagiert. Dafür muss ich aber aktiv danach suchen“, erklärte er und schüttelte den Kopf. „Sehen kann ich Göttlichkeit allerdings nicht. Merkurs Augen erlauben mir, wertvolle Gegenstände zu erkennen. Wertvoll im materiellen Sinne, wie von einem Finanzgott nicht anders zu erwarten“, erklärte er und seufzte. „Wenn ich sehen könnte, was göttlich ist und was nicht, wäre das eine riesige Hilfe. Wer weiß, wie oft ich schon etwas direkt vor mir hatte, dessen wahre Natur ich einfach nicht erkennen konnte...?
Es war ein Stück weit ein aufreibendes Thema, viel mehr hatte der Dargin aber inzwischen nicht mehr hinzuzufügen. Er hatte Helena schon fast alles erzählt, was er darüber zu erzählen hatte, und es fühlte sich... befreiend an. Es war tatsächlich ein schönes Gefühl, sich der jungen Frau zu öffnen. Mit einem sanften Blick sah der Dargin ihr direkt in die Augen. „Lieb von dir, dass du mir zuhörst. Aber ich denke, wo wir schon hier sind, sollten wir auch eine Weile die Show genießen“, meinte er und legte liebevoll seine Hand auf ihre, ehe sein Blick sich den Magiern zuwandte, die unter ihnen im Dom ihr Schauspiel aufführten. „Schließlich habe ich dich in erster Linie hierher eingeladen, weil ich Zeit mit dir verbringen wollte...“
# 07 Das Leben konnte eben gnädig sein, ja… Oder Götter. Götter konnten gnädig sein. Es gab kriegstreiberische, aber auch gütige und wohlwollende. Die Missgunst des Dargin denen gegenüber, die scheinbar ohne harte Arbeit einen Funken Göttlichkeit geschenkt bekommen, hatte Helena wohl richtig gedeutet. Wie er wohl über sie denken würde, wenn er herausfand, dass es ihr da kaum anders erging? Als Tochter Poseidons hatte sie für das Potenzial welches in ihr wohnte nichts getan. Es lag lediglich an ihr, hart daran zu arbeiten diese auch zu fördern. Glücklicherweise schien Charon noch nicht zu ahnen, wie es um ihre Verbindung zu den Göttern stand. Das kristallisierte sich langsam aber sicher endlich aus dem Gespräch mit ihm heraus. So erklärte er, dass es relativ offensichtlich war, dass göttliche Kraft in die Ereignisse rund um die Statue involviert war und dass er die göttliche Kraft des Priesters nur durch Hilfe eines Fairy Tail Magiers entdecken konnte. Sogleich kam der Marinakis die Frage auf, ob es etwas mit Mareo zu tun hatte. Eine Frage, die sie allerdings nicht stellen wollte. Es würde nur Fragen aufwerfen, wenn sie aus dem Nichts ihre Verbindung zu dem Magier ansprechen würde. Sollte es sich denn überhaupt um den Blondschopf handeln. Charon erklärte weiter, dass er das Göttliche nicht direkt sehen konnte. Er könne es lediglich mit Hilfe seiner Finsternis spüren, aber auch nur wenn er sich darauf konzentrierte und es suchte. Die Augen Merkurs verliehen ihm lediglich die Macht wertvolle Gegenstände zu sehen. Wertvoll im materiellen Sinne, wie sich verstand. "Ah, okay.", entgegnete Helena recht gelassen auf diese Aussage, wohingegen ihr ein weiterer, großer Stein vom Herzen fiel. Ihr Geheimnis war also sicher, vorerst. Wie lange das so bleiben würde, war halt die Frage. Immerhin umgab sie sich mit jemandem, der zumindest in der Lage war das Göttliche zu spüren, wenngleich auch nur, wenn er es bewusst versuchte. Sollte er auch nur den leisesten Verdacht bekommen, konnte er sie also jederzeit prüfen. Charons Kommentar darüber, wie oft er wohl schon unwissend einer göttlichen Kraft gegenüberstand, ohne etwas zu ahnen, brachte wieder ein erzwungenes Lächeln auf die Lippen der Marinakis. Ja, wie oft… Oh, zum Beispiel in dieser Sekunde! "Eine interessante Frage. Meinst du, sie wandern einfach unter uns?", stieß sie fast schon philosophisch an, den Blick wieder in die Ferne, also gen Stadionmitte gerichtet. Abgesehen davon, dass sie als besagtes Wesen gleich neben ihm saß, fragte sie sich das schon. Irgendwie hatte Poseidon sich auch auf ihre Mutter eingelassen. Die Frage ob Götter und göttliche Mächte sich häufiger unter die Menschen mischten, war durchaus eine Frage, die auch ihr auf der Seele brannte. Leider hatte die Magierin keinen engeren Kontakt zu ihrem Vater, sonst hätte sie sicher längst mit ihm über solche Dinge gesprochen. Als Charon den Fokus auf die Vorstellung lenkte, schenkte Helena ihm noch einmal einen aufrichtigen Blick der Freude. Die ein oder andere Frage hatte sie schon noch. Zum Beispiel interessierte es sie, wie er den Blick Merkurs einzusetzen gedachte. Doch darüber konnten sie auch später noch sprechen. Helena spürte, wie er seine Hand auf ihre legte und wehrte sich nicht dagegen. Die Wärme seiner Haut breitete sich auf der ihren aus. Es war ein wohliges Gefühl. Trompeten und Hörner ertönten, um den Beginn des Ereignisses einzuleiten, zu dem so viele Menschen ins Stadion geströmt waren. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie die Plätze um sie herum sich langsam gefüllt hatten. Viel zu fokussiert war sie auf die Erzählungen Charons konzentriert. Nun aber konnte sie sich tatsächlich gehen lassen und die Vorstellung genießen.
„Ich weiß es nicht“, gestand Charon ehrlich. Ob die Götter sich einfach zwischen den Menschen bewegten, war wohl eine Frage, die sich Gläubige seit Jahrhunderten gestellt hatten. Der Dargin hatte noch keine Antwort darauf gefunden. „Es wirkt unrealistisch, aber wie gesagt... Es gibt mehr Göttliches auf dieser Welt, als ich erwartet hätte. Und das sind allein die Sachen, die ich finden konnte. Ich bezweifle, dass ich mehr als einen kleinen Bruchteil entdeckt habe.“ Dafür fehlten ihm einfach noch die nötigen Mittel. Auf gut Glück konnte er nichts finden, musste hunderte Gerüchte durchgehen, um auch nur ein Sinnvolles zu entdecken, und dann dieses Rätsel lösen, den genauen Punkt finden, an dem seine Finsternis das Göttliche zum Vorschein bringen konnte. Die Fähigkeit, Götter in der regulären Welt zu sehen, wäre ein großer Segen. Wie sehr sich sein Blick dadurch wohl verändern würde? „Merkur hat sich auch unter uns begeben... einfach so“, murmelte er. Ja, der Gott hatte etwas holen wollen, das wohl ihm gehörte, aber er war mit so einer Selbstverständlichkeit aufgetaucht. Was sollte ihn davon abhalten, das auch in einer Boutique oder einer Kneipe zu tun? „Wer kann schon sagen, was Alles unter uns wandelt, das wir nie erwarten würden?“
Aber dieses Thema sollte nicht von dem schönen Abend ablenken, den die beiden Magier zusammen hatten. Die Show wurde begleitet von Musik und zeigte allerlei Effekte, von Spielereien mit Feuer über die Beschwörung eines schlangenähnlichen Waldgeistes, der wie ein Tiger durch Ringe sprang und seine Zähne zeigte. Besonders beeindruckend – und bei dieser Aufführung warf Charon einen neugierigen Blick auf den Gesichtsausdruck seiner Begleiterin – war ein Magierduo, von dem einer eine große Menge Wasser erschuf, die er in der Luft in langen Strängen ineinander verwickelte, bis sie einen großen Fisch mit detaillierten Schuppen formte. Sein Partner stellte sich darunter und klatschte die Hände zusammen, sodass ein gleißendes Licht erstrahlte, von unten das Gewässer erhellte. In der klaren Flüssigkeit wurde das Licht gebrochen, zeigte alles, was in sich steckte, wurde schillernd und bunt und erfüllte jede der vielen Schuppen mit einer anderen Farbe, sodass das Konstrukt am Ende schillerte wie ein Regenbogen, die Farben stetig im Wandel, jedes mal, wenn der Fisch sich bewegte und durch den Nachthimmel schwamm. Langsam lehnte sich Charon zur Seite, bis seine Schulter warm an der von Helena lag, und wisperte ihr zu: „Wasser kann wirklich etwas Wunderschönes sein...“
Ihre Hand in seiner haltend verließ der Dargin zufrieden den Domus Flau, als die Show ihr Ende erreicht hatte. Es war dunkel geworden, der Himmel still bis auf das sanfte Leuchten einer schlanken Mondsichel. „Danke dir für den gemeinsamen Abend. Es ist wirklich schön mit dir, Helena“, sprach er freundlich, schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Lass mich dich noch nach Hause begleiten. Ich kenne ja den Weg...“
# 08 Charons Gedankengang war durchaus nachvollziehbar. Wenn er es mit sehr viel Mühe schaffte, die Existenz des Göttlichen nachzuweisen, dann war der jeweilige Vorfall sicherlich nicht der einzige. Er musste oder konnte zumindest davon ausgehen, dass er per Zufall einen Glückstreffer gelandet hatte und dass da noch viel mehr war, von dem er nicht wusste. Nur wie viel das war, das konnte man sich schwer ausmalen. Merkur war für Charon das Beispiel eines Gottes, der nicht zögerte sich unter Menschen zu mischen, für Helena war da noch ihr Vater, der einst ähnlich agierte. Doch die Gedanken an dieses Thema wurden bald weggezaubert, oder weggespült. Die Vorstellung begann und verschiedene Magier zeigten ihr Können, um die Zuschauer zu verblüffen. Viele magisch Begabten hatten Talente und viele Zauber waren beeindruckend oder schön anzusehen. Doch gab es definitiv markante Unterschiede zu Magiern, die sich darauf fokussierten anderen etwas fürs Auge zu bieten. So kam auch ein hochrangiger Magier Crimson Sphynx und eine Runenritterin auf ihre Kosten. Das Highlight des Abends war ein Duo, bestehend aus einem Wasser- und einem Lichtmagier. Sie erschufen einen gigantischen, äußerst detailreichen Fisch, den sie dann bestrahlten und zum Glitzern brachten. Ein schöner Anblick, ein wahres Spektakel, welches Helena so schnell nicht vergessen würde. Ihre Augen funkelten ähnlich wie das Wassergebilde selbst, während sie es durch die Luft schweben sah. "So grazil und majestätisch.", entgegnete die Marinakis Charons Kommentar hauchend, ohne jedoch der Show ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu entziehen. Ein Bild für die Götter, könnte man sagen…
"Es war wirklich eine wundervolle Vorstellung. Ich danke dir für die Einladung.", richtete Helena ihr Wort an Charon, nachdem auch er sich für den schönen Abend mit ihr bedankt hatte. Das Angebot sie heimzubringen wollte sie auf keinen Fall ausschlagen. "Gerne.", entgegnete sie seiner Idee, woraufhin ein warmes Lächeln ihre Lippen zierte und sie den Blick einen Moment lang nicht von ihm ablassen konnte. Der Weißhaarig war ein liebevoller, herzensguter Mann. Vielleicht ein wenig zu sehr davon besessen, sich der akribischen Suche nach übermenschlichen Wesen zu widmen… Dabei hatte er doch schon eines von ihnen an der Hand, wortwörtlich. "Wirst du gleich heute Abend wieder aufbrechen?", erkundigte sich Helena bei ihm, während sie gemeinsam unter dem schwachen Schein des Sichelmondes die Straßen von Crocus entlangschlenderten. Je weiter sie sich dabei vom Stadion entfernten, desto weniger Passanten waren um sie herum anzutreffen. Abgesehen von den Zuschauern der Show, die sich bald in den Weiten der Stadt verliefen, war nicht mehr viel los. Bald schon waren sie gewissermaßen alleine. Helena genoss diese Zweisamkeit, genauso wie den Spaziergang, den sie an den Besuch der Veranstaltung anhängten. Nur die Tatsache, dass dieses Vergnügen von nicht allzu langer Dauer war, störte sie ein wenig.
In einer sternenklaren Nacht Seite an Seite mit einer jungen Schönheit durch die Straßen der Stadt zu spazieren, die dazu in der Lage war, ein bedeutsames und romantisches Gespräch zu führen... Wie lange war es her, dass Charon das zuletzt erlebt hatte? Ein schönes Date, eine gemeinsame Show, ein bisschen Nähe und Ruhe waren Dinge, die er genoss. Gut möglich, dass seine Suche nach dem übermenschlichen, sein stetiges Streben nach Wissen und Verbesserung, ihn von den einfachen Dingen ablenkten, die ihn wirklich glücklich machen konnten... aber das war ihm nicht bewusst. Darüber nachzudenken setzte voraus, sich um die Gefühle zu kümmern, die der Dargin tief in sich verschlossen hielt, sodass ihm die Idee kaum kommen konnte. Aber dass er dieses Date genoss, die Zeit, die er mit Helena verbrachte, das wusste er. Selbst wenn sie sich morgen wieder trennten... hatte er das Gefühl, dass es schön wäre, sie bald einmal wiederzusehen. So viel Zeit wie beim letzten Mal wollte er zwischen ihren Treffen nicht wieder lassen.
„Nein, heute mache ich mich noch nicht auf den Weg“, meinte er und musste schmunzeln. „Ich will doch morgen mit dir unterwegs sein, Helena. Da wäre es doch Unsinn, alleine zu verschwinden.“ Leise lachte Charon auf, drückte ihre Hand für einen Moment etwas fester, um seine Nähe zu signalisieren. Er hatte nicht vor, ganz so schnell wieder zu verschwinden... auch wenn er wusste, dass er nicht lange würden bleiben können. Selbst ohne Götter in seinem Leben war sie eine Runenritterin und er eine Sphinx. Sie war an Crocus gebunden und er würde immer wieder in die Wüste zurückkehren. Abende wie dieser würden nie alltäglich sein. Umso wichtiger war es, ihn richtig ausklingen zu lassen. „Ich freue mich über jeden Moment mehr, den wir zusammen verbringen können. Heute haben wir so viel über mich gesprochen, dabei hast du doch sicher auch schon ein paar Abenteuer erlebt, nicht wahr? Ich freue mich darauf, mehr von dir zu hören“, meinte er freundlich, während sie vor dem Gebäude zum Stehen kamen, in dem Helena lebte. Weiter als bis hierher ging es also nicht zusammen... vermutlich. Mit einem liebevollen lächeln entließ Charon die Hand seiner Begleiterin und stellte sich ihr gegenüber, sah ihr in die Augen. „Da wären wir...“, meinte er leise und strich mit seiner Hand sanft über die Wange der dunkelhaarigen Schönheit. „Ich weiß leider noch nicht, wo ich heute Nacht schlafen werde... Crocus verlassen ist nicht wirklich eine Option. Ich frage mich, wo ich unterkommen soll...?“ Seine Stimme wurde zu einem Wispern, während sich sein Gesicht langsam dem der Marinakis lehnte. „Hast du vielleicht eine Idee?“, endete er, ehe er die Augen schloss und den Rest der Distanz schloss, um Helena zu küssen.
# 09 Helena kam sich für einen Moment dumm vor. Natürlich hatte Charon sie gebeten, am folgenden Tag einen Ausflug mit ihr zu unternehmen. Abgelenkt von all seinen Erzählungen, der Angst davor, dass er auf ihr Geheimnis stieß und von der atemberaubend schönen Vorstellung, die sie gemeinsam im Stadion beobachten durften, fehlte es ihr an der mangelnden Kombinationsgabe sich selbst zusammenzureimen, dass der Dargin natürlich nicht an diesem Abend verschwand, nur um am nächsten Tag einen neuen Treffpunkt auszumachen. Peinlich berührt lachte die Magierin auf. "Ja, natürlich.", entgegnete sie mit einem entschuldigenden Unterton. Den Drang, sich unbedingt zu erklären, verdrängte sie aber erfolgreich. Sie hatten nicht weiter über den Ausflug gesprochen, zumindest nicht darüber, wie, wann genau und wo er ablaufen würde. Daher vermutlich ihre Verwirrung. Charon beteuerte, dass er die Zeit mit ihr bis dahin genießen wollte. Außerdem wollte er mehr über sie sprechen, gab er doch an diesem Tage schon so viel von seinen Abenteuern preis. Einerseits war es schön, diesen Anstoß sogar von ihm selbst zu hören, sprach er doch so gerne von und über sich, doch andererseits war ihr nach dem, was sie an diesem Tage erfahren hatte, gar nicht mehr so danach, besonders viel über sich selbst zu sprechen. Doch zunächst kamen sie auch nicht wirklich dazu, sich weiter zu unterhalten. Sie waren nämlich an dem dreistöckigen Mehrfamilienhaus angekommen, in dessen Mitte ihre Wohnung lag. Die Zeichen standen auf Abschied, zumindest deutete der Weißhaarige darauf hin. Er erklärte, dass er nicht wisse, wo er die Nacht verbringen sollte und seine Frage nach Inspiration klang in den Ohren der Halbgöttin beinahe fordernd. Eine Forderung, die sie ihm nicht wirklich ausschlagen wollte, war sie denn so gemeint, wie sie vermutete. "Ich, ähm. Ja, ich-", stammelte sie, immer leiser werdend. Sie kam gar nicht mehr dazu, sich weiter zu seiner Nachfrage zu äußern. Ein weiteres Mal drohte ihr Herz mit festem Schlag aus der Brust zu springen, diesmal jedoch aus einer positiven Anregung heraus. Helenas Atmung wurde schwerer, ein flaues Gefühl bildete sich in ihrer Magengegend, bis sie sich entschied den Atem in sich zu behalten und die Augen zu schließen. Das Gefühl in ihrem Bauch wandelte sich zu einem Kribbeln, welches über ihren gesamten Körper wanderte, bis zu ihrem Haaransatz, als Charons Lippen die ihre berührten und sie einander anschmiegten. Ein Moment der unvergänglich wirkte. Instinktiv legte die Magierin ihre Hand auf die Brust des Weißhaarigen. Nicht um ihn wegzustoßen, sondern um seine Nähe zu spüren. "Magst du vielleicht bleiben?", fragte Helena beinahe im Flüsterton, als Charon ihre Lippen wieder freigab. Erst danach öffnete sie verzögert wieder ihre Augen. Ihr unschuldiger Blick fiel erst auf ihre Hand an seiner Brust, ehe sie nach einem weiteren Wimpernschlag aufschaute, um seinen Blickkontakt zu suchen. War es plötzlich wärmer gewesen? Es war schwer zu glauben, dass es die Körpertemperatur der beiden war, die die Luft zwischen ihnen so aufgeheizt hatte.
Irgendwie war es süß, wie peinlich berührt Helena von ihrem kurzen, wirren Gedanken war oder wie sie darauf reagierte, als sich der Dargin ihr näherte. Ein verspieltes Funkeln zeigte sich im Auge Charons, ehe sich dieses schloss und er sie sanft küsste, eine Hand an ihre Hüfte legend, um sie etwas näher zu sich zu ziehen. Mit ihrer Hand an seiner Brust und dem Kopf leicht gesenkt, um sich ihrer Größe ein wenig anzupassen, fühlte Charon ihre Nähe und Wärme mehr als deutlich und ließ sich gerne Zeit, um den ersten Kuss, den die beiden miteinander teilten, in vollen Zügen zu genießen. Sie schien sich auch sehr daran zu erfreuen. Als sich ihre Gesichter gefühlt viel zu früh wieder voneinander trennten, wirkte die Runenritterin beinahe atemlos. „Ich will nichts mehr als das“, hauchte er ihr zu, strich sanft ihr Haar zurück, um besser in ihre großen, braunen Augen sehen zu können. Sie sprachen beide leise und doch war jedes Wort so klar und deutlich zu verstehen, als gäbe es kein anderes Geräusch auf dieser Welt. In diesem Moment schienen wirklich nur Charon und Helena zu existieren, friedlich beleuchtet von dem am Himmel thronenden Mond. Ja, er wollte bei ihr bleiben, am Liebsten die ganze Nacht über. Vielleicht auch ein, zwei Tage länger als ursprünglich geplant, wenn alles gut lief. Das hing schlussendlich davon ab, wie Helena ihre Chemie wahrnahm... und wie sie damit umging. „Lieb von dir, mich einzuladen“, fuhr er fort, ehe er noch einmal kurz ihre Lippen küsste, dann fortfuhr, einmal mit ihrer Wange, einmal mit ihrem Hals. „Du hast so schöne, zarte Haut.“ Sanft wispernd fuhr seine rechte Hand ihre Hüfte entlang nach oben, folgte der Kontur ihrer Taille, ehe er sich von ihr löste und einen kleinen Schritt zurücktrat. Hoffentlich überlegte sie es sich nicht anders, wenn er ihr ein wenig Freiraum und damit tatsächlich eine Gelegenheit zum Überlegen gab, aber den Eindruck hatte Charon wirklich nicht. Eher würde ein kurzer Moment der Freiheit sie umso schneller wieder in seine warmen Arme treiben. Ohne viel Distanz sah er dabei zu, wie sie die Tür aufsperrte, folgte ihr ins Innere, bis die Tür zur Wohnung der Marinakis sich mit einem leisen Klicken öffnete. Mit einem zufriedenen Lächeln trat er ein, zog die Tür hinter sich leise wieder zu. Damit waren sie allein und ungestört und hatten Zeit, alles zu tun, worauf Helena sich einlassen wollte...
# 10 Helena gab sich dem Kuss voll und ganz hin. Eine Berührung, die viele verschiedene Vorgänge in ihr in Bewegung setzte. Ihre Haut fühlte sich elektrisiert an, ihr wurde warm und irgendwie schaltete sich ihr Kopf einfach aus. Ihre Gedanken kreisten nicht, die Welt stand still. Erst als sie sich wieder voneinander lösten, fing ihr Denkapparat langsam wieder an zu arbeiten. Das Angebot bei ihr zu übernachten war der erste Arbeitsnachweis, die er verbalisiert vorlegte. Charon ging ebenfalls flüsternd und dankbar, nein, fordernd darauf ein. Alles andere als eine Zusage hätte die Magierin nun auch deutlich überrascht. Jedenfalls schien sie seine indirekte Bitte richtig erfasst und interpretiert zu haben. Die Antwort des Weißhaarigen trieb ihre Mundwinkel zu einem zufriedenen Grinsen empor. Eine Haltung, die nicht lange bestehen blieb, setzte Charon nach seiner Danksagung erneut zu einem Kuss an. Auch wenn mit dem Grinsen ein Ausdruck der Freude versiegte, so tat es ihrer Stimmung definitiv keinen Abbruch. Als Charon über die Wange zu ihrem Hals fuhr, legte Helena nach einem kurzen Kichern genussvoll ihren Kopf in den Nacken. Erst als er wieder von ihr abließ, suchte ihr Blick mit einem kecken Lächeln den seinen. Sie nutzte die Pause, die er ihr vergönnte um die Haustüre aufzusperren. Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf. Die Magierin spürte, wie die Aufregung die sie empfand auch dabei kaum abflaute. Nachdem sie auch die Wohnungstür geöffnet hatte, trat sie noch ein paar Schritte herein, ehe sie erst eine Hacke hob, um mit einem geschickten Griff den Schuh davon zu lösen und diesen Prozess dann bei dem anderen zu wiederholen. Achtlos ließ Helena sie auf den Boden fallen. Danach ging sie zwei, drei weitere Schritte, ehe sie ihre Arme ausbreitete und sich Charon zuwandte, der nahezu lautlos die Türe hinter ihnen geschlossen hatte. "Mein bescheidenes Heim, fühl dich wie zuhause.", lächelte sie ihm entgegen. Rückwärts folgten dann erneut zwei Schritte, nach denen sie sich ohne hinzusehen gekonnt an die Armlehne ihres L-förmigen Sofas lehnte. Ihre Beine schlug sie übereinander, ihre Arme breitete sie ein wenig aus, sodass sie sich mit ihnen abstützen konnte. Ihren Blick hatte Helena nicht mehr von Charon abgewendet. Er strahlte eine gewisse Erwartungshaltung aus, während sie voller Spannung darauf wartete, was seine nächsten Schritte sein würden. Natürlich erhoffte sie sich, dass es diejenigen waren, die ihn wieder zu ihr führten. Zu gerne hätte sie gleich da weitergemacht, wo sie eben noch aufgehört hatten.
Entspannt atmete Zahar die Luft von Crocus Town ein. Sie war noch relativ frisch, aber nicht so sehr wie die in Magnolia Town und erst recht nicht wie die oben im kalten Norden, wo sie in letzter Zeit so oft hatte hingehen müssen. Das bisschen Verschmutzung, das hier in der Großstadt in der Luft lag, gefiel ihr, auch wenn es nicht so schlimm war, wie sie es gerne hätte. Wie schön es doch wäre, in einer Welt zu leben, in der die ganze Luft so dicht mit fauligen, giftigen Gasen und Schadstoffen durchsetzt war, dass Zahar frei und friedlich atmen konnte... aber in so einer Welt konnten die ganzen Menschen hier vermutlich nicht leben. Das wollte die Naga dann auch nicht wieder. Sie seufzte träge. Dann war es auch so okay, wie es jetzt war. Wenn es gar nicht anders ging, konnte sie ja immer noch Posion Devils Breathing Room verwenden...
So langsam hatte Raban wohl aufgegeben, den sturen Kopf der eigensinnigen Echse brechen zu wollen. Seit sie nicht mehr in Fairy Hills lebte, hatte die Naga kein einziges Mal mehr den Zug genommen, und inzwischen hatte der alte Kerl auch aufgehört, sie zurück nach Magnolia Town zu bestellen. Es war für sie deutlich einfacher, wenn sie einfach direkt dorthin reisen konnte, wo sie hin musste. Heute hatte der Weg der wandernden Heldin sie hierher nach Crocus Town geführt, wo sie auf eine alte Freundin warten sollte. Darauf freute sie sich auch, solange sie aber eh warten musste, ruhte sich Zahar entspannt aus. Bei der Straße vor dem Domus Flau, der großen Arena, hatte sie es sich gemütlich gemacht, genauer gesagt auf der Stange einer der herumstehenden Straßenlaternen, die nachts die Wege erhellten. Um diese Uhrzeit waren sie aber ausgeschaltet. Ruhig vor sich hin dösend, nur ein Auge halb geöffnet, lag Zahar dort, ließ einen Arm und ein Bein von der dünnen Stange herab baumeln, während ihr Schweif träge von links nach rechts wanderte und wieder zurück. Sie war ein wenig schläfrig, aber noch wach und mehr oder minder aufmerksam. Schließlich wollte sie nicht verpassen, wenn ihre Begleiterin auftauchte. Shizuka Otorame war eine gute Freundin, und auch, wenn die beiden Magierinnen auf ihrer letzten Quest ein wenig aneinander geraten waren, hatten sie sich schlussendlich doch gefangen. In dieser aktuellen Phase ihres Lebens, wo die Naga schon viel zu lange weder Aska, noch Mareo gesehen hatte, war die Weißhaarige ein Fels in der Brandung. Ein Mitglied ihrer Gilde, an das sie sich noch gut von früher erinnerte, mit dem sie entspannte, lustige, ausgelassene Zeiten erlebt hatte, das aber auch Verständnis dafür hatte, wer sie jetzt war. Wer sie jetzt sein musste. Hoffentlich würde sie bald kommen.
Zahar gab es ungern zu, aber ihre Reise der Selbsterkenntnis konnte ziemlich einsam werden. Nähe und Wärme fehlten ihr ganz schön. Und sie hoffte sehr darauf, heute wieder ein bisschen was davon von Shizuka zu bekommen...
Shizuka genoss die Freiheiten, die ihre Rüstungen ihr boten. Sie liebte es durch die Lüfte zu fliegen und vor allem machte es ihr Spaß diese Erfahrung mit anderen zu teilen. So wie sie es beispielsweise mit Zahar gemacht hatte, als sie einander das letzte Mal gesehen hatten. Mittlerweile war sie sogar wirklich ausdauernd geworden. Allgemein, aber auch was das Fliegen betraf. Shizuka schaffte es dauerhaft sich in der Luft zu halten, da ihr Körper mittlerweile auch genügend magische Kraft regenerierte, als das Flügelpaar sie kostete. Dennoch beschränkte sich die Ritterin in der Regel auf herkömmliche Verkehrswege, wenn sie von Stadt zu Stadt reiste. Ganz normal war sie mit dem Zug von Magnolia nach Crocus gefahren. Über den großen Bahnhof ging es dann durch die Straßen der Hauptstadt weiter in Richtung des Stadions, in dem das Turnier an diesem Tage ausgetragen werden sollte. Gemeinsam sollten sie sich unauffällig auf die Suche nach Betrügern machen, die scheinbar unauffällig versuchten aus der Veranstaltung ihren eigenen Profit zu schlagen. Zu diesem Zwecke nahmen die beiden Feen an dem Turnier an diesem Tage teil. Die Otorame freute sich bereits auf das Wiedersehen mit der jungen, aufgeweckten Echsenfrau. Zeit mit ihr zu verbringen, ihr zur Seite zu stehen fühlte sich für sie an wie die Zweisamkeit mit einer kleinen Schwester, die sie als Einzelkind nie hatte. Dass sie sich ein Stück weit für Zahar verantwortlich und ihr gegenüber verpflichtet fühlte, passte da sicher ins Bild. Mit einem kleinen Fässchen als Geschenk bewaffnet, spazierte die Weißhaarige die Straße entlang, an dessen Ende das Domus Flau sich majestätisch auftürmte. In dem Fässchen befand sich ein äußerst starkes, alkoholisches Getränk. Es gehörte sich eigentlich nicht, einem so jungen Wesen etwas davon zu geben, aber Zahars Körper funktionierte anders. Der Körper oder war es doch die Magie? Bei ihrer Begegnung mit den Nordleuten hatte sie jedenfalls bewiesen, dass sie gut etwas in sich hineinkippen konnte, ohne darauf eine sichtbare Reaktion zu zeigen. Außerdem schmeckten ihr Sachen, die einem jungen Menschen keineswegs schmecken konnten. Shizukas Neugierde war geweckt und obendrein konnte sie ihrer Freundin damit sogar noch eine Freude bereiten! Bereits aus einiger Distanz fiel ihr Zahar auf, die auf einer der Laternen über der Straße lag und neben einzelnen Gliedmaßen auch die Seele baumeln ließ. “Zahar!“, rief die Otorame ihr freudig entgegen, begleitet vom Winken ihrer Hand, die sie dafür extra hob. Es war noch immer ungewohnt, aber ihre Treffen mit der Grünen würden nun immer so ablaufen. Sie zeigte sich nicht mehr in der Gilde oder sogar in Magnolia und wenn sie miteinander arbeiteten oder einander sehen wollten, reisten sie unabhängig voneinander zu einem ausgemachten Treffpunkt. So wie an diesem Tage das Domus Flau in Crocus. “Wie geht’s dir? Was hast du so getrieben?“, fragte die Magierin, nachdem sie die restliche Distanz zu Zahar hinter sich gebracht hatte. “Ich habe dir etwas mitgebracht. Hier, schau.“ Sie reichte der jungen Dame das kleine Fass, indem sie es ihr auf dem Zeigefinger balanciert hinhielt und wartete ungeduldig auf ihre Reaktion. Vielleicht hätte sie es noch in Geschenkpapier einpacken sollen? Ach, so ein Mist! Dafür war es zu spät gewesen!
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